Two Cats - Two Assassins von Stoechbiene ================================================================================ Kapitel 13: Bittere Rache ------------------------- 13. Robin Bittere Rache Ich habe den Eindruck, daß Shadow jetzt nicht mehr ganz so traurig ist wie in den letzten Tagen. Keine Ahnung wie ich darauf komme, schließlich heißt es doch immer Tiere hätten keine Mimik, da sie nicht denken können. Wenn ich jetzt, wo ich selbst ein Haustier besitze, so über diese Aussage nachdenke, dann gelange ich unweigerlich zu dem Entschluß, daß sie von jemandem stammen muß, der sich nie wirklich mit Tieren beschäftigt hat. Allein wenn ich Shadow zu einem kleinen Kampf herausfordere, er mit seiner Pfote nach mir schlägt, gewinne ich stets den Eindruck, daß er exakt weiß was er tut. Noch nicht einmal hat er seine Krallen gegen mich verwendet oder mich gebissen, sondern war vorsichtig, fast so als wisse er ganz genau, daß er mir sonst wehtun würde. Möglich wäre natürlich auch, daß ich bereits zu einer dieser schrulligen Damen geworden bin, die ihr Haustier als eine Art Ersatz für ihren fehlenden Lebenspartner ansehen und deshalb zwischen Fiktion und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden können. Aber das glaube ich eigentlich nicht, schließlich wünsche ich mir jemanden der mich versteht, der mich in den Arm nimmt und reden kann, nicht nur miauen und knurren. Obwohl, süß ist das schon. Vorsichtig kraule ich den kleinen Kater neben mir auf dem Bett am Kopf, registriere dabei wie er zufrieden seine Augen geschlossen hält, ganz zu schweigen von seiner äußerst entspannt wirkenden Körperhaltung. Er liegt auf der Seite, alle vier Pfoten von sich gestreckt, aber dennoch schmiegt er seinen Rücken eng an meinen Oberkörper. Er scheint sich richtig wohl zufühlen. Ob er sogar schläft? Doch diesen Gedanken verwerfe ich recht schnell wieder, denn eines seiner Ohren richtet sich plötzlich auf, dreht sich ein bißchen, so als würde es eine Lärmquelle orten. Keine Sekunde später schlägt Shadow die Augen auf, hebt den Kopf und bevor ich mich auch nur den Hauch einer Spur wundern kann, ist er in einem Satz hochgesprungen und durch das Dachfenster über meinem Bett nach draußen geflüchtet. Was er wohl gehört hat? Einen Vogel? Snowflake? Ich muß zugeben, um manche Fähigkeiten beneide ich gewisse Tierarten, so wie besser hören oder sehen zu können. Allerdings habe ich auf der anderen Seite wieder Mitleid mit ihnen, denn als Mensch ist der Gestank in diesem Viertel schon kaum zu ertragen, wie muß es da erst einem Hund ergehen? Ich drehe mich auf den Rücken, wobei mein Blick unweigerlich zu dem kleinen Dachfenster über mir wandert. Aber außer dem wieder einmal grauschwarzen Himmel ist nichts zu erkennen, von Shadow keine Spur. Wo er nur hingegangen ist? Na ja, er wird schon wiederkommen. Ich darf einfach nicht außer Acht lassen, daß er im Grunde seines Herzens ein kleines Raubtier ist, kein Schmusetiger. Ein lautes Knarren auf der Feuerleiter vor dem Fenster über meinem Schreibtisch holt mich zurück in die Realität, so daß ich mich doch ein wenig verwundert aufrichte. Ob einer der Nachbarn besoffen auf der Leiter hockt? Das hätte mir gerade noch gefehlt! Entschlossen stehe ich auf, um den kleinen Riegel vorzuschieben, nicht daß einer dieser Spinner noch auf dumme Gedanken kommt und mir wieder ein Ständchen singen will, so wie letztes Frühjahr, als die drei Typen zwei Stockwerke tiefer Wahrheit oder Pflicht gespielt haben. Wohl bemerkt morgens um fünf! Man sollte meinen sie wären zu alt für diesen Unsinn. Ich beuge mich über die Tischplatte und angle mit den Fingern nach dem verrosteten Haken und versuche mir dabei möglichst keinen Splitter von dem morschen Holz einzufangen, was angesichts der Baufälligkeit dieses Hauses gar nicht so einfach ist. Doch gerade als ich den Riegel erwischt habe, wird das Fenster von außen hochgeschoben und das breite Grinsen eines unrasierten Mannes blickt mir entgegen. Perplex und zu keiner Regung fähig starre ich in die blaugrauen Augen, die mir allzu bekannt erscheinen. Mr. Willings? Ein harter Schlag trifft mich ins Gesicht, läßt mich rückwärts taumeln, höre aber gleichzeitig das laute Knarren meines Schreibtisches, das wie Donner in meinen Ohren hallt. Panik überfällt mich, die nackte Angst um mein erbärmliches kleines Leben, das ich zwar kaum leiden mag, aber an dem ich dennoch hänge, denn daß Mr. Willings kaum hier ist, um mir eine gute Nacht zu wünschen, steht außer Frage. Er war einer von Big Ed’s Buchmachern, zumindest solange, bis ich ihn und seinen Kumpel bei Big Ed angeschwärzt habe, weil sie Geld unterschlugen. Ich hätte es ja für mich behalten, aber damals sah ich darin meine einzige Chance den schmierigen Fingern meines aufdringlichen Chefs zu entrinnen. Hätte ich doch bloß meine Klappe gehalten! Mühelos zerrt mich mein Angreifer auf die Beine, schlägt mir erneut ins Gesicht, daß meine Haut brennt wie Feuer. Doch der nächste Schmerz läßt nicht lange auf sich warten, gewährt mir kaum Zeit mich zu verteidigen. Ein kräftiger Stoß, ich taumle, bis mein Sturz vom harten Beton einer Wand abrupt gestoppt wird. Mein Schädel dröhnt, meine Knie zittern, denn daß der Albtraum erst begonnen hat wird mir spätestens in dem Moment klar, als ich Mr. Willings Atem direkt an meinem Ohr spüre und seine erhitzte Stimme höre. „Du hinterhältiges kleines Miststück, ich werde dir zeigen was es bedeutet einen Kollegen zu verraten.“ Wieder schlägt er zu, spüre die Wucht seiner Faust, aber der Schmerz geht nahezu unter in meinem sicherlich bereits geschwollenen Gesicht. Taub fühlt es sich an, als wäre das Leben längst daraus entflohen. Aber ohnehin ist die Angst in mir viel größer als jeder Schmerz, die Ungewissheit, was Mr. Willings plant. Zwar war er bei Big Ed als Buchmacher beschäftigt, aber durch die Ereignisse der vergangenen Tage wurde mir klar, daß keiner meiner Kollegen davor zurückschreckt Gewalt anzuwenden. „Du wirst mir jeden Cent zurückzahlen, den Big Ed mir genommen hat! Du kleine Schlampe dachtest wohl, daß du mit deinem Verrat durchkommen würdest, aber da irrst du dich! Rache ist süß und du kannst dir sicher sein, daß ich jeden Moment genießen werde, den du unter mir leiden wirst.“ Fest umschließt seine Hand meinen Hals, drückt mir die Luft ab. Wild schlage ich um mich, strample mit Armen und Beinen, aber ich habe keine Kraft. Es ist Monatsende und Nami und ich haben kaum Geld für Essen. Heute Morgen bestand unser Frühstück aus einem alten Brötchen vom Vortag. Man bekommt sie im Supermarkt zum halben Preis; ein beliebtes Nahrungsmittel in dieser Wohngegend. Er stößt mich zu Boden, ringe dabei nach Atem, doch dazu bleibt mir kaum Zeit. Seine Alkoholfahne schlägt mir ins Gesicht, schürt noch mehr die Angst in mir, denn niemand ist unberechenbarer als ein Mann, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat. „Tausend Dollar hat Ed mir abgenommen. Die fünfhundert, die ich ihm schuldete und weitere fünfhundert Zinsen, wie er es nannte. Hast du eine Vorstellung davon wie viel Geld das ist? Nein, dafür bist du viel zu dumm! Aber ich werde es dir zeigen, damit du es nie wieder vergisst!“ Ein Ruck, Stoff der zerreißt und meine Seele erstarren läßt. Ich will sterben!! „Jeden Freitag treffe ich mich mit der kleinen Mina. Sie mag nicht ganz so hübsch sein wie du, aber sie versteht ihr Geschäft, wenn du weißt, was ich meine. Und tausend Dollar wären zehn Freitage gewesen, an denen ich meiner Mina einen Besuch hätte abstatten können. Wir hätten uns beide darüber gefreut, aber daraus wurde ja nichts! Und dafür wirst du bezahlen, indem du für mich die kleine Mina spielst. Ein schöner Gedanke, nicht wahr? Aber wir wissen beide, daß du ihr nicht das Wasser reichen können wirst und fügsam zeigst du dich auch nicht, weshalb ich von dir, so wie Big Ed es von mir verlangte, Zinsen fordere. Hundert Prozent halte ich für angemessen, du nicht auch? Und was heißt das für dich? Zwanzig mal werde ich dich nehmen und zwanzig mal wirst du dich an mein Gesicht erinnern wenn du dir wünschst, daß du lieber tot wärst. Doch diesen Gefallen werde ich dir nicht tun. Du sollst leiden!“ Nie klang das öffnen einer Gürtelschnalle lauter, das Surren eines Reißverschlusses, wie in diesem Moment. Und das erste Mal in meinem Leben wünsche ich mir eine Waffe und den Mut einen Mord begehen zu können. Gnadenlos will ich ihm ein Messer zwischen die Rippen stoßen, sein kaltes Herz durchbohren und anschließend auf ihn spucken. Niemand hat das Recht einen anderen zu quälen, aber in diesem Moment der absoluten Hilflosigkeit wird mir bewusst, daß es Menschen gibt die nur die Sprache der Gewalt verstehen und man sich nicht anders gegen sie verteidigen kann. Fest presse ich meine Beine zusammen, denn kampflos werde ich mich nicht ergeben, obwohl meine Chance ihm zu entkommen eher gering sein dürfte. Dennoch, auch wenn man mir immer einredete Frauen hätten nicht genug Kraft um gegen einen Mann bestehen zu können, aufgeben käme Selbstmord gleich. Wie Pranken umschließen seine Hände meine Arme, während er mit seinen Beinen versucht zwischen meine zu kommen, doch noch bin ich mit meiner Kraft nicht am Ende. Ich werde kämpfen! Trotzdem fließen Tränen der Verzweiflung, der Reue und der Wut über mein Gesicht, begleitet vom leisen Ächzen meines Peinigers und einer merkwürdigen Wärme, die sich über meinen Bauch ergießt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)