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Lil' Tomb Raider II - MSI

von

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MSI – Hauptgebäude
 

Es hatte keine fünf Minuten gedauert, bis die drei Damen durch den Lüftungsschacht gekrochen, den Fahrstuhl nach oben gefahren und Mel nun mehr allein in dem langen Gang vor Vlads Büro stand. Die Wachen sind bisher auf sie nicht aufmerksam geworden, was eigentlich etwas seltsam war. Anderdings hat Pascal ihr den kleinen Trick verraten, den Wachen einfach einen Kubuswürfel vor die Füße zu schmeißen. Kaum hatte Mel dies getan, stürzten sich die zwei Wachmänner vor Vlads Büro auf den Würfel, wie die Katze auf ein Stück Wollkneul, verzogen sich damit in die nächste Ecke und bastelten daran herum. Masters sollte sich wirklich nach kompetenterem Personal umsehen. Doch solange Mel einen möglichen Alarm auszulösen verhindern konnte, war das nur gesünder für alle.

Das war vielleicht 'ne bescheuerte Rettungsaktion, dachte sich Mel. Sie war drauf und dran einen Jungen zu retten, der sich eigentlich in einen Geist verwandeln könnte und flugs durch die Wand verschwinden könnte. Sowas beklopptes. Aber da Vlad um Dannys Geheimnis weiß, wird er sich sicher irgendetwas ausgedacht haben, damit Danny nicht so einfach flüchten kann.

Mel legte ihr Ohr an die Tür und lauschte. Schon wieder machte sich ihre Fähigkeit, besonders gut hören zu können bezahlt. Erst seit Lara diese „Gabe“ an ihr entdeckt hatte, konnte sie sie richtig einsetzen. Davor war Mel noch nie aufgefallen, dass sie ein wirklich fantastisches Gehör hatte. Sie konnte Lara wirklich dankbar für das sein, was sie ihr in den letzten Monaten gegeben hatte. Ein Zuhause, eine Ausbildung, eine Familie und eine Zukunft. Ohne Lara würde Mel wahrscheinlich noch immer im Chopin vor dem Scherbenhaufen ihrer Zukunft sitzen und sich fragen, was sie nur mit sich anstellen soll. Ja, wenn Lara nicht gewesen wäre.

Da hörte das Mädchen etwas. Es klang nach einem jammernden Stöhnen. Sie erkannte die Stimme. Es war die von Danny. Sie bückte sich und schaute unter dem Türschlitz durch. Das ganze Büro oder besser dessen Fußboden war nicht zu überblicken. Dafür war das Büro viel zu riesig. Aber zumindest war zu vermuten, dass in dem Büro keine oder nur wenige Wachen waren. Schritte hatte Mel keine gehört. Aber die Wachen mussten auch nicht unbedingt durch die Gegend laufen. Was soll's.

Mel drückte mutig die Türklinke nach unten. Nicht verschlossen. Sie trat in das Büro ein. Ein wirklich riesiges Büro. Fast so groß wie ein Ballsaal mit poliertem weißen Marmorboden. Darauf ein Perserteppich, der verdammt teuer aussah. Ein paar Zimmerbäume standen auch im Raum. An der langen Nordseite des Büros gegenüber der Eingangstür war eine lange Fensterwand und davor stand ein großer Schreibtisch. Und neben dem Schreibtisch an der rechten Wand entdeckte Mel Danny hocken. Er saß auf dem Fußboden und rieb sich den Kopf.

„Danny! Hab ich dich gefunden.“, freute sich Mel. „Ist alles in Ordnung?“ Der Junge sah zu Mel auf und machte ein ebenso freudiges Gesicht, als er seine Retterin sah.

„Naja weiß nicht. Die haben mir ziemlich hart auf den Schädel geschlagen. Ich glaube, die haben die Gehirnzellen für meine nächste Zwischenprüfung kaputtgeknübbelt.“

„Ist das mit dem falschen Ectoblast durchgegangen?“

„Momentan hat noch keiner etwas gemerkt.“

„Dann lass uns von hier abhauen. Schnell.“, Mel machte schon Anstalten zu verschwinden.

„Ich kann nicht.“ Sie drehte sich zu Danny um und kam auf ihn zu.

„Nun hab dich nicht so. So hart können sie dir gar nicht auf den Kopf gehaun haben.“

„Nein, du verstehst nicht. Komm nicht näher!!!“, warnte Danny das Mädchen, doch diese hatte sich ihm bereits zu sehr genähert und war nicht darauf gefasst, dass sie prompt durch einen gewaltigen Energieschlag nach hinten und durch das halbe Büro geschleudert wurde. Auf dem blanken Marmorboden rutschte sie noch ein paar Meter weiter und blieb völlig verdattert liegen.

„Was war denn das?!?“, rieb sie sich den Kopf und versuchte sich wieder aufzurichten.

„Der Grund, warum ich von hier nicht wegkomme. Vlad ist nicht dumm. Er hat um mich herum ein Energiefeld errichtet, dass so stark ist, dass es nichteinmal die Energie von Geistern hindurch lässt.“

„Und wie schaltet man das ab?!?“, fragte Mel verzweifelt, da neue, vorher nicht klar besprochene Hindernisse, die plötzlich und unvorhergesehen auftauchen, nicht zu ihren Stärken gehörten. Schnelles Denken und Improvisieren war immer Laras Spezialität.

„Ich hab' keine Ahnung. Als Vlad das Energiefeld errichtet hat, war ich noch bewusstlos.“

„Na schön.“, Mel dachte angestrengt nach. „Das da ist ein starkes Energiefeld. Es lässt keine Energie durch und Materie demzufolge auch nicht, weil es so tierisch stark ist. Was hatte Pascal noch gesagt? Die einzige Möglichkeit, eine Energie unschädlich zu machen ist...“, Mel rauchte der Kopf. „Verdammt, warum höre ich Leuten, die mehr Ahnung haben, als ich, nie zu???“

„...sie in eine andere Energieform umzuwandeln.“, hörte Mel plötzlich eine dunkle Stimme hinter sich. Sie drehte sich um und sah einen fremden Menschen vor sich. Doch Danny flüsterte hinter ihr, dass das der große böse Vladimir Masters sei. „Soso, da haben wir also den Grund, warum meine Männer so plötzlich dem Spieltrieb verfallen sind.“, Masters schmiss den Kubus in den Müll. „Dieser verdammten Dinger.“, murmelte er dazu. „Und wen haben wir hier?“, fragte er Mel.

„Sie begehen einen großen Fehler.“, meinte sie, ohne seine Frage zu beantworten.

„Wenn ich einen Cent für jedes Mal, wenn ich diesen Satz hörte, bekommen hätte, wäre ich jetzt Milliardär. Ach, nein. Das bin ich ja schon längst. Es ist auch unwichtig, wer du bist.“, Masters kam auf das Mädchen zu, doch die bewegte sich keinen Millimeter. „Für mich bist du nur ein kleines Mädchen, das die große Heldin spielen will. Ich kenne dich nicht und es interessiert mich nicht. Draußen warten ein Dutzend Wachmänner, die dich gerne nach draußen begleiten. Wenn du also nicht in größere Schwierigkeiten geraten willst, also ohnehin schon, würde ich dir raten zu verschwinden.“

„Ich bin hier, um Danny Fenton zu befreien und sie werden mich nicht davon abhalten.“, sagte das Mädchen mutig. Sie schien keinerlei Angst vor dem großen, mächtigen, reichen Mann zu haben. Kein Wunder. Er war zwar groß, schien aber nicht sehr kräftig zu sein. Den legte sie mit links auf die Matte, selbst wenn sie nur einen Arm und ein Bein hätte.

„Wie ich sehe, bist du zum Weggehen nicht zu bewegen.“, meinte Masters trocken. „Wie du willst. Männer!!“, rief er. Daraufhin kam das besagte Dutzend Wachmänner in das Büro gestürmt direkt auf Mel zu. Doch sie lächelte nur, holte dann ein paar Kubuswürfel aus ihrem Rucksack, warf sie den Wachen zu und sagte: „Fass Kätzchen.“ Die Würfel flogen durch die Luft über die Wachen hinweg, landeten auf dem Boden und rollten noch paar Meter weiter. Die Männer sahen den Würfeln hinterher, sahen sich dann gegenseitig an, kreischten wie von der Tarantel gestochen. Dann hechteten sie den Würfeln nach und verschwanden aus der Tür.

Vlad griff sich an den Kopf, biss sich auf die Zunge, die Ader an der Stirn trat wieder hervor und er knirschte: „Das halt ich nicht aus...“

„Vielleicht solltest du ihnen lieber Billard beibringen. Den Tisch kriege ich nich' so gut in meinen Rucksack.“

„Halt die Klappe, vorlautes Balg.“, giftete Vlad Mel an. „Wer bist du schon, dass du meine Pläne durchkreuzen könntest?“

„Deine Pläne sind Geschichte. Ich weiß, wer sie sind und was sie vorhaben.“

„Hm...“, lächelte Masters nun wieder. „Du meinst also, du könntest mich aufhalten?“

„Sicher doch.“

„Wollen wir wetten?“, Masters holte den Ectoblast5 aus seinem Jackett und richtete sie auf Danny. „Versuch mich aufzuhalten.“

„Der Ectoblast5 besitzt nicht genug Kraft, um durch das Energiefeld zu dringen, was sie errichtete haben.“, meinte Mel. Ihren Trumpf, dass Vlad eine Attrappe in der Hand hielt, wollte sie noch nicht ausspielen. Aber sie war sich sicher, dass das einen rettenden Schlag bedeuten würde. Sie musste Masters nur dazu bringen, das Kraftfeld auszuschalten. Er würde sofort auf Danny schießen, um ihm die Kräfte zu rauben. Doch in der Verwirrung, die durch den falschen Ectoblast entstehen würde, müssten sich Mel und Danny nur noch aus dem Staub machen.

„Da magst du recht haben. Aber alles, was ich einschalten kann, kann ich auch wieder ausschalten.“, in einer Hand hielt Vlad eine Fernbedienung. „Du weißt hoffentlich, wenn ich das Energiefeld ausgeschaltet habe, dass ich meinen Plan durchsetzen werde. Glaub ja nicht, du seist so schnell und könntest meinen Plan durchkreuzen.“

„Wie sie sagten: Wetten wir drum.“, sie lächelte.

„Der Verlierer zahlt.“

„Wie sie wollen.“

Mit diesen Worten drückte Vlad auf einen Knopf der Fernbedienung. Ein zappen war zu hören. Das Energiefeld ist wohl tatsächlich außer Kraft gesetzt. Vlad zögerte nicht länger und wollte abdrücken. Doch wie Mel es sich dachte, guckte er nur wie ein Auto, als sich nichts rührte.

„Lauf!!“, schrie Mel Danny zu. Der nahm sofort die Beine in die Hand und machte sich mit Mel auf in Richtung Tür.

„Sie zahlen, Vlad.“, rief Mel Masters über die Schulter, ohne sich umzudrehen.

„NEIN, DU WIRST BEZAHLEN!!“, schrie dieser zurück und mit einem Mal raste eine Schockwelle durch das ganze Büro, die Danny und die überraschte Mel von den Beinen riss. Beide wurden mit enormer Wucht gegen die Wand geschleudert, prallten auf dem Boden auf und blieben dort regungslos liegen. Mel versuchte nocheinmal die Augen zu öffnen, doch vor ihr bot sich ein verschwommenes Bild einer mächtigen Gestalt, die vor ihr schwebte. Sie erkannte noch glühend rote Augen und eine Stimme, die ihr sagte: „Scheinbar warst du doch nicht so gut über meine Pläne informiert. Daniel wurde durch einen Zufall zum Halbgeist. Sowas kann jeder Zeit wieder passieren...“ bis sie das Bewusstsein verlor.

Der Halbgeist Vladimir Plasmius sah zufrieden auf die beiden „Schlafenden“ zu seinen Füßen.

„Sowas sollte einem fast leid tun.“, sagte er zu sich selbst. „Fast...“ Er konzentrierte sich kurz, ein paar schwarze Funken fingen an, um ihn herumzuspringen, er wurde von einem Licht eingehüllt und als es verschwunden war, stand Vladimir Masters wieder als Mensch in seinem Büro noch bevor die Wachen herein kamen.

„Sir, wir hatten visuellen Kontakt mit einer nicht autorisierten Person.“

„Ich weiß, ihr Schlafmützen. Die habe ich schon gestellt.“

„Nein, Sir, ich meine, eine Frau.“

Masters erhob eine Augenbraue. „Eine Frau? Wo habt ihr sie gesehen?

„Im Ostflügel. Wir hatten sie nur für ein paar Sekunden vor den Kameras und selbst da haben wir sie nur um eine Ecke verschwinden sehen.“

„Der Ostflügel. Wie kann das sein? Dort sind sämtliche geheim... Da kommt man ohne Zugangskarte überhaupt nicht rein.“
 

MSI – Ostflügel
 

„Ich hab immer gesagt, es ist besser, seine Sachen nie wegzuschmeißen.“

„Gut, dass du deine Zugangskarte noch hast, Pascal.“

„Gut, dass der Code von der Karte noch nicht gesperrt worden ist. Das hätte sonst n Höllenalarm ausgelöst.“

Lara und Pascal suchten sich ihre Wege durch den Ostflügel von Mastersoft Industries. Pascal hatte einen guten Orientierungssinn und ein prima fotografisches Gedächtnis. Sie erkannte viele Gänge in dem Gebäude wieder, vorallem die, die sie immer gegangen war, um ihren mittäglichen Kaffee zu holen. Sie wollte schon immer mal wissen, was sich hinter dieser und jener Tür befand, die sie nie öffnen durfte. Doch so viele Räume Pascal und Lara schon durchsucht hatte und wie viele geheime Akten, Aktien, Fälschungen und gefakte Belege sie auch gefunden haben und wie viele Beweise sie schon in der Hand gehabt hätte, um Vlad in den Bau zu schicken, die Konstruktionspläne waren nicht zu finden.

„Lady Croft!!“, hörten die beiden plötzlich einen Gang hinter sich. Sie drehten sich erschrocken um. Nun hat man sie doch gefunden. „Lady Croft, wir wissen, dass sie hier sind.“

„Was machen...“, flüsterte Pascal schon panisch. Die Wachen waren noch im nächsten Gang und noch nicht zu sehen.

„Schhht...“, flüsterte Lara.

„Kommen sie heraus. Mister Masters will mit ihnen reden. Lady Croft.“, riefen die Männer.

„Sie rufen nur meinen Namen.“, flüsterte Lara weiter zu Pascal. „Offensichtlich haben sie dich noch nicht bemerkt. Ich lenke die Wachen von dir ab. Du musst die Pläne alleine finden. Wenn du sie gefunden hast, haust du sofort ab. Klar?“ Pascal hatte zwar Angst, alleine weiterzusuchen, ohne die erfahrene schützende Hand von Lara, aber hier stand ein bisschen mehr auf dem Spiel. Sie nickte daher und rannte den Gang entlang, bog um die Ecke und war verschwunden. Sie hörte hinter sich Lara noch lügen: „Was denn, meine Herren? Was soll die Aufregung? Ich habe sie die ganze Zeit gesucht.“

Auf sich allein gestellt zu sein, war Pascal kein fremder Gedanke. Im australischen Busch verlief sie sich fast täglich irgendwo, wenn sie einen der entflohenen Dingos einfangen musste. Ihr Rekord lag bei fast zwei Wochen Hintern mit Blättern abwischen. Sie war schon früh sehr selbstständig und ist mit 17 Jahren ganz allein von Australien nach Amerika geflogen, um dort technisches Design zu studieren. Sie fürchtete sich nur selten, aber diese Situation war doch ein wenig abstrus für die junge Australierin. Das hier war ein riesiges Gebäude mit hunderten von Räumen, tausenden von Wachen und einer Million Möglichkeiten, geschnappt, gefoltert und getötet zu werden. Und der Tod war nun wirklich etwas, was Pascal als letztes noch fehlen würde. Allerdings war dies für sie ein Kampf der Ehre. Masters hatte ihre Fähigkeiten schamlos ausgebeutet, ihr alles gestohlen und sie an die Luft gesetzt. Es ist nunmehr ihre eigene Erfindung, die sie wegen Masters' Missbrauch vernichten muss, um einen Jungen zu retten, von dem sie noch nichteinmal die Lieblingsfarbe kennt. Dies ist ein Kampf, den sie zum ersten Mal kämpfte. Aber sie würde lügen, wenn sie sagen würde, dass sie das alles total beschissen und abstoßend finden würde.
 

MSI – Kellerräume
 

Mel schaffte es nach längerem Dahingerafftseiens ihre Augen wieder zu öffnen. Sie erinnerte sich noch an den Aufprall und an ein Haufen schwarzer Tapete.

Sie richtete sich auf und sah sich um. Das war wohl eindeutig ein Gefängnis, in dem sie saß. Es war ein größerer Raum mit dunklen Metallplatten verkleidet. Sie selbst saß hinter einem mit Gitterstäben abgesteckten Bereich. Keine Möglichkeit, auszubrechen.

„Auch schon aufgewacht?“, hörte sie eine Stimme neben sich. Und neben ihr außerhalb des Gitters etwa in der Raummitte hockte Danny auf dem Boden.

„Danny...“, stöhnte sie. War wohl doch n heftigerer Aufprall, als sie gedacht hatte. „Wo sind wir?“

„In Masters Gefängnisgruft, nehme ich an.“

Da fiel Mel auf, dass sie nicht mehr im Besitz ihres Rucksacks war.

„Verdammt. Masters hat den echten Ectoblast5.“

„Sei's drum. Is' eh alles meine Schuld.“, meinte Danny betrübt.

„Warum bist du eigentlich nicht eingesperrt?“

„Bin ich doch.“, der Junge streckte einen Arm nach vor, ein kurzes Blitzen erhellte den Raum. „Da haben wir wieder das Energiefeld.“

„Aber wenn du im Energiefeld sitzt, bedeutet das, dass du immer noch ein Halbgeist bist. Warum hat Masters dir noch nicht deine Kräfte genommen?“ Doch Danny seufzte nur. „Und wo wir gerade dabei sind.“, Mel stand auf, ging ganz dicht an die Gitterstäbe heran und brüllte: „WARUM HAST DU MIR NICHT GESAGT, DASS VLAD AUCH EIN HALBGEIST IST?!?!“ Erst jetzt merkte das Mädchen selbst, wie wütend sie war. „Wenn Vlad und du erbitterte Feinde seid, werdet ihr mit Sicherheit gegenseitig von eurem kleinen Geheimnis wissen. Wie konntest du mir dieses kleine Detail nur verschweigen??“, sie wartete auf eine Antwort. Aber Danny seufzte nur noch einmal.

„Ich hab doch gesagt, dass es alles meine Schuld ist.“

„Jetzt ist es ja raus und wir sind dem Tod geweiht. Jetzt kannst du mir ruhig alles erzählen. Und keine Sorge, sollten wir es doch schaffen, zu fliehen, bist du trotzdem so gut wie tot, weil ich dir dann persönlich den Hals umdrehen werde.“

„Ich war fast fünfzehn, als ich Masters das erste Mal traf und herausfand, dass er der zweite Halbgeist ist, den mein Vater unwissentlich durch einen Unfall erschaffen hat. Und seine Absichten waren auch schnell klar. Meine Mutter.“

„Deine Mutter?!?“

„Vladimir, mein Vater und meine Mutter waren auf dem College in einer Forschungsgruppe. Vladimir war schon damals in meiner Mutter verliebt, doch ihr Forschungsprojekt, ein Portal zur Geisterwelt, funktionierte durch die falschen Berechnungen meines Vaters nicht richtig und verletzte Vlad. Er bekam eine schlimme Ectoallergie und verbrachte seit dem viele Jahre im Krankenhaus, was ihm sämtliche Chancen mit meiner Mutter nahm. Doch genau dieser Unfall hat ihn zu einem Halbgeist werden lassen. Einsam und völlig gefrustet schmiedete er im Krankenhaus wohl Pläne, um meine Mutter doch noch zu kriegen und sich an meinem Vater zu rächen. Jahre später, als er gelernt hatte, seine Geisterkräfte zu benutzen, um sich eine Menge Geld zusammenzuraffen, versuchte er seine Pläne in die Tat umzusetzen und lud meine Familie zu einem Klassentreffen ein. Doch ich durchkreuzte seine Pläne erfolgreich. In diesem Kampf machten wir klar, dass wir beide im Moment gleichstark waren und handelten einen Waffenstillstand aus. Er verrät nie, dass ich Danny Phantom bin und ich verrate nie, dass er Vladimir Plasmius ist. Deshalb habe ich dir nichts gesagt.“

„Einleuchtend. Aber was will Vlad von dir??“

„Als er herausfand, dass ich ebenfalls Geisterkräfte habe, ist er wie besessen hinter mir her. Er muss wohl irgendeinen seltsamen Komplex haben, in mir jemanden zu sehen, der das gleiche Schicksal wie er hat. Jedenfalls liegt ihm nun an mir genauso viel wie an meiner Mutter. Ich bin der einzige, der ihn aufhalten kann, was mich zu seinem größten Feind macht. Ich bin aber auch der einzige, der sein Schicksal teilt, was mich zu seinem größten Freund macht. Also entweder will er mich als Sohn, passend zur Mutter als seine Frau oder er will mich ohne Kopf.“

„Das ist alles völlig bekloppt.“, meinte Mel dazu. „Wer kommt denn nur auf so einen bekloppten Konflikt? Das Leben als Halbgeist ist wohl irgendwie nicht so die Bombe, was?“

„Das kannst du aber laut sagen.“, lächelte Danny ein wenig geknickt. „Ich habe diese Kräfte unfreiwilliger Weise bekommen und herausgefunden, wozu sie gut sind: Geister, die Amity Park bedrohen aufzumischen, zu bekämpfen und einzufangen. Das machte mir mein ohnehin anstrengendes Teenagerleben noch richtig zur Hölle.“

„Kann ich gut verstehen. Mein Vater wurde vor meinen Augen erschossen, als ich siebzehn war. Seit dem lebe ich bei Lara und kämpfe mich mit ihr durch die Welt. Das ist das einzige Leben, das ich noch habe. Es ist nicht leicht, aber ich bin umso dankbarer dafür, dass ich es habe und dass ich all diese Erfahrungen machen kann. Andere würden sagen, Himmel, ist dieses Leben anstrengend und unfair und gefährlich. Man riskiert täglich seinen Hals und kämpft sich um den Verstand. Aber das sind alles knallharte Erfahrungen, die den Charakter stärken und das Leben aus einer völlig neuen, menschlichen Ecke zeigt. Und das ist doch was schönes.“

Danny hob den Kopf. „So hab ich das noch nie gesehen.“

„Ich auch nicht. Das ist mir gerade erst eingefallen. Ich habe Lara auf sämtlichen Missionen nur die Ohren zugenörgelt. Dabei hätte ich offener sein sollen. Ich hätte mich nicht über meine Situation beschweren sollen, sondern versuchen, etwas daraus zu lernen.“ Mel und Danny lächelten sich an.

„Auf unser aufrichtiges Selbstmitleid.“, grinste Danny.

„Du sagst es.“, grinste Mel zurück.

„YEAHAAAHH!!!“, kreischte eine völlig vergnügte Pascal, die gerade zur Tür reingestürzt kam. „Ich wusste doch, dass ich euch hier finde. Mann, bin ich gut.“, sie schleppte eine Tasche mit sich, aus der ein Haufen von Papier herausquoll.

„Pascal??“, fragte Mel verwundert.

„Ganz recht, mein Herzchen. Ich hab diese tolle Prawda-Tragetasche gefunden und die ganzen Konstruktionspläne natürlich auch und seht mal, was ich noch gefunden habe.“ Sie zog aus ihrer Tasche ein kleines Messer und rammte es in ein kleines Kontrollfeld an der Wand. Daraufhin gab es ein kurzes Blitzen um Danny herum und Mels Gefängnistür sprang auf. „Los, bewegt eure Ärsche. Ich glaube, ein Rudel Schafe ist mir gefolgt. Oh, und Lara sitzt in der Tinte. Kann sein, dass sie sich noch rausreden konnte, aber gehen wir lieber nicht davon aus.“, Pascal rannte voraus. Mel und Danny standen noch ein wenig wie belämmert da, doch dann folgten sie ihr.

„Hier, das hab ich dir mitgebracht, Kleiner.“, sie warf Danny eine Waffe zu. „Das ist der Ectoblast6. Krass, hä?? Los, treten wir meinem ehemaligem Chef mal so richtig in den Hintern.“, strahlte sie.

„Hey, Pascal.“, rief Danny Pascal hinterher, nachdem Mel ihn ziemlich finster angesehen hatte. „Es gibt da etwas, dass du über Vlad wissen solltest.“
 

MSI – Vlads Büro
 

Lara kam in Begleitung von Masters Wachen in dessen Büro. Der erwartete sie schon.

„Masters!“, kam sie ernst auf ihn zu.

„Lady Croft. Sagen sie, was hatten sie denn in meinem Firmengebäude so dringendes zu suchen? Konnten sie mein Büro nicht finden?“, fragte er Lara ganz höflich.

„Darf ich sie an unsere Abmachung erinnern? Sie hatten mir versprochen, dass ich dabei bin, wenn sie ihr Eigentum wieder haben und sie den Jungen gehen lasse.“

„Ja, und?“

„Ich weiß darüber Bescheid, was sie dem Jungen antun wollen. Er ist ein Halbgeist und sie wollen ihm die Kräfte stehlen.“

„Wo ist dann für sie das Problem? Mein Eigentum habe ich bereits zurück und den Jungen lasse ich auch wieder gehen. Nur ohne seine Kräfte. Das war nicht Teil der Vereinbarung.“

„Er ist ein unschuldiger Junge, sie mieses Stück Scheiße.“, zischte Lara durch die Zähne.

„Ich mache ihnen ein letztes Angebot, Miss Croft.“, sagte Masters nun ernster. Er zeigte Lara einen kleinen Zettel. „Das ist ihr Scheck über die vereinbarte Summe. Nehmen sie ihn und verschwinden sie. Sie werden nie wieder etwas von mir hören.“

„Stecken sie sich ihr Geld sonst wohin.“ Kurzes Schweigen zwischen Lara und Vlad.

„Ganz... wie... sie wollen.“, meinte Masters. „Männer!!!“, befahl er den Wachen in seinem Büro. Diese richteten sich auf und waren schon drauf und dran, sich auf Lara zu stürzten, um sie womöglich aus dem Fenster zu schmeißen, als von draußen plötzlich ein enormer Lärm und Schüsse zu hören waren. Masters sah Lara an. Die sah gemein lächelnd zurück.

„Ja, will ich so.“, sagte sie. Vlad rannte auf den Flur. Von dort sah er, wie Mel und Danny Phantom sich durch sämtliche Wachen schlugen. Für den Halbgeist Danny war es natürlich ein leichtes, die Wachen einfach so nieder zu mähen. Schließlich lagen die Männer nur noch in dem Gang und Vlad stand verdattert da.

„Aber ich hatte euch doch eingesperrt.“

„Mich nicht!“, Pascal trat in den Gang. „Ich hatte ihnen doch gesagt, dass sie ihr verfluchtes Fett noch weg kriegen. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ich dabei selbst mitmische. Und jetzt Flossen hoch, Vladimir Plasmius.“

Masters kochte innerlich vor Wut. Diese Kinder spielten tatsächlich jeden Trumpf aus, der ihnen blieb. Nicht zu fassen. Ihn, Vladimir, so reinzulegen. Er war der mächtigste Mann auf der Welt. Sowohl von der finanziellen Seite, als auch von einer ganz anderen.

Funken sprangen um Masters herum. Ein gleißendes Licht hüllte ihn ein. Es blitzte stark und als das Licht wieder abglimmte, schwebte über dem Boden, ein großgewachsener, blasser, schwarzhaariger Mann in weißem Anzug. Seine roten Augen funkelten Danny böse an. Doch dieser richtete den Ectoblast6 auf Vlad.

„Daran würde ich nicht mal denken, alter Feind.“

Plasmius lachte nur: „Du meinst also, du könntest mich mit diesem Spielzeug aufhalten?“

„Nein, aber vielleicht mit zwei Spielzeugen.“, aus der Tür heraus richtete Lara ihren Ectoblast7 ebenfalls auf Vlad. „Ich glaube kaum, dass ein Halbgeist zwei Energiestöße überleben würde. Wie sie gesagt haben: Ich werden diese Waffe wirklich brauchen.“

Vlad sah zwar immer noch Wut schnaubend drein, doch ihm war klar, dass er sowas von geschlagen war.

„Verschwinden wir.“, sagte Mel. Die vier gingen den Gang nach unten in Richtung Aufzug. Die Schlacht schien wohl Gott sei Dank gewonnen.

Doch Plasmius war viel zu wütend, als dass er sich so leicht geschlagen gibt. Von Wut und Frustration zerfressen, hatte er einen Großteil seines Lebens damit gefristet, seiner einzigen Liebe hinterher zu trauern und mit anzusehen, wie er sie verliert und nichts dagegen machen kann. Er verbrachte so viele Jahre in der Einsamkeit eines Krankenhauses. Allein mit einer körperlichen Krankheit, seelischen Schmerzen und neuen Kräften, die er nicht verstand und nicht kontrollieren konnte. Er musste sich in seinem Leben seinen letzten Mut zusammenraffen, um nicht mit Sang und Klang unterzugehen, an seiner Frustration und Depression kaputt zu gehen. Er hat viel zu sehr gelitten, als dass er einfach so aufgeben würde. Wenn nicht jetzt, wann dann?

„Oh, Danny.“, rief er dem Jungen hinterher. Der drehte sich nicht um, sondern ging weiter den Gang entlang. „Du hast da etwas wichtiges vergessen.“

Ihn traf es wie der Schlag, als er daran dachte, dass Vlad ja noch immer den Ectoblast5 bei sich hatte. Er drehte sich blitzschnell um und feuert aus dem Ectoblast6. Doch es war zu spät. Ein Schuss traf ihn selbst und fetzte ihn nach hinten. Die anderen erschreckten sich nicht schlecht, als Danny an ihnen vorbei flog und anfing in einem grünen Licht zu glühen. Das Licht verdichtete sich und Danny konnte dem ganzen nur hilflos zusehen. Schließlich löste sich das grüne Licht ganz von dem Jungen. Dessen Kleidung verwandelte sich wieder zurück in seinen weißen Kittel und die Jeans. Er hatte wieder schwarze Haare. Das grüne Licht steuerte nunmehr auf Vlad zu. Er hatte die Ampulle aus dem Prototyp herausgeholt und nahm das grüne Licht darin auf. Alle blickten sich völlig von der Rolle an.

„Das war doch jetzt nicht wirklich passiert.“, stotterte Pascal.

„Lara, tust du mir ein' Gefallen.“, fragte Mel ihre Mentorin, Vlad dabei ansehend.

„Was denn?“

„Bring die andern hier aus.“ Lara stutze zu erst. Wollte ihre Schülerin jetzt tatsächlich allein gegen dieses Monster antreten? War sie eigentlich dafür schon bereit? Bei ihrer letzten Mission war Mel noch so kindisch und naiv, was ihrer Feinde anging. Sie lernte zwar schnell, aber sie hat sich nie wirklich erwachsen angestellt.

„Bist du sicher.“

„Sicher bin ich sicher. Ich schaff das schon. Sieh über den Tellerrand hinaus.“ Vermutlich war sie doch bereit. Immerhin war sie erwachsen genug, zu wissen, dass sie sich manchen Herausforderungen, die ihr das Schicksal auf den Weg schmeißt, selbst zu stellen hat.

„OK.“, daraufhin schnappte sich Lara den ziemlich kraftlosen Danny und zog mit Pascal ab.

Mel stand Vlad nun ganz allein gegenüber. Dieser schwenkte die Ampulle mit Dannys Geisterkräften hin und her.

„Na, willst du das wieder haben?“

„Nein. Ich weiß, dass du diese Ampulle hüten wirst, wie deinen Augapfel. Man soll seinen Gegner genau einschätzen und seine Schwächen erkennen.“

„Du hast keine Chance. Ich bin ein Halbgeist, schon vergessen.“

Mel sah auf den Boden. Danny hatte bei der Aktion eben den Ectoblast6 fallen lassen. Sie hob ihn auf, atmete noch einmal tief ein. Dann rannte sie ohne weiter zu zögern auf Vlad zu.

Ein schneller Kampf entbrannte zwischen den beiden. Mel feuerte oft und versuchte so präzise wie möglich zu treffen. Doch Vlad war zu schnell. Jedes Mal, wenn sie ihn ihm Visier hatte, machte er sich unsichtbar und tauchte an einer anderen Stelle wieder auf. Die Energie des Ectoblast war zwar stark genug, diesen Halbgeist außer Gefecht zu setzen, doch dazu, musste sieh ihn erstmal kriegen. Doch nicht mal ein Meisterschütze würde Plasmius treffen, so schnell, wie er sich bewegte. Dabei musste Mel selbst darauf achten, dass sie nicht in Vlads Ectoplasmastrahl-Schussbahn geriet, denn auch er feuert mit Hilfe seiner Geisterkräfte auf Mel. Der Kampf schien ziemlich aussichtslos. Ein kleiner Mensch gegen einen mächtigen Halbgeist. Doch Mel gab nicht auf. Sie musste den Kampf zumindest noch so lange fortsetzen, bis sie eine geeignete Schwachstelle an Vlad gefunden hatte. Doch auch Mels Kraft ließ allmählich nach. Wenn sie nicht bald eine Lösung findet, wird das hier ein böses Ende nehmen. Und als hätte es sie geahnt, verließen sie für einen kurzen Moment die Kräfte. Diesen Moment der Unachtsamkeit nutzte Vlad um Mel mit einem Ectoplasmastrahl nach hinten zu schleudern.

„Aua....“, jammerte sie.

„Ich sagte doch, dass du keine Chance hast. Wir sollten das hier zu Ende bringen.“, Vlad kam schwebend auf das Mädchen zu. Das waren wohl Mels letzte Sekunden.

„Kleinen Augenblick.“, pfiff es hinter ihr. Sie drehte sich um und sah genauso verdutzt aus der Wäsche, wie Vlad, als dort Pascal wieder stand. „Guck ma, Alterchen.“, in ihrer Hand hielt sie ein Foto von einer hübschen Frau mittleren Alters. Vlad klappte daraufhin die Kinnlade runter.

„Maddie!!!“, schmetterte er. Das war er. Sein Schwachpunkt. Mel zögerte nicht lange, richtete den Ectoblast auf Vlad und drückte kurzer Hand ab. Plasmius bemerkte das, doch zu spät und Mel jagte ihm einen Energiestoß direkt durch die linke Schulter. Das setzte ihn für ein paar Sekunden außer Gefecht. Das Mädchen rappelte sich auf, griff unter Plasmius' Cape, holte den Prototyp daraus hervor und suchte dann schnell ihr Heil in der Flucht.

Auf dem Weg nach draußen fragte Mel Pascal: „Maddie?“

Diese antwortete: „Dannys Mom...“
 

Wisconsin – Pascals Wohnung
 

Abgekämpft und müde, fanden sich unsere vier „Helden“ in Pascals Wohnung wieder. An für sich müssten sie sich drauf und dran machen, einen neuen Plan auszudenken, um Dannys Kräfte wiederzukriegen. Ein Sieg war das jedenfalls nicht gerade. Aber die vier waren alle viel zu fertig und mitgenommen – vor allem Danny – als dass sich jetzt irgendjemand noch irgendeinen Kopf darüber zerbrechen würde, wie man bei MSI wieder einbricht, Masters überrascht und ihm dieser verfluchte Ampulle wieder abnimmt. Die Stimmung war so ziemlich im Keller. Pascal schmiss sich in ihr Sofa und stöhnte nur perfide vor sich hin. Danny hockte auf einem Stuhl und konnte sich noch immer nicht so ganz mit dem Gedanken anfreunden, dass sein größter Erzfeind ihn tatsächlich besiegt haben soll. Mel war nicht ganz nach Hinsetzen zu mute. Sie hielt sich in einer seltsamen Weise für einen Versager, der zwar irgendwie gesiegt hatte, aber irgendwie auch nicht. Das war konfus für sie, aber nicht unbedingt eine Situation, mit der sie nicht zurecht kam. Sie wusste, dass die anderen jetzt erstmal platt sind. Der Tag war verdammt lang für alle. Einen Plan kann man sich morgen auch noch ausdenken. Sie selbst hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie eigentlich war. Vor nicht ganz vierundzwanzig Stunden hätte sie sich wahrscheinlich die ganze Zeit nur darüber beschwert, dass ihr Magen knurrt und sie sofort etwas zu essen haben will. Aber die Ereignisse an dem heutigen Tag haben sie eines besseren belehrt. Auf den vorhergehenden Missionen mit Lara ging es immer nur darum, irgendwelchen Tempeln irgendwelche Statuen zu entreißen oder irgendwelche Wachen über den Haufen zu schießen. Doch bei dieser Mission ging es nicht um Mel oder ihre Bedürfnisse oder ihre Nörgellei. Es ging um Danny, um seine Geschichte, um seine Probleme, um seinen Feind.

Mel merkte plötzlich, dass Lara gar nicht mehr in der Wohnung war. Oder war sie gar nicht erst mit hochgekommen.

„Wo ist Lara?“, fragte sie.

„In's Klo gefallen...“, murrte es aus dem Sofa heraus.

„Sehr witzig. Ich geh sie suchen.“, daraufhin machte sich Mel wieder nach draußen. Sie musste nicht lange gucken, bis sie Lara an der nächsten Straßenecke stehen sah. Die Sonne war bereits untergegangen und sie stand im Straßenlicht an eine Hauswand gelehnt

„Hey, Lara. Was machst du denn hier draußen? Zählst du die toten Tiere auf der Straße?“

Der Tomb Raider lächelte. „Mel, wie lange bist du schon bei mir?“

Das Mädchen überlegte kurz. „Mit heute? Gute sechs Monate.“

„Du weißt hoffentlich, dass das nicht für die Ewigkeit sein kann.“

Mel machte große Augen. „Was meinst du?“

„Ich kann nicht für immer deine Amme spielen.“

„Kann dir immer noch nicht folgen.“

„Unsere Wege werden sich von heute an trennen.“

Das Mädchen sah zu ihrer Mentorin auf, verzog aber keine Miene. Sie wusste, dass dieser Tag kommen würde und dass sie daran nichts ändern konnte, schon gar nicht, wenn Lara es ausspricht. Sie weiß, was sie tut und wenn sie etwas mit Bestimmtheit tut, dann ist sie nicht aufzuhalten.

„Glaubst du, dass ich ohne dich zurecht kommen werde?“

„Du hast an dem heutigen Tag geschafft, den Plan eines Psychopathen aufzudecken und hättest ihn sogar fast aufgehalten. Es fehlt nur noch der Feinschliff, aber ich bin mir sicher, dass das für dich nicht weiter das Problem sein wird.“

„Und du?“

„Für mich ist das hier Kindergarten. Ich bin nicht dazu da, um auf einen zwanzigjährigen aufzupassen, der im Klinsch mit dem Typen liegt, der sich an seine Mutter ranmachen will.“

„Willst du damit sagen, du lässt mir hier allein, damit ich die fiebsligen Aufgaben übernehme, damit du rausgehen kannst, um die Welt zu retten?“

„Nein, ich meine nur, dass du genug von mir gelernt hast, um deine eigenen Erfahrungen machen zu können. Wenn du dich deinen Feinden stellst – und mögen die Aufträge noch so fiebslig sein – dann wird dich das zu einem stärkeren Tomb Raider machen. Wenn ich jetzt weiter bei dir bleibe, wirst du nur abhängig von mir und das würde dann das genau Gegenteil bewirken.“

„Verstehe. Was machst du jetzt?“

„Ich werde nach England zurückfliegen. Diese Mission schaffst du allein. Denk dir nur einen professionellen Plan aus. Du brauchst meine Hilfe nicht mehr. Und selbst wenn; ich habe heute selber etwas gelernt, habe wieder eine Schwäche entdeckt, die es auszumerzen gilt. Masters hat mich hinters Licht führen können, weil er wusste, dass ich diese Schwäche habe. Er wendete sich genau aus diesem Grund an mich und nicht an irgendjemanden anders, der ihm Danny auf einem silbernen Tablett servieren sollte. Aber mit dir und deinem Instinkt hat er nicht gerechnet. Selbst ich höre nie auf zu lernen, aber man lernt vom Leben mehr als von einem stupiden Lehrer, der einem alles vorkaut, was man zu tun hat. So wird man nie selbstständig.“

„Nette Ansprache.“

„Danke. Ich muss dann. Bis sich unsere Wege wieder kreuzen, Lady Madjana.“, Lara drehte sich um und ging die Straße entlang.

„Bye, Lara.“, Mel sah ihrer Mentorin hinterher bis sie in der Dunkelheit verschwunden war. Ein wenig wehmütig und mit einem schweren Herzen seufzte sie. Sie hätte nicht gedacht, dass sie so schnell so allein auf sich gestellt ist. Aber Lara hatte Recht. Mel war stark genug, ihre eigenen Erfahrungen machen zu können. Oder besser gesagt, Mel war stark genug, sich ihr Genörgel selbst anzuhören. Die Zeit mit dem Tomb Raider war sehr lehrreich für das kleine Mädchen aus Schottland und so krass die Erfahrungen auch gewesen sein mögen, das Leben wird noch genug davon bereit halten. Solange sie sich zusammenreißt und ihren Schwanz nicht einzieht, sich mutig ihren Weg bahnt, sich selbst treu bleibt... Was sollte dieses schwulztige Gebrabbel jetzt?? Danny brauchte Hilfe und Mel brauchte einen Plan, also ran an die Buletten.
 

Epilog:
 

Wisconsin – Mastersoft Industries
 

D: OK, ich bin jetzt genau über dem Logo von Mastersoft. Darunter ist sein Büro, richtig?

M: Richtig.

D: War 'n hartes Stück Arbeit bis hier her.

S: Was du nicht sagst.

D: Sein Verteidigungssystem ist wesentlich komplexer und durchdachter. Als ich das letzte Mal hier war, hab' ich nich' so lange gebraucht, wie jetzt.

M: Vielleicht wirst du auch einfach nur alt.

D: Sorry, hab' vergessen, wann ich lachen sollte.

M: Wie sieht's eigentlich mit dem Ectoblast5 aus? Hast du ihn schon kaputt gemacht, wie alles, was du in die Finger bekommst?

D: Der Prototyp läuft wie 'ne eins. Nur der Abzug ist noch ein wenig launisch. Aber sowohl Geister als auch Menschen haben den Lauf nur ein einziges Mal von vorn sehen können.

M: Oje, Männer und ihre Knarren. Lass das Baby bloß nicht fallen. Pascal dreht dir den Hals um.

D: Die soll bloß ihr Maul halten. Wenn die noch einmal meckert, dass ich 'ne Waffe von ihr geschrottet habe, erzähl' ich der was.

M: Du solltest ihr lieber dankbar sein, dass sie das Ding für dich umgebaut hat.

D: Dankbar?? DANKBAR?!? Sooft, wie die mich gewarnt hat, sollte ich dieses Teil auch nur einmal fallen lassen...

M: Vergiss es einfach. Sobald du in Vlads Büro bist, wende dich nach links. Da steht ein Tresor. Darin befindet sich dieses Ding, worauf du so scharf bist.

D: Masters wird dafür bezahlen, dass er es mir gestohlen hat.

M: Übertreib es nicht, Danny. Es wimmelt hier vor Wachen und wenn Vlad dich erwischt, kannst du diese Aktion als gestorben betrachten... und dich ebenfalls.

D: Keine Sorge. Solange ich mir meinen Besitz nicht zurückgeholt habe, ist noch nicht Feierabend.

M: Ich mach mir dann wohl besser 'nen Kaffee.

D: Mel...

M: Mach deinen Job, Geisterjunge.

D: Genug gequasselt. Ich geh jetzt rein.

M: Sei vorsichtig...
 

An einem Seil schwang sich Danny aus dem Fenster, auf dem er bis eben noch hockte, ließ sich an der Wand nach unten, ganz sachte, aber trotzdem schnell und konzentriert. Ihm blieb nicht viel Zeit, bis die Wachen hinter sein Ablenkungsmanöver in der Eingangshalle stiegen. Wie Danny schon bemerkt hatte, war das Personal kompetenter. Als er das erste Mal zu Mastersoft geschleppt worden war, waren die Wachen derart dusslig, dass es Danny und den anderen ein Leichtes war, sie auszutricksen und seinem Erzfeind das Leben so richtig schön schwer zu machen, auch wenn Danny im Endeffekt versagt hatte. Damals kannte er sich allerdings noch nicht so ganz in der Firma von Mastersoft aus. Das Hauptgebäude war ein riesiger Komplex, bestehend aus mehreren Etagen und Vorbauten, in denen man sich schnell verirren kann. Dieses Mal war es auch nicht wesentlich leichter, aber mit Mel im Ohr hatte Danny leichtes Spiel. Mit Pascals Hilfe stand der Tomb Raidernachwuchs mit Danny immer in Kontakt, hatte alle Sicherheitskameras von dem Gebäude online und war damit Dannys einziges Auge durch dieses Labyrinth aus Gängen, Büros und Korridoren. Ohne den wachsamen Blick von Mel, hätten die Wachen Danny schon längst erwischt und sonst wohin gesteckt.
 

Mit einem eleganten Schwung, landete der Geisterjäger schließlich auf dem Fensterbrett vor Vladimirs Büro. Er war so leise, dass die Wache in dem Büro nicht einmal merkte, wie Danny das Fenster öffnete und sie mit einem gezielten Schuss aus dem Ectoblast5 ins Jenseits beförderte.

"Und sowas nennt sich kompetentes Personal. Vielleicht sollte ich Masters nicht überschätzen."

Leise schlich sich Danny zum Tresor, der neben dem großen Schreibtisch stand.
 

D: Mel.

M: Rede, Genosse.

D: Zahlen??

M: 1712

D: Woher kannst du das so schnell wissen? Ich hab gedacht, jetzt erzählst du mir wieder irgendwas von einem irrsinnigen Akt, in dem ich meinen Hals riskieren muss, nur um den Code für den Tresor zu kriegen.

M: Das ist der Geburtstag deiner Mutter, du Genie. Denke, bevor du etwas sagst.

D: Ich pack's nich'.

M: Unnötig, sowas auch noch festzustellen...
 

Die gehörten Zahlen gab Danny in das Schloss des Tresors ein. Es gab ein leises Summen, ein kleines Knacken und die Tresortür ging auf. Der Geisterjäger freute sich schon innerlich darauf, dass er bald sein Eigentum wieder in Händen halten würde. Doch als er tiefer in den Tresor sah, merkte er, dass dieses Scheißding leer war.

"Suchst du das hier?" Die Tür ging auf und als Danny seinen Kopf hob, sah er seinen Erzfeind vor sich stehen. In seinen Händen entdeckte er eine kleine Ampulle und darin glühte ein kleines, grünes Licht. "Du glaubst doch nicht allen Ernstes, ich würde es dir so einfach überlassen."

"Abbrechen! ABBRECHEN!!!", schrie Danny in sein Mikro, dass es Mel am anderen Ende fast die Ohren zerfetzt hätte. Der Junge hastete nur noch panikartig zum Fenster, machte sich bereit, hinauszuspringen und am Seil die Flucht zu ergreifen. Doch sowie er aus dem Fenster sprang und nach dem Seil greifen wollte, raste die Druckwelle eines Ectostrahls hinter ihm her, zerschlug sämtliche Fensterscheiben in dem Büro und schleuderte Danny noch weiter hinaus, sodass er das Seil verfehlte und nun Gefahr lief, vierzig Stockwerke nach unten zu stürzen.

Doch etwas hielt ihn auf. Nach einem guten Drittel der Strecke kam er in der Luft abrupt zum Stehen. Er spürte einen Zug an seinem Arm. Als er hinauf blickte, sah er, wie Vlad ihn festhielt. Er hatte seine Geisterform angenommen, schwebte nahe der Hauswand und blickte triumphierend auf Danny hinab.

"Du gibst wohl nie auf."

Vlad hatte ihn leider genau an dem Arm gepackt, in dessen Hand er den Ectoblast5 hielt. Somit konnte er Vlad nicht mal mehr erschießen, wobei selbst das schwierig war, bei so einem mächtigen Geist wie Plasmius. Danny kochte innerlich zu wissen, dass sein größer Feind gerade sein Leben in der Hand hatte und das in zweierlei Hinsicht. In der einen Hand hielt Vladimir Danny fest, um ihn noch vor einem tötlichen Sturz in die Tiefe zu bewahren. Und in der anderen Hand hielt er die Ampulle... mit Dannys Geisterkräften. "Sieh doch ein, dass du mir einfach nicht mehr gewachsen bist. Als du deine Geisterkräfte noch hattest, warst du mir beinahe ebenbürtig, aber jetzt... Jetzt bist du nur noch ein Mensch. Schwach, dumm, kein Gegner für mich... Es sei denn..." Vlad zog Danny zu sich heran, sodass Danny auf einer Augenhöhe mit ihm war. "Es sei denn, du entscheidest dich, bei mir zu bleiben - für immer. Du ziehst nach Wisconsin, lässt dich von mir ausbilden, tust, was ich will. Weigerst du dich, erwartet dich ein ziemlich langer Sturz, gefolgt von einem schmerzhaften Tod. Aber willigst du ein, bekommst du deine Geisterkräfte zurück. Als Gegenleistung wirst du... mein Sohn..."

"NIEMALS!!!!!", schrie Danny, zog seine Arm mit einem kräftigen Ruck aus Vlads Hand. Damit war sein Schicksal besiegelt und ein Sturz unvermeidlich, doch nun hatte er auch die Hand mit seiner Waffe wieder frei. Es erschien ihm zwar sinnlos, doch mit einem kleinen Fünkchen Hoffnung und einer rasenden Wut im Bauch zielte er so gut er konnte auf den immer weiter sich entfernenden Vladimir und schoss.
 

Der Schuss traf sein Ziel, erwischte Vladimir genau zwischen den Augen. Der schrie nicht mal mehr auf. Er nahm wieder seine menschliche Gestalt an und stürzte ebenfalls nach unten. Doch dabei ließ er endlich die Ampulle los. Danny bemerkte das sofort – das war die einzige Chance, die ihm noch blieb und noch während er in der Luft nach unten stürzte, ruderte er, so schnell er konnte, mit Armen und Beinen zu der ebenfalls nach unten fallenden Ampulle hin. Er erreichte sie, zerdrückte sie in seiner Hand, das Glas zerbarst und gab das darin gefangene grüne Licht frei...
 

M: Danny?? Danny???? Bist du noch da? Ist alles in Ordnung? Du bist doch nicht etwa tot, oder?!

D: Ja, ich bin OK. Ich hab' doch gesagt, wir machen keinen Feierabend, bevor ich nicht mein Eigentum wieder habe.

M: Was zum Henker war denn nur los?

D: Ich bin aus dem Fenster gestürzt. Zum Glück haben mich meine Geisterkräfte nicht im Stich gelassen. Ich hab' es geschafft. Sag Pascal, sie kann die Ectoblast jetzt zerstören.

M: Und? Wie fühlst du dich?

D: ...weiß nicht.

M: Was ist mit Vladimir?
 

Auf diese Frage antwortete Danny nicht. Er sank, dank seiner Geisterform, langsam zur Erde, blickte in das Gras und kniete sich schließlich neben Vladimir Masters. Ein kleines rotes Licht blinkt vor Danny auf und auf. Der Junge holte die Ampulle aus dem Ectoblast und schloss das rote Licht darin ein.

Danny sah auf Masters hinab. Vlad lag völlig bewusstlos im Gras. Der Junge fühlte am Puls, dass er noch immer lebte. Danny machte ein ernstes Gesicht. Ihm schossen jegliche schreckliche Erinnerungen mit ihm und Vladimir durch den Kopf. So viel hatte dieser Verräter dem Jungen angetan und seinen Freunden und seiner Familie. Und nun war er besiegt.

Danny nahm sein Funkmikro aus dem Ohr, warf den Ectoblast auf den Boden.
 

„Es ist fast zu ironisch. Danny Phantom konnte dich nie besiegen. Und jetzt hat dich Danny Fenton besiegt. Der Mensch, den du als dumm und schwach bezeichnet hast, hat dich gerade vernichtet, obwohl er selbst Gefahr lief, zu sterben, Vladimir Plasmius. Ich bin nicht dein Sohn. Und würde ich es sein, könnte ich dich nie voller Stolz Vater nennen, denn du hast völlig vergessen, was Menschlichkeit bedeutet. Vielleicht lernst du es als echter Mensch...“
 


 

by MayaAnn

21. August 2006



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-01-06T21:02:38+00:00 06.01.2007 22:02
das is ja mal ne geile geschichte.schreibst u noch eine???


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