Begrabt die Götter von In-Genius (Ihr glaubt, nur töten wäre schwer, doch wo kommen all die Toten her?) ================================================================================ Kapitel 4: Role Model --------------------- „Frater Mortis… Ich habe schlechte Nachrichten für dich“, flüsterte ihm eine seichte Stimme zu und Zoro wusste, was sie ihm sagen würde. Er nickte nur leicht und sah zu seinen Freunden, die sich ihres Lebens freuten und Karten spielten. Bald vier Wochen haben die Alten und Weisen gebraucht, um eine Entscheidung zu fällen. Jetzt würden sie ihm den Prozess machen, er müsste sich auch vor ihnen rechtfertigen. Ungehört seufzte er und verlies die Kerzenerleuchtete Kombüse. Er zog sich in eine dunkle Ecke des Schiffes zurück und hoffte auf das Beste… „Mors! Du wirst beschuldigt deinen Schwur gebrochen zu haben um Menschen zu retten!“, donnerte ihm eine strenge Stimme entgegen, kaum dass er all das Weiß wieder sah. Er senkte sein Haupt: „Ich weiß, Pater Puniens.“ „Du weißt, dass darauf die höchsten Strafen stehen?“ Er nickte leicht: „Ita. Ja, ich weiß.“ Zoro sah auf, blickte zu den fünf mächtigen Gestalten empor, die ihn wie Mauern überragten. Ihre dunklen, blauen Gewänder leuchteten fast schwarz in dieser unwirklichen Welt aus allem weißen, wabernden Licht. „Ich bitte um Vergebung, Domini Propitii.“ „Und was glaubst du, werden wir nun mit dir tun müssen?“, fragte ein anderer. „Mich bestrafen? Nach alten Sitten und Regeln? Wie es immer Brauch ist und sein wird?“, fragte Zoro und wusste, alles, was er sich bisher hart erkämpft hatte, würde mit einem Schlag zerstört werden. Die fünf Großen nickten einstimmig: „Zu Recht. Du hast uns, deine Familie und dein eigenes Wort hintergangen. Das können wir nicht dulden!“ „Scio“, seufzte Zoro. Das wusste er, leider. „Sonus erzählte uns, was du ihr sagtest. Willst du dich vor uns nicht rechtfertigen?“ Zoro sah auf, nickte: „Ich musste meine Freunde retten“, erklärte er mit fester Stimme, „Sie waren dem Tode näher als jemals zuvor. Ich konnte ihn schon wissend grinsen sehen. Aber das konnte ich nicht zu lassen. Es sind meine Freunde! Sie bedeuten mir alles! Und das war die einzige Möglichkeit sie zu retten!“ „Bedeuten sie dir mehr als unsere Klans? Unsere Familien? Unsere Aufgaben?“ Zoro schwieg, senkte erneut sein Haupt. Einer der Richter schnaubte: „Ich sagte es immer, es war ein Fehler, es ihm zu erlauben.“ „Wir vertrauten dir. Wir alle vertrauten dir“, belehrte ein anderer bedeutungsschwer, „Du, als Kind der Tode, hattest viel Verantwortung. Wir wissen, es muss schwer gewesen sein. Es ist keine Aufgabe für Kinder und noch kein Kind musste die Aufgabe übernehmen, den Tod über Erden zu bringen. Wir dachten, wir täten dir etwas Gutes, wenn wir dir deinen Wunsch gewährten. Doch du hast uns schmählich enttäuscht.“ Eine andere, donnernde Stimme erklärte weiter: „Ein Menschenleben wollten wir dir Zeit geben zu reifen, deine Fantasien zu verlieren und dich deiner frühen Aufgabe gewachsen zu fühlen. Ein Menschenleben solltest du die Chance bekommen all das zu erleben, was dir verwehrt bleiben würde. Niemals zuvor entschied der Rat, einen von uns zu einem Menschen zu machen. Sei es auch nur ein Leben lang. Du weißt, uns ist ein Menschenleben nicht viel wert, aber wir sahen in dir, dass es dir ungleich mehr bedeutete. Wir wollten dir ein Zeichen setzen, damit du lernen mögest, Verantwortung zu übernehmen – und dass du uns vertrauen kannst. Wir deine Lage verstehen.“ „Aber was machst du?“, fuhr es ihn wütend von der Seite an, „Noch keine zwanzig Jahre der Menschen überstanden und schon brichst du deinen Schwur. Du hast deine geborenen Fähigkeiten von Tod und Verderben eingesetzt. Zur Rettung von Menschen! Deinen Freunden!“, beißend und spöttisch trafen ihn die Worte, „Keiner von uns wird je verstehen, warum du zu den Menschen wolltest. Aber für alle, die nach dir diesen Wunsch verspüren sollten, wird er für immer verwehrt bleiben! Was auch immer du da suchtest oder wolltest, nun wirst du dich entscheiden müssen: Bist du das Kind der Tode – oder bist du ein Mensch?“ Scharf sahen ihn glühende Augen an, der dunkle Stoff raschelte und wehte fast bedrohlich. Zoro schluckte. Wie sollte er das entscheiden? Aus dem Augenwinkel sah er seine Schwester Sonus und seine Mutter Aura. Er sah auch seinen Onkel Morbus, der seine Aufgabe des Todes mit übernommen hatte, während er das Leben eines Menschen führte. Sie waren seine Familie und er liebte seine Familie, ohne Frage. Aber er liebte auch seine Freunde, seine neue Familie, seine menschliche Familie. Er wollte sie nicht verlieren, nicht ohne sie und ihre Abenteuer leben müssen. Deswegen hatte er sie doch beschützte – und damit seinen Schwur gebrochen. „Consilium Sapientias“, rief seine Schwester dazwischen, „Rat der Weißheit, bitte. Warum lasst Ihr ihn diese Entscheidung fällen? Ihr wisst so gut wie wir alle, dass er beides sein will. Er kann sich nicht entscheiden!“ „Was schlägst du vor, Sonus?“ „Überlasst die Entscheidung seinen Freunden. Wenn sie verstehen, welches Opfer er ihnen brachte nur um sie zu retten, so entlasst ihn seiner Strafe, zürnt nicht weiter. Er ist noch immer ein Kind, auch wenn er in zwanzig menschlichen Jahren so viel mehr erlebte als wir hier in der gleichen Zeit.“ Wieder schnaubte einer von ihnen: „Menschen sind Kleingeister. Wie sollen sie so etwas verstehen?“ „Lasst Mors es ihnen erklären. Und wenn er es ihnen nicht begreiflich machen kann, holt ihn hierher zurück. Das wird ihm Strafe genug sein. Glaubt mir!“ Einen Augenblick herrschte Stille, dann nickte einer nach dem anderen der mächtigen Roben: „Wir wollen auf deinen Vorschlag eingehen, Sonus. Aber Mors, denke nicht, es würde so einfach für dich werden! Wenn auch nur einer deiner sechs Freunde es nicht versteht, wirst du hierher zurückkommen, umgehend. Du wirst endlich deine Aufgabe antreten und zur Strafe wirst du den Schmerz der Sterbenden und die Trauer der Hinterbliebenen spüren. Kein menschliches Wesen darf unsere Kräfte und Gaben nutzen – auch kein Mensch, der einer von uns ist. Das hast du geschworen und das war die Bedingung für dein menschliches Leben. Für den Bruch deines Schwures wirst du die Strafe tragen, bis du verstanden hast, dass es dafür keine Rechtfertigung gibt!“ „So soll es sein, so wird es geschehen“, erklang ein Chor aus tausenden Stimmen, die das Urteil des Rates bekräftigten und offiziell werden ließen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)