Between love and hate you lose the control von abgemeldet (Traue nicht deinen Freunden - sondern deinen Feinden HPDM) ================================================================================ Kapitel 25: Der Tag danach -------------------------- Huhu, also erstmal tut es mir sehr leid, dass das so lange gedauert hat, aber Uni-stress und kaputter PC haben mir das Leben schwer gemacht -.- Ich hoffe ich kann euch hier mit ein wenig entschädigen! Kapitel25 Der Tag danach Der erste Sommerregen prasselte auf das Land nieder und wusch die Spuren der vergangenen Schlacht dahin. Voldemort war nicht mehr, aber er hatte Wunden hinterlassen in einer gebrandmarkten Welt. Draco saß, in der notdürftig eingerichteten Krankenstation, am Fenster und sah in den stürmischen Himmel hinauf. In einem Bett neben ihm lag Harry, noch immer ohne Bewusstsein und dem Tod näher als dem Leben. Madame Pomfrey selbst wusste sich keine Lösung, wie sie mit den Fluchverletzungen umgehen sollte. Sie tat ihr bestes aber am Ende würde Draco nichts bleiben, außer warten und hoffen, dass Harry sich erholte. Nachdem der Gryffindor hier her gebracht worden war, hatte der Slytherin dabei geholfen die Toten zu identifizieren und es waren viele gewesen. Einige die sogar er betrauern konnte, aber schlimmer noch würde es für Harry, wenn er erwachte… wenn er denn erwachte. Die Spezialisten aus St. Mungos waren bereits eingetroffen, doch auch sie hatten noch nicht viel bewirken können. Zur Stunde saßen sie zusammen und beratschlagten, was man in Harrys Fall würde tun können. Das Warten schien Draco schier zu zerreisen. Er konnte nichts tun, nur zusehen, wie sein Freund schwächer und schwächer wurde. Sollte Voldemort doch noch seinen Willen bekommen? Sollte er doch noch, aus dem Grabe heraus, gewinnen? Leise öffnete sich die Tür. Vor ihm stand Hermione. Man sah ihr die Spuren des Kampfes noch immer deutlich an und hinzugekommen waren all die Verluste, die sie wohl erst jetzt wirklich begriff. Ihr dunklen Augen waren trübe und blutunterlaufen. Wie lange hatte sie nicht geschlafen? Wahrscheinlich genauso lange wie Draco selbst. Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln, als sie auf Harry zuging und sich auf der Bettkante nieder ließ. “Haben die Cursebreaker schon etwas gesagt?”, wollte sie wissen, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. “Nein… die beraten sich noch”. Hermione nickte bloß, dann starrte sie unentwegt auf Harry, der leblos im Bett lag. Er war blass wie der Tod selbst und sein Brustkorb hob und senkte sich nur noch kaum merklich. “Denkst du er ist noch da? Denkst du er ist noch irgendwo da drin?”, fragte sie, Tränen rannen stumm über ihre Wangen. “Ich hoffe es. Ich hoffe, dass er noch da ist und dass er irgendwann zu uns zurück kommt”, antwortete Draco. Es tat weh, darüber nach zu denken, dass Harry nicht wieder kommen würde. Welche Ironie war es doch, dass er sich eigentlich schon mit dem Tod des Gryffindor abgefunden hatte und nun doch so sehr hoffe, alles würde anders kommen. “Draco…”, begann Hermione, brach dann aber ab. “Was ist denn?”, hakte der Angesprochene sanft nach. “Du solltest mit Zabinis Eltern sprechen… sie werden ihren Sohn zurückhaben wollen…”. Der Slytherin spürte, wie sich dein Magen schmerzhaft zusammen zog. Bisher hatte er versucht Blaise Tod zu verdrängen. Natürlich waren sie nicht immer einer Meinung gewesen und es hatte Zeiten gegeben, in den Draco ihn wirklich verflucht hatte, aber der Italiener war sein bester Freund gewesen und nun war er tot. Er hatte sich zum Schluss für die richtige Seite entschieden und dafür mit seinem Leben bezahlt. “Ich weiß… nur habe ich noch keine Ahnung, wie ich das machen soll… im Moment kommen hunderte Eulen hier an, von Eltern, die wissen wollen, was mit ihren Kindern ist”, erklärte der Blonde und richtete seinen Blick wieder auf den Regen, der draußen vor dem Fenster vom Himmel fiel. “Wir müssen sie alle identifizieren… es ist schrecklich…”, murmelte die junge Frau, doch Draco reagierte nicht darauf. Seine Gedanken waren bei Harry. Im Moment war er nicht in der Lage, an etwas anderes zu denken. Er wusste nur, dass er nicht auch noch ihn verlieren wollte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Eine viertel Stunde später betrat Hermione die Große Halle. Sie fühlte sich, als habe sie schon ein ganzes Leben hinter sich. Noch nie war sie so müde gewesen, aber sie wusste, dass sie ohnehin nicht würde schlafen können. Somit widmete sie sich lieber jenen, die den Kampf nicht überlebt hatten. Sobald Hermione wusste, um wen es sich handelte, hatte sie vor Briefe zu schreiben und den Eltern bescheid zu geben. Schweren Herzens lief sie an den Reihen der Leichen vorbei. Eine neben der anderen, ein nie enden wollendes Grauen. Ganz hinten in der Halle stand Colin, seine Roben waren zerrissen, die Augen rot vom Weinen. Hermione stellte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Dennis hat tapfer gekämpft”, sagte sie und wusste, dass nichts die Trauer des Bruders würde lindern können. Auch der Dreizehnjährige war ein Opfer von Bellatrix Lestrange geworden. Jetzt fragte sie sich, warum sie zugestimmt hatten, dass er mitgekommen war. Mit dreizehn hatte er keine Chance gehabt, gegen DeathEater denen das Schicksal eines Kindes völlig egal war. “Er ist für England gestorben. Für unsere Familie. Ich werde immer stolz auf ihn sein…”, antwortete Colin, eher er zu seinem Bruder ging und die Decke über dessen Gesicht legte. Ein Abschied für immer. Eine Reise ohne Wiederkehr. Hermione spürte, wie die heißen Tränen erneut ihre Wangen hinab liefen. “Lass es nicht an dich heran”, sagte eine sanfte Stimme hinter ihr. Oliver Wood versuchte ihr ein Lächeln zu schenken. Auch ihm sah man die Spuren des Kampfes an. Sein T-Shirt fehlte und um die Hüfte trug er einen Verband. Es war die Stelle, die Hermione während des Kampfes notdürftig geheilt hatte. Sein linkes Auge war blau und geschwollen und eine Schnittwunde zog sich über die rechte Wange. “Das geht leider nicht so leicht”, antwortete die junge Frau seufzend und warf einen wehmütigen Blick auf Dennis Creeveys zugedeckte Leiche. “Ich weiß. Aber es wird dich kaputt machen, wenn du mit jedem Schicksal mitfühlst”, erklärte der Ältere. “Außerdem solltest du selbst mal zu Poppy gehen. Deine Kopfwunde sieht nicht gut aus”. Erst jetzt schien Hermione zu realisieren, dass sie einer der Steine, wie ein Geschoss, an der Schläfe getroffen hatte. Sie hob eine Hand und fasste in getrocknetes Blut auf ihrer rechten Wange. “Es geht mir gut…”, waren die einzigen Worte, die sie über die Lippen brachte, ehe sie sich von Oliver abwandte und weiter durch die Halle ging. Es war, als wolle die Reihe der Toten nicht abreißen. Sie blickte in die leeren Augen von Demelza Robins und, zu ihrem eigenen Entsetzen, Pansy Parkinson. “Wer hätte gedacht, dass Miss Parkinson für diese Sache sterben würde…”, Professor McGonagall tauchte neben ihr auf. Ihr rechter Arm war in einer Schlinge verankert, sie wirkte blass, alt und ausgebrannt. Aber noch immer hielt sie sich aufrecht. Nichts konnte ihr ihren Stolz nehmen, auch nicht Voldemort. “Ja, das hätten wohl die Wenigsten erwartet. Und doch zeigt es uns, dass nicht jeder Slytherin ein DeathEater ist. Ganz im Gegenteil. Auch Blaise Zabini hat sich am Ende gegen seinen Meister gestellt. Genau wie Draco Malfoy. Vielleicht irren wir uns, in dem Bild, das wir alle vom Haus Slytherin haben. Vielleicht stempeln wir zu früh ab”, erklärte Hermione ihrer Lehrerin. Die Worte kamen von Herzen. Sie waren ihr wichtig in diesem Moment der Trostlosigkeit. Eine Erkenntnis, die nur der Tod ihr hatte bringen können. “Professor?”, sprach Hermione ihre Lehrerin an. “Ja, Miss Granger?” “Glauben Sie, dass Harry wieder aufwacht?” Minerva McGonagall richtete ihren Augen auf die junge Frau und legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Ich bete dafür, dass er erwacht. Er hat Großes vollbracht und verdient ein langes, glückliches Leben”, ihre Stimme klang rau, als wäre sie selbst den Tränen nahe. “Ich sollte nun gehen und Poppy mit den Verwundeten helfen. Passen Sie auf sich auf, Miss Granger”. Die Professorin schenkte ihrer Schülerin noch ein kurzes Lächeln, dann ließ sie die junge Frau wieder allein mit ihren trüben Gedanken. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ron saß an einem der Haustische, die als Lazarett dienten, und blickte ins Leere. Neben ihm saß Ginny, ihre schönen Augen waren rot und die Spuren ihrer Tränen zierten ihre Wangen. Wie hatte das geschehen können? Wie hatte ihre Mutter sterben können? Die Welt fühlte sich unreal und fremd an. Der Schmerz zwar unbeschreiblich und die Wut noch viel größer. Vergessen waren all die letzten Monate. Der Streit mit Harry und Hermione. Die vielen Probleme, die er und Ginny für so wichtig gehalten hatten und die am Ende doch nur trivial erschienen. Er ließ den Blick durch die Halle gleiten, ohne wirklich etwas so sehen. Nur von fern nahm er war, dass Hermione mit McGonagall sprach. Seine Gedanken kreisten noch immer darum, dass seine Mutter tot war. Tot… Sie würde nicht zu ihm zurück kommen. Nie wieder. Er würde ihre Stimme nicht mehr hören. Würde sie nie wieder lachen sehen. Es war vorbei. Für immer. Zum ersten Mal in seinem Leben, schien er zu verstehen, was Harry gefühlt haben musste, als Sirius gestorben war. Und ihm wurde klar, dass der Schwarzhaarige seinen Paten niemals geopfert hätte. Ron hatte sich einfach nur in eine Sache verrannt und damit eine Freundschaft zerstört, die so vielen Dingen standgehalten hatte. Welch Dummheit hatte er nur begangen? Wie blind war er nur gewesen? Und jetzt? Jetzt lag auch Harry im Sterben. Er spürte die heißen Tränen, die seine Wangen hinunter liefen und es schien, als ob es keinen Morgen mehr geben würde. Voldemort war besiegt, aber die Sonne war über einer neuen Welt aufgegangen. Einer Welt, in der es Molly Weasley nicht mehr gab und vielleicht würde auch Harry Potter diese Welt nicht mehr zusehen bekommen. Verzweiflung schwappte wie eine Welle über ihn hinweg. Ron spürte, wie er von der Bank sank und auf die Knie fiel. Er spürte, wie sich ein Herz zusammen zog, als er mit den Händen verzweifelt auf den Boden einschlug. Voller Wut, voller Angst und voller Schmerz. Stunden schienen zu vergehen, während er sich die Pein aus der Seele schrie. Es tat weh. So unendlich weh. Es war ihm egal, wer ihn sehen würde. Er hatte keinen Stolz mehr, dafür hatte Bellatrix Lestrange schon gesorgt. Sanfte Hände zogen ihn nach oben. Hielten ihn fest. Zu viele Hände, als dass die nur von einer Person stammen konnten. Er wurde in eine Umarmung gezogen. Voller Schmerz krallte sich jemand an ihn und als er die Augen öffnete, erblickte er all die roten Haarschopfe, die zu seiner Familie gehören. Sein Vater, Fred, George, Bill, Charley, Ginny und sogar Percy. Sie alle waren da und sie alle trauerten. Sie alle teilten seinen Schmerz. Die gute Seele der Familie war nicht mehr, aber ihr Erbe würde in den Herzen ihrer Kinder weiterleben. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Draco saß noch immer am gleichen Platz. Er hatte sich kaum bewegt, seit Hermione den Raum verlassen hatte. Seine silberfarbenen Augen ruhten auf Harry, der noch immer im Bett lag und aussah, als würde er nur schlafen. Aber da war diese Blässe, die nicht zu diesem Szenario passen wollte. Unnatürlich und unheilverkündend. Es klopfte an der Tür und Draco löste seinen Blick zum ersten Mal wieder von seinem Freund. Professor McGonagall betrat den Raum und kam auf den Blonden zu. Ihre Lippen waren schmal wie ein Strich, einige Strähnen hatten sich aus ihrem strengen Zopf gelöst und den rechten Arm trug sie in einer Schlinge. “Mr. Malfoy, wie geht es Ihnen?”, ihre Augen ruhten mit Sorge auf seinem Gesicht. Draco warf einen Blick auf Harry, als wäre dies Antwort genug. Die ältere Lehrerin kam auf ihn zu. Ein Seufzen entkam ihren Lippen. “Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass die Ärzte aus St. Mungos vielleicht eine Lösung gefunden haben. Allerdings möchten sie nicht, dass jemand bei der Behandlung dabei ist. Das können Sie sich denken. Was würden sie davon halten, mit mir in die Große Halle zu gehen? Es gibt etwas Suppe, die Wärme würde Ihnen sicher gut tun”. Der Slytherin wusste nicht, ob er sich freuen sollte. Der Gedanke an Hilfe für Harry erleichterte ihn, aber gleichzeitig wollte er nicht von seiner Seite weichen. “Ich schätze ich habe ohnehin keine andere Wahl, oder?” “Nein, eigentlich nicht. Da haben Sie wohl recht”. Draco seufze, als er sich von der Fensterbank gleiten ließ. Er warf einen letzten Blick auf Harry, dessen Brustkorb sich noch immer viel zu langsam hob und senkte. “Wenn jemand etwas für ihn tun kann, dann die Ärzte”, sagte McGonagall mit brüchiger Stimme. Das Schicksal ihres Schülers schien ihr in der Tat nah zu gehen. Etwas, für das der Slytherin die ältere Frau bewunderte. Eine Viertelstunde später saß Draco in der Großen Halle und hielt eine Schale Suppe in der Hand. Neben ihm saß Hermione, sie trug mittlerweile einen Verband um den Kopf und versuchte ebenfalls etwas zu essen. Doch beiden schien der Appetit zu fehlen. “Glaubst du, sie können ihm helfen?”, fragte Hermione und ließ dabei frustriert ihren Löffel in die Suppe sinken. “McGonagall meint, dass wenn jemand Harry helfen kann, es die Cursebreaker sind. Sie sind unsere einzige Hoffnung”, antwortete Draco wahrheitsgemäß. Er würde Hermione keine falschen Hoffnungen machen. Er würde nicht zulassen, dass sie auf ein gutes Ende vertraute, welches es vielleicht nie geben würde. Die junge Frau nickte bloß und versuchte weiter zu essen. Draco hingegen starrte bloß auf seinen Teller und rührte mit dem Löffel darin herum. Ihm war nicht nach Essen zu Mute. Wenn er ehrlich war, schien sein Magen sich gerade zu verknoten, wenn er daran dachte, dass die Ärzte bei Harry waren und er nichts tun konnte, außer abzuwarten. “Ich will jetzt sofort wissen, wo meine Söhne sind!!!” Lautes Rufen riss Draco aus seinen Gedanken und aus den Augenwinkeln sah er, dass es Hermione nicht besser ging. Beide richteten ihre Blicke auf die Quelle des Lärms und erblickten eine Frau mittleren Alters, mit mausgrauem Haar. Ihr gegenüber stand Remus, der versuchte sie zu beruhigen. “Das ist Mrs. Creevey!”, sagte Hermione, stellte ihre Schüssel auf den Tisch und ging schnellen Schrittes auf die aufgebrachte Frau zu. Draco konnte nicht anders, als ihr zu folgen. “Mrs. Creevey! Bitte beruhigen Sie sich”, Hermione hob beide Hände und blickte die ältere Frau ernst an. “Und wer sind Sie bitte schön?”, wollte diese wissen und ließ ihren Blick anklagend und abschätzend über den Körper der Musterschülerin gleiten. “Ich bin Hermione Granger, dies ist Draco Malfoy. Wir sind ebenfalls Schüler von Hogwarts”. “Dann können Sie mir vielleicht endlich sagen, wo ich meine Söhne finde! Ich habe eine Eule erhalten, dass ich sofort herkommen soll und dann wurde ich von einem Mitglied des Ministriums abgeholt”. Hermione warf Draco einen kurzen Seitenblick zu. Sie dachten das Gleiche. Kingsley hatte die Sache in die Hand genommen. “Nun, Mrs. Creevey, Colin wird gerade von Madam Pomfrey… unserer Medihexe untersucht. Und Dennis…”, der Blonde hörte, wie die Stimme der jüngeren Frau brach. “Kommen Sie bitte mit, Mrs. Creevey. Es gibt etwas, dass Sie sehen sollten”, übernahm Draco und machte eine einladende Geste. Die grauhaarige Frau folgte ihm mit einem strengen Nicken, während Hermione ihn dankbar ansah und von Remus in den Arm genommen wurde. “Mrs. Creevey, ich sollte Sie vorbeireiten. Dennis hat sehr tapfer gekämpft, aber der Krieg ist eine… schreckliche Sache… und Gnade wird auch den Tapferen nicht immer zu teil…”. Die Frau neben ihm blieb abrupt stehen. “Wollen Sie mir jetzt sagen, dass Dennis schwer verletzt ist?”, fragte sie, ihre Stimme klang beinahe hysterisch und Draco spürte, wie ihm das Herz noch schwerer wurde. Wie sollte er einer Mutter erklären, dass ihr dreizehn Jahre alter Sohn tot war? Getötet von einer Frau, die kein Mitleid kannte. Noch dazu einer Mutter, die selbst Muggle war und keine Ahnung hatte, wofür ihr Sohn sein Leben gelassen hatte. Für sie, wäre das alles nur eine große Ungerechtigkeit. Er bliebt vor der Decke stehen, unter der Dennis Körper lag und drehte sich der Mutter zu, die ihn fragend und zornig ansah. “Mrs. Creevey… es tut mir Leid… Dennis… hat nicht überlebt”, sagte er und während sich ihre Augen entsetzt weiteten, zog er erfurchtsvoll die Decke vom Gesicht des toten Jungen. Der Schrei der Mutter ging ihm durch Mark und Bein. Sie sank auf die Knie, neben der Leiche ihres jüngeren Sohnes und als Colin herbei gelaufen kam, um sie in den Arm zu nehmen, zog Draco sich langsam zurück. Er gab den beiden die Chance gemeinsam zu trauern, sich zu verabschieden und ihren Schmerz zu teilen. Einen Schmerz, den der Blonde selbst noch in sehr guter Erinnerung hatte. Und erst jetzt schien ihm klar zu werden, dass er nun ein Vollwaise war. Genau wie bei Harry, hatte der Krieg ihm am Ende beide Elternteile genommen. Doch um Lucius konnte er nicht trauern, war es doch sein eigener Zauber gewesen, der den Vater gerichtet hatte. Nur Narcissa fühlte sich noch immer wie ein Loch in der Brust an, als fehle ein Stück von ihm selbst und er wusste, wenn Harry sterben würde, wäre das Loch noch größer. “Danke…”, flüsterte Hermione, die nun an seiner Seite auftauchte. “Dank mir nicht. Noch haben wir es nicht geschafft. Sie wird Fragen stellen. Uns Vorwürfe machen. Es nicht verstehen. Der Krieg wird Nachwehen bringen und sie werden schmerzhaft sein”. Er hörte, wie die junge Frau neben ihm, die ihm in den letzten Monaten zur Freundin geworden war, hart schluckte. “Wie sollen wir ihr das erklären? Wie sollen wir ihr sagen, warum ihr Sohn gestorben ist?”, wollte sie wissen, ihre Schultern wirkten, als trug sie die Last eines ganzen Jahrhunderts darauf. “Indem wir ihr die Wahrheit sagen. Ihr Sohn wäre so oder so gestorben. Wenn Voldemort heute Nacht gesiegt hätte, wären jene mit Muggleblut die ersten gewesen, die er getötet hätte”. Hermione nickte nur, ohne ein weiteres Wort und sie drehten den Trauenden gemeinsam den Rücken zu. Erklären würden sie ihnen all das später. Jetzt war es an der Zeit, den Schmerz zu fühlen und um das geliebte Kind zu trauern. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Minerva McGonagall ging die vertrauten Treppen hinauf, zum Büro des Schulleiters. Sie wusste, dass es noch genauso aussehen würde, wie an jenem Tag, als sie Hogwarts verlassen hatten. Voldemort hatte keinen Zutritt zu diesem Raum gehabt. Während sie die steinernen Stufen hinauf lief, lies sie ihren Blick über die Portraits gleiten, die sie kannte, als wären sie ein Teil von ihr. In Dumbledores Büro angekommen war tatsächlich noch alles so, als hätte sich nichts geändert. Als würde Albus Dumbledore selbst im nächsten Moment durch die Tür kommen und sie ansehen. Doch er würde nicht wiederkommen. Er war verloren für immer. Genauso wie all die Toten, die unten in der Großen Halle lagen. Seufzend ließ sie sich auf jenen Stuhl vor dem Schreibtisch des Schulleiters sinken, auf dem sie schon so oft in den letzten Jahren gesessen hatte. Doch seit damals hatte die Welt sich verändert. Von den vier Lehrern, die hier die Pläne zur Flucht der Schüler geschmiedet hatten, war sie die Einzige, die überlebt hatte. Noch nie zuvor hatte sie sich so alt gefühlt, sie an diesem Tag. “Wir haben es geschafft, Albus. Harry hat es geschafft…”, flüsterte sie in die Stille hinein und ihre Worte verhallten ungehört. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Mr. Mafloy, Miss Granger, wir sollten reden”, einer der Cursebreaker kam auf die beiden zu, während sie Amanda Gordon eine tiefe Wunde im linken Oberarm säuberten, die Rowle ihr zugefügt hatte. Hermione warf der schwarzhaarigen Frau einen entschuldigenden Blick zu. Dann richtete sie sich auf und folgte, zusammen mit Draco, dem Spezialisten aus St. Mungos. Er war ein Mann mittleren Alters, mit strohblondem Haar und grün-blauen Augen. Seine Züge wirkten streng, aber doch freundlich und er trug weiße Roben. Als sie die menschenleere Eingangshalle erreicht hatten, blieb der Medihexer stehen und drehte sich zu den beiden um. “Ich dachte, Sie möchten vielleicht wissen, wie es um Mr. Potter steht. Im Moment wird er noch behandelt, aber wir denken, dass wir Erfolg haben werden. Zumindest teilweise. Die Magie des Fluches hat sich mit seinem Körper verbunden und entzieht ihm das Leben. Wir waren in der Lage, einen Teil dieser schwarzen Magie herauszuziehen. Aber He-who-must-not-be-named war ein mächtiger Zauberer und wie wir erfahren haben, hat er seine Macht vor wenigen Monaten durch ein Ritual noch verstärkt. Das hat auch die Kraft des Fluches verstärkt und es ist uns nicht gelungen, alle Magie aus Mr. Potters Körper zu entfernen. Er wird den Rest allein bewältigen müssen. Wir tun was wir können, aber viel ist nicht mehr zu machen. Ob er überlebt, hängt davon ab, wie stark sein Wille zu Überleben ist”, erklärte er, seine Augen musterten die Gesichter der beiden Jüngeren wohlwollend. “Und wir können nichts tun, um es ihm leichter zu machen?”, wollte Draco wissen. Hermione konnte ihm ansehen, dass die Aussage des Medihexers ihm nicht genügte und sie konnte es verstehen. “Nein, Mr. Malfoy. Es tut mir leid. Alles was sie tun können, ist ihm beizustehen. Geben Sie ihm einen Grund, zu leben”. Draco nickte sachte und verfiel in Schweigen. Seine silberfarbenen Augen fixierten den Boden unter ihm. “Wann können wir zu ihm?”, frage Hermione. “Kommen Sie in zwei Stunden in den HospitalWing. Ich hoffe, dass wir bis dahin mit der Behandlung fertig sind und Mr. Potter stabilisiert haben. Die Behandlung ist für den Körper eine zusätzliche Strapaze müssen Sie wissen. Und bitte, machen Sie sich nicht zu viele Hoffnungen. Mr. Potter ist sehr schwach und der Fluch überdurchschnittlich stark. Seine Chancen sind ausgesprochen schlecht”. Die junge Frau hörte, wie Draco neben ihr hart schluckte und auch ihre Eingeweide schienen sich zu verkrampfen. Die Angst nagte an ihr. Würde Harry überleben? Wäre er stark genug? Was hatte Voldemort mit ihm gemacht, dass er so geschwächt war? Zehn Minuten später durchschritt sie, Seite an Seite mit Draco den Eingang zu Großen Halle. Doch bevor sie wieder in den allgemeinen Trubel eintauchten, packte sie den Blonden am Arm und zog ihn zurück. Verwundert sah dieser sie an. “Was hat er mit ihm gemacht? Voldemort! Was hat er mit Harry gemacht! Ich wollte eigentlich nicht fragen, weil ich sicher bin, dass es schrecklich war, aber jetzt… sag es mir…”, sie hielt seinen Blick fixiert, während Draco um Worte rang. Als er endlich antwortete, klang seine Stimme rau und schmerzerfüllt. “Er hat ihn gefoltert, aber nicht mit körperlichem Schmerz. Er ist in seinen Kopf eingedrungen und… hat ihm Bilder gezeigt. Er hat seine größten Ängste vor ihm wahr werden lassen. Dabei muss er eine Grenze überschritten haben, die Harry dazu gebracht hat ihn zu töten… mehr weiß ich auch nicht… aber… es war schrecklich mit anzusehen und nichts tun zu können”. Hermione schluckte. In ihrem Kopf bildeten sich Fragen, auf die sie keine Antwort wusste. Eine Tatsache, die ihr wenig vertraut war. Was hatte Voldemort Harry gezeigt? Und welche Folgen würde es für den Gryffindor haben? War sein Wille zu leben dadurch vielleicht geschwächt worden? Unfähig, sich weiter auf den Beinen zu halten, ließ sie sich auf die nächst stehende Bank sinken. Draco nahm neben ihr platz. “Er war am Ende bereit, schwarze Magie einzusetzen, um Voldemort zu töten. Also was auch immer er ihm gezeigt hat, es muss etwas in Harry ausgelöst haben, das ich so noch nie erlebt habe”, erklärte er weiter. “Also denkst du, er hat Harrys innere Grenzen gesprengt?”, wollte Hermione wissen. Ihr Mund fühlte sich trocken und rau an. “Das kann schon sein. Genau werden wir es erst erfahren, wenn Harry aufwacht. Sollte er aufwachen” Hermione wusste, dass er recht hatte und doch fühlte es sich falsch an, es zu hören. Es tat weh. Und doch wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass ihr bester Freund überleben würde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Draco öffnete mit klopfendem Herzen die Tür zum HospitalWing und blickte sich im Raum um. Noch immer war nur ein Bett benutzt und in diesem lag Harry. Grotesk hob sich ein rabenschwarzes Haar von den weißen Kissen ab. Langsam ging der Blonde näher und betrachtete das Gesicht seines Freundes. Es war noch immer bleich wie der Tod. Die Augen waren geschlossen und die Gesichtszüge entspannt. War Harrys Seele noch da? Konnte er ihn hören? Der schmale Brustkorb hob sich noch immer viel zu schwach für Dracos Geschmack. Die Bewegung schien kaum vorhanden. Der Körper kämpfte gegen den Fluch, da war er sich sicher, aber würde er diesen Kampf auch gewinnen können? Seufzend ließ der Slytherin sich auf seinen Stuhl neben dem Bett sinken und griff nach Harrys Hand. Sie fühlte sich kühl an, kühler als sonst. Wie oft er hatte diese Hand gehalten? War er von ihr berührt worden? Jene Zeiten, in denen sie zumindest einen Hauch von Glück empfunden hatten, schienen Jahrhunderte weit entfernt. “Bitte… wenn… du mich hören kannst… dann… komm zurück… Ich brauche dich”. Die Worte hingen im Raum. Doch wenn Harry sie hörte, dann reagierte er nicht darauf. “Wie geht es ihm?”, ertönte Hermiones Stimme hinter ihm. Er hatte nicht gehört, dass sie hinein gekommen war, aber es störte ihn auch nicht. “Seine Atmung ist flach und er reagiert nicht. Für mich… hat sich nichts geändert…”, gab Draco zu. “Vielleicht müssen wir einfach nur Geduld haben”, schlug die Braunhaarige vor, während sie sich auf Harrys Bettkante setzte. “Das war noch nie meine größte Stärke”, gestand der Slytherin, seine Augen ruhten nun wieder auf dem leblosen Gesicht seines Freundes. Eine Weile schwiegen sie beide. Versunken in ihre Gedanken, die von den Nachwehen des Krieges immer weiter erschüttert wurden. Die Bilder wollten nicht aus Draco Kopf verschwinden und obwohl er seit über dreißig Stunden nicht geschlafen hatte, traute er sich nicht die Augen zu schließen, denn er wusste, die Bilder, die er sehen würde, wären schrecklich. Noch immer sah er Ayliv vor sich. Wie sie leblos in sich zusammen sank, als auch ihr Meister starb. Ihre Leiche lag bei den anderen in der Großen Halle. Noch immer wusste Draco nicht, wie er Harry das erklären sollte. Immerhin hatte der Gryffindor die ganze Zeit über gehofft, er würde dem Mädchen helfen können. Und er, Draco, hatte gewusst, dass sie nicht zu retten war, aber er hatte es nicht übers Herz gebracht ihm die Wahrheit zu sagen. Jetzt konnte er nichts anderes tun, als ihr eine anständige Beerdigung zukommen zu lassen. Sie hatte niemanden. Ihre Eltern waren tot und weitere Verwandte gab es nicht. Sie war genauso allein, wie Harry es gewesen war, doch er hatte Voldemorts Zerstörungswut überlebt. Noch zumindest. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Stunden schienen zu vergehen, während Hermione auf dem Bett ihres besten Freundes saß und zusah, wie seine Brust sich langsam, und kaum merklich hob und senkte. Erst jetzt, nach Stunden des Kampfes und der Aufarbeitung spürte sie die erste Müdigkeit durch ihre Glieder wandern. Doch sie traut sich nicht, nach oben zu gehen und sich in einen der Schlafsäcke zu rollen, die Professor McGonagall herbei verwandelt hatte. Ursprünglich waren es Bücher aus der Bibliothek gewesen. Es klopfte an der Tür und eben jene Professorin erschien im Raum. Auch sie hatte nach all den Stunden noch immer nicht geschlafen und draußen ging bereits schon wieder die Sonne unter. In den Händen hielt sie zwei dampfende Becher, die vermutlich mit einem Zauber belegt waren, damit sie ihr nicht die Handflächen verbrannten. “Miss Granger, Mr. Malfoy, Sie beide haben heute großartige Arbeit geleistet. Ich bin hier, damit sie sich etwas ausruhen können. So lange sie schlafen, werde ich über Mr. Potter wachen”, erklärte sie, während sie auf die beiden zukam. “Ich will nicht schlafen!”, Dracos Stimme klang scharf, vermutlich schärfer, als er beabsichtigt hatte, aber Hermione war sich sicher, dass er genauso viel Angst vor dem Schlaf hatte wie sie selbst. “Das kann ich sehr gut verstehen, Mr. Malfoy, aber ich habe hier etwas für Sie. Dreamless Sleep Potion. Er wurde von einem der Ärzte aus St. Mungos gebraut und er wird Ihnen beiden helfen, etwas Ruhe zu finden”. Hermione warf einen Blick zu ihrem blonden Verbündeten. Der Gedanke war verlockend. Ihr Körper schrie nach Schlaf, während ihre Seele zu viel Angst vor den Bildern hatte. Draco schien es ähnlich zu gehen, doch er zögerte. “Ich will bei Harry bleiben…”, antwortete er und Hermione fragte sich zum ersten Mal, ob Professor McGonagall wusste, was zwischen den beiden jungen Männern war oder ob sie es nun ahnte. “Wenn Sie wollen, können Sie hier bleiben. Es gibt ja noch freie Betten. Doch Sie Miss Granger würde ich bitte mit mir zu kommen. Mr. Wood hat bereits nach Ihnen gefragt”, die Professorin schenkte ihr ein wohlwollendes Lächeln, als sie ihr den Becher in die Hand drückte. Hermione konnte nicht anders, als ihn an ihre Lippen zu heben. Der Trank schmeckte süßlich und betäubend. Die Wärme in ihrem Magen fühlte sich gut an und als sie aufstand, um ihrer Lehrerin in die große Halle zu folgen, wusste sie, dass sie gut würde schlafen können. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Als Draco erwachte und sich im Raum umsah war dieser von Licht durchflutet. Die weißen Wände verstärkten diesen Eindruck noch und der Blonde setzte sich in dem etwas durchgelegenen Bett auf. Sein erster Blick galt Harry Potter, an dessen Lager nicht wie erwartet Minerva McGonagall, sondern Remus Lupin saß. Sofort kletterte der Slytherin aus dem Bett und ging auf seinen ehemaligen Lehrer zu. Dieser wandte sich zum ihm um und lächelte. “Na, ausgeschlafen?”, fragte er. “Wie lange?” “20 Stunden. Hermione schläft noch immer und ich habe Minerva ebenfalls Schlaf verordnet”. Draco nickte und blieb vor dem Bett seines Freundes stehen. “Und Harry? Hat sich irgendwas getan?” Remus seufzte und musterte den Schwarzhaarigen nun ebenfalls. “Nein… es gibt nichts Neues. Zumindest nicht direkt. Einer der Cursebreaker war vor Kurzem hier. Sie sind besorgt. Eigentlich müsste Harry längst aufgewacht sein, aber es tut sich nichts. Sein Körper ist frei von dem Fluch, meinen die Ärzte. Aber trotzdem ändert sich sein Zustand nicht. Es ist… als wollte er nicht zurück kommen”. Der Blonde schluckte hart. Das hatte er befürchtet. Voldemort hatte ihn gefoltert und etwas in ihm zerstört. “Wir müssen abwarten. Noch ist nichts verloren. Ich werde in die Große Halle gehen und uns etwas zu Essen besorgen, du passt währenddessen auf Harry auf”. Remus erhob sich von dem Stuhl und ging an Draco vorbei, nicht ohne ihm eine Hand auf die Schulter zu legen, ehe er den Raum verließ. Seufzend ließ Draco sich auf den Stuhl sinken. Was war der Grund dafür, dass Harrys Seele nicht zurück kam? Lag es an Voldemorts Folter? Oder war es die Tatsache, dass der Gryffindor bereits mit seinem Leben abgeschlossen hatte, als er aufgebrochen war, um sich seinem Schicksal zu stellen. “Komm zu mir zurück! Bitte, Harry! Das kannst du nicht machen…”, der Blonde spürte, wie die Verzweiflung in seiner Brust wuchs. Er konnte es nicht verstehen und es war so ungerecht. Harry lebte, sein Körper war stark genug, der Fluch war besiegt, doch die Seele wollte nicht zu ihm zurück kommen. Noch nie in seinem Leben hatte Draco sich so verraten gefühlt und doch konnte er seinem Freund keinen Vorwurf machen. Es tat so verdammt weh, machtlos zu sein und fühlte sich so falsch an nur zusehen zu müssen. “Bitte… tu mir das nicht an…” Draco spürte, wie er vom Stuhl rutschte und auf die Knie sank. Heiße Tränen sammelten sich in seinen Augen und rannen seine Wangen hinab. Auch wenn er stundenlang geschlafen hatte, fühlte er sich so schwach und erschöpft wie nie zu vor. Er wusste nicht, wie lange er auf dem Boden neben dem Bett lag und weinte, aber er wusste, dass es keine Schande war, denn er weinte um den letzten Menschen, der ihm auf dieser Welt noch geblieben war. Seine große Liebe. Und selbst wenn es Stunden dauerte, so war es jede Träne wert. “Hey… komm… steh auf, Draco”, Remus zog ihn vom Boden hoch. “Lass mich, verdammt!” “Nein! Hör mir zu! Harry braucht dich! Du darfst ihn verdammt noch mal nicht aufgeben!”. Draco wusste nicht, was er denken sollte, was er fühlen sollte. Da war so viel in ihn. Die Trauer um seine Mutter, seine Freunde und die Angst um Harry, die alle anderen Gefühle irgendwie in den Schatten stellt und das Wissen, dass der Tod dieses letzten, geliebten Menschen, sein Herz ein für alle Mal brechen würde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hermione saß in der Großen Halle, während Oliver ihr etwas zu Essen holte. Sie hatte über zwanzig Stunden traumlos geschlafen, wie Prof. McGonagall es ihr versprochen hatte. Doch noch immer fühlte sie sich leer und ausgebrannt. Der Krieg hatte mehr von ihr gefordert, als bloße körperliche Kraft. Er hatte sie auch seelisch erschöpft. “Sie!”, die schrille Stimme von Mrs. Creevey ließ Hermione hochschrecken. “Was gibt es?”, fragte sie ruhig und musterte die Frau, die ebenfalls aussah als hätte sie eine Tour durch die Hölle hinter sich. “Ich will wissen warum! Warum ist mein Sohn gestorben?! Er war bloß dreizehn Jahre alt! Ich will wieso!”. Die junge Frau konnte es ihr nicht verdenken, aber sie fühlte sich eigentlich nicht in der Lage mit ihr zu reden. “Hören Sie, ich weiß, es kommt Ihnen ungerecht vor… aber Dennis wollte kämpfen. Er wusste, dass er sterben kann. Er wusste, dass dies… kein Spaß ist. Und ganz ehrlich… er hatte nichts zu verlieren. Wenn wir das hier verloren hätten, oder nie gekämpft hätten, wären ihre Söhne und ich die Ersten gewesen, die Voldemort umgebracht hätte. Vielleicht nach Harry Potter und Draco Malfoy”, erklärte Hermione schonungslos. “Ich wünschte ich hätte das verhindert. Ich wünschte, ich hätte meine Söhne auf eine normale Schule geschickt. Dann würden sie heute noch alle beide leben!” “Vielleicht. Aber sie sollten nie vergessen, dass Dennis sich in dieser Welt sehr wohl gefühlt hat. Er ist gestorben, weil er uns alle so sehr geliebt hat. Er wollte beschützen, was ihm wichtig war. Einen ehrenvolleren Tod kann es nicht geben”. Die ältere Frau presste die Lippen zusammen und wandte sich abrupt um. Das Gespräch war beendet, auch wenn es nicht sehr erfreulich gewesen war. Kurz darauf kam auch Oliver zurück und reichte der jungen Frau eine Schüssel mit Müsli. “Entschuldige, mehr konnte ich so schnell nicht auftreiben. Das hier ist ja immer noch das reinste Lazarett”. “Das macht nichts. Hauptsache was zu Essen”, erwiderte Hermione und schenke Oliver ein kurzes Lächeln. Wenn sie ehrlich war, tat ihr die Aufmerksamkeit des ehemaligen Mitschülers sehr gut. Die letzten Monate waren eine Belastung gewesen und jetzt hatte sie zum ersten Mal wieder jemanden, der ihr die Last von den Schultern nahm. Natürlich dachte sie noch oft an Ron, aber dieser war zur Zeit damit beschäftigt, um seine Mutter zu trauern. Etwas, das Hermione sehr gut verstehen konnte, aber dennoch war sie wieder allein mit ihren Sorgen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Welt war leicht, weich und sanft. Es gab keinen Schmerz, kein Leid. Nur Wärme und das Gefühl, durch die Unendlichkeit zu gleiten, ohne an etwas gebunden zu sein. Er war frei, völlig losgelöst von allen Fesseln und Stricken. Konnte es so für immer bleiben? Sollte dieser Genuss sein Schicksal sein? Er wusste es nicht, aber es war ihm egal. In diesem Moment genoss er es. Es gab keine Zeit und keinen Raum. Nur die bloße Existenz, oder war sogar dies verschwunden? Was immer es war, er fühlte sich zufrieden wie nie. Alles Schlechte lag hinter ihm. Es gab nur ihn und die Ewigkeit. Doch während er driftete spürte er einen Sorg… ganz leicht und kaum wahrzunehmen zog er ihn die andere Richtung. Was hatte das zu bedeuten? Warum wurde er fortgezogen aus dieser Welt der Leichtigkeit? Warum sollte er zurück gehen? Was hinter ihm lag, war vorbei… vergangen… er hatte damit abgeschlossen… oder? Er wollte nicht zurück. Denn etwas sagte ihm, dass dort Schmerz auf ihn wartete… Schmerz und Zwänge… Das wollte er nicht mehr… Er wollte frei sein… Doch der Sog ließ nicht nach. Trachtete danach, ihn nach hinten zu ziehen, in eine Welt, die ihm nichts mehr geben konnte. In der nichts mehr auf ihn wartete. Er hatte abschlossen mit dem Leben, das er gehabt hatte, denn dort hatte er nur Schmerz und Leid gekannt. Doch eine kleine Stimme nagte an ihm, sagte, dass dies nicht stimmte. Es gab immer noch etwas, das auf ihn wartete. Doch wenn er ehrlich war, interessierte ihn das nicht mehr. Hier war alles viel leichter. Wann war er jemals den leichten Weg gegangen? Niemals, so fühlte es sich an. Erinnerungen hatte er nicht. Nur Gefühle. Und er wusste, er wollte gar keine haben, denn sie machten das Existieren nur schwerer. Er wollte keine Mühen mehr auf sich nehmen. Wollte genießen, dass er frei war von jeder Last. Der Sog aber ließ ihm keine Ruhe. Unaufhörlich zog er an ihm. Rief ihn zu Körper und Erinnerungen. Was war es, dass ihm einfach keine Ruhe lassen wollte? Warum durfte er die Leichtigkeit dieses Ortes nicht einfach genießen? Die Situation begann ihn zu zermürben und als er dem Sog endlich nachgab und sich in die Dunkelheit ziehen ließ, war er bereit herauszufinden, was hinter ihm lag. Etwas war kaputt gegangen. Das spürte er, als er zurück gezogen wurde. Etwas in ihm war in tausend kleine Teile zersprungen. Es war, als stünde er vor den Scherben seines eigenen Daseins. Er wusste, dass er es wieder zusammen fügen musste. Er musste die Scherben erst sammeln und dann jede wieder an ihren Platz fügen, sonst wäre er nie wieder komplett. Doch was war geschehen, das sein ganzes Selbst zerschmettert worden war? Ungewiss, was ihn erwarten würde, begann er die Scherben dessen aufzulesen, was einst er selbst gewesen war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Ab Morgen werden die Beisetzungen stattfinden“, erklärte Minerva McGonagall den umstehenden Mitgliedern des Ordens. „Und wo soll das sein?“, wollte Remus wissen, er hielt einen dampfenden Becher in der Hand, dessen Hinhalt ihm gegen die Schmerzen eines noch immer gebrochenen Armes und diverser Bisswunden von Greyback half. „Nun, die übrigen Lehrer und ich sind zu der Überzeugung gekommen, dass diese Schlacht niemals vergessen werden darf. Sie ist ein Teil von Hogwarts und wird es immer sein. Darum werden wir einen Friedhof hier auf dem Gelände anlegen, für jene Opfer, die der Krieg gefordert hat. Viele der Schüler wurden bereits ihren Familien übergeben und werden von ihnen beigesetzt, aber einige von uns, haben alles verloren. Auch sie sollten eine angemessene Ruhestätte bekommen“. Remus nickte langsam. Er schien zu verstehen, was die ältere Frau mit dieser Maßnahme bewirken wollte. „Was wird aus jenen, die bereits notdürftig beigesetzt wurden? Wie Albus und Severus?“, fragte er weiter. „Wir werden sie hier her bringen lassen und hier erneut beisetzen. Alle Opfer des Krieges verdienen es, in Ehre gehalten zu werden“. „Sollte es noch Verwandte geben, müssen wir mit ihnen sprechen“, bemerkte Poppy. Sie wirkte noch müder, als alle anderen. Während sie jedem von ihnen Ruhe verordnet hatte, war es sie selbst gewesen, die ohne Unterbrechung arbeitete. Stunde um Stunde. Tag um Tag. „Natürlich werden wir das. Und der Leichnahm von Cho Chang wird an ihre Eltern übergeben, auch wenn er schon bestattet wurde“, erklärte Minerva weiter. Das Thema fiel ihr alles andere als leicht. Es gab keine Möglichkeit des Geschehene zu verdrängen und weiter zu leben. „Mit Mr. Malfoy werde ich reden. Seine Mutter sollte ebenfalls eine ehrenvolle Ruhestätte bekommen“, führte die Transfigurationslehrerin weiter aus. Die Anwesenden nickten ernst. „Gut, dann werde ich Hagrid damit beauftragen, ein geeignetes Stück Land zu suchen und vorzubereiten. Professor Parker wird der Erste sein, den wir beisetzen“. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Schmerz, Schwere und Last empfinden ihn. Er konnte die Hülle, in die er gefallen war, nicht identifizieren. Sie hatte keine Konturen. Nur Fleisch, das ihn festhielt und mit Ketten an eine Welt band, die er im Moment nicht genießen konnte. Und über allem stand der Schmerz. Jede Faser schien in Flammen zu stehen. Es tat weh. So unendlich weh. Er wünschte sich, er wäre gestorben. Wünschte sich, er hätte dem Ziehen nicht nachgegeben. Er wünschte sich, er hätte die Scherben seiner Selbst nicht wieder zusammen gesetzt. Wo war die Leichtigkeit hin? Und wie hatte er so dumm sein können, sie gegen diesen Schmerz und diese schwere Schwärze zu tauschen? Verzweifelt versuchte er die Grenzen des Fleisches zu erkennen. Finger oder Zehen. Arme oder Beine. Nichts. Er war nicht in der Lage seine eigenen Körper zu spüren. Hinzu kam, dass alles um ihn herum schwarz war… schwarz… und undurchdringlich. Hätte er nicht etwas hören müssen? Stimmen? Oder wenigstens das Klingen der Stille in seinen Ohren? Hatte er denn wirklich so wenig Gewalt über seinen Körper, dass ihm nicht mal dies gelang? Es war frustrierend, je mehr er versuchte, sich mit dieser ungeliebten Hülle zu arrangieren, desto mehr schien sie gewillt zu sein, ihn abzustoßen. Stunden schien er gegen sich selbst zu kämpfen, während am Rande dessen, das er als Verstand wahrnahm etwas lauerte, das er weit nach hinten schob. Seine Erinnerungen, die nichts Gutes verheißen konnten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Aufmerksam beobachtete Draco jede Reaktion. Jene noch so kleine Veränderung. Und wenn er sich nicht täuschte, dann war Harrys Atmung in den letzten zwei Stunden kräftiger geworden. Sie hatte einen Rhythmus gefunden, bei dem der Blonde nicht ständig Angst haben musste, dass sie in den nächsten Minuten einfach aussetzen würde. Und auch die Gesichtsfarbe des Gryffindor wirkte bereits gesünder. Der Körper erholte sich. Aber wo blieb die Seele? Draco wusste, ohne dass Harry zurück kommen wollte würde es kein Leben in diesem Körper geben. Sie wäre nur eine leere Hülle und würde irgendwann daran sterben. Es war also noch nichts gewonnen. Erneut öffnete sich die Tür und wieder war es Professor McGonagall, die mit ernstem Gesicht auf ihn zukam. Sie sah bereits besser aus, als am Tag zuvor. Der Schlaf hatte ihr sichtlich gut getan. “Mr. Malfoy, Sie scheinen sich erholt zu haben”, sagte sie und nickte ihm anerkennend zu. “Sie ebenso, Professor. Was kann ich für Sie tun?” “Nun, der Order hat entschieden, einen Friedhof hier in Hogwarts zu errichten, um jenen Ehre zu erweisen, die der Krieg von uns genommen hat und die… keinen anderen Beisetzungsort haben. Nun wollte ich Sie fragen, ob es ihnen recht wäre, ihre Mutter hier zu wissen”, führte die Professorin aus, ihre Augen glitten dabei besorgt über Dracos Gesicht. Zunächst wusste der Blonde nicht, was er antworten sollte. Seine Mutter in Hogwarts beigesetzt? So weit weg von ihm, wenn er die Schule erst einmal würde verlassen haben? Doch wo sonst sollte es sein? Er könnte sie in Irland lassen, doch dort wäre sie nur noch weiter von ihm weg. Und nach Malfoy Manor wollte er sie nicht bringen. Mit diesem Ort verband ihn nichts mehr. “Ja, Professor, es wäre mir mehr als recht. Ich wüsste keinen besseren Ort, an dem meine Mutter ihre letzte Ruhe finden sollte, als hier”, antwortete er und schenkte seiner Lehrerin ein kurzes Lächeln. “Das freut mich zu hören. Mit den ersten Beisetzungen wollen wir bereits morgen beginnen. Ich dachte, Sie möchten vielleicht dabei sein, wenn Professor Parker beerdigt wird”. Draco warf einen kurzen Blick auf Harry und spürte einen Stich in seiner Brust. Wie würde der Schwarzhaarige reagieren, wenn er erfuhr, dass Merik Parker, der ihm so viel gegeben hatte, tot war? “Ja, ich werde dabei sein. Professor Parker hat viel für mich getan im letzten Jahr. Ich möchte mich gebührend von ihm verabschieden. Er war ein großer Mann”. “Er ist gestorben, nachdem er Miss Grangers Leben gerettet hatte”. Die Worte hingen noch immer Raum. Auch als Minerva McGonagall schon längst gegangen war, schienen sie sich noch in Dracos Kopf zu brennen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Langsam, viel zu langsam drang das Licht zu ihm durch. Doch seine Lider fühlten sich schwer an. Licht drang zu ihm hindurch. Er konnte sehen, doch seine Lider ließen sich nicht heben. Ebenso konnte er spüren, dass es er auf etwas Weichem lag, doch die Konturen seines Körpers waren noch immer verschwommen. Der Schmerz schien alles andere zu verschlucken und während er verzweifelt nach seinem eigenen Ich suchte dehnten sich die Stunden endlos dahin. Seine Finger zu spüren, kam ihm vor, wie ein Wunder. Doch bewegen konnte er sie noch immer nicht. Sein Körper war da, er war vorhanden, doch er sträubte sich gegen die Seele. Was war geschehen? Was hatte ihn so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass er jetzt nicht mehr in der Lage war seine eigene Seele zu akzeptieren? Es war frustrierend und als nach einer gefühlten Ewigkeit noch immer keine Bewegung zu Stande kam, entschloss es sich, etwas anderem nachzugeben. Den Erinnerungen, die an den Rändern seines Bewusstseins lauerten. Vielleicht waren sie der Schlüssel, der ihm die Möglichkeit geben würde, wieder von seinem eigenen Fleisch akzeptiert zu werden. Vielleicht würde er verstehen müssen, was geschehen war und das konnte er nicht, bevor er sich nicht seinen Erinnerungen gestellt hatte. Langsam, und vorsichtig ließ er sie zu. Ließ zu, dass sie ihm einen Namen, eine Realität und ein Leben gaben. Sie flossen auf ihn über, wie ein nie enden wollender Strom und je mehr er über sich selbst erfuhr, desto dunkler schien es um ihn zu werden. Er war Harry Potter… und er hatte mit diesem Leben bereits abgeschlossen… Dieses Bewusstschein schien sich tief in seinen Verstand zu graben und als er sah, was Voldemort ihm gezeigt hatte, spürte er wie die Ränder dessen, was er noch vor wenigen Stunden zusammen gesetzt hatte, wieder zu wackeln begannen. Die Erinnerungen erschütterten sein ganzes Selbst und plötzlich war ihm klar, warum er seinen Körper nicht hatte kontrollieren können. Voldemort hatte ihn zerstört, hatte ihn gequält mit seinen größten Ängsten und seine Seele in Stücke geschlagen und er konnte nicht eins mit seinem Körper sein, solange seine Seele nicht wusste was geschehen war. Er musst ‘ganz’ sein. Doch nun, da er es war, fühlte er sich zerstörter denn je. Der physische Schmerz war verschwunden und einem völlig anderen gewichen, der noch viel schlimmer war. Und als er seine Augen endlich öffnete, wusste er nicht, ob er jemals wieder der gleiche Harry Potter sein würde, der er noch vor wenigen Tagen gewesen war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Veränderung war nun deutlich zu sehen. Etwas regte sich in Harrys Körper und Draco konnte nicht anders, als angespannt zuzusehen. Eigentlich war er nur kurz hergekommen, bevor er zu Hermione in die Große Halle wollte, denn gleich würde Merik Parkers Beerdigung stattfinden. Somit trug er bereits seine schwarzen Hogwartsroben und konnte sich nun doch nicht losreißen, um nach oben zu gehen. Zu stark war die Hoffnung, dass Harry doch noch erwachen würde. Und nun schien es, als würde er recht behalten. Mit rasendem Herz ließ er sich auf der Bettkante nieder und griff nach der Hand seines Freundes. Langsam, viel zu langsam, aber doch spürbar drückte der Gryffindor Draocs Hand. Er war also da. Wenn auch noch zu schwach, um ganz zu ihm durchzudringen, war seine Seele doch zu ihm zurückgekommen. Harry lebte. Mit der freien Hand strich Draco ihm eine Haarsträhne aus der Stirn und musterte ihn abwartend. Die Amtung war stark und regelmäßig und die Farbe war in die Wangen des Schwarzhaarigen zurückgekehrt. Draco warf einen Blick auf die magische Wanduhr. In wenigen Minuten würde die Zeremonie losgehen, eigentlich musste er gehen. Doch was wäre, wenn Harry genau in dieser Zeit aufwachen würde? Der Slytherin wollte unbedingt bei ihm sein. Wollte unbedingt das Erste sein, das sein Freund sah, wenn er wieder wach wurde. Verzweifelt drückte er Harrys Hand noch fester. “Bitte, wach auf. Komm schon. Ich weiß, dass du es kannst”, flüsterte er in die Stille. Niemand sonst war im Raum, denn auch Poppy war bereits oben in der Halle, um Merik Parker die letzte Ehre zu erweisen. Was würde Harry sagen, wenn er davon erfuhr? Der Schwarzhaarige hatte den Lehrer fast wie einen Freund behandelt und genauso schmerzhaft würde auch dessen Tod für ihn sein. Immer wieder glitt Dracos Blick über den ruhenden Körper. Gerne hätte er gewusst, ob er es Harrys Seele irgendwie würde leichter machen können, zu ihm durchzudringen und wieder zu Bewusstsein zu kommen, doch er konnte im Moment niemanden fragen. Die Minuten flossen dahin, während der Slytherin angespannt und nervös die Hand seines Freundes hielt und dabei immer wieder fahrige Blicke Richtung Uhr warf. Hermione fragte sich sicher schon, wo er wohl so lange blieb und machte sich Sorgen. Doch er wollte nicht gehen. Hin und her gerissen betrachtet er die geschlossene Holztür. Viel länger würde er den Abschied nicht mehr hinauszögern können, wenn er noch rechtzeitig kommen wollte, bevor Minerva McGonagall mit ihrer Trauerrede begann. Schmerzlich erinnere er sich daran, dass noch vor wenigen Wochen Merik Parker Dracos Mutter Narcissa die letzte Ehre erwiesen hatte und nun war er bereits selbst tot. Ein Seufzen entkam den Lippen des Blonden, als er sich endlich dazu durchrang nun doch nach oben in die Große Halle zu gehen und dann nach der Beisetzung wieder zu kommen. Doch gerade, als er seine Hand auf Harrys Griff ziehen wollte, bemerkte er, wie dessen Augenlider zu flattern begannen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hermione saß in der Großen Halle. Die Haustische waren voll besetzt mit Schülern, Lehrern, Eltern und Mitgliedern des Ministeriums. Alles waren sie in schwarze Roben gehüllt und von der Decke hingen schwarze Banner, mit dem Schulwappen darauf. Noch immer war der Schule die Zerstörung anzusehen, aber man hatte versucht diese Zeremonie so erwürdig wie nur möglich werden zu lassen. Die erste Beerdigung und unzählige würden folgen, in den nächsten Tagen. Es war eine grausige Pflicht, aber sie musste erfüllt werden. Die Toten mussten unter die Erde und das möglichst schnell, auch wenn die Wunden der Schlacht in den Herzen der Überlebenden noch immer bluteten. Umso nervöser wurde Hermione, weil Draco noch immer nicht da war. In wenigen Minuten würde die Bestattungszeremonie für Merik Parker beginnen und von dem Blonden war noch immer nichts zu sehen. Natürlich wusste die junge Frau, dass der Slytherin zu Harry gegangen war, um nach ihm zu sehen und dass er jetzt nicht zurück kam ließ die Sorge aufkeimen, dass es dem Gryffindor wieder schlechter ging. Hermione war nicht blind, sie wusste längst, dass etwas nicht stimme. Es schien, als wollte Harry nicht in die Welt der Lebenden zurück kommen und das musste einen Grund haben. Es schien ihr beinahe so, als hätte er ihr bester Freund mit dieser Welt bereits abgeschlossen. Vielleicht wäre es doch von Nöten, Draco zu fragen, was er darüber wusste. Seufzend richtete sie ihren Blick aufs Rednerpult. Wie sehr hatte sie diesen Anblick vermisst, als sie weit weg von Hogwarts gewesen waren. Aber die Umstände, unter denen sie nun zurückkehrten tat weh. Es war, als drehe die Welt sich nun in einem anderen, neuen Rhythmus. Ein weiteres Seufzen entkam ihren Lippen. Das Herz war ihr noch immer schwer. An der Stirnseite der Halle erhob sich nun Professor McGonagall und die leise Rauschen der Stimmen der verstummte, als alle Anwesenden ihren Blick auf die neue Schulleiterin richteten. Hermione kam nicht drum rum festzustellen, dass die ältere Frau im Moment eine sehr undankbare Aufgabe in Händen hielt. Sie trat nicht nur in die Fußstapfen von Albus Dumbledore, nein sie musste auch die Wunden einer ganzen Generation heilen. Etwas verstört warf die junge Frau einen Blick auf die Flügeltüren der Großen Halle. Sie waren bereits geschlossen worden, doch Draco fehlte noch immer. Einen Moment dachte sie darüber nach aufzustehen und nachsehen zu gehen, aber dann entschied sie sich doch zu bleiben. Alle Augen hafteten derweil auf Professor McGonagall. Hermione schluckte hart. Im nächsten Moment füllte ein ohrenbetäubender Knall die Halle und die junger Frau riss den Kopf herum, in die Richtung, in der sich die Flügeltüren befanden. Ohne ihr Zutun fanden ihre Hände, wie aus Reflex, ihren Zauberstab und sie hielt ihn vor sich in die Höhe, bereit, jeder Zeit zu kämpfen, sollte es nötig sein. Einen weiteren Herzschlag später jedoch glaubte sie, pure Freude ströme durch ihre Adern. Von Draco gestützt, aber doch sichtlich erstarkt, stand Harry Potter im Eingang und machte einige humpelnde Schritte auf die versammelten Schüler zu. „Endlich! Du bist wieder gesund!“ Der Freudenschrei erklang und noch ehe Hermione realisiert hatte, dass er ihrer eigenen Kehle entkommen war, hatte sie auch schon die Arme um einen hilflos wankenden Harry geschlungen und ihn unter einer Flut ihrer buschigen, braunen Haare begraben. Beinahe verzweifelt drückte sie den schlanken, fast zu schlanken, Körper ihres besten Freundes an sich und spürte, wie heiße Tränen ihre Wangen hinunter rannen. Tränen, der Erleichterung, dass der Gryffindor letztlich doch noch aufgewacht war und es ihm gut ging. Nach einer kleinen Ewigkeit schob sie Harry von sich und ließ ihren Blick, beinahe mütterlich besorgt, über ihn gleiten. Er war dünn und wirkte ausgelaugt. Seine smaragdfarbenen Augen waren dumpf und leer. Erleichterung wich Sorge und sie fragte sich, ob sie jemals wieder das vertraute Leuchten in diesen Augen sehen würde. Ob er jemals wieder der junge Mann werden würde, der er vor wenigen Tagen noch gewesen war. Vor dem Krieg. Vor seinem Sieg. Und während in der Große Halle Applaus aufbrandete und Jubel ertönte wurde Hermione schmerzlich bewusst, dass Harry Potter zerbrochen war, unter der Last, die man ihm aufgebürdet hatte. Ihre Augen suchten und Dracos und obwohl er erleichtert schien, sah sie das Wissen in seinem Blick, dass die Welt nie wieder so werden würde, wie sie zuvor war. Aus den Tränen ihrer Erleichterung wurden Tränen der Angst und Verzweiflung. So sehr hatte sie gehofft, ihren besten Freund zurück zu bekommen, sobald dieser erwacht war, doch nun war klar, der Harry, den sie gekannt hatte, gab es nicht mehr. Voldemort hatte ihn zerbrochen und nur die leere Hülle zurückgelassen. Ein Seufzen entkam ihren Lippen, als sie Harrys Hand nahm und ihn zu dem Tisch zog, an dem sie selbst bis eben noch gesessen hatte. Noch immer war die Halle von Jubelrufen erfüllt, die der Schwarzhaarige jedoch kaum wahrzunehmen schien. Mit einer gebieterischen Geste brachte Professor McGonagall die Schüler zum Schweigen. Ruhe kehrte ein in der Großen Halle und Harry setzte sich auf den Platz, den Hermione ihm wies. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Alles war dumpf und wie durch Watte gedämpft. Neben ihm saßen Draco und Hermione. Beide lauschten aufmerksam Professor McGonagalls Rede zum Gedenken an Merik Parker. Doch zu Harry drang das alles nicht durch. Er sah die Menschen um sich herum, und doch waren sie nicht da. Es war, als erreichten sie ihn nicht mehr. Als wären sie kein Teil seines Lebens mehr. Und noch immer war da dieser Schmerz in seiner Brust, während sein Kopf sich mit Erinnerungen füllte. Der erste Tag des neuen Schuljahres. Merik, der vorne am Lehrertisch saß und von Dumbledore vorgestellt wurde. Die erste Unterrichtsstunde, in der er Harry seine beeindruckenden Occlumencyfähigkeiten vorgeführt hatte. Ihre Unterhaltung, als er Harry die Liste für die Bücher aus der Verbotenen Abteilung gegeben und ihm seine Lebensgeschichte erzählt hatte. Der Heilige Abend, an dem er ihm Draco gebracht hatte. Ihr Gespräch kurz nach Silvester, als Harry nicht verstanden hatte, sie sein Freund sich von Voldemort zum Knecht hatte machen lassen können. Die Art, wie Merik mit ihm umgegangen war, als dem Gryffindor klar geworden war, dass Draco nicht mit nach Irland gekommen war, sondern ihn verraten haben musste. Meriks stete Unterstützung während der Einsätze der DA und zu guter Letzt auch die Wut und Enttäuschung, die Harry empfunden hatte, als Merik ihm von der zweiten Prophezeiung erzählte. Wie sehr bereute er all die Dinge, die er seinem Lehrer an jenem Tag an den Kopf geworfen hatte. Wie sehr bereute er die ablehnende Art, mit der er Merik hatte strafen wollen. Harry war wütend auf sich selbst, darauf, dass er nicht daran gedacht hatte, was dieser Krieg wirklich bedeutete. Den Tod. Er war so töricht gewesen, zu glauben, Merik würde sich schon irgendwann bei ihm entschuldigen. Wie dumm war er gewesen? Er hätte es doch besser wissen müssen... Er hätte es doch von Sirius wissen müssen... Ein Leben war so schnell vorbei, dass man es manchmal erst verstand, wenn es schon zu spät war, noch ein paar nette Worte zu wechseln und nachdem er sich von Sirius schon nicht hatte verabschieden können, wollte er solche eine Gelegenheit nie wieder verpassen. Und doch hatte er es getan. Er hatte die Chance verpasst, Merik zu sagen, wie gern er ihn hatte und wie dankbar er ihm war. Als an jenem Tag der erste Sarg von vielen in der Erde versank und damit der neue Friedhof von Hogwarts eingeweiht wurde, glaubte Harry ein Teil seiner selbst versinke mit Merik Parker in der tiefen, dunklen Erde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wieder Regen... sanft fiel er auf die Erde nieder, als Draco und Harry ruhigen Schrittes am See entlang gingen. Seit der Schwarzhaarige erwacht war, hatte er kaum ein Wort gesprochen und noch weniger gegessen. Wann immer man ihm eine Scheibe Toast vorsetzte, oder eine dampfende Brühe, so schob er sie nach wenigen Minuten kaum angerührt von sich und wenn er etwas aß, so behielt er es nicht lange bei sich. Die meisten schoben dieses Verhalten auf die Tatsache, dass er nur knapp dem Tod entkommen war und erst mal wieder zu Kräften kommen musste. Doch keiner von ihnen verbrachte die Nächte mit Harry in einem Raum. Keiner hörte ihn des nachts, wenn er glaubte Draco schlafe tief und fest, leise aufstehen, sich ans Fenster setzen und dann stundenlang weinen. In der ersten Nacht war Draco aufgestanden, um zu seinem Freund zu gehen und ihn zu trösten, doch dieser hatte den Blonden nicht an sich herangelassen. Seitdem lauschte der Slytherin Nacht für Nacht den Tränen seines Freundes und wusste doch, dass er ihm nicht würde helfen können, bis dieser ihn darum bat und ihn nicht mehr abwehrte. Es tat weh, nur zusehen zu können, wie der Schmerz des Krieges sich weiter in Harrys Herz fraß. Die Zeit würde diese Wunden heilen und Harry bräuchte einfach Ruhe, versicherte ihm Madame Pomfrey und Draco wollte ihr dies glauben. Er wollte einfach hoffen, dass sein Freund eines Tages wieder der starke junge Mann werden würde, der er vor dem Kampf gegen Voldemort gewesen war. Während noch immer der warme Regen auf sie herab prasselte, bleiben die beiden am See stehen und Draco zog den Schwarzhaarigen in seine Arme, sodass er ihm einen sanften Kuss auf die Stirn geben konnte. Ja, er würde Harry helfen, wieder ein normales Leben führen zu können. Sie hatten so viel gemeinsam durchgemacht, um zusammen sein zu können und nun galt es diese letzte Hürde zu nehmen und die Trauerarbeit zu leisten, die geleistet werden musste, damit Harry Potter eines Tages wieder würde lachen können. Und egal, wie lange es dauern würde, Draco würde bei ihm bleiben, bis zu jenem Tag und für den Rest seines Lebens. Kapitel25 Ende Kapitelvoraussicht: Epilog 7 Jahre später So wir sind fast am Ende angelangt... ich bin ja schon ein wenig trauig... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)