Objects in the rear view mirror von Idris (Matt/Mello) ================================================================================ Kapitel 1: (may appear closer than they are) -------------------------------------------- „Es ist der Kühler“, sagte Matt. Mello seufzte. Das war nicht, was er hören wollte. Eisige Regenstöße peitschten kalt und unfreundlich in seinen Nacken und er schauderte. Er hasste Regen. Er hasste diese abgefuckte Schrottkiste, die sie hier mitten in der Pampa im Stich ließ. Dieser Tag lief beschissen soweit und er hatte niemand, den er dafür in die Luft jagen konnte. Das war alles sehr unbefriedigend. „Woher willst du das wissen?“ gab er zurück. Möglichweise war es nicht unbedingt Matts Schuld, dass ihr Wagen ausgerechnet hier verreckt war. Aber er war zickig und irgendjemand musste dafür leiden. „Keine Ahnung.“ Matts Stimme war gedämpft. „Alles andere sieht okay aus.“ Er robbte unter dem Auto hervor und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Mello blickte ungnädig auf ihn hinab. „Tu was dagegen“, befahl er unwirsch. „Was denn?“ Matt klang ekelhaft gelassen. „Soll ich ihm gut zu reden?“ Regentropfen liefen über die Gläser seiner Fliegerbrille und er hatte zwei schwarze, schmierige Ölstreifen im Gesicht, einen auf der Wange und einen quer über der Stirn. Vermutlich waren auch welche auf seinem Pullover, aber unter all den schwarzen Streifen fielen die sowieso nicht weiter auf. Er sah ein bisschen hot aus, aber nur ein bisschen, und Mello war zu frustriert, um das gut zu finden. Matt streckte ihm eine nasse, klebrige Hand entgegen und ließ sich von dem aufgeweichten Boden hochziehen. „Sieht aus, als kommen wir hier nicht so schnell weg“, stellte er überflüssigerweise fest. Mello schnaubte wütend und sah dabei zu wie Matt ölige Hände an seiner nassen Jeans abwischte. Das graue Dämmerlicht verwandelte die ganze Szene in etwas Surreales. In etwas, was ihm jetzt nicht wirklich passierte. Nicht hier. Nicht jetzt. Nicht, wenn sie auf dem Weg waren, die ganze beschissene Welt zu retten und er nebenbei endlich der King, der Beste, die ungeschlagene Nummer 1 werden konnte. Das war etwas, was Near garantiert niemals passierte. Bei dem liefen Pläne immer tadellos und ohne Autopanne. Zum Kotzen war das. „Und jetzt?“ Mello verschränkte die Arme und kaute angepisst auf seinem Kaugummi herum. Er schmeckte nach Regen. Alles schmeckte nach Regen und kaltem Wind. „Nichts.“ Matt zuckte mit den Schultern. Er angelte nach einem durchweichten Päckchen Zigaretten in seiner Hosentasche und zog eine hervor. „Was heißt nichts?“ „Dass jetzt Sense ist. Wir kommen nicht weiter.“ „Willst du mich verarschen?“ Frustriert stampfte Mello mit dem Fuß auf, so dass Wasser nach links und rechts spritzte. Er war nicht in der Stimmung. Er war gereizt, genervt und angepisst. Und er war nass, was ebenfalls nicht sonderlich dazu beitrug seine Stimmung zu heben. Sie standen hier praktisch im Nirvana, irgendwo auf einer räudigen, kurvigen Landstraße, rechts und links war höchstens mal ein Strommast oder ein Schaf. Es wurde dunkel. Es regnete. Das lief nicht nach Plan! „Nicht unbedingt.“ Matt fummelte an seinem Feuerzeug herum und hielt die freie Hand schützend über die zuckende Flamme. Regen verschmierte die öligen Streifen auf seinem Handrücken. Mello starrte ihn an und spürte wie sein linkes Augenlid begann erbost zu zucken. Er hasste es, wenn alles schief ging und es niemanden gab, den er dafür bedrohen, erpressen oder in die Luft jagen konnte. Er verkraftete das nicht. „Fuck!“ fluchte er und wandte sich ab. Wütend trat er gegen das Auto, dass ein befriedigendes blechernes Ächzen von sich gab. „Fuck, fuck, fuck!“ Matt lehnte an der Fahrertür und rauchte, während er Mello dabei zusah, wie er seinen Frust an den Felgen ausließ. Windböen klatschten Regen in sein Gesicht und die rötlichen Haare waren beinah schwarz vor Nässe. Seine rot glühende Zigarettenspitze war der einzige Farbton in der grau-nebeligen Abenddämmerung. „Besser?“ fragte er schließlich, als Mello aufhörte auf das Auto einzutreten. „Nein.“ Erschöpft und zornig ließ Mello sich neben ihm gegen die Tür sinken und nahm ihm ungefragt die Zigarette aus der Hand. Er rauchte eigentlich nicht … aber es gab so Momente … „Das ist beschissen“, sagte er schließlich. Ein scharfer Windstoß ließ ihn schaudern. Er schnippte die Zigarette ungeraucht zu Boden und trat sie wütend aus. Wenn er nicht entspannt war, durfte Matt auch nicht entspannt sein. Das ging nicht. Matt hing in dieser ganzen Sache drin, um mit ihm zu leiden, verdammt! „Das ist richtig beschissen“, bestätigte Matt. Ungerührt angelte er in seiner Hosentasche nach einer neuen Zigarette. Die Dinger schienen ihm niemals auszugehen. Als hätte er einen eingebauten Vorrat. „Wenn du die anzündest, erschieß ich dich.“ „Tust du nicht.“ „Willst du wetten?“ Natürlich zündete Matt sie an. Die Flamme flackerte schwach im Regen und tauchte die untere Hälfte seines Gesichtes in warmes, orangefarbenes Licht. Mello sah ihm dabei zu und wünschte sich, Matt wäre nicht so gleichgültig gegenüber Todesdrohungen. Irgendwo versteckt hinter unförmigen Boots, einer Fellweste aus der Designerhölle und zentimeterdicken Gläsern seiner Fliegerbrille, hatte Matt tatsächlich ein hübsches Gesicht mit fein geschnittenen Zügen und braunen Teddyaugen. Das bekam bloß selten jemand zu sehen, weil Matt nicht unbedingt damit hausieren ging. Sogar beim Sex geruhte er nur ab und zu mal die Gläser abzunehmen. Früher war Mello selbst ziemlich hübsch gewesen. Aber das war jetzt alles vorbei und gegessen. Jetzt hatte er sowieso andere Probleme. Wie die Tatsache, dass er einen genialen Plan hatte und nur ein verrecktes Auto ihn aufhielt. Matt nahm einen tiefen, langen Zug, lehnte den Kopf zurück und atmete leise seufzend aus. Dann nahm er die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger und legte die Arme um Mellos Nacken. „Ich liebe dich, aber ich laufe jetzt nicht dreißig Meilen zurück zur letzten Tankstelle, um dir einen neuen Wagen zu besorgen“, sagte er, sein Gesicht so dicht an Mellos, dass ihre Nasenspitzen sich beinah berührten. „Aber morgen können wir darüber reden.“ Mello konnte sein eigenes blasses Gesicht in den dunkel getönten Gläsern erkennen. Seine weit aufgerissenen Augen sahen eher müde als wahnsinnig aus. Sogar die Narbe wirkte ein bisschen stylish und nicht mehr so entstellt. In Matts Gläsern sah er immer ein bisschen weicher aus als er tatsächlich war. „Morgen ist eine Scheißzeit, Matt.“ Er runzelte die Stirn. „Was ist mit jetzt?“ „Scheiße, mein Arsch friert ab“, fuhr Matt fort. Das war offenbar nicht gelogen. Seine Lippen begannen schon langsam blau zu werden. „Ich bin nass. Lass uns einfach wieder in den Wagen steigen. Lass uns schlafen oder eine Bombe basteln oder auf der Rückbank Sex haben. Bitte.“ Wenn Matt solche durchgeknallte Dinge sagte, klangen sie immer so, als würden sie tatsächlich Sinn ergeben. Es war ein Talent. Denn eigentlich machte das alles gar keinen Sinn. „Das ist der Plan?“ Matt nickte. „Das ist der Plan.“ „Seit wann machst du die Pläne? Ich hasse die Rückbank.“ Matt lachte leise und Mello spürte seinen sacht vibrierenden Atem auf der nassen Haut. „Aber du bist scharf, wenn du wütend bist.“ „Nein. Ich bin wütend, wenn ich wütend bin.“ Das, und Matt sah immer noch ein klitzekleines bisschen hot aus. Mello packte ihn am Kragen und schob ihn durch die halboffene Autotür ins Innere. Die Rückbank gab ein ächzendes Quietschen von sich, als Matt auf ihr landete. Er grinste und schnippte die Zigarette nach draußen. Regen trommelte rhythmisch über ihnen auf die Heckscheibe. Mello schob die dunklen Gläser nach oben auf Matts Stirn, als er sich vorbeugte und ihn küsste. Matt schmeckte nicht nach Regen. Er schmeckte nach Zigaretten und geklauter Schokolade, warm und bittersüß und nach Matt. Morgen war immer noch eine Scheißzeit. Aber jetzt war grade ziemlich gut … ~ And if life is just a highway, then the soul is just a car And objects in the rear view mirror may appear closer than they are ~ ^Fin^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)