Callboys von Stoechbiene (ZoxRo (LyxKa, SaxNa)) ================================================================================ Kapitel 25: Ein Stück von dir ----------------------------- 25. Robin Ein Stück von dir Schon den ganzen Tag über muss ich an diesen Vorfall von heute Morgen denken, als dieser Junge zu mir in die Galerie kam und nach dem Gemälde fragte. Ob der Kleine wirklich Ryo’s Sohn ist? Aber wenn nicht, ließe sich die Ähnlichkeit nur schwer erklären. Und dann, dass diese Kindergärtnerin seinen Vater als Ehebrecher betituliert hat, was bei einem Callboy ja möglich wäre. Ich habe der Gruppe aus Kindern noch nachgesehen, als sie mit ihren Betreuerinnen weiterliefen, bis sie hinter der nächsten Straßenecke verschwunden sind. Die meisten lachten und waren fröhlich, nur der Kleine aber wurde gemieden, sogar von den anderen Kindern, bis auf ein dunkelhäutiges Mädchen. Beide aßen auch kein Eis. Diego. Dieser Name stand in der rechten unteren Ecke des Bildes in krakeliger Kinderschrift geschrieben. Diego und Ryo, könnte das sein? Gibt es wirklich eine Verbindung zwischen den beiden? Vielleicht wäre das ganz schön. Aber nun stehe ich vor meinem Kleiderschrank und weiß nicht, was ich zu meiner Verabredung mit Ryo anziehen soll; mal wieder. Irgendwie habe ich leichte Bedenken mich mit ihm heute im Stars zu treffen, auch wenn ich das inzwischen schon oft getan habe und es fast nichts mehr ungewöhnliches für mich ist. Ich verbringe gerne Zeit mit ihm, sehr gerne, und gerade deshalb möchte ich nicht, dass er böse auf mich ist, falls ich ihn auf besagten Vorfall anspreche. Unentschlossen zerre ich eines meiner Kleider vom Bügel, doch in Gedanken bin in noch immer am Hadern, ob ich ihm gegenüber nun eine Andeutung wagen soll oder nicht. Im Grunde geht es mich nichts an, aber wenn Diego wirklich sein Sohn ist, sollte er wissen wie dieser im Kindergarten behandelt wird. Doch wie könnte ich es geschickt anstellen? Womöglich ist es am besten einfach abzuwarten, eine Gelegenheit das Thema anzuschneiden ergibt sich oftmals von ganz allein. Das Klingeln an der Haustür und die Stimme von Conchita reißen mich aus meinen Gedanken, dass ich nur noch geschwind meine Handtasche schnappe und nach unten eile. „Da sind sie ja, ihr Taxi wartet.“ Ich nicke nur, während ich in meine Schuhe schlüpfe und hinauseile. Seit wann bin ich so chaotisch? Der Abend verläuft merkwürdig. Ryo ist zwar charmant wie eh und je, aber in seinen sonst so geheimnisvollen Augen kann ich diesmal aufrichtige Sorge erkennen. Wenn ich dabei an heute Morgen denke und Ryo wirklich der Vater vom kleinen Diego sein sollte, dann wundert mich das keineswegs. „Hast du Sorgen?“, sprudelt es schließlich aus mir heraus; unbedacht, wie ich es gelegentlich nun mal bin. Wo sind bloß meine Zurückhaltung und gute Erziehung geblieben? Doch das ist mir im Moment egal, denn fasziniert beobachte ich die beiden schwarzen Augen vor mir, die mich sowohl fragend als auch überrascht ansehen. Zudem scheint ihr Besitzer mit sich zu ringen, ob er nun eine Andeutung fallen lassen soll oder lieber nicht. Er versucht es auf die unverfängliche Art: „Wie kommst du darauf?“ „Weiß nicht, vielleicht haben mir das deine Augen verraten?“ Er lächelt kurz wissend. „Manche Dinge lassen sich eben schlecht kaschieren.“ Und nun? Was wollte ich mit meiner Frage eigentlich erreichen? Dass er mir frei von der Leber weg aus seinem Privatleben erzählt? Das geht mich nichts an. Wir treffen uns, weil ich ihn dafür bezahle, nicht weil wir Freunde sind. Diese Tatsache darf ich nicht vergessen. „Und was ist mit dir, Robin? Du wirkst ebenfalls ein wenig bedrückt, als hättest du etwas auf dem Herzen.“ „Schon…vielleicht.“ Schweigen. Bedrückendes Schweigen. „Gibst du mir einen kleinen Rat?“, greife ich das Thema erneut auf, denn nur um stumm meinen Cocktail zu trinken, hätte ich mich nicht mit Ryo verabreden brauchen. „Wenn ich kann, gern.“ Ich nicke kurz, denn auch wenn ich es selbst so gewollt habe, es ist dennoch für mich nicht einfach dieses Gespräch zu beginnen. Aber ich muss es einfach tun, denn im Grunde meines Herzens bin ich doch neugierig auf Ryo’s Reaktion. „Nehmen wir mal an, du befändest dich durch Zufall im Besitz einer Information, die eine Person aus deinem weiteren Bekanntenkreis betrifft, aber du bist dir nicht sicher, ob diese Information auch richtig ist. Was würdest du tun?“ Sein Blick hat etwas Analysierendes an sich, das ich selten bei einem Menschen gesehen habe, so als würde er meine Ehrlichkeit prüfen. „Willst du mir etwas sagen?“ Weshalb durchschaut er mich immer so schnell? „Na ja…“ Unruhig rutsche ich auf meinem Platz herum und rühre bestimmt schon zum tausendsten Mal mit einem Strohhalm meinen Drink um. Was antworte ich ihm jetzt am besten? „Bitte denk nicht, dass ich mich aufdrängen möchte oder einen Hintergedanken dabei hege, aber…“ „Robin, was ist passiert?“ „Heute Morgen…hat mir jemand ein kleines Geschenk gemacht.“ „Aber das ist doch etwas Schönes.“ „Schon…ach verdammt!“ Ich greife nach meiner Handtasche und hole die zusammengefaltete Kinderzeichnung hervor, die ich meinem Gegenüber reiche. Wortlos faltet er das Papier auseinander und in diesem Moment kann ich bereits erkennen, dass ich wohl mit meiner Vermutung Recht hatte. Er mustert mich schweigend, so dass ich mich dazu angehalten fühle die Situation zu erklären: „Ein kleiner Junge kam zu mir in die Galerie und hat nach einem Gemälde gefragt.“ Ich deute kurz auf die Zeichnung. „Er sah dir so ähnlich, die Haare und Augen, der Teint. Zuerst wollte ich dich auch gar nicht darauf ansprechen, dein Privatleben geht mich nichts an, aber da war diese Frau, vermutlich eine Kindergärtnerin, und sie zerrte ihn gewaltsam aus meiner Galerie. Sie hat ihm sicher weh getan. Ich wollte nur, dass du das weißt, falls…“ „Daher hat er also die blauen Flecken am Arm…“ „Hat er es dir denn nicht erzählt? Entschuldige, ich sollte nicht-“ „Schon gut, ich kann eh nicht leugnen, dass er mein Sohn ist, diesbezüglich hast du mich doch bereits durchschaut, nicht wahr?“ „Es tut mir wirklich leid.“ Ich traue mich kaum ihn anzusehen, auch wenn es wirklich nicht mein Verschulden ist. „Du kannst doch nichts dafür, weder für die Kindergärtnerin noch dafür, dass der Kleine mein Ebenbild ist oder dass du ihm begegnet bist. Manchmal ist selbst L.A. bloß ein Dorf. Wenigstens weiß ich jetzt, wer die nette hübsche Frau ist, die ihm das Foto geschenkt hat, wie er sagte.“ Bloß nicht rot werden! „Wir haben eher getauscht…“ nuschle ich verlegen. „Da hat er aber den besseren Deal ausgehandelt.“ „Ich habe ein Herz für begabte Nachwuchskünstler.“ Besonders wenn sie so klein und süß sind. „Du musstest ja auch nicht die Schweinerei vom Boden wieder entfernen.“ „Zum Glück nicht. Mit was hat er denn die Verwischungen für den Hintergrund vorgenommen?“ „Mit den Händen! Ich habe ihn anschließend einfach samt Malkittel in die Badewanne verfrachtet.“ Wieso kann ich mir das bei dem Knirps nur zu gut vorstellen? Ich fühle mich erleichtert, denn Ryo scheint nicht böse auf mich zu sein und dennoch… „Sie hat gesagt, du wärst ein Ehebrecher. Also, ich meine jetzt die Kindergärtnerin.“ Wut flackert kurz in Ryo’s Augen auf, die ich aufgrund dieser Anschuldigung nur zu gut verstehen kann. „Brünett? Schulterlanges Haar?“ Ich nicke. „Wundert mich nicht.“ „Wegen deinem Job?“ „Sagen wir eher, weil ich ihn nicht so ausübe, wie sie es gerne hätte.“ Dabei wirft er mir einen leicht anzüglichen Blick zu. „Das verstehe ich nicht, du bist doch ein Third…oder?“ „Eben, und das werde ich auch nicht für eine frustrierte Kindergärtnerin ändern.“ „Sie wollte mit dir…? Und dann?“ „Nachdem ich es ablehnte mit ihr am Elternsprechtag die Kuschelecke zu inspizieren, sagte sie mir deutlich, dass ich das mehr oder weniger bereuen würde. Dass man mich seitdem meidet ist mir völlig egal.“ „Aber sie lässt es an Diego aus, nicht wahr?“ Er nickt. „Ich habe versucht einen anderen Kindergartenplatz für ihn zu finden, aber es gibt nicht genügend Plätze in der Stadt, außer natürlich in einer privaten Tagesstätte, die kostet jedoch viel Geld.“ „Ehrlich gesagt habe ich mir über solche Dinge nie den Kopf zerbrechen müssen, denn ich habe keine Kinder.“ „Wieso nicht?“ Er wirkt ehrlich interessiert, also antworte ich ihm auch ehrlich: „Keine Zeit, außerdem war mein Mann immer dagegen. Kinder verursachen Dreck und kosten Geld, so seine Devise. Deshalb habe ich mich in meine Arbeit vertieft.“ „Du wolltest demnach also ein Kind?“ „Ja, aber ich habe mich damit abgefunden, dass ich nie eines haben werde. Und wie war es bei dir? War Diego geplant, schließlich bist du noch recht jung und den Kleinen schätze ich auf etwa vier Jahre.“ „Wenn es nach mir gegangen wäre, würde er diesen Sommer in die Grundschule kommen, aber die Vernunft hat gesiegt, denn die eigene Ausbildung geht vor.“ Ich nicke zustimmend, aber gleichzeitig frage ich mich, was aus Diego’s Mutter geworden ist, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass sie es gut findet, dass der Vater ihres Kindes als Callboy arbeitet. „Sie ist bereits vor ein paar Jahren gestorben.“ Überrascht sehe ich auf, direkt in Ryo’s schwarze traurigen Augen. „Das hättest du mir nicht erzählen müssen.“ „Ich weiß.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)