Begrabt die Götter von In-Genius (Ihr glaubt, nur töten wäre schwer, doch wo kommen all die Toten her?) ================================================================================ Kapitel 5: You Don't Know ------------------------- Mit geweiteten Augen und ungläubigen Blick sah Zoro in die Dunkelheit der Nacht hinaus. Wie sollte er all das seinen Freunden erklären? „Du hast nur einen Tag Zeit und nur einen Versuch…“, hallte es leise mit tiefer Stimme in seinem Ohr. „Einen Tag? Einen Versuch?“, flüsterte er. Das konnte nicht deren Ernst sein. Wie sollte er an einem einzigen Tag seinen Freunden all das begreiflich machen? Und auch noch in nur einem einzigen Versuch? Wie sollte das gehen? Schwer erhob er sich, stutzte einen Augenblick. Sein Körper war so kräftig wie eh und je, er verspürte keinen Hunger mehr, keine Erschöpfung in seinen Gliedern. Aber das freute ihn nicht. Lieber würde er sein Leben lang hungern, als sein Leben seinen Freunden erklären zu müssen. Langsam kletterte er den Mast hinunter in ihr Jungenschlafzimmer. Seine Freunde schnarchten und schliefen. Es musste mitten in der Nacht sein. Schweren Herzens legte auch er sich schlafen, zumindest in seine Hängematte. Doch seine Augen fielen nicht zu. Seine Gedanken hafteten an der Erklärung, die er abgeben sollte – und nicht wusste, wie. Wie eine Ewigkeit später, auch wenn es nur wenige Stunden waren, hörte Zoro Sanji aufstehen, sah dem blonden Smutje dabei zu, wie er seine sieben Sachen zusammen suchte und den Mast hinauf an Deck kletterte. Der Alltag brach wieder an und Sonnenstrahlen schienen durch die Luken und Bullaugen. Es würde ein schöner Tag werden, wenn Zoros Gefühl ihn nicht betrog. Aber was half ihm das? Das Frühstück kam und ging. Zoro konnte sich nicht dazu durchringen, seine Stimme zu erheben. Er nickte nur, als Chopper ihn darauf ansprach, dass er wieder aß. Er hatte nun seine Strafe, was sollte er sich dann noch selbst bestrafen? Sorgenvolle und beunruhigte Blicke trafen ihn, aber auch erleichterte und kein Wort fiel mehr über ihn. Er hatte selten in seinem Leben Angst gehabt, weder in seinem alten noch in seinem neuen. Doch jetzt hatte er Angst. Er wollte seine Freunde nicht verlassen. Nicht zu dieser Zeit. Der Morgen verging ausgesprochen ereignislos. Ruffy, Lysop und Chopper versuchten etwas für das Mittagessen zu fangen und scheiterten kläglich. Sanji werkelte in seiner Kombüse umher und die Mädchen machten ebenso das, was sie am meisten taten. Zoro stand an der Reling und starrte auf das Meer hinaus, genoss die Brise frischen Seewindes auf seinem Gesicht und hoffte, der Tag möge niemals enden. Aber das hoffte er wahrscheinlich vergebens. Der köstliche Geruch des Mittagessens kitzelte schon bald seine Nase und Sanjis Stimme, die zum Essen rief, umspielte sein Ohr. Er stieß sich von der Reling ab, seufzte und schlich in die Kombüse. Wenn er es jetzt nicht erklärte, würde er unverrichteter Dinge verschwinden müssen. Das wollte er am allerwenigsten. Einen Moment stand er in der Tür, war der letzte, der die Kombüse betrat und sah seinen Kameraden zu, wie sie um das Essen kämpften, lachten und nichts ahnend ihr Leben lebten. „Willst du dich nicht setzen, Zoro?“, fragte Chopper, „Du siehst wieder richtig gesund und kräftig aus.“ Zoro nickte nur leicht und setzte sich, schlug Ruffys Hand weg, die Choppers Essen klauen wollte. Der Kleine passte nicht immer auf. „Ist mir auch schon aufgefallen…“, antwortete er schließlich und die gesamte Crew war erstaunt, seine Stimme wieder zu hören. „Oh! Hat der Herr sein Schweigegelübde gebrochen?“, fragte Sanji ironisch, aber merkbar erleichtert. „So ähnlich…“, Zoro nahm einen Bissen von dem köstlichen Mahl. Sanji war wahrlich ein Meisterkoch, auch wenn er ihm das nie so gesagt hatte. „Möchtest du über etwas mit uns reden, Herr Schwertkämpfer?“, fragte Robin, sah ihn mit forschendem und suchendem Blick an. Zoro sah sie einen Augenblick an. Robin hatte wirklich einen guten Instinkt oder Menschenkenntnis. Was auch immer es genau war, man konnte es bewundern. Sie war ausgesprochen klug und achtete auf jedes Detail. Er nickte leicht: „Wenn ihr mir einen Augenblick zu hören könntet…“ „Hast du was?“, fragte Ruffy mit vollen Wangen und Saucenspritzer verteilten sich über dem ganzen Tisch, aber er stockte in seinem Essenswahnsinn. Zoro lies seine Gabel sinken. Eigentlich wäre ihm nach dem Essen lieber gewesen, aber er brachte es am besten so schnell wie möglich hinter sich. „Erinnert ihr euch an die Soldaten? Vor vier Wochen oder so? Die einfach so tot umgefallen sind?“, fragte er sie, es war mehr eine rhetorische Frage. Sie nickten: „Schon, wieso?“ Zoro holte tief Luft: „Weil… Ich muss euch etwas erklären… Etwas sehr Wichtiges.“ Er machte eine Pause, suchte die richtigen Worte. „Schieß los“, forderte Ruffy ihn auf. „Das is’ nicht so einfach… Ich… Es war meine Schuld, dass sie so plötzlich gestorben sind.“ „Deine? Wieso?“ „Wie willste das denn angestellt haben, Marimo? Mit einem Schwert klauste ’nem Baby nicht mal seinen Lolli“, warf Sanji ein. Zoro schüttelte leicht den Kopf: „Das hat nichts mit Schwertern zu tun. Es ist… wir nennen es Gabe. Ich konnte das schon von Geburt an. Aber… Ich hab geschworen, diese Gabe nicht zu nutzen, so lange ich als Mensch lebe… Da brach ich diesen Schwur.“ Einen Moment herrschte Stille und Verwirrung unter ihnen. „Wovon redest du, Mann?“, Sanji war sichtlich verwirrt, wie auch Lysop und Chopper und Nami. „Du hast einen Schwur gebrochen?“, fragte Ruffy, „Wieso?“ „Um euer Leben zu retten. Wir hätten der Marine nicht anders entkommen können…“ „Wir wären da schon irgendwie rausgekommen. Kommen wir doch jedes Mal“, erklärte Ruffy, „Dafür musst du keinen Schwur brechen.“ „Was auch immer – Was is’ ’n das überhaupt für eine ’Gabe’“, fragte Sanji. Zoro seufzte: „Eigentlich soll ich mit ihr Sterbenden den Tod erleichtern, ihn ihnen bringen. Ich soll sie einsammeln und ins Reich der Toten bringen, wo sie ihr weiteres Schicksal abwarten…“ „… Du bringst den Tod?“, fragte Nami, seine Aussage zusammenfassend. Er nickte: „Eigentlich, ja.“ „Du… Du – bist der Tod?“, rief Lysop aus, wurde hysterisch. Er teilte sich mit dem Tod ein Schiff. Eine Kajüte. Atmete dieselbe Luft. Lebte direkt neben dem Tod! Was für eine grausige Vorstellung. „Du hast all diese Soldaten getötet?“, fragte Chopper. Er hatte eigentlich gedacht, dass viele von ihnen nur ohnmächtig wären oder ähnliches. Er hatte nicht geglaubt, dass so viele Menschen zur selben Zeit einfach so tot umfallen könnten. Außer natürlich der Tod persönlich hatte seine Klauen im Spiel… Ängstlich sah er zu Zoro. Zoro war der Tod? Zoro seufzte. In den Augen seiner Freunde sah er Unverständnis, Angst und Panik. Sie fürchteten sich vor ihm: „Glaubt nicht, nur töten wäre schwer, irgendwo kommen doch all die Toten her.“ Ein schmales, trauriges Lächeln glitt über seine Lippen. Es war vorbei. Seine Chance war vertan und er spürte, dass sie ihn holten. Jetzt würde er sie verlassen müssen. „Macht euch nicht unnötig verrückt. Ich wollte ein menschliches Leben führen, aus welchen Gründen hab ich schon längst vergessen… Aber ich weiß jetzt, was Wünsche und Träume sind, Freunde und Abenteuer und mit euch habe ich viel gelacht, viel Spaß gehabt… Mehr kann ich mir nicht wünschen und daheim werde ich weiter trainieren, für uns der beste Schwertkämpfer werden – von meiner Welt… Habt noch viel Spaß und lebt wohl – Freunde…“ Sein letztes Wort hallte leise in der Kombüse wieder, doch sein Körper war plötzlich verschwunden, hatte sich buchstäblich in Luft aufgelöst. Seine Freunde hatten die Entscheidung getroffen, es nicht verstanden, was er versuchte zu erklären. Nun würde er seine Aufgabe antreten und die Sterbenden geleiten, ihre Schmerzen und all die Trauer teilen. Er vermisste seine Freunde unglaublich und jedes Mal, wenn er die Erde betrat um seine Opfer zu holen, hoffte er, sie mögen nicht unter ihnen sein und noch lange, lange Leben… Seine Freunde starrten auf den Platz, wo Zoro eben noch gesessen und dummes Zeug geredet hatte. Sie blinzelten, schüttelten ihre Köpfe und trauten ihren Augen nicht. Zoro war verschwunden. Hatte sich einfach so in Luft aufgelöst. „Zoro…?“ „Marimo?… Das ist nicht witzig…!“ „Äh…“ Sanjis Augen wanderten hitzig durch die Kombüse. War Zoro vielleicht einfach nur aufgestanden? Hatten sie es nicht gesehen? „Meinte… Meinte er das Ernst?“ „Ich vermute, ja…“, antwortete Robin. Ihr Verstand arbeitete fieberhaft, suchte nach einer Antwort, nach einem Hinweis auf eine Antwort. Doch sie fand nichts auch nur Annährendes. Sie hatte noch nichts Vergleichbares gesehen oder über etwas Ähnliches gelesen. „Ist er… weg? Für immer…?“, piepste Chopper, sah ängstlich in die Runde. Das war ihm nicht geheuer, ganz und gar nicht geheuer. „Und was mach ich jetzt mit seinen Schulden?“, fragte Nami, schnaubte, auch wenn das ihre letzte Sorge war. Das war unheimlich, was hier gerade geschehen war. Sanji verlies die Kombüse, sah sich auf dem Deck um: „Marimo! Das ist ’n schlechter Witz, Mann! Komm raus!“ Aber niemand antwortete ihm und es kam auch kein Zoro aus seinem Versteck. War Zoro wirklich verschwunden? Für immer? Das konnte doch nicht sein. Kein Mensch löste sich einfach so in Luft auf. „Ist er wirklich der Tod?“, fragte Chopper, saß mit den anderen noch in der Kombüse. „Keine Ahnung…“, antwortete Nami, fragte sich das Gleiche. Auch wenn sie sich das nicht vorstellen konnte, sie hatten schon viele unvorstellbare Dinge erlebt. „Ist doch auch nicht so wichtig“, erklärte Ruffy, „Er ist doch unser Freund…“ „Und wo ist er jetzt?“, fragte Sanji. Er wollte nicht, dass Zoro fort war, sie einfach so verließ. Er mochte die alberne Mooskugel und selbst wenn er der Tod sein sollte, wäre ihm das auch egal. Zoro war Zoro und er mochte Zoro einfach sehr. Wie er immer die Ruhe behielt, der Fels in der Brandung war und im Kampf Feuer und Flamme wurde, keinen Gegner verschonte und ihn immer wieder zur Weißglut trieb. Er wollte ihm die Faulheit aus dem Körper treiben und seine Kargheit war manchmal schwer zu ertragen – aber für all das war er Roronoa Zoro, mit dem Sanji immer über die Meere segeln würde… „Weg“, erklärte Robin und fand noch immer keine Erklärung. Zoros Worte machten für sie keinen Sinn, auch wenn sie wusste, dass der Schwertkämpfer nie etwas ohne Sinn oder Hintergrund sagte. Er war kein Mann großer Worte, aber manch weises Wort war schon über seine Lippen gekommen. Immer loyal, auch ihr gegenüber, wo er ihr nur so schwer getraut hatte. „Wo ist er denn hin, wenn er nicht hier ist?“, fragte Chopper, sah sich ängstlich um, suchte Zoro. Er hatte den Schwertkämpfer immer für seine Stärke und seinen Mut bewundert, für seine Zielstrebigkeit und selbst wenn er der Tod war, war Zoro immer nett und fair, wenn auch etwas ruppig. Aber er ließ nie jemanden zurück und kümmerte und sorgte sich um alle, auf seine eigene Art. „Vielleicht ist er im Land der Monster und Tode unter dem Meeresgrund und…“, wollte Lysop sich schon eine gruselige Geschichte ausdenken, doch unterbrach er sich selbst. Zoro war kein Monster. Er war vielleicht Angst einflößend, gefährlich und unberechenbar, aber kein Monster, keine Tötungsmaschine. Zwar hatte er regelmäßig Angst vor Zoro, aber er wusste ganz genau, dass er das nicht brauchte. Zoro kämpfte gerne und auch gerne wie ein Berserker, aber nicht gegen jeden, schon gar nicht gegen Freunde. „Idiot…“, murmelte Nami und sah auf Zoros Platz. Wie konnte er nur plötzlich einfach so verschwinden und sie alle so im Unklaren lassen? Schwafelte sich irgendeinen Mist zusammen, den keiner von ihnen verstand und verschwand dann einfach. Auch wenn sie ihn immer angeschrieen hatte und ihn so oft auf den Mond gewünscht hatte, war er doch eine unverzichtbare Stützte ihrer Crew. So wie jeder einzelne es von ihnen war. Zwar wusste sie manchmal nicht, wie jemand, der so mundfaul war, einen so auf die Palme bringen konnte, aber jeder hatte sein Talent. Und sie brauchten ihn. Er war ihr Freund. Ruffy zuckte leicht mit den Schultern. Die Vergangenheit seiner Freunde war ihm nie wichtig gewesen. Was zählte war das Hier und Jetzt. Nur das Zoro seinen Schwur gebrochen hat, konnte er nicht verstehen. Versprechen leiteten ihr Leben, trieben sie an – und dann brach er eines? „Vielleicht wird er jetzt dafür bestraft, dass er seinen Schwur brach…?“, schlug Ruffy vor, sah seine Freunde an. Sein Blick blieb an Sanji hängen, der leise zischte: „Schwachkopf. So was unnötiges…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)