The place without you von abgemeldet
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Kapitel 1:
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The Place without you
Ich sitze an deinem Bett. Ein paar Tage ist es her, dass ich dich in einer der
dunklen Gassen gefunden und zu mir getragen habe. Du krampfst, schreist vor
Schmerzen, schlägst immer wieder um dich. Es kostet mich bei jedem deiner
Anfälle alle Kraft, dich zu beruhigen. Ich rufe deinen Namen „Komm endlich zu
dir!“ – Hörst du mich? Dieses verdammte Gift. Du hattest gesagt, du
würdest damit aufhören. Erinnerst du dich? Doch es bestimmt dein Leben.
Wenn du zu schwach bist davon los zu kommen, will ich von jetzt an Stark sein
für uns beide. Ich lege dir ein kaltes Tuch auf die Stirn. Du bist soweit weg.
In einer anderen Welt, wie mir scheint. Doch du stöhnst erleichtert, als würde
die Kühle deine Schmerzen lindern. Wie gern würde ich mehr für dich tun,
gefallener Engel, doch du musst alleine diese Hölle überwinden. Ich nehme
deine leblosen Hände in meine. Hoffe, dass meine Kraft so auf dich übergeht.
Sei stark, Kyo! Lebe! Lebe für mich!
Dieser Ort. Es ist so friedlich hier. Nur das „Zeug“ vom Dealer ist der Weg
hierher. Keine Schmerzen, nein, die kommen erst dann, wenn die Wirkung
nachlässt. Ich hasse dieses Zeug, vielleicht ist das gerade der Grund warum ich
es nicht aufgeben kann. Meine Sehnsucht nach diesem Ort des Friedens ist zu
stark. Dafür hasse ich mich selbst.
Ich erinnere mich, an den Tag vor einem halben Jahr. Du hattest verkündet, dass
Kaoru und du ein Paar seid. Es zerriss mir das Herz. Ich liebte dich, doch du
nanntest mich nur ‚deinen Freund’. Mit dem Mittel gelang es mir sogar
‚dein Freund’ zu sein. Es betäubte meinen Schmerz. Du bemerktest als erster
das etwas nicht stimmte. Ausgerechnet du, der Grund für meine Flucht hierher.
Du batest mich als ‚Freund’ damit aufzuhören. Verzeih mir, Daidai. Ein
einsames Leben hier an diesem Ort ist erträglicher für mich als das wirkliche
Leben, indem ich für dich nur ‚ein Freund’ bin.
Alles hüllt sich in Dunkel. Mir ist, als verliere ich den Boden unter den
Füßen und falle in die unendliche Tiefe. Ich schreie. Wieso ist da niemand der
mich auffängt? Wild schlage ich um mich, doch nirgendwo finde ich Halt. Eine
Stimme ruft mich in dieser Dunkelheit. Deine Stimme? Plötzlich ist es angenehm
kühl. Ich schließe die Augen, bin nicht mehr panisch und lasse mich fallen.
Es wird heller. Etwas, scheint es, hat meinen Fall in die Tiefe gestoppt. Ich
öffne die Augen. Wo bin ich? Ein Zimmer. Leicht drehe ich meinen Kopf zur
Seite, erkenne die Antwort auf meine lautlose Frage. Es ist dein Zimmer! Was in
aller Welt tue ich hier?
Die Tür geht auf und du betrittst den Raum. „Endlich! … Kyo! … Endlich
bist du wach,“ höre ich dich sagen, als du auf das Bett zukommst in dem ich
liege. Ich sehe dich an, unfähig auch nur ein Wort zu sagen. Du beugst dich
über mich. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass deine Hand ausholt und
spüre, wie sie mein Gesicht trifft. Deine Augen füllen sich mit tränen. Du
brauchst nichts zu bereuen, Daisuke. Ein Junkie wie ich hat es wohl nicht anders
verdient. „Du verdammter Idiot! Ich hatte ne scheiß Angst um dich. Ist dir
das überhaupt klar?“ Wieso du, Daidai? Ich sehe dich fragend an. Du beruhigst
dich, kniest nieder und nimmst meinen Kopf in deine warmen Hände.
„Gomen…Ich wollte dich nicht schlagen, Kyo. Es ist nur…dieses Zeug hätte
dich fast umgebracht!“ Wieder durchfährt mich ein Schmerz. Ich spüre wie
sich mein Köper verkrampft. Ist es weil mich deine Nähe so quält? Ich schreie
auf, zittere. Lass mich von hier fliehen Daisuke! Bitte!!!
„ Du musst das jetzt durchstehen, Kyo!“ Ich versuche auf dich einzureden und
halte dich fest. Dein flehender Blick zerreist mich fast. „Ich werde nicht
nachgeben, hörst du? Auch wenn du mich jetzt dafür hasst. Länger als sonst
dauert es, bis ich dich beruhigt habe. Die Kratzer am Arm spüre ich kaum. Viel
mehr tut es mir weh dich so leiden zu sehen. Noch immer knie ich vor dem Bett
und lächle dich an. Erschöpft bist du eingeschlafen, siehst jetzt so friedlich
aus. Bald wird das Rauschgift dich nicht mehr beherrschen. Ich weiß, dass wir
beide ihm die Macht nehmen können, die es jetzt noch über dich hat.
Es ist nun fast wieder Abend und du bist erneut aufgewacht. „Hey“ empfange
ich dich mit einem lächeln. „Wieso bin ich hier?“ fragst du leise. Das
erste mal das du nicht schreist. „Hab dich gefunden und hierher gebracht. Du
warst schon ziemlich weit weg.“ Ich versuche wieder zu lächeln, doch ich kann
meine Sorgen um dich nur schwer verbergen. „Gomen. Ich mach dir soviel
Ärger.“ Erwiderst du und deine Augen füllen sich mit Tränen. Hast du mich
durchschaut? Du drehst ausweichend deinen Kopf zu Seite. Dabei fallen dir die
Wunden an meinen Unterarmen auf. „Ist…ist das…meine Schuld?“ fragst du,
gegen deine Tränen ankämpfend. Dieses mal gelingt mir ein leichtes aber
aufrechtes Lachen. „Ist nicht schlimm. Sorg nur dafür das die nicht umsonst
sind, und du von dem Trip runterkommst.“ Ich will dich trösten, durchwühle,
wie so oft schon, dein Haar. Am liebsten würde ich dich fragen, wieso du
überhaupt mit dem Dope angefangen hast, warum du niemandem sagtest, dass du
Probleme hattest. Doch ich entscheide mich zu warten, bis es dir besser geht.
„Meinst du, du kannst etwas Miso-Suppe drin behalten?“ frage ich dich
stattdessen. Als du nickst, stehe ich auf und hole eine Schale voll. Das bringt
dich bestimmt wieder zu Kräften.
Eine Woche ist nun vergangen. Deine Pflege hat mich soweit gebracht, dass ich
wieder einige Schritte gehen kann. Der Entzug macht Fortschritte, obwohl ich
zeitweise noch immer die Kontrolle über meinen Körper verliere. Ich betrachte
mich im Spiegel. Jetzt seh ich nicht mehr ganz so erbärmlich aus. Doch was
würde wenn ich wiederhergestellt wäre? Würdest du einfach lächeln und sagen:
Dafür sind Freunde doch da? Ich hatte Angst. Jetzt, da du mir Näher bist als
jemals sonst, dachte ich nur selten an die Flucht zu dem Ort, wo ich nicht mehr
unter deiner „Freundschaft“ litt. Eben hast du nach mir gerufen. Ich stütze
mich ein wenig an der Wand ab um zu dir in die Küche zu kommen, will dir
beweisen dass ich es schaffe. Siehst du, Daidai? Ich bin kein Versager. Ich kann
das ohne dich. Du lächelst und kommst mir etwas entgegen. Fängst mich
rechtzeitig auf, als mir schließlich doch die Beine versagen.
Ich bin echt stolz auf dich. Jeden Tag kehrt mehr Kraft in deinen Körper
zurück. Kraft, für die ich dich die ganze Zeit über bewunderte. Wieso nur
hast du zugelassen, dass das Gift sie dir raubte? Wir hatten viel Zeit zum Reden
gehabt und doch warst du bisher nicht bereit mir diese Frage zu beantworten.
Gestern hattest du mich um Papier und Schreibzeug gebeten. Du sagtest, du
hättest Ideen für einen neuen Song, die du aufschreiben wolltest. Jetzt
hattest du nach mir gerufen. Ich habe meine rote Gitarre dabei. Ich sollte sie
mitbringen, hast du gesagt. Es freut mich, dass ich der erste sein darf, dem du
dein neues poetisches Meisterwerk offenbarst. „Ließ mal. Vielleicht fällt
dir ja ne Melodie dazu ein“ sagtest du lächelnd. Ich nickte, lass den Text.
Er handelte von einer unerfüllten Liebe und der Sehnsucht nach dem Tod. War das
der Grund weswegen du dich betäubt hattest? Wer war die Person, die dir das
Herz gebrochen hatte? Ich sah zu dir herüber. Dein Blick hielt an mir fest, als
fragtest du: Verstehst du jetzt warum ich so handelte? „Du hättest mit uns
reden können“ meinte ich leise. „Mit wem denn? Mit dir vielleicht?“ Deine
Stimme war nüchtern, fast abgestumpft. Dieser Ton machte mir Angst. „Wieso
nicht? Wir sind doch…“ „…Freunde. Ich weiß.“ Du beendetest den Satz
für mich. Warum dieser sarkastische Unterton? Dein Blick wendete sich von mir
ab. „DU warst mit Kaoru zusammen. Wie hätte ich da über meine Gefühle reden
sollen – mit DIR?“ fuhrst du leise fort. Dein Körper begann zu zittern.
Langsam stehst du auf und kommst auf mich zu. Die Anstrengung kann ich deutlich
in deinem Gesicht lesen. Noch ein Schritt, dann stehst du vor mir. Du stützt
dich auf meine Schultern. „DU warst für mich mehr als nur ein Freund. Und
bist es noch immer.“ Mit diesen Worten brachst du zusammen. „Das geht mir
doch genauso! Nur dass ich es nicht wahrhaben wollte. Ich redete mir ein dass
ich Kaoru liebte, wollte aber eigentlich nur DICH.“ Hatte ich das jetzt
wirklich gesagt? Es stimmte, ich liebte diesen kleinen Baka und war immer zu
feige es ihm zu sagen. In gewisser Hinsicht waren wir beide Sturköpfe, wusste
ich nun. Der Preis für diese Einsicht war, dass ich dich um ein Haar verloren
hätte, blonder Engel.
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