Angel or Demon? von Akai-chan ================================================================================ #4: Der Fluch des Sofas ----------------------- Seit dem Tag Tetsu's Zusammenbruchs waren ein paar Wochen vergangen. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich nicht wieder ereignet und Tetsu hatte mehr Zeit mit Hideto verbracht. Sie unterhielten sich in den Pausen, aßen gemeinsam ihr Frühstück und Mittagessen und ab und zu kam Hideto nachmittags mit zu Tetsu und blieb bis abends. Beide merkten schnell, dass sie gut miteinander auskamen. Auch fühlte sich Hideto bei seinem neuen Freund wirklich wohl. Er war gern mit ihm zusammen oder in dessen Wohnung. Sie strahlte immer etwas Warmes aus. Er hatte sich einmal genauer dort umgesehen. Das Bad war recht großzügig angelegt, sodass sowohl Wanne als auch Dusche hinein passten. Die Küche hatte viele weiße Schränke, Cerankochflächen, jedoch keinen Platz für einen Tisch und Stühle, sodass im Wohnzimmer gegessen werden musste. Dort standen ebenfalls einige Schränke, ein Sofa, das schon etwas älter aussah und an einer Wand war ein kleiner Kamin eingebaut. Alles in allem machte dieser Ort einen sehr gemütlichen Eindruck. Nur das Zimmer der Erwachsenen konnte er nicht betreten, denn es war abgeschlossen, wenn Tetsu's Onkel und Tante nicht zu Hause waren. Aber was Hideto trotz allem irritierte, war, dass Tetsu immer irgendwie auf Distanz blieb. Er hatte immer öfter das Gefühl, nicht richtig an den Anderen heranzukommen. Da bestätigte sich für ihn sein Verdacht, dass der Schwarzhaarige irgend ein Problem haben musste. Tetsu’s Verhalten war an manchen Tagen durch und durch seltsam und äußerst merkwürdig. Dann redete er kaum, gab nur kurze Antworten, war extrem nervös und kontrollierte ständig seine Kleidung. Doch Hideto wollte auch nicht unbedingt nachfragen und damit vielleicht in alten Wunden herum stochern. Er hatte sich vorgenommen zu warten, bis Tetsu von sich aus darüber reden wollte. Eines Tages war Hideto bereits nach Hause gegangen, als es bei Tetsu klingelte. Langsam trat dieser im Schlafanzug auf den Eingang der Wohnung zu und öffnete die Tür einen kleinen Spalt. Zu Gesicht bekam er seinen verzweifelt aussehenden Freund namens Hideto. "Hast du etwas vergessen…?", wollte Tetsu von ihm wissen. War der Blonde denn nicht schon längst bei sich und schlief? "Ich kann meinen Schlüssel nicht finden…", erwiderte Hideto leicht geknickt, "Ich hab schon überall gesucht, aber… Stört es dich, wenn ich heute hier schlafe?" Einen Augenblick starrte Tetsu ihn fassungslos an. Er wollte…? Ob das wohl gut gehen würde? Er hatte da erhebliche Zweifel. Es sei denn, er würde Hideto das Sofa geben. Ja, genau. Das würde er tun. Er trat von der Tür zurück, sodass der Andere eintreten konnte. Sogleich schloss er die Tür hinter Hideto sorgfältig zu und lief ins Wohnzimmer. Dort holte er schnell ein Kissen und eine Decke aus einem der Schränke, bereitete das Sofa und wehrte danach ein "Danke…" seines Freundes ab, der ihm gefolgt war. "Keine Ursache…", meinte Tetsu nur, "Ich hoffe, du kannst gut darauf schlafen." Damit hatte sich Hideto auf die Garnitur gesetzt. "Das wird schon…", grinste er ihn leicht schelmisch an. Doch kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, da sprang er erschrocken wieder auf. "Was… ist denn?", fragte Tetsu vorsichtig und trat wieder näher. "Ich glaube, dieses Sofa ist kaputt…", stellte Hideto fest, als er sich das Möbelstück noch einmal genauer betrachtet hatte und deren Federn aus dem Stoff der Polsterung herausragen sah. Tetsu war sprachlos, komplett sprachlos. Konnte das jetzt überhaupt wahr sein!? Doch kurz darauf beobachtete er, wie die Couch gänzlich in sich zusammen sackte. Übrig blieb nichts als ein Trümmerhaufen, ein Hideto, der keinen ordentlichen Schlafplatz mehr hatte, und ein entsetzter Tetsu. Nun gab es wirklich nur noch sein eigenes Bett. Es war zwar groß genug für sie beide, aber allein der Gedanke, Hideto würde ihm dann so nah kommen, behagte ihm ganz und gar nicht. Doch es gab keine andere Möglichkeit, so sehr Tetsu auch darüber nachdachte. Er konnte Hideto ja schlecht auf dem Boden oder in der Badewanne schlafen lassen. Und wenn er die Nacht selbst so verbringen würde, wäre das mehr als nur auffällig. Für Tetsu hieß es also: Augen zu und durch! Irgendwie musste er es schaffen. "Dann… komm mit.", nuschelte er letztendlich und brachte Hideto samt Kissen und Decke in sein Zimmer. Dort gab er ihm einen seiner Schlafanzüge, ein Handtuch und schickte ihn ins Bad. Als Tetsu wieder allein war, kämpfte er mit der Panik. Was sollte er tun? Wie könnte er sein Verhalten notfalls erklären oder rechtfertigen? Die Wahrheit wollte er Hideto auf keinen Fall sagen! Betrübt ließ sich Tetsu auf sein Bett sinken und starrte stumm in die Gegend. Wie er diese Nacht überstehen sollte, war ihm ein Rätsel… Doch ihm blieb nicht viel Zeit, weiter darüber zu Grübeln, denn schon wurde die Tür wieder geöffnet und Hideto betrat den Raum. Er schien in diesem Moment ein ganz anderer als sonst zu sein. Verschwunden waren die zerfetzten Sachen und hatten einem schlichten, einfachen, weißen Hemd mit dazugehöriger Stoffhose Platz gemacht. Die Haare waren nass und glatt nach hinten gekämmt. Außerdem bedankte sich Hideto noch einmal, dass er hier bleiben durfte. Daraufhin bekam er ein leises "Keine Ursache…" zurück. Dennoch wirkte Tetsu ganz anders als noch vor ein paar Stunden. Was war los? Was war passiert? Sein blasses Gesicht und die verkrampfte Haltung bereiteten Hideto wirklich Sorgen. Langsam bewegte er sich auf den Anderen zu, hockte sich vor ihm hin und sah ihn prüfend an. Gerade wollte er zum Sprechen ansetzen, da kam ihm Tetsu zuvor. "Dann lass uns mal schlafen gehen…", versuchte Tetsu so normal wie möglich zu wirken. Doch Hideto bemerkte die Anspannung dennoch und hielt ihm am Handgelenk fest. Sogleich konnte er den unsicheren Blick seines Gegenübers auffangen. "Ich weiß zwar nicht, was plötzlich mit dir los ist, aber es gibt wirklich nicht den geringsten Grund zur Besorgnis, glaub mir…", versicherte er, bevor er sich dann doch ins Bett legte. Tetsu war noch einen winzigen Augenblick sitzen geblieben und hatte tief durchgeatmet. Nun legte er sich mit möglichst großem Abstand neben Hideto, löschte das Licht auf dem Nachttisch, schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Aber, wie er es bereits erwartet hatte, fiel ihm genau das sehr schwer. Er machte sich zu viele Gedanken über diese Situation, viel zu wirr war es in seinem Kopf und er fand einfach keine Ruhe. Das blieb auch Hideto nicht verborgen, weshalb er seinen Freund auf irgend etwas ansprach. Es war ihm ganz egal auf was, nur sollte Tetsu – von was auch immer – abgelenkt werden. Hideto hoffte inständig, dass es auch funktionieren würde. Und si unterhielten sie sich einige Minuten über dies und das. Dann hatte Hideto ein wenig die Neugierde gepackt und er fragte, wie Tetsu's alte Schule, seine alte Klasse und seine alten Freunde gewesen waren. Wieder schwieg Tetsu eine Weile, bis er antwortete: "Die Schule… Es war ein etwas älteres Gebäude und nicht unbedingt sehr groß. Die Lehrer waren meistens nett, ich war aber auch nie auffällig oder so…" Das war noch vor jenem schicksalhaften Tag gewesen. Mit einem leichten Lächeln aber auch mit Tränen in den Augen erinnerte sich Tetsu an diese Zeit, an seinen Alltag, an alles… "Ich hatte da ein paar Jungs, mit denen ich die meiste Zeit verbracht habe, aber so wirklich vermissen tu ich sie nicht. Ich weiß, das klingt traurig, aber ich kann es nicht ändern.", fuhr er leise fort, "Sie haben mir ganz einfach nicht so viel bedeutet. Und ich komme auch ganz gut ohne sie klar. Außerdem…" Er holte kurz Luft, bevor er weitersprach: "…habe ich mich seitdem auch ziemlich verändert. Wir würden wohl nicht mehr wie früher miteinander umgehen und das muss nicht sein…" Damit sah Tetsu seine Antwort als ausführlich genug an und wartete auf eine Reaktion. Doch nichts geschah, alles blieb still. Nur ihre leisen Atemzüge waren zu hören. Da spitzte Tetsu die Ohren und musste feststellen, dass Hideto’s Atem ruhig und gleichmäßig ging. Offensichtlich war er bereits eingeschlafen, doch Tetsu wollte auf Nummer sicher gehen. Er beugte sich ein wenig vor, um Hideto besser erkennen zu können, und sprach ihn leise an. Als er wieder keine Reaktion bekam, war er sich sicher. Hideto schlief und das beruhigte ihn – vorerst. Er kuschelte sich wieder in seine Decke, entspannte sich und schlummerte bald darauf ebenfalls ein. Doch sein Schlaf sollte nicht lange ruhig bleiben. Schon nach ein oder zwei Stunden fing Tetsu wieder an, im Schlaf zu reden, zu stöhnen, seinen Körper mit den Armen zu umschlingen und sich hin und her zu winden. Natürlich blieb Hideto diese Tatsache nicht verborgen und er erwachte. Blinzelnd und noch leicht verschlafen sah er sich um. Eine Sekunde später war ihm klar, dass Tetsu einen Alptraum hatte und er setzte sich auf, rüttelte vorsichtig an dem Anderen und versuchte ihn zu wecken. Dass Tetsu sich immer weiter hinein steigerte, gefiel ihm überhaupt nicht, weswegen er etwas grober wurde. Tetsu sollte endlich wieder aufwachen, koste es, was es wolle! Mit einem gellenden Schrei riss Tetsu die Augen auf, schlug um sich und rutschte so schnell und so weit wie möglich von dem anderen Körper weg. Er war noch nicht wieder richtig munter, zitterte weiter und versuchte das Schluchzen zu unterdrücken. Schmerzhaft krümmte er sich zusammen und sah einfach nur noch mitleiderweckend aus. Dieser Traum… warum nur kam er immer und immer wieder!? Warum quälte man ihn so…? Tetsu verstand es einfach nicht. Warum um alles in der Welt musste er diesen Tag immer wieder durchleben? Der Tag, an dem sich sein Leben komplett verändert hatte… Der schlimmste Tag seines Lebens… "Tetsu…?", erklang eine besorgte und weiche Stimme aus der Dunkelheit und eine warme Hand legte sich auf den Kopf des Angesprochenen. Dieser erschrak zunächst etwas, doch dann fiel ihm wieder ein, dass er ja heute Besuch hatte. Mit Tränen im Gesicht sah er auf. Toll, was nun? Wie sollte er das erklären…? "Ich… also…", begann er zu stottern. Doch Hideto legte ihm den Finger auf den Mund. "Sch… Ist gut, du musst mir nichts sagen. Ich möchte bloß wissen, ob du in Ordnung bist…?", Hideto sah Tetsu prüfend an und erhielt nur ein kurzes Nicken als Antwort. Fürs erste war der Blonde beruhigt. Doch er wusste, dass im Grunde nichts in Ordnung war. Nicht nach Tetsu's Reaktion zu urteilen, nachdem er aufgewacht war. Etwas belastete den Jungen und zwar sehr stark! Hideto setzte sich näher an Tetsu, zog ihn gleichzeitig mehr an sich und umarmte ihn. Er wollte ihn trösten, ihm zeigen, dass er nicht allein war und dass er sich auf ihn verlassen konnte. Doch Tetsu entzog sich der Umarmung, wich sofort wieder zurück und ging auf Abstand. Verwirrt und auch ein wenig enttäuscht sah Hideto den Anderen an. Wollte er nicht bei ihm sein? War er ihm vielleicht doch eine Last? War ihm seine Nähe so unangenehm…? Leise seufzte er und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Das waren tolle Aussichten… An nur einem Tag hatte sich eine seltsame Spannung zwischen sie gelegt. "Ich…", begann Tetsu mehr als zögerlich, "… Es tut mir leid, das ist nichts gegen dich… Wirklich nicht!" Natürlich… gegen wen denn sonst? "Ich… hab es nur nicht so mit körperlicher Nähe, verstehst du? Es ist… unangenehm! Ich weiß, es war lieb gemeint und dafür bin ich dir auch dankbar, aber…" Er seufzte kurz. Ganz offensichtlich erzählte er gerade von etwas, über das er nicht sehr oft sprach. Schon allein deshalb blieb Hideto stumm, er wollte ihn nicht unterbrechen. Im Gegenteil, er wollte sogar mehr über ihn heraus finden. Er wollte mehr über ihn wissen, ihn verstehen lernen… Nur warum wusste er nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach lag ihm mehr an diesem Jungen, als er zugeben wollte… Tetsu rang nach Worten, das konnte er sehen. Es fiel ihm sichtlich schwer, weiter zu reden. Ohne großartig darüber nachzudenken, griff Hideto nach der Hand seines Mitschülers und streichelte sie etwas. Er hatte zwar die Befürchtung, gleich wieder abgewiesen zu werden, doch Tetsu ließ es zu. Seine Hand klammerte sich richtig an die andere. Doch den Blick hatte Tetsu immer noch abgewandt und stur in eine Ecke des Zimmers gerichtet. "Ich… hab wirklich nichts gegen dich, das musst du mir glauben…", flüsterte Tetsu nun, "Nein, ich mag dich sogar sehr gern… Du bist mir in den letzten Wochen echt wichtig geworden… Bitte glaub nicht, dass ich dich nicht ausstehen kann oder dich vielleicht hasse…" Langsam lief ihm eine Träne übers Gesicht, doch er bemerkte sie nicht. Allein die Vorstellung, Hideto könnte das annehmen und sich wieder von ihm abwenden, stimmte ihn furchtbar traurig. Da bemerkte er, dass sich Hideto wieder aufgesetzt hatte und sah ihn vorsichtig an. Was wohl gerade in ihm vor sich ging…? Hideto's Hand wanderte nun zu seinem Gesicht und wischte die nassen Stellen fort. Danach spürte Tetsu mit einem leichten Kribbeln auf der Haut, wie er mit dem Daumen gestreichelt wurde. Auch dagegen unternahm er nichts. Es fühlte sich gut an… Anschließend wurde ihm sanft durch das Haar gestrichen und die Hand blieb auf seinem Kopf ruhen. Tetsu blickte nun direkt in die Augen Hideto's und wenn er ehrlich sein sollte, wusste er nicht, was er in diesem Moment dachte. "Ist gut, das ist doch verständlich…", meinte Hideto beruhigend. Seine anfängliche Verärgerung war komplett wieder verschwunden. "Jeder hat doch etwas, mit dem er nicht so gut klar kommt wie andere… Wenn es dir unangenehm ist, dann lasse ich dich einfach entscheiden, wie nah du mir kommen willst, einverstanden…?" Einen kurzen Moment wurde er noch angeschwiegen, bevor Tetsu erneut nickte. Eine Pause entstand. "Du… Also, du kannst deine Hand… ruhig auf meinem Kopf lassen…", murmelte Tetsu dann etwas verlegen und wurde ein wenig rot um die Nase, sah wieder weg. "Nur… alles, was unterhalb des Halses liegt, solltest du in Ruhe lassen…" Sanft lächelte Hideto. Sie legten sich wieder hin und Tetsu legte den Kopf auf den Arm des Anderen. Dieser strich ihm weiter durch das dunkle Haar, was ihm eine leichte Gänsehaut auf dem Rücken bescherte. "Weißt du…", sprach Hideto ihn wieder an, "Du bist mir auch sehr wichtig geworden… Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber du kannst immer zu mit kommen, wenn etwas ist. Okay?" Wenn Hideto nur gewusst hätte, wie glücklich Tetsu diese Worte gerade machten… Nachdem er kurz geschluckt hatte, brachte er ein heiseres und geflüstertes "Okay…" heraus. Von Hideto hörte er danach nur noch, wie er ihm wieder eine gute Nacht wünschte. Danach war es ruhig in dem Zimmer. Schlief er denn schon wieder…? Aber egal, es war schließlich auch Zeit zum Schlafen. Tetsu überlegte, dass er das am besten auch tun würde, doch er konnte den Blick nicht von dem blonden Wesen neben sich lassen. Lange sah er ihn einfach nur an und dachte nach. Doch er konnte nicht einmal sagen, worüber er nachdachte… Letztendlich legte er seine Hand auf Hideto's Arm und schloss die Augen. Bald darauf schlief er wieder ein und diesmal blieb er ruhig… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)