Feuerproben und Fesselspiele von abgemeldet (Zutara) ================================================================================ Kapitel 3: Krieg in der Besenkammer ----------------------------------- Die ältere Dame, die Katara auf dem Markplatz vom Fleck weg engagiert hatte, stellte sich als Li-Ma vor und bewegte sich für ihre füllige Figur mit einer erstaunlichen Windigkeit durch das Küchenchaos - während Katara einen Kellner mit Tablett und Gläsern in ernste Schwierigkeiten brachte, indem sie ihm aus Versehen den Ellbogen in den Rücken stieß, als sie über einen Koch hinweg stieg, der ihr hypnotisiert ins Gesicht gestarrt hatte und dann vor ihr auf die Füße fiel und ihr einen Heiratsantrag machte. „Wa-wa-was?“, kreischte Katara, tomatenrot. Li-Ma zog sie weiter. „Keine Sorge Schätzchen, das macht er bei jedem hübschen Rockzipfel, der an seinem Topf vorbeigeht.“, dann warf sie einen giftigen Blick über ihre Schulter. „CHU, DU VERDAMMTER VOLLIDIOT! Hör auf mit dem Quatsch und kümmere dich um deine Eier!“ Das letzte Wort hallte wie ein schlechter Scherz in den Wänden, der die Stopptaste drückte, und dreißig Leute hörten kommandogleich auf, in Töpfen zu rühren und warfen ihrer Vorgesetzten freche Blicke zu. Li-Ma seufzte. „Ihr arbeitet eindeutig zu lange in diesem Etablissement. Alle zusammen! Ich meine natürlich die Eier für das Soufflé.“ Sie schüttelte energisch ihre Pausbacken. „Behämmert, behämmert, behämmert. Komm, Kleines, ich zeig dir deinen Arbeitsplatz.“ Katara nickte abwesend; und ließ zu, dass Li-Ma sie weiter zog. ‚Was für ein ähm lustiges Völkchen hier doch arbeitet…‘, dachte sie perplex und wich einer fliegenden Zitrone aus, die irgendein Heini von einem Ende des Raums zum anderen warf. ‘Aber, wie sagt man so schön, andere Länder, andere Sitten, oder?‘ Blieb nur zu hoffen, dass die Sitten nicht zu sehr aus dem Rahmen fielen. „Das wird deine erste Aufgabe sein.“, erklärte Li-Ma und wies auf einen Tisch, auf dem sorgfältig verschiedenes Gemüse aufgereiht lag. „Draußen stehen Regentonnen mit Wasser und hier hast du einen Eimer. Du musst das alles gründlich waschen, damit die Köche es weiterverarbeiten können, hast du verstanden?“ Katara nickte. „Gar kein Problem.“, sagte sie und begutachtete tatenfreudig die Zucchini, Gurken, Lauchstangen, Spargel, Staudensellerie … ihr fiel etwas Seltsames dabei auf und sie griff nach einer Gurke und drehte sich grinsend zu ihrer Chefin um. „Eure Gäste stehen wohl Stangengemüse?“ Da war er wieder, der schlechte Scherz, der zurück gekrochen kam und die Stopptaste drückte. Amüsierte Blicke flogen Katara zu wie die Motten zu einer Lichtquelle. Li-Ma seufzte schwer. „Noch nicht mal fünf Minuten hier und das Mädel ist verhunzt für die Nachwelt.“ Katara machte ein Gesicht wie ein Schaf, die Gurke in der Hand. „Aber das ist wirklich alles stängeliges Gemüse.“, wiederholte sie trotzig und mit vorgeschobener Unterlippe. Irgendwo brach ein Küchenjunge lachend über seine Kartoffeln zusammen. Li-Ma nickte verständnisvoll und tätschelte Katara die Schulter. „Ich weiß, Kleines, das ist eine Art … Spezialität des Hauses. Und nun, alle Mann an die Arbeit! Wir haben schließlich heute Abend ein Fest auf die Beine zu stellen! Husch! Husch!“ Das geregelte Küchenchaos brach wieder aus und gehetztes Tun mischte sich mit fröhlichem Geschwatze und Löffeln, die in Töpfen rührten, und Messer, die klein hackten. Katara starrte die Gurke vorwurfsvoll in ihrer Hand an. Sie hatte das Gefühl, dass ihr gerade etwas Wichtiges entgangen war. Leicht irritiert schob sie die Ärmel hoch und machte sich an die Arbeit. Am Ende des Tages warteten nichtsdestotrotz drei ganze Silbermünzen auf sie… . *** Und während Katara begann, ihr Stangengemüse zu schrubben, hatte sich nur wenige Meter weiter im Garten unter den Frauen herumgesprochen, dass ein hochrangiger Offizier anwesend war. Nun, genau genommen hatte sich herumgesprochen, dass ein heißer Typ in Uniform wild darauf war, an diesem Tage seine Unschuld zu verlieren - und Prinz Zuko sah sich plötzlich mit etwas konfrontiert, auf das ihn kein Kampftraining dieser Welt jemals hätte vorbereiten können: flirtwillige Frauen, überall, wo er hinsah. Ein paar der Frauen starrten ihn auf eine Art und Weise an, bei der Zuko sich höchst unwohl fühlte. Ying-Ying vom Erdkönigreich beäugte seine Uniform auf eine Weise, die bei ihm ein ausgeprägtes Panikgefühl auslöste. Trotzdem. Zukos Gesicht blieb gefasst und streng. Auf keinem Fall wollte er den Feind wissen lassen, dass der innere Zuko tobte und im Kreis sprang und jedem die Pest an den Hals wünschte. Ein junger Mann zwinkerte ihm zu und warf ihm einen Handkuss entgegen. Zukos Wangenmuskel zuckte. Also schön, was war er hier? Das Lamm, das heute Abend auf dem Altar geopfert wird? Iroh schüttelte den Kopf. „Verstehe einer die Frauen. Mein Neffe beleidigt sie, und sie werfen sich ihm reihenweise vor die Füße.“ Ein raues Lachen entschlüpfte aus Ma-Lis Kehle und sie goss eine weitere Runde Sake nach. „Das ist das berühmte ‚Bad-Boy‘-Image, Iroh.“, klärte sie auf mit der Erfahrung einer abgebrühten Liebesdienerin. „Für Frauen ist der böse Mann aus dem fernen Land immer viel interessanter als der nette Junge von nebenan. Außerdem hilft es, dass dein Neffe eine hübsche Uniform trägt.“ Zuko und Iroh sahen gleichzeitig auf Zukos Uniform, als würden sie sie heute zum ersten Mal sehen. Iroh schielte an seiner eigenen Uniform herab. „Und was trage ich, einen abgelegten Reissack?“, murmelte er in seinen Bart. Ma-Lis Blick flackerte und blieb mindestens eine Sekunde zu lang an Irohs dicken Bauch hängen und Zuko verkniff sich zum ersten Mal an diesem verdammten Tag (was immerhin sein Geburtstag war) ein Grinsen. Er atmete zum ersten Mal richtig aus und die Stahlfeder, die in seinem Inneren bis zum äußersten gespannt war, gab ein wenig nach. Zuko griff nach seinem gefüllten Sakeschälchen. Ma-Li räusperte sich und schenkte Iroh einen effektvollen Augenaufschlag. „Nun, ich meinte, ich habe dir bereits vor zwanzig Jahren erklärt, was man sich so erzählt … über Männer in Uniformen… .“, hauchte sie ihm entgegengehen. Eine vage Erinnerung huschte über Irohs Gesicht und plötzlich fand der alte General die Servietten auf dem Tisch furchtbar interessant. Er schob sie von rechts nach links - und wieder nach rechts. Zuko wurde misstrauisch. „Was erzählt man sich über Männer in Uniform?“, verlangte er zu wissen. Ma-Lis bedeutungsschwangerer Blick richtete sich auf ihren jüngsten Gast - und Zuko biss sich sofort auf die Zunge und bereute, überhaupt gefragt zu haben. „Nun, mein junger Freund“, säuselte Ma-Li extrem amüsiert. „man erzählt sich, Männer in Uniform haben … gewisse ausgleichende Fähigkeiten…“ Zukos Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. „zu einem sehr ausdauerndem…“ Zukos Augenbrauen zogen sich scharf zusammen. „ähm … Salutieren?“, versuchte es Ma-Li. Ein heftiger Lachanfall schüttelte Irohs Körper. Ma-Lis Lippen verzogen sich zu einem süffisanten Lächeln. „Stimmst du mir nicht zu, Alana?“ Ping! Die Stahlfeder war wieder zurück an ihrem alten Platz. Alana nickte unter leichtem Erröten und warf einen hingebungsvollen Blick auf Zukos Offiziersrang, der in der Nachmittagssonne besonders hübsch funkelte. Zuko kniff die Augen zusammen, leise Flüche vor sich hin murmelnd, und wünschte sich ganz dringend ganz weit weg von diesem schrecklichen Ort. Zu seinem Glück ging der gellende Schrei einer jungen Frau durch den Garten und ließ alle Anwesenden innehalten und von dem delikaten Thema wegdenken. Als Sohn des Feuerlord war Zuko mit den unterschiedlichen Nuancen eines Schreis außergewöhnlich gut vertraut. Er konnte Todesschreie sehr gut unterscheiden von Verzweiflungsschreie, Wutschreie und dem klassischen Angstschrei. Dieser Schrei fiel locker in die Kategorie Überraschungsschrei. Nichts Ernsthaftes. Wahrscheinlich eine Maus, die eine Frau auf einem Tisch hopsen ließ. Ma-Li seufzte dramatisch. „Ich erwähnte ja bereits, in meiner Küche herrscht ein mittleres Chaos. Wenn Ihr mich bitte einen Moment lang entschuldigen würdet…“ Sie raffte ihr goldenes Juwelenkleid zusammen und Zuko sah mit wachsender Begeisterung zu, wie sich die ungezogene Frau von seinem Tisch entfernte. Wunderbar. Er nahm einen sehr zufriedenen Schluck Sake und machte sich eine mentale Notiz, der Küchenmagd für ihre Wohltat später einen großen Orden an die Brust zu heften. (Hätte er gewusst, dass jene Küchenmagd Katara gewesen war, er hätte sich die Sache mit dem Orden noch einmal überlegt…). Der Moment der Zufriedenheit währte jedoch nur kurz. Iroh erhob sich und strich seine Kleidung glatt. „Wenn mich meine trüben Augen nicht täuschen, sehe ich dahinten eine traurige einsame Dame, die ein wenig Gesellschaft vertragen könnte.“ Zuko sprang auf seine Füße. „Wagt es nicht einmal, diesen Gedanken zu Ende zu denken!“, sagte er scharf wie eine Rasiermesserklinge. Iroh gluckste und verpasste seinem Neffen einen männlichen Klaps auf die Schulter. „Immer mit der Ruhe, Zuko. Es gibt nichts, wovor Ihr Euch fürchten müsstet. Zwei junge Menschen wie ihr es seid kommen ohne mich alten Mann doch sicherlich viel besser zurecht.“, sagte er und schritt von dannen. Ließ Zuko allein zurück. Zuko ballte die Fäuste. ‚Das werdet Ihr mir büßen, Onkel!‘, wütete er innerlich. ‚Hofverrat! Ich werde alle Teebeutel von meinem Schiff verbannen! Ich werde… werde… irgendwas… Oh!‘ Alana hatte sich neben ihm gestellt. Nein, genauer gesagt, sie hatte sich ihm an dem Hals geworfen und ihre kleinen apfelgroßen Rundungen pressten beharrlich gegen seinen Unterarm, während ihre kleinen Puppenfinger provozierend über seine Schulterplatten strichen. „Ich kann Euch ein wenig im Haus herumführen und Euch unsere Zimmer zeigen, wenn Ihr es wünscht.“ "Tettrnk?" sagte Zuko, ganz der Frauenheld, der die Kontrolle über seine Zunge verloren hatte. Alana lächelte und Zuko versuchte es noch einmal. „Tee trinken.“, spuckte er aus. „Ich würde gerne noch eine Tasse Tee trinken.“ Alana nickte ergeben, aber nicht ohne dabei so etwas wie gespielte Enttäuschung durchblicken zu lassen. Zuko ließ sich wieder auf sein rosa Kissen sinken und sah äußerst angespannt zu, wie die kleinen Puppenhände zärtlich über den Rand seiner Tasse strichen, ehe sie Tee eingossen. Er warf einen flehenden Blick zum Himmel hinauf und fragte sich langsam ernsthaft, womit er diese teuflische Strafe verdient hatte. *** Ma-Li hatte sich vor ihrem Küchenpersonal derweil aufgebaut, die Hände in die Hüfte gestemmt und der misstrauische Blick von Gesicht zu Gesicht wandernd. Verbissen nahm sie die Szene in sich auf. Nicht, weil sie nach verräterische Anhaltspunkte für ein Vergehen suchte, sondern weil sie sich ganz fest versprach, dieses Bild auf immer und ewig in ihre Gedanken einzuschließen. Nur ihre zuckenden Mundwinkel verrieten, dass sie kurz davor stand, lachend auf dem Boden zusammenzubrechen. Da standen sie, dreißig Männer und Frauen, mit dem definitiv unnatürlichsten kollektiven Massenlächeln auf den Lippen. Sie standen vorbildlich wie Soldaten vor ihrem General, ganz besonders die hintere Reihe. Vier kräftige Köche hatten sich zu einer Mauer aneinandergereiht, und wenn Ma-Li einen Trippelschritt nach rechts ging, rückte auch die Mauer nach rechts. Trippelte sie nach links, trippelten auch die Männer nach links. Ma-Li seufzte und sah ihre Schwester Li-Ma an. „Will ich überhaupt wissen, was die Männer hinter ihren Rücken verbergen?“ Li-Ma schüttelte händeringend den Kopf. „Glaub mir meine Liebe, es würde dir nur den Tag ruinieren. Aber lass dir gesagt sein, dass einem Erfolg heute Abend nichts mehr im Wege steht. Wir haben alles im Griff.“ Dreißig Männer und Frauen nickten überschwänglich mit dem Kopf. „Alles im Griff!“ Ma-Li zwinkerte sich eine kleine Lachträne aus den Augen. „Das freut mich zu hören. Wir haben heute Abend nämlich zwei ganz besondere Ehrengäste.“ Sie legte ihre dünne faltige Hand auf den kräftigen Arm ihrer Schwester. „Ich verlass mich auf dich.“, schnurrte sie und überließ die Küche wieder der tüchtigen Li-Ma. Als die Tür hinter ihr zuklappte, wich die Mauer zurück, und dahinter erschien eine ziemlich wütende Katara, die auf allen Vieren ausgestreckt am Boden lag und zwei junge Küchenmädchen auf sich zu sitzen hatte. Sie trommelte mit den Fingern auf dem Boden. „Runter. Von. Mir. Sofort.“ Diesen scharfen Ton hatte sie gut drauf. Damit brachte sie Sokka dazu, seine Socken selbst zu stopfen und Appa, seinen Stall selbst auszumisten. Im Moment brachte er die zwei Mädchen dazu, hastig von ihr aufzuspringen und sich hinter den riesigen Köchen zu verstecken. Katara erhob sich und klopfte sich wütend den Staub aus ihrer Kleidung. Dann sah sie auf und sah in die versteinerten Gesichter der Küchenmitarbeiter. Einer von ihnen zeigte mit dem Finger auf sie und brüllte inbrünstig: „Du bist eine Wasserbändigerin!?“ Und es klang nicht wie die Ankunft einer guten Botschaft, sondern eher wie die Prophezeiung des Weltuntergangs. Katara blinzelte ungläubig. Was lief hier denn verkehrt? Noch vor fünf Minuten hatte sie Gemüse geputzt und sie hatte es sich nicht nehmen lassen, den Vorgang des lästigen Wasserschleppens und Holens etwas abzukürzen, indem sie ihre Kräfte einsetzte. Dann, aus heiterem Himmel, hatten sich diese zwei Mädchen auf sie gestürzt wie zwei Habichte auf eine Maus und Katara war mit einem Schrei zu Boden gegangen. Nun stand sie da, vor einer Mauer der Ablehnung. Li-Ma fasste sich zuerst ein Herz. „Na na na“, schnatterte sie als wenn es galt, eine aufgeregte Horde kleiner Kinder zu beruhigen, „jetzt atmen wir einmal alle tief durch und erinnern uns daran, dass Katara erst wenige Minuten bei uns ist. Bin ich richtig in der Annahme, dass niemand von euch unsere neue Mitarbeiterin über die KB-Klausel informiert hat?“ Katara wurde hellhörig. „KB-Klausel?“, wiederholte sie neugierig. Betretenes Schweigen und ein intensives auf die Schuhe Starren war Antwort genug für Li-Ma. „ Dachte ich‘s mir doch. Also schön, jeder geht zurück an seine Arbeit und vergisst ganz ganz schnell diesen kleinen unerfreulichen Ausrutscher.“, jodelte Li-Ma freundlich und packte Katara bestimmend am Arm und zog sie zur Seite. „Husch, husch!“ In ihren schokoladenbraunen Augen spiegelte sich Bedauern und ehrliche Sorge. „Es tut mir schrecklich leid, dass so etwas passiert ist, aber wer konnte denn schon ahnen, dass du eine Wasserbändigerin bist?“ Katara verstand die Welt nicht mehr. „Wa-Was ist denn so falsch daran, eine Wasserbändigerin zu sein?“ „Oh, gar nichts ist falsch daran.“ Katara atmete aus. Gut. Einen Moment lang hatte sie doch tatsächlich geglaubt, die Hexenverfolgung würde in Li-Ma‘s Küche wieder auferstehen. „Nun ja, es ist nicht falsch, solange du deine Kräfte *nicht* in diesem Haus benutzt.“, fügte Li-Ma eilig hinzu. Katara straffte ihre Schultern und ihr Blick wurde eine Spur härter. Okay… Sie konnte damit leben, dass die Mitarbeiter eine seltsame Art von Humor hatten. Sie störte sich nicht daran, dass die Gäste seltsame Vorlieben hatten, aber wie die Dinge sich jetzt weiterentwickelten, war ihr eine Nummer zu ‚seltsam‘. „Das müssen Sie mir aber genauer erklären.“, verlangte Katara und in ihrer Stimme mischte sich ein leiser Anflug von Misstrauen - und das laute Grummeln ihres Magens. Li-Ma kräuselte die Stirn. „Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen, Kindchen?“ *** 34 Meter bis zum Ausgang, schätzte Zuko. 58 Zacken hatte die Bordüre der Serviette, die Iroh so gepflegt hin- und her geschoben hatte. 9 Löcher zählte der Prinz der Feuernation im Holzpanel gegenüber. Und wie viele Minuten saß er neben der Katara-Doppelgängerin, ohne ein Wort von sich gegeben zu haben? Fünf? Zehn? Zwanzig Minuten des Schweigens? „Ihr seid sehr schweigsam, Master Zuko.“, stellte Alana fest. ‚Und du hast eine bemerkenswerte Auffassungsgabe.‘, dachte er ironisch. Was um alles in der Welt sollte er nur mit diesem Mädchen anfangen? Konversation? Oh ja, er hatte Konversationsunterricht gehabt, nur schien jede Frage, die ihm in dem Kopf herumflatterte, plötzlich so … verfänglich, so doppeldeutig. Er mochte sie nicht nach ihrem Alter fragen. Egal wie die Antwort ausfiele, sie war definitiv zu jung für einen Schuppen wie diesen. Sollte er sie fragen, woher sie kam? Es war ganz offensichtlich, dass sie von einem schlechten Ort herkam, sonst würde sie es wohl kaum bevorzugen, hier zu arbeiten. „Das ist in Ordnung“, sagte das Mädchen vom Wasserstamm. „Viele Menschen sind schweigsam.“ ‚Ich wünschte, du würdest dich ihnen anschließen.‘, dachte er dumpf. „Soll ich Ihnen vielleicht etwas Hübsches vorsingen?“ Ein Ruck wie ein Güterzug ging durch Zukos Körper. „Oh bitte, verschone mich.“, sprühte es aus ihm heraus. Eine Spur verachtender, als er es beabsichtigt hatte. „Ich meine … das ist nicht nötig.“, legte Zuko versöhnlicher nach. „Ich genieße die … ähm … Ruhe.“ Alana nickte. „Ja. Das hier ist ein wunderbarer Ort des Friedens. Natürlich ist es auch ein … Freuden-Etablissement … aber es ist in erster Linie ein friedfertiger Platz. Man kann hier fast vergessen, dass es so etwas wie Krieg überhaupt gibt.“, hauchte sie und schenkte ihm ihr süßestes Lächeln. Zukos Augen wurden einen Deut schmaler. ‚Man kann hier fast vergessen, dass es so etwas wie Krieg überhaupt gibt.‘, wiederholte er monoton in seinen Gedanken. Da war etwas, das ihm schon die ganze Zeit zu Grübeln gab, doch er konnte nicht wirklich seinen Finger darauf legen. Was stimmte nicht an diesem Bild? Dort hinten saßen Offiziere der Erdnation, und zwei Pavillons weiter saß eine Gruppe Geschäftsmänner, die eindeutig aus der Feuernation kamen. Und waren das dort nicht Piraten, die einen Haufen junger Mädchen auf ihren Schößen zu sitzen hatten? Ja, ganz recht. Sie hatten Krieg. Nur scheinbar machte der Krieg einen großen Bogen um diese kleine Hafenstadt. Zukos Augen blitzten. Wieso? Alana fand, die Zeit war reif für einen weiteren Annäherungsversuch. Sie lehnte sich weit zu Zuko vor und gewährte ihm tiefe Einblicke in ein fast nicht vorhandenes Dekolleté. Zuko schluckte schwer - und starrte eisern geradeaus. Wo hatte er aufgehört mit dem Zählen? Beim neunten Holzloch? Alanas kleines herzförmiges Gesicht rückte bis auf wenige Zentimeter an seine Wange heran und ihr zuckersüßes Parfum kitzelte ihn in der Nase. „Habt Ihr schon mal ein Mädchen geküsst, Master Zuko?“, flüsterte sie verführerisch. *** Katara leckte genüsslich den Vanillepudding mit Erdbeeren von ihrem Löffel. „Was hat es mit dieser seltsamen Klausel auf sich?“, fragte sie zwischen zwei Bissen. Li-Ma, die ihrem neuen Schützling am Tisch gegenüber saß, zuckte leichthin mit den Schultern. „Eigentlich nichts Außergewöhnliches.“ Zweifelnd legte Katara ihre Stirn in Falten. „Also ich finde das schon sehr außergewöhnlich, wenn es den Menschen in diesem Haus verboten ist, zu bändigen. Es ist doch eine wunderbare Gabe - und kein verdammter Fluch, für den man sich schämen muss.“ Ein schwermütiger Seufzer entfuhr ihrer neuen Arbeitgeberin und eine Spur von müder Sehnsucht kroch in ihre Schokoaugen. „Unsere Großmutter hat diese Regel vor mehr als achtzig Jahren erlassen, musst du wissen. Wir respektieren ihren Wunsch und würden es nicht übers Herz bringen, ihr Andenken zu beschmutzen.“ Katara schüttelte den Kopf. Diese Regel entbehrte jeder Logik. „Aber wir haben doch Krieg.“, konstatierte sie energisch. „Wie wollt ihr euch gegen die Feuernation verteidigen, wenn nicht mit Bändigen?!“ Li-Ma‘s silbriger Lockenkopf hüpfte auf und ein breites Grinsen kletterte jetzt langsam wie ein alter Bergsteiger auf ihr Gesicht. „Verteidigen?“, wiederholte sie lächelnd. „Wir müssen uns nicht verteidigen. Der Krieg kommt nicht hierher. Er wird niemals zu uns kommen.“ Eine irre Endgültigkeit lag in ihrer Stimme und Katara war irgendwie nur - baff. „Das ist doch Wunschdenken!“, entfuhr es ihr heftig und sie haute mit der Faust auf dem Tisch. Genau, könne mal jemand dieser Frau bitte eine extra Portion Realität einbläuen? Li-Ma hob den Zeigefinger, und ihr sorgloses Lächeln schien Katara noch wütender zu machen. „Kein Krieg in diesem Haus. Das ist unser Gesetz. Und alle halten sich daran.“ Katara sah sich zweifelnd um. Hatte das gerade außer ihr noch jemand gehört? Ein Koch stand summend an seinem Topf. „Kein …Krieg… in diesem Haus… .“. Halb sang er, halb rappte er. „Haus… Haus… Haus… Nein, nein, nein, neeeeiiin….“ Katara biss sich auf die Unterlippe. ‚Okay… wo sind hier die Männer mit den weißen Jacken? Oder die Exorzisten? Vor mir aus auch der Gemüsehändler, nur sollte hier jemand schleunigst ein paar nette Pillen verteilen.‘ Katara seufzte. Nein. So wie es aussah, blieb es wieder einmal an dem Mädchen vom Südpol hängen, diesen naiven Köchen die zu Suppe zu versalzen. Doch bevor sie auch nur ein Wort der unumstößlichen Wahrheit aus ihrer Kehle pressen konnte, schnitt Li-Ma sie ab. „Ich weiß, das ist für Außenstehende schwer zu begreifen. Und bevor du uns zu kompletten Trotteln abstempelst, möchte ich dir wenigstens vorher zeigen, wovon ich rede.“ Sie schnappte nach Kataras Hand und zog die ziemlich skeptisch dreinblickende Wasserbändigerin aus der Küche und in den Korridor des großen Hauses hinein. Kataras Augen brauchten einige Sekunden, um sich an das Halbdunkel in dem gigantischen Flur zu gewöhnen. Li-Ma grabschte nach der Klinke einer Tür, öffnete sie einen Spaltbreit und streckte ihren Kopf nach draußen. Sie bedeutete Katara, das Gleiche zu tun. Arktisblaue Augen schauten neugierig unter schokobraunen Augen in das Gartenrestaurant mit den vielen kleinen Pavillons. Katara blinzelte. Es hielten sich nun erheblich mehr Gäste dort auf, wahrscheinlich des Festes wegen. „Sieh genau hin, meine kleine Wasserbändigerin.“, säuselte Li-Ma beschwörend. Katara nickte gehorsam. Und ihre wachsamen Augen saugten die Szene in sich auf. ‚Watson, was ist hier falsch?‘, fragte sie amüsiert, nicht wirklich daran glaubend, dass sie heute etwas Neues lernen sollte. Da lachen ja die Hühn- VERFLIXT UND ZUGENÄHT! Wie von einem unsichtbaren Eiszapfen getroffen, zuckte Katara zusammen. Oh nein! Oh nein! Oh nein! In dem Bruchteil einer Sekunde ruckte ihr Körper in Gefechtsbereitschaft. Automatisch war ihre Hand zur Wasserphiole gewandert. Feuernation! Hier und Jetzt nur ein paar Meter von ihr entfernt! Hektisch fummelte sie an ihrer Kleidung. Appa! Pfeife! Wo zum Teufel hatte sie die verflixte Pfeife hingesteckt?! Verdammt! Sie musste weg von hier!!! Katara zuckte einmal mehr zusammen, als sich eine ruhige Hand auf ihrer nervös zuckenden Hand legte. „Sieh genau hin, Katara.“ „Aber-“ „Nein, Katara. Es ist alles gut.“, fuhr Ma-Li mit sanfter Stimme fort. „Niemand wird dir hier etwas antun. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“ „Ach ja?“, schnappte Katara wild zurück. „Wortwörtlich?! Da sitzen nämlich ein paar fiese -“ Katara bremste sich selbst. Irgendetwas an Li-Ma ließ sie inne halten. Die Lethargie, mit der sie alles hinnahm? Das heilige Lächeln? Diese Freundlichkeit, so unangebracht für jemanden, in dessen Garten sich Feuerbändiger tummelten? Es schien sie nicht im Geringsten zu stören. Ganz im Gegenteil, sie waren sogar ihre GÄSTE. Da wurde doch der Hund in der Pfanne verrückt. Was ging hier vor? Li-Ma trat einen Schritt beiseite und stieß die Tür einen Deut weiter auf. Ein heller Lichtkegel fiel auf Katara, die aus dem Halbdunkeln heraustrat und zögernd die Phiole losließ. Sie trat näher heran, und mit jedem Zentimeter, der unter ihren neugierigen Füßen wich, wurden ihre Augen größer. Die Männer von der Feuernation lachten. Sie hatten sich mit ein paar hübschen Frauen umzingelt und prosteten sich gegenseitig zu. Keine Uniformen, stellte Katara keuchend fest. Das waren keine Soldaten. Nur einfache Zivilisten in einem Restaurant. „Wow!“, keuchte sie, diesmal etwas lauter, als sie Uniformen entdeckte. Soldaten der Erdnation saßen im Pavillon neben der Feuernation - und auf ihren Gesichtern war seliges Grinsen und Zufriedenheit. „Wow! Wow! Wow!“, krächzte sie. ‚Kneif mich einer, ich glaub, ich träume!‘ Da saßen doch tatsächlich Piraten! Li-Ma trat zu ihr. „An einem anderen Ort auf dieser Welt zu einer anderen Zeit würden sich diese Männer ohne zu zögern bekriegen.“, erklärte sie. „Doch hier herrscht Friede. Sie kennen die Regeln, und sie respektieren sie.“ ‚Ein Feuerbändiger, der Regeln akzeptiert? Das ich nicht lache! Was passiert als nächstes? Eine gemeinsame Tombola, und der Gewinner macht Urlaub in Ozais Ferienhütte?‘ Andererseits, war sie mittlerweile so auf den Krieg fixiert, dass sie den Frieden nicht einmal erkannte, wenn er ihr ins Gesicht sprang? Könnte es sein? Ein Blick auf die Männer der Feuernation und Katara wusste, dass sie *diesem Frieden* nicht über den Weg trauen würde. Sie reckte das Kinn. „Was passiert dort hinten?“ Li-Ma folgte ihrem Blick. Eine Gruppe junger Frauen in roten Seidenroben und mit weiß bemalten Gesichtern belagerte einen Pavillon. Neugierig stellte Katara sich auf die Zehenspitzen, doch die Sicht auf dem Pavillon blieb ihr versperrt. „Wie haben heute Abend Ehrengäste.“, erklärte Li-Ma. „Zwei hochrangige Offiziere der Feuernation.“ Kataras Herz rutschte einmal mehr in ihre Hose. „Man erzählt sich, einer der beiden sei ein gut aussehender junger Feuerbändiger. Das macht unsere Mädchen ganz wuselig.“ Katara schnaubte verächtlich. Das war doch lächerlich. Allein die Tatsache, dass Li-Ma Feuerbändiger und gut aussehend in einem Satz verwendete, war schon lächerlich genug. Sie trat zurück und Li-Ma ließ die Tür wieder zufallen. „Bist du in Ordnung, Kleines? Eine Sekunde lang hast du mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ ‚Ich habe Ihnen einen Schrecken eingejagt?! Versuchen Sie mal, ruhig zu bleiben, wenn der Feind neben Ihnen Tee schlürft!!‘, heulte sie wütend. Laut sagte sie jedoch: „Ja, ich gebe zu, ich bin überrascht. Das habe ich nicht erwartet.“ Li-Ma tätschelte ihr den Arm. „Das geht den meisten Leuten so, wenn sie hier zum ersten Mal sind.“ ‚Ja, darauf würde ich sogar meinen linken Arm verwetten.‘ „Na gut, wir haben jetzt lang genug geplaudert. Es wird Zeit, dass ich mich wieder an die Arbeit mache. Und du Liebes, iss erst mal deinen Pudding auf. Danach werde ich dir eine neue Aufgabe zuteilen.“ Katara nickte und verbeugte sich brav. Sie sah dem immer kleiner werdenden Schatten von Li-Ma nach, bis die füllige Frau ganz hinter einer Tür verschwunden war. Die Tür fiel in ihren Angeln und in Kataras sanftmütigen Augen trat ein entschlossener Blick. ‚Kein Krieg in diesem Haus.‘, dachte sie lachhaft. ‘Erzähl das meiner Oma. Ich werde schon noch herausfinden, was hier vor sich geht.‘ Es wurde Zeit, dass jemand das Fundament dieses Hauses ein wenig genauer unter die Lupe nahm. Sie krempelte ihre Ärmel hoch. Sherlock Holmes, zieh dich warm an, hier kommt Katara. *** Zuko musste sich an der Tischkante festhalten, weil er Gefahr lief, vor Entsetzen in Ohnmacht zu fallen. Er wusste, dass er die Feuerprobe eines Tages überstehen müsste. Sein Onkel hatte ihn gewarnt: ‚Dieser Kelch wird nicht an Euch vorbeigehen, Prinz Zuko. Aber schenkt einem alten Mann Glauben, der Euch sagt, es ist alles halb so schlimm, wie es aussieht.‘ Schlimm? Es sah widerwärtig und abstoßend aus, wie der alte Mann sich über das Mädchen im Pavillon neben Zuko hermachte und ihr allem Anschein nach das Leben aussaugen wollte. Urgs, zwei Goldfische auf dem Trocknen, die nach Luft hechelten. Und mit dem Flossenschwanz wedelten. Zuko zuckte zusammen. Nein, das hatte er gerade eben nicht gedacht. Alanas rot angemalte Lippen strichen über seinen Mundwinkel. Zukos Hände krallten sich in den Tisch, um seine unkontrollierbaren Zuckungen in Armen und Beinen zu unterdrücken. Wenn das so weiterginge, würde man ihn nur noch als dauerkrampfenden Pflegefall auf einer Trage zum Schiff transportieren können. ‚Verdammt seid Ihr, Onkel! Möge die Hölle ein warmes Plätzchen für Euch freihalten!‘ Alana schien nicht genug von den krampfhaft zusammengebissen Lippen ihres Gastes zu bekommen. Sie rückte näher, auch wenn das in Zukos Augen gar nicht mehr möglich war, und drückte ihm die volle Breitseite ihrer Lippen auf die seinen. Zuko atmete scharf ein. Doofer Fehler. Ihr extrem süßer Duft kitzelte seine Nase und er schnappte nach Luft. Alana, das kleine Biest, erkannte die Chance ihres Lebens, und knabberte genüsslich an der Unterlippe des wohl begehrtesten Junggesellen des Abends. Zuko riss entsetzt die Augen auf. Roter sirupartiger Lippenstift verteilte sich wie Schmieröl zwischen ihnen und das seltsame schmatzende Geräusch, das sie von sich gab, machte die Sache auch nicht besser. ‚Blutegel‘, schoss ihm durch den Kopf. Als ob ein gieriger Blutegel an ihm rumlutschen würde. Doch so widerlich dieser Gedanke in seiner Natur auch war, es ließ sich aushalten. Es war - zu seiner eigenen Überraschung - nicht zum Kotzen. Tatsächlich würde er mit ‚dieser Sache‘ vielleicht sogar leben können, mutmaßte Zuko. Aber auch nur vielleicht. Im Moment fühlte er sich ein bisschen unter Druck gesetzt. Denn er starrte in rund zehn verschiedene Augenpaare. Frauen, die seinen Pavillon umzingelt hatten mit einer Geschwindigkeit und Geräuschlosigkeit, neben die die Yu Yan Archers neidlos erblasst wären. [Anmerkung der Autorin: Yu Yan Archers; Special Forces der Feuernation] Und jede einzelne von ihnen sah aus, als würde sie sich mindestens ein Bein ausreißen wollen, um mit Alana zu tauschen. Ying Ying sah aus, als wolle sie nicht tauschen, sondern einfach nur mitmischen. Wären da nicht diverse Sehnen und Nerven gewesen, Zukos Augen wären zumindest bei diesem lähmenden Anblick aus seinem Kopf gefallen. ‚Rückzug!‘, schrie der Soldat in seinem Innern. ‚Onkel!‘, heulte das Kind in ihm. ‚Alle bitte in einer Reihe anstellen!‘, lachte eine unbekannte Stimme in seinem Kopf, die wohl seit neuestem die Fraktion der Hormone und animalischen Instinkte vertrat. Die Stimme war aber sehr leise und wurde von dem Kind und dem Soldaten niedergebrüllt. Zuko packte Alana bei den Schultern, um sie von sich wegzudrücken. Vorsichtig, für den Fall, sie würde einfach unter seiner Kraft wie künstliches Porzellan zerbröseln. Alana - typisch Frau - deutete diesen erfreulichen Körperkontakt anders und warf sich ihm an die Brust. Wickelte die Arme wie eine Schlingpflanze um seinen Körper. Zuko - der Überrumpelte - wurde langsam wütend. Alana reizte die Grenzen ihres Glücks ein wenig mehr aus und Zuko zuckte ernsthaft beschämt zusammen, als etwas feuchtes Raues über seine Lippen wischte. Knutschen, okay. Jemanden ungefragt die Zunge in den Hals stecken zu wollen, nicht okay. Vorsichtig, aber diesmal unmissverständlich, wies er sie in ihre Schranken, und schubste Alana zurück auf ihr Kissen. Verdutzt, mit verschmiertem Lippenstift, und fragenden Augen, sah sie ihn an. Zehn Frauen quietschten begeistert und witterten ihre Chance. Zuko strich seine Uniform glatt und warf mit todbringenden Blicken um sich. (der Blick, der ihn besonders cool aussehen lässt… ) Ein Mädchen stürmte auf Zuko zu und warf sich ihm zu Füßen. „Du Halbgott!“, jammerte sie. Zuko wurde knallrot. „Ähm“. „Ich will deine Fußgelenke lecken“, fuhr sie fort. Zuko sah sich panisch um. „Ähm, ich glaube, da fragst du lieber meinen Onkel!“ ‚Wo zur Hölle steckte Iroh?!‘ „Oh, mein lieber Zuko.“, murmelte eine ihm vertraute Stimme belustigt. Ma-Li drängte sich an ihren Frauen vorbei und zog das Mädchen von seinen Füßen fort. „Na, na. Hatten wir nicht abgemacht, ein wenig sachter mit unserem jungen Gast umzugehen? Husch, husch, meine Hübschen. Gibt dem Mann ein wenig Raum zum Atmen!“ Zehn Schmollmünder folgten nur sehr ungern den Anordnungen der Bordellbesitzerin und trippelten von dannen. Und Zuko fühlte sich, als hätte man ihm gerade eine tickende Zeitbombe aus seinen Händen gerissen. Gott, er war sogar beinahe so etwas wie - dankbar. Ma-Li warf ein noch breiteres Grinsen auf ihren Gast. „Wenn ein Trupp junger Frauen in Dessous kommen, sich auf Euer Bett werfen würde und fragen, ob sie irgendwas für Euch tun könnten - ich glaube fast, Ihr würdet sagen ‚Nein, aber warum fragt ihr nicht meinen Onkel?‘“ Zuko wurde dunkelrot. Der Moment der Dankbarkeit war vorbei. Er erhob sich von seinem Kissen und ging auf Ma-Li zu. Mit stechenden Augen und geballter Faust. Ma-Li schluckte. Vielleicht hatte sie es dieses Mal zu weit getrieben. Sie kannte diesen gefrierenden kalten Blick. Sie hatte ihn schon einmal gesehen, vor zwanzig Jahren. Und sie alle wussten, was aus Ozai geworden war. Doch da war noch etwas anderes. Ozai war in seiner Wut und Grausamkeit und seinen niederen Begehren leicht berechenbar gewesen. Es war gut mit ihm umzugehen, wenn man erst einmal wusste, wie der Feuerlord ‚tickte‘. In dieser Hinsicht unterschied er sich von all den anderen machtgierigen und skrupellosen Männern kaum. Zuko war - ‚anders‘, entschied Ma-Li vorsichtig. Sie konnte nicht sagen, warum das so war, aber sie hatte ihn schon den ganzen Tag lang beobachtet. In seinem Gesicht waren mehr Zornesfalten und Narben, als es für einen jungen Menschen gut sein könnte. In jeder Ecke vermutete er einen Hinterhalt. Jeden Gast tasteten seine geschulten Augen nach Waffen ab. Er trank den Sake erst, nachdem Ma-Li von demselben Krug getrunken hatte. Er schritt mit außergewöhnlicher Wachsamkeit und Misstrauen durchs Leben. Im Moment schritt er auf sie zu und sah ihr mit kaltem Blick in die Augen. „Wenn ein Bataillon dreckiger Soldaten an Euer Tür klopfen würde“, begann er mit Gänsehaut-einflößender Stimme, „und Euch fragen würde, ob es irgendwas gäbe, das *Ihr* für sie tun könntet - ich glaube fast, Ihr würdet sagen ‚Aber bitte doch, ziehen Sie eine Nummer.“ Ma-Li erschauderte. Und der Fächer in ihrer klammen Hand zitterte. Sie sah dem Prinzen fest in die Augen. „Sicher würde ich das tun.“, entgegnete sie mit bebender Stimme. „Wenn ich damit meine Familie und Angestellten vor Schlimmeren bewahren kann, würde ich sogar lächelnd die Nummern verteilen.“ Und da war er, dieser Unterschied, den Ma-Li nicht berechnen konnte. Ozai hätte sich bei dieser Aussage wahrscheinlich ein schwaches Lächeln abringen können und ihre ‚Aufopferungsbereitschaft‘ mit einem Nicken gewürdigt. Zukos Augen flackerten. Und sein Gesicht verzog sich zu einer grimmigen Maske. Sie konnte beinahe *sehen*, wie der junge Prinz sich im Geiste vorstellte, diesem fiktiven Bataillon die Hölle auf Erden zu bereiten. „Es tut mir leid.“, presste er trocken aus seiner Kehle heraus. „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“, sagte er und machte auf dem Absatz kehrt. Verwirrt schaute sie dem jungen Prinzen hinterher, der auf dem Weg zu den Toilettenräumen einen Tross weiblicher Groupies hinter sich herzog, die alle entzückt die Hände nach dem ‘Halbgott‘ ausstreckten. Mit hochrotem Kopf, und auch ein wenig angepisst, verschwand er hinter der Tür. Ma-Li drückte ihren Fächer an die Brust. Ja, Prinz Zuko war wirklich anders. *** Zuko trat in den halbdunklen Korridor und schloss die Tür hinter sich. Lehnte sich gegen das kühle Stück Holz und ließ seinen Kopf nach hinten fallen. Das war ein nicht enden wollender Alptraum. Es schien, als ließe er heute absolut kein Fettnäpfchen aus. Und während sich der Prinz der Feuernation in Selbstmitleid badete, sich so richtig tief reinkniete, sah er - ganz plötzlich - in den Augenwinkeln einen vorbeiflitzenden Schatten am Ende des Korridors. Seine Augen wurden zu misstrauischen Schlitzen und er starrte dem Schatten noch drei lange Sekunden verblüfft nach, ehe er mit dem Hinterkopf gegen die Tür knallte. Warum nur glaubte er die ganze Zeit, diese dumme Ziege von Wasserbändigerin würde um ihn herum schleichen? Er schüttelte den Kopf, um diesen lästigen Gedanken wegzuwischen. Dann ging er in das Badezimmer - und schrak im Spiegel vor seinem eigenen Antlitz zusammen. „Was zum -?“ Zuko der Blitzmerker brauchte eine Sekunde, ehe er begriff, dass es kein Blut war, sondern nur Lippenstift, der sich auf seinen Lippen verewigt hatte. Mürrisch wischte er das Zeug am Ärmel seiner Uniform ab. Und starrte. Und starrte. Könnte es sein? Lag es tatsächlich an der Uniform, dass die Frauen ihm in Scharen nachliefen? Iroh hatte sich schon vor geraumer Zeit seiner Sachen entledigt - und niemand wollte seine Fußgelenke lecken. Zuko besah sich seine Uniform im Spiegel. Perfekter Sitz, glänzende Knöpfe, sie schrie nach Autorität und Macht. Und Eroberung. Frauen könnten das missverstehen. Zuko betastete die Metallschiene unter seinem Hemdkragen. So wie es aussah, musste er eher darum besorgt sein von Amors Pfeil getroffen zu werden als von dem Pfeil eines Heckenschützen. Mit einem Plong! sprang der Verschluss auf und die Metallschiene rutschte zu Boden. Zukos Blick wurde entschlossener. Dann wichen auch die restlichen Uniformhartteile. Am Ende stand er da und besah sich das Resultat im Spiegel. Bis auf die eng anliegende schwarze Stoffhose, die glänzenden Stiefel mit dem hohen Schaft, und das rostbraune weite Hemd hatte er alle verräterischen Uniformgegenstände abgelegt. Er blieb skeptisch. Die enge Hose gab ihm zu Denken. So langsam aber sicher kam er dahinter, wie die Frauen ‘funktionierten‘. Enge Hosen waren im Nahkampf vorteilhafter, denn dann bekam der Gegner nichts zwischen den Fingern, woran er sich festhalten könnte. Hier in diesem Etablissement wirkten sie allerdings - unanständig. Zuko zupfte unbeholfen sein Hemd aus der Hose, um so zumindest seinen Hintern vor unerwünschten Blicken zu schützen. Wieso aber auch? Wenn seine Theorie aufgehen sollte, würde sich eh kein Weib mehr für ihn interessieren und er konnte sich entspannt die Sonne auf dem Bauch scheinen lassen. Selbstsicher verließ er das Badezimmer und trat in den Garten hinaus. Er fühlte sich ungewohnt frei und fessellos - ungefähr fünf Sekunden lang, bis ihn eines der Mädchen entdeckte, sich auf ihn stürzte und seine Knie umgrabschte. Zuko wäre beinahe gestolpert. „Du großartiges feuriges Mannsbild!“, schnurrte das Mädchen. „Nimm mich. Ich mach‘s auch zum Spottpreis!“ Ein lang vermisster Verwandter tauchte plötzlich wieder aus der Versenkung auf. Zuko packte das Mädchen an den Armen. „Hierher zu kommen war Eure Idee. Also kümmert Euch darum.“, sagte er und schob sie zu Iroh hinüber. „Ich kümmere mich um Eure Ausbildung, Zuko, nicht um Eure Frauen.“, entgegnete Iroh und schob sie zurück. „Aber Ihr habt mir das hier eingebrockt!“, Zuko schob sie wieder zurück. „Steht endlich Euren Mann und übernehmt die Verantwortung!“ Der General schob sie, dieses Mal mit einen Lächeln, zurück. „Ich tu das hier nicht.“ Zuko schubste sie beiseite. „Hi hi hi“, gluckste Iroh, dem das Hin- und Herschubsen von wollüstigen Mädchen tatsächlich Spaß machte. Zuko stöhnte. Er kam sich langsam vor wie ein Hund, der versuchte, sich in den eigenen Schwanz zu beißen. Wie er sich auch drehte, es funktionierte einfach nicht. *** Katara schob sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht und sah sich in dem Zimmer um. Es sah hier genauso aus wie in den anderen acht Zimmern, die sie sich schon vorgeknöpft hatte. Ein weicher flauschiger Teppich, ein gigantisches Bett, das förmlich dazu einlud, Trampolin drauf zu springen, nette Blumenarrangements. Das Restaurant war also auch ein Hotel. Mehr fiel ihr dazu nicht ein. Katara seufzte. Das erklärte natürlich noch lange nicht, warum in diesem Hotel Schrägstrich Restaurant das Bändigen verboten war. Oder warum anstelle der bunten Vorhänge kein tobendes Schlachtfeld zwischen den Nationen war. Hm, alles sehr merkwürdig. Katara ließ sich auf dem weichen Bett nieder und ihre Hand strich über den zarten Stoff. Irgendwann, versprach sie sich, wenn der Krieg vorbei ist, würde auch sie in einem solchen Bett schlafen, und nicht auf einer feuchten Matte auf dem harten Erdboden. Katara schüttelte unsinnig den Kopf. Nein. Solche Gedanken passten gar nicht zu ihr. Noch vor einem Jahr hatte sie nicht einmal gewusst, dass Menschen überhaupt in Betten schliefen anstatt auf dem Boden, so, wie man es in ihrer Kultur tat. In ihrer Kultur malte man sich auch die Gesichter nicht weiß an und die Lippen blutrot, um den Männern zu gefallen. Man zwang die Frauen nicht, sich ständig vor der Sonne zu verkriechen oder ihre Leiber in Kleider wie Gefängnisse zu schnüren, nur um ein bisschen dünner und zerbrechlicher auszusehen. Welche Frau würde sich das freiwillig antun wollen? Katara lachte leise. Nein. Es gab Dinge in anderen Kulturen, auf die sie getrost verzichten konnte. Nur das Bett. Alles, was sie haben wollte, war das Bett. Sie war schon drauf und dran, sich zu erheben und genauso klug wie vorher aus dem Zimmer hinauszuspazieren, als ihr Blick auf etwas fiel, das auf der Kommode lag. Etwas, das ihr vorher noch nicht aufgefallen war. Eine ordentlich aufgerollte Schriftrolle, die von einem seidenen Band zusammengehalten wurde. Katara langte danach und breitete sie aus. „Preisliste“, las sie laut vor. Durchaus angebracht in einem Hotel. Dann las sie weiter, und ihre Augen wurden ein Stückchen größer. Da waren tatsächlich Preise aufgelistet, aber nicht für eine Übernachtung, sondern es wurde nach Stunden abgerechnet. Und je nach dem, welches Mädchen engagiert wurde. Katara schnappte nach Luft. „Oh. Mein. Gott. Mama, halt dich fest“, und ihr Blick wanderte gegen Himmel, wo sie ihre tote Mutter über sich wachen fühlte. „Ich arbeite in einem Bordell.“ Diese Erkenntnis schlug zu wie ein Goldbarren. Hammerhart. Katara wurde knallrot vom Scheitel bis zur Schuhsohle. Dann fiel ihr ein, worauf sie saß, beziehungsweise, was Menschen darauf machten, und sie schoss auf wie eine Rakete auf und stolperte gegen die Kommode. Eine Schublade sprang auf - und ein Gegenstand fiel heraus. Hastig bückte sie sich, um das Ding wieder an seinem Ort zurückzustopfen - und ließ es wie eine heiße Kartoffel fallen. Es war eine plastische Nachahmung der männlichen Genitalien. Katara schrie leise auf. „Oh nein! Oh nein! Oh nein! Oh nein!“ Sie stopfte sich den Ärmel ihres Kleides in den Mund, um den Schrei zu ersticken. Natürlich wusste Katara Bescheid über die zwischenmenschliche Liebe. Ihr Völkchen ging damit recht freizügig um und verbreitete keine Märchen von Blümchen und Bienchen, zumal es keine Blümchen und Bienchen im ewigen Eis gab, sondern nur Robben und Pinguine, die tagein tagaus ihre Liebe öffentlich praktizierten. Katara wusste Bescheid. Sie hatte oft bei Geburten geholfen und wusste, dass es einen Mann und eine Frau benötigte, um ein kleines Wesen zu zeugen. Nur war sie ziemlich überrascht, wie ‘groß‘ der Mann war, als sie das fragwürdige Stück mit ihrem Taschentuch vom Boden fischte. Es war wie ein Unfall. Sie wollte nicht hinsehen, aber sie musste einfach. Es war total riesig. Damit konnte man jemanden im Ernstfall erschlagen. Ziemlich traumatisiert beförderte sie das ‘Ding‘ wieder zurück in seine Schublade. Das Taschentuch würde sie selbstverständlich einem rituellen Reinigungszyklus unterziehen. Dann würde sie es verbrennen und beerdigen. Sie war in einem Bordell. Diese Neuigkeit musste erstmal sacken. Nie in ihrem Leben hätte sie sich ausgemalt, dass sie überhaupt einen Schritt über diese Türschwelle setzen würde und jetzt *arbeitete* sie hier. Und die Menschen waren sogar … nett. Katara lief auf und ab. „Was mach ich nur! Was mach ich nur! Was mach ich nur?!“ ‚Oh nein, Sokka wird mich totschlagen. Aang wird nie wieder ein Wort mit mir reden. Was ja überflüssig ist, weil ich eh tot sein werde, wenn Sokka davon erfährt!‘ Allmählich verlor sie ihre Fassung. Sie rang um Luft. ‚Okay, Katara, bloß keine Panik. Die Menschen verdienen damit ihr Geld. Es ist eine ganz … normale… Arbeit.‘ Sie stolperte aus dem Zimmer heraus. Solange sie in der Küche arbeitete, hatte sie sich nichts vorzuwerfen, nicht wahr? Nicht wahr? Es war also alles in bester Ordnung. Alles in bester Ordnung. Während sie sich das noch einredete, lief sie nach draußen auf den Korridor - und lief in die offenen Arme von Li-Ma. „Da steckst du, Kleines!“, jodelte sie. „Ich habe dich schon überall gesucht!“ Sie wirkte ein bisschen gehetzt und in ihren Armen schaukelte ein weißes Bündel. „Wir haben einen Notfall. Eine unserer Kellnerinnen ist ausgefallen, und Ma-Li will, dass du für sie im ähm Restaurant einspringst. Meinst du, du passt da rein?“, fragte sie und hob ein kleines weißes Seidenhemd hoch. Kataras Kinnlade fiel herab. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder heulen sollte. Lachen über die Winzigkeit des Seidenhemdes, oder heulen über ihre Beförderung zur Kellnerin. *** Li-Ma schaute sehr skeptisch drein. „Du zählst wohl keine Kalorien, was?“ Katara zog eine Grimasse und versuchte, den Stoff ein wenig mehr in die Länge zu zerren. Li-Ma betrachtete ihre Bemühungen mit zweifelndem Blick. Sie hatte die alte Dienstmädchenuniform von Alana herausgesucht und war sich sicher gewesen, dass die beiden ähnlichen Mädchen einen ähnlichen Körperbau hatten, und Katara wunderbar hineinpassen würde. Falsch gedacht. Alana achtete sehr auf ihr Äußeres und vor allem auf ihre Ernährung. Ein Verhalten, das Katara fremd war. Sie aß, wenn immer sie etwas zwischen die Finger bekam, denn sie konnte ja nie mit Sicherheit sagen, wann sie das nächste Mal sich den Bauch voll schlagen konnte. Das Resultat war - in diesem Fall - nicht zu übersehen. Alanas weiße Seidenhose spannte sich über Kataras Hüften und auch das kleine Seidenhemdchen schien von Kataras Busen an die Grenzen seiner Belastbarkeit getrieben worden zu sein. Dabei war Katara keinesfalls dick. Es war nur offensichtlich, dass sie auf dem besten Weg war, eine Frau mit wohlgeformten Rundungen zu werden. Die Frauen der Erd- und Feuernationen versuchten mit allen Mittelchen und Wegen, ihren kindlichen Körper beizubehalten. Li-Ma seufzte neidisch. Die Frauen vom Südpol schienen sich mit solchen unsinnigen Metzchen erst gar nicht lange aufzuhalten. Die füllige Dame eilte Katara zur Hilfe und zog an dem Oberteil so lange herum, bis es den Bauch bedeckte. Am Ende ließ Katara sich davon überzeugen, ihre Oberkörperbandagen (die Unterwäsche der Wasserbändiger) abzuwickeln. Das Oberteil saß jetzt etwas besser und Li-Ma legte ihren eigenen weißen Seidenschal um Kataras Schulter, um von dem viel zu kleinem Hemd abzulenken. „Ich muss also nur rausgehen und Tee servieren?“, hakte Katara nach. Man merkte ihr die Nervosität an. „Nur Tee servieren. Niemand wird dich ansprechen. Niemand wird dir Beachtung schenken.“, beruhigte Li-Ma. Nun, beim letzteren war sie sich nicht sicher. Kataras haselnussbraune Haut und die weiße Seidenkombination bildeten einen exotischen Kontrast, der vielleicht doch den einen oder anderen Blick auf sich ziehen würde. Li-Ma atmete tief durch. Katara sah zu ihr auf. Es war nicht gerade ermutigend, wenn der eigenen Arbeitgeberin die Zweifel quer übers Gesicht geschrieben standen. Aber es war nett, dass sie sich Sorgen machte. Um eine Wildfremde. Wenn Li-Ma wüsste, wen sie da gerade in eine Dienstmädchenuniform reingequetscht hatte, würde sie wahrscheinlich etwas entspannter reagieren. Katara lächelte sanft. „Das ist ein Freudenhaus nicht wahr?“ Li-Ma nickte. „Dachte ich mir schon, dass wir das nicht allzu lange vor dir geheim halten können.“ Die Schwester der Bordellbesitzerin sah in diesem Moment hilflos aus. Katara spürte, dass die nette Dame hin und her gerissen war zwischen einem ‘Entschuldige, dass ich dir diese wichtige Tatsache verschwiegen habe‘ und ‘Würdest du dich bitte sputen?‘. Stattdessen sagte sie: „Niemand wird es da draußen wagen, dich anzusprechen, Katara. Nur mit den Mädchen in den roten Kleidern dürfen die Herren eine Unterhaltung aufnehmen. Dir wird nichts Zweifelhaftes geschehen. Es ist ein ganz normaler Kellnerjob.“ *** Zuko hatte sich mittlerweile wieder auf seinem rosa Kissen eingefunden. Alanas Kussangriff gehörte zwar der Vergangenheit an, doch sah sich Zuko jetzt mit einem ganz anderen Problem attackiert: kleine Puppenhände wanderten auf seinem Oberschenkel und schienen unaussprechliche Regionen auszuforschen wollen. Er fing diese ungezogene Hand auf und warf sie zurück auf den Schoß ihrer Besitzerin. Alana seufzte missmutig. Langsam gingen ihr die Möglichkeiten aus. Sie winkte eine Kellnerin zu sich heran und bestellte - wie Zuko heraushören konnte - einen ‘Spezial-Tee.‘ „Was hat es mit diesem Tee auf sich?“, fragte er argwöhnisch. Alana zuckte unschuldig mit den Schultern. „Es ist eine besondere Teemischung nach Art des Hauses. Ich bin sicher, dass es Euren Geschmack treffen wird.“ Zuko brummte. *** Katara stand in der Küche und hatte ein silbernes Tablett in die Hände gedrückt bekommen. Irgendwo zwischen Korridor und Küche hatte Li-Ma ihr noch einen halb durchsichtigen weißen Gesichtsschleier in die Haare geheftet, so dass jetzt nur noch ihre arktisblauen Augen ungeduldig auf die Teetassen starrten, die auf ihrem Tablett aufgebaut wurden. Li-Ma stand neben ihr und redete auf ihren Schützling ein. „Es ist der letzte Pavillon auf der gegenüberliegenden Seite. Du trittst an den Tisch heran, kniest dich davor, und servierst den Tee. Und denk daran-“ „- immer schön auf den Boden zu schauen.“, beendete Katara den Satz für sie, den sie in den vergangenen Minuten mindestens hundert Mal zu hören bekommen hatte. Ein heißer schwerer Teekrug wurde ihr in die Hand gedrückt. Ihre Augen blitzten. „Keine Sorge. Ich mach das. Wie schwer kann denn so was sein?“ Damit wandte Katara sich zum Gehen. „Warte!“, Ma-Li kam in ihrem goldenen Juwelenkleid angerauscht. „Ist das die Bestellung für unseren jungen Ehrengast?“ Ihre füllige Schwester nickte. „Ja. Katara wird sie bedienen.“ Ma-Li presste sich an ihrer Schwester vorbei und zog Katara an ihren Ellbogen zurück in die Küche. Sie schenkte Katara keine Beachtung, sondern steckte ihre Nase in den Teekrug. „Der junge Mann ist sehr stur und Alana hat Schwierigkeiten, ihn zu überzeugen. Sie hat unseren Spezial-Tee geordert.“ Li-Ma runzelte die Stirn und eilte zum Regal, wo die Bestellungen des Abends angeheftet wurden. Sie pflückte ein Blatt herunter. „Ich weiß nicht, Schwester.“, murmelte sie. „Er hat schon ziemlich viel Sake getrunken. Unser Spezial-Tee verträgt sich nicht mit Alkohol.“ Ma-Li grabschte sich den Zettel. „Er hat auch genauso viel Tee getrunken, das dürfte ein kleiner Ausgleich sein. Es wird ihn schon nicht umhauen.“, sagte sie und trat an Katara mit dem Tee-Krug heran. Dann zückte sie eine rosa schimmernde Phiole aus ihrem Ausschnitt, öffnete die kleine Flasche und ließ ein paar Tropfen in den Tee fallen. Dass heißt, sie wären in den Tee gefallen, hätte Katara den Krug nicht vorher weggezogen. Sie platschten auf den Boden. Ma-Li zog eine wütende Grimasse. „Was fällt dir ein?“, quiekte sie hysterisch. Katara blieb unbeeindruckt. „Was fällt Ihnen ein, Ihren Gäste ohne deren Wissen irgendwelche Substanzen unterzujubeln?!“ Ma-Li hatte große Lust, die kleine Göre, die gerade ein Vermögen in den Holzboden versickern ließ, hochkant rauszuschmeißen. Doch etwas hielt sie ab. Sie trat näher heran und nahm Kataras Kinn in ihre Hände und hob es an. „Verblüffend.“, säuselte sie. „Einfach nur verblüffend.“ Katara zog die Augenbrauen zusammen. „Ich weiß nicht, was Sie meinen.“, schnappte sie zurück. Ma-Li hatte Erbarmen. Genauer gesagt, sie hatte einen guten Instinkt und ein besseres Gedächtnis. Sie hatte dieses exotische Gesicht schon einmal gesehen. Und damit meinte sie nicht die frappierende Ähnlichkeit zwischen ihr und Alana. Nein, irgendwo … sie klopfte mit ihren Fingernagel gegen die Zähne. Ach, sie würde schon noch darauf kommen. Zu Katara sagte sie: „Das ist Baldrian, Kind. Unsere Ehrengäste sind hochrangige Offiziere der Feuernation. Wünschen wir uns nicht alle, dass sie ein bisschen ruhiger werden?“ Li-Ma machte den Mund auf - und lautlos wieder zu, als sie den warnenden Blick ihrer Schwester spürte. Katara hob eine Braue. „Baldrian? Ein Beruhigungsmittel?“ „Glaub mir, du tust damit nicht nur meinen Mädchen, sondern auch dir selbst einen riesigen Gefallen, denn dadurch wird dein Job auch einfacher, nicht wahr?“ Katara stutzte. „Machen Sie das öfter?“ „Bei der Feuernation? Machst du Scherze, Kind?“, erklärte Ma-Li. „Ohne hätten die Verbrecher unser Haus doch schon längst abgefackelt.“ Der Kandidat gewinnt hundert Punkte. Auf Kataras Gesicht blühte selige Erleuchtung. War das etwa das Geheimnis des Hauses? Es gab keinen Krieg hier, weil die gefährlichen Gäste einfach ruhig gestellt wurden? Mit Baldrian? Ein breites, sehr breites Grinsen, leuchtete durch ihren Schleier hindurch. ‚Katara, du bist ein schlaues Häschen.‘, lachte sie in Gedanken. ‘Du hast von Anfang an gewusst, dass mehr hinter dieser doofen ‚Kein-Bändigen‘-Klausel steckt.‘ Und während Katara ihren innerlichen Triumphzug auskostete, kippte Ma-Li Tropfen der rosa Flüssigkeit in den Krug. Sie tätschelte Kataras Schulter. „Mach deine Arbeit gut, verstanden?“ Katara nickte. Wer war sie schon, dass sie eine hinterlistige Frau davon abhielt, die Feuernation nach Strich und Faden übers Ohr zu hauen? Sie balancierte das Tablett und den Krug zum Ausgang. „Vergiss nicht-“ „immer schön auf dem Boden zu schauen.“, beendete Katara Ma-Lis Satz und ging hinaus in den Garten. Li-Ma trat an ihrer Schwester heran und boxte sie in die Schulter. „Warum hast du ihr nicht die Wahrheit gesagt?“ Ma-Li ließ die rosa Phiole spielerisch in ihren faltigen Händen tanzen. „Was denn? Das diese kleinen Tropfen hier das stärkste Aphrodisiakum sind, das man auf dem Planeten finden kann? Du hast ihr Gesicht gesehen, kleine Schwester. Das war genau die Antwort, die sie hören wollte. Wo sagtest du noch gleich hast du sie aufgegabelt? Auf dem Marktplatz?“ *** Katara starrte pedantisch auf den Boden. Was gar nicht so einfach war. „Verzeihung, der Herr.“ „Bitte vielmals um Entschuldigung.“ „Pardon, kommt nicht wieder vor.“ „Es tut mir so schrecklich leid.“ Wie sollte sie diesen Krug jemals unbeschädigt zum letzten Pavillon bringen, wenn sie nicht einmal einen halben Meter vorausschauen konnte? Gott, war sie nervös. Sie schwor, wenn sie sich nicht zumindest an den Gedanken festkrallen konnte, dass sie mit ihrer Tat den Feuerbändigern das Feuerbändigen in den nächsten Stunden versalzte, sie wäre an Ort und Stelle in den Boden versunken. Immerhin wurden vor ihrer Nase Frauen wie Tiere gehandelt. Sie beobachtete auf halber Höhe, wie eine Männerhand ungeniert einen Frauenpopo betatschte. Und statt diesen Typen nach allen Regeln der Kunst niederzuschlagen, drückte die Frauenhand ermunternd zu. Katara befürchtete, sogar die Haarspitzen würden sich ihrer roten Gesichtsfarbe anpassen. ‚Boden anschauen‘, redete sie sich ein. ‚Nur den Boden anschauen. Nicht die Hände von anderen Leuten, die Sachen mit anderen Leuten machen, die dich nichts angehen.‘ Der letzte Pavillon. Da war er. Sie schaute zu Boden. Sie sah die weißen Holzpfähle, die weißen Stufen, sogar die Löcher in den Holzpanelen. Vorsichtig, damit sie nichts fallen ließ, kniete sie sich vor dem weißen Tisch, als er in ihr Sichtfeld rückte. Sie erkannte den Schoß eines Mannes, der in einer schwarzen Hose steckte und seine Hände hart um eine Sakeschale gefaltet hatte. ‚Starke Hände‘, schoss es Katara durch den Kopf. ‘Hände, die bestimmt wissen, wie man mit Feuerbällen Häuser nieder brennt.‘ Katara hoffte plötzlich inständig, dass er viel Sake getrunken hatte, damit die Wirkung des Baldrians ihn noch härter treffen würde. Katara goss mit akribischer Geduld den Tee ein. Es war ungewöhnlich ruhig in diesem Pavillon. Nein, um ehrlich zu sein, es wurde kein Ton gesprochen. Das einzige Geräusch war Kataras Hantieren mit dem Teekrug. Das Mädchen konnte einem echt Leid tun. Katara beugte sich über den Herrn und stellte die Tasse vor dem Feuersoldaten ab. Wunderbar. War doch alles ein Kinderspiel. Wozu die Aufregung? Natürlich kam kein Wort der Anerkennung über seine Lippen, dafür aber bedankte sich das Mädchen im roten Seidenkleid neben ihn. Sie bedankte sich freundlich und aus einem alten Reflex heraus wollte Katara ihren Dank und ihre Solidarität mit einem aufmunternden Lächeln erwidern. Sie konnte sich in allerletzter Sekunde von ihren Vorhaben abhalten - und starrte wieder stur auf die Tischplatte. Sie kam aber nicht drum herum, die kleinen zierlichen Hände des Mädchens auf dem Tisch zu bewundern. Sie waren kaffeebraun, wie Kataras Hände. Und an ihrem kleinen Finger glitzerte ein unauffälliger Ring mit einem hell leuchtenden arktisblauen Schmuckstein. Katara runzelte die Stirn. Seltsame Ideen schossen ihr durch den Kopf, als sie die zweite Tasse für das Mädchen vorbereitete. Der Herr war unhöflich, und schlürfte seinen Tee ohne auf das Mädchen zu warten. Doch Katara realisierte das nur am Rande. Ihre Gedanken kreisten um diesen seltsamen Ring, den sie schon irgendwo einmal gesehen hatte. Nun, da Katara von Natur aus ein neugieriger Mensch war und GranGran ihr vieles beigebracht hatte, nur nicht absoluten Gehorsam, griff sie zu einer kleinen List. Sie beugte sich über den Herrn und reichte dem Mädchen die Tasse mit dem heißen Tee und riskierte flüchtig einen mutigen Blick auf das Gesicht des Mädchen und - und sah einfach sich selbst. „Was zum-?“ Zukos Gesichtsmuskeln fuhren Achterbahn, als die blöde Kellnerin die heiße Tasse in seinen Schoss fallen ließ. „Oh verdammt!“, fluchte er laut. „Oh mein Gott!“, entfuhr es Katara. „Oh mein Gott! Oh mein Gott! Oh mein Gott!“ ‚Ich hab‘s versaut! Ich hab‘s versaut! Ich hab‘s versaut! Zuko warf den Kopf in den Nacken und blähte die Nasenflügel auf. Atmete heftig, als würden ihn wilde Presswehen schütteln. ‚Verdammt! Verdammt!! VERDAMMT!‘ Katara ließ die Etikette sausen und stand auf. Reflexartig wollte sie den Tee bändigen und den Schmerz lindern, doch sie durfte ja nicht, und weil er ein Feuerbändiger war, wollte sie auch nicht. Sie griff aber nach einem Stapel Servietten vom Tisch. „Oh Herr, es tut mir so leid.“, beeilte sie sich zu sagen. „Es tut mir wirklich schrecklich Leid, Herr. Bitte glauben Sie mir!“ Wenn sie so weitermachte, würde sie sich das noch selbst abkaufen. Zuko litt. Und wie er litt. Und die Beteuerungen der Dienerin halfen ihm auch nicht weiter. Er war ja Hitze gewöhnt, und er war auch weit davon entfernt, ein Weichei zu sein, aber verdammt, das war die empfindlichste Stelle, die sein gestählter Körper zu bieten hatte und sie war absolut hitzeuntauglich! Er atmete durch den Schmerz. Er- „Warten Sie, Herr, ich bringe das wieder in Ordnung!“ ‚Das wirst du ganz bestimmt nicht‘, jaulte Zuko innerlich. Und bevor er es sich versah, drückte die Kellnerin einen Stapel Servietten auf die verbrannten königlichen Kronjuwelen. Zuko sprang einmal mehr auf und grabschte nach der Hand der übereifrigen Kellnerin. „Das lässt du schön bleiben!“, schnauzte er sie an. Und während Zuko körperlich verbrühte, fror Katara in ihrer Bewegung ein. Sie riss an seinem harten Griff und scheiterte an der schieren Kraft seiner Finger. Panik machte sich in ihr breit. „Lassen Sie mich los!“, ächzte sie und schaute das Gesicht des Feuerbändigers giftig an. Und die Welt blieb stehen. *** Er packte ihr Handgelenk - und die Welt blieb stehen. Arktisblau traf Bernsteingold. Haut traf auf Haut. Irgendwo schlug ein Blitz im Ozean ein. Und die Welt blieb stehen. Katara schluckte den fettesten Kloß aller Zeiten in ihrer Kehle runter. ‚Zuko!‘, lärmte ihre innere Stimme. ‚Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Das ist sogar verdammt schlecht.‘ ‚Schlecht! Schlecht! Schlecht!‘ ‚Was mach ich nur?‘ Zuko ließ ihre Hand los, als hätte er etwas Unangenehmes anfassen müssen. Dann nahm er - zu Kataras totaler Ungläubigkeit - die Servietten selbst in die Hand. „Ich mach das allein.“, informierte er sie kalt und machte sich daran, den heißen Saft von seinen Lenden zu tupfen. Katara blinzelte. Und blinzelte. Und blinzelte. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. ‚Er erkennt mich nicht.‘ Unbewusst tastete sie nach ihrem Schleier. ‘Er erkennt mich nicht, weil ich dieses Ding trage.‘ Irgendwo auf einer Wolke lachten sich gerade die Götter der Ironie ein Ei aus der Hose. Katara traute sich wieder zu Atmen. Mit zittriger Hand schnappte sie nach dem Krug, erhob sich und verabschiedete sich artig mit einer tiefen Verbeugung. „Ich bitte tausend mal um Vergebung, Herr.“, legte sie nach. Zuko hob gebieterisch die Hand „Ja, ja schon gut. Nerv mich nicht weiter und verschwinde von hier.“ Oh ja, und wie sie von hier verschwinden würde! Mit dem Krug in der Hand floh Katara aus dem Garten, bevor ihm sein Kurzzeitgedächtnis einen Fehlalarm melden würde und er es sich anders überlegte. Sie öffnete wahllos eine der vielen Türen dahinter und verschwand in dem halbdunklen Korridor. Ein irres Gefühl aus ‘Gerade noch mal davongekommen‘ und ‘was für‘n Horror‘ trug sie durch die Korridore. Blind griff Katara nach einer Klinke, schlüpfte in den Raum dahinter, ließ die Tür leise ins Schloss fallen und lehnte sich dann dagegen. Mit rasendem Herzen und noch mehr rasenden Gedanken. Sie rutschte an der Tür herunter und ließ sich auf den Boden fallen. Den Krug immer noch wie ein heiliges Relikt in den Armen. Unsicher starrte sie in die Öffnung hinein. ‚Baldrian‘, hatte die Chefin gesagt, nicht wahr? Oh ja, Baldrian war ganz bestimmt das, was sie jetzt gebrauchen konnte. Katara entfernte den Schleier und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Krug. Und dann noch einen weiteren. Und sie konnte spüren, wie sich ihr Herz wieder langsam beruhigte und sich einer halbwegs normalen Frequenz annäherte. (Autosuggestion, hm?) Dann fing sie an zu lachen. Sie lachte laut und lang und völlig irre. *** Zuko legte seelenruhig die Servietten beiseite. „Du hast nicht zufälligerweise noch eine Zwillingsschwester hier rumzulaufen, Alana?“, fragte er beiläufig. Alana legte den Kopf schief. „Das nicht. Aber ich kenne ein anderes nettes Mädchen, das uns beiden gefallen würde.“ Zuko ignorierte ihren Vorschlag. Seine Lippen formten eine harte dünne Linie. In seinen kalten Augen erwachte der Jagdinstinkt. *** ‚Denk nach, Katara! Denk nach! Nur weil er dich nicht erkannt hat, heißt das noch lange nicht, dass du außer Gefahr bist!‘ Katara hatte den Krug abgestellt und sah sich in dem Raum um. Er war dunkel und schmutzig und wohl so eine Art Besenkammer. Nur größer. Es standen jede Menge Regale herum und nur ein kleines Fenster in großer Höhe ließ die Nachmittagsstrahlen der Sonne herein und ließ die staubigen Partikel tanzen. Sie musste von hier verschwinden. Das lag auf der Hand. Jeder Versuch, länger zu bleiben, wäre verantwortungslos. Wenn Zuko da war, waren seine Männer nicht weit entfernt. Und sie war allein. Da brauchte sie keinen Abakus, um ihre Chancen auszurechnen. Sie klatschte die Hand an die Stirn. Natürlich lagen Wasserphiole und Appa-Pfeife bei ihren restlichen Sachen in ihrer Tasche. Und die lag unter dem Küchentresen. Wunderbar. Wäre sie an Zukos Stelle, das wäre der erste Ort, wo sie nach sich selbst suchen würde - in der Küche. Apropos Wasser. Kataras Blick blieb an ein paar mächtigen Tonnen hängen, die sie heute schon einmal gesehen hatte. Regentonnen. Ihr Herz machte einen freudigen Satz und sie riss die Verdeckung herunter. Sie waren Randvoll gefüllt mit Wasser. „Wenigstens etwas“, murmelte sie. Mit einer flüssigen Handbewegung verschob sie eine Regentonne, so dass sie unter dem Fenster zum Stehen kam. Behände kletterte sie darauf und machte sich an die Fensterverkleidung zu schaffen. Dann fuhr sie schreckhaft zusammen. Was war das gewesen? Ein Geräusch vor der Tür? Zuko? Nervös starrte sie die Tür an. Ihr Herzschlag fiel in einem leichten Galopp. ‚Ach was‘, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. ‚Der ist doch viel zu sehr beschäftigt mit meiner Doppelgängerin.‘ Moment mal. Was zum Teufel hatte Zuko mit einem Mädchen vom Wasserstamm zu schaffen? Kataras Blick wurde düsterer als die Schatten in diesem schmutzigen Raum. Wollte er etwa an Informationen über den Wasserstamm kommen? Ja, das würde ganz sicher zu dem widerwärtigen hinterlistigen komplexbehafteten Prinzenbaby passen. Katara schüttelte angeekelt den Kopf. Wie tief konnte man eigentlich noch sinken? Sie rüttelte heftig an dem Fenster, möge es doch endlich aus seiner verrosteten Aufhängung springen! Tat es dann auch. Es sprang auf. Und Katara entdeckte im gleichen Moment sein Spiegelbild darin. Zukos Spiegelbild. Ihre Kinnlade fiel herunter. Ihre Bewegung versteinerte. Er stand da im Türrahmen gelehnt, hatte die Arme lässig vor der Brust verschränkt und beobachtete fasziniert ihren jämmerlichen Fluchtversuch. Sie fuhr auf ihrer Regentonne herum. Zuko stieß sich vom Türrahmen ab. „In letzter Zeit den Avatar gesehen?“ „Geh woanders hin und fall tot um!“, herrschte sie zurück. Zuko hob eine Braue. Er zweifelte keine Sekunde an ihrem Wunsch. Diese arktisblauen Augen sahen ihn an, als wollten sie ihn tatsächlich in der nächsten Regentonne ersäufen. Und dann brach Krieg in der Besenkammer aus. *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)