Miracle von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Ein neuer alter Freund --------------------------------- III Ein neuer alter Freund „Wie lange werden wir noch brauchen?“ Mira hing nur noch in ihrem Sattel und ließ die Zügel fallen, doch Denati folgte seelenruhig Lapid. „Jetzt nerv doch nicht so“. Ejwyn war ziemlich gereizt, da Mira das dritte Mal innerhalb fünf Minuten fragte. Man konnte zwar schon eine ganze Weile lang die Dächer der Stadt sehen, doch kam man noch lange nicht an. Es war mitten in der Nacht und Mira war müde. Es schien ihr, als würden sie schon ewig unterwegs sein. „Es reicht für heute“, seufzte, Ejwyn. „Ich hatte den Weg echt nicht so lang in Erinnerung, aber es liegt sicher nur daran, dass du jetzt mit unterwegs bist.“ Er grinste sie breit an, doch sie schien das überhaupt nicht lustig zu finden. „Ich kann ja auch wieder gehen wenn du willst. Ich bin ja nicht mit dir unterwegs weil ich zu viel Langeweile habe.“ Sie war gekränkt und fauchte ihn an. Ejwyn musste sich auf die Unterlippe beiße. Er bemerkte einfach immer zu spät wie taktlos er war. Aber damit war wenigsten die Gefahr geringer, ihr zu nahe zu kommen. Er seufzte wieder und lenkte sein Pferd in einen Seitenweg ein, der unmittelbar vor ihnen lag und im Mondlicht kaum zu erkennen war. Am Ende dieses Weges stand eine alte, heruntergekommene Holzscheune. Mira sah Ejwyn kritisch an. Auch wenn sie sich geschworen hatte nicht mehr mit ihm zu sprechen, konnte sie doch nicht anders als ihn darauf anzusprechen. „Da drinnen willst du übernachten? Das fällt uns womöglich über dem Kopf zusammen.“ Ejwyn atmete laut aus. „Jetzt mach dir doch nicht immer solche Gedanken. Das hält schon. Und es ist besser als unter freiem Himmel.“ Er sprang gekonnt von Lapid und zog den Zügel über den Pferdekopf. Mira tat es ihm gleich, doch sie war noch immer verletzt und trotzig. Ejwyn tat es leid, so was gesagt zu haben, doch er hätte es niemals zu gegeben und so sprach er sie auch nich an. Sie folgte ihm hinein in die Schober, der von dichtem betrachtet doch noch recht gut aussah. Die Wände waren alle ohne heile und der Boden war mit trockenem Heu bedeckt. In den Ecken wuchsen Grasbüschel und Moosflechten, und das Dach hatte etwas gelitten, ansonsten war die Scheune einwandfrei. Zufrieden stellte Ejwyn sich in die Mitte, schaute zu allen Seiten und ließ sich dann ins Heu fallen, welches sofort zu stauben begann und Mira niesen musste. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Ejwyn, alle viere von sich gestreckt, daliegen. Seine Haare, verstrubbelt und mit Grashalmen bestückt, glänzten im kargen Mondlicht wie dunkles Gold. Seine makellose Haut, schien aus weißem Stein zu sein. Ganz in dieses Bild vertieft, merkte sie nicht wie die Pferde sich bereits gemütlich in eine Ecke gestellt hatten und genüsslich das Heu fraßen. Nach einer Weile bemerkte sie, dass Ejwyn leise vor sich hin grunzte. Er war eingeschlafen. Sie lächelte, nahm ihren Umhang und legte sich, in einigem Abstand, neben ihn. Der Nächste Morgen kam so schnell, dass Mira sich fühlte als hätte sie grad erst die Augen zu gemacht. Sie drehte sich im Heu auf den Bauch und plötzlich berührte ihre Hand etwas Warmes, Weiches. Erschrocken öffnete sie die Augen. Es war Ejwyn der Seelenruhig neben ihr lag und schlief. Immer noch in der gleichen Position und immer noch so engelsgleich wie er eingeschlafen war. Mira legte sich auf die Seite und stützte ihren Kopf auf die Hand. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn kennen gelernt hatte, doch diese Erinnerung machte sie gleichzeitig traurig. Es war auch der Tag, an dem sie ihren Vater und Meenu verloren hatte. Statt ihnen hatte sie nun Ejwyn an ihrer Seite und sie wusste nicht einmal, wo sie das Schicksal hinführte. Erst jetzt bemerkte sie die Tränen die ihr die Wangen hinab liefen. Sie wischte sie weg und verdrängte die Gedanken alter Tage. Es schien schon so lange her zu sein, dass sie unterwegs waren, doch in Wirklichkeit waren es höchstens vier Tage. Sie rollte sich auf den Rücken und wandte ihren Blick ab, von dem Menschen, der jetzt ihr Leben war, weil sie nichts mehr hatte. Mira schloss die Augen. Da spürte sie ein Ziehen an ihrem Rockende. Ihr erster Gedanke war, dass es eines der Pferde sein musste, dass ihr da am Rock knabberte. „Geh weg, Denati“. Flüsterte sie und schüttelte ihr Bein um das Tier zu verscheuchen. Doch als es nicht los ließ schaute sie auf und was sie sah, ließ sie zusammenfahren. Sie steckte sich ihre Faust in den Mund um nicht zu schreien, konnte einen kleinen Angstschrei nicht verhindern. Vor ihr stand ein großer Mann mit rundlichem Antlitz. Er hatte dunkelbraune Haare, die im ihn Strähnen ins Gesicht hingen. Seine blauen Augen leuchteten in seinem Gesicht und die hohen Wangenknochen, ließen es jugendlich wirken. Sein Umhang sah ähnlich zerlumpt aus, wie der von Ejwyn, seiner war jedoch in einer Mischung aus blau-grau. Unter seinem Mantel konnte sie eine braune Hose und schwarze Stiefel erkennen, ebenso ein langarmiges Hemd, das mit seiner grauen Farbe und den weiten Ärmeln sehr alt aussah. Auch er trug am Gürtel ein Schwert. Mira sah seinen Blick und war sich nicht sicher ob sie seiner Güte trauen konnte. „Was willst du??“ flüsterte sie ihm zu, um Ejwyn nicht zu wecken. Ihre Hand suchte hinter sich, Ejwyns Gürtel um sich einen der Dolche zu angeln. Der Fremde sah es, und lächelte. Mira hielt in ihrer Bewegung inne und starrte ihn an. Sie lehnt sich wieder zurück und setzte sich aufrecht hin, so dass sie zur Not beiseite springen konnte. „Was willst du?“, fragte sie wieder und ihre Stimme war noch immer leise, aber bedrohlicher als zuvor. Auf einmal begann der Unbekannte vor ihr mit den Händen zu wedeln, als würde er eine Fliege vertreiben. „Was?“ Sie zweifelte an seiner Zurechnungsfähigkeit und starrte ihn entgeistert an, weil er noch immer fuchtelte, wie ein Verrückter. Schlagartig zeigte er auf Ejwyn und Mira sah zu ihm hin. Er schlief noch immer seelenruhig. Plötzlich wirkte er verletzlich und das machte ihr Angst. „Finger weg von Ejwyn“, presste Mira zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Der Mann wich ein Stück zurück, doch sah er noch immer zu ihm hinüber. Mira kniete sich neben ihn, um ihn im Notfall zu schützen, da schritt der fremde jäh nach vorn auf Ejwyn zu und Mira beugte sich sofort über ihn. Doch da traf ihre Hand seine Nase und er war sofort hell wach. Mit Schmerzverzogenem Gesicht setzte er sich auf und hielt sich die Nase, als wäre sie gebrochen. „Was zu Teufel …“ dann blickte er auf. Von Mira, die noch immer halb über ihm lag, zu dem Namenlosen und wieder zurück. Sein Blick blieb an Mira hängen. „Was tust du da?“ sagte er, während er seine Nase überprüfte, ob alles ok war. Mira wurde auf einmal rot, kletterte von ihm runter und schaute auf den Boden. „Ich dachte nur, … Der Fremde da, ich glaub er wollte dich angreifen.“ Jetzt wo sie diese Worte aussprach und dazu in die Augen des Namenlosen schaute, klangen sie sehr absurd, sogar in ihren Ohren. Ejwyn schaute mich groß an und lächelte dann schief. Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen und aus dem Grinsen ein leises Lachen. Ich sah ihn nur noch verwirrt an. „Was ist denn?“ Sie hatte immer noch rote Wangen und ihr stieg die Hitze ins Gesicht. „Mensch Mira. Das is ja echt lieb, dass du dich so um mich sorgst. Aber das hier, „und er zeigte auf den Fremden, „ist Kennet. Er ist mein alter Gefährte. Er ist echt in Ordnung.“ Jetzt lachte auch Kennet. Lautlos, aber er lachte. Mira sah die beiden verwundert an. „Wieso spricht er nicht mit mir??“ „Er ist stumm. Ein dummer Unfall, seit dem kann er nicht mehr sprechen“ Mira nickte wissend mit dem Kopf und Kennet sah sie freundlich an. Er schien ihr nichts übel zu nehmen. Dann sprang Ejwyn aus dem Heu und war auf den Beinen. Seine Haare und sein Umhang noch immer voller Heu, stand er nun vor Kennet und Mira. Beide Musste kichern als sie dass sahen, doch Ejwyn ließ sich nich irritieren und stapfte an ihnen vorbei, um die Pferde fertig zu machen. Zu dem schwarzen und dem weißen Tier, war nun noch ein braun-weiß geschecktes dazu gekommen. Alle drei kauten genüsslich auf Grashalmen herum. Als Ejwyn grad mit dem Gurt an Denatis Sattel beschäftigt war, begann der Schecke Ejwyn in den Haaren rum zu wuscheln und fraß die Grashalme heraus. Mira und Kennet konnte sich kaum mehr halten vor lachen, wobei nur Miras Gelächter zu hören war. Endlich konnten sie aufsitzen und zu dritt ritten sie nun weiter nach Nisenthal. Ejwyn hatte Mira immer noch nicht erzählt, was das Ziel ihrer Reise war, doch im Moment schien sie einfach nur glücklich zu sein. Zufrieden schaute Ejwyn Miras lachendes Gesicht an, als sie Kennte dabei beobachtete, wie er versuchte eine Fliege zu verscheuchen. Sie hatte ihr Leben verloren als ihr Vater ermordet wurde und nun hatte sie die Chance sich ein neues aufzubauen. Jetzt sah man schon die Tore der Stadt und Mira wurde ungeduldig. Sie sehnte sich nach einem Bad und einem Bett. Im Trab ritt sie den anderen voraus und stieg ab, als sie den Eingang passiert hatte. Die beiden Jungs Folgten ihr. Langsam und um alles ansehen zu können, schlenderten sie sie löchrige Straße entlang. Die ganze lange Straße war übersäht mit großen, gefährlichen Furchen. Die drei jungen Leute gingen nebeneinander die Straße entlang. Ganz außen lief Kennet mit seinem Schecken Salta und Miras Pferd am Zügel. In der Mitte ging Ejwyn und auf der anderen Seite von ihm, lief Mira. „Wir werden hier in einem Gasthaus übernachten“, sagte Ejwyn an Mira gewandt. Die sah ihn kurz an, war von der Straße abgelenkt und … „Ahhh“ Ejwyn und Kennet blieben abrupt stehen. „Mira, was machst du den für Sachen?“ Mira saß in einem der großen Löcher auf der Straße. Die Leute drehten sich nach ihr um, gingen aber weiter. Nur Ejwyn und Kennet standen am Rand des Loches und sahen auf die am Boden sitzende Mira. „Was mache ich hier wohl??“ Mira knurrte ihn giftig an. Hilfreich bot Ejwyn ihr die Hand an und beachtete den fiesen Kommentar von eben nicht. Sie schnappte sich seine Hand und zog sich daran hoch. „Danke“ murmelte sie vor sich hin und klopfte sich den Staub von den Sachen. Doch kaum waren sie drei Schritte gegangen, da war Mira schon wieder weg. Abermals lag sie in einem der Löcher und diesmal konnte Ejwyn sich das Lachen nicht verkneifen. Er feixte wie ein kleiner Junge. Kennet schaute nur besorgt drein, doch auch ihm saß der Schalk in den Augen. „Aua“, jammerte Mira und hielt sich den Knöchel. Sie versuchte selber aufzustehen, doch es gelang ihr nicht und sie sackte zurück. Da sah sie wieder Ejwyns Hand, die ihr ihre Hilfe anbot. Sie sah zu ihm auf und sein Blick war nicht mehr schadenfroh, wie noch vor einer halben Minute. Er sah sie hilfsbereit und freundlich an. Sie nahm die angebotene Hilfe, fiel aber gleich wieder zu Boden. „Was ist los?“ Er sah sie besorgt an. „Ich glaub ich habe meinen Knöchel geprellt, oder so etwas.“ Ejwyn beugte sich zu ihr runter und plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und sie lag an Ejwyns Brust. „Ejwyn nein, lass mich runter, ich kann alleine laufen.“ Sie zappelte auf seinem Arm hin und her, doch er geriet nicht einmal ins schwanken. Sie spürte seinen Herzschlag der schneller schlug, als es nötig war und wurde rot und auch er nahm wahr, dass sein Herz schneller pumpte als sonst, was ihm das Blut ins Gesicht trieb. Kennet lief neben ihnen und beobachtete die zwei, wie sie beide bewusst in eine andere Richtung starrten. Endlich kamen sie in dem Gasthaus an, zu dem sie wollten. Kennet kannte diese Stadt gut und wusste wo es zu finden war. Als sie eintraten, hatten sie alle Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. So wurden beide noch roter, als sie es eh schon waren. Sie gingen an den Empfang um ihre Zimmer zu bestellen. Vorsichtig setzte Ejwyn Mira ab und wandte sich an den Bediensteten. „Wir hätten gerne drei Zimmer für eine Nacht“ Ejwyns Stimme war reserviert und freundlich. „Verzeihen sie mein Herr, in einem Stockwerk sind nur noch zwei Zimmer frei, wäre es da nicht günstiger, sich mit ihrer Frau eins zu teilen?“ Ebenso freundlich wie Ejwyn, hatte auch der Bedienstete gesprochen, doch in Ejwyns Ohren klang es wie Spott. „Ich wollte aber drei Zimmer!“ Ejwyn klang jetzt böse und überhaupt nicht mehr freundlich. „Ja mein Herr, ich habe sie schon verstanden, ich dachte nur, dass sie und die junge Dame …“ „Falsch gedacht“, fauchte er den Angestellten lautstark an. „Ich will auf der Stelle drei Zimmer sonst können sie demnächst nur noch Suppe zu sich nehmen“ Ejwyns Augen funkelten vor Wut und Scham und man konnte seine geröteten Wangen deutlich erkennen. „Natürlich mein Herr, bitte sehr mein Herr!“ Er gab ihm drei Schlüssel, sein Blick war angsterfüllt. Ejwyn stapfte voran, die Treppe hoch, Kennet kam ihm nach mit Mira an seiner Seite, die er mehr trug, als stützte. „Musstest du ihn so anschreien?“ Mira sah Ejwyn vor sich an, doch er drehte sich nicht um. „Ich habe nicht geschrieen, ich bin nur etwas laut geworden“ sagte er mit unterkühltem Ton. Mira sagte nichts mehr, bis sie vor einen hellbraunen Holztür standen. Ejwyn schloss auf und stieß die Tür auf. „Das is deins Mira.“, Kennet half ihr sich aufs Bett zu setzte und ging dann wieder raus. “Unten sind die Bäder, wenn du willst, werde ich dir die Treppen runter helfen.“ Wieder errötete er etwas, dann ging er raus und schloss die Tür hinter sich. Sie hörte wie Ejwyn das gegenüberliegende Zimmer Aufschloss und wie dann einer von beiden eine weitere Treppe hoch ging. Mira sah sich in ihrem Zimmer um. Sie saß auf einem einfachen Holzbett mit einer dicken Decke und einem platten Kissen. Neben dem Bett stand eine schlichte Kommode und ein alter Kleiderschrank, der aussah als hätte er mehr Motten, als Kleidungen reinpassen könnten. Das war es auch schon mit der Einrichtung, außer einem kleinen Nachtschrank der noch neben ihr stand. In Ejwyns Zimmer sah es nicht anders aus. Die gleiche Kommode, das gleiche Bett, der gleiche Schrank. Er saß auf seinem Bett und starrte seine Füße an. Nachdenklich ging er zu der Kommode, über der ein gerahmter Spiegel hing In die vertäfelten Wände, war ein einfacher Nagel geschlagen worden um ihn aufzuhängen. Er sah sich an Sein immer noch leicht gerötetes Gesicht und seine zurzeit sehr hellen Haare bildeten einen eigenartigen Kontrast und gedankenvoll legte er seine Hand an das Spiegelbild seiner Wange. Ejwyn ging zurück zum Bett und warf seinen Umhang darauf. Er öffnete seine Gürtelschnalle und zog sich sein nich mehr ganz schwarzes Shirt über den Kopf, worauf hin seine Haare noch zerzauster waren, als ohne hin schon. Plötzlich klopfte es an der Tür und sie öffnete sich. Ein feines, rundes Gesicht schaute herein und das Mädchen dem es gehörte, erstarrte in ihrer Bewegung Mira hielt noch immer den Türknauf in der Hand und konnte ihren Blick nicht mehr von Ejwyn lösen. Er stand vor seinem Bett, mit seinem entblößten Oberkörper. Man konnte jeden Muskel an seinem Bauch erkennen. Seinen Armen waren dreimal so breit wie ihre und seine Brust wie die eines Gottes. Sie sah die offene Gürtelschnalle und sie schaute verlegen zu Boden. Auch er hatte sich nicht mehr bewegt seit sie rein gekommen war. „Tut … tut mir leid“ stotterte sie und wollte grade die Tür wieder schließen. „Warte.“ Er zog sich schnell sein Shirt wieder über und lief zur Tür. „Was gibt es denn“, fragte er so gelassen wie möglich, doch irgendwie war noch immer etwas Abweisendes in seiner Stimme, was sonst nie da war. „Na ja, ich wollte ins Bad. Und da wollte ich dich fragen, ob du mir vielleicht mit der Treppe helfen könntest“ Ihre Augen zeigten ihre Schüchternheit, so wie Ejwyn sie bisher noch nicht gesehen hatte. Er kannte sie nur als vorlautes, etwas zickiges Mädchen, doch nie hatte er sie als so zerbrechlich gesehen. Nicht einmal als sie so um ihren Vater geweint hatte. Da war sie auch zerbrechlich, aber auf eine andere Art und Weise. Er schüttelt seinen Kopf und diese Gedanken zu verscheuchen. „Klar helfe ich dir, komm mit“ Er machte rasch einen Schritt auf die Tür zu, nahm Mira zur Seite und schloss die Tür hinter sich. Nun legte er ihren Arm um seine Hüfte und seinen Arm um ihre. Es ging ganz gut, da Mira sehr viel kleiner war als er. Zusammen humpelten sie die Treppen runter, die sie vor ein paar Minuten erst hinauf gestiegen waren. Vor der Tür zu den Damen, blieb er höflich stehen. „Danke.“ Sie lächelte ihn wieder so an, wie er es von ihr kannte. „Den Rest schaff ich schon irgendwie.“ Sie hüpfte zur Wand und hielt sich daran fest. Bis sie hinter der Tür verschwunden war, blieb Ejwyn da stehn und beobachtete sie. Er fühlte sich seltsam, konnte es aber nicht einordnen und setzte sch auf einen Hocker vor der Tür, um auf sie zu warten. Mira genoss die Wärme des Wassers. Sie starrte auf das Feuer, das unter dem gegenüberliegenden Kübel brannte und dachte an Ejwyn. Er war irgendwie seltsam geworden. Nach einer Weile stieg sie aus dem Bottich und trocknete sich gründlich ab. Danach schlüpfte sie wieder in ihre Kleider und trat aus dem Raum. Neben ihr saß Ejwyn auf einem kleinen Hocker und starrte auf den Boden. „Hast du die ganze Zeit hier gewartet?“ Etwas regte sich in ihrer Brust und sie war unglaublich gerührt. „Ja hab ich.“ Gestand er und trat an sie heran. Er nahm sie so wie vorhin auch, an seine Seite und wollte mit ihr schon sie Treppe hoch, da widersprach sie. „Warte mal. Willst du jetzt unbedingt schon ins Bett, oder wollen wir noch ein bisschen spazieren, wenn es dir nichts ausmacht!“ Unsicher sah sie zu ihm hoch. „von mir aus,“ Er wirkte teilnahmslos, doch seine Augen glühten. Sie traten aus der Tür auf die Straße, doch anstatt in die bekannte Richtung, aus der sie gekommen waren, zu gehen, liefen sie ums Gutshaus herum wo sie sich auf einer herrlichen Wiese wieder fanden. Sie gingen ein Stück, bis sie sich unter einen Baum setzten Die Sonne ging grade unter und es wurde frisch. Mira setzte sich dichter an Ejwyn heran der immer warm zu sein schien. „Ich habe schon lang keinen so schönen Sonnenuntergang mehr gesehen.“, flüsterte Mira und starrte in die rote Abendsonne. „Es war die letzten Nächte so gut wie immer bewölkt.“ Auch er sah in den Himmel, doch sein Blick schien sich auf nichts zu fixieren. Er spürte Miras Blick auf seinem Gesicht und wandte sich zu ihr. „Was ist?“ Er sah in ihre hellen Augen, verlor sich darin. „Weißt du eigentlich, dass ich total bezaubert von deinen Augen bin?“ Ihre Stimme war leise und zart. „Ahhha“ Es war nur so ein Nebengeräusch, kein Ernstgemeintes Wort. Eine Brise fuhr ihnen durchs Haar und ließ eine Strähne von Miras braunen Harren in ihrem Gesicht liegen. Sie wollte sie aus Reflex mit der Hand beiseite wischen, doch Ejwyn hielt ihre Hand fest, kraftlos ließ sie sie wieder sinken. Stattdessen hob Ejwyn seine und nahm die Strähne zwischen seine Finger und steckte sie hinter ihr Ohr, seine Hand blieb an ihrer Wange liegen. Miras Gesicht war heiß und auf ihm wirkte seine Hand wunderbar kühl. Ejwyn senkte seinen Kopf zu ihr hinab, eine Stimme in seinem Kopf schrie immer lauter, er solle an seine Aufgabe denken, doch versuchte er sie so gut wie möglich zu ignorieren. Immer weiter neigte sich sein Kopf in ihre Richtung, beide schlossen die Augen, fast konnten sie ihre Herzen schlagen hören, so leise war es um sie herum und so laut schlugen sie. Sie konnten jeweils den Atmen des anderen auf ihrer Haut spüren, das zwitschern der Vögel oder das rauschen der Bäume und des Grases hatten sie total ausgeblendet. Beinahe konnte sie seine samtenen Lippen auf ihren spüren. Ein kleiner Stein traf Ejwyn am Bein, kurz darauf am Rücken. Er schreckte auf und sah in die Richtung aus der diese Attacken kamen. Mira drehte sich mit hochrotem Kopf in die andere Richtung. Am Fenster stand Kennet, der verzweifelt mit den Armen ruderte. „Wir müssen los.“ Sagte Ejwyn an Mira gewandt. Sie nickte nur stumm mit dem Kopf und hievte sich hoch. Ohne Vorwarnung hob Ejwyn sie hoch und trug sie auf seinen Armen zurück ins Haus. Kennet stand schon am Empfang und wartete auf sie. Sie bezahlten und gingen dann hinaus wo schon ihre Pferde, an eine Stange gebunden, auf sie warteten. Ejwyn setzte Mira auf sein Pferd und kletterte dann selber rauf. Kennet setzte sich auf Salta und nahm Denati an den Zügle. So verließen sie eilig im Trab die Stadt, in die Richtung aus der sie gekommen waren. „Wo wollen wir denn hin? Wollten wir da nicht übernachten?“ Mira schaute nervös zu den beiden Jungs. „Hatten wir vor, aber wir waren wohl zu auffällig!“ Ejwyn wandte seinen Blick nicht von der Straße und trieb sein Pferd immer weiter. „Was heißt zu auffällig?“ Sie verstand gar nichts mehr „Wenn wir geblieben wären, wäre und das gleiche passiert wie letztens auf dem Feld, willst du das??“ Mira schüttelte stumm den Kopf und schaute dann nach hinten. Hinter ihr lag aber nur eine verlassene Straße im Mondschein. Am Ziel angekommen, standen sie wieder vor der Scheune, in der sie schon letzte Nacht geschlafen hatten. Mira seufzte und wollte abspringen, doch eh sie Schwung holen konnte, hob Ejwyn sie vom Pferd. Wiederholt nuschelte sie ein Danke und humpelte an Kennets Seite in den Schober, während Ejwyn die Pferde festmachte. Mira legte sich ins Heu und steckte sich einen Halm in den Mundwinkel. Ejwyn kam, sah sie an und kniete sich vor sie, als würde er ihr einen Antrag machen wollen. Erstaunt setzte sie sich aufrecht hin und sah ihn von oben her an. „Ich wollte mir nur noch mal deinen Knöchel ansehen.“, sagte er zur Beruhigung Sie schob den verletzten Fuß nach vorne und beobachtete Ejwyn dabei, wie er ihn abtastete und sich besah. „Also morgen dürftest du wieder normal laufen können. Er war nur ein klein wenig überdehnt, schätz ich mal“ Seine Worte waren nüchtern und sachlich, kein einziges Anzeichen dafür, dass irgendetwas geschehen war, ehe sie aufbrechen mussten. Sie nahm ihren Mantel und legten ihn sich über Bauch und Beine. Dann drehte sie sich auf die Seite und versuchte zu schlafen. Entfernt neben sich hörte sie das Heu rascheln. Langsam öffnete sie die Augen. Sie sah keine Lichtflecken im Heu und wusste, dass es noch Nacht sein musste. Mira setzte sich auf und streckte sich, wobei raschelnd ihr Umhang von ihr abfiel. Automatisch sah sie in die Ecke, wo sie Ejwyn erwartete, doch er war nich da und statt seiner, war nur platt-gelegenes Heu zu sehen. Sie zog die Stirn in Falten und ließ ihren Blick schweifen. Eine kleine Nebentür der Scheune stand offen, obwohl sie vorher mit Sicherheit geschlossen war. Mira erhob sich aus dem Heu und stakste bis hin zur Tür. Sie sah noch mal zurück um sich zu vergewissern das Kennet auch immer noch schlief und dann verließ sie den Stall. Die frische Nachtluft blies ihr um die Nase und ihre Gedanken fühlten sich plötzlich wunderbar frisch und frei an. Der Mond stand hoch am Himmel und so klar wie die untergehende Sonne, war auch der Halbmond, der heute Nacht die Wiese erhellte. Sie ging ein paar Schritte, bis sie Ejwyn unter dem einzigen Baum sah, der auf diese Weide stand. Elegant schwang er sein Schwert hin und her und ließ es die Luft zerschneide. Sein Oberkörper glänzte im Mondlicht vor Schweiß und ein paar Haarsträhnen klebten ihn an der Stirn. Mira ging noch weiter auf ihn zu. Dann durchbrach sie jäh die Stille, als sie auf einen Zweig trat, der genau vor ihr lag. Sie selbst zuckte zusammen, Ejwyn sah jedoch ruhig auf und betrachtete sie, als sie zögernd näher kam. „Was machst du? Bist du nicht müde??“ Er sah sie eindringlich an und legte den Kopf schief. Ein kurzer, nicht allzu lauter Schrei durchzuckte die Nacht und Mira sah überrascht auf. Über ihnen saß Fane, auf einem Ast des Baumes. Als sie den Blick wieder senkte, schüttelte sie den Kopf. „Nein, ich bin nicht mehr müde. Wieso trainierst du nachts, wo du doch schlafen müsstest?“ Neugierig sah sie in seine tiefen Augen und drohte schon wieder sich zu verlieren. „Ich kann so, Dinge besser verarbeiten oder überdenken!“ Er lächelte sie vorsichtig an und sie erwiderte sein Lächeln. Ejwyn ließ sich auf den Boden fallen und lehnte sich an den Baum. Er legte den Kopf zurück und schloss die Augen. „Soll ich lieber gehen?“ Sie machte einen Schritt Richtung Scheune, ihr Oberkörper war aber noch zu ihm gedreht. „Nein, nein, bleib hier!“ Er schlug mit der flachen Hand auf den Boden neben sich. Sie zögerte, kam seiner Bitte aber nach und setzte sich zu ihm. So kannte sie ihn nicht. Er war immer ein wenig abweisend gewesen und jetzt wollte er freiwillig ihr Gesellschaft. Als sie neben ihm saß, war er ganz ruhig. Sein schneller Atem beruhigte sich und die Schweißperlen liefen an ihm hinab, immer der Zeichnung seiner Muskeln folgend. „Ist dir nicht kalt“, flüsterte Mira in die Nacht. Er wandte sein Gesicht zu ihr und lächelte. „Ich kann Infernos beschwören, mit so einer Kraft ist einem selten kalt“ Sie lächelte ebenfalls. „Was glaubst du, was ich für eine Kraft habe? Du sagtest alles hätten eine andere Kraft.“ Sie war neugierig auf das Unbekannte in ihr. „Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du alles, vielleicht aber auch nichts. Ich kann es dir nicht sagen.“ Er sprach deutlich, doch sie sah in seinem Blick den Zweifel an seinen eigenen Worten. Sie ließ es auf sich beruhen. Was hatte es für einen Sinn, jetzt zu streiten. Mira hob den Kopf und starrte in den Mond; Er war so wunderschön und immer da. Am nächsten Morgen begrüßten sie freundlich Sonnenstrahlen, doch sie hob ihren Arm um sich vor ihnen zu verbergen. Doch es waren zu viele, und sie waren überall. Mira riss die Augen auf und sah sich um. Sie saß unter einem Baum, mitten auf der Wiese, dann rappelte sie sich hoch Keine Spur von Kennet oder Ejwyn war zu sehen. Sie lief in die Scheune umzusehen, ob sie noch schliefen und tatsächlich wurde sie fündig. Beide saßen im Heu und lachten, während sie Brot und Käse vor sich ausgebreitet hatten. Mira trat auf sie zu, und sah von einem zum andern. „Guten Morgen“ sagte sie freundlich und beide nickten grinsend als Antwort. „Setzt dich zu uns, du solltest dich auch etwas stärker.“ Ejwyn war ungewöhnlich gut drauf. Er wirkte entspannter als die letzten Tage. Mira kniete nieder und nahm sich etwas von dem Brot. „Kennet war in der Stadt!“ Ejwyn stellte diese Aussage so hin, als sei er schrecklich stolz darauf Mit vollem Mund, sah sie ihn fragend an. „Er hat dir ein Schwert mitgebracht und ein paar neue Kleider für uns.“ Miras Augen funkelten freudig, bei dem Wort Kleidung und sie stand sofort auf, um zu sehen, wo Kennet den Einkauf zu stehen hatte. „Wart mal kurz.“ Ejwyn rannte ihr nach und war vor ihr an dem Sack mit dem Mitgebrachten. Zuerst zog er das Schwert aus dem Beutel und schwang es in der Luft hin und her. Danach drückte er es Mira in die Hand, die gar nich glücklich damit aussah und laut seufzte. „Du wolltest es so“, erinnerte er sie daran und holte den Rest aus der Tüte. Darin waren noch eine schwarze Hose für sie, sowie ein lila farbenes langärmliges Shirt und dazu ein Brauner Gürtel mit Schwertscheide. Sie seufze abermals und verschwand um die Ecke um sich umzuziehen. Ejwyn sah zu Kennet, der ihm zu zwinkerte und in Miras Richtung nickte. Ejwyn lacht kurz und schüttelte aber dann den Kopf. Das letzte was in dem Sack war, war eine braune Hose für ihn selbst und ein grünes Shirt, ebenfalls langarmig, was er kritisch beäugte. Mira stand mit gespreizten Beinen vor Ejwyn und hielt ihr neues Schwer in den Händen. Sie Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten und brannte nicht mehr so auf ihren Köpfen, es war ein warmer Septembertag, wärmer als die Letzten. „Noch einmal Mira.“ Ejwyn klang, als hätte er diesen Satz heute schon mehr als einmal wiederholt, doch er war noch immer geduldig. „Aber ich kann nich mehr… Mir tun die Arme weh“ Mira sah bettelnd zu ihm hin, doch das ließ ihn kalt. „Nichts ist. Du hast noch genug Kraft. Du tust ja nichts außer wegrennen.“ Er grinste, doch Mira funkelte ihn böse an. Sie ging wieder in die Ausgangsposition und hob das Schwert in die Höhe. „Gegner fixieren“, rief Ejwyn ein paar Meter von ihr entfernt. „Kraft auf das Schwert konzentrieren - die Augen immer auf dem Gegner lassen.“, sagte er noch einmal, als er sah das ihr Blick zu Kennet schielte, der faul am Baum lag und die frische Luft genoss. „Is ja ok“, murmelte sie mehr zu sich selbst, als dass es für Ejwyn bestimmt war. „Los“, rief Ejwyn laut und deutlich und rannte auf Mira zu. Kurz bevor er dicht genug bei ihr war, um sie zur Verteidigung zu zwingen, drehte sie sich um und rannte davon. Ejwyn bremste ab und rammte sein Schwert mutlos in den Boden. Verzweifelt schlug er die Hände vors Gesicht und fuhr sich dann durch die Haare. „Es ist hoffnungslos!“ Resigniert setzte er sich auf den Boden. Mira kam zurück, mit schuldbewusster Miene. „Tut mir leid“, sagte sie leise und mit reumütiger Stimme, wie ein Kind das wiederholt Schokolade geklaut hatte. Er sah zu ihr hoch und lächelte. „Das wird schon, aber wir müssen langsam weiter.“ Er stand auf und zog sein Schwert wieder aus dem Boden heraus. Zusammen gingen sie zurück in die Scheune und als Ejwyn an Kennet vorbei kam, piekste er ihn mit seinem Schwert in den dicklichen bauch, damit er aufwachte. Böse schaute Kennet Ejwyn an. Sein Blick sah irgendwie nach Rache aus und Mira lächelte bei dem Gedanken, Ejwyn gepiesackt zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)