Miracle von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: (Un)happy Birthday ----------------------------- (un)happy birthday Sie sah nur die Umrisse, der zwei Personen, die im Dunkeln vor dem großen Fenster standen. Sie schienen sich tief greifend zu unterhalten, denn abwechselnd gestikulierten sie mit wilden Gebärden vor ihrem Gegenüber herum. „Ich kann das nicht tun.“ Der kleinere Mann von beiden tobte vor seinem Gesprächspartner. Seine Gesten wirkten verzweifelt und er schien aufgewühlt zu sein, wie vor einer Aufgabe, die er nicht bewältigen konnte. „Natürlich kannst du es tun - du musst. Ein paar Jahre hast du noch, doch ich mache dich jetzt schon mit diesem Auftrag vertraut und verlange, dass du ihn gewissenhaft ausführst. Auch wenn du noch etwas Zeit hast, bis es soweit ist, warte nicht zu lange! Scheiterst du, widerfährt dir das gleiche Schicksal, wie es ihr bestimmt ist und ich werde ebenso erbarmungslos sein. Du weißt, was auf dem Spiel steht, also versage nicht. Dein Leben wird dir ja wohl doch mehr wert sein, als das Ihre.“ Selbstgefällig sah der größere Mann, auf den Anderen herab. „Bei allem Respekt und jeglicher Ergebenheit, mein Herr, aber ich kann das wirklich nicht tun. Es ist ihre Tochter.“ Er holte tief Luft. „Ich habe schon viele Leben ausgelöscht, mein Herr, aber dieses Leben will nicht ich zu Ende bringen.“ Furcht trat in die Augen des kleinen Mannes. Seine Stimme war inzwischen voller Scheu. Mit einem Flüstern sprach er weiter. „Ich kenne die Geschichten um ihre Tochter. Man kann sie nicht besiegen, “ seine Stimme brach weg. „Fürchtest du dich?“ Dunkle Augen funkelten ihn an. „Du Dummkopf! Kann man dich so leicht verschrecken?“ Bedrohlich wirkten jetzt die Gestalten im Dunkeln „Die Geschichten über das Kind besagen nur, was sein könnte – nicht was sein wird.“ Seine Stimme hatte einen Ton an sich, der die Diskussion beendete - doch sie war nicht so bestimmt, wie sie hätte sein sollen. Mit diesen letzten Worten drehte er sich um und ging in die Dunkelheit davon. Verzweifelt fuhr der Mann, der zurückgeblieben war, sich durch sein Haar. „Ich kann doch nicht seine Tochter vernichten. Eher werde ich zu Grunde gehen, als dass ich auch nur an sie herankomme.“ Resigniert ließ er die Schultern hängen und ging ebenfalls ins Düstere davon. Sie sah aus dem Dunklen heraus, auf den leeren Schauplatz der jetzt vor ihr lag. Das Bild löste sich in schwarzen, dicken Dunst auf und eine neue Kulisse tat sich auf. Diesmal kein dunkles Szenario mit unkenntlichen Männern, sonder ein heller, freundlicher Tag mit weißen Wattewolken am strahlendblauen Himmel. Eine vermummte Gestalt kam auf sie zu, sodass sie im ersten Augenblick zurückwich, dann aber neugierig zu ihm aufsah. Der Unbekannte trug einen schwarzen, zerlumpten Umhang, dessen Kapuze ihm weit ins Gesicht hing. Doch seine fast schwarzen Augen sahen aus der Tiefe der Kapuze zu ihr hinunter und zogen sie in ihren Bann. „Verschwinde von hier!!!“ Die tiefe Stimme ließ sie erschrecken, denn die Vertrautheit seiner Augen passte überhaupt nicht zu der rauen Stimme, die sie aufforderte zu gehen. „Wenn du dein Dorf und deinen Vater beschützen willst, solltest du verschwinden.“ Auf eine Reaktion und vielleicht sogar eine Antwort hoffend, sah er sie an. „Es ist wirklich von größter Wichtigkeit - du kannst nicht hier bleiben … bis zum heutigen Abend musst du von hier verschwunden sein.“, sagte er unter drängendem Blick Ihre Augen weiteten sich bei dieser Forderung. Nicht etwa vor Freude oder Erwartung, sondern auf Grund der Dreistigkeit, die der Fremde ihr gegenüber an den Tag legte. Wieder verzerrte dichter Nebel das Bild und ein neuer Ort des Geschehens tat sich auf. Diesmal war der blaue Himmel verschwunden und sie befand sich auch nicht in einem unheimlichen dunklen Gemäuer. Der Himmel war blutrot gefärbt. Um sich herum sah sie nur zerstörte Häuser und deren ängstliche Bewohner, die vorsichtig aus den Gassen kamen. Verwirrt drehte sie sich um ihre eigene Achse, um das Chaos zu betrachten, welches ihr Dorf heimgesucht hatte. Der dunkelrote Himmel ging mehr und mehr ins Schwarz über und die Nacht brach herein. Noch immer drehte sie sich um sich selbst, um jedes Detail dieser Zerstörung zu erfassen. Ein paar Schritte von ihr entfernt, kniete dieselbe Person, die sie zuvor gesehen hatte und die sie gedrängt hatte, das Dorf zu verlassen. Dieser Jemand hielt sein Schwert fest umklammert und frischen Blut lief an der Klinge hinab. Eine kleine Pfütze der roten Flüssigkeit bildete sich am Boden. Der Fremde schlug die Augen auf, die er bis eben geschlossen hielt und sah sie mit kaltem Blick an. „Ich hab dich gewarnt! Sieh dir an, was du getan hast – es ist alles deine Schuld.“ Seine Stimme war voller Vorwürfe und sein Blick lag fest auf ihr. Die Menschen kamen näher und betrachteten etwas, das weiter hinten lag, außerhalb ihres Sichtbereiches. Zögernd bewegte sie sich dorthin, um zu sehen was der Fremde meinte und was auch die Anderen erspäht hatten. Die Bewohner ließen sie durch die Menge, als sie sich näherte. „Es tut mir so leid“, sagte ein älterer Mann und klopfte ihr tröstend auf die Schulter. Sie sah ihn verwirrt an, trat noch einen Schritt näher und sah etwas auf dem Boden liegen. Zusammengekrümmt, als hätte er unsägliche Schmerzen lag ein Mann. Das Gesicht zur Erde gewandt und den Körper in einer Lache dunkelroten Blutes. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie kannte das dunkle Haar, dass den Schopf des Mannes bedeckte. Sie kannte jeden einzelnen Flicken auf dem Umhang der nun Blutgetränkt war, denn sie kannte diesen Mann schon ihr Leben lang. Nur einer hatte dieses Haar, und diese Flicken. Es war ihr Vater. Und er war tot. „Neeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin“ Mira schreckte auf. Kalter Schweiß bedeckte ihre Stirn und ihr Atmen ging ungeheuer schnell. Sie sah noch immer die Bilder ihres toten Vaters vor sich. „Was für ein abscheulicher Traum“ Wirr schüttelte sie ihren Kopf mit dem glatten, kastanienbraunen Haar und stieg aus dem Bett. Eine kurze Weile noch, blieb sie auf der Bettkante sitzen und starrte aus dem Fenster. Der helle Morgen fiel mit seinem warmen Sonnenlicht auf einige Stellen ihres Zimmers und erwärmte dort den Boden. Die Sonne stand schon recht hoch am Himmel und schien so direkt durch ihr Dachfenster. Das Mädchen wusste nicht, was sie von ihrem Traum halten sollte. Er war so real und doch völlig unwirklich. Wieso sollte Jemand ihren Vater töten wollen. Ebenso unerklärlich waren die zwei dunklen Männer, oder der Fremde. Um ihren Kopf frei zu bekommen, und sich selbst nicht allzu verrückt zu machen, schloss sie das Thema ab und ging ins Bad um sich zu waschen. Das kalte Wasser ließ sie erst so richtig wach werden und jagte ihr zudem noch eine Gänsehaut über den Rücken. Erfrischt holte sie sich saubere Sachen und streifte sich ein weißes Hemd über ihren zierlich-anmutigen Körper. Sie war kleiner als andere Mädchen in ihrem alter, doch sie hatte eine bezaubernde, große Ausstrahlung und ein Lächeln, bei dem einem ganz warm wurde. Die Menschen im Dorf liebten sie für ihre Freundlichkeit und alle kamen gut mit ihr aus. Doch keiner kannte sie näher, denn alle bewahrten immer eine sichere Distanz zu ihr, die sie sich nie erklären konnte Ihre Haare vielen ihr auf die Schultern, als sie ihr grünes Kleid über die Kopf gezogen hatte und sie lief runter in die Küche, um zu sehen, ob ihr Vater noch da war. Trotz ihres eigens erklärten Beschlusses, das alles nur ein dummer Traum war, wollte sie sicher gehen, dass ihr Vater wohl auf war. Als sie die Küche betrat, konnte sie ihren Vater gesund und lebendig dabei beobachten, wie er grade seinen benutzten Becher auf den Tisch stellte und sich einen Apfel für die Arbeit einsteckte. Erleichterung machte sich in Miras Brust breit und sie konnte nicht anders, als ihren Vater breit anzulächeln. „Guten Morgen Paps“ Strahlend sah sie ihm in die Augen. „Guten Morgen mein Engel. Alles Liebe zu deinem Geburtstag?!“ Stolz sah er sie an und nahm sie in den Arm. „Du wirst von Tag zu Tag hübscher, wie deine Mutter es einst war.“, sagte er während er sie von seiner Brust weg hielt um sie anzusehen. In Erinnerungen schwelgend, legte er seinen Kopf schief, wie er es immer tat, wenn er mit seinen Gedanken wo anders war. „Aber gut mein Engel. Ich muss zur Arbeit, sonst bauen sie das Floß noch ohne mich.“ Immer noch grinste er sie an, doch seine Augen blieben ernst, wie sie nur zu gut erkennen konnte. „Ok Paps, denn los, ich werde auch los. Meenu wartet sicher schon auf mich. Pass auf dich auf.“ Sie lächelte ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Du auch Mira. Und heute besonders, schließlich müssen wir deinen Geburtstag ja anständig feiern. Also sei vorsichtig und aufmerksam.“ Wieder war dieser Ernst in seinen Augen, der sie stutzig machte. „Sicher Paps. Nun aber los.“ Sie schubste ihn regelrecht zur Tür heraus und winkte ihm zum Abschied Sie hatte ein mulmiges Gefühl, als sie ihn den Hügel hinab laufen sah. Schnell trank dann auch Mira ihren Becher leer und lief los. Meenu würde sie töten, würde sie noch einmal zu spät kommen. Ihre Arbeit in dem Wirtshaus auf dem Marktplatz, hatte sie nur ihm zu verdanken. Er war ihr Onkel und neben ihrem Vater, der einzige Mensch den sie in ihrem Leben noch hatte. In Gedanken versunken, wie der Abend verlaufen würde, prallte sie plötzlich gegen etwas. Dieses Etwas gab einen dumpfen Laut von sich und taumelte zurück. Peinlich berührt, schaute Mira zu Boden, stammelte eine Entschuldigung und rannte weiter. Keinerlei Beachtung schenkte sie diesem Menschen, in seinem schwarzen, zerlumpten Umhang. Keuchend betrat sie das Geschäft von ihrem Onkel und ging so unauffällig wie möglich in die Küche. Die Geschirrberge ragten schon wieder in die Höhe, sodass sie gleich mit ihrer Arbeit beginnen konnte. Sie beschwerte sich nicht über diese Tätigkeit, denn sie war zufrieden, so wie es war. Ein Lächeln huschte über ihre schmalen blassroten Lippen und sie band sich ihr weißes Kopftuch um, um zu verhindern das ihr lästige Strähnen ihrer Harre ins Gesicht fielen. Nach einer langen Zeit und vielen, vielen Tellern und Bechern, standen ihr Schweißperlen auf der Stirn und ihr Oberteil und ihr Kleid waren am Rücken durchgeschwitzt. Sie öffnete das große Fenster neben sich, um die frische Sommerluft hinein zu lassen. Doch anstatt angenehmer Luftmassen die sie abkühlen sollten, sprang eine schwarze Gestalt in die Waschküche. Ein Schrei entfloh ihr und sofort stand Meenu in der Küche. Panisch sah er sich um und suchte nach dem Grund für Miras Aufschrei, der so voller Schrecken war. Nach gründlichem Umsehen, fiel sein Blick auf seine Nichte. „Was ist los?“ fragte er skeptisch und bedenklich zugleich. Wie automatisch antwortete sie ihm, doch nicht mit der Wahrheit. „Es tut mir leid. Ich dachte ich hätte ein Krabbeltier gesehen, doch es war nur ein Blatt, dass der Wind herein geweht hatte.“ Sofort liefen ihr die Ohren rot an, das konnte sie spüren, doch Meenu sah es nicht, dank ihrer Haare, die davor hingen. Ihr Onkel zog die Stirn kraus, doch er sagte nichts. Langsam schloss er wieder die Tür, aber nicht ohne sich noch einmal gründlich umzusehen. Wieso nur diese Lüge? Sie verstand sich selbst nicht mehr. Minuten vergingen, da stand die Gestalt erneut am Fenster. Als Mira sie sah, erschrak sie abermals, doch diesmal schrie sie nicht. „Wer bist du??“ Verständnislos und auf alles gefasst, sah sie den Fremden auf der Fensterbank an. „Du musst fort.“, sagte er mit tiefer Stimme aus dem Cape heraus. Miras Gesichtsfarbe wechselte binnen Sekunden von rot auf weiß. Sie kannte den Unbekannten, sie wusste auch was er wollte. Aber es konnte doch nich sein, dass das hier alles wirklich geschah. Das hieße ja auch das ihr Vater …. „Nein, ganz sicher nicht, weder jetzt, noch sonst wann!“ Sie wollte nicht fort. Sie musste hier bleiben und ihren Vater beschützen. Der Fremde nahm seine Kapuze vom Kopf und sah sie an. Seine Augen noch schöner, als sie sie vom Traum her kannte. Das dunkelste braun, das sie je gesehen hatte. Und seine Haare, sie waren ebenfalls braun, dich nicht so wie seine Augen sondern etwas heller und wenn die Sonne drauf fiel, glänzten sie, als wäre er mit Goldstaub berieselt worden. „Wir sind uns schon einmal begegnet, ich weiß es ebenso gut wie du. Und du weißt auch was geschieht, wenn du nicht gehst. Du hast es gesehen.“ Mit diesen weiteren Worten, riss er sie aus ihrer Beobachtung Ernst sah er sie an, doch sein Blick war gutmütig und geduldig. „Nein, ich weiß gar nichts. Lass mich in Ruhe, ich will nichts mit dir zu tun haben.“ Angst durchströmte sie und sie war entschlossen alles abzustreiten, was mit diesem Traum zu tun hatte. „Sei nicht dumm. Du musst hier weg und wenn es nur deiner Familie wegen ist. Du kannst nicht bleiben. Ich bringe dich weg von hier, wo sie dich nicht finden.“ Sie spürte die Dringlichkeit seiner Worte, doch sie ignorierte sie. „Das ist mir egal, wer auch immer was von mir will, kann ja kommen, aber ich bleibe hier. Und jetzt geh, ich habe zu arbeiten.“ Mit diesen Worten packte sie das Fenster und schlug es zu. Ein dumpfer Aufprall folgte und ein Stöhnen und sie konnte nicht anders, als zu grinsen. Die Vorstellung war zu komisch, wie er nun verdutzt im Gras lag. Sie machte weiter mit ihrem Abwasch, doch ihre Gedanken kreisten um die Worte des Fremden. „Versuchen wir einen Neuanfang??“ Mira schreckte auf und wandte sich um. Hinter ihr stand ihr Unbekannter lässig an die Wand gelehnt. „Wie kommst du hier rein??“ Ärgerlich, aber beeindruckt sah sie ihn an „Magie“, scherzte er, doch seine Augen verharrten in einem unveränderten, ernsten Ausdruck Wieder an ihren Vorsatz erinnert, drehte sie sich zum Wasserkübel mit dem Seifwasser und fuhr mit ihrer Arbeit fort. „Also mein Name ist Ejwyn. Mein Auftrag, den ich gewissenhaft erledigen muss, ist dich von hier fortzuholen und dich zu beschützen“ Das Plauderthema war als dieses sehr fragwürdig, nichtsdestotrotz reichte er ihr zur Begrüßung die Hand, als wären sie sich noch nie begegnet, doch sie missachtete ihn weiterhin. Er würde sie noch zur Vernunft bringen, das wusste er und mit diesem Ziel vor Augen, redete er weiter auf sie ein, den ganzen Nachmittag lang. Mira spülte so, weiterhin den ganzen Tag das Geschirr der Besucher und Ejwyn war bemüht sie zu überzeugen, wo hingegen sie so tat, als wäre er nicht existent. Was Mira allerdings erstaunte, war die Tatsache, dass Meenu Ejwyn nicht sah, wenn er neues Geschirr herein trug und das, obwohl Ejwyn die ganze Zeit bei ihr stand. Durchs immer noch geöffnete Fenster konnte Mira den hereinberechenden Abend erkennen. „Die Sonne geht unter, die Zeit drängt uns, Mira.“ Ejwyns Blick war ihrem gefolgt und in seinen Augen sah sie Zweifel, ob sie es überhaupt verhindern könnten, was geschehen sollte. Mira hatte nicht wahrgenommen, dass sie Ejwyn die ganze Zeit angestarrt hatte, doch nun legte er den Kopf schief, als erwarte er eine Reaktion von Mira, sie so abwesend aussah. Doch plötzlich durchzuckte ein kurzer Schrei die Stille und Mira rannte panisch nach vorn. Es war ihr Onkel der da geschrieen hatte und er klang Schmerz erfüllt. Als sie den Raum betrat, sah sie Meenu vor dem Tresen hocken und die Blutstropfen die sich auf dem Boden sammelten. Alle Besucher waren schon fort, bis auf zwei Männer, die Mira aufmerksam musterten. Sofort blickte der eine den anderen an und flüsterte ihm etwas zu. Dann sah der eine auf und schüttelte mit dem Kopf. Irritiert sah sie von einem zum anderen und wandte sich sofort wieder an ihren Onkel. Sie beugte sich zu ihm hinab und sah dann den Scherbenhaufen vor ihm. Ihm war ein Teller auf den Boden zersprungen und er hatte sich geschnitten und es waren tiefe Schnittwunden an Händen und Handgelenken. Sie atmete auf. Er lebte. Durch die Bedrängnis von Ejwyn, war sie schon ganz panisch und paranoid geworden. Was sollte heut schon groß passieren, der Tag war nich anders als die anderen vor ihm, außer das sie heute Geburtstag hatte … Mira ließ ihren Blick an den zwei letzten Männern vorbei schweifen und erhaschte den ihren, welcher aber unheilvoll und ankündigend war. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinab und sie fragte sich, was an diesen Männern sie so störte. Es war die Haltung und die Augen, die sie so zweifelnd machte. Es war unheimlich. „Einen schönen Abend noch, den Herren und einen angenehmen Heimgang.“ Freundlich verabschiedete Meenu die beiden Männer. Draußen fegte ein kalter Wind die warme Luft des Tages weg und füllte sie mit kalten Schauern. Es begann zu regnen, die schweren Tropfen fielen auf die Strasse vor dem Wirtshaus und auf das Dach und kleine Pfützen bildeten sich, die immer größer wurden. Mira bekam ein mulmiges Gefühl. Der Himmel färbte sich trüb-blau mit wenigen roten streifen und der Abend brach an. „Nun aber los Mira, wir wollen ja fertig werden“ Ihr Onkel stand hinter ihr und drückte dem Mädchen den Besen in die Hand. Perplex aus ihren Gedanken gerissen, stand sie da, in den schaurigen Abend hinaus schauend. Wieso nur hatte sie beide diesen Zwei Männern so ein seltsames Gefühl? Sie wusste von den vielen verrückten Kautzen, die hier rum lungerten, doch diese Beiden hatte sie nie zuvor gesehen. Ejwyn hatte sie total vergessen, doch nun, wo sie so in Gedanken war, fiel er ihr wieder ein und sie beeilte sich mit ihrer Arbeit. Schnell fegte sie zu ende und verabschiedete sich von ihrem Onkel. Erstaunt war sie nicht, Ejwyn nicht vor zu finden, als sie in die Waschküche trat um die Schenke durch den Hinterausgang zu verlassen, sie spürte das er in der Nähe war, sie konnte nur nicht sagen wo. Sie zog sich das Tuch vom Kopf und steckte es sich in ihre Kleidtasche Anstatt nach Hause, lief sie an den Rand der Stadt, wo der Wald begann. Hier war ihr Lieblingsplatz. Sie wollte noch nicht nach Hause und glücklich ihren Geburtstag feiern. Lieber saß sie allein an diesem ruhigen ort und dachte nach. Auch wenn sie ein leicht-mulmiges Gefühl hatte, ihren Vater allein zu lassen. Doch wahrscheinlich würde er sowieso wieder länger am Hafen bleiben, als die anderen. Sie setzte sich an eine große Wurzel die aus dem Boden ragte und schloss die Augen. Sanft spürte sie den Regen auf ihrem Gesicht. Die größten tropfen fing das Blätterdach des Baumes ab „Wir haben nicht mehr viel Zeit“, wurde sie plötzlich von einer Stimme gedrängt. Sofort waren ihre Augen wieder offen. Vor ihr stand Ejwyn, mit tropfnasser Kleidung, durchnässten Haaren und mit den Händen in den Hosentaschen. Dadurch verrückte sich sein Umhang und sie sah ein großes Schwert an einem Gürtel hängen. Sie schreckte ein wenig zurück. Schwerter waren nichts für sie und sie hatte auch sonst nicht viel für Waffen und Krieg übrig. Mira hatte schon viel über so etwas gelesen und über die Konsequenzen die aus solchen Handlungen folgten. „Schleich dich nicht immer so an!“ Sie sah ihn finster an. „Ich schleiche mich nicht an. Ich bin immer in deiner Nähe, du bist nur sehr unaufmerksam.“ Sie sah ihm in die Augen und wollte was sagen, doch sie sah, wie sich seine Augenbrauen abgesenkt hatte, als wäre er sehr sauer. Sie konnte ihm ansehen, dass ihn die Zeit drängte, sie von hier weg zu holen „Wenn du hier bist um mich zu holen, vergiss es. Ich werde nicht weg von hier.“ Mira reagierte trotzig, so wie imnmer, wenn man sie zu etwas drängen wollte. Sie lehnte sich zurück um die schweren Regentropfen nicht abzubekommen, die sich auf alles legten, was sie erreichen konnten. Ejwyn hingegen stand mitten drin und inzwischen tropfte es nur so an seiner Kleidung herab. Ein Schrei durchfuhr das gleichmäßige Tropfen des Regens. Miras Augen waren Schreckgeweitet und sie war sofort auf den Beinen. Auch Ejwyn war aufmerksam geworden und beobachtete Miras Reaktion. Auch Mira sah Ejwyn an, um zu sehen was er nun tat. Und Plötzlich sah sie, wie Aussichtslosigkeit über sein feines Gesicht lief. „Zu spät“, war das einzige was er zu sagen hatte. Und jetzt wusste Mira was er meinte und eine Schwere legte sich über ihr Gemüt, wie sie es noch nie zu vor gespürt hatte. Sie hatte einen Kloß im Hals, der sich anfühlte, als hätte er die Größe eines Kürbisses. In höchster Geschwindigkeit liefen ihr die Bilder ihres Traumes wieder durch den Kopf und wie ein Vorhang fiel die Betäubung von ihr ab und sie lief los. Vorbei an Ejwyn, an den Häusern, den Pfützen, nur schnell genug in die Stadt, um zu verhindern, dass das geschah, was sie geträumt hatte. Dort angekommen, blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie sah die zwei Männer aus der Schenke wieder, die sie so in Zweifel versetzt hatten. Sie standen vor einer am Boden liegenden Gestalt und traktierten diese mit Tritten und hielten ihre Schwerter über sie gerichtet. Mira wusste wer es war, der da am Boden lag, denn sie hatte das alles, was hier geschah, schon einmal gesehen. Heiße Wut durchfuhr sie. Sie wollte nicht, dass es so endete wie in ihrem Traum, deshalb war sie doch geblieben. Um zu verhindern, dass es geschah. Hinter sich hörte sie schnelle Schritte immer näher kommen. „MIRA, NEIN“ es war Ejwyn der da brüllte, doch bevor seine Worte sie erreichten, lief sie los. Los um ihren Vater zu retten. Los, um die Männer zu vernichten die alles beenden wollten. Ohne Waffe und ohne irgendeinen Plan, rannte sie auf die Beiden Menschen zu, die sich zu freuen schienen, das Mira so bereitwillig angelaufen kam. „NEIN, Mira, bleib stehen. Halt aaaaaan.“ Ejwyns Stimme klang verzweifelt, doch Mira war taub in ihrer Entschlossenheit, diesem Drama ein anderes Ende zu geben, als dass, was sie gesehen hatte. Die Männer grinsten hämisch, und kamen einen Schritt auf Mira zu. Sie waren erfreut, Mira so einfach zu bekommen, das sah man ihren, von Hass geprägten Augen an. Doch wie sie auf Mira zukamen, gaben sie die Sicht auf etwas frei, was Miras Herz zerspringen ließ. Auf dem Boden lag Meenu, zusammengesunken und in seinem eigenen Blut, mit seinem eigenen Schwert in der Brust. Mira stockte der Atem; Sie war taub und blind vor Schmerz und Wut und Verzweiflung, doch sie lief weiter und weiter, immer tiefer ins Verderben, welches sie erwartete, was sie auch wusste Mit einer einzigen, gewaltigen Druckwelle wurde sie plötzlich zurückgeschleudert und prallte gegen eine Hauswand. Sie spürte warmes Blut an ihrem Hinterkopf und wie die Bewusstlosigkeit sie zu übermannen drohte. Doch sie wollte nich bewusstlos werden, sie wollte ihren Vater rächen und sie wollte dem Hass freien Lauf lassen, der sie jetzt einholte. Mit einem siegessicheren Grinsen kamen die schwarzen Männer immer näher und Mira ahnte, dass das ihr Ende sein würde, wenn nicht einwunder geschah. Diese Druckwelle, die die Männer ausgelöst hatten, waren nicht menschlich, und wie sollte sie einen Kampf gegen nicht-menschliche Wesen gewinnen? Sie schloss die Augen und wartete auf ihren Niedergang. Wie konnte sie auch nur so dumm sein… Sie hatte alle in Gefahr gebracht, wegen ihr starben Menschen. Wäre sie nur gegangen, als man es ihr gesagt hatte. Sogar im Traum hatte man sie drauf hingewiesen, und jetzt war es zu spät.. Ein klirren von Metall auf Metall, ließ sie die Augen ein letztes Mal öffnen. Vor ihr stand Ejwyn. Die Beine gespreizt und das Schwert gegen das des Gegners gestemmt. Beide Hände hatten den Griff fest umschlossen und seine Gesicht zeigten sture Entschlossenheit. Mit einem letzten Danke auf den Lippen, sank sie in die Bewusstlosigkeit, die nun triumphierte. In ihrem Delirium phantasierte sie von Energie- und Feuerkugeln, die durch die anbrechende Nacht schossen, sie träumte von Blut und von dem Sieg eines Einzelnen Kriegers. Der Sieg eines Einzelnen. Wer war diese Einzelne. Ejwyn? Ejwyn! Mit einem Ruck öffnete sie ihre Augen. Sie sah sich um, verstand nicht sofort was geschehen war, doch sie sah die Folgen. Zerstörte Häuser, brennende Dächer und verängstigte Bewohner. Mira rappelte sich auf, sah sich um und konnte es nicht fassen. Ihr Kleid war an zwei Stellen gerissen und das Blut an ihrem Hinterkopf begann zu gerinnen. Das Denken in ihren Traum, es war kein Hirngespinst - es war Realität. Etwas weiter vor ihr lagen zwei Gestalten auf dem Boden - und sie waren tot. Ein Einzelner hatte gesiegt und es war Ejwyn. Wo war er? Wankend stakste sie vorwärts, in ihrem Kopf hämmerte es wie wild und die Welt drehte sich um sie herum. Sie konnte es alles einfach nich fassen … wieso passierte ihr so etwas? Sie wankte weiter über den Platz. Inzwischen war der Himmel blutrot gefärbt. Nichts war von ihrer alten, vertrauten Umgebung geblieben. Um sich herum sah sie nur noch die zerstörten Häuser und Strassen. Verwirrt drehte sie sich um ihre eigene Achse und das Chaos zu betrachten, welches ihr Dorf heimgesucht hatte. Der dunkelrote Himmel ging mehr und mehr ins Schwarze über und die Nacht begann herein zu brechen. Noch immer drehte sie sich um sich selbst, um jedes Detail dieser Zerstörung zu erfassen Ein paar Schritte von ihr entfernt kniete Ejwyn. Er, der sie gewarnt hatte, und ihr gesagt hatte, sie solle gehen, niemanden in Gefahr bringen. Sie war ja so blind. Er hielt sein Schwert fest umklammert, an der Klinge lief noch frisches Blut hinab und bildete am Boden eine kleine Pfütze. Plötzlich schlug er die Augen auf, die er bis eben geschlossen hatte und sah sie mit festem Blick an. „Ich habe dich gewarnt“ Seine Stimme war kalt. „Sieh dir an, was du getan hast – es ist deine Schuld“ Mira begann zu zittern, ihr Inneres schien sich gegen diese Vorwürfe erheben zu wollen, doch ihr Verstand wusste, dass er Recht hatte, es war ja ihre Schuld. Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln und sie sah Ejwyn an, als wollte sie ihm sagen, wie sehr ihr alles Leid tat. Sie sah nun in die Richtung, in die Ejwyn zeigte. Auch die Menschen die sich versteckt hatten, kamen dichter heran, um etwas zu sehen, was außerhalb Miras Sichtbereiches lag. Alle machten eine großen Bogen um die zwei toten Männer, die gekommen waren um den Frieden, der hier herrschte, zunichte zu machen. Langsam näherte Mira sich dem Schauplatz Die Masse machte Platz für sie, damit sie durch kam. Einer der Bewohner klopfte ihr auf die Schulter und sah sie mitleidig an. „ Es tut mir so leid Mira“ Verwirrt sah sie in seine traurigen, alten Augen und ging weiter. Doch nicht jeder war ihr gegenüber so gesonnen. Die Meisten traten weiter zurück, mieden ihren Blick und wandten sich ab. Im Zentrum der Menschenmasse angekommen, sah sie auf den Boden. Hier lag ein Mann, zusammengekrümmt auf der Erde, als hätte er unsägliche Schmerzen. Das Gesicht nach unten gewandt und den Körper in einer Lache dunkelroten Blutes. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie kannte das dunkle Haar, das den Schopf des Mannes bedeckte. Sie kannte jeden einzelnen Flicken auf dem Umhang. Sie kannte diesen Mann besser als jeden Anderen. Denn nur einer hatte dieses Haar und diese Flicken. Es war ihr Vater - Und er war tot. „Neeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin“ Ein Schmerz durchfuhr sie, der härter war als alle Qualen dieser Welt. Heiße Tränen rannen ihr aus den Augen. Zitternd wandte sie sich von dem Anblick ab und sah zu Ejwyn, als hoffte sie, er könne es ändern oder sie aus dem Traum erwachen lassen. Doch er tat nichts dergleichen. Stattdessen neigte er den Kopf etwas nach links, und deutete auf einen weiteren leblosen Körper um den sich weitere Bewohner bemühten. Meenu. Sie wusste schon das er tot war, eh man das Schwert in seiner Brust sehen konnte. Ihre Bewusstlosigkeit hatte es sie vergessen lassen, doch sie wusste es. Mira sackte zusammen. Heillos begann sie zu schluchzen und dicke Tränen quollen aus ihren großen Augen. Sie konnte nicht einmal ihren toten Vater in die Arme schließen oder Meenu, der ihr so sehr am Herzen gelegen hatte. Sie war zu fassungslos, um überhaupt irgendetwas zu tun Mit tränennassem Gesicht sah sie zu Ejwyn, der grade dabei war, sich hoch zu hieven. Sie wollte nicht mehr. Sie wollte nur noch aufwachen und Meenu und ihren Vater in den Arm nehmen, doch sie konnte nicht. Es war ihr nicht gegönnt, von vorne anzufangen, es besser zu machen. „Wieso?“ fragte sie verzweifelt in die Nacht. Man sah nur noch Schatten über die Strassen laufen und da wo Ejwyn eben noch stand, war nichts mehr. Da legte sich eine große, schmale Hand auf ihre Schulter und sie sah auf. Die Tränen liefen an ihrem Hals hinab und vermischten sich mit ihrem Blut. Über ihr stand Ejwyn. Er hatte ein blutverschmiertes Gesicht und Wunden an Händen und Armen. „Es ist zu spät“. Er sah auf sie hinab, nahm ihre Hand und zog sie auf die Beine. „Wir müssen jetzt gehen, wir hätten schon vor langer Zeit gehen sollen.“ Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu und er zog sie mit sich. Noch einmal wandte Mira ihren Kopf zurück und sah grade noch so, im Licht des Mondes, wie die Bewohner ihre zwei letzten geliebten Menschen davon trugen, bedeckt mit weißen Laken, die sich langsam Dunkel färbten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)