Werewolf II von Rejah (Fortsetzung zu 'Werewolf' [Remus x Sirius]) ================================================================================ Kapitel 14: Allein und doch nicht dasselbe ------------------------------------------ Kapitel XIV : Allein und doch nicht dasselbe Remus streckte sich auf dem rostigen Bett aus, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Augen auf die Decke über ihm gerichtet. Er seufzte und schloss die halb. Er wollte jetzt nicht nachdenken, doch jetzt, wo Sirius wieder verschwunden war - wer wusste schon für wie lange - brachen dutzende Gedanken über ihn herein. Zum Beispiel wieso er so plötzlich mit seinen Zärtlichkeiten aufgehört hatte, obwohl die Initiative schließlich von ihm ausgegangen war. Oder ob er Peter finden würde. Oder vielmehr, was er mit ihm machen würde, wenn er ihn in die Finger bekam. Remus wurde bewusst, dass er ihn in der Nacht zuvor wahrscheinlich das letzte Mal lebend gesehen hatte. Dennoch fühlte er nichts dabei. Noch nicht einmal Genugtuung, die er doch eigentlich dabei empfinden müsste, sollte, wenn er bedachte, was Peter getan hatte. Er drehte sich auf den Bauch und vergrub seine Hände unter dem halb zerrissenen Kopfkissen, aus dem an einigen Stellen weiß und flauschig die weichen Daunen hervorquollen. “Verdammt …” wisperte er in den Raum. In den vergangenen zwölf Jahren hatte er sich so einiges vorgestellt. Dass Sirius für immer in Azkaban sitzen und dort auch letzten Endes sterben würde natürlich an erster Stelle, denn er war ein realistischer Mensch. Gewesen, dachte er sich, denn jetzt noch an die Realität zu glauben ließ ihn an seinem Verstand zweifeln. Ab und zu hatte er sich auch seine Rückkehr ausgemalt. In den verschiedensten Versionen. Dass Sirius freigesprochen wurde und sich der Minister höchstpersönlich für das Missverständnis bei ihm entschuldigen würde. Dass James und Lily wieder auftauchen würden und man die Leichen als jemand anderen identifizieren konnte. Remus schüttelte den Kopf. Das war doch alles nur Wunschdenken gewesen, Träumereien, nichts weiter. Und trotzdem war Sirius jetzt frei. Oder jedenfalls auf freiem Fuß, wie man so schön sagte. Fragte sich nur, wie lange dieser Zustand andauern würde. Remus wusste, dass der Minister alles in die Wege geleitet hatte, dass Sirius Black wieder gefangen und notfalls seiner ‘gerechten Strafe’ zugeführt würde. Der Kuss des Dementors. Ihm zog sich innerlich alles zusammen, als ihm bei diesem Gedanken ein Bild in den Kopf schwirrte; Sirius, wie er still dastand, die unheimlichen kapuzenbewehrten Wesen um ihn herum, Kälte verbreitend und langsam und qualvoll alles Glückliche und schließlich auch seine Seele aus ihm heraussaugten. Wenn es überhaupt jemanden gab, der das Recht außer Sirius das Recht auf dessen Seele hatte, dann war er das wohl selbst. Remus schrie auf und schmiss seinen Kopf in das Kissen. Er sollte nicht solche egoistischen Gedanken hegen. Besonders nicht nach all der Zeit. Wer wusste schon, wie Sirius über ihn dachte. Es war alles erst ein paar Stunden her. Und es war alles wahnsinnig schnell gegangen. Er musste dringend mit Harry reden und mit Ron und Hermine sowieso. ~~~~~*~~~~~ Als Remus wieder in Richtung Schloss ging, war gerade die Sonne vollends aufgegangen. Das Gesicht nach oben streckend blieb er eine Weile mitten auf der Wiese aus der Reichweite der Peitschenden Weide stehen und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut, die die durch Sirius’ Fortgang bedingte Traurigkeit ein wenig eindämmten. Eigentlich war es ein schöner Tag, dachte er sich. Man konnte sich eine trübe Stimmung gar nicht vorstellen. Er zwang sich zu lächeln und nahm seinen Weg wieder auf, indem er leise ein Lied vor sich hin pfiff. Es brachte nichts, noch weiter darüber nachzudenken. Vielleicht war es das, was Sirius zu einem so fröhlichen Menschen gemacht hatte. Einfach nicht über Dinge nachdenken, die man sowieso nicht ändern konnte. Man sollte es einfach annehmen. Als Remus durch das große Tor schritt, sah er von Weiten eine kleine Gruppe Schüler auf sich zukommen. Kurz darauf erkannte er sie als diejenigen, auf die er sich eigentlich noch vorbereiten wollte. Harry, Hermine und Ron. “Professor Lupin!” riefen sie, kaum, dass sie in Reichweite waren. Er antwortete nicht, sondern grinste nur scheu. Dass sie ihn immer noch mit seinem Titel ansprachen, sprach schon einmal für sich. Die drei blieben vor ihm stehen und starrten ihn nun doch an, wie er feststellte. “Kann ich euch irgendwie helfen?” fragte Remus und hätte sich noch im selben Moment ohrfeigen können. Was tat er da eigentlich? Sie würden nur denken, dass er feige war, wenn er so unschuldig tat und nicht direkt auf den Punkt kam. “Professor Lupin, ich …” Hermine hatte einen Anfang machen wollen, doch anscheinend schien es nicht so ganz mit den Worten klappen zu wollen. “Ich, also wir, meine ich … wir wollten mit ihnen reden.” Sie schluckte. “Ich habe es ihnen gesagt. Dass Sie … Sie wissen schon.” Zwar hielt sie mit ihm Augenkontakt, doch Remus sah ihr an, dass sie sich ziemlich unwohl in ihrer Haut fühlte. Vielleicht mehr als Harry und Ron zusammen, wo sie es doch war, die ihnen von seiner Lykanthropie erzählt hatte. Andererseits hätte sie sich vielleicht schon daran gewöhnen können, glaubte Remus einen Moment lang, schob den Gedanken danach jedoch sofort beiseite. An so etwas konnte man sich nicht so schnell gewöhnen; er selbst hatte Jahre dafür gebraucht. Und manchmal war es immer noch anders, nicht richtig. “Professor …”, begann nun auch Harry, der sich wohl ein Herz gefasst haben musste, “wie haben Sie … ich …” Remus ahnte, dass sie sich auf dieses Gespräch zwar vorbereitet hatten, ihren Plan jedoch jetzt, in der Wirklichkeit, nicht durchführen konnten. Er schloss die Augen und senkte den Kopf gen Boden. “Ich verstehe, wenn ihr jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben wollt.” sagte er leise. Es würde wie immer sein. Jeder war entsetzt gewesen. Wieso sollte es jetzt anders sein? “So ein Quatsch!” Der wütende Ausruf, der von Harry stammte, ließ ihn rasch wieder aufblicken. “Wie …?” fragte er verwirrt. Nicht nur Harry, auch Hermine sah ihn zornig an, und Ron lächelte schüchtern, als wollte er es ihnen gleichtun, hatte dazu aber nicht die nötige Überzeugungskraft sich selbst gegenüber, um einen Werwolf böse anzustarren. “Das ist Unsinn, Professor Lupin.” wiederholte Harry voller Überzeugung. “Es ist doch egal, was Sie sind. - Schließlich zählt nur das hier drin.” Er schlug sich kräftig auf die Brust. Seine Hand verweilte kurz dort und glitt dann langsam über den Stoff wieder hinunter. Remus war erst mal sprachlos. Natürlich hatte er gewusst, vielleicht auch sogar gehofft, dass Harry so etwas sagen würde, doch tatsächlich erwartet hatte er es nicht. Harry glich James mehr, als er jemals geglaubt hatte. Er spürte ein Brennen in seinen Augen, doch seltsamerweise störte es ihn nicht. “Professor?” fragte Hermine. “Hm?” “Wissen Sie … wissen Sie, wo Sirius Black ist?” Obwohl sich gerade eine Welle der Erleichterung in ihm breit gemacht hatte, wurde sie durch diese Frage wieder ein wenig zurückgedrängt. Aber er konnte ihnen nicht verübeln, dass sie darüber Bescheid wissen wollten; immerhin hatten sie noch nicht die Spur einer Ahnung, dass Sirius unschuldig war. Er selbst eigentlich auch nicht. Dennoch musste er ihm einfach glauben. Vielleicht machte Liebe blind, doch es machte ihm seltsamerweise nichts mehr aus. Er wollte die Angelegenheit nur noch schnell hinter sich bringen. “Ich weiß es nicht genau.” sagte Remus schließlich wahrheitsgemäß. “Er wollte Peter suchen.” “Peter Pettigrew?” fragte Ron dazwischen und murmelte dann: “Meine Ratte …” Remus lächelte leicht. “Ehrlich gesagt, bei einem zweiten Blick hätte ich ihn wohl auch erkannt, aber darauf achtet man ja nicht.” “Das heißt, sie glauben ihm? Black?” Hermine hatte sich wieder mit eingeschaltet, doch ihre Stimme trug weder Vorwurf noch Freude. “Ja.” antwortete Remus schlicht. Er seufzte. “Sirius ist zwar der Mensch, der seine Freunde gerächt hätte, doch er hätte keine Unschuldigen mit reingezogen.” sagte er voller Überzeugung. “Aber er ist irre! Man hat damals überall berichtet, wie er gelacht hat und-” Ron verstummte, als er Remus’ kalten Blick auf sich sah und ebenso die warnenden Blicke von Hermine und Harry bemerkte. “Ich verstehe das einfach nicht …” gab er kleinlaut zu. “Wieso hat er es dann getan, wenn er doch unschuldig ist?” Remus schwieg. Natürlich wusste er die Antwort, doch es auszusprechen und damit Sirius’ eigene Schwäche zuzugeben, war nicht leicht für ihn. Wahrscheinlich hätte er nicht anders gehandelt als er. “Ich denke, es war einfach zu viel für ihn.” Seine Stimme zitterte, als ihm dabei einzelne Bilder in den Kopf kamen, die sich zuckend in ihm abspielten wie ein alter Horrorfilm. “Hört mal …” verlegen steckte er die Hände in die Hosentaschen. “Ich muss noch meine nächste Stunde vorbereiten und ihr solltet sicherlich auch schon längst auf dem Weg in den Unterricht sein, nicht?” Es war eine offensichtliche Ausrede, die, wie er bemerkte, sofort von den Kindern durchschaut wurde, doch er hatte auch Recht. Es gab noch andere Dinge zu tun. “Entschuldigt mich.” Mit pochendem Herzen ging er an ihnen vorbei. Ein kleiner Schauer, gemischt aus Angst, Respekt und Stolz, durchfuhr ihn, als er Harrys Ärmel kurz streifte. James hätte seine Sohn geliebt. Es war schade, dass er ihn nie so sehen würde, dachte Remus sich im Stillen, während er durch die von Licht erfüllten Gänge schritt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)