Savior von Flordelis ================================================================================ Kapitel 21: Das Schicksal des Saviors ------------------------------------- So, wie versprochen folgt dieses Kapitel schneller, denn ich wollte es unbedingt schreiben. ^^ In Anbetracht des kurzen 20. Kapitels, ist dieses länger als mein eigentlicher Standard, aber ich glaube nicht, dass dies mein neuer Standard wird. XD Also, viel Spaß! ************************************************************************** Kapitel 21: Das Schicksal des Saviors Das Lager der Cetra lag still in der Morgendämmerung. Aus den relativ großen Zelten konnte man vereinzelt leises Schnarchen oder Murmeln hören. Die Tiere in den Gehegen gaben im Schlaf leise Geräusche von sich. Ein silberner Streifen am Horizont war zu sehen, aber es war nicht der Streifen wie bei einer Hoffnungsmetapher. Dieser Streifen war eher schmutzig und kalt. Das Lager war weitab von jeglicher Zivilisation, sofern sie überhaupt existierte, errichtet worden. Das Gras knickte unter seinen Füßen ab und erzeugte damit in der Stille ein ekelhaft lautes Geräusch. Er hielt inne und lauschte. Niemand schien ihn gehört zu haben, lediglich ein einsamer, wacher Chocobo gab ein leises „Kweh“ von sich. Er legte den Finger auf seinen Mund im sicheren Wissen, dass der Vogel das ohnehin nicht verstand. Dann bewegte er sich vorsichtig weiter, bei jedem auftauchenden Geräusch innehaltend. Es dauerte Ewigkeiten, bis er es endlich zu seinem Ziel geschafft hatte: Das größte Zelt des Lagers in der Mitte der Kolonie. Wie er erwartet hatte waren keine Wachen aufgestellt, aber der Eingang war mit einem kompliziert aussehenden goldenen Siegel verschlossen. Dieses Hindernis entlockte ihm allerdings nicht mehr als ein müdes Lächeln. Er griff in seine Tasche und zog eine Flasche heraus. Der Korken darauf war tief hineingedrückt worden, aber mit ein wenig Anstrengung konnte er ihn doch noch herausziehen. Neugierig roch er am Inhalt und musste sich beherrschen, vor Ekel nicht laut aufzuschreien. Der Inhalt der Flasche war einfach nur... ekelhaft! Ein besseres Wort dafür wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen. Wie sein Freund so etwas nur hatte zusammenbrauen können ohne sich dabei immer wieder übergeben zu müssen war ihm ein Rätsel. In einer raschen Bewegung spritzte er einen Teil der Flüssigkeit auf das Siegel. Das Siegel dampfte für einen Moment, dann wurde es schwarz und zerbröckelte. Zufrieden grinsend trat er ein. Obwohl es das größte Zelt war, war es am spärlichsten eingerichtet. Lediglich ein Schwertständer war in der Mitte aufgestellt. Und auf diesem Ständer thronte das, weswegen er hierher gekommen war: Ein glänzendes Schwert, in seiner Aufmachung einfach, aber angeblich äußerst machtvoll. Er griff danach und noch bevor er von einem Lichtkäfig gefangen worden war, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Das grüne Licht, das die Gitterstäbe darstellte, schmerzte nicht nur, wenn er es berührte, sondern auch vom bloßen Hinsehen. Er wusste, es gab keinen Ausweg, immerhin kannte er diese Art von Käfig. Also beschloss er, das einzig Vernünftige zu tun: Er weckte die Bewohner dieser Kolonie auf. *** „Hast du gehört, dass heute morgen ein Junge festgenommen wurde?“ Fresiya sah verärgert von dem Tisch auf, den sie gerade wischte. Der Blick ihrer braunen Augen durchbohrten den jungen Mann vor ihr regelrecht. „Was hat das mit mir zu tun?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, das würde dich interessieren. Es kommt ja nicht jeden Tag vor, dass jemand versucht, das Schwert zu stehlen.“ „Wer sollte dieses billige Blechteil schon klauen wollen?“ Fresiya schnaubte und warf ihr schwarzes Haar zurück. „Äh...“ Ohne den jungen Mann weiter zu beachten wandte sich wieder dem Tisch zu. Sie putzte still vor sich hin, während sie hörte wie ihr Besucher das Zelt verließ. Kaum war er weg, ließen ihre energischen Bewegungen ein wenig nach. Ein Dieb in ihrer Kolonie... kam er von außerhalb? Musste er eigentlich, denn wer in ihrer Kolonie sollte das Schwert klauen wollen? Jemand schlug die Zeltplane zurück. Fresiya wollte ihren Besucher gerade harsch zurechtzuweisen, als sie eine sanfte, aber bestimmende Stimme hörte: „Fres, würdest du bitte dem Gefangenen etwas zu essen bringen?“ Eigentlich war es ein Befehl, lediglich als Frage getarnt. Fresiya richtete sich auf und nickte ihrer Mutter zu. „Natürlich.“ Sie nahm ihrer Mutter das Tablett mit den Broten, dem Käse und dem Gizarsaft aus den Händen und ließ sich ganz genau erklären, wo sich das Zelt des Gefangenen befand. Schließlich verließ sie das Zelt und durchschritt die Kolonie. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie lange sie schon hier lagerten. Es war nur natürlich, dass irgendein Außenseiter sie früher oder später finden würde. Aber warum sollte ein Außenseiter ihr Schwert stehlen wollen? Diese Waffe allein brachte nichts, wenn man nicht die Relikte der anderen Cetra-Kolonien hatten. Und da diese Kolonie hier die letzte noch existierende war... waren die anderen Relikte alle in Tempeln verborgen und von Fallen geschützt. Vor dem Zelt des Gefangenen blieb Fresiya stehen. Der Wächter davor nickte knapp und ließ sie hinein. Der Gefangene lag auf dem Rücken auf dem Boden und summte vor sich hin. Er schien überhaupt nicht besorgt zu sein, sondern im Gegenteil sogar sehr gelassen. Fresiya stellte das Tablett ab und betrachtete den „Jungen“ dabei. Er musste ungefähr im selben Alter sein wie sie, also ungefähr 18 Jahre alt. Er hatte blondes, stacheliges Haar und trug eine schwarze Hose mit den dazu passenden Schuhen und einem ärmellosen schwarzen Hemd. Irgendwie kam er Fresiya bekannt vor, aber sie konnte sich einfach nicht daran erinnern woher. Der Mann richtete sich seufzend auf. „Ah, endlich etwas zu essen. Ich dachte schon, ihr lasst mich hier einfach verhungern.“ Fresiya schnaubte empört. „Verdient hättest du es ja, immerhin hast du versucht, unser Schwert zu stehlen. Wozu eigentlich? Und woher wusstest du überhaupt davon?“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er das Tablett zu sich zog, um etwas zu essen. „Du bist doch Fresiya, oder? Ich habe dich sofort erkannt.“ Sie runzelte ihre Stirn und musterte sein Gesicht noch einmal genauer. Plötzlich kam ihr entfernt ein anderes Gesicht in den Sinn. „Gladwell?“ Er grinste. „Ganz genau! Du erinnerst dich also?“ Gladwell war in ihrer Kindheit einer ihrer besten Freunde gewesen. Er hatte seine Eltern schon früh verloren und hatte deswegen viel Zeit bei Fresiyas Familie verbracht. Aber eines Tages hatte er die Gemeinschaft verlassen müssen. Sie wusste nicht, warum und wieso, aber von heute auf morgen war er weggeschickt worden. Und jetzt saß er hier vor ihr als Gefangener und aß das, was man ihm zugesprochen hatte. Und das auch noch ziemlich hastig, dabei starrte er sie andauernd von unten herauf an. „Warum hast du versucht, das Schwert zu stehlen?“, fragte Fresiya. Er hielt während des Essens inne. „Na ja, ich brauche es.“ „Aber wofür denn?“, bohrte sie weiter. „Willst du nicht lieber wissen, was ich in den letzten Jahren so gemacht habe? Die meisten anderen Menschen würden das fragen, weißt du? Oder hast du den Planeten danach gefragt?“ Sein letzter Satz war sarkastisch gemeint gewesen, doch er stach Fresiya mitten ins Herz. Tatsächlich hatte sie versucht, durch den Planeten etwas über Gladwell herauszufinden, aber der Planet hatte jegliche Antwort verweigert. Dementsprechend war sie doch etwas erleichtert, dass er lebendig und wohlauf vor ihr saß. Seine türkisfarbenen Augen trafen ihre braunen und es schien, dass er ihr bis in die Seele hinabblicken wollte. Plötzlich nickte er zufrieden und wandte sich wieder seinem Essen zu. Fresiya betrachtete ihn fragend von oben herab. Was war das nur gewesen? Gladwell schob das Tablett von sich und stand auf. „Was ist jetzt?“, fragte Fresiya. „Du kannst ohnehin nicht raus, vor dem Zelt steht eine Wache.“ „Oh, darum würde ich mir keine Sorgen machen, Fres.“ Er ließ ihr nicht einmal Zeit für eine Erwiderung. „Es ist soweit.“ Von draußen erklangen Geräusche. Metallische Geräusche, gefolgt von einem seltsamen Zischen. Sie konnte sehen, wie sich draußen eine Art Rauch ausbreitete. Überraschte Rufe wurden laut, dann hörte sie, wie verschiedene Leute in verschiedene Richtungen davonliefen. Allen Anschein nach waren weitere Eindringlinge im Lager. Fresiya zählte eins und eins zusammen. Sie sah Gladwell an. „Hat das etwas mit dir zu tun?“ Statt einer Antwort sprang er auf. Er griff nach ihrem Handgelenk und zog Fresiya, trotz ihres erbärmlichen Protestes, nach draußen. Während Gladwell sie quer durch das hektisch Lager hinter sich herzog, konnte sie ausmachen, woher der Rauch gekommen war. An einigen Stellen lagen Dosen, die vorher noch nicht dagewesen waren. Wer immer da mit Gladwell zusammenarbeitete, er war wirklich geübt bei solchen Überfällen. Fresiya sah sich um, auf der Suche nach jemandem, aber alle schienen in einem anderen Teil des Lagers zu sein. Zumindest gab es kein Feuer, also sah es nicht danach aus, als würde jemandem etwas passieren. Das erleichterte sie zumindest etwas. Eine Stimme ließ sie beide innehalten. „Glad!“ Gladwell blieb stehen und fuhr herum, Fresiya tat gezwungenermaßen dasselbe. Ein junges Mädchen lief auf sie zu. Ihr schwarzes Haar war kurzgeschnitten, sie trug lediglich Shorts und ein ärmelloses Shirt. „Glad! Alles klar?“ Er nickte. „Jap. Habt ihr das Schwert, Aya?“ „Natürlich, was denkst du denn? Und wer ist das?“ Sie deutete auf Fresiya. Gladwell grinste. „Das ist Fresiya, aber lass uns woanders weiterreden. Ab in den sicheren Unterschlupf!“ Damit zog er Fresiya weiter, Aya folgte ihnen. *** Einige Stunden später befanden sie sich in diesem „sicheren Unterschlupf“, von dem Gladwell gesprochen hatte. Es war eine heruntergekommene Ecke in einer Großstadt der Menschen, die sich angesiedelt hatten. Fresiya fand es erstaunlich, dass die Menschen so schnell vorangekommen waren. Es war doch eigentlich noch gar nicht so lange her, seit die Cetra sich gespalten hatten und es seitdem Nomaden gab (die „wahren“ Cetra) und die Siedler (die „Verräter“). An den unverputzen Wänden hingen Poster und sogar eine Weltkarte. Es war interessant, denn Fresiya hatte noch nie eine richtige Weltkarte gesehen. Im Laufe der letzten Stunden waren immer mehr Leute eingetrudelt. Nach Gladwell, Fresiya und Aya (die eigentlich Ayame hieß, wie Fresiya kurz darauf erfuhr) kam zuerst ein großer, schwarzer Mann dazu. Er warf sich sofort auf das alte Sofa, das bedrohlich unter seinem Gewicht ächzte. „Yo, das war ganz schön knapp, was?“ Aya kicherte. „Genau so knapp wie das Überleben deines Sofas, Barry.“ Der Schwarze brummte nur etwas, Fresiya bemerkte erst jetzt das Gewehr, das der große Mann neben das Sofa gelegt hatte. Er beachtete sie nicht einmal. Gladwell sagte nichts, sondern stand nur mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt. Aya deutete mit dem Kopf zu dem Schwarzen hinüber. „Das ist Barry, unser Experte für Gewehre aller Art.“ Fresiya nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Schweigend sahen sie wieder zum Eingang. Als nächstes kam eine braunhaarige Frau herein, der geschmückte Stab, mit dem sie anscheinend kämpfte, immer noch in der rechten Hand. Ihr Gesicht war schmutzig, aber anscheinend war ihre Haut normalerweise schneeweiß. Sie schien schon ein wenig älter zu sein, aber immer noch in guter Form. Erschöpft setzte sie sich auf einen freien Sessel. „Puh, wenn das vorbei ist, werde ich nicht mal mehr meinen Besen halten können.“ Sie sah zu Gladwell hinüber. „Na, Glady, du Herzensbrecher? Mal wieder ein Mädchen abgeschleppt?“ Sie zwinkerte Fresiya zu. Gladwell wandte den Kopf. „Das ist nicht die Zeit für lausige Witze, Alessandra.“ Die Frau winkte ab. „Schon gut, schon gut. War nicht so gemeint, sei doch nicht so empfindlich.“ Sie lehnte sich zurück und schloss ihre Augen. „Alessandra“, erklärte Aya, „ist unsere Magieexpertin. Sie gehörte ebenfalls einer Cetra-Kolonie an und hat bereits ein Kind.“ Fresiya strich sich eine Strähne zurück und fragte sich, weswegen sie hier war. Aber Gladwell würde im Moment nicht darauf antworten, deswegen schwieg sie und wartete auf weitere Mitglieder. Es verging einige Zeit bis die nächste Person zu ihnen stieß. Es war ein Mann mit einer wilden, roten Haarmähne. Er trug Federohrringe und auch ein Federamulett, an dem zusätzlich der Zahn eines Raubtiers hing. Er winkte allen zu. „Hallo alle zusammen.“ Seine Augen fixierten Fresiya. „He, willkommen! Ich bin Tiyer. Freut mich, dich endlich mal kennen zu lernen.“ „Was?“ Tiyer nahm Fresiyas Hand und schüttelte diese. „Ach, weißt du, Glad hat 'ne ganze Menge über dich erzählt. Mann, er ist echt-“ „Tiyer!“ Gladwells scharfer Ton ließ Tiyer sofort inne halten. Er duckte sich und schlich schuldbewusst in eine Ecke, wo eine provisorische Hängematte aufgehängt worden war. Er machte es sich auf der Matte bequem und schloss ebenfalls seine Augen. Aya schnitt eine Grimasse. „Tiyer hat den Cosmo Canyon gegründet und sich unserem Kampf um den Planeten angeschlossen.“ Fresiya empfand den kleinen Raum bereits als voll, doch Gladwell schien immer noch auf jemanden zu warten. Es verging wieder eine ganze Weile. Aya fragte Fresiya nach allem möglichen aus, auch nach dem Leben als Cetra in einer Kolonie. Es kam Fresiya so unwirklich vor, von einem ihrer „Entführer“ über ihr „früheres“ Leben ausgefragt zu werden, aber sie erzählte Aya alles, was sie wissen wollte. Ihr Gespräch brach ab, als erneut jemand hereinkam. Es war ein düster aussehender Mann, sein kurzes schwarzes Haar war ein wenig unordentlich, was aber anscheinend nur von den erlebten Strapazen herrührte. Seine rot funkelnden Augen huschten über jeden einzelnen. „Zwei fehlen noch“, stellte er schließlich fest, bevor er sich ebenfalls in eine Ecke verkroch. Sein roter Mantel wölbte sich dabei. Aya beugte sich zu Fresiya. „Das ist Darc, er ist unser Scharfschütze. Wie du merkst ist er recht düster, aber er ist auch sehr nett.“ „Verstehe.“ Diesmal dauerte es nicht ganz so lang, bis der Vorhang erneut zurückgeschlagen wurde. Und es waren sogar gleich zwei Männer, die hereinkamen. Der eine war groß, hatte schwarzes Haar, braune Augen und einen Kinnbart. Der andere hatte eine gedrungenere Statur, platinblondes Haar und wässrige blaue Augen. Aya deutete auf den schwarzhaarigen Neuankömmling. „Das ist Ron, er hat einige Kontakte, die uns immer wieder recht nützlich sind. Und der daneben ist Cedric, der Mann, der sich mit allem auskennt, was man an technischem Know-How so braucht.“ Die beiden Männer grüßten Fresiya. Bevor sie Gelegenheit hatte, den Gruß zu erwidern, trat Gladwell vor. Sofort waren alle hellwach, sämtliche Blicke waren auf ihn gerichtet. „Und wer von euch hat jetzt das Schwert?“ Darc trat vor. Er zog seinen Mantel aus, darunter kamen Bandagen zum Vorschein. Fresiya hatte das seltsame Gefühl, dass sie sich als einzige – und noch dazu unnötig – Sorgen machte, denn die anderen schmunzelten nur. Darc begann, die Bandagen zu lösen, bis hinter ihm ein Schwert klappernd zu Boden fiel. Gladwell war sofort daneben, um es aufzuheben. Fresiya konnte immer noch nicht fassen, dass sie hier mit ihrem Jugendfreund war, der nach unzähligen Jahren wieder aufgetaucht war, dass er sie kommentarlos mitgezogen hatte und dass diese Gruppe das Lager überfallen hatte, nur um dieses wertlose Schwert zu stehlen. „Was wollt ihr damit?“, fragte Fresiya. „Es ist ohne die anderen Artefakte wertlos.“ Tiyer warf ihr einen verschmitzten Blick zu. „Das wissen wir, deswegen haben wir die anderen Artefakte ja schon eingesammelt.“ Fresiya konnte nicht anders, sie musste ihre Überraschung offen ausdrücken. Sie dachte immer, niemand würde es je schaffen, die Artefakte alle einzusammeln. „Wie habt ihr das geschafft?“ „Oh, das ist eine lange Geschichte“, antwortete Alessandra. „Aber leider haben wir dafür gerade keine Zeit. Langsam wird es nämlich ernst.“ „Wa-?“ „Dafür haben wir keine Zeit!“, gab Gladwell laut zu verstehen. „Wichtiger ist, dass wir die Quelle finden, die dem Schwert die Macht gibt, die wir brauchen.“ Fresiya hob ihre Hände. „Worum geht es eigentlich? Und was soll ich hier?“ Alle sahen Gladwell betreten an, der blonde Mann verzog schmerzhaft sein Gesicht. Alessandra seufzte laut. „Glady, warum hast du ihr noch nichts erzählt?“ „Wir hatten keine Zeit. Aber wir können es ihr ja jetzt erzählen.“ Ungeduldig sah Fresiya von einem zum andern. Schließlich war es an Gladwell zu seufzen. „Also, wahrscheinlich hast du von Jenova, der Krise, die vom Himmel kam bereits gehört. Und reg dich nicht immer gleich so künstlich auf. Jenova existiert noch und versucht, diesen Planeten immer noch zu vernichten. Deswegen sind erst Alessandra, Barry und ich allein losgezogen. Dann schlossen sich uns auch die anderen an. Seitdem sind wir auf der Suche nach den Artefakten, denn angeblich können nur diese Jenova töten.“ Nach diesem Redeschwall runzelte Fresiya ihre Stirn. „Und woher wisst ihr das alles?“ Alessandra hob ihre Hand. „Von mir. Der Planet hat es mir erzählt. Aber-“ „Du kannst seine Stimme nicht mehr hören, stimmt's?“, unterbrach Fresiya sie. Dieses Phänomen kam häufiger vor, wenn ein Cetra sich aus irgendeinem Grund vom Planeten entfernte. Hatte Gladwell sie deswegen geholt? Damit er sie als Sprachrohr für den Planeten missbrauchen konnte? Er schien zu wissen, was sie dachte, denn er verteidigte sich sofort: „Ich will dich nicht als Ersatz für Alessa verwenden – zumindest nicht nur. Ich... würde es auch so schätzen, dich an unserer Seite zu wissen. Als wir noch jünger waren, warst du sehr gut im Nahkampf.“ Fresiya hob das Kinn höher. Obwohl es bei den Cetra nicht gern gesehen war, hatte sie viele Nahkampftechniken gelernt und sie konnte alles (und mehr) noch heute. Ja, in dem Punkt konnte sie bestimmt irgendwo, irgendwie hilfreich sein. Wenn dann noch ihre Cetra-Fähigkeiten dazukamen, war sie sicherlich unersetzbar – solange die Fähigkeit anhielt. „Also, machst du mit?“, fragte Gladwell hoffnungsvoll. Sie musste wieder an Tiyers Worte denken: Ach, weißt du, Glad hat 'ne ganze Menge über dich erzählt. Mann, er ist echt- Was hatte Tiyer ihr sagen wollen? Ob es das war, was sie dachte? Nein, das konnte nicht sein. Aber wie auch immer. „Ich mache mit.“ Gladwell und Aya schlugen begeistert bei dem jeweils anderem ein, auch die anderen aus der Gruppe schienen nicht gerade abgeneigt zu sein. Fresiya sah alle lächelnd an. Es schien ihr, als hätte sie bereits vergessen, dass sie am Morgen noch in der Kolonie gewesen war. *** Knapp eine Woche später standen sie in einer Höhle an Gaeas Klippe. Sie hatten den Ort mithilfe der Artefakte und durch Fresiyas Kommunikation mit dem Planeten erreicht. Allerdings ließ die Fähigkeit auch bei ihr bereits nach, die Stimme des Planeten wurde immer schwächer – oder er wollte ihr nicht mehr antworten. Vielleicht war es eine Strafe? Gladwell riss sie aus ihren Gedanken, als er vortrat. Eine glitzernde Materiaquelle war zu sehen. Aya stand neben Darc und kniff ihm immer wieder begeistert in den Arm. Ohnehin hatte Fresiya bei den beiden das Gefühl, dass mehr als Freundschaft oder Respekt zwischen ihnen herrschte. Aber sie verbargen es außerordentlich gut. Barry und die anderen sahen eher uninteressiert zu. Gladwell holte das Schwert hervor. Er hatte es extra gesäubert, das hatte Fresiya in den letzten Tagen immer wieder beobachtet. Der Blonde betrachtete die Waffe eine Weile, dann steckte er sie in die steinerne Scheide, die in der Quelle anscheinend extra für dieses Schwert da war. Aya hielt im Kneifen inne und sah gebannt hinüber. Ein helles Licht strahlte um die Klinge. Funken tanzten auf der flüssigen Materia und umspielten das Schwert mehrmals. Fresiya glaubte, einen leisen Schrei zu hören, aber sie konnte nicht genau sagen, was es war. Ob es der Planet selbst war oder sonst etwas... es kümmerte sie auch nicht. So leise der Schrei geklungen hatte, umso mehr hatte sie den Schmerz darin gespürt. Erst Gladwell lenkte sie von diesem Gedanken wieder ab. Er war einen Schritt zurückgegangen, um neben ihr stehen zu können. Er zwinkerte ihr zu, sie erwiderte es nur mit einem halbherzigen Lächeln. Mit einer letzten lautlosen Lichtexplosion endete das Spektakel. Gladwell trat wieder vor und zog das Schwert heraus. Triumphierend wandte er sich der Gruppe zu. „Es hat funktioniert!“ Er hielt die Klinge hoch. Tatsächlich sah es nun nicht mehr aus, als wäre es aus Metall, sondern aus einem viel kostbareren Metall, wie Mithril. Aya sog hörbar die Luft ein, während die anderen keine Regung zeigten. Gladwell grinste. „So, jetzt kümmern wir uns um Jenova!“ *** Aya schluchzte leise im Schlaf, Fresiya deckte sie noch einmal richtig zu und hoffte, dass sie sich damit beruhigen würde. Es war nur wenige Tage her, dass sie versucht hatten, Jenova zu töten. Es hatte nicht funktioniert, stattdessen hatten sie Alessandra verloren. Die Mutter hatte sich geopfert und ihnen damit ein unschätzbares Geschenk gemacht. Sie hatten eine Materia bekommen, die sie vor Jenovas Zauber schützen sollte. Zumindest hofften sie das. Aya hatte Alessandras Tod als Jüngste am meisten mitgenommen. Und da Gladwell beschlossen hatte, am nächsten Tag erneut Jenova anzugreifen, kamen die Erinnerungen noch einmal verstärkt in ihr hoch. Fresiya war froh gewesen, als sich Aya endlich in den Schlaf geweint hätte. Würde Darc am nächsten Morgen in den Kampf ziehen, dann würde auch Aya gehen, das war inzwischen das einzige Motiv des Mädchens, bei Darc zu sein. Der düstere Mann schien das sehr zu schätzen, er hatte immerzu ein Auge auf sie und beschütze sie, wann immer es ging. Fresiya hob den Kopf. Darc lag nur ein Bett weiter, genau wie die anderen schlief er bereits tief und fest. Lediglich Fresiya war noch wach – und Gladwell. Der blonde Mann saß im Gang und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Gaeas Klippe ragte wie ein drohender Schatten jenseits des Fensters auf. Er drehte Alessandras Materia immerzu in seiner rechten Hand herum. Fresiya setzte sich neben ihn. „He.“ Er sah sie aus ausdruckslosen Augen an. Sie vermisste den Glanz und die Freude, den Optimismus darin. „He.“ „Glad...“, sagte sie hilflos. „Es ist meine Schuld“, sagte er. „Dass Alessa tot ist, meine ich.“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Es ist nicht deine Schuld. Red dir das nicht ein.“ Er sah wieder aus dem Fenster hinaus. „Wenn wir morgen hingehen... werden noch mehr sterben. Ich weiß nicht, ob das gut ist. Vielleicht wäre es am besten, wenn ich alleine hingehe.“ Noch ein Kopfschütteln, diesmal heftiger. „Nein, wäre es nicht. Wir werden dich alle begleiten! Jeder Einzelne von uns. Wir lassen dich jetzt nicht allein.“ Sie ergriff seinen Arm und schmiegte sich dichter an ihn. „Wir glauben an dich.“ Seine rechte Hand hielt inne. „Fresiya... all die Jahre konnte ich dich nicht mehr vergessen. Nur deswegen habe ich dich aus dem Lager geholt. Der Planet hat schon lange aufgehört, mit mir zu sprechen, deswegen wusste ich nicht, wie es dir geht, was du machst oder wo du bist. Aber ich habe immer ganz genau gewusst, wie du aussiehst.“ Fresiya sah ihn schweigend an. „Und jetzt sieht es aus, als würden wir alle sterben, jetzt wo ich dich wieder bei mir habe. Und ich konnte dir nicht einmal sagen, was ich für dich empfinde.“ Fresiya lächelte sanft. „Du kannst es mir doch jetzt sagen.“ Gladwell wandte ihr den Kopf zu. In seinen Augen glitzerte etwas. Er beugte sich ein Stück vor. „Fresiya... ich... ich liebe dich.“ Er schloss seine Augen, näherte sich ihr. Sie schloss ebenfalls ihre Augen und wischte alle Gedanken beiseite. Zumindest diesen Augenblick wollte sie genießen, ohne dabei an Morgen oder an Alessandra oder an Jenova denken zu müssen. Dieser Moment gehörte nur ihr und Gladwell. *** Fresiya hielt den geschwächten Gladwell in ihren Armen. Er hatte Jenova besiegt, das vor Blut glänzende Schwert hielt er immer noch in seiner verkrampften Hand. Seine Atmung ging schnell und unregelmäßig, bei jedem Atemzug quoll weiteres rubinrotes Blut aus der Wunde an seinem Bauch. Heiße Träne flossen über Fresiyas Gesicht. „Bitte, Glad... bitte stirb nicht. Lass mich nicht allein.“ Die anderen waren alle gestorben, sie hatten sich für Gladwell geopfert, damit er den entscheidenden Schlag anbringen konnte. Er hatte es geschafft, aber um welchen Preis? Gladwell blinzelte langsam, das Leben schwand immer mehr aus seinen Augen. „Fresiya... es tut mir Leid. Ich wollte,... dass alles gut wird... aber...“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Nein, nein. Du kannst nichts dafür. Bitte, Glad...“ Er hob seine freie linke Hand und fuhr ihr über das Gesicht. „Bitte weine nicht... denk daran: Ich kehre... nur zum Planeten zurück. Irgendwann werden... wir uns wiedersehen.“ Er schloss seine Augen, sein Brustkorb hielt inne. Fresiya sah sich um. Sie befanden sich in der Höhle, in der sich auch die Materiaquelle befand. Sie hatte Gladwell noch hierher schleppen können, eine rote Spur im Schnee hinterlassend, bevor sie weinend zusammengebrochen war. Sie hob den Blonden noch einmal an und zog ihn weiter zur Quelle. Mit sanfter Gewalt löste sie dort die Klinge aus Gladwells Hand, dann legte sie den Mann auf ein kleines Plateau jenseits der Quelle. Die flüssige Materia griff sofort nach dem leblosen Körper und hüllte ihn ein. Fresiya beugte sich vor und küsste ihn ein letztes Mal auf die erkalteten Lippen. Dann sah sie auf das Schwert und dachte an Jenovas letzte Worte. Sie hatte angekündigt, dass sie wiederkommen und es noch einmal versuchen würde. Fresiya, als letzte Überlebende, fühlte sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nachkommende Generationen die Katastrophe abwenden konnte, aber was sollte sie tun? *** Die Projektion endete plötzlich. Cloud und der Rest seiner Gruppe hatte einige Probleme damit, in die Gegenwart zurückzufinden. Tifa und Cloud sahen sich an. Beide dachten dasselbe: Fresiya und Gladwell waren ein Paar... warum können wir das nicht auch sein? Aber beide verwarfen den Gedanken sofort wieder. Yuffie schniefte. „Was für eine traurige Geschichte.“ „Und was hat uns das jetzt gebracht?“, fragte Cid gereizt. Mediam schwieg, erneut erschien das Hologramm der Schneekönigin. „Das war die Geschichte des Saviors. Er starb in dieser Höhle.“ Cloud sah sich um, konnte aber nichts erkennen, was auf eine Materiaquelle schließen ließ. Er sah wieder auf das Hologramm und hoffte, dass sie endlich die Kapuze abnehmen würde, obwohl er inzwischen wusste, wer es sein musste. Auch Tifa wusste es, das konnte er spüren. Tatsächlich setzte sie plötzlich die Kapuze ab und Fresiya kam zum Vorschein. „Ich habe euch das Schwert zurückgelassen. Mein Entschluss ist gefallen, ich werde bei Gladwell bleiben. Euch, die ihr bis hierher gekommen seid, überlasse ich das Schwert und unsere Hoffnung. Ihr müsst den Feind besiegen, wer immer er auch ist.“ Das Hologramm endete abrupt. Mediam stand auf. Sie ging den anderen voraus zur rückwärtigen Wand. „Hier geht es noch weiter.“ Erneut schob sich die Wand zur Seite. Zuerst fiel Cloud das Schwert ins Auge, das in einer Materiaquelle steckte. Es war wesentlich kleiner als die Klingen, die er sonst trug, aber immer noch größer als ein normales Schwert. Erst auf den zweiten Blick bemerkte er das, was auch die anderen anstarrten. Eingeschlossen in kristallisierte Materia befanden sich zwei Personen: Gladwell und Fresiya, Hand in Hand. Der Gedanke, dass Fresiya hier gelegen hatte, bis sie von der Materia umschlossen und damit eigentlich gestorben war, versetzte ihm aus ihm unbekannten Gründen einen Stich ins Herz. Selbst Mediam war von dem Anblick berührt, aber sie gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Tifa kniete neben Fresiya, Tränen waren in ihre Augen getreten, Yuffie hockte neben ihr. Barret, Cid und Red standen etwas abseits und wirkten irgendwie deplatziert. Vincent hatte seinen Blick auf das Schwert fixiert, es schien, dass er nur versuchen wollte, den Anblick der beiden Eingeschlossenen zu verdrängen. Wenn Cloud sich richtig erinnerte, war auch Lucretia in Materia eingeschlossen. Mediam nickte Cloud zu. „Nimm das Schwert, wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Der Blonde deutete ein Kopfschütteln ein. „Nein, erst will ich wissen, wovon du redest. Was wird Topaz denn schon großartig tun, dass wir bald keine Zeit mehr haben?“ „Es geht nicht nur um Topaz – allerdings steht sie im Weg. Wenn wir sie loswerden, dann wird sich unser wahrer Feind zeigen. Wenn Topaz nicht rechtzeitig vernichtet wird, wird er seinen Plan durchführen können und... das wäre nicht gut.“ Cloud spürte irgendwie, dass sie nicht genau wusste, was dann passieren würde. Aber so wie sie es sagte, konnte er ahnen, dass sie es ernst meinte. Er nickte und trat an das Schwert. Nur zögernd griff er danach. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Seine Hand schloss sich um den Griff des Schwertes. Emotionen und Erinnerungsfetzen stürmten auf ihn ein. Orte, Menschen, Glück, Trauer – es waren so viele Sachen auf einmal, dass Cloud Probleme damit hatte, all das zu verarbeiten. Als er seine Augen wieder öffnete, hatte er das Schwert bereits in der Hand und kniete auf dem Boden. Mediam nickte ihm lächelnd zu. „Damit hast du die ultimative Waffe bekommen, die Topaz Weapon besiegen kann.“ Tifa erhob sich wieder, sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Heißt das...?“ „Bald wird alles enden“, stimmte Mediam zu. „Gehen wir zurück nach Edge, um die letzten Schritte zu besprechen.“ Sie drehte sich um und ging voraus. Die anderen folgten ihr. Lediglich Cloud und Tifa blieben noch einmal zurück, um auf das für immer schlafende Paar hinabzusehen. Die Wunde an Gladwells Seite war durch den Lebensstrom verschlossen, aber das Blut war noch zu sehen. Cloud wusste nicht, was ihn dazu bewog, aber er ergriff die Hand der neben ihm stehenden Tifa. Erleichtert stellte er fest, dass sie den Druck, den er ausübte, erwiderte. „Meinst du, sie sind jetzt zusammen, wo immer sie auch sind?“, fragte Tifa leise. Cloud sah auf ihre ineinander verschlungenen Hände und nickte. „Ganz bestimmt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)