Bittersüßes Geständnis von SilverMoon21 ================================================================================ Kapitel 16: Schmerz ------------------- In Tom zog sich alles zusammen, als er die ersten Tränen über Bills Wangen laufen sah. Die Erkenntnis, dass sein Bruder vor ihm weinte, erschütterte ihn zutiefst. Wie viele Jahre war es her, dass Bill vor ihm geweint hatte? Vier, fünf? Auf jeden Fall lange genug, um in ihm jede Unsicherheit zum Vorschein zu bringen. Es war so lange her, dass Tom nicht mehr wusste, was man mit Menschen machte, die weinten. Unfähig tröstende Worte zu finden, unfähig sich zu bewegen, konnte Tom nichts anderes tun, als stumm zuzusehen, wie immer mehr Tränen Bills Gesicht benetzten und von dort den traurigen Weg auf Bills Oberkörper hinabtropften. Am liebsten hätte Tom Bill jetzt gesagt, dass er nicht mehr weinen sollte, dass er ihn doch liebte und dass alles wieder gut werden würde, aber Tom konnte nicht. So sehr es ihm auch wehtat Bill leiden zu sehen, die Vorstellung Bill durch eine Lüge noch mehr zu verletzen war zu intensiv. Er wusste mit einer solch folgenschweren Lüge würde er Bill noch mehr verletzen, als er es ohnehin schon tat. Sein Bruder würde sich nicht mit geheuchelter Liebe zufrieden geben und Tom konnte, obwohl er es sich so sehr wünschte, ihm im Moment nicht geben, was er am meisten brauchte. „Hey Bill“, sagte er leise. Seine Stimme zitterte und seine Worte wirkten trotz des fast flüsternden Tonfalls, unnatürlich laut in der Stille des Raumes. Bill weinte so leise, wie man nur konnte, und brachte es fertig noch nicht einmal zu schluchzen. „Bill“, sagte Tom erneut, während das Gefühl Bill wieder Halt zu geben immer stärker stieg. „Es tut mir so Leid, Bill, ich…“ Tom brach einfach ab. Wie sollte er seinen Bruder trösten? Welche Worte waren die Richtigen? Es war reine Intuition, als Tom sich vorbeugte, das störende Tablett wieder von Bills Schoß nahm und seinen Bruder in einer schützenden Geste umarmte. ~~*~~ Ganz unweigerlich versteifte Bill sich in Toms Armen. Er wollte den Menschen, den er so sehr liebte nicht mehr spüren, nicht nach diesem Schmerz, den er gerade zugefügt bekommen hatte. Er wehrte sich gegen die Umarmung, doch Tom hielt ihn fest, auch als er mit seinen Fäusten auf Toms Rücken schlug. Es tat gut Tom zu verletzen, es machte die Zurückweisung für Bill erträglicher. Die Tatsache, dass Tom sich nicht schützte, registrierte er nur am Rande und es war ihm gleich – Tom hatte es verdient. Aber gegen Tom hatte Bill keine Chance. Erst als sein erster Schmerz abreagiert war, verstummten seine Schläge und dann weinte er hemmungslos. Er schluchzte laut in Toms Halsbeuge und krallte sich in Toms T-Shirt, wo er plötzlich wieder Geborgenheit fand. Bill wusste nicht, wie lange er mit Tom in dieser Position verharrte und es spielte auch keine Rolle. Die Zeit war für ihn verloren gegangen, ebenso wie Tom ihm verloren gehen würde, sobald er ihn loslassen würde. Als seine Tränen versiegten, beruhigte sich Bills Atem wieder und langsam klang die Verzweiflung ab. Plötzlich war es ihm peinlich, sich so vor Tom gehen gelassen zu haben und er löste sich aus dessen Armen. „Geh“, hauchte Bill. Es war Bitte und Befehl zugleich. Bill bemerkte, dass dieses eine Wort Tom verletzte, und auch ihn verletzte es, aber er konnte nicht mehr. Er musste jetzt alleine sein. In seinem Kopf und in seinem Herz war so viel zu sortieren und er spürte wie in ihm erneut die Tränen hochstiegen. „Bill“, sagte Tom und klang flehentlich dabei. „Ich… Es… Ich wollte nicht…“ „Lass. Geh einfach.“ Tom stand tatsächlich auf und ging zur Tür, doch an der Tür drehte er sich noch mal um. Irritiert schaute Bill auf in Toms Gesicht. Was er in Toms Augen fand, war ähnlich mit dem, was er Tag für Tag in seinem Spiegelbild sah – Schmerz. Bill sah, dass Tom etwas sagen wollte, doch er schüttelte einfach leicht seinen Kopf und Tom verstand. Es war nicht die Zeit für Worte, sondern die für Ruhe und ging mit gesenktem Haupt aus dem Zimmer hinaus. ~~*~~ Die Tage zogen sich dahin und hätte die Band nicht eine Menge Auftritte und Arbeit mit dem neuen Album gehabt, wäre Tom verrückt geworden. Bill redete kaum noch mit ihm, und die ganze Situation zwischen ihnen war noch verfahrener geworden. War es vorher schon aufgefallen, dass etwas zwischen ihnen nicht in Ordnung war, jetzt konnten sie es nicht mehr leugnen. Bill lächelte nur noch, wenn Kameras oder andere Leute in seiner Nähe waren, doch sobald sie beide alleine waren, verschwand das Lächeln sofort. Mehrmals hatte Tom versucht die ganze Sache zu entschärfen und mit Bill zu reden (ohne wirklich zu wissen, was er sagen wollte), doch Bill ließ kein Gespräch zu. So sehr es Tom verletzte von Bill in dieser Form abgewiesen zu werden, er musste gestehen, dass er Bill verstand und dass er es verdient hatte. An Bills Stelle hätte er wahrscheinlich ebenso gehandelt, aber dennoch war da ein Ziehen in seinem Herz, welches immer dann besonders schlimm wurde, wenn Bill ihn mit diesem einen bestimmten Blick ansah. Ein Blick, der ihm durch Mark und Bein ging, denn er enthielt so viel Schmerz, Wut und unterdrückte Liebe, dass er sich mehr als je zuvor wünschte, er könnte Bills Gefühle einfach so erwidern und sämtliche Konsequenzen, welche eine Beziehung zwischen ihnen mit sich brachte, zu akzeptieren. Tom seufzte und packte seine Tasche. Es war zwar erst 6:45 Uhr, aber in einer knappen Stunde mussten sie schon bei ihrem ersten Pressetermin des Tages erscheinen. Er war noch hundemüde und sah dementsprechend verschlafen und blass aus, aber Bill, den er schon über den Gang huschen gesehen hatte, wirkte auch nicht frischer. Im Gegenteil, Bill schien noch blasser als er selbst zu sein und ohne Make-up im Gesicht hatte Tom sehen können, dass Bills Augen rot gewesen waren. Er wusste woran es lag, aber Tom wollte nicht dran denken, auch wenn ihm das leise Schluchzen, dass die letzte Nacht aus Bills Zimmer drang, noch in seinen Ohren hallte. Wenn Tom im Moment etwas mehr hasste als alles andere, dann war es er selbst. Er hatte aus Gründen, denen er sich nicht sicher war, den Menschen, welchen er am meisten beschützen wollte, verletzt und nun bereute er es. Doch wie hätte er sonst reagieren sollen? Er konnte keine Liebe heucheln, keinen Mut, er… er war nicht wie Bill. Nach außen wirkte er vielleicht wie der coole, starke Macker, aber Bill war schon immer der Mutigere von ihnen gewesen. Bill war es, der in jungen Jahren schon seinen Stil entwickelt hatte, der von den anderen Jungs schlicht als schwul betitelt wurde und war ihm dennoch treu gewesen. Bill war es auch, der ihm seine Liebe gestanden hatte, der ihn zuerst geküsst hatte. Immer war der erste Schritt von Bill, seinem mutigen, tapferen Bill ausgegangen. Tom seufzte auf und dann klopfte es zaghaft an seiner Tür. Bill steckte seinen Kopf durch den Spalt, sein Gesicht eine Landschaft gezeichnet von Leid. „Du sollst runter kommen, das Auto wartet schon.“ „Hm, O.K., bin gleich fertig.“ Bills Kopf verschwand wieder. „Bill?“, rief Tom, doch sein Bruder war schon wieder weg. „Scheiße“, murmelte Tom, nicht ahnend, dass Bill heftig atmend mit dem Rücken zu seiner Wand lehnte, die Augen geschlossen und jedes Wort hörend. Fortsetzung folgt… Ok, es war nicht lange, aber dafür hab ich ja noch ein drittes Kapitel für euch online gestellt. ^^ Ganz liebe Grüße Silver Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)