Melancholy Requiem von Flordelis ================================================================================ Prolog: Float up from dream --------------------------- „Schizophrenie ist ein Kampf um Integration, der scheitert, weil die Kraft fehlt, die eigene Wahrheit in einer feindlichen Umwelt zu leben.“ Arno Gruen - Der Wahnsinn der Normalität ************************************ Name: Sherry Blossem Alter: 28 Jahre Beruf: Unbekannt Wohnort: Ashfield Ms. Blossem leidet eindeutig an paranoider Schizophrenie. Sie denkt, dass jeder Mensch ihr nur Böses will und sie bei jeder Gelegenheit beleidigt. Ihre Bewunderung für Serienmörder, insbesondere Walter Sullivan, erwächst wohl aus ihrem Wunsch, Menschen zu töten und zu verletzen. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Selbstverstümmelungen durch Verbrennungen, Verbrühungen und Schnitte. Da sie sowohl für sich selbst als auch für andere gefährlich ist, haben wir sie in einer Sicherheitszelle untergebracht. Quait schloss die noch dünne Akte und lief den Gang weiter. Es war sein erster Tag als Psychologe am St. Jerome Krankenhaus und diese Sherry Blossem sollte seine erste richtige Patientin sein. Schon auf der Uni hatte er das Fach Psychologie geliebt, er wollte Menschen helfen, hatte aber nicht zum Arzt getaugt, da er kein Blut sehen konnte. Polizist wie sein bester Freund oder Feuerwehrmann wie sein Vater... diese Jobs waren ihm zu gefährlich. Nein, es hatte etwas Medizinisches sein müssen. Er wollte kranken Menschen helfen, deswegen hatte er sich für die Psychologie entschieden. Und Sherry schien dabei ein ganz besonders harter Fall zu sein. Sie litt angeblich schon jahrelang an Schizophrenie, welche man bislang als einfache Depression abgetan hatte, doch die verordneten Medikamente hatten nur ihre Wahnvorstellungen verstärkt. Schließlich war sie nach Silent Hill gefahren, eine beachtliche Leistung, wenn man bedachte, dass Sherry in ihrem ganzen Leben keine Fahrschule besucht hatte. Als Ergebnis hatte sie einen Unfall gebaut. Besorgte Autofahrer hatten das Wrack gesehen und nach dem Fahrer gesucht. Die junge Frau hatte in einem Gebüsch in der Nähe gelegen. Unverletzt, nur mit kleinen Kratzern an Arme, Beinen und Händen. Was war geschehen? Was wollte sie überhaupt in Silent Hill? Das wollte Quait im Gespräch mit Sherry herausfinden. Silent Hill... er hatte von dieser Stadt gehört. Sie war ein Paradies für alle Touristen, die ihre Ruhe in einem verschlafenen kleinen Städtchen suchten. Aber das war schon lange her. Inzwischen lebten nur noch wenige Leute dort, meistens Anhänger irgend eines religiösen Kultes. Angeblich gab es Besucher der Stadt, die berichteten, seltsame Kreaturen im Nebel gesehen zu haben. Aber während des Studiums hatte Quait gelernt, dass der Nebel einem die seltsamsten Sachen vorgaukeln konnte – besonders in Verbindung mit Alkohol oder Drogen. Eine Weile hatte Quait überlegt, selbst in diese Stadt zu fahren, aber etwas in ihm hatte sich dermaßen dagegen gesträubt, dass ihm stets irgend etwas anderes eingefallen war, was er noch zu tun gehabt hatte. Außerdem hatte er im Internet gelesen, dass nichts mehr von dem alten Charme übrig war. Es war nur noch eine unheimliche, vernebelte Stadt, in der auch sämtliche Läden geschlossen sind. Helles Licht fiel auf den Flur und malte ein schönes Muster auf dem Boden. Einige Patienten saßen im Aufenthaltsraum und spielten miteinander Brettspiele, andere saßen in ihren Zimmern, bei geöffneten Türen. Dies war der „normale“ Flügel, für jene Patienten, die für niemanden gefährlich waren. Er war erst seit einer Woche hier, hatte aber bereits mit einigen dieser Patienten Kontakt gehabt. Manche waren erschreckend normal gewesen, so dass er sich gefragt hatte, weswegen sie wohl hier waren. Aber niemand hatte es ihm gesagt. Und selber in den Akten zu schnüffeln, traute er sich noch nicht, dafür war er noch zu frisch. Vor einer Tür mit Milchglas blieb er stehen. Der Gang dahinter war dunkel, er führte in den Trakt mit den Sicherheitszellen (einfache Leute nannten das auch „Gummizelle“). Nicht-authorisierte Leute durften nicht durch die Tür hindurchgehen, deswegen war sie stets verschlossen. Öffnen konnte man sie nur mit einem dementsprechenden Ausweis. Und nach diesem suchte Quait gerade in seinen Taschen. Er neigte dazu, Dinge zu vergessen und es hätte ihn nicht gewundert, wenn dieses Stück Plastik auch dazu gehört hätte. Nein, er hatte Glück. Er fand die Karte in seiner hinteren Hosentasche, zusammen mit seinem Mitgliedsausweis der Videothek, welchen er allerdings gleich wieder einsteckte. Quait hielt den Ausweis vor den kleinen Scanner und wartete so lange, bis das summende Geräusch ertönte, welches die Türöffnung ankündigte. Rachel, eine Krankenschwester, die im Hospital arbeitete, hatte ihm das gezeigt. Sie hatte ihn an seinem ersten Tag herumgeführt und war auch in der gesamten ersten Woche an seiner Seite. Auch jetzt galt noch, so hatte man es ihm eingebläut, dass er zu Rachel gehen sollte, wenn er ein Problem oder eine Frage hatte. Die Nummer ihres Biepers hatte er schon auswendig gelernt. Kaum hatte sich die Tür hinter Quait wieder geschlossen, sprang eine sanfte Nachtbeleuchteung an. Dieser Teil des Traktes verfügte über keine Fenster und in diesem kurzen Stück zwischen normalen Zimmern und Sicherheitszellen war die Luft stets stickig. Erst als Quait in den Raum des Wächters kam, wurde die Luft wieder angenehm. Zwar gab es auch hier keine Fenster, aber immerhin ein großer Ventilator und einen Anschluss an den Lüftungsschacht. Quait fragte sich oft, warum man das so gebaut hatte, aber eine Antwort hatte ihm niemand gegeben. Der Wächterraum war karg eingerichtet, im Vergleich zu dem sonst großzügig platzierten Mobiliar im Rest des Krankenhauses. Vielleicht lag es daran, dass keine „reichen“ Patienten in die Zellen kamen – oder es hier keine Besucher gab. Obwohl sie in der gefährlich-psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses waren, gab es nur wenig Wachpersonal. Es waren insgesamt drei Männer im mittleren Alter, die sich nach Dienstplan abwechselten. Sie waren keine geschulten Pflegekräfte, beherrschte die Erste-Hilfe jedoch im Schlaf. Wenn etwas Akutes war, riefen sie Ärzte und Pfleger und kümmerten sich dann um die Erste-Hilfe. Vor dem großen Ventilator (welcher wiederum hinter einem Gitter angebracht war) stand ein einfacher Schreibtisch auf dem Bücher und Blätter verstreut lagen. Hier unten gab es keinen Computer, Licht spendete lediglich eine veraltete Leselampe auf dem Tisch. Dahinter saß wieder einmal einer der älteren Wachmänner. Anscheinend suchten sie schon länger einen jüngeren Mann für den Job, aber kaum jemand hielt das länger aus als einen Monat. Sogar für ihn, Quait, liefen schon Wetten, wann er wieder aufgeben würde. Der Wächter sah von seinem Comic auf (es gab reichlich wenig zu tun). „Oh, Sie sind Dr. Quait, nicht wahr? Man hat mir gesagt, dass sie heute wegen Nr. 4 kommen würden.“ „Nr. 4?“, fragte Quait nachdenklich. „Ich merke mir die Patienten nicht vom Namen her, sondern nur von den Nummern ihrer Zellen. Bei dem Kommen und Gehen...“ Quait runzelte missbilligend seine Stirn. Er hasste dieses Denken, schon bei seinem Professor an der Uni hatte es ihn gestört, dass immer mehr Ärzte Patienten nur noch als Nummern oder Krankheiten sahen und nicht als Menschen. Der Wachmann legte seinen Comic beiseite und holte Klemmbrett und Kugelschreiber hervor. Auf dem Brett war eine Liste befestigt, auf welcher die „Besucher“ sich eintragen mussten. Rachel hatte ihm bereits letzte Woche gezeigt, wie das ging, deswegen brauchte er auch keine weiteren Erklärungen, als er seinen Namen und seine Personalnummer eintrug. Der Wachmann fügte noch Datum und Uhrzeit der Ankunft hinzu. Dann erhob er sich ächzend von seinem Stuhl und trat an die Stahltür. Die massive Tür führte in einen weiteren Gang, in dem die eigentlichen Zellen waren. Er öffnete die Tür mit einem großen Schlüssel. „Sie wissen ja, wie's läuft. Gehen Sie nicht zu nah an die anderen Zellen, wenn Sie Probleme haben, gibt es einen Notruf in der Zelle. Die Türen da drin öffnen Sie mit Ihrem eigenen Schlüssel.“ „In Ordnung.“ Quait trat in den Gang. Dieser war düster und wirkte übermäßig bedrohlich. Am anderen Ende des Ganges drehte sich noch ein großer Ventilator. Es roch nach altem Blut und Exkrementen, hin und wieder war ein leises Stöhnen zu hören oder ein plötzlicher Schrei, meist gefolgt von einem Körper, der sich gegen die Wand oder eine Tür warf. In so einer Atmosphäre konnte man nicht gesund werden. Quait zog seinen Schlüssel heraus und schloss Zelle 4 auf. Als erstes fiel ihm etwas an der Wand auf. Jemand hatte mit Blut die Worte „Walter wird kommen und mich mit sich nehmen“ darauf geschrieben. Er erinnerte sich, dass Rachel ihm erzählt hatte, was geschehen war. Sherry hatte sich die Pulsadern aufgebissen und die Worte geschrieben, dann hatte sie Hilfe für sich gerufen. Sie hatte nicht vorgehabt, sich umzubringen. Sein Blick fiel auf die junge Frau, welche mit angezogenen Beinen in der Ecke saß. Sie sah so normal aus, dass Quait sich fragte, ob der Inhalt ihrer Akte wirklich stimmte. Ihre schwarzen Haare waren kurz und glänzten fettig, ihre braunen Augen hatten den Lebenswillen verloren. Der Verband um ihren verletzten Arm war locker, aber die Wunde selbst war geschlossen. Der weiße Kittel, den sie trug, war die Standard-Kleidung für Sicherheitspatienten. Sie hob ihren Kopf und musterte ihn fragend. Besonders an seinem blonden Haar blieb sie hängen. Es war ihm ein wenig unangenehm, besonders da in ihrem Blick nichts lag, was auf Emotionen hindeuten ließ. Es war als ob einen tote Augen ansahen. Quait setzte sich auf das Bett. Es war ungemütlich und sicherlich nicht dafür geeignet, einen schönen Schlaf zu haben. „Sherry, ich bin Dr. Richard Quait.“ „Sie riechen nicht wie ein Arzt.“ Ihre Stimme klang heiser als ob sie schon lange nicht mehr gesprochen hätte. Aber ihre Aussage verwirrte ihn ein wenig. „Was meinst du damit?“ Rachel hatte ihm erklärt, dass Sherry lieber geduzt werden wollte. Also hatte er beschlossen, dass auch zu tun – in der Hoffnung, dass sie ihm mehr vertrauen würde. „Ärzte riechen anders. Sie sind neu, nicht wahr?“ „Das ist richtig. Also, Sherry, weißt du, weswegen ich hier bin?“ Sie legte ihren Kopf schräg. „Es geht um Greg, oder? Und Walter...“ „Wieder richtig. Denkst du, du kannst mit mir darüber reden, was geschehen ist?“ Ihr Blick ging nervös von einer Seite zur anderen. Dann fixierte sie ihn wieder. „Natürlich kann ich das, aber Sie werden mir nicht glauben. Alle sagen, ich habe mir das nur eingebildet.“ Quait zog einen Stift hervor. Die Akte legte er beiseite, nur sein eigenes Klemmbrett mit seinem Block behielt er in der linken Hand. Es war alles noch neu, er hatte es von seinem Vater zum Abschluss bekommen. Sherry sah an die Decke. „Es ist wie ein... Traum. Es ist als müsste ich erst aus diesem auftauchen... Aber die Ereignisse in Silent Hill und alles davor war kein Traum...“ „Sherry, wenn ich dich nochmal unterbrechen darf... warum hast du das an die Wand geschrieben?“ Sie berührte die Worte liebevoll, fast zärtlich. „Damit ich es nicht vergesse, auch wenn ich eure Drogen nehme. Und damit ich weiter daran glauben kann...“ „Okay... Gut, dann erzähl mir von Silent Hill und von Walter. Was ist geschehen?“ Sherry schloss ihre Augen wieder, ihr Gesicht nahm einen entspannten Ausdruck an. „Schon seit ich klein bin habe ich das Gefühl, dass alle mich hassen, mich verfolgen und meine Gedanken steuern wollen. Je älter ich wurde desto schlimmer wurde meine Krankheit auch. Aber mein Arzt bescheinigte mir nur Depressionen und gab mir entsprechende Medikamente. Diese wiederum sorgten nur dafür, dass meine Wahnvorstellungen stärker wurden. Ich zog mich immer mehr von meiner Familie zurück und igelte mich in meinem Apartment ein.“ Quait hielt in seinen Notizen inne. Dafür, dass sie „angeblich“ schizophren war, drückte sie sich erstaunlich klar und mit gewählten Worten aus. Vielleicht hatte sie extra hart daran gearbeitet. Sie musterte ihn fragend. „Was?“ „Ich habe mich nur über deine Sprache gewundert. Aber egal, mach nur weiter.“ Sie nickte. Quait fiel auf, dass ihre Augen plötzlich von leidenschaftlicher Melancholie erfüllt waren. „Es war vor einem Monat... an diesem Abend wollte ich zu Hause allein einen Film ansehen, aber...“ Quait blinzelte verwirrt. Während sie erzählte, schien es ihm als könne er sehen, was sie gesehen hatte... ****************** Soviel zum Prolog. Im ersten Kapitel erfahren wir, wie Sherrys "Abenteuer" angefangen hat. Im Übrigen verwende ich für die Kapiteltitel die Tracktitel der OSTs des Spiels, deswegen sind sie englisch. Das erleichtert mir die Sache ein wenig. ^^ Natürlich beziehen sich die Titel dennoch auf den eigentlichen Inhalt. So, ich geh dann mal weitermachen. Kapitel 1: What a nightmare --------------------------- Es war dunkel. Sie hasste die Dunkelheit und das schon immer. In den vom Licht verlassenen Ecken konnte sich alles mögliche verstecken. Alles mögliche, das einem etwas antun konnte. Aber hier war es noch schlimmer. Sie sah absolut gar nichts, nicht mal ihre eigene Hand direkt vor ihren Augen. In der Ferne konnte sie unmenschliche Schreie hören, in der Luft lag der ekelhaft süßliche Verwesungsgeruch. Wo war sie hier nur gelandet? Sie durchsuchte ihre Taschen und stellte plötzlich fest, dass sie eine dünne Taschenlampe in der linken Hand hielt. Woher hatte sie diese? Sie besaß keine solche Lampe. Ohne weiter darüber nachzudenken, schaltete sie die Lampe ein. Der Lichtstrahl wanderte über verfallene Wände mit Blutspritzern daran. Der leere Raum selbst kam ihr bekannt vor, aber etwas in ihrem Kopf weigerte sich, ihr die Information zu geben. „Wo bin ich?“ Ihre Stimme durchdrang die Stille für einen Moment, nur um eben jene umso stärker und bedrohlicher erscheinen zu lassen. Eines war klar: Sie musste hier weg und das so schnell wie möglich. Der Lichtstrahl fand eine Tür. Sherry ging hindurch. Sie stand in einem schmutzigen Hausflur, blutgetränkte Gitter waren überall zu sehen. „Was geht hier vor?“ Hier draußen waren die Schreie lauter, aber sie klangen immer noch weit entfernt. Sie leuchtete ihre nähere Umgebung ab und musterte alles ganz genau. Ein kleines Messingschild war neben der halb verfallenen Tür angebracht, durch die sie gerade gelaufen war. Die Schrift darauf war kaum noch lesbar, sie konnte nur ein Sto erkennen, dann wurde es unleserlich. Verdreckte, ehemals weiße Fliesen, waren an der Wand angebracht, aber teilweise bereits heruntergefallen und zerbrochen. Langsam lief Sherry den Gang entlang. Ihre Schritte hallten von den Wänden wider. Je weiter sie ging desto lauter wurden die Schreie und auch das Geräusch eines sich drehenden Ventilators. Es gab keine weiteren Türen, lediglich rostige Gitterstäbe hinter denen seltsame Wesen auf und ab liefen. Vor einem dieser Gitter blieb Sherry stehen. Sie sahen aus wie Hunde, denen man einen schmutzigen Verband umgeschlungen hatte. Der Speichel troff ihnen aus dem offenen Maul, die lange Zunge hing an den Mundwinkeln heraus. Sherry hasste Hunde seit sie klein war. Als Kind war sie einmal von einem solchen angegriffen und blutig gebissen worden. Sie hatte es als Strafe Gottes gesehen, da sie gegen die Regeln verstoßen hatte. Zwei dieser Wesen schienen sie plötzlich zu bemerken. Sie wandten sich ihr zu und fletschten die Zähne. Das Gebiss der Wesen sah rasiermesserscharf aus und im Gegensatz zum heruntergekommenen Körper glänzte die nadelförmigen Zähne wie von einem Zahnarzt gepflegt. Das Knurren klang tief, dunkel und gleichzeitig sehr laut. Es dauerte nicht lange und auch die anderen Hunde (es mussten um die zehn Stück sein) bemerkten, dass etwas nicht stimmte. Sie versammelten sich vor dem Gitter und knurrte ebenfalls mit gefletschten Zähnen. Sherry wich zurück, bis sie die Wand hinter sich spürte. Ihre Hände zitterten, sie schaffte es nicht, ihren Blick von diesen Kreaturen abzuwenden. Der Lichtkegel ihrer Lampe huschte über die einzelnen Körper und beleuchtete sie in einer beängstigenden Art und Weise. Etwas Kaltes, Nasses tropfte auf ihre linke Schulter und weckte sie aus ihrer Starre. Ihr freie rechte Hand griff nach der Flüssigkeit. Sie war klebrig. Eigentlich wollte Sherry jetzt gar nicht mehr wissen, was es genau war. Einer der Hunde sprang gegen das Gitter. Mit einem lauten Knirschen gab das Gitter gefährlich nach – aber noch hielt es. Sie beschloss, nicht herausfinden zu wollen, wie lange es noch halten würde und rannte. Sie rannte den Gang entlang, der einfach kein Ende nehmen wollte. Noch mehr Gitter waren zu sehen, dahinter weitere Hunde. Hunde, die bellten und knurrten. Das Geräusch des Ventilators wurde lauter. Hinter ihr kamen rasch Schritte von unzähligen Hundepfoten näher. Eine Tür erschien vor Sherry. Sie warf sich dagegen – die Taschenlampe flog ihr aus der Hand und rollte über den Boden. Der Lichtkegel beleuchtete nur noch einen kleinen Ausschnitt des Ganges. Die Hunde blieben im Licht stehen. Das Blut kam durch die Verbände durch. Sherry rüttelte verzweifelt an der Tür. „Geh schon auf! Mach schon!“ Das Schloss gab kein bisschen nach, egal ob sie zog oder drückte. Die Hunde knurrten. Sie wussten genau, dass ihr Opfer in der Falle saß. Sie wandte sich wieder den seltsamen Wesen zu. Die Fangzähne glühten regelrecht im Licht der Taschenlampe. Sherry atmete schwer, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Das waren die letzten Sekunden ihres Lebens, die letzten Sekunden in dieser unbekannten Hölle. Die Hunde sprangen gleichzeitig auf sie zu. Sie öffneten ihre geifernden Mäuler. Reflexartig riss sie ihre Arme hoch, sie erwartete den Schmerz - Schreiend fuhr sie hoch. Ihr Herz raste, die Atmung war kurz. Aufgeregt sah sie sich um. Sie lag auf einer Bank in einem Park. Obwohl es Nacht war, wehte ein warmer Wind durch die Bäume. Obdachlose auf den anderen Bänken sahen sie fragend an. In der Ferne konnte sie Autos fahren und hupen hören. Keine Spur mehr von dem unheimlichen Gang, der verschlossenen Tür oder den Hunden. Sie musterte ihre Arme. Nichts war zu sehen, also war der Angriff nicht echt gewesen. Panisch griff sie an ihre linke Schulter. Auch die Flüssigkeit war nicht mehr zu sehen. „Was für ein Albtraum.“, murmelte sie leise. Es war bei weitem nicht das erste Mal, dass sie irgendwo einschlief und dabei einen solchen Traum hatte, aber dieses Mal hatte es sich so ungewöhnlich real angefühlt. Und sie hatte länger als sonst geschlafen. Als sie in den Park gekommen war, war es noch hell gewesen. Und sie glaubte, diese Tür mit dem Messingschild schon einmal gesehen zu haben. Wo war das nur gewesen? Als sie merkte, dass die anderen sie immer noch anstarrten, stand sie auf und lief eilig in irgendeine Richtung davon. Es war egal wohin, hauptsache schnell weg von hier. Kaum hatte sie den Park hinter sich gelassen, konnte sie die Treppe der Station South Ashfield sehen. Am besten wäre es, wenn sie nach Hause fahren würde... Nach Hause, nach Silent Hill. Sie erschrak über diesen Gedanken. Sie war in der Nähe dieser Stadt aufgewachsen, hatte aber beschlossen, nie wieder dorthin zurückzukehren. Es waren keine guten Erinnerungen, die sie mit diesem Ort verband. Doch jetzt war da diese tiefe Sehnsucht, das Verlangen dorthin zurückzukehren und eine alte Rechnung zu begleichen. Vielleicht konnte sie auch diesen Gang dort finden und herausfinden, was hinter der Tür war – aber möglicherweise war das auch eine dumme Idee. Der Ort in ihrem Traum war eindeutig kein Ort, der irgendwo existieren konnte. Allein diese hundeähnlichen Wesen... Sie schüttelte sich und ging auf die Treppe zu. Davor blieb sie wieder stehen und sah hinunter. Das grelle Licht der Lampen im Untergrund schmerzte ihr sogar von hier oben in den Augen. Als sie die erste Stufe hinuntergehen wollte, hörte sie plötzlich eine sanfte Stimme: „Zwecklos. Um diese Zeit fährt kein Zug mehr. Und schon gar nicht nach Silent Hill.“ Sherry wandte den Kopf. Ein Mann in einem dunkelblauen Mantel stand gegen eine Straßenlaterne gelehnt. Seine schulterlangen braunen Haare waren leicht gewellt. Die Augen des Mannes waren auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne fixiert, er war nicht rasiert. Er kam ihr bekannt vor, aber wieder weigerte sich ihr Gehirn ihr diese Information zu geben. „Wer sind Sie?“, fragte Sherry leise. „Mein Name ist... Gregory House. Du kannst mich Greg nennen, Sherry.“ „Woher kennen Sie meinen Namen?“ Er löste sich von dem Laternenmast und kam auf sie zu. „Ich weiß so einiges. Willst du wirklich zurück nach Silent Hill?“ Entgegen ihrer üblichen Gewohnheit sah sie ihn nicht als Bedrohung. Sie kannte ihn, aber ihr fiel beim besten Willen nicht ein, woher. Aber sie spürte sofort, dass sie ihn mal gemocht hatte. Sie nickte. „Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass ich dort hinmuss.“ „Die Stadt ruft dich, so wie sie auch mich ruft.“ „Machen Sie sich nicht lächerlich. Eine Stadt kann niemanden rufen.“ „Silent Hill ist keine Stadt wie andere. Das müsstest du wissen, Sherry. Die Stadt ruft die ihren zusammen zurück zum Ursprung.“ Instinktiv wich sie einen Schritt zurück, aber er glich ihn wieder aus. „Wir werden zusammen hinfahren, Sherry. Komm mit mir.“ „Was wollen Sie dort?“, fragte die junge Frau. Er breitete seine Arme aus. „Etwas suchen, das ich vergessen habe. Es ist sehr wichtig – aber ich weiß nicht mehr, was es war.“ „Dann kann es ja nicht so wichtig gewesen sein.“, spottete sie. Er lächelte sanft. „Mag sein. Also? Wirst du mit mir kommen?“ Sherry wollte ablehnen und in ihr Apartment zurückkehren, aber irgend etwas faszinierte sie nicht nur an der Stadt selbst, sondern auch an diesem Mann. Und sie brannte darauf, mehr über ihn, diese Stadt und nicht zuletzt ihre seltsamen Albträume zu erfahren. Dennoch... „Warum fahren Sie nicht alleine?“ „Das kann ich nicht. Ich brauche deine Hilfe dafür. Vielleicht verstehst du das noch nicht... aber du wirst es verstehen, wenn wir dort sind. Keine Sorge, ich werde an deiner Seite bleiben, dir wird nichts geschehen.“ Sherry war sich nicht so sicher darüber. Dennoch nickte sie. „Gut, in Ordnung. Aber wie willst du dort hinkommen?“ Er deutete auf einen Wagen in der Nähe. „Wir werden fahren.“ „Und wenn ich Nein sage?“ „Ich fürchte, dir bleibt keine große Wahl, Sherry. Kommst du?“ Sie wollte ablehnen und nach Hause in ihr kleines Apartment gehen. Aber etwas in ihr ließ sie nicht ablehnen. Wer immer dieser Mann war, sie spürte, dass er recht hatte und ihr keine Wahl blieb. Doch als sie zustimmen wollte, saß sie bereits auf dem Beifahrersitz des Wagens. Greg hatte sich auf den Fahrersitz gesetzt und lächelte sie an. „Bist du fertig? Du kannst während der Fahrt ruhig ein wenig weiterschlafen.“ „Hast du mich etwa beobachtet?“ „Oh ja.“ Ein wenig angewidert wich sie zurück. Er neigte sich vor und riss mit einer heftigen Handbewegung die Kabel heraus. „Was tust du da?!“, fragte sie schockiert. „Ich schließe den Wagen kurz. Weißt du zufällig, welche Drähte ich dafür brauche?“ „Woher soll ich das wissen?!“ Er zuckte mit seinen Schultern. „Dann eben nicht.“ Vorsichtig fummelte er an den Drähten herum. Sherry sah ihm mit gerunzelter Stirn dabei zu. Sie bezweifelte, dass er es schaffen könnte, den Wagen in Gang zu bringen. Plötzlich sprang der Motor an. Zufrieden setzte Greg sich wieder aufrecht hin. „Na bitte. Das ist deine letzte Gelegenheit, um auszusteigen und nach Hause zu gehen. Ansonsten fahren wir jetzt nach Silent Hill.“ Sherry senkte den Kopf und sah nachdenklich auf ihre Hände. In ihren Träumen wurden meist ihre Hände oder ihre Arme im Allgemeinen verletzt. Was, wenn sich diese Träume in der Stadt bewahrheiten würden? Was sollte sie ohne ihre Hände tun? Was sollte sie tun, wenn sie wirklich in Gefahr geriet? „Sherry, du fährst nur nach Hause. Warum überlegst du, ob dir etwas geschehen könnte?“ „Woher weißt du, was ich denke?“ „Mach dir darum keine Sorgen. Denk daran, dass ich bei dir bin. Dir wird nichts geschehen. Du weißt zwar nicht, wer ich bin – aber weißt du denn, wer du bist? In Silent Hill kannst du es herausfinden.“ „Ich bin dort aufgewachsen...“, sagte sie leise. „In einem Waisenhaus.“ „Ich auch.“, erwiderte er. „Also, wollen wir?“ Sherry nickte. Er legte den Gang ein und fuhr los. Obwohl Ashfield recht nah an Silent Hill lag, fuhren sie ziemlich lang. Es war dunkel und die Scheinwerfer des Wagens vertrieben die Dunkelheit nur gering. Es gab auch keine Laternen am Straßenrand, welche noch mehr Licht verbreiten könnten. Sherry kaute auf dem Fingernagel ihres rechten Daumens. Greg grinste. „Nägel kauen ist keine angenehme Sache. Hast du wenigstens eine Feile dabei oder kaust du so lange, bis du blutest?“ Peinlich berührt senkte sie ihre Hand wieder. „Tut mir Leid. Ich vergesse manchmal, dass ich das mache. He, sag mal... was genau willst du eigentlich in Silent Hill?“ „Etwas suchen, das auf das hinweist, was mit mir geschehen ist. Eigentlich genau dasselbe, was auch du vorhast, Sherry.“ „Gregory... warum hast du mich beobachtet?“ „Uns beide verbindet etwas. Immerhin kannst du mich sehen.“ Sie sah ihn überrascht an. „Was meinst du damit?“ Er kam nicht mehr dazu, zu antworten. Aus dem Augenwinkeln sah Sherry etwas im Scheinwerferlicht (ein Kaninchen? Nein, es war größer. Vielleicht ein Rehkitz.). Greg fluchte und riss das Steuer herum. Sherry schrie auf und krallte sich mit aller Macht an ihrer Tür fest. Greg riss das Lenkrad wieder in die andere Richtung. Der Wagen schleuderte herum, kam schließlich von der Straße ab und überschlug sich mehrmals. Sie sah seltsame Bilder von religiösen Symbolen von sich und hörte Stimmen, die ein Gebet zu sprechen schienen. Ein scharfer Schmerz zuckte durch ihren Kopf. Das Auto kam wieder zum Stehen. Sherry wandte ihren Blick nach links. Greg hing über dem Steuer, aber es war kein Blut zu sehen, also schien er nicht verletzt zu sein. Ihr wurde übel. Mit einem Ruck drückte sie die Tür auf und fiel aus dem Wagen. Sie war nicht angeschnallt gewesen. Ihr Kopf dröhnte. Unter heftigem Würgen erbrach sie sich, aber es kam nur Galle. Seit mehreren Tagen hatte sie nichts mehr gegessen gehabt. Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich. „Na komm schon, die Stadt ist nah, wir müssen los.“ Sie brauchte sich nicht umzusehen, sie hörte bereits, dass es Greg war. Alles drehte sich, langsam verschwamm die Umgebung vor ihren Augen. „Du brauchst noch Ruhe? Okay, ich geh schon mal vor, wir treffen uns bei Neely's. Bis dann.“ Erneut erklangen Schritte, aber diesmal entfernten sie sich von ihr und verstummten schließlich ganz. Noch einmal hörte sie eine Stimme, aber es war nicht die von Greg: „Und Gott sprach, kehret zurück zum Ursprung der Sünde.“ Dann wurde alles schwarz. **************************************** Kapitel 1 war jetzt noch recht kurz, ich hoffe, dass ich es später länger und gleichzeitig mindestens genauso gut machen kann. ^^ Kapitel 2: Foreordained Awakening --------------------------------- Langsam kamen die Erinnerungen wieder. Und mit den Erinnerungen auch die Schmerzen. Vorsichtig richtete Sherry sich auf. Es war inzwischen Tag, aber dichter Nebel hing in der Luft und schränkte ihre Sicht empfindlich ein. Der Wagen neben ihr war leer, sie erinnerte sich, dass Greg gesagt hatte, dass er vorausgehen würde. Er musste die Fahrertür wieder geschlossen haben, denn sie war zu. Die Beifahrertür war immer noch geöffnet. Sie versuchte, sich zu erinnern, was vor das Auto gelaufen war, aber sie hatte es nicht genau gesehen. Es war größer als ein Kaninchen gewesen. Ob es ein Rehkitz gewesen war? Nein, dafür war es wieder zu klein gewesen. Und es hatte auf zwei Beinen gestanden. Vielleicht ein Kind? Aber jetzt war es nicht mehr zu sehen. Eine Karte lag auf dem Beifahrersitz, eine Filzstiftmarkierung schien ihr anzuzeigen, wo sie hin musste. An der Ecke Neely/Sander Street war ein Pfeil mit der Beschriftung „Neely's“ angebracht. „Gregory... wartest du wirklich auf mich? Oder versuchst du mich nur in die Stadt zu locken?“ Auf ihren Monolog folgten verschiedene Tierlaute aus dem Unterholz. Entschlossen schnappte sie sich die Karte und schloss schließlich die Tür. Mit einem unguten Gefühl im Magen lief sie weiter auf die Stadt zu. Sie bereute es bereits, hierher gekommen zu sein. Sie war dabei, irgend etwas zu wecken, was besser weiterschlafen sollte, so hatte sie das Gefühl. Aber was genau es war fiel ihr einfach nicht ein. Und dieser Nebel war auch nicht normal. Andererseits wusste sie, dass der Toluca See diesen Nebel hervorrief. Als sie hier gewohnt hatte, war es jeden Tag nebelig gewesen. Aber dafür hatte man sich sehr gut verstecken können. Sie hatte man nie gefunden, sie hatte sich einfach zu gut versteckt und deswegen auch nie Ärger bekommen. Im Gegensatz zu den Jungs... Sie schüttelte die Gedanken ab. Wie kam sie darauf? Sie war das einzige Kind in ihrer Nachbarschaft gewesen und sie hatte nie Ärger bekommen. Die Stadt war verlassen, das sah Sherry auf den ersten Blick. Niemand war zu sehen, kein Müll stapelte sich neben den Tonnen. Damals war sie oft durch den Wald in die Stadt gekommen und hatte die Menschen beobachtet. Das normale Leben der Menschen und vor allem Kinder. Ein normales Leben, welches sie in diesem Waisenhaus nie gehabt hat. Schon wieder., fuhr es ihr durch den Kopf. Sie erinnerte sich an ihre Eltern, die inzwischen in Ashfield wohnten. Warum hatte sie immer Erinnerungen an ein Waisenhaus? Niemand war hier. Sherry hatte sich noch nie so allein gefühlt. Überall anders hätte es sie glücklich gemacht, da war es immer ihr einziges Ziel gewesen, aber hier in Silent Hill war es etwas anderes. Am besten war es, wenn sie schnell zu Neely's kam. Sie war nicht gut darin, Karten zu lesen, deswegen wusste sie eigentlich gar nicht, was sie mit der Karte anfangen sollte. Aber sie hatte sich schon lange vorgenommen, das Kartenlesen zu lernen. Und warum nicht gleich jetzt damit anfangen? Sie setzte sich auf die Kante des Bürgersteigs und faltete die Karte auseinander. Dann hob sie den Kopf und blickte auf das Straßenschild. Sie saß an der Ecke Nathan Avenue/Lindsey Street. Laut Karte war sie nicht so sonderlich weit weg von dem vereinbarten Treffpunkt. Es kam nur noch darauf an, dass sie auch dorthin kam. Mit dem Finger fuhr sie die Strecke entlang. „Die Lindsey Street hinunter und an der zweiten Kreuzung links. Dann geradeaus bis zu Neely's an der Ecke. Das müsste ich schaffen können.“ Ein Geräusch ließ Sherry auffahren. Es hatte die Stille wie ein Schuss durchbrochen und ließ diese umso unwirklicher zurück. „Eine Tür...“, murmelte sie. „Hat jemand mit einer Tür geknallt?“ Auf der Karte hatte sie gesehen, dass es in der Nähe noch eine Post und eine Kirche gab. Vielleicht war jemand dort? Vielleicht war es sogar Greg? „Hallo?!“, rief sie in den Nebel. „Gregory?!“ Keine Antwort ertönte. Vorsichtig lief sie weiter. Vor dem Eingang des Postgebäudes blieb sie wieder stehen. Der Briefkasten wirkte einsam und verlassen. Früher hatten Touristen hier immer ihre Ansichtskarten für die Verwandten zu Hause eingeworfen. Wäre er ein lebendiges Wesen, dann wäre der Briefkasten bestimmt traurig. Sherry schüttelte heftig ihren Kopf. Was für ein lächerlicher Gedanke. Sie ging die fünf Stufen zum Eingang hinauf und rüttelte an den Türen. Keine davon gab nach. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet. Aber die Seitentür war offen und lediglich angelehnt. Bevor sie hineinging sah sie sich noch einmal aufmerksam um. Niemand war zu sehen, keine Geräusche erklangen. Sie schluckte schwer und ging hinein. Fahles Licht fiel durch die Fensterscheiben, sie stand in einer Art Büroraum. Anhand der Unterlagen auf dem Tisch, konnte sie sehen, dass es jemanden gab, der zumindest ab und zu hier herkam und sich um das Gebäude kümmerte. Neugierig durchsuchte sie die Schubladen des Schreibtisches und fand dabei tatsächlich einen Schlüsselbund. Darunter lag eine Nachricht: Wer zuletzt im Büro ist, trägt die Verantwortung dafür, alles abzuschließen, auch den Sicherheitsraum im Keller. Außerdem muss das Radio dort repariert werden. Es rauscht seit einigen Tagen nur noch. Sherry schloss die Schublade wieder und ging durch die nächste Tür. Sie konnte den Verkaufsraum sehen, hier hatte man die Pakete abgegeben und auch Briefmarken und sonstiges gekauft. Als Kind war sie einmal im Verkaufsraum gewesen, aber nicht lange. Man hatte sie wieder weggeschickt, weil sie nichts hatte kaufen wollen. Außerdem war sie bereits als Kind seltsam gewesen. Selbst die Leute im Waisenhaus hatten sie nicht öfter als nötig angefasst. Sie war... unrein gewesen. Deswegen war sie auch nie bestraft worden, so wie die anderen, die gegen die Regeln verstoßen hatten. Aber sie hatte nie verstanden, was damit gemeint gewesen war. Vorsichtig lief sie in den Raum hinein und sah sich um. Alles sah normal aus, nur die Staubschicht war bereits so dick, dass man das Alter sehen konnte. Doch auch hier gab es Zeichen für Leben. Fußspuren waren im Staub zu sehen, sie führten in den Keller. Die Spuren wirkten seltsam verwischt, die Person musste geschlurft sein. Ein wenig ängstlich folgte Sherry den Spuren. Es war garantiert nicht Greg, der hier entlang gelaufen war. Und wer wusste, was sie dort unten finden würde? Langsam steig sie die schmalen Stufen hinunter, stets darauf bedacht, nicht zu fallen. Am Fuß der Treppe gab es drei Türen. Eine Frauen- und eine Männertoilette und dann eben noch die Tür zum Sicherheitsraum. Die Spuren endeten vor der Sicherheitstür. Sie war nicht aus Holz wie die anderen Türen, sondern aus Metall, mit einem Griff aus Kunststoff. Aber sie war verschlossen. Wie konnte jemand da hineingehen? Gab es noch einen Schlüssel? Sherry drückte ihr Ohr gegen die Tür. Das kalte Metall jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Seltsame Geräusche kamen aus dem Inneren. „Greg?“ Keine Antwort ertönte. Mit zitternden Fingern besah sie sich das Schlüsselbund genauer. Es waren vier Schlüssel an denen handbeschriftete Zettel angebracht waren: Eingang, Büro, Lieferung und Sicherheit. Sie schloss die Tür mit dem Sicherheitsschlüssel auf und öffnete diese dann. Der Sicherheitsraum war klein und quadratisch, eine einfache Glühbirne spendete fahles gelbes Licht. In den Regalen lagen Papierbündel (vermutlich Briefkuverts) und Rollen mit Briefmarken. Eine Kassette in der wohl das Wechselgeld war, lag ebenfalls im Regal – neben einem kleinen grauen Radio. Neugierig trat Sherry näher. Das musste das Radio sein, welches in der Nachricht erwähnt worden war. Ob es wirklich nur noch rauschte, wenn man es einschaltete? Die Antwort kam laut und deutlich. Als sie den Schalter betätigte, erklang ein lautes Kratzen und Rauschen. Sherry schrie erschrocken auf und hielt sich die Ohren zu. Aber da mischte sich bereits ein anderes Geräusch in das Rauschen: Ein unmenschliches Kreischen. Die Frau fuhr herum. Hinter der Tür hatte sich ein seltsames Wesen zusammengekauert. Es sah auf den ersten Blick aus wie ein Mensch, aber es hatte kein Gesicht mehr, der Kopf an sich war deformiert, die Arme waren in einer fleischfarbenen Zwangsjacke vor dem Körper zusammengebunden, es hatte X-Beine. Es hatte keine Ohren und dennoch schien es das Rauschen zu vernehmen. Die Augen und der Mund waren zugenäht und dennoch konnte es schreien und sie anscheinend auch sehen, während sie so im Licht stand. In einer nervösen Bewegung stieß das Wesen die Tür mit der Schulter zu. Sherry wich zurück. Ihr Blick ging panisch hin und her. Das Monster kam langsam näher. Es bewegte sich nur schwerfällig. Sie brauchte eine Waffe. Irgend etwas zur Selbstverteidigung. Schnell! Eine breites Cutter-Messer mit blauem Griff fiel ihr ins Auge. Er lag auf einem anderen Regal. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff sie danach. Sie löste die Sicherung und fuhr die Klinge ein paar Zentimeter heraus. Wenn sie überleben wollte, musste sie handeln. Und was immer dieses Ding war, es war nicht menschlich. Mit einem entschlossenen Schrei stieß sie das Messer vor. Dunkelrotes Blut quoll aus der Wunde heraus. Das Wesen schrie ebenfalls und fiel zu Boden. Es wand sich in tiefsten Qualen und wirkte dabei überraschend menschlich. Bevor es sich wieder aufrichten konnte, trat Sherry dem Ding mit Wucht in den Brustkorb, worauf es still liegenblieb. Das Radio verstummte langsam. Die junge Frau kniete sich neben das tote Wesen und betrachtete es genauer. Viel mehr zu sehen als das Offensichtliche gab es nicht. Auf jeden Fall hatte sie so etwas noch nie gesehen, obwohl es entfernt an einen Menschen erinnerte. „Was zur Hölle ist das?“ Sie hatte davon gehört. Leute, welche die Stadt besucht hatten, hatten über Erscheinungen und mysteriöse Gestalten im Nebel berichtet. Also war es wohl doch keine Einbildung der betroffenen Personen gewesen, wie manch einer vermutet hatte. „Greg... bist du okay?“ Sie richtete sich wieder auf. An der Tür hing die Jacke einer Postuniform. Sie breitete die Jacke so gut es ging über dem Wesen aus. Vielleicht war das falsch, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie es tun musste. Und wenn es nur wegen ihrem ersten „Mord“ war. Das Radio fiel ihr wieder ins Auge. Es schien die Anwesenheit dieser Wesen zu „spüren“ und reagierte darauf wohl mit einem Rauschen. Wenn noch mehr von diesen Dingern in der Stadt rumliefen, war es sicher nützlich, ein solches Warngerät mit sich zu führen. Auf dem Regal lag zusätzlich eine Gürteltasche, welche sie sich um die Hüften schnallte. Schließlich verstaute sie das Radio darin, nachdem sie sichergestellt hatte, dass es sich nicht einfach ausschalten konnte, während sie unterwegs war. Dann ging sie wieder durch die Tür und die Treppe hinauf. Der Vorraum lag noch genauso still da wie zuvor. Fast wie ein Traum erschien ihr das Geschehen im Kellerraum. Doch das blutverschmierte Messer in ihrer Hand war der Beweis dafür, dass es tatsächlich passiert war. Jemand musste hier gewesen sein. Auf einer der Türen standen Worte, welche vorhin noch nicht dagewesen waren: Zur Kirche Dazu war ein Pfeil angebracht, der nach links zeigte. Die Kirche neben der Post war ihr bereits auf der Karte aufgefallen. Vielleicht hatte Greg ja beschlossen, dass sie sich doch woanders treffen sollten. Aber wenn er doch wohl wusste, wo sie war, dann hätte er ja hier zu ihr kommen können. Vielleicht hatte er aber bereits Hinweise auf sein Ziel bekommen und wollte nicht warten, so wie nach dem Unfall. Ohne weiter darüber nachzudenken, schloss sie die Tür auf und trat wieder ins Freie. Sie war nicht lange im Gebäude gewesen, aber jetzt kam es ihr vor wie eine Ewigkeit. Mit langsamen Schritten ging sie auf die Kirche zu. Das Gebäude sah aus wie eine christliche Kirche, Sherry kannte sie noch von früher. Man hatte ihr eingeschärft, nicht zu nahe zu gehen. Die Christen hassten die Andersgläubigen und sie als Bewohnerin des Waisenhaus gehörte zu den Andersgläubigen... auch wenn sie nie ganz verstanden hatte, weswegen eigentlich. Vielleicht hätte sie einmal einen christlichen Gottesdienst besuchen müssen. Mit einem mulmigen Gefühl betrat sie die Kirche. Die Atmosphäre war angespannt, dabei war niemand hier. Niemand, bis auf die Person vor dem Altar. Sie kniete scheinbar betend davor. Sherry näherte sich vorsichtig und steckte das Messer weg. „Entschuldigung?“ Die Frau stand auf und drehte sich zu ihr um. Sie war groß, hatte braunes langes Haar. Ihr erdbrauner Rock floss wie Wasser ihre Beine hinunter zu ihren nackten Füßen. Ihr teils schwarzes, teils grünes gemustertes Oberteil harmonierte mit dem Rock. Das weinrote Tuch, welches sie um ihre Arme geschlungen hatte, verlief hinter ihrem Rücken. Um den Hals der Frau war eine lange goldene Kette mit einem ebenso goldenen Anhänger daran. Der Funken des Wiedererkennens trat in die grauen Augen. „Cecilia?“ „Wer? Tut mir Leid, Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Mein Name ist Sherry Blossem. Ich bin auf der Suche nach einem Freund von mir. Sein Name ist...“ „Walter Sullivan.“, unterbrach die Frau sie. „Er ist wieder zurückgekehrt und damit ist Ihre Wiedergeburt nicht mehr fern.“ Sherry griff sich an die Stirn. „Nein, nicht Walter. Gregory Sullivan, nein, ich meine Walter House, nein, ich meine... ach, vergessen Sie es. Haben Sie ihn gesehen?“ Die Frau hob ihre Arme in die Luft und warf den Kopf zurück. „Ihre Wiedergeburt wird uns den Zugang zum Paradies öffnen. Die Menschheit wird endlich von ihren Qualen erlöst werden.“ Irgendwoher kannte Sherry das. Aber schon wieder verweigerte das Gehirn ihr die Information. „Okay, okay, also haben Sie ihn nicht gesehen. Können Sie mir wenigstens sagen, wie Sie heißen?“ Die Frau ließ ihre Arme wieder sinken. „Ich bin Reue. Aber sobald das Paradies auf Erden weilt und alle Menschen erlöst sind, werde ich meinen alten Namen wieder annehmen können. Ich werde beweisen, dass nicht St. Alessa die einzig auserwählte Mutter Gottes ist.“ St. Alessa? Mutter Gottes? Sherry kam all das bekannt vor, aber warum nur? „Verdammt!“, entfuhr es ihr. „Wovon reden Sie eigentlich?“ „Du musst das jetzt noch nicht wissen. Folge Walter in die Stadt hinein. Wenn die 21 Sakramente vollständig sind, wird Sie auf die Erde zurückkehren.“ „Sie... Sie sprechen von Gott?“ Reue sah sie zufrieden an. „Das ist richtig. Du erinnerst dich also?“ Sherry schüttelte ihren Kopf. „Nicht so ganz.“ Die religiöse Frau ging um den Altar herum und holte etwas darunter hervor, was sie dann oben drauf legte. Sherry erkannte es sofort: Es war die silberne, dünne Taschenlampe aus ihrem Traum. „Folge Walters Spur.“, sagte Reue. „Folge ihm in die Stadt, er wird die 21 Sakramente vervollständigen und Sie erwecken.“ „Aber ich...“ Reue hörte ihr nicht weiter zu, sondern lief davon und durch eine Tür. Kaum war sie hindurch, hörte man wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Sherry seufzte und ging auf den Altar zu. Neben der Taschenlampe lag noch ein kleiner Zettel: Pass mit dem Licht auf. Sie können es sehen. Sie nahm die Taschenlampe in die Hand und verließ nach einem eingehenden Blick die Kirche wieder. Schnelle Schritte rannten von der Kirche nach links weg. „Greg?!“ Plötzlich begann eine Alarmsirene zu heulen. Sherry sah sich fragend um. „Was ist das?“ Dunkelheit zog langsam über den Himmel, kroch aus den Schatten hervor und verschlang die Stadt. Wie angewurzelt stand Sherry da und starrte auf die sich ausbreitende Finsternis. Die Fassade bröckelte von den umliegenden Gebäuden ab, Bretter erschienen vor den Fenstern. Schließlich kam die Dunkelheit auch bei Sherry an, sie versank darin. Alles wurde schwarz... und still. Kapitel 3: Enshrouding Darkness ------------------------------- Sherry schaltete die Taschenlampe ein. Die Dunkelheit war unnatürlich. Klar, es wurde selten einfach so dunkel. Aber sie konnte auch mit dem bloßen Auge nichts sehen. Nur die Taschenlampe schaffte es, die Dunkelheit ein wenig zu vertreiben. Plötzlich sprangen auch die Straßenlaternen an. Es gab also noch Strom. Reue war wohl nicht die einzige Bewohnerin der Stadt. Überhaupt Reue... was war das für ein seltsamer Name? Und was tat sie wohl jetzt? Vielleicht wusste sie ja etwas über die Dunkelheit? Sie drehte sich um und rüttelte an der Tür, welche allerdings keinen Zentimeter nachgab. Hatte Reue etwa abgeschlossen? „Super... und wohin jetzt?“ Greg kam ihr wieder in den Sinn. Vielleicht wartete er immer noch bei Neely's und vielleicht wusste er, was hier vor sich ging. Wenn sie die Karte richtig im Kopf hatte, musste sie an der nächsten Kreuzung links und dann immer geradeaus, bis sie die Bar sehen konnte. Aber bereits nach wenigen Schritten endete ihr Weg an einer Mauer. Seufzend begutachtete sie das Bauwerk. Sie sah nicht so aus als wäre sie von einem Menschen erbaut worden. Aber eine blutige Spur zog sich über die Wand und schien in eine bestimmte Richtung zu deuten. Sherry leuchtete mit der Taschenlampe hinüber. Ein Durchgang war zu sehen, kaum groß genug, um ein Kind durchzulassen. Aber Sherry konnte sich sicherlich durchquetschen, wenn sie es versuchen würde. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob sie das auch wollte. Vorsichtig leuchtete sie mit der Taschenlampe hinein. Unter dem Gitterboden herrschte gähnende Schwärze aus der seltsame Geräusche ertönten. Was, wenn die Gitter nun nachgaben? Was, wenn sie in diese Schwärze fallen würde? Schritte entfernten sich. Sherry leuchtete mit der Taschenlampe hinterher, sah aber nur noch, wie ein kleiner Junge wegrannte. „He!“, rief sie ihm hinterher. „Warte! Warte mal!“ Sie zwängte sich durch den Spalt und lief ihm hinterher. Ihre Schritte hallten in dem Gemäuer wider. Der Junge entwischte immer wieder ihrem Blick. Dabei müsste sie doch eigentlich schneller laufen als er. Mit einem furchtbaren Knirschen gab das Gitter unter ihren Füßen nach. Sherrys Hände griffen ins Leere, sie fiel in die Dunkelheit und verschwand dort. *** „Und Gott sprach, trenne vom Fleisch jene, die die Wiedergeborene Mutter, und jenen, der Empfänger der Weisheit ist.“ Wo hatte sie das nur schon mal gehört? Warum kam ihr das jetzt in den Sinn? Und warum schmerzte ihr Körper so sehr? Ein Sturz... sie war in die Dunkelheit gestürzt. Sie öffnete ihre Augen. Zuerst war alles noch ein wenig verschwommen, aber langsam wurde alles klar. Sie befand sich irgendwo im Untergrund. Eine Art Versorgungsschacht, wie es schien. Sie hatte davon gehört... Der Schacht verlief unter der ganzen Stadt, an manchen Stellen konnte man an die Oberfläche gelangen. Gelbe Lampen glühten auf dem Gang, erhellten aber kaum die Umgebung. Ob hier unten noch jemand war – außer ihr? Vorsichtig richtete Sherry sich auf. Die Taschenlampe lag direkt neben ihr und sie funktionierte sogar noch. Sie legte den Kopf in den Nacken und leuchtete nach oben. Die Decke verlor sich in der Entfernung. Wie hatte sie den Sturz überlebt? Sie stand vom Boden auf. In einiger Entfernung war ein seltsames Kratzen zu hören. Es klang als würde jemand versuchen, etwas mit einem Messer in Stein zu ritzen. Allein bei dem Geräusch lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Sie leuchtete die Wand ab. Tatsächlich war ein Straßenname zu erkennen: Nathan Ave.. Wenn hier unten die Straßen darüber gekennzeichnet waren, konnte sie ja einfach unterirdisch zum Treffpunkt kommen. Vielleicht war das ja besser so. Was immer das für eine Dunkelheit gewesen war, sie war nicht natürlich gewesen... aber was hatte sie ausgelöst? Ihr Kopf schmerzte, wenn sie versuchte, darüber nachzudenken... deswegen konzentrierte sie sich lieber wieder auf etwas anderes. Mit langsamen Schritten lief sie den Gang entlang und bog in den Schacht der Neely Street ein. Sie lief endlos, so schien es ihr. Das Messer, welches sie in ihre Tasche gesteckt hatte, wurde immer schwerer. Plötzlich erklangen Schüsse, gefolgt von unmenschlichen Schreien. Sherry blieb einen Moment stehen. Was war das gewesen? Bevor sie noch irgendwelche Zweifel entwickeln konnte, rannte sie in die Richtung aus der die Schüsse gekommen waren. Schon nach wenigen Schritten entdeckte sie eines dieser Wesen in einer Blutlache liegend. Ein Mann saß nur wenige Schritte entfernt. Er riss die Waffe hoch und zielte auf Sherry, welche einen erschrockenen Schrei ausstieß: „Nein, nicht!“ „Du bist... ein Mensch?“ Seine Stimme klang sanft und verständnisvoll. Sherry nickte. „Mein Name ist Sherry Blossem. Sie sind...?“ Er stand auf und reichte ihr die Hand. „Ich bin Andrew Monk, Polizist aus Ashfield.“ Sie schüttelte seine Hand und musterte ihn dabei. Er trug keine Uniform, sondern eine braune Hose und ein roter Pullover. Seine schwarzen Haare waren kurzgeschnitten, seine Wangen waren blass und eingefallen. Seine Hand fühlte sich kalt an. „Sie sehen nicht aus wie ein Polizist.“ „Ich bin undercover nach Silent Hill gekommen, aber jetzt... habe ich mich irgendwie verlaufen. Plötzlich wurde alles dunkel und dann war ich hier unten. Diese Stadt ist seltsam... Was tun Sie hier?“ In einem ersten Impuls zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß es nicht so genau. Ich wollte eigentlich nicht mehr hierher, aber ich wurde überredet. Dann haben wir einen Unfall gebaut und mein Begleiter ist schon mal vorgegangen. Seitdem suche ich ihn. Aber gerade eben... habe ich einen kleinen Jungen gesehen und eine seltsame Frau in einer Kirche.“ Sie sah ihn abwartend an, aber Andrew schüttelte bedauernd seinen Kopf und antwortete auf ihre unausgesprochene Frage: „Ich habe bislang niemanden gesehen. Außer diese seltsamen Wesen... Du bist wohl auch schon einem begegnet.“ Er ging einfach zum Du über und deutete auf das Blut auf ihrer Kleidung. „Ja, im Keller des Postgebäudes. Ich habe es mit einem Cutter-Messer... getötet.“ Bei dem Gedanken daran wurde ihr wieder übel. Andrew klopfte ihr vorsichtig auf den Rücken. „Alles okay, ich weiß. Wenn man das erste Mal jemanden tötet, ist es immer schlimm.“ „Andrew, was hast du jetzt vor?“ „Ich versuche, hier herauszukommen. Wollen wir uns nicht zusammentun? Dann erreichen wir vielleicht mehr? Ich irre hier nämlich schon ein paar Tage herum.“ „Tage? Ohne etwas zu essen oder zu trinken?“ Er seufzte. „Ich hatte Vorräte in meinem Rucksack, aber die sind seit heute auch alle, deswegen habe ich den Rucksack irgendwo zurückgelassen.“ „Okay, gehen wir also? Mein Begleiter wartet in einer kleinen Bar auf mich. Wenn wir hier immer geradeaus laufen, müssten wir dort rauskommen.“ „Gut, gehen wir.“ Sie setzten ihren Weg gemeinsam fort. Es war ein wenig gewöhnungsbedürftig für beide, dass jetzt vier Schritte von den Wänden widerhallten. Plötzlich fragte sie sich, was Gregory wohl gerade machte. Wartete er wirklich noch auf sie? Und warum hatte Reue ihn Walter Sullivan genannt? Sherry kannte den Namen. Sullivan war ein bekannter und grausamer Serienmörder gewesen. Er hatte zehn Menschen, darunter zwei Kinder, umgebracht und ihnen das Herz entnommen. Niemand wusste so genau, weswegen er diese Morde begangen hatte. Im Gefängnis hatte er sich schließlich selbst umgebracht, indem er sich einen Löffel in den Hals gesteckt hatte. Und dann... vor kurzem war diese Mordserie weitergegangen, nur ohne die Herzentnahme. Sullivan konnte es allerdings nicht gewesen sein, er war immerhin tot. So plötzlich wie die neue Serie angefangen hatte, hatte sie nach weiteren zehn Morden auch wieder geendet. Und ein Apartmenthaus in South Ashfield war unbewohnbar geworden... Es war seltsam. Aber sie kannte den Namen auch noch von irgendwo anders. Auch diese Stadt... Woher kannte sie all das nur? „He, was hast du eigentlich in Silent Hill gewollt?“, fragte Andrew plötzlich und ließ sie aus ihren Gedanken hochfahren. „Ich... ich habe hier vierzehn Jahre gelebt, dann bin ich weggerannt. Und seitdem wohne ich in Ashfield. Was wolltest du hier?“ „Wir haben einen Vermissten gesucht. Ich wurde alleine vorgeschickt, aber man wollte mir Verstärkung schicken... Ich frage mich nur, wo die bleiben.“ Beide schwiegen einen Moment, dann fragte Andrew plötzlich: „Darf ich dich fragen, warum du von zu Hause fortgelaufen bist?“ Sherry brauchte einen Moment, um sich das alles wieder in Erinnerung zu rufen. „Um ehrlich zu sein: So ganz sicher bin ich mir auch nicht mehr. Seit einiger Zeit scheine ich verschiedene Erinnerungen in mir zu haben... Aber wenn ich mich richtig erinnere, waren es meine Adoptiveltern... sie erwarteten zu viel von mir.“ „Was denn?“ Sherry war sich sicher, dass er Dinge erwartete, wie auch alle anderen Jugendlichen sie erfüllen mussten: Gute Noten, ein toller Freundeskreis, Hilfsbereitschaft, Ordnungsliebe. Aber mit ihrer Antwort hatte er bestimmt nicht gerechnet: „Sie wollten, dass ich das Paradies erschaffe.“ „Was?!“ „Ich weiß auch nicht genau, was sie von mir wollten. Wir lebten in einem der Apartmenthäuser von Silent Hill und sie waren Mitglieder eines Ordens.“ „Es mag sich lächerlich anhören, aber ich habe gehört, dass es einen Orden in der Stadt gab, der auf die Wiedergeburt Gottes hinarbeitete.“ Von so etwas Ähnlichem hatte Reue auch geredet. Wenn sie herausfand, wer diese Cecilia war, konnte sie bestimmt mehr darüber erfahren. „Was wollte dein Bekannter in der Stadt?“, fragte Andrew weiter. Sherry runzelte ihre Stirn. „Wenn ich das wüsste... Er erzählte etwas davon, dass er herausfinden will, was mit ihm geschehen ist. Aber als ich mehr wissen wollte, haben wir diesen Unfall gebaut...“ „Hat sich einer von euch beiden dabei verletzt?“ Sie schüttelte ihren Kopf, antwortete aber auch nicht. Stumm setzten sie ihren Weg fort. Irgendwo tropfte Wasser herunter. Warum war sie nur in diese Stadt gekommen? Sie hätte in ihr Apartment in Ashfield fahren sollen und schlafen. Plötzlich blieb Andrew stehen. „Hörst du das?“ Sie blieb ebenfalls stehen und lauschte. Schnelle Schritte waren zu hören. Es waren die Geräusche von Hundepfoten. Und es waren viele. Zu viele. „Lauf!“, rief Andrew. Sherry rannte ohne sich umzusehen. Andrew war direkt hinter ihr. Endlich kam eine Leiter in Sicht. „Schnell!“, rief er. „Nach oben!“ In aller Eile erklomm sie die Sprossen der Leiter und drückte oben gegen den Schachtdeckel. Verzweifelt hämmerte sie dagegen. Ihre rechte Hand begann zu bluten. „Was ist los?“, fragte Andrew. „Mach schon!“ „Es geht nicht. Ich krieg den Deckel nicht auf!“ Echte Panik schwang in ihrer Stimme mit. „Dann lass mich vor!“ Sie sprang die paar Sprossen wieder herunter. Andrew kletterte hinauf und versuchte sein Glück mit dem Schachtdeckel. Das Geräusch der Hundepfoten wurde lauter. Sherry erinnerte sich wieder an ihren Traum und an die hundeähnlichen Wesen darin. Was, wenn sie es in die Realität geschafft hatten? War dies überhaupt die Realität? Vielleicht träumte sie auch noch immer? Das alles konnte doch nicht wahr sein. Plötzlich hörte sie Schritte. „Hierher.“ Sherry fuhr herum und sah einen kleinen Jungen. Vermutlich war es der Junge von vorhin. „Schnell!“ Er winkte sie zu sich her. „Andrew, komm mit!“ Ohne darauf zu achten, ob der Mann ihr folgte, lief Sherry dem Jungen hinterher. Er führte sie in einen Seitengang, faule Luft kam daraus hervor. „Los, schnell!“ Als Andrew hinter Sherry in den Gang kam, schloss der Junge das Gitter. „Wir müssen noch weiter!“ Sie folgten ihm tiefer in den Gang entlang. Hinter ihnen rannten die Hunde gegen die Gitterstäbe und jaulten dabei vor Schmerzen laut auf. Die kleine Gruppe durchlief noch weitere Gänge, der kleine Junge schloss unzählige Gitter und drängte sie weiter, bis sie schließlich in der Kanalisation standen. Daher war der faule Geruch gekommen. Der Kleine lief immer noch ohne Pause. „He, Kleiner.“, sagte Andrew schließlich. „Danke für die Hilfe, aber wer bist du eigentlich?“ „Ich bin Walter.“ Sherry und Andrew blieben wie angewurzelt stehen. „Etwa Walter Sullivan?“ Sie sahen sich überrascht an. „Du kennst ihn?“ Walter blieb ebenfalls stehen und drehte sich zu ihnen um. „Ich bin Walter Sullivan. So nennen mich alle... aber manche nennen mich auch Wally.“ „Du musst ein anderer Sullivan sein.“, bemerkte Andrew schließlich. „Der Sullivan ist schon vor einigen Jahren gestorben und war außerdem schon 24. Aber woher kennst du ihn, Sherry? Die Sullivan-Morde sind schon 16 Jahre her.“ „Ich... ich weiß nicht.“ Sie sah den kleinen Walter im Waisenhaus, hörte ihn einen Namen sagen: Cecilia... schon wieder dieser Name. „Wally... kennst du ein Mädchen namens Cecilia?“ Der Kleine schob nachdenklich seine Unterlippe vor, so dass es aussah als würde er schmollen. Sie kannte diesen Blick, da war sie sich ganz sicher. Aber woher nur? „Ja, ich kenne eine Cecilia.“, antwortete er schließlich. „Sie war eine Freundin von mir, bis sie sie weggeholt haben.“ „Weggeholt?“, fragte Andrew. „Wir haben keine Zeit mehr.“, sagte Wally. „Wir müssen weiter.“ Sie liefen weiter. Den beiden Erwachsenen blieb nichts anderes übrig als dem kleinen Jungen zu folgen, der sich hier unten auszukennen schien. Vor einer weiteren Leiter blieb er wieder stehen. „Hier könnt ihr nach oben.“ „Was ist mit dir?“, fragte Sherry. „Willst du nicht mitkommen?“ Er schüttelte heftig seinen Kopf. „Nein. Ich muss hier bleiben.“ „Aber...“ Ein weiteres Kopfschütteln unterbrach Sherrys Widerspruch. „Ist schon okay. Geht jetzt, schnell!“ Andrew nickte. „Sherry?“ Sie kniete sich hin und umarmte Wally. „Danke. Sei vorsichtig.“ Er nickte und rannte in die Dunkelheit davon. Hastig wischte sie sich Tränen aus den Augen. „Kommst du jetzt?“, fragte Andrew. Sie nickte und wandte sich zu ihm um. Ein scharfer Schmerz zuckte durch ihren Kopf. „Was...? Was ist das?“ „Sherry? Sherry, was ist los?“ Andrews Stimme klang weit entfernt und gedämpft. Sie kniete sich hin und hielt sich den schmerzenden Kopf. Ein hoher Pfeifton, Schreie waren zu hören. Plötzlich machte es Klick und alles war stumm. Die Umgebung verschwamm, ohne Halt fiel Sherry rückwärts zu Boden – und wurde ohnmächtig. ******************************************* Puh... über dieses Kapitel habe ich lange nachdenken müssen... Vielleicht wird euch jetzt klarer, wer oder besser gesagt, was Sherry wirklich ist. XD Vielleicht könnt ihr ja auch raten, wer Cecilia war. Wie auch immer, bald geht es hoffentlich ein wenig inspirierter weiter. Mann, ich bin schon wieder genervt, weil SCHON WIEDER ein Sender behauptet, FFVII wäre das Mega-Killerspiel. *grummel* Und seit wann ist Sephiroth da der Held???? *ausrast* Na, anyway... auf zum nächsten Kapitel. Kapitel 4: Splitting Personality -------------------------------- Sherry griff sich an die Stirn. Ihr Kopf schmerzte noch ein wenig, aber längst nicht mehr so stark wie zuvor. Und auch die Geräusche waren weg. Statt dessen hörte sie Autos... Als sie ihre Augen öffnete, sah sie aus einem Fenster auf eine Straße hinunter. Sie befand sich in einem Krankenhaus, so schien es ihr. Was tat sie hier? Wann war sie hierher gekommen? Die Tür öffnete sich und jemand kam herein. „Cecilia, du bist wieder wach?“, erklang eine Frauenstimme. Sherry wandte den Kopf – und stieß sich diesen schmerzhaft. „Au!“ Ein Mann lachte. „Hast du dir wehgetan?“ Vorsichtig setzte sie sich auf und sah sich um. Sie lag auf einer Bank in einer verwüsteten Bar. Das Schaufenster war mit Zeitungspapier zugedeckt, stumpfes Licht fiel durch den oberen Teil herein, konnte aber nicht wirklich den Raum erhellen. An der Wand lehnte ein Mann, den Sherry sofort erkannte: „Greg! Wo bin ich? Und wo ist Andrew?“ „Du bist im Neely's, ich hab dich auf der Straße aufgegabelt. Und wer ist Andrew?“ „Ich habe... ihn unten getroffen, im Versorgungsschacht. Da als alles dunkel war. Du musst diese Dunkelheit doch bemerkt haben.“ „Dunkelheit? Sherry, wovon redest du? Du lagst plötzlich einfach auf der Straße.“ Sherry schüttelte ihren Kopf. Sie war die Leiter sicher nicht nach oben geklettert, sie war unten in der Kanalisation in Ohnmacht gefallen. Was hatte das alles zu bedeuten? „Du hast also absolut nichts mitbekommen? Aber... da waren diese Sirenen und dann wurde alles dunkel. Und die gesamte Umgebung hat sich verändert. Du musst etwas gemerkt haben.“ „Ich war die ganze Zeit hier, es ist nichts geschehen...“ Sherry seufzte laut. „Egal... Greg, wer bist du wirklich?“ Er sah sie nur fragend an, sie fuhr fort: „In der Kirche habe ich eine Frau namens Reue getroffen. Sie sagte, ich wäre mit Walter Sullivan in die Stadt gekommen.“ Nachdenklich lief er auf und ab. In dem kleinen Raum war es ziemlich schwer, besonders bei seinen langen Beinen, aber er schaffte es dennoch, ohne sich irgendwo anzustoßen. Abrupt blieb er wieder stehen. „Das ist richtig, ich bin Walter Sullivan.“ Sherry fuhr hoch und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Walter Sullivan ist seit 16 Jahren tot!“ Greg wich zurück. „Schon gut, schon gut, lass mich erklären! Also... man sagt, ich bin tot, aber irgendwie... kann ich das nicht glauben. Ich meine, sieh mich an. Gib mir die Hand.“ Er streckte seine Hand aus. Zögernd ergriff Sherry sie. Die Hand war warm, ganz anders als die von Andrew. Sherry hielt die Hand eine Weile, erst als er sich räusperte, ließ sie ihn wieder los. „Okay... wie soll ich dich ab sofort nennen?“ „Nenn mich Walter. Jeder nennt mich so, ich habe mich daran gewöhnt.“ Sie setzte sich wieder hin und atmete tief durch. „Und was tun wir jetzt? Hast du irgend etwas herausfinden können?“ Er zuckte mit seinen Schultern, dann schüttelte er gleich seinen Kopf. „Bis jetzt weiß ich nur, dass ich Walter Sullivan bin und einmal im Waisenhaus im Wald gelebt habe.“ „Sagt dir der Name Cecilia etwas?“ Sein Gesicht nahm einen seltsamen melancholischen Ausdruck an. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Cecilia war die einzige bei uns, die noch eine Mutter hatte, die sich regelmäßig um sie kümmerte. Dennoch war sie immer wieder bei uns, weil ihre Mutter oft im Krankenhaus war. Ihr ging es besser als uns anderen. Ceci wurde nie geschlagen, sie musste nie das tun, was wir taten. Außer mit uns beten und aus der heiligen Schrift lesen. Sie war wie eine Schwester für uns alle – wir mochten sie, weil sie uns immer getröstet hat, wenn es uns schlecht ging.“ Sherry senkte ihren Kopf. Sie konnte sehen, wie weinende Kinder um sie herum standen, jedes schien etwas von ihr zu wollen. Sie griff sich an die Stirn und schloss die Augen, damit die Kinder verschwanden. Sie seufzte nachdenklich. „Walter... was geschah mit ihr?“ Walter lehnte sich gegen die Wand und senkte ebenfalls seinen Kopf. „Sie war ungefähr zwölf... da ging es ihr immer schlechter und schließlich kam ihre Mutter und nahm sie wieder mit sich mit. Danach habe ich sie nie wieder gesehen. Aber du siehst ganz genauso aus wie sie. Das ist erstaunlich.“ Sherry runzelte ihre Stirn. Reue hatte sie auch als Cecilia angesprochen. Und dann diese überlagerten Erinnerungen... Es war als würde irgend etwas in ihr wohnen und darauf warten, endlich wieder ausbrechen zu dürfen. Aber irgendwie fand sie den Schlüssel zu dieser Wohnung nicht. „Du willst mehr darüber herausfinden, nicht wahr?“ Walters Stimme zog sie wieder in die Gegenwart. Sie nickte. „Ja, natürlich, ich möchte wissen, was es mit Cecilia und dieser ganzen Stadt auf sich hat. Und ich habe das Gefühl, dass du dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielst.“ „Dann lass uns zusammen gehen.“, schlug Walter vor. „Aber nur unter einer Bedingung.“, erwiderte sie. Er sah sie fragend an. „Welche?“ Mit flinken Schritten lief Sherry zu ihm hinüber und schlang ihre Arme um seinen Körper. „Lass mich nicht mehr allein. Ich habe Angst!“ Ratlos stand er da, als sie zu schluchzen begann, legte er seine Arme um sie. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe jetzt bei dir und ich passe auf dich auf. Vertrau mir.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Versprochen?“ „Versprochen. Ich hab dich immerhin hierher gelockt. Wir stehen das gemeinsam bis zum bitteren Ende durch. Und jetzt hör auf zu weinen und lass uns gehen. Wir haben noch viel vor uns.“ Sherry löste sich wieder von ihm und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Und wo sollen wir anfangen? Hast du irgend einen Anhaltspunkt?“ „Ich war im Waisenhaus... aber es ist nur noch eine niedergebrannte Ruine. Allerdings gab es einen Hinweis auf die Ridgeview Medical Clinic.“ „Ridgeview Medical Clinic?“ „Ja, sie liegt nur ein paar Schritte von hier. Dort scheint man etwas über Cecilia zu wissen. Ich dachte mir, wenn ich Cecilias Spur folge, dann finde ich auch etwas über mich. Früher oder später bestimmt.“ Sherry nickte. „Danke, Walter.“ Er winkte ab. „Danke mir nicht zu früh. Nicht, dass du am Ende wieder enttäuscht von mir bist. Wenn du fertig bist, können wir gehen.“ Sherry nickte. „Ja, lass uns gehen.“ Mit Walter an ihrer Seite fühlte Sherry sich sicherer als alleine und sogar sicherer als an Andrews Seite. Dabei war es paradox, immerhin war Walter Sullivan ein verurteilter Serienmörder – der eigentlich tot sein müsste. Sie verwarf den Gedanken wieder, während sie mit ihm durch die nebligen Straßen lief. Außer ihren Schritten war nichts zu hören und es war auch nichts zu sehen. Plötzlich blieb Walter stehen. „Wir sind zu weit gelaufen.“ Sherry blickte auf die Straße – und sah in ein gähnendes Loch. Die gesamte Straße war aufgerissen. Es sah aus als ob Satan persönlich aus der Hölle gestiegen wäre und dabei dieses Loch zurück gelassen hätte. „Was zum...?“, entfuhr es ihr. „War das vorhin auch schon so gewesen?“ „Ich weiß nicht, ich bin hier nicht vorbeigekommen.“ Vorsichtig beugte Sherry sich über das Loch, um hinunterzusehen. Vielleicht konnte sie ja in den Versorgungsschacht blicken – oder in die Hölle. Plötzlich spürte sie einen Stoß im Rücken. Sie griff nach dem nächstbesten Gegenstand und krallte sich verzweifelt daran fest. Walter lachte schadenfroh. „Hast du dich erschreckt?“ Fragend sah sie ihn an. Ihre Hände waren tief in den Stoff seines Mantels gegraben. „Hast du mich etwa geschubst?“ „Ja. Du warst so in den Anblick vertieft, dass du gar nichts mehr mitbekommen hast. Ich dachte, du willst vielleicht ein bisschen mehr sehen.“ Das spöttische Glitzern in seinen Augen ließ Sherry unwillkürlich einen Schauer über den Rücken laufen. „Volltrottel.“ „Das war doch nur ein Scherz. Hattest du Angst?“ „Ja, verdammt! Ich dachte, ich sterbe.“ Er lächelte, seine Augen fixierten wieder irgend einen Punkt in weiter Entfernung. „Das ist gut. Solange du Angst hast zu sterben, bedeutet das, dass du noch lebst. Du solltest mir dankbar sein.“ Sie wollte gerade etwas Wütendes erwidern, als er auch schon weitersprach: „Egal, wir müssen in das Gebäude da drüben.“ Er deutete in den Nebel hinein, wo auch Sherry einen unförmigen Klotz erkennen konnte. Das Gebäude kam ihr bekannt vor. Als ob sie schon einmal davor gestanden wäre. „Komm jetzt.“ Hastig folgte sie Walter, der bereits einige Schritte vorausgelaufen war. Er hatte inzwischen die Eingangstür erreicht und tat, was das Schild daran ihm sagte: Er zog – und die Tür ging tatsächlich auf. „Nicht abgeschlossen. Da war wohl jemand sehr in Eile.“ Gemeinsam betraten sie das Gebäude. Innen war es stickig und dunkel. Es roch nach Desinfektionsmitteln und altem Blut. Sherry zog die Nase kraus und schaltete ihre Taschenlampe ein. „Na danke... konnten die nicht ein Putzmittel verwenden, das den Geruch überdeckt?“ „Anscheinend nicht. Komm, sehen wir uns um.“ Der Empfangsbereich schien gleichzeitig das Wartezimmer zu sein. Gegenüber der Rezeption, links vom Eingang, standen mehrere abgewetzte braune Ledersofas. Verkümmerte Pflanzen standen in den Ecken und entwickelten ebenfalls bereits einen unschönen Duft. Alte Zeitschriften lagen auf den kleinen Sofatischen. „Wo sollen wir anfangen?“, fragte Sherry. Walter lief bereits auf die Rezeption zu und begab sich hinter den Tresen. „In den Unterlagen der Arzthelfer. Vielleicht finden wir etwas über Cecilia... mal sehen, das ganze ist schon...“ Er überlegte einen Moment, Sherry kam ihm zur Hilfe: „Es ist 28 Jahre her.“ „Woher weißt du das so genau?“ „Ich habe es im Gefühl.“ „Das könnte passen...“ Er öffnete einen der Schränke auf dem die entsprechende Jahreszahl draufstand. Leise murmelnd durchforstete er die einzelnen Akten. „Der Nachname war Stonewell, soweit ich weiß.“ Sherry nickte. „Ja...“ Triumphierend zog er eine Akte hervor. „Da haben wir sie ja!“ Er legte sie auf den Tresen, damit auch Sherry hinsehen konnte. Auf der ersten Seite war ein Bild. „Sieh mal... sie sieht aus wie du... Genau wie ich gesagt habe.“ Sherry schluckte nervös. In ihrem Magen schien gerade alles zu rebellieren, aber sie wollte wissen, was noch darin stand. Ihr Blick fiel auf ein bestimmtes Wort: Schwanger. Als ob sie sich verbrannt hätte wich sie zurück. Heftig schüttelte sie ihren Kopf. „Was soll das heißen? Wieso schwanger?! Wo ist sie jetzt?“ „Beruhige dich! Ich lese ja schon weiter.“ Seine Augen überflogen den Text, schließlich nickte er. „Okay, verstehe. Also hör zu: Als Cecilia zwölf Jahre alt war, wurde sie aus heiterem Himmel schwanger. Ihre Mutter war der festen Überzeugung, dass sie Gott in sich trug und brachte sie in diese Klinik. Nach der Geburt nahmen sie Cecilia das Kind weg und gaben es an eine andere Ordensfamilie weiter.“ „Sie?“ „Anscheinend die Führer des Ordens. Wenn ich das richtig verstehe, waren sie der Überzeugung, dass das Kind nicht Gott sei, aber die nächste Mutter würde und man wollte sie deswegen behandeln wie die anderen auch...“ Unbewusst fasste Sherry sich an den linken Arm. „Sie haben das Kind geschlagen?“ Walter strich sich durch die Haare. „Wahrscheinlich. Das ist die übliche Prozedur. Immerhin kann Gott nur geboren werden, wenn das Elend über der Welt liegt. Das haben sie mit allen Kindern im Waisenhaus veranstaltet, nur mit dir nicht. Ich habe gehört, dass die letzten Führerin Claudia das dann abgeschafft hat, weil sie selbst unter ihrem Vater zu leiden gehabt hatte.“ „Wo ist Cecilia jetzt? Ich will mit ihr reden.“ Walter blätterte durch die Akte und schüttelte bedauernd seinen Kopf. „Tut mir Leid, davon steht hier nichts.“ „Wo ist ihr Kind?“ Er blätterte noch einmal durch die Akte. „Dazu steht hier nichts. Aber es würde passen, dass du das Kind bist. Jetzt bleibt nur die Frage: Bist du Gott oder bist du es nicht?“ „Lass die dummen Witze. Wenn nichts über Cecilia drin steht, dann muss sie noch leben, oder? Wo hat sie gewohnt?“ „Nicht weit weg. Da, wo sich Katz Street und Martin Street kreuzen, direkt an der Ecke. Vielleicht finden wir dort etwas, was auf den Aufenthaltsort von Cecilia hindeuten lässt.“ „Denkst du wirklich, dass sie meine Mutter ist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ihr seht euch so ähnlich, das kann kein Zufall mehr sein. Mehr als nachfragen können wir eh nicht und fragen kostet nichts – wenn sie überhaupt da ist.“ Sherry nickte. „Gut, probieren wir es. Aber lass mich das vorher auf der Karte markieren.“ Sie holte ihre Karte heraus und nahm einen der Stifte, der auf dem Tresen lag. Walter deutete auf die betreffende Stelle, welche sie direkt mit einem Kreis markierte. „Gut, gehen wir.“ Sie verließen das Gebäude wieder und liefen die Straße entlang. „Sag mal, Walter, hast du eigentlich auch schon eines dieser... Monster gesehen?“ Er wandte ihr den Kopf zu und lächelte sanft, wie man einem Kind zulächelte, wenn es eine seltsame Frage stellte. „Was für ein Monster?“ „Na ja, sie sehen ein wenig seltsam aus... Eines hat mich im Keller des Postgebäudes angegriffen.“ Sie beschrieb ihm das Wesen, welches auch tot vor Andrew gelegen hatte, ein wenig. Er schüttelte bedauernd seinen Kopf. „Nein, so eines habe ich noch nicht gesehen. Wäre aber bestimmt einmal interessant.“ „Fand ich gar nicht.“ Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich. Erst vor dem Haus blieben sie wieder stehen. Walter untersuchte die Klingelschilder, aber Sherry wusste es auch so: Hier hatte Cecilia einmal gewohnt. Ohne auf ihn zu warten öffnete sie die Tür und ging hinein. Sie bemerkte nicht, dass die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel, sie bemerkte auch nicht, dass Walter wie wild dagegen hämmerte und nicht hereinkam. Wie hypnotisiert ging sie die schmutzige Treppe hinauf. Sie kannte den Gang, lief an den Türen vorbei, bis sie vor einer bestimmten stehenblieb. Daneben war ein Messingschild auf dem gerade noch die Buchstaben Sto zu erkennen waren. Mit einer sanften Berührung schwang die Tür auf und gab den Blick auf die verkommene und ganz offensichtlich verlassene Wohnung frei. Außer der Einbauküche waren keine Möbel mehr da. Wäre nicht die eigentümliche Aura in der Wohnung gewesen, hätte Sherry geglaubt, hier hätte nie jemand gewohnt. Sie durchschritt das Wohnzimmer und ging in das kleine Zimmer nebenan. Auf dem Boden lag ein Brief. Sherry kniete sich hin, um ihn zu lesen. Ich wusste, dass du eines Tages hierher kommen würdest, es war unvermeidlich. Bestimmt kannst du dir nicht erklären, was es mit all dem auf sich hat. Ich weiß selber nicht mehr, was ich denken oder glauben soll. Ich habe gehört, was sie dir angetan haben. Dass sie dich geschlagen und sogar ihren großen Hund auf dich gehetzt haben, damit du ihnen den Weg ins Paradies öffnest. Gott gebären zu wollen, bedeutet große Schmerzen zu erdulden. Ich wollte das nie und du sicher auch nicht. Ich wünsche dir ein schöneres Leben als ich oder Alessa es hatten. Aber ich möchte dich sehen – nur einmal. Nur um dir zu erklären, was damals genau passiert ist. Und wer du wirklich bist. Falls du nicht zuviel Abscheu empfindest, triff mich im Rosewater Park an der Statue von Jennifer Carroll. Ich werde dort auf dich warten. Sie starrte die Nachricht nachdenklich an. Tatsächlich hatten die Leute bei denen sie aufgewachsen war sie geschlagen und auch den riesigen Hund auf sie gehetzt, damit sie Angst bekam. Wer hatte ihr diesen Brief geschrieben? Etwa wirklich Cecilia? Und wer würde im Park auf sie warten? Ohne noch länger darüber nachzudenken, packte sie die Nachricht ein und ging wieder ins Wohnzimmer zurück. Plötzlich war die Angst da. Walter stand noch immer vor der Tür, sie war völlig allein. Mit großen Schritten ging sie auf die Tür zu – und hielt inne. Die Umgebung begann, sich vor ihren Augen zu drehen, ihr Kopf drohte zu zerplatzen. Und irgendwo begann wieder die Alarmsirene zu heulen. Sherry blinzelte hastig. „Nein, verdammt. Nicht jet...“ Noch bevor sie den Satz beenden konnte, fiel sie zu Boden. Den Aufprall spürte sie nicht mehr. Sie war bereits ohnmächtig. ********************************************* Ja, mal wieder ein Kapi beendet. Hab zwei Tage daran geschrieben. O_O Endlich bekommt Ceci ein wenig Farbe. Keine Bange, Cecilia wird der letzte richtige Charakter sein. Danach kommen keine neuen Charaktere mehr. Ich bin grad mehr für Qualität statt Quantität. Kapitel 5: Clank ---------------- In der Ferne waren unmenschliche Schreie zu hören, in der Luft lag der ekelhaft süßliche Verwesungsgeruch. Sie wollte ihre Augen nicht öffnen, zu sehr fürchtete sie sich vor dem, was sie sehen könnte. Aber sie wollte auch nicht hier liegen bleiben. Also öffnete sie ihre Augen und sah nur Dunkelheit, genau wie in ihrem Traum auf der Parkbank. „Oh nein...“ Aber wenigstens wusste sie diesmal, wo sie war und was wahrscheinlich draußen im Gang geschehen würde. Sie konnte immer noch in die andere Richtung laufen. Ruhig schaltete sie die Taschenlampe ein und ging hinaus. Mit einem selbstsicheren Lächeln wandte sie sich nach links – und hätte am liebsten angefangen zu weinen. Es gab keinen Weg mehr, unendliche Schwärze reckte sich ihr entgegen. Und dem Geruch nach zu urteilen, war dies diesmal kein Versorgungsschacht. Schwer schluckend drehte sie sich wieder um. Der Gang erschien ihr so lang und bedrohlich und beim Gedanken daran, was sich an den Seiten davon befand, wurde ihr übel. Mit weichen Knien ging sie den Gang entlang. Das Geräusch eines Ventilators und die Schreie wurde lauter, langsam hörte sie auch die rastlos umherlaufenden Hunde, die nur manchmal stehenblieben, um kurz zu schnüffeln und dann wieder weiterliefen. Sherry blieb vor dem ersten Gitter stehen und sah die Hunde an. Sie waren genau wie in ihrem Traum, die blutigen Verbände, die spitzen Zähne, die heraushängenden Zungen... Sie zögerte nicht länger und rannte. Hinter sich hörte sie das erste Gitter brechen. Gleich darauf immer mehr. Die Tür vor ihr kam immer näher, genau so wie die Hunde hinter ihr. Innerlich bereitete sie sich auf den Aufprall vor und griff die Taschenlampe fester. Der Schmerz, als ihre Schulter auf das Holz traf, gab ihr deutlich zu verstehen, dass es diesmal kein Traum war. Aber wenigstens hielt sie die Taschenlampe noch in ihrer Hand. Von Panik erfasst hämmerte sie gegen die Tür. Die Hunde hinter ihr blieben stehen. Sie fuhr herum und sah den Tieren angsterfüllt entgegen. Ihr Atem ging in raschen Zügen, Schweißtropfen rannen über ihr Gesicht. Plötzlich spürte sie, wie etwas hinter ihr nachgab. Eine Hand packte ihren Oberarm und zog sie zurück. Die Tür wurde vor ihren Augen wieder zugeschlagen – und keine Sekunde zu spät. Ein Körper klatschte gegen die Tür und prallte auf dem Boden auf. Sherry atmete tief durch, nur ihr Herz beruhigte sich nur langsam wieder. „Oh, mein Gott! Das war knapp! Oh, mein Gott...“ „Ist alles in Ordnung?“ Diese Stimme! Sie wandte den Kopf und nickte Andrew zu. „Ja. Danke für deine Hilfe.“ „Kein Problem. Aber wohin bist du vorhin verschwunden?“ Einen Augenblick überlegte sie, ihm etwas Genaues zu erzählen, aber sie entschied sich doch dagegen, denn sie verstand ja selber nicht genau, was hier eigentlich vor sich ging. „Ich weiß es nicht genau. Aber wie kommst du hierher?“ Er zuckte mit seinen Schultern. Seine Augen wirkten ein wenig müde, seine Schultern hingen, er hatte seine Pistole nicht mehr dabei. „Ich bin an die Oberfläche und dann stand ich plötzlich in dieser unwirklichen Welt. Ein paar dieser Wesen, welche ich auch im Untergrund gesehen habe, haben mich verfolgt. Ich konnte sie abhängen, aber da hatte ich mich bereits verlaufen. Zu allem Überfluss ist mir auch noch die Munition ausgegangen.“ Ein erneutes Schulterzucken. „Ich habe die Waffe also auf eines dieser Viecher geworfen und bin gerannt. Und als ich dann verloren durch die Korridore wanderte, hörte ich plötzlich ein Klopfen an der Tür. Ich mache auf und Überraschung! Du bist es.“ „Du hast dich verlaufen?“, fragte Sherry. „Genau wie ich. Also... ich habe mich nicht richtig verlaufen, aber ich bin auch nicht dort, wo ich sein wollte...“ „Hast du deinen Begleiter inzwischen eigentlich gefunden?“ Sie nickte. „Ja, aber wir haben uns schon wieder verloren.“ Andrew seufzte laut und sah sich um. Sherry tat es ihm nach. Es war ein runder Raum mit zwei weiteren Türen. Das Geräusch des Ventilators schien von der rechten Tür zu kommen. „Wohin jetzt?“, fragte Sherry. „Ich kam gerade durch die Tür.“ Er deutete nach links. „Aber die führt nur wieder zu diesen Wesen zurück. Also gehen wir durch die andere, vielleicht finden wir ja einen Ausgang.“ „Okay.“ Gemeinsam gingen sie auf die Tür zu. Andrew öffnete sie vorsichtig und steckte den Kopf in den anderen Raum. Erst als er sichergestellt hatte, dass alles in Ordnung war, ging er hinein und winkte Sherry hinterher. Neugierig folgte sie ihm hinein. Bis auf ein Bett war der Raum leer. Für einen Moment sah Sherry ein junges Mädchen, welches ihr ähnelte, auf dem Bett liegen. Sie wandte ihnen den Kopf zu – und verschwand. War das Cecilia gewesen? Sherry schüttelte ihren Kopf und sah sich weiter um. Hinter einem verrosteten Gitter drehte sich ein großer Ventilator. Und dahinter... war noch etwas... Sie ging näher und sah genauer hin. Es war ein unförmiges, fleischfarbenes Etwas, welches einem Menschen glich, aber irgendwie auch nicht. Der Kopf des Wesens zuckte in wahnsinniger Geschwindigkeit unkontrolliert herum wie ein Fisch. Mit einem erschrockenen Schrei wich Sherry zurück. Andrew trat neben sie. „Was ist los?“ Stumm deutete sie auf das Wesen hinter dem Ventilator. Der Polizist wurde blass. „Was ist das?“ Ein plötzlicher Impuls in Sherry ließ sie die Antwort wissen: „Valtiel.“ Andrew sah sie ratlos an. „Wer oder was ist ein Valtiel?“ „Er ist Gottes Diener... so sagt es der Kult. Er erscheint, wenn Gottes Geburt bevorsteht, um die Mutter zu schützen und die Geburt stattfinden zu lassen. Schließlich beschützt er Gott...“ „Sherry? Woher weißt du das?“ Sie griff sich an die Stirn. „Ich weiß nicht genau... Ich bin bei einer gläubigen Ordensfamilie aufgewachsen, da muss es irgendwie hängen geblieben sein. Aber das kann... nicht sein. Valtiel ist nur irgend eine Fantasie-Figur!“ Wütend trat sie gegen das Gitter. Valtiels Kopfbewegungen hörten abrupt auf. Erschrocken trat sie erneut zurück. Andrew stellte sich beschützend vor sie. „Wird es uns etwas tun? Weißt du das auch zufällig?“ Sherry kramte in ihrer Erinnerung, schließlich schüttelte sie ihren Kopf. „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, Valtiel wird uns nur etwas tun, wenn wir versuchen Gott oder der Heiligen Mutter zu schaden.“ „Würde mir im Traum nicht einfallen.“ Vorsichtig wichen beide zurück, Valtiels Kopf begann wieder zu zucken. Sherry und Andrew atmeten erleichtert aus. „Das ist irgendwie krank.“, stellte der Mann fest. „Sollen wir weitergehen?“ Er deutete auf eine weitere Tür. Sherry warf noch einen Blick auf das leere Krankenbett, dann nickte sie. „Lass uns gehen, hier gibt es nichts mehr für uns.“ Wieder sah sich Andrew zuerst um, bevor er Sherry hinter sich hereinwinkte. Diesmal befanden sie sich wieder in einem Gang. Unter ihnen war kein Boden, sondern wieder ein Gitter wie in dieser Mauer, als Sherry dem Jungen gefolgt war. Unter dem Gitter erstreckte sich erneut die Dunkelheit. Sherry konnte es nicht mehr sehen. Sie hob den Kopf und folgte Andrew, der bereits einige Schritte vorausgelaufen war. Plötzlich begann ihr Radio zu rauschen. Der Polizist blieb stehen. „Was ist das?“ „Ein Radio. Es zeigt mir an, wenn Monster in der Nähe sind – glaube ich zumindest.“ Dabei fiel ihr auf, dass es bei den Hunden nicht gerauscht hatte – oder es war ihr nur nicht aufgefallen. „Hast du eine Waffe?“, fragte Andrew leise. Sherry wechselte die Taschenlampe in die linke Hand, dann griff sie in die Tasche und zog das Messer heraus. Mit wenigen Griffen entsicherte sie es und machte es zum Kampf bereit. „Und du?“ Er warf einen Blick umher und griff nach oben. Mit einem Ruck riss er ein Stück eines Stahlrohrs von der Decke. Dann nickte er. „Jetzt ja. Bist du bereit?“ „Ja.“ Nach einigen Schritten machte der Gang eine Biegung. Andrew sah um die Ecke und winkte Sherry heran. Sie sah ebenfalls hinüber. Es war eine seltsame Gestalt, ganz anders als die anderen, welche sie bisher gesehen hatte. Es war ein Mann. Er hatte etwas von einem Zombie an sich, die Haut wirkte verwest, die Kleidung war schmutzig, die Gelenke des Mannes waren ein wenig verdreht, der Mund stand weit offen. Aus irgendeinem verrückten Grund hatte Sherry das Gefühl, diesen Mann zu kennen. Vielleicht hätte sie ihn wiedererkannt, wenn er nicht so furchtbar ausgesehen hätte. Andrew deutete auf die Füße des Mannes. Sie erschrak. Er schwebte in der Luft und wechselte dabei mehrmals die Höhe, während er vor einer weiteren Tür hin und her schwebte. Sherry ging einige Schritte zurück, Andrew tat es ihr nach. Er sah ihr an, dass etwas nicht mit ihr stimmte. „Was ist los? Kennst du den etwa?“ „Ich weiß nicht... irgendwie schon. Frag mich nicht, ich habe keine Ahnung, ich weiß nur eines: Der Kerl da drüben kann nicht mehr leben.“ „Weißt du, ich war immer ein Fan von Zombiefilmen – aber nur weil ich dachte, dass so etwas nicht in Wirklichkeit passieren kann...“ Schweigend sahen sie sich an. Schließlich seufzte er. „Wir müssen irgendwie an ihm vorbei. Hast du einen Vorschlag?“ „Nein... können wir nicht einfach brutal sein? Er lebt doch ohnehin nicht mehr.“ Er sah sie überrascht lächelnd an. „Brutal? Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Frau einmal das sagen höre. Willst du das wirklich? Das ist kein Film.“ „Du brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen. Oder traust du dich nicht?“ Mit einem Ruck fuhr er herum – da hatte sie einen empfindlichen Punkt erwischt. „Okay, ich schlage ihn einmal und dann rennen wir, klar?“ „Jawohl, Sir!“, antwortete Sherry kichernd. Andrew huschte vor. Sie war sich nicht sicher warum, aber sie hatte ein ganz schlechtes Gefühl bei dieser Sache. Ein Teil von ihr hatte diesen Mann zu Lebzeiten gekannt und sagte ihr, dass er das verdient hatte, aber ein anderer Teil in ihr schien sie vor etwas warnen zu wollen. Der Polizist holte aus. Bevor er dem Schwebenden eins verpassen konnte, wandte sich ihm dieser zu. Andrew verharrte mit dem ausgestreckten Rohr und starrte das Wesen an. Es wirkte irgendwie grotesk. Warum tat er nichts? Der Schwebende ergriff Andrews Hals und zog ihn daran hoch, bis ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. Dann holte er mit der anderen Hand aus. Andrew tat immer noch nichts. Sherry schrie auf. Der Schwebende hob den Blick und sah sie direkt an. Seine Augen waren tot, aber Sherry kannte diesen Blick. Sie fühlte plötzlich Hände an ihren Unterarmen, die sie eisern festhielten, spürte einen Atem, der noch dazu ekelhaft nach Alkohol roch und hörte auch eine Stimme: „Stell dich nicht so an, Cecilia! Oder willst du, dass ich dir wehtue?“ Etwas in Sherry zerriss. Mit einem Schrei stürzte sie sich auf den Schwebenden. Sie rammte ihm das Messer in den Arm, der Andrew festhielt. Die Klinge brach dabei. Der Schwebende jaulte vor Schmerzen und ließ Andrew fallen. Sherry ließ das nutzlos gewordene Messer fallen und griff statt dessen nach dem immer noch starren Polizisten. Ohne Zeit zu verschwenden rannte sie auf die Tür zu. Der Schwebende hielt sich die Hand und klagte immer noch bitterlich. Sie öffnete die Tür, warf Andrew ohne nachzusehen, in den nächsten Raum. Dann drehte sie sich noch einmal zum Schwebenden um. Er heulte inzwischen in einem unmenschlichen Tonfall, versank aber langsam in den Boden, wo er in der unendlichen Dunkelheit verschwand. Sherry ging ebenfalls in den nächsten Raum und schloss die Tür hinter sich. Erst als sie geschlossen war, wagte sie es, erleichtert auszuatmen. Andrew rappelte sich inzwischen auch wieder auf. „Was zur Hölle war das!?“ „Keine Ahnung... aber warum hast du nichts getan? Du standest einfach nur da!“ „Ich konnte mich nicht bewegen!“, verteidigte er sich. „Es war als ob dieses Ding einfach die Kontrolle über meinen Körper übernommen hätte.“ Betreten senkte beide ihre Köpfe. Es war alles verrückt. Dieser Kerl hatte Cecilia gekannt, als er noch gelebt hatte. Was hatte er ihr nur angetan, dass Sherry so einen Hass auf ihn empfunden hatte? Ihr Blick fiel plötzlich wieder auf die Tür. Ein Zeitungsartikel klebte dort. Sie ging näher ran. Mitglied des Stadtrats stirbt in Mexiko Letzten Abend wurde die Leiche des Ratsmitgliedes Toby Archbolt in einem Wald in Mexiko gefunden. Archbolt galt bereits seit längerem als vermisst. Die Todesursache ist der Sturz von einer 100 Meter hohen Klippe. Obwohl die Polizei von einem Unfall ausgeht, wird ein Verbrechen nicht ausgeschlossen, da auf dem Körper der Leiche die Zahlen 14121 eingraviert waren. Ähnliches geschah bereits bei den Sullivan-Morden vor wenigen Jahren. Archbolt wurde im letzten Jahr für seine Verdienste für Silent Hill in den Stadtrat gewählt. „Toby... Archbolt...“ Sie schüttelte ihren Kopf. Darüber wollte sie nicht hier nachdenken. Andrew seufzte. „Es tut mir wirklich Leid.“ „Schon gut, du kannst nichts dafür. Sehen wir lieber zu, dass wir hier wegkommen, ich will nicht ewig hier bleiben – wo immer wir auch sind.“ Erst jetzt kam sie dazu, sich richtig umzusehen. Erneut stand ein Krankenbett hier im Raum, hinter einem rostigen Gitter drehte sich ein Ventilator, dahinter zuckte der Kopf eines Valtiels. „Sind wir in die richtige Richtung?“, fragte Andrew leise. Sherry nickte bestätigend. „Selbst im Eifer des Gefechts wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dich wieder in die andere Richtung zu schleppen.“ Allerdings musste sie zugeben, dass wirklich alles genau wie im letzten Raum aussah. Nur die anderen Türen fehlten. Es war eine Sackgasse. Andrew lief durch den Raum, um doch noch nach einem Ausgang zu suchen. Sherrys Blick fiel auf das Bett. Es war so weiß und wirkte unheimlich verlockend. Wie in Trance bewegte sie sich darauf zu und legte sich auch hinein. Sie spürte, wie etwas Warmes ihr über das Gesicht strich. Sie vergaß, wo sie sich befand, was gerade geschehen war. Vergaß Valtiel, Andrew und Walter. Sie wollte nur noch eines: Schlafen. Jemand trat neben sie und rief ihren Namen. „Sherry! Sherry, wach auf, das ist nicht der richtige Ort zum Schlafen!“ Sherry? Nein, das war nicht ihr Name, da musste sich diese Person irren. Aber wie war dann ihr Name? Sie wusste es nicht und es war auch egal. Alles, was jetzt noch zählte, war der tiefe und erholsame Schlaf, der sie erwartete. Sie schaltete ihre Gedanken ab – und schlief ein. Kapitel 6: A stray child ------------------------ Sie lief durch den Wald, stets darauf bedacht, kein lautes Geräusch von sich zu geben. Allerdings war das gar nicht so einfach. Es gab keinen richtigen Weg, weswegen sie durch das Unterholz laufen musste. Jedes Mal, wenn ein Ast knisternd unter ihren Füßen nachgab, verharrte sie und lauschte angespannt. Aber niemand außer ihr schien hier zu sein. Anscheinend hatte er die Verfolgung doch noch aufgegeben. Allein bei dem Gedanken an seinen alkoholgeschwängerten Atem oder seine schmutzigen Fingernägel wurde ihr wieder schlecht. Wachsam lief sie weiter und versuchte sich daran zu erinnern, in welche Richtung sie gelaufen war. Es wäre schlimm, wenn sie nur im Kreis gelaufen wäre. Warum konnte ihre Mutter jetzt nicht bei ihr sein? Ihre Mutter wusste immer, was zu tun war. Aber natürlich war sie wieder mal nicht da. Sie war nie da, wenn sie gebraucht wurde. Wie konnte ein solcher Mensch sich Mutter nennen? In ihrer Unachtsamkeit verursachte sie ein lauteres Geräusch als die anderen bisher. Ertappt hielt sie inne, wagte nicht einmal, den Kopf zu wenden, um sich umzusehen. Doch es war bereits zu spät. Ungeschickte Füße bahnten sich gewaltsam einen Weg durch das Unterholz. Eine lallende Stimme hallte durch den Wald: „Ceciiiliaaaaaaaaa! Ble-bleib steheeeen!“ Ohne noch länger zu zögern rannte sie los. Sie hatte nicht vor, ihm noch einmal über den Weg zu laufen. Ihre Mutter hatte sie immer vor ihm gewarnt. Aber warum musste auch gerade sie ihm begegnen? Konnte er sich nicht irgendwo anders aufhalten? Sie rannte immer weiter, achtete nicht mehr auf Geräusche oder ihre Umgebung. Irgendwann musste dieser Wald doch enden. Und er endete – an einem Abgrund. Sie blieb stehen. Vor ihr ging es steil bergab, der Toluca-Lake lag am Fuß dieses Hanges. Sie konnte jetzt springen oder versuchen, sich einen anderen Weg zu suchen. Der See trieb durch den Wind leichte Wellen, welche an das Ufer schwappten. Er schien sie einladen zu wollen, zu ihm zu kommen. Sich in seinem eisigen Wasser für immer zur Ruhe zu betten. Aber das hatte sie nicht vor. Sie wandte sich nach links und folgte dem Weg am Hang. Durch den Blick auf den See und die gegenüberliegende Uferseite, wusste sie, in welche Richtung sie laufen musste, um wieder in die Stadt und auch nach Hause zu kommen. Plötzlich erklang ein Geräusch und er stand vor ihr. Sie schrak zurück. Seine Augen waren rot unterlaufen, er starrte sie an. „Da bissu ja.“ Seine starke Alkoholfahne drehte ihr den Magen um. Ihr Blick ging zum See. Vielleicht war es doch besser, wenn sie sich hineinwarf. Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, griff er blitzartig nach ihren Unterarmen. Sein Griff war so fest wie der eines Schraubstockes. Verzweifelt versuchte sie sich zu befreien, aber sein Griff wurde nur noch fester. Sie stöhnte leise. Er grinste. „Stell dich nicht so an, Cecilia! Oder willst du, dass ich dir wehtue?“ Tränen traten in ihre Augen, aber sie wagte es nicht zu schreien. Sie wusste, dass er sie dann umbringen würde. Sie wollte nicht sterben. Nicht hier und nicht jetzt. Und vor allem nicht so. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen, als er sie auf den feuchten Boden nieder zwang. Sie wollte doch nur, dass er sie in Ruhe ließ, dass sie nach Hause gehen konnte... war das zuviel verlangt? Plötzlich sprang er auf und hielt sich den Kopf. Er schrie als würde sein gesamter Körper in Flammen stehen. „Du HEXE!! Was machst du mit mir!?!“ Sie wollte es lieber nicht rausfinden. Hastig stand sie wieder auf und rannte weiter in Richtung Heimat. Er dagegen krümmte sich vor Schmerzen und schrie immer weiter. „Das wirst du noch bereuen!! Das schwöre ich dir!“ Sie bemerkte durch die Tränen in ihren Augen nicht, dass sie an einem Jungen, der sich im Gebüsch versteckt und alles beobachtet hatte, vorbeirannte. Erst als sich die Haustür hinter ihr schloss, wagte sie es, sich zu Boden sinken und den Tränen freien Lauf zu lassen. Sie schluchzte laut und hemmungslos. Heute war sie ihm noch mal entkommen, aber was würde geschehen, wenn er sie doch wieder erwischen würde? Plötzlich hörte sie eine Tür klappern, gefolgt von Schritten und dann einer Stimme: „Cecilia?“ Es war ihre Mutter! Sie sprang auf und stürzte sich in deren Arme. „Mama!“ Durch ihr Schluchzen erklang das Wort nur undeutlich, aber ihre Mutter hatte es verstanden. „Cecilia, was ist passiert?“ „Mama!“ Das war alles, was sie hervorbrachte. Ihre Mutter strich ihr tröstend über den Rücken und führte sie dann in die Wohnung. *** Sherry öffnete langsam ihre Augen und sah sich verwirrt um. Sie hatte ihr eigenes Apartment erwartet, aber das hier sah mehr aus wie ein Krankenzimmer – ein altes Krankenzimmer. Plötzlich erinnerte sie sich wieder. Sie war nach Silent Hill gefahren und gerade eben war sie noch mit Andrew unterwegs gewesen, bevor sie plötzlich eingeschlafen war... Und dann hatte sie von Cecilia geträumt. Cecilia war Toby Archbolt mehrmals begegnet und er hatte ihr wehgetan... aber warum? War er... einfach böse? Vorsichtig stand Sherry auf und trat ans Fenster. Draußen herrschte wieder dichter Nebel. Aber von dem, was sie erkennen konnte, befand sie sich in der Ridgeview Medical Clinic. Möglicherweise war es auch das Zimmer gewesen, in dem Cecilia das Kind bekommen hatte. Der Treffpunkt im Park fiel ihr wieder ein. Sie sollte sich beeilen, wenn sie nicht wollte, dass Cecilia bereits wieder fort war, wenn sie ankam. Sie verließ das Zimmer und ging den schmutzigen Gang entlang. Viele Türen waren zu sehen, manche schienen in andere Krankenzimmer zu führen und eher wenige führten in Büros oder Behandlungszimmer. Sie kam an einer doppelflügigen Tür vorbei auf der in roten Lettern Operationssaal – Zutritt nur für Angestellte stand. Sie erinnerte sich wieder daran, dass ihr Messer auf der Anderen Seite abgebrochen war. Vielleicht konnte sie sich da drin ja eine neue Waffe besorgen. Behutsam öffnete sie die Tür und sah sich um. Sie stand im Vorbereitungsraum, durch eine Glasscheibe konnte sie in den eigentlichen OP-Raum sehen. Aber das, was sie suchte, glänzte ihr bereits hier von einem Tablett entgegen. Sie nahm das Skalpell in die Hand und betrachtete es genau. Es schien scharf zu sein. Scharf genug, um selbst durch die zäheste Haut zu schneiden. Aber wie sollte sie es transportieren, ohne sich selbst zu verletzen? Die Antwort darauf fiel ihr auch fast sofort ins Auge: Ein lederner Messerhalfter hing an der Wand. Sherry wusste nicht, was dieser hier tat, aber sie war inzwischen lang genug in der Stadt, um zu wissen, dass es hier keine Zufälle gab. Also nahm sie den Halfter und befestigte ihn an ihrem linken Oberschenkel. Schließlich steckte sie das Skalpell hinein. Es passte fast perfekt. Zufrieden fuhr sie herum und verließ schließlich das Gebäude. Da erst dachte sie wieder an Walter. Er war nirgends zu sehen. Sie wollte auch nicht nach ihm rufen, da das Monster hätte anlocken können. Ob er immer noch vor der Tür stand und auf sie wartete? Sie beschloss, es herauszufinden. Cecilia würde bestimmt Verständnis haben. Also lief sie wieder in Richtung der Kreuzung, wo sie ihn stehen gelassen hatte. Schon nach wenigen Schritten konnte sie allerdings einen Schatten im Nebel erkennen. Irgend etwas kam auf sie zu. Ihre Hand glitt zum Skalpell, aber sie brauchte es nicht mehr zu ziehen. „Walter?“ Er blieb einen Moment stehen und kam dann umso schneller wieder auf sie zu. „Sherry, da bist du ja! Ich habe mir Sorgen gemacht. Was ist passiert?“ „Ich... ich war wieder dort drüben und habe dort neben Andrew auch einen Mann namens Toby Archbolt gesehen.“ Sie musterte seine Augen, aber er ließ nicht erkennen, ob ihm der Name bekannt vorkam. „Und?“, fragt er schließlich. „Na ja, dann haben wir Valtiel gesehen und dann wachte ich plötzlich in der Klinik wieder auf.“ Den Traum ließ sie absichtlich weg, sie wollte ihm nicht davon erzählen. Walter nickte. „Okay, wollen wir dann weiter? Hast du irgendeine Spur gefunden, die uns weiterführt?“ „Ja.“ Sie erzählte ihm von dem Zettel und der Bitte um das Treffen im Park. Er nickte verstehend. „Der Rosewater-Park ist auf der westlichen Seite von Silent Hill, wir sind jetzt auf der östlichen. Aber schauen wir doch erst auf die Karte, eine Straße ist ja schon zu.“ Hastig holte Sherry die Karte hervor und faltete sie auseinander. Gemeinsam beugten sie sich darüber. „Also, der nördliche Teil der Neely Street ist unpassierbar“, sagte Walter. „Wir könnten es mal probieren, wenn wir die Katz Street nach Westen laufen, am Woodside Apartment vorbei. Die Straße haben wir noch nicht ausprobiert.“ Sherry nickte. „Machen wir das.“ Sie steckte die Karte wieder ein. Gemeinsam liefen sie die Straße entlang. Mit Walter zusammen fühlte Sherry sich unbesiegbar, obwohl er sie in das Loch hatte schubsen wollen. Woran das wohl lag? Ob das Liebe war? Sie verwarf diesen Gedanken wieder. Es gab wichtigere Dinge auf die sie sich konzentrieren musste. Sämtliche Schatten im Nebel, welche in der Entfernung ein Monster zu sein schienen, entpuppten sich beim Näherkommen lediglich als harmlose Laternen oder Mülltonnen. Sherry mochte diese Stadt nicht, sie wollte wieder nach Hause, zurück in ihr Apartment. Aber irgendwie wusste sie genau, dass das inzwischen nicht mehr so einfach möglich war. Entgegen ihrer Erwartungen war die Straße tatsächlich frei und sie kamen bis zu der Kreuzung mit der Munson Street. In südlicher Richtung war die Straße ebenfalls aufgerissen, aber sie mussten ohnehin nach Norden. Schon nach wenigen Metern konnte Sherry ein großes Gebäude erkennen, welches sie als Jack's Inn wieder erkannte. Es war eines der billigen Hotels in der Stadt, in welchem keine Touristen wohnten. Meistens hatten sich Leute, welche vorübergehend zum Arbeiten in der Stadt gewohnt hatten, hier einquartiert. Auch heute standen noch Autos im Hof. Eine der Zimmertüren stand offen und schien sie zu sich locken zu wollen. Sie blieb stehen. „Walter?“ Er blieb stehen und sah sie fragend an. „Was ist los?“ Stumm deutete sie auf die offene Tür. Er verstand und nickte. „Lass uns nachschauen.“ Wachsam liefen sie hinüber. Niemand war zu sehen, nichts außer ihren Schritten war zu hören. An der Tür angekommen, blieben sie wieder stehen. Das Licht im Inneren war an, aber auf den ersten Blick war niemand zu sehen, also gingen sie hinein. Zwei Betten standen unberührt im Raum, auf dem durchgesessenen Sofa lag eine Jacke, ein Koffer stand daneben. Während Sherry im Zimmer wartete, sah Walter im Bad nach. Irgendwie kam ihr die hier herrschende Atmosphäre bekannt vor, ja, es war genau die selbe, welche sie auch in Cecilias Wohnung gespürt hatte. Ob dies Cecilias Zimmer war? Kopfschüttelnd kam er wieder. „Hier ist niemand. Vielleicht hat der Einwohner dieses Zimmers einfach nur vergessen, die Tür zu schließen. Gehen wir weiter?“ Sherry nickte. „Ja, gehen wir.“ Sie gingen wieder hinaus und weiter in Richtung Park. „Weißt du, warum er Rosewater heißt?“, fragte Walter plötzlich. Sherry schüttelte den Kopf, er fuhr fort: „In der Mitte des 19. Jahrhunderts haben Christen die junge Jennifer Carroll getötet, indem sie sie in den See geworfen haben. Darum Rosewater, Rosenwasser.“ „Aber warum haben sie das getan?“ „Jennifer war die Gründerin des Ordens. Und du kannst dir vorstellen, dass Christen so etwas nicht gerne sehen. In deren Augen waren sie Teufelsanbeter.“ „Vielleicht sind sie das auch....“, murmelte Sherry. Walter sah sie stumm an, stellte aber keine Fragen. Schließlich wandte er den Blick wieder nach vorne. Sie betraten den Park und liefen hindurch. Bis auf das Wasser, welches an das Ufer schwappte, war alles ruhig. Langsam fragte Sherry sich, warum sie keinem dieser Wesen begegnete, wenn Walter dabei war. Bildete sie sich diese Dinge wirklich nur ein? Oder steckte da noch etwas hinter diesem Mann? Plötzlich blieb er stehen und sah nach rechts. Eine Statue war im Nebel zu erkennen und davor stand eine Gestalt. Walter sah Sherry auffordernd an. Sie nickte und trommelte noch einmal ihr letztes bisschen Mut zusammen. Mit weichen Beinen, die jederzeit unter ihr wegzubrechen drohten, ging sie auf die Statue zu. Die Gestalt davor nahm immer mehr Konturen an. Es war eine Frau, sie trug einen Schleier und hielt den Kopf gesenkt. Sherry schluckte noch einmal. „Cecilia?“ Kapitel 7: Flesh and blood -------------------------- „Cecilia?“ „Sie wollte hierher kommen, nicht wahr?“ Sherry wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Sie kannte diese Stimme. Es war die von - „Reue?“, fragte Sherry leise. „Bist du etwa Cecilia?“ Die religiöse Frau wandte sich Sherry zu und hob den Schleier. Ihre Augen blickten müde und auch traurig. Aus der Nähe betrachtet konnte man einige Falten in ihrem Gesicht erkennen. Sherry hatte dieses Gesicht bereits woanders gesehen, vor nicht allzu langer Zeit. „Ich bin nicht Cecilia.“, antwortete Reue. „Ich bin Cecilias Mutter gewesen.“ Erneut war es so als ob etwas in Sherrys Innerem reißen würde. „Warum sind Sie ihr dann nicht beigestanden, als Archbolt sie verfolgt hat!? Warum haben Sie nicht dafür gesorgt, dass Cecilia ein schönes Leben haben kann!? Und was zum Teufel machen Sie eigentlich hier!?“ Reue lächelte verständnisvoll. „Du hast recht. Ich hätte meine Tochter vor diesem Mann beschützen müssen, aber ich konnte es einfach nicht... ich war zu schwach. Und deswegen haben sie mir meine Enkelin weggenommen... Ich bin nun hier, um für die Erweckung unseres Gottes zu beten. Sie hat viel zu lange geruht...“ „Gott?“ Sie erinnerte sich wieder an Andrews Worte. Es mag sich lächerlich anhören, aber ich habe gehört, dass es einen Orden in der Stadt gab, der auf die Wiedergeburt Gottes hinarbeitete. Hastig schüttelte sie ihren Kopf. „Das ist doch alles Wahnsinn, was hier abläuft!“ Sie drehte sich um, ging in die Hocke, kniff die Augen zu und presste sich die Hände auf die Ohren. „Ich will von all dem nichts mehr hören. Ich will nur noch nach Hause!“ Tränen liefen plötzlich über ihr Gesicht. Ohne dass es ihr bewusst war, hatte sie auch Cecilias innigsten Wunsch ausgesprochen. Jemand kniete sich vor sie und legte seine Hände auf ihre Schultern. Sie öffnete ihre Augen wieder. Es war Walter, er lächelte sanft und das erste Mal fixierte sein Blick sie wirklich. „Sherry, möchtest du ihr wirklich nicht weiter zuhören? Du könntest mehr über dich selbst erfahren.“ Sie schwieg. Natürlich wollte sie mehr über sich selbst erfahren, das wollte jeder Mensch, aber sie hatte das sichere Gefühl, dass sich ihr ganzes Leben ändern würde, wenn sie weiter zuhörte – und das nicht zum Guten. „Aber wenn du nicht willst, dann verlassen wir die Stadt einfach wieder und ich bringe dich nach Hause.“ „Was ist mit dir?“, fragte Sherry leise. Er zuckte mit den Schultern. „Denk in erster Linie mal an dich. Wenn die Gerüchte stimmen, bin ich ohnehin tot.“ Sie senkte ihren Blick wieder. Sie wollte es wirklich, wirklich gern wissen, besonders was aus Cecilia geworden war und warum sie nicht hier war. Also stand sie wieder auf und wischte sich hastig mit dem Arm über die Augen. Dann erst drehte sie sich wieder zu Reue um. Die Frau stand immer noch so da, wie zuvor, sie schien nicht einmal einen Muskel bewegt zu haben. „Wo ist Cecilia?“, fragte Sherry. Reue legte eine Hand auf ihr Herz. „Wenn ich das wüsste... sie lief weg, nachdem man ihr das Kind weggenommen hatte. Ich hörte, sie sei erst im Wish-House gewesen und dann weiter weg... nach Paleville oder Pleasant River, ich weiß es nicht...“ „Aber sie hat ihre Mutter geliebt... warum haben Sie nichts von ihr gehört?“ Die Frau ließ die Hand wieder sinken. „Cecilia hasste mich dafür, dass ich es nicht geschafft hatte, ihr Kind vor denen zu retten. Deswegen ging sie und ich sah sie nie wieder.“ Plötzlich kam wieder Leben in die grauen Augen. „Aber dann kamst du in die Stadt und du siehst genauso aus wie meine Tochter. Und du brachtest Walter Sullivan mit, der Mann, der uns prophezeit worden war. Nicht St. Alessa hat Gott geboren – meine Tochter hat Gott geboren, mein eigen Fleisch und Blut.“ „Machen Sie mal halblang“, mischte Walter sich ein. „Sherry mag vielleicht nicht wie andere Menschen sein, aber bislang hat sie auch noch nichts gottesähnliches vollbracht, keine Wunder oder so. Und noch dazu sieht sie aus wie ein normaler Mensch.“ „Das Auge sieht nicht immer gut. Auch Dämonen tarnen sich – Götter machen das ebenso. Diese Stadt ist gefangen von Alessas erzürntem Unterbewusstsein, aber Sherrys Kräfte kämpfen dagegen an. Auch wenn sie nicht Gott ist, so wird sie die nächste Mutter sein.“ Sherry dachte wieder an Valtiel, den Diener Gottes und auch an die Dunkelheit zurück. War das wirklich alles ein Teil dieser Alessa? Und wer war Alessa überhaupt? Auch Cecilia hatte sie bereits erwähnt. „Reue... wer ist Alessa?“ „Alessa Gillespie ist die Tochter von Dahlia Gillespie, eine der früheren Führerinnen des Ordens. Dahlia tat alles, damit Alessa die Mutter Gottes werden würde. Sie misshandelte und quälte das arme Mädchen jahrelang, bis es tatsächlich soweit war – aber in Alessa hatte sich inzwischen so viel Hass angestaut, dass es kein guter Gott war, den sie da gebar. Statt dessen gebar sie einen Teufel.“ Den letzten Satz verstand Sherry kaum, so sehr senkte Reue ihre Stimme. „Ein Mensch tötete den Teufel und nahm die neu geborene Alessa mit sich, aber die Stadt litt jahrelang noch an den Auswirkungen von Alessas Geisteskräften. Viele Verbrecher wurden für ihre Sünden in die Stadt gerufen und hier bestraft. Und dann kehrte Alessa in Form eines Teenagers zurück, bereit, gegen ihren eigenen Gott vorzugehen – aber letztendlich war sie zu schwach. Und so lastet noch immer Alessas Fluch auf uns.“ Sherry schnaubte. „Du willst damit sagen, dass dieses ganze abgefahrene Zeug in dieser Stadt mit einem einzigen Mädchen zu tun hat? Tut mir Leid, aber das kann ich nicht glauben!“ Sie war einfach zum Du übergangen, ihr fiel kein anderer Weg ein, zu zeigen, wie wenig Respekt sie vor dieser Frau hatte. „Wenn du mir nicht glauben willst, überzeug dich selbst. Alessa hält sich im Lakeside-Amusement-Park auf. Dort kannst du mit ihr reden.“ Sherry zögerte einen Moment. Sollte sie dieser Alessa wirklich gegenüber treten? Oder war das ein Trick dieser Stadt? „Hört sich an wie ein typischer Gut gegen Böse Kampf“, urteilte Walter schließlich an Sherrys Stelle. „Ich weiß nicht, ob ich das glauben kann – oder ob Sherry es kann.“ „Aber wir könnten ja in den Park gehen“, schlug Sherry vor. „Bislang haben wir auch nichts Besseres vor oder siehst du das anders?“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein, das sehe ich genauso. Aber eine Frage hätte ich noch an Reue.“ Die Frau sah ihn aufmerksam an, als er seine Frage stellte: „Was meintest du damit, dass ich euch prophezeit worden bin?“ Sie lächelte hintergründig. „Wenn du es selber nicht weißt, ist es sinnlos, es dir erklären zu wollen. Wenn du dich selbst wieder daran erinnerst, wird dir alles klar werden.“ Damit wandte sie sich um und wollte davongehen. Sherry hielt sie noch einmal auf: „Warte! Du hast gewusst, dass Cecilia sich hier mit mir treffen wollte. Aber woher?“ Reue blickte sie an und antwortete als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: „Die Götter haben es mir so gesagt.“ Sie sah wieder nach vorne und lief weiter. Diesmal hielt Sherry nicht auf. Walter seufzte laut. „Seltsame Frau. Du bist ihr schon mal begegnet?“ Sherry nickte und erzählte ihm von ihrem ersten Treffen in der Kirche. Er verfolgte ihre Erzählung mit gerunzelter Stirn und verschränkten Armen. „Diese Stadt ist wirklich höchst mysteriös. Ob das wirklich etwas mit Alessa und dem Orden zu tun hat?“ Sie zuckte mit ihren Schultern. „Wer weiß? Es geschehen so viele verrückte Dinge in dieser Welt und vor allem in dieser Stadt... ich will inzwischen nicht mehr ausschließen, dass es so etwas wie Götter gibt, die das Leben manipulieren.“ „Gut, wenn du meinst. Wie gehen wir jetzt also vor? Ab in den Vergnügungspark?“ Sie dachte wieder an das Gefühl im Zimmer des Inns zurück und schüttelte ihren Kopf. „Erst möchte ich noch mal in dieses Zimmer zurück. Ich möchte etwas nachsehen.“ Er nickte. „In Ordnung, lass uns gehen.“ Nebeneinander liefen sie den Weg zum Inn zurück und standen schließlich wieder vor der Tür. Diesmal war sie geschlossen. „Hast du zugemacht, Walter?“, fragte Sherry. „Nein, ich dachte, du warst es.“ Die junge Frau griff nach dem Türknauf und drehte daran. Die Tür schwang auf. „Zumindest ist nicht verschlossen.“ Zum zweiten Mal an diesem Tag gingen sie hinein – aber diesmal war es anders. Der Koffer und die Jacke waren weg, das Zimmer wirkte alt und lange verlassen. Nur auf dem Tisch lag noch ein Zettel. Sherry ging näher und hob ihn hoch, um ihn besser lesen zu können. Liebste Sherry, es tut mir so Leid, dass ich dich nicht sehen konnte. Etwas, was ich nicht bedacht hatte, trat ein: Unsere Welten sind voneinander getrennt. Aus einem mir unerfindlichen Grund befindest du dich auf einer anderen Ebene von Silent Hill als ich. Ich hätte nicht gedacht, dass Alessa mich ausnimmt, aber scheinbar hegt sie keinen Groll gegen mich. Ich sitze hier in diesem Zimmer und frage mich, was in meinem Leben anders verlaufen ist als in ihrem... Aber ich glaube, ich habe einfach Glück gehabt. Ich weiß nicht, was du jetzt vorhast, aber sei vorsichtig. Alessa ist nicht zu unterschätzen und auch wenn sie nicht komplett böse ist, so hat sie es sehr schwer gehabt. Bitte, übe Nachsicht mit ihr. Und denk daran: Du bist mein Fleisch und Blut – auch wenn wir getrennt sind und ich dich noch nie gesehen habe, weiß ich einfach, dass du meine Tochter bist. Auf ewig deine Cecilia Sherry schüttelte ihren Kopf. Je mehr Informationen sie bekam, desto verwirrter wurde sie. War diese Alessa wirklich böse? Oder war das ein Trick? Oder war es etwas anderes? Und was meinte Cecilia mit den verschiedenen Ebenen von Silent Hill? Sicher, es gab diese Nebel-Ebene und die Andere Seite, aber gab es da auch noch eine normale Ebene? Ohne Monster? Mit Menschen? Walter seufzte und riss sie wieder in die derzeitige Wirklichkeit zurück. „Und jetzt? Sonst noch irgendwelche Wünsche für einen Umweg?“ Sie schüttelte erneut ihren Kopf und steckte den Zettel ein. „Nein, es ist okay, lass uns gehen. Ich brenne darauf, diese Alessa persönlich kennen zu lernen.“ „Na bitte, das wollte ich hören.“ Er lächelte wieder. „Na dann, lass uns auf der Karte nachsehen, wo dieser Park überhaupt ist. Nicht, dass wir uns irgendwie verlaufen.“ Sherry faltete die Karte auseinander, wieder einmal beugten sie sich darüber. Walter nickte. „Wenn wir der Nathan Avenue nach Nordwesten folgen, sollten wir direkt zum Park kommen. Also... bist du bereit dafür, Sherry?“ Sie packte die Karte wieder ein, ohne auf seine Frage zu antworten. Das interpretierte er als Zustimmung. „Sehr gut. Gehen wir?“ Sie verließen das Zimmer wieder und schlossen die Tür fest hinter sich. Da drinnen gab es nichts mehr für sie zu holen. Schweigend liefen sie die Nathan Avenue entlang. Erinnerungen strömten auf Sherry ein und überfluteten sie. Sie war nicht mehr in der Lage auseinanderzuhalten, welche ihr und welche Cecilia gehörten. Sie sah lachende Menschen auf der Straße, alle mit dem selben Ziel: dem Lakeside-Amusement-Park. Dazwischen auch weinende Kinder, deren Eltern keine Zeit oder kein Geld für so etwas hatten. Und darunter war auch ein schwarzhaariges Mädchen... Alessa Der Name zuckte durch Sherrys Gedanken. Das Mädchen sah nicht traurig aus, mehr verbittert, während sie auf die fröhlichen Kinder starrte als wären diese höchstpersönlich für ihr Leiden verantwortlich. Irgendwo in ihren Augen loderte ein verstecktes Feuer, welches die drohende Katastrophe bereits ankündigte und dennoch nahm niemand Notiz davon. Ein blondes etwas jüngeres Mädchen stand direkt neben ihr. Sie blickte sehnsüchtig und hoffnungsvoll. Beide Mädchen bildeten einen so starken Kontrast, aber sie hielten sich an den Händen. Bei diesem Anblick traten Sherry Tränen in die Augen. Bevor Walter, der seinen eigenen Gedanken nachhängend neben ihr herlief, etwas mitbekam, wischte sie sich unauffällig über die Augen, um die Tränen loszuwerden. Je näher sie dem Park kamen, desto stärker wurden die Erinnerungen und desto mehr schien Sherrys Kopf zu schmerzen. Sie war es gewohnt, Kopfschmerzen zu haben, aber diesmal war es irgendwie anders... als ob etwas Unfassbares versuchen würde, sich ihrer zu bemächtigen. Jede Faser ihres Seins sträubte sich gegen das Fremde und versuchte, es zu verdrängen, doch immer wieder fand es ein Versteck, wo es sich zumindest für kurze Zeit wieder erholen konnte, bevor es erneut einen Vorstoß versuchte. Vielleicht kam daher diese Dunkelheit, die nur sie und Walter nicht wahrnahm. Wenn Alessa ein Herz hatte, würde sie ihr bestimmt Rede und Antwort stehen. Vor dem Eingang des Parks blieben sie wieder stehen. Das Schild darüber verlor bereits seine Farbe, aber man konnte immer noch erahnen, für was es stand oder einst gestanden hatte. Walter lächelte zufrieden. „Na bitte, da sind wir.“ Die Sirenen erklangen erneut in der Ferne, langsam wechselte die Stadt wieder auf die Andere Seite. Die Dunkelheit zog heran und brachte das Blut, den Rost und die Gitter wieder mit sich. Inzwischen kannte sie es und es schockierte oder erschreckte sie nicht einmal mehr. Walter verschwand vollkommen in der Finsternis, vielleicht wechselte er nicht hinüber oder würde er diesmal bei ihr sein? „Ist das deine Art Willkommen zu sagen, Alessa?“, murmelte Sherry leise. „Ich fühle mich sehr geehrt, wirklich, aber du hättest dir keine Umstände machen müssen.“ Und erneut wurde es dunkel und als die Sirenen endlich verstummten wurde es auch wieder still als ob nie Licht oder auch nur ein Laut in dieser Stadt existiert hätte. Kapitel 8: She -------------- Sherry griff nach der Taschenlampe in ihrer Tasche und zog sie heraus. Es wurde Zeit, dass sie ein wenig Licht in die Dunkelheit brachte. Sie schaltete das Licht an und wandte sich zur Seite, um nach Walter zu sehen. Ihr erwartungsvolles Lächeln erstarb auf ihren Lippen. Das neben ihr war nicht Walter! Sie schrie auf und fiel rückwärts zu Boden. Das Wesen kam näher, während Sherry versuchte, davon wegzukommen. Es sah ein wenig so aus wie Valtiel, vielleicht war es das sogar, aber diesmal war er nicht hinter einem Käfig, sondern direkt vor ihr. „NEIN! Bleib weg!!“ Der Kopf des Wesens fing an unkontrolliert zu zucken. Sherry rappelte sich auf, fuhr herum und rannte so schnell wie möglich in den Park hinein. Egal, in welche Richtung, hauptsache, schnell weit weg von diesem Ding, welches Walters Platz eingenommen hatte. Jedes Fahrgeschäft an dem sie vorbeilief, setzte sich plötzlich in Bewegung. Es war bizarr, unheimlich und auch ein wenig faszinierend. Nach einer Ewigkeit blieb Sherry wieder stehen. Sie hielt sich die schmerzende Seite und versuchte tief durchzuatmen, während sie sich umsah. Entweder war das Wesen ihr nicht gefolgt oder sie hatte es abschütteln können. Die leuchtenden Fahrgeschäfte warfen zuckende Schatten in die Gegend. Die fröhlichen Melodien wirkten total fehl am Platz. Sherry wünschte sich, dass endlich Stille herrschte. Im nächsten Moment blieben die Geschäfte stehen und die Lichter erloschen. War das die Macht, von der Reue gesprochen hatte? Zögerliche Schritte ließen sie aufhorchen. „Warum haben alle angehalten?“ Sie drehte sich um und entdeckte - „Wally?“ Der kleine Junge sah sie fragend an. „Hast du alle anhalten lassen?“ „Was tust du hier?“, fragte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. „Wie kommst du hierher?“ Er zuckte mit seinen Schultern. „Ich weiß es nicht, ich war einfach hier.“ Sherry seufzte. „In Ordnung... weißt du, wo ich Alessa finde?“ Der Name schien etwas in ihm auszulösen. Er schüttelte heftig seinen Kopf. „Ich muss los.“ Eilig fuhr er herum und verschwand in der Dunkelheit. „Warte!“ Sherry rannte ihm hinterher. Er wusste etwas, da war sie sich sicher und sie wollte wissen, was es war, das er wusste. Da sie die längeren Beine hatte, war es kein Problem für sie, die entstandene Distanz wieder aufzuholen. Wally lief an an einem dieser überdimensionalen Plüschhasen vorbei. Sherry beachtete ihn nicht – und stürzte. Der Junge verschwand erneut in der Dunkelheit. Sie fluchte leise und wandte den Kopf. Der Plüschhase hatte sie am Bein gepackt. Sein Lächeln wirkte höhnisch, das verkrustete Blut in seinem rosa Fell ließ darauf schließen, dass er nicht gerade zimperlich mit Eindringlingen umging. Panisch trat Sherry mit ihrem freien Bein nach dem Wesen. Als Ergebnis hielt der Hase nun beide Beine fest im Griff. Sollte das ihr Ende sein? Ausgerechnet hier? Vielleicht war ja doch alles nur ein Traum. Sie schloss ihre Augen und wünschte sich zurück in ihr Apartment. Ein lautes Geräusch erklang, der Druck auf ihren Knöcheln verschwand. War sie zurückgekehrt? Langsam öffnete sie ihre Augen. Der Hase lag neben ihr auf dem Boden, jemand half ihr hoch. „Alles okay, Sherry?“ Sie wandte ihren Kopf in Richtung der Stimme. „Andrew? Wie kommst du hierher?“ Er schnaubte und schulterte das Eisenrohr. „Das sollte ich dich fragen. Du tauchst auf und verschwindest dauernd. Weißt du, wieviel Angst ich immer habe, dass dir etwas passiert? Und dann komme ich gerade rechtzeitig noch dazu, um dich vor diesem Hasen zu retten. Was ist nur los in dieser Stadt?“ „Ich kann dir das jetzt nicht erklären, ich muss...“ Ein plötzliches Geräusch unterbrach Sherry. Sie sah auf den Hasen hinab. Etwas drückte von innen gegen den Pelz. Sherry und Andrew wichen zurück. Ein Riss entstand im rosa Pelz, schwarzes Blut strömte daraus hervor, eine Gestalt schälte sich aus dem Kostüm. „Lauf!!“, rief Andrew. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Sie fuhr herum und rannte immer einen Schritt hinter dem Polizisten durch den Vergnügungspark. Erneut begannen die Fahrgeschäfte, sich zu bewegen, als sie vorbeirannten. Immer mehr dieser Gestalten kamen aus den Schatten auf sie zu. Manche dieser Wesen waren die Hunde, welche sie bereits mehrmals verfolgt hatten. Andere wiederum sahen genau so aus wie das Monster, das Sherry im Keller der Post getötet hatte. Und wieder andere waren ihr völlig fremd und sie verspürte auch keinerlei Interesse daran, sie sich näher anzusehen. Andrew blieb plötzlich stehen. Sherry ebenfalls. „Was ist los!?“ Er deutete stumm nach vorne. Sie folgte seinem Blick. Auch von dort kamen nun Monster. Sie kamen von allen Seiten, es gab keinen Ausweg mehr. Andrew schloss seine Hände so fest um das Stahlrohr, dass die Adern hervortraten. Sherry sah sich hektisch um. Es ist aus, schoss es ihr durch den Kopf. Hier kommen wir nie lebend raus! Doch erneut musste sie an Reues Worte denken: Diese Stadt ist gefangen von Alessas erzürntem Unterbewusstsein, aber Sherrys Kräfte kämpfen dagegen an. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und breitete die Arme aus. „Alessa! Wenn du mich haben willst, dann musst du selbst kommen, um mich zu holen! Ich will dir nichts tun! Ich will nur ein paar Fragen von dir beantwortet haben!“ Sie ließ ihre Arme wieder sinken und fügte murmelnd „Bitte“ hinzu. Die Monster blieben stehen. Alles stand still, auch die Fahrgeschäfte und die Musik. Aber die Lichter waren noch an. Andrew sah Sherry fragend an. „Wer ist Alessa?“ „Ich weiß es selber nicht so genau.“ Schritte erklangen, die Monster bildeten eine Gasse. Sherry schluckte, ihre Kehle war trocken, das Herz schlug ihr bis zum Hals, ihr Kopf schien platzen zu wollen. Andrew schien zu spüren, dass nun etwas vor sich ging, bei dem er eher stören würde. Er trat einige Schritte zurück, lockerte seinen Griff um das Stahlrohr nicht um eine Winzigkeit. Es war eine junge Frau, die da auf Sherry zulief, sie konnte nicht älter sein als 20. Sie trug braune Stiefel, einen grünen Minirock und eine ehemals weiße Weste, welche inzwischen verschmutzt war. An ihren Armgelenken trug sie orange-farbene Schweißbänder, die Uhr am linken Handgelenk war zersplittert. Ihre gefärbten Haare waren zerzaust, sie wirkte erschöpft, ganz anders als die Aura von Macht, die sie umgab. Je näher sie kam, desto schlimmer wurden Sherrys Kopfschmerzen, ihre Sicht verschwamm ein wenig. War das Alessa, die versuchte, ihre Gedanken zu übernehmen? Direkt vor ihr blieb die Frau stehen. Die Monster schlossen die Gasse wieder. Sherry blinzelte, um wieder etwas besser sehen zu können. „Bist du... Alessa?“ „Ja... das bin ich. Zumindest gab man mir diesen Namen vor langer Zeit. Was willst du in dieser Stadt? Sie gehört mir.“ „Ich sollte eher dich fragen, was du hier tust! Was soll das mit diesen Monstern und den Illusionen und allem? Das ist doch alles dein Werk, oder?“ Alessa lächelte kühl. „Ja, das ist mein Werk. Ich will, dass die Menschheit leidet, so wie ich gelitten habe. Sie haben nie aufgehört, mich zu quälen, egal, wie inständig ich darum gebeten habe.“ Sherry warf erneut einen Blick um sich. „Du möchtest alle leiden lassen, weil einige bestimmte Menschen dir wehgetan haben? Das ist falsch. Was ist zum Beispiel mit Kindern?“ „Auch diese haben mitgeholfen mich zu quälen!“ „Verdammt, Alessa! Du kannst Gleiches nicht mit Gleichem vergelten!“ „Warum nicht? Denkst du wirklich, du bist so viel besser als ich? Denkst du wirklich, ich weiß nicht, was du getan hast? Du hast deine Adoptiveltern umgebracht und bist dann weggerannt.“ Sherry schrak zurück. Alessa lachte. „Das ist der Grund, warum du hier bist. Das ist der Grund, warum du leidest. Auch eine heilige Mutter kann nicht einfach Menschen töten.“ Die Schwarzhaarige schüttelte heftig ihren Kopf und krümmte sich zusammen. „Nein, das habe ich nicht, das war ich nicht!“ Sie versuchte sich an die Nacht zu erinnern, in der sie ausgerissen war. Fieberhaft suchte sie in ihrer Erinnerung nach den Ereignissen bevor sie die Straße entlangrannte. Da war etwas gewesen. Eine Frau – wer war das? Sie hatte geschrien und dann... Plötzlich war überall Blut gewesen. Sherry sah sich selbst neben ihren toten Adoptiveltern sitzen und weinen. Dann eine Stimme: „Du solltest nicht weinen. Die Götter haben so entschieden, nun lauf und komm wieder in die Stadt zurück, wenn deine Zeit gekommen ist.“ Und sie war gerannt, ohne zu wissen wohin. So lange, bis ein Autofahrer sie unterwegs mitgenommen hatte. Ein Autofahrer namens - „Andrew!“ Er sah sie fragend an, als sie ihm den Kopf zuwandte, immer noch in dieser gekrümmten Haltung. Sie hatte alles genau vor sich, die Erinnerung kam wieder. Andrew hatte sie zurück nach Silent Hill bringen wollen, deswegen hatte sie ihm ins Lenkrad gegriffen und einen Unfall verursacht. Danach waren sie ins Krankenhaus gekommen, wer hatte den Notruf gewählt? Und im Krankenhaus hatte Sherry erfahren, dass Andrew nicht überlebt hatte. Aber er stand doch direkt hinter ihr. Vielleicht war das alles auch nur eine Komafantasie? Oder vielleicht war sie auch bei diesem Unfall gestorben und dies war wirklich die Hölle? Alessa lachte durch die Nase. „Ganz schön unangenehm, wenn die Wahrheit rauskommt, nicht wahr? Tja, ich denke, dann wirst du nun glücklich sein, wenn ich dich auch töte. Du wirst ein Teil meines Paradieses werden.“ Sie griff in ihre Tasche und zog ein breites Messer heraus. Sherry sank auf die Knie und schloss die Augen. Das war es nun endgültig, dies war das Ende, sie fühlte es. Alessa holte aus. Ein plötzlicher Lufthauch entstand vor ihr, dann klirrte Metall auf Metall. Sie öffnete ihre Augen wieder. Valtiel stand vor ihr – und daneben Wally. „Valtiel? Aber warum...?“ Wally drehte sich zu ihr um. „Er hat dir doch versprochen, dass er dich beschützen wird.“ „Was zum...!?“ Andrew riss Sherry hoch. „Komm schon, lass uns abhauen!“ Er zog sie hinter sich her, während er auf die starren Monster zusteuerte. Als sie näher kamen, begangen die Wesen, sich wieder zu bewegen. Andrew wich zurück. Sherry wandte den Kopf und sah zu Alessa, Valtiel und Wally zurück. Der Gottesdiener setzte Alessa ganz schön zu, Sherrys Kopfschmerzen ließen nach. Gleichzeitig schien auch etwas mit der Umgebung zu passieren. Einige der Monster verschwanden und Valtiel nahm die Form an von - „Walter!“ Sie wollte sich losreißen, um ihm zu helfen, aber Andrew hielt ihren Unterarm umklammert. „Komm jetzt, wir müssen hier lang!“ „Nein, lass mich los!“ Alessa stürzte zu Boden, Walter nutzte die Gelegenheit, um sich Sherry zuzuwenden: „Lauf jetzt! Wir treffen uns später! Du musst weitermachen!“ „Aber was ist mit dir!?“ „Mach dir keine Sorgen um mich, ich komme mit ihr schon klar!“ Sie wollte erneut widersprechen, aber sein Blick zeigte ihr, dass Widerspruch zwecklos war, also fuhr sie herum und folgte Andrew weiter. Walter wandte sich wieder Alessa zu, welche sich langsam aufrichtete. „So, du denkst also, du kannst uns alle vernichten, hmm? Dann zeig mir doch mal, was du einem Untoten antun kannst.“ Sie wischte sich etwas Blut vom Mundwinkel und lächelte wieder zynisch. „Du weißt es also?“ „Natürlich. Ich bin nicht blöd. Ich lebe nur noch, weil sie es so will. Sie mochte mich schon immer.“ Er sah zu Wally hinunter, welcher seinen Blick ein wenig fragend erwiderte. Alessa lachte leise. „Gut, dann bringen wir es hinter uns.“ *** Es kam Sherry wie eine Ewigkeit vor, bis Andrew endlich wieder stehenblieb. Er drehte sich zu ihr um. „Was ist da gerade geschehen? Was geht hier vor?“ Sie sah ihn an und wusste erst nicht, was sie antworten sollte. Aber schließlich fühlte sie sich dennoch dazu verpflichtet: „Diese Stadt steht unter der Kontrolle Alessas. Alessa sollte die nächste Mutter Gottes werden, aber ihr Zorn hat nur dafür gesorgt, dass die Stadt in Dunkelheit getaucht wurde und sich in einen lebenden Albtraum verwandelt hat.“ „Und was mache ich hier? Sag es mir!“ „Hast du nicht selbst gesagt, dass du hierher geschickt worden bist?“ Andrew senkte seinen Kopf und seufzte laut. „Das ist auch richtig... Aber ich habe so seltsame Erinnerungen. Als ich dich im Untergrund getroffen habe, war ich sicher, dich schon einmal gesehen zu haben. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich bei einem Autounfall gestorben bin – aber ich lebe noch, irgendwie. Nur hört diese Dunkelheit nicht auf und ich kann die Stadt nicht verlassen. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie lange ich schon hier bin.“ Sherry überlegte, ihm von dem Autounfall zu erzählen, aber sie entschied sich dagegen. Sie hatte das Gefühl, ihn noch zu brauchen und eine innere Stimme sagte ihr, dass er verschwinden würde, sobald er die Wahrheit weiß. Inzwischen konnte sie sich einiges zusammenreimen. Wenn Alessas Kraft nachließ, dann war der Ort auf der Nebel-Ebene und wenn ihre Kräfte zunahmen, dann rutschte die Stadt auf die Andere Seite. Und manchmal überschnitten sich ihre Kräfte scheinbar mit denen von Sherry. Aber warum befand sich Cecilia auf keiner dieser Seiten? Hatte Alessa sie wirklich ausgenommen? Oder steckte noch etwas anderes dahinter? Und dann diese Kopfschmerzen... Der Vergnügungspark als unmittelbares Zentrum von Alessa war von daher verstärkt unter ihrem Einfluss. Wenn Sherry es schaffte, Alessa woanders hinzulocken, konnte sie möglicherweise zumindest das mentale Duell für sich entscheiden. Aber um einen anderen Ort zu finden, mussten erst einmal die Kopfschmerzen verschwinden und dafür musste sie hier weg. Andrew lief still neben ihr her und sah sie ein wenig besorgt an. Sie sagte nichts, sondern lief einfach weiter geradeaus. Irgendwo musste der Park einen Ausgang haben – und wenn sie ihn selbst schaffen musste. Kapitel 9: Tears of... ---------------------- Es hatte Ewigkeiten gedauert, aber schließlich hatten sie einen Ausgang gefunden. Weitere Kämpfe hatte es zum Glück nicht gegeben, denn die Monster, die von Alessa erschaffen worden waren, schienen gegen Sherrys Wesen zu kämpfen und damit vollauf beschäftigt zu sein. Die junge Frau wusste nicht, warum das so war, aber im Moment war sie erleichtert darüber. Außerhalb des Parks hatten Sherrys Kopfschmerzen ein wenig nachgelassen, es waren keine dieser Monster mehr zu sehen, aber dunkel war es immer noch. „Können wir uns kurz ausruhen?“, fragte sie Andrew, wartete seine Antwort aber gar nicht erst ab, sondern setzte sich direkt auf eine Bank, die am Ufer des Sees stand. Das Wasser war tiefrot und schien zu dampfen, wenn man zu lange hinsah. War Alessas Zorn auf die Menschheit wirklich so gewaltig? Konnte man ihn dann überhaupt eindämmen? Sherry legte den Kopf in den Nacken und sah an den Himmel. Kein Leuchtkörper war zu sehen, es war als ob die Dunkelheit einfach das Licht in sich aufgesogen hätte. Andrew setzte sich neben sie und starrte ins Wasser hinunter. „Sherry... was ist mit mir passiert?“ Sie sah ihn fragend an, er fuhr fort: „Ich fühle mich so kalt an, ich kann mein Herz nicht schlagen spüren. Und ich denke, du weißt, was geschehen ist.“ „Andrew... es tut mir so Leid... es ist meine Schuld. Weißt du... vor gut 16 Jahren... bin ich von zu Hause weggerannt, als jemand meine Adoptiveltern getötet hat... auf der Straße traf ich schließlich einen Autofahrer, der sich bereit erklärte, mich mitzunehmen. Aber er war Polizist, der in Silent Hill einige Untersuchungen anstellen sollte, deswegen wollte er mich wieder zurückbringen. Ich verursachte einen Autounfall und... überlebte. Aber der Fahrer starb...“ „Lass mich raten. Der Fahrer war ich.“ Sie nickte, er seufzte. „Darum kamst du mir so bekannt vor. Und anstatt nur Wochen bin ich jahrelang durch diese Stadt geirrt... Aber warum? Was geht hier vor?“ Er schien nicht wirklich überrascht über diese Eröffnung, sondern eher ein Stück erleichtert. Bestimmt hatte ihn die Ungewissheit und die Einsamkeit fast wahnsinnig gemacht. „Ich verstehe es auch noch nicht so ganz, die Erinnerungen weigern sich, sich mir zu öffnen, aber es hat eindeutig etwas mit dem Kult dieser Stadt zu tun“, versuchte Sherry zu erklären. „Diese ganze Umgebung galt bei den Indianern als heilig, bereits die Ureinwohner Amerikas vollführten hier mysteriöse Rituale. Ich habe nie an Gott oder Religionen geglaubt, aber ich schätze, hier bleibt mir keine andere Wahl. Du kannst es gern als dumme Ausrede ansehen, aber ich denke, dass ein sehr mächtiges Wesen, welches meinen Verstand übersteigt, seine Hände im Spiel hat.“ Andrew seufzte tief. „Ich war mein ganzes Leben lang Christ, aber niemand hat mir gesagt, dass das Leben nach dem Tod so aussehen würde.“ Er ließ seinen Blick über die nähere Umgebung schweifen. „Oder das hier ist die Hölle.“ „Du irrst dich, Bruder, dies ist das Paradies.“ Sherry fuhr auf und wandte sich um. „Reue?“ Cecilias Mutter hatte die Hände gefaltet und sah Andrew mit einer Mischung aus Hochmut und Mitleid an. „Diese Welt ist das Paradies, das Gott uns erschaffen hat.“ Sherry schnaubte. „Wenn du das hier als Paradies bezeichnest, dann möchte ich nicht wissen, wie deine Vorstellung von der Hölle aussieht.“ Reue lachte leise. „Findest du es denn nicht wundervoll hier? Ich weiß doch, dass es dir Freude bereitet, wenn du siehst wie andere leiden und sterben.“ „Wie kommst du auf solch einen Unsinn?“, fauchte Sherry. „Außerdem hörtest du dich letztes Mal ganz anders an. Da warst du dafür, dass ich Alessa unbedingt treffe, damit...“ Ihre Stimme erstarb, als ihr die Wahrheit schlagartig bewusst wurde. Reue hatte sie nicht geschickt, um Alessa zu besänftigen oder gar aufzuhalten. Die Frau hatte sie in den Park geschickt, um Alessas Macht zu vergrößern. „Es überrascht mich, dass du lebend entkommen konntest.“, gab Reue offen zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass Valtiel so weit gehen würde, sich gegen seine eigene Herrin aufzulehnen. Aber wer weiß, vielleicht ist ja nicht Alessa die richtige Mutter Gottes gewesen – sondern Cecilia.“ Diesmal sagte sie es ohne jeglichen Stolz in der Stimme. Sherry schüttelte ihren Kopf. „Ich bin nicht Gott, verdammt noch mal! Mein Name ist Sherry Blossem, ich bin 28 Jahre alt und wohne in Ashfield. Ich habe häufig Albträume und wache an ungewöhnlichen Orten auf. Aber ich bin nicht Gott!“ Sie sank auf die Knie, den Blick zu Boden gerichtet, ein einziges Häufchen Elend und schluchzte leise. Reue sah kalt auf sie hinab. „Es ist beschämend, wenn ich daran denke, dass in jemandem wie dir vielleicht Gott heranwachsen konnte. Deswegen... erlaube mir, dich von diesem Schicksal zu erlösen, dass dich so sehr zu erdrücken scheint.“ Aus den Augenwinkeln sah sie ein Blitzen, dann hörte sie einen erstickten Schrei. „Narr!“, hörte sie Reue sagen. Sherry sah auf. Andrew lag blutend vor ihr auf der Straße. „Andrew...“ Reue lächelte kalt. Die Klinge des Messers in ihrer Hand schimmerte nass und rot. Andrew verletzt... das ganze Blut... es erinnerte sie wieder an den Unfall... wie zornig war sie damals auf ihre Dummheit gewesen... aber diesmal hatte sie einen anderen Schuldigen außer sich selbst! Reue! Mit einem Schrei fuhr Sherry auf. Sie zog das Skalpell aus dem Halfter – und rammte es der überraschten Reue mitten in die Brust. Die Frau wich zurück und starrte ungläubig auf den Griff, der noch herausragte. Sherry sank wieder neben Andrew zusammen und hob seinen Oberkörper vorsichtig an. Er war eigenartig leicht. „Andrew... Andrew, mach die Augen auf.“ Blut tropfte aus seinem Mund und strömte aus seiner Brust. Wie konnte das sein, wenn sein Herz nach eigenen Angaben nicht mehr schlug? Vielleicht weil Alessa es so wollte? Oder weil Sherry sich so das Sterben vorstellte? Er öffnete seine Augen und lächelte sie mühevoll an. „Sherry... du bist so hell...“ „Andrew, bitte!“, flehte sie. „Du darfst nicht sterben! Lass mich hier nicht allein!“ „Vergiss nicht... ich bin schon tot... jetzt darf ich also... endlich gehen, ja?“ Tränen traten in ihre Augen und tropften auf seinen Körper. Sie musste ihn gehen lassen, hier konnte er nicht bleiben, es war kein Ort, an den man gehen wollte, wenn man tot war. Kein guter Ort. „Ich lasse dich gehen“, sagte sie lächelnd unter Tränen. „Bitte, ruhe in Frieden, auch für mich.“ Er schloss seine Augen. Ein seltsames Licht umhüllte seinen Körper, dann löste er sich in helle Funken auf, welche in den Himmel davonflogen. Sherry sah ihnen eine Weile hinterher, ihre Kopfschmerzen waren verschwunden, der Himmel klarte wieder auf, das Licht kam zurück. Bestimmt war Andrew nun an einem besseren Ort... ob er all die Jahre nur hier geblieben war, weil er sie in diesem Moment hatte beschützen müssen? War es ein Teil seines Schicksals gewesen? Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und sah Reue an. Die Frau rang immer noch mit dem Tod und spuckte dabei ein Gemisch aus Blut und Speichel aus. „Du wirst es nicht schaffen, uns aufzuhalten. Nichts kann uns mehr stoppen.“ „Uns?“, fragte Sherry. „Meinst du den Orden?“ Reue lächelte. „Gott wird dich mit ihrem himmlischen Zorn bestrafen. Du Mörderin wirst nicht einfach so davonkommen.“ „Und was ist mit dir?“ „Ich erwarte keine Vergebung... dieses Privileg habe ich vor langer Zeit verspielt.“ Sherry schüttelte ihren Kopf. „Vergebung ist kein Privileg, Vergebung ist ein menschlicher Akt.“ Sie kniete sich vor Reue und fasste sie an den Schultern. „Und deswegen vergebe ich dir.“ Die Augen der Sterbenden weiteten sich in erneutem Erstaunen. „Du... du vergibst mir, Cecilia? Du vergibst deiner törichten alten Mutter?“ Die junge Frau nickte. Tränen traten in Reues Augen. „Ich bin... dir so dankbar... Ich wünschte, ich hätte mich ein wenig besser um dich gekümmert, als wir noch die gemeinsame Zeit gehabt haben.“ Die Tränen liefen über ihr Gesicht und mischten sich mit dem Blut. „Noch ist es nicht zu spät. Du kannst sie noch aufhalten. Geh in die Kirche am See, hinter dem Vergnügungspark. In den tiefsten Eingeweiden der Kirchen wirst du den Kern des Übels finden. Der Dämon lauert dort.“ „Der Dämon...“ „Du kannst ihn vernichten, das weiß ich. Geh mit Valtiel dorthin.“ Reues Körper fing ebenfalls an zu leuchten und löste sich dann überraschend schnell auch in Funken auf. Das Skalpell fiel klappernd zu Boden. Reues Messer lag bereits dort. Es war nicht so, dass Reue ihr etwas bedeutet hätte oder dass sie sich jetzt verpflichtet fühlte, traurig über ihren Tod zu sein... aber irgendwie waren sie ja doch Fleisch und Blut gewesen, deswegen blieb Sherry einen Moment still und andächtig sitzen. Schließlich hob sie das Skalpell auf und steckte es zurück in den Halfter. Nach kurzem Zögern nahm sie auch das Messer an sich und steckte es in die Tasche, die immer noch um ihre Hüften hing. Dann endlich nahm sie die Karte heraus und suchte nach der Kirche. Tatsächlich, hinter dem Vergnügungspark gab es ein solches Gebäude. Es widerstrebte Sherry noch einmal dort hindurch zu gehen, aber wenn es keinen anderen Weg gab... und wenn Alessa nicht der wirkliche Kern dieses Übels war, dann müsste Sherry es doch schaffen können, sie auch zu töten, wenn es sein musste, oder? Auch das missfiel ihr. Sie wollte nicht töten... es war so grausam. Egal, ob jemand schnell starb oder lange leiden musste, es war in jedem Fall grausam. Sie verstaute die Karte wieder und richtete sich auf. Ihre Schritte Richtung Park waren entschlossen und nicht mehr so zögerlich wie zu Anfang ihres kleinen Abenteuers in dieser Stadt. Erst vor dem Park blieb sie wieder stehen. Sie hatte ihn mit Andrew durch einen Seitenausgang verlassen und wollte ihn nun allein dadurch wieder betreten. Sie legte noch einmal den Kopf in den Nacken und holte tief Luft. Vielleicht war es das letzte Mal, dass sie sich so lebendig fühlen würde. Der Nebel lichtete sich ein wenig, so dass sie die Sonne hinter der dichten Wolkendecke zumindest erahnen konnte. Sie sah wieder zum Park und zog erneut das Skalpell hervor. „Okay, packen wir's an.“ ************************************ *drop* Ich hab den Eindruck, die Kapitel werden immer kürzer... Anyway, ich hoffe, die Qualität hat zumindest gestimmt. ^^ Kapitel 10: Unhappy Carousel ---------------------------- Sherry lief langsam durch den Park. Es war wieder dunkel geworden, aber sie hatte keine Kopfschmerzen. Und Monster waren auch keine zu sehen. Als ob nur noch Alessa und sie in dieser Stadt existieren würden. Und hoffentlich auch noch Walter. Obwohl sie in den Stunden, die sie in dieser Stadt verbracht hatte, emotional gewachsen war, war sie sich nicht sicher, ob sie es ohne ihn bis zum Ende durchhalten würde – wenn es überhaupt ein Ende gab. Sie wusste immerhin nicht, wer ihr wirklicher Feind war. Dämonen, Götter, Monster... Bisher hatte sie das alles für Bestandteile einer erfundenen Geschichte gehalten. Hätte nicht einmal zu träumen gewagt, dass sie selbst ein Teil einer solchen Geschichte werden würde. Nur in ihrem Fall war es ein Horrormärchen und niemand würde dazu kommen, es irgend jemandem zu erzählen – also musste sie überleben, damit zumindest sie es mit jemandem teilen könnte. Auch wenn ihr mit Sicherheit niemand glauben würde. Aber das waren Märchen nunmal: Sie waren unglaubwürdig und einfach erfundene Geschichten, die man Kindern erzählte. Ihr hatte nie jemand Märchen erzählt, ihre Adoptiveltern hatten ihr nur die Geschichten des Ordens weitergegeben. Alle Märchen, die sie kannte, hatte sie später selbst irgendwo gelesen. Während sie ihren Gedanken nachging, merkte sie nicht, wie ihre Füße automatisch den Weg zum Karussell anschlugen. Es war ein altmodisches Gerät. Weiße Pferde waren im Kreis an Stangen befestigt. Aber allen Pferden fehlte der Kopf, dafür waren sie voller Blut, als ob ihre Wunden wirklich geblutet hätten... Es sah alles irgendwie unglücklich aus, nicht mehr wie der einstmals fröhliche Platz, der es einmal gewesen sein musste. Sherry strich vorsichtig über eines der Pferde und ließ dann wieder ihren Blick umherschweifen. Ein Rollstuhl stand ebenfalls hier, darin saß Alessa und starrte sie an. „Du bist also zurück gekommen?“ Die Schwarzhaarige wandte sich ihr zu und verstärkte ihren Griff um das Skalpell. „Wo ist Walter?“ „Wir kamen darin überein, dass es nichts bringt, unsere Kräfte miteinander zu messen. Deswegen ist er losgezogen, um dich zu suchen. Über kurz oder lang wird er bestimmt auch hier auftauchen.“ Neben dem Karussell entdeckte Sherry plötzlich einen weiteren Rollstuhl. Darin saß ein älter Mann mit einem braunen Trenchcoat, er schien tot zu sein, zumindest bewegte er sich nicht. Alessa folgte ihrem Blick. „Das ist Douglas Cartland... ein Privatdetektiv. Wegen ihm ist das alles passiert. Wegen ihm bin ich jetzt hier.“ „Warum hast du seine Leiche...?“ „Er war der einzige, der sich um mich um meiner Selbst willen gekümmert hat – außer meinem Dad. Und wenn ich Douglas ansehe, habe ich das Gefühl, dass ich stärker sein kann als das andere Wesen.“ „Das andere Wesen?“ Alessa richtete sich mühevoll auf und lief ein wenig steif umher. „Ich weiß nicht genau, was es ist, ich denke, niemand weiß das wirklich. Aber es ist schon lange hier. Ich glaube, es existiert schon länger als diese Stadt, vielleicht sogar länger als die Menschheit.“ „Der Kern dieses Übels...“ Alessa nickte. „Genau. Die Leute bezeichnen es als Gott, ich würde es eher als Dämon bezeichnen. Wobei auch dies das falsche Wort ist. Ich habe gelernt, dass es mit der Zeit stirbt, nur um wiedergeboren zu werden und dann die Form anzunehmen, die sein Wirt haben will. Und am meisten Freude macht es ihm, wenn er dabei Menschen quälen darf.“ So machte es irgendwie Sinn... ihre Adoptiveltern hatten ihr erzählt, dass Gott nur geboren wird, wenn die Menschen in Zeiten größter Not waren. Vielleicht gab es zwei verschiedene Götter? Einer brachte den Menschen Not, dann wurde ein anderer Gott geboren, welcher die Menschheit glücklich machte und dann dann starb, woraufhin der böse Gott wieder erwachte... Es schien ein unendlicher Kreislauf zu sein. „Hat dieses Etwas auch einen Namen?“ Alessa schloss ihre Augen und schien zu überlegen, schließlich nickte sie. „Samael...“ Der Name sagte ihr etwas... sie hatte ihn bereits in einem ihrer Träume gehört. Aber in welchem Zusammenhang war das nur gewesen? „Für mich ist es bereits zu spät“, seufzte Alessa. „Ich bin bereits so weit gegangen, dass ich nicht mehr zurück kann. Aber du solltest diese Stadt verlassen, solange du noch kannst.“ „Du würdest mich gehen lassen? Macht es dir Spaß, die Märtyrerin zu spielen?“ „Märtyrerin?“ Sherry schnaubte. „Du spielst dich auf, als würdest du dich für alle aufopfern wollen, um die Menschen zu beschützen, obwohl du ihnen allen den Tod wünschst. Warum gehst du nicht zu Samael und bekämpfst ihn?“ „Weil es sinnlos ist. Er wird immer wieder geboren, solange die Menschheit existiert.“ „Unsinn! Nichts kann ewig leben, auch kein Gott. Warum sonst sollte der Orden einen Gott anbeten, der zuerst von einer Sterblichen geboren werden muss? Ich bin sicher, dass dann auch ein Sterblicher diesen Samael töten kann – vor allem weil ich ohnehin nicht an seine Macht glaube.“ Alessa schien ernsthaft über diese Worte nachzudenken, aber schließlich schüttelte sie doch ihren Kopf. „Ich denke nicht, dass das funktionieren wird.“ „Dann werde ich es eben selbst tun!“ Sherry erblickte eine Tür hinter dem Karussell, sie wollte darauf zugehen, aber Alessa trat ihr in den Weg. „Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen.“ „Bitte geh mir aus dem Weg. Ich will dich nicht verletzen.“ Alessa zog wieder ihr Messer aus ihrer Weste. Sherry seufzte. „Muss das wirklich sein?“ „Wenn du in die Kirche willst, ja. Ich stelle es dir ein letztes Mal frei zu gehen. Du kannst die Stadt verlassen und dein normales Leben weiterführen, niemand wird dich mehr hierher bringen.“ „Nein, ich bin genau wie du. Ich bin bereits so weit gegangen, dass ich nicht mehr zurück kann. Wenn ich mich dem Kern nicht stelle, werde ich ohnehin nicht mehr normal leben können.“ Alessa lächelte. „Vielleicht war es vorherbestimmt, dass wir uns heute treffen – auch wenn ich nicht wirklich an das Schicksal glaube.“ Sie hob das Messer, kampfbereit. „Lass uns anfangen.“ Alessa versuchte sie zu umrunden, aber jeden Schritt, den sie tat, glich Sherry mit einem eigenen Schritt wieder aus. Ihre Hände waren nass und glitschig geworden, das Skalpell drohte ihr immer wieder aus der Hand zu fallen. Hinter ihrer Stirn spürte sie wieder ein Pochen, ihr Gegenüber versuchte erneut, auf ihre Gedanken zuzugreifen, aber das würde sie nicht zulassen. Sherry machte einen Ausfallschritt, das Skalpell verfehlte Alessas Gesicht nur um wenige Millimeter. Die Blonde holte grimmig lächelnd aus. Sherry schrie auf und ließ das Skalpell fallen, welches aus ihrer Reichweite schlitterte. Schluchzend ließ sie sich auf die Knie fallen. Dunkles Blut strömte aus ihrem rechten Unterarm, in den ihre Gegnerin das Messer gerammt hatte. Alessa sah überheblich grinsend auf sie hinunter. „Denkst du immer noch, dass du eine Chance gegen Samael hast, wenn du schon gegen mich verlierst?“ „Wer sagt, dass ich verliere?“, murmelte Sherry. „Sieh dich doch an. Du kannst nichts anderes als auf dem Boden zu sitzen und zu schluchzen. Ohne Valtiel bist du ein Nichts, ein Niemand! Jemand wie du könnte nicht mal im normalen Leben lange überleben, weißt du das?“ Red du nur, dachte Sherry bei sich. Ihre linke Hand fuhr langsam in ihre Tasche und umfasste den Griff von Reues Messer. Jetzt war der beste Zeitpunkt, um gläubig zu werden. Sie schickte ein Stoßgebet an den Himmel. In einer einzigen ruckartigen Bewegung zog sie das Messer heraus, sprang auf und rammte Alessa die Klinge in den Hals. Ihrer überraschten Gegnerin blieb keine Zeit zur Reaktion mehr. Sie taumelte röchelnd rückwärts, bis sie mit dem Rücken an die Mittelsäule des Karussells stieß. Ein kleines Blutrinnsal lief ihr aus dem Mundwinkel, während sie unter Schmerzen keuchte. Sherry ließ sich wieder fallen und hielt ihr rechtes Handgelenk, welches inzwischen durch ihre Gedankenkraft verheilte. Alessa rutschte erneut röchelnd mit weit aufgerissenen Augen an der Säule herunter und blieb schließlich reglos und still auf dem Boden sitzen. Wie aus dem Nichts kamen plötzlich Walter und Wally angelaufen. Sherry sah beide überrascht an. „Was tut ihr hier?“ Walter kniete sich neben sie, während Wally sich neben Alessa setzte. „Wir sind wegen euch zurück gekommen“, erklärte der Mann. „Ist alles in Ordnung?“ Sie nickte. „Ja, ich bin okay. Aber was ist mit Alessa? Ist sie... ist sie tot?“ „Nicht wirklich“, antwortete der kleine Junge. „Sie ist eine auserwählte Mutter, sie kann nicht einfach so sterben. Mach dir keine Sorgen.“ „Ich wollte nicht, dass jemand stirbt...“, sagte Sherry leise. „Ich wollte doch nur das alles hinter mich bringen...“ Walter legte ihr einen Arm um die Schulter. „Das wird schon alles wieder. Du wirst sehen, gemeinsam werden wir es schaffen.“ „Ja.“ Sie stand auf und wischte sich den Staub von der Kleidung. Wally reichte ihr das Messer, welches er aus Alessas Hals gezogen hatte. „Du wirst es noch brauchen.“ Sie nahm es entgegen. „Danke.“ Ihr Blick fiel auf Alessa. Sie sah so friedlich aus, sie hatte allen Menschen den Tod gewünscht, aber vielleicht nur, weil sie selbst unbedingt hatte sterben wollen... Sherry sah zu Douglas hinüber. Wenn man so viel in seinem Leben verloren hatte, konnte der Tod vielleicht eine Erlösung sein... Sie schüttelte ihren Kopf, um die Gedanken wieder loszuwerden. Es war wichtig, dass sie sich auf ihr nächstes Ziel konzentrierte. Walter nickte seiner kleinen Ausgabe zu. „Du kümmerst dich um Alessa, ich begleite Sherry.“ „In Ordnung“, stimmte Wally zu. Der Mann wandte sich wieder an Sherry: „Also gut, bist du bereit? Das ist deine letzte Gelegenheit zum Abhauen. Keiner würde dir einen Vorwurf machen.“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Ich werde das durchziehen. Denn jetzt... möchte ich diesen Samael endlich mal kennen lernen.“ ************************* Hmm, ich glaube, ich habe meinen Wörterdurchschnitt behalten. Nächstes Mal gibt es das erste der alternativen Enden. ^^ Kapitel 11: BONUS – UFO Ending ------------------------------ Also, das hier ist lediglich ein Scherz-Ende! Es ist keineswegs ernst zu nehmen oder so. ^^ Ich widme dieses Kapitel Schattenläufer (Sephi), weil er mich auf die Idee gebracht hat und er mir außerdem eine Elfen Lied Episode geschickt hat. ^^ ***************************************** Sherry legte den Kopf in den Nacken, als sie ein seltsames Geräusch hörte. „Was ist das denn?“ Lichter erschienen am Himmel. Walter runzelte seine Stirn. „Vielleicht Aliens.“ Er lachte. Die Lichter kamen näher, aber es waren wirklich - „UFOs!“, rief Sherry aus. „Das kann doch nicht...!“ Die UFOs landeten auf einem freien Platz direkt vor ihnen. Eine Luke öffnete sich und eine Gestalt erschien im Licht. Beide starrten ungläubig darauf. Ein kleines Wesen kam auf sie zu. Die großen schwarzen Augen schimmerten wie ein Opal, die Haut war blass, mit einem leichten Grünton. Es piepste irgend etwas. Sherry und Walter sahen sich fragend an. „Verstehst du das?“ Sie schüttelten beide ihre Köpfe und sahen wieder auf den Außerirdischen hinab. Dieser schien zu überlegen, was er nun tun sollte. Schließlich ließ er eine Karte erscheinen. „Ich glaube, er fragt, wo er ist“, vermutete Walter. Sherry betrachtete sich die Karte und deutete auf einen bestimmten Punkt. „Wir sind hier.“ Der Alien nickte und ließ die Karte wieder verschwinden. „Was hat er jetzt vor?“, fragte Walter. Sherry zuckte mit ihren Schultern. „Keine Ahnung, warten wir es mal ab...“ Plötzlich zeigte das Wesen hinter die beiden. Sie fuhren herum und wurden von den beiden anderen Aliens niedergeschossen. Zufrieden transportierten die Wesen sie in das UFO und flogen wieder davon. ******************************************* Joar, das war's, im nächsten Kapi geht’s wieder ernsthaft weiter. XDD Kapitel 12: True ---------------- Sherry und Walter gingen durch die Tür in die Kirche hinein. Alessa öffnete ihre Augen und sah Wally an. „Du lässt sie wirklich gehen?“ „Was soll ich tun? Sie will es unbedingt.“ „Sie ist eure letzte Verbündete, Valtiel, das ist dir hoffentlich klar?“ Er nickte. „Er wird schon auf sie aufpassen, sie ist nicht allein, sie wird nicht so wie du enden.“ „Warum lasst ihr mich nicht einfach sterben?“ „Du kannst gehen, wenn sie deinen Platz übernimmt.“ Alessa lächelte grimmig. „Dann will ich doch mal abwarten, wie es weitergeht.“ *** Sherry war noch nie während eines Gottesdienstes in einer Kirche gewesen, egal welchen Glaubens. Aber sie war sich sicher, dass es so normalerweise nicht während einer Messe aussah. Auf den Bänken saßen Tote, blutige Pfützen hatten sich unter ihnen gebildet, auf dem Altar lag die Leiche eines scheinbar jungen Priesters. Die einstmals sicherlich bunten Fensterscheiben, waren schwarz. Sie schluckte. „Was ist hier passiert?“ „Samael scheint nicht gern völlig allein zu sein“, vermutete Walter. Ein leises Kichern erklang aus der ersten Reihe. Plötzlich sprang ein kleines Mädchen auf, lief quer durch den Raum und verschwand durch eine Tür. „He, das war ich!“, rief Sherry aus. „Aber... wie ist das möglich?“ „Folgen wir ihr“, schlug Walter vor. Sie gingen ebenfalls durch die Tür und befanden sich plötzlich in - „Ashfield“, murmelte Sherry. „Aber wir haben das Gebäude doch gar nicht verlassen.“ Walter sah sich interessiert um. „Das muss eine Projektion sein. Irgend jemand will, dass wir das hier sehen. Da! Da drüben bist du!“ Sie folgte seinem Blick und erkannte tatsächlich sich selbst, wie sie die Straße hinunterlief. Es war ein seltsames Gefühl, fast so als ob man die Wirklichkeit verlassen hätte. Irgendwie kam es ihr auch mehr so vor als ob sie das alles aus den Augen eines anderen sehen würde. Einige Schritte hinter ihr lief etwas, es war kaum zu erkennen, aber es war ganz deutlich da. Es war Valtiel! Sie erinnerte sich deutlich daran, dass sie sich immer irgendwie verfolgt gefühlt hatte. Deswegen war sie ja beim Arzt gewesen und deswegen hatte man bei ihr eine Art paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Was ihre Ärzte wohl sagen würden, wenn sie das sehen könnten? Bestimmt würden sie es dennoch nicht glauben. „Das bist du, oder?“, fragte sie an Walter gewandt. „Du warst die ganze Zeit bei mir.“ Er nickte. „Natürlich. Das war immerhin auch mein Auftrag. Dich zu beschützen hatte immer oberste Priorität. Und deswegen hast du auch den Autounfall überlebt.“ „Aber warum habe ich dich erst heute gesehen? Oder wann auch immer es war.“ Sie konnte nicht glauben, dass alle Ereignisse an einem einzigen Tag geschehen sein sollten. Alles, was sie vor ihrer Fahrt nach Silent Hill erlebt hatte, erschien ihr wie ein völlig anderes Leben. „Nun ja,“, antwortete Walter, „die Stadt hat dich erst heute gerufen, deswegen ging es erst heute. Du bist nicht ohne Grund in den Park gegangen.“ Die Stadt hatte sie gerufen... Ja, sie war eine Närrin gewesen, zu glauben, dass sie vor dieser Stadt hatte fliehen können. Wen Silent Hill erst einmal in den Klauen hatte, den ließ es nicht mehr los. Heftig schüttelte sie ihren Kopf. Die andere Sherry blieb plötzlich stehen und fuhr herum. Ein helles Licht erstrahlte. Als es wieder erlosch, befanden sie sich wieder in dem Zimmer der Ridgeview Medical Clinic. Eine Gestalt lag auf dem Bett und schluchzte heftig. Sie hatte große Ähnlichkeit mit Sherry, es musste Cecilia sein. Ihre Unterarme bluteten leicht, schienen aber nicht wirklich verletzt zu sein. Mit Blut getränkte Verbände lagen rings um das Bett verstreut. Die Tür öffnete sich und eine Krankenschwester kam herein. Ohne ein Wort zu sagen kniete sie sich neben das Bett, hob die blutigen Verbände auf und legte sie in eine extra dafür mitgebrachte Schale. Sie stand wieder auf. Cecilias Hand schnellte hervor und packte die Frau am Unterarm. Erschrocken schrie sie auf. Die Schale in ihrer Hand fiel klappernd zu Boden. „Wo ist es?“, zischte Cecilia. „Wo ist mein Kind!?“ „Doktor!“, kreischte die Krankenschwester „Doktor!“ Noch einmal öffnete sich die Tür. Ein Arzt kam hereingestürmt. „Cecilia, lass sie los. Sie hat damit doch gar nichts zu tun.“ Das Mädchen ließ die Krankenschwester los, welche sofort schluchzend aus dem Zimmer rannte. Cecilia richtete sich auf. „Wo ist mein Kind!?“ „Sie hat es nicht überlebt, es war eine Totge...“ „Lügner!!“, unterbrach sie ihn. „Sie lebt! Ich kann es spüren! Wo ist sie!?“ „In Sicherheit, du brauchst dir keine Sorgen um sie zu machen.“ „Ich will sie sehen.“ „Das ist leider nicht möglich.“ Cecilia kniff ihre Augen zusammen und fixierte ihn. Mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck wich er zurück. „Nein, bitte nicht. Das ist doch nicht meine Idee gewesen.“ Er griff sich keuchend an die Brust. „Bitte... ich sage dir auch, wessen Idee es war. Aber bitte...“ Seine Brustschmerzen schienen nachzulassen, er lächelte erleichtert. „Danke. Also, es war Dahlias Idee. Sie meinte, das Kind sollte bei einer Ordensfamilie aufwachsen, damit Gott nicht auf dumme Gedanken kommt.“ „Dahlia, also...“, murmelte Cecilia. „Vielen Dank für die Information.“ „Oh, kein Problem, ich...“ Er brach mitten im Satz ab, seine Augen waren angsterfüllt geweitet. Sein Kopf drehte sich einmal knacksend um die eigene Achse – und fiel dann einfach herunter. Blut spritzte an die Wand und als die Leiche auf dem Boden aufschlug auch dorthin. Gelassen stand Cecilia auf und begann, sich anzuziehen. „So war das also...“, murmelte Sherry. Wieder erstrahlte dieses Licht und als es erneut erlosch, waren sie wieder woanders. Auch diesmal erkannte Sherry es sofort. „Das ist das Apartment in dem meine Adoptiveltern gelebt haben.“ Es klopfte an der Tür. Ihre Adoptivmutter öffnete gut gelaunt, immerhin hatten sie für heute Gäste erwartet. Doch als sie die Person vor der Tür erblickte, entfuhr ihr ein lauter Schrei – dann fiel sie auch schon kopflos zu Boden. Die Frau vor der Tür kam herein, es war Cecilia. Sherrys Adoptivvater stellte sich in die Wohnzimmertür, so dass die junge Sherry nicht hinaus kam. In seiner ausgestreckten Hand hielt er eine Art Siegel. „Verschwinde von hier! Du bekommst das Mädchen nicht!“ „Wer sagt, dass ich das Kind will?“ „Huh?“ Sein Arm mit dem Siegel verdrehte sich. Er schrie auf und übertönte damit fast das Geräusch der brechenden Knochen. Schließlich riss der Arm aus der Schulter und landete auf dem Boden. Noch mehr Blut... Die junge Sherry stand hinter ihm und starrte ungläubig darauf, sogar zu schockiert um zu schreien. Mit einem heftigen Ruck verdrehte sich sein Kopf und der leblos gewordene Körper fiel zu Boden. Das kleine Mädchen setzte sich neben ihn und rüttelte an seiner Schulter. „Daddy, Daddy, sag doch etwas. Daddy!“ Natürlich gab er keine Antwort. Die erwachsene Sherry würgte leicht, Tränen stiegen ihr in die Augen. Auch wenn ihre Adoptiveltern immer einiges von ihr verlangt hatten, sie waren dennoch ihre Eltern gewesen und so zu sterben hatte niemand verdient. Cecilia zertrat das Siegel und sah auf das inzwischen weinende Mädchen hinab. „D-daddy... mommy...“ „Du solltest nicht weinen“, sagte Cecilia sanft. „Die Götter haben so entschieden, nun lauf und komm wieder in die Stadt zurück, wenn deine Zeit gekommen ist.“ Die junge Sherry sah sie ungläubig an. „Wer bist du?“ „Das wirst du schon noch erfahren. Nun lauf, bevor die anderen Gäste kommen. Dieses blutige Spektakel willst du bestimmt nicht miterleben.“ Die Szene blendete aus. Sherry erinnerte sich, dass sie danach gehört hatte, dass man elf Leichen in der Wohnung gefunden hatte. Und dass sie als vermisst galt. Erneut fanden sie sich in Ashfield wieder, diesmal vor einem Geschäft, welches Fernseher verkaufte. Im Schaufenster standen einige Ausstellungsstücke, welche alle die neuesten Nachrichten zeigten. Sherry als Schülerin stand mit einigen Mädchen aus ihrer Klasse davor. Bilder von Walter Sullivan waren zu sehen, er war gerade nach seinem zehnten Mord festgenommen worden. Die Mädchen seufzten. „Er sieht so gut aus, wie kann so jemand nur ein Mörder sein? Das ist bestimmt ein Irrtum.“ „Aber sein Name war in die Leichen eingeritzt“, wandte eine andere ein. „Egal, er sieht auf jeden Fall geil aus.“ Nur Sherry schien den seltsamen Blick des Mannes zu bemerken, spürte den Drang in ihm für sein Ziel weiter zu morden, egal wie viele Gitter versuchen würden, ihn festzuhalten. Das war der Moment gewesen, in dem sie angefangen hatte Walter Sullivan zu bewundern. Diese Entschlossenheit, dieses Durchhaltevermögen, die Rücksichtslosigkeit mit der vorgegangen war. Sie wollte genauso werden wie er, um den Tod ihrer Adoptiveltern zu rächen. Irgendwann hatte sie dieses Ziel aus den Augen verloren, vergessen, verdrängt, was auch immer. Aber Walter Sullivan war immer ihr Vorbild geblieben, auch nach der Nachricht seines Todes. Und als die Morde in seinem Namen weitergegangen waren, war sie der festen Überzeugung gewesen, dass es Walter war. Obwohl er tot war, verfolgte er sein Ziel weiter und ihre Bewunderung für ihn war ins Unermessliche gestiegen. „Darum siehst du aus wie Walter Sullivan? Du hast diese Szene damals mitbekommen?“ Walter/Valtiel nickte. „Richtig. Der echte Walter existiert nicht mehr. Auch der kleine Walter nicht. Wir sind beides Valtiels, welche einfach die Gestalt angenommen haben, der du am ehesten vertraut hättest.“ „Ich dachte immer, es gäbe nur einen Valtiel.“ „Es gibt so viele von uns wie es Götter gibt. Ich glaube, wir kommen in den Kern der Erinnerung.“ Plötzlich befanden sie sich an einem Ort, den Sherry noch nie gesehen hatte. Es war düster und irgendwie unheimlich. Ein seltsames Wesen lag auf dem Boden, es schien tot zu sein. Alessa saß einige Meter davon entfernt und schluchzte leise. „Dad...“ Plötzlich erhob sich ein Schatten im Hintergrund und kam langsam auf sie zu. Alessa wandte den Kopf. Und auch Sherry sah genauer hin. Es war wieder Cecilia. War diese Frau etwa der Kern? Der Ursprung von dem hier? Hatte sie Sherry deswegen immer tiefer in die Stadt gelockt? Cecilia lächelte Alessa an und erneut verblasste die Szene. Diesmal befanden sie sich in einem Raum, den Sherry sehr gut kannte. Es war eine der Sicherheitszellen im St. Jerome Krankenhaus. So manches Mal war sie bereits hier drin gewesen, weil die Ärzte befürchtet hatten, sie würde sich etwas antun, aber sie war auch stets wieder herausgekommen. Jenseits der Tür konnte sie etwas spüren, eine mächtige Aura. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Walter/Valtiel legte eine Hand auf ihre Schulter. „Du kannst dich nun entscheiden. Zurück kannst du nicht mehr, aber du kannst weitergehen und weitere Entscheidungen fällen oder du kannst hierbleiben und darauf warten, dass du stirbst.“ Sie lächelte grimmig. „Ich bin extra dafür gekommen. Und wenn es wirklich Cecilia ist, kann ich endlich Rache für meine Adoptiveltern nehmen. Ich...“ Sie wandte sich ihm zu. „Ich möchte dir danken, dass du die ganze Zeit an meiner Seite warst. Du hast mir wirklich geholfen. Aber ich denke, den Rest muss ich alleine machen.“ Er nickte. „Eine gute Wahl.“ Dann holte er einen Revolver hervor und gab ihn ihr. „Es ist nicht viel, aber besser als nichts und auch besser als nur ein Messer. Sei vorsichtig und wäge deine Entscheidungen gut ab.“ „Danke.“ Sie schaffte es, den Revolver in ihrem leeren Halfter unterzubringen, während sie das Messer in der linken Hand behielt. Noch einmal atmete sie tief aus. Dann öffnete sie die Tür und trat hindurch. ********************************* Das letzte Kapi vor dem Finale und dem Bad Ending. Ich kann nicht glauben, dass sich diese FF dem Ende zuneigt. T___T Kapitel 13: I found you ----------------------- Zuerst war alles weiß... So weiß... Aber langsam nahm alles klarere Formen an. Sie war wieder in dem Raum, in dem auch Alessa und dieses Monster gewesen waren. Das Wesen war nicht mehr da, aber auf einer etwas erhöhten Plattform saß eine Frau. Sie summte leise vor sich hin, während sie einer übel zugerichteten Puppe das noch verbliebene Haar bürstete. Plötzlich hielt die Frau inne und sah auf. „Ich hätte nicht gedacht, dass du es wirklich bis hierher schaffen würdest. Eigentlich dachte ich, dass Alessa dich aufhalten würde, aber umso besser.“ Vorsichtig stand sie auf und legte die Puppe hinter sich. „Cecilia... ich habe dich gefunden.“ „Falsch.“, widersprach sie. „Ich sehe vielleicht aus wie Cecilia, aber ich bin es nicht. Das Mädchen, welches du unter diesem Namen kennst, ist schon lange fort. Sie floh aus ihrem Körper und überließ ihn mir.“ „Und wer bist du?“ Sie legte lächelnd den Kopf schräg. „Im Laufe meiner Existenz haben mir die Menschen viele Namen gegeben. Dämon, Teufel, Satan, Luzifer, manch einer mag mich sogar als Gott bezeichnen. Aber ich persönlich bevorzuge den Namen Samael.“ „Du bist das also. Und was willst du von mir?“ Samael seufzte. „Ich dachte, das hättest du inzwischen begriffen, aber was will man von einem Menschen erwarten, auch wenn er deine Fähigkeiten mitbringt?“ Sie schüttelte bedauernd ihren Kopf. „Also, es ist ganz einfach. Mein sehnlichster Wunsch ist es, diese Welt in ein Paradies zu verwandeln. Ein Paradies für mich und meine Jünger. Ein Paradies in dem Schmerz und Leid an der Tagesordnung ist. So wie du es in dieser Stadt gesehen hast.“ Sherry schnaubte. Diese Samael war genauso verrückt wie Reue. „Na bitte, da hast du doch dein Paradies“, sagte Sherry. „Was willst du dann noch mehr?“ Die Dämonin in Menschengestalt schüttelte erneut ihren Kopf. „Ich habe irgendwie das Gefühl, du willst mich nicht verstehen. Eine einzige Stadt, in der außerdem niemand mehr lebt, ist nicht genug. Ich will die gesamte Welt in dieses Paradies einverleiben.“ Sie hob die Arme und legte den Kopf in den Nacken. „Dank des Einsatzes von Walter habe ich einen kleinen Teil von Ashfield unter meiner Kontrolle, aber leider ist das immer noch nicht genug. Alessa war so töricht, sich gegen mich aufzulehnen, sie sperrte mich mit ihrem Willen in diesen Raum. Nein, vielleicht war ich töricht. Ich dachte, sie wünscht sich den Tod der Menschheit genauso wie ich, aber leider war das nicht der Fall.“ Sherry wich zurück und legte ihre rechte Hand auf den Halfter. „Und was willst du dann von mir?“ „Du, Sherry, hast Kräfte, welche die von Alessa noch um Weites übersteigen, mit dir wäre die gesamte Welt in nur wenigen Minuten in Dunkelheit gehüllt – für immer und ewig. Immerhin bist du ja Cecilia... die Hexe mit den selben Fähigkeiten wie Alessa.“ Samael lachte wie eine Wahnsinnige. „Sie dachte, sie könnte sich retten, indem sie ihr Bewusstsein in einen neuen Körper verlagerte. Genau wie Alessa es getan hat. Nur dass Cecilia es ein wenig ausgeklügelter anstellte und es sogar schaffte, sich meinem Blick zu entziehen. Du hast es gesehen, ich habe zwölf Jahre gebraucht, um sie bei ihren Adoptiveltern zu finden.“ „Leider wird dir deine Anstrengung nichts nützen“, erwiderte Sherry. „Ich werde dir garantiert nicht helfen. Im Gegensatz zu Alessa hege ich keinen Groll gegen die Menschen – nur gegen dich.“ Samael sah sie mild lächelnd an. „Das ist mir auch recht. Je mehr Hass du empfindest, umso blinder wird deine Wut und umso stärker deine Kräfte.“ Sherry überlegte einen Moment. Was sollte sie tun? Wenn Samael mitbekam, dass sie schießen wollte, würde der Dämon sie bestimmt irgendwie davon abhalten. Aber irgend etwas musste sie doch tun können... Ihr Blick fiel auf die Puppe. „Und was ist das da? Spielen Dämonen etwa auch mit Puppen?“ Samael wandte den Kopf und setzte zu einer Erklärung an. Sherry wartete diese nicht ab. Sie riss den Revolver aus dem Halfter, zielte auf den Dämon und schoss. Einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal... Ungläubig weiteten sich ihre Augen. Die fünf Patronen schwebten direkt vor Samael in der Luft. Der Dämon lachte. „Ist das alles, was du zu bieten hast?“ Klappernd fielen die Patronen zu Boden. Sherry wich noch einmal zurück. Ihr ganzer Körper begann zu zittern. Das war einfach nicht möglich, es konnte nicht sein. Was sollte sie jetzt tun? Eine unsichtbare Kraft hob sie plötzlich hoch und presste sie gegen die Wand. Ihre Füße zappelten nur wenige Zentimeter über dem Boden, aber dennoch schaffte sie es nicht, sich irgendwie zu befreien und wieder dorthin zurückzukehren. Samael grinste überheblich. „Na, na, na? Du solltest nicht so zappeln, Sherry. Du erinnerst mehr an einen Fisch auf dem Trockenen anstatt an die Mutter Gottes. Eigentlich hast du es nicht verdient, aber ich erzähle es dir trotzdem: Diese Puppe ist die Quelle meiner Kraft. Wie du siehst, ist sie schon ziemlich mitgenommen, das liegt daran, weil immer weniger Menschen mich verehren und immer mehr mich dafür hassen und verfolgen. Noch ein Grund, warum ich dieses Paradies erschaffen will. Dort wird ihnen nichts anderes übrig bleiben als mich zu verehren. Und deswegen brauche ich deine Hilfe, denn meine Kraft ist fast schon aufgebraucht.“ „Und wer sagt dir, dass ich dir helfen werde?“ Samael seufzte. „Das sagt mir niemand. Aber ich schätze, du hast keine großartige Wahl, mein Kind. Natürlich kannst du auch sterben, wenn dir das lieber ist.“ Sie kam einige Schritte näher. „Ich habe irgendwie das Gefühl, dass dir eine Entscheidung in dieser Haltung schwer fällt... Vielleicht fühlst du dich von mir unter Druck gesetzt...“ Auf einen Wink von ihr verschwand die unsichtbare Kraft und Sherry landete wieder auf dem Boden. Erleichtert atmete sie aus und deutete erneut mit der Waffe auf Samael. „Oh bitte, hatten wir das nicht gerade eben schon mal? Du hast nur noch eine Patrone, willst du die wirklich so vergeuden?“ Sherry schüttelte lächelnd ihren Kopf. „Keine Sorge. Ich habe nicht vor, sie zu vergeuden.“ Damit zielte sie auf die Puppe – und drückte ab. Samael fuhr herum, aber es war bereits zu spät. Die Kugel bohrte sich in den Kopf der Puppe. Der Dämon schrie auf und krümmte sich zusammen. Sherry warf den Revolver weg und zog das Messer heraus. Vor ihren Augen blitzten Erinnerungen an all die Schrecken in dieser Stadt auf. Die Monster, Alessa, Archbolt, der tote Andrew, Reue. Mit einem wütenden Schrei rammte Sherry dem Dämon das Messer in die Brust, dorthin wo bei einem Menschen das Herz saß. Samael richtete sich auf und sah überrascht auf das Messer hinunter. „Das kann nicht...“ Mit zitternden Beinen ging sie zwei Schritte zurück, dann fiel sie wie in Zeitlupen auf den Rücken. Sherry ging näher. Schwarzes Blut floss in trägen Strömen aus der Wunde, der Dämon spuckte ein wenig davon aus. „Verdammte... Hexe! Brennen sollst du... in deiner... eigenen Hölle!“ Sherry beugte sich runter. „Das glaube ich weniger. Ich hoffe nur, dass du mich endlich in Ruhe lässt, wenn das hier vorbei ist.“ Sie griff nach dem Messer und drehte es ruckartig herum. Samael spuckte keuchend noch mehr Blut – und lag dann still. Sherry wich einige Schritte zurück. Die Umgebung verschwamm langsam vor ihren Augen und plötzlich befand sie sich wieder an der Ecke Nathan Avenue/Lindsey Street. „Was? Aber...“ Walter trat neben sie. „Scheint so als hättest du es geschafft.“ „Walter! Wie kommen wir hierher?“ „Dein Wunsch, wieder aus dieser Stadt zu kommen, hat uns zumindest bis an den Rand gebracht. Den Rest müssen wir laufen.“ Sherry nickte, gemeinsam liefen sie zum Wagen zurück. „Walter... wirst du... Valtiel... eigentlich für immer bei mir bleiben?“ Er lächelte sie an. „Für immer – oder zumindest so lange, bis Gott geboren wird.“ Kapitel 14: BONUS: Bad Ending: End of the World ----------------------------------------------- Sie wollten die Stadt gerade verlassen, als Sherry plötzlich wieder Kopfschmerzen bekam. Die Schmerzen waren so stark, dass sie mit einem Schrei in die Knie sank. Walter drehte sich zu ihr. „Sherry, was ist los? Sherry! Sprich mit mir!“ Er fuhr herum und sah eine Gestalt aus der Dunkelheit auftauchen. Es war Samael. „Ich bin noch nicht fertig mit dir, Cecilia!“ Mit einem einfachen Gedanken beförderte der Dämon Walter fort. Sherry war allein, ihr Kopf schmerzte und ihre Sicht war verschwommen. „Das hat ganz schön wehgetan, Sherry. Aber keine Angst, sobald wir eins sind, werden wir uns schon an die Schmerzen gewöhnen.“ Sie legte ihre Arme um die zitternde Sherry. Beide schrien aus vollstem Hals, als die Verschmelzung begann. *** „Guten Abend. Neben Silent Hill sind nun auch die umliegenden Städte Brahms und Ashfield in Dunkelheit gehüllt. Expertenteams, welche die Ursache für die unnatürliche Dunkelheit ergründen sollten, verschwanden spurlos. Forscher sehen den Grund in der Dunkelheit in der allgemeinen Umweltverschmutzung, während religiöse Fanatiker von der Ankündigung der Apokalypse sprechen. Wir ber...“ Die Übertragung brach plötzlich ab und alles, was blieb, war Schnee auf dem Bildschirm. Aber nicht für lange, denn plötzlich zog die Dunkelheit mit dem Blut, den Gittern und den Monstern auch in diese Wohnung ein und auf dem Schirm war nur noch Samaels Zeichen zu sehen... ************************** So, das war das Bad Ending... Als nächstes kommt der Epilog mit dem normalen Ende. ^^ Epilog: Pianissimo epilogue --------------------------- Sherry sah ihn stumm an. Quait schüttelte seinen Kopf. Er brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern, wo er eigentlich war und was er hier tat. Als er auf seinen Notizblock sah, fiel ihm auf, dass er tatsächlich alles mitgeschrieben hatte. Jedes einzelne Wort, das sie gesagt hatte. „Aber“, brachte er schließlich hervor, „das ist doch nicht das Ende der Geschichte, oder? Wie kamst du zum Auto zurück, warum warst du ohnmächtig? Und wo ist Walter hin?“ „Sie glauben mir nicht, oder?“ Er schluckte. „Irgendwie schon... aber... ich meine, es klingt so...“ „... unglaubwürdig, ich weiß. Aber das ist es, was ich in Silent Hill erlebt habe. Und Sie haben es durch meine Augen gesehen, also sollten sie mir eigentlich glauben. Wie sonst wäre das möglich?“ „Ich weiß nicht... Vielleicht hast du einen leichten Hypnosetrick verwendet? Ich meine, ich bin Arzt, verlangst du wirklich, dass ich eine solche Geschichte glaube?“ „Ich kann sie nicht dazu zwingen... und vielleicht wäre es besser, wenn sie mir nicht glauben, aber sie dürfen eines nicht machen.“ Sie senkte ihre Stimme ein wenig, bevor sie fortfuhr: „Sie dürfen niemals und unter gar keinen Umständen jemals nach Silent Hill fahren. Haben Sie das verstanden? Ich weiß nicht, wie oder wieso, aber Samael lebt immer noch dort. Man kann einen dämonischen Gott nicht so einfach vernichten, das habe ich jetzt gelernt.“ Er räusperte sich. „Nun gut, ich werde dann langsam mal gehen, um meinen Bericht zu schreiben. Brauchst du irgend etwas? Medikamente zum Einschlafen vielleicht?“ Sie deutete ein Kopfschütteln an. „Es geht mir gut, danke.“ „In Ordnung.“ Quait stand auf und trat an die Tür. „Dr. Quait...“ Er drehte sich noch einmal zu ihr um. Sie starrte mit einem verzückten Lächeln auf die blutigen Buchstaben. „Ich glaube nicht, dass wir uns wiedersehen werden. Sie brauchen sich keine Mühe mit dem Bericht zu machen.“ „Lass das nur meine Sorge sein.“ Damit verließ er ihre Zelle und kehrte wieder in den Wächterraum zurück. Der Wächter sah auf seine Uhr. „Sie waren aber ziemlich lang da drin, Dr. Quait.“ „Sherry hatte viel zu erzählen.“ „Hoffentlich nur interessante Dinge.“ Quait antwortete nicht darauf, sondern sah in seine Akte. Sherry war nach dem Autounfall vor 16 Jahren erst ins Krankenhaus und dann in eine Pflegefamilie gekommen. Irgendwie tat sie ihm Leid. Aber er bezweifelte, dass er viel für sie tun konnte. Sie war so überzeugt von allem, was sie ihm erzählt hatte, dass er keine großen Chancen sah, sie da herauszuholen. Der erste und wichtigste Schritt zur Heilung war immerhin die Selbsterkenntnis eines Patienten über seine Krankheit. Ein plötzlicher Alarm heulte durch den Raum und unterbrach seine Gedanken. Fragend sah er sich um. Der Wächter fluchte. „Shit, das ist Nr. 4!“ Sherry? Er folgte dem Wächter wieder in den Gang und dann auch in die Zelle hinein. Sherry lag auf dem Bett und bewegte sich nicht. Sie sah richtig friedlich aus, ihre Unterarme bluteten stark und der Menge nach zu urteilen, kam jeder Notarzt bereits zu spät. Der Wächter fluchte noch einmal, doch dann zuckte er mit seinen Schultern. „Na ja, was soll's? Schon eine Verrückte weniger.“ Eigentlich wollte Quait widersprechen, aber er fühlte sich zu erschöpft dafür. Letztendlich hatte sie also doch nur sterben wollen... aber warum hatte sie ihm dann zuerst noch diese Geschichte erzählt? War vielleicht doch etwas an der Sache dran? Aber jetzt konnte er sie nicht mehr fragen. Sie war tot und alles, was sie hinterließ, waren jede Menge Fragen ohne Antworten. Sein Blick ging zu der Wand mit der blutigen Schrift, er stutzte. Unter den Worten, die sie geschrieben hatte, hatte jemand mit einer anderen Schrift etwas hinzugefügt: Ich kam und nahm sie mit. Walter Sullivan / Valtiel ********************************* *schluchz* Ich kann immer noch nicht fassen, dass es zu Ende ist. Außerdem ging alles so schnell, grad mal etwas mehr als ein Monat. T__T Nyo, die Fortsetzung ist schon fest eingeplant, der Titel fehlt bislang noch... Schreibt einfach in den Kommi, wenn ihr dann benachrichtigt werden wollt. Und mal wieder Danksagungen von mir: Gretyl, da du mich dazu gebracht hast, diese FF überhaupt zu schreiben und ich deine SH-FFs noch weiterlesen kann. ^^ Schattenläufer für Kommis, Aufmunterungen und natürlich auch für deine geniale SH-FF. Nessy, wenn du dich endlich mal dazu durchringst, alles zu lesen und vielleicht Kommis zu schreiben ^^ And last but not least: Ein ganz großes Dankeschön an dich, jenki. Von dir bekam ich meinen ersten Kommi hierfür und auch die besten Kommis, die ich bisher je lesen durfte. Hab dich richtig lieb gewonnen und freu mich auf neue Kapitel deiner FFs. Man liest/sieht sich bestimmt wieder! Eure Alona Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)