Kaibas Jahr in der Hölle von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: Fun for kids ------------------------ Fun for kids Was war wohl das allerschlimmste, was einem sarkastischen, kalten Geschäftsmann jemals widerfahren könnte? a) Dass er von einer Meute angeblicher Freunde gezwungen wird in einen Bus zu steigen voller gaffender, auf ihn zeigender Leute? b) Dass er urplötzlich vor einem riesigen, abgrundtief hässlichen Gebäude steht, auf dem „Fu for kids“ steht und welches mit bunten Delfinchen übersäht ist? c) Dass sich in diesem Schwimmbad mehrere hunderte Leute befinden, die ebenfalls die Angewohnheit haben, auf ihn zu zeigen? Oder d) Dass er sich immer mehr bewusst ist, dass er nichts dagegen tun kann? Die Antwort war ganz klar ALLES. Alles, was ich soeben in meiner virtuellen Quizshow aufgezählt hatte, war für mich wie ein Schlag in die Magengrube. Der Bus war unendlich voll und voller DuellMonsters-Fans, die nie älter als 8 Jahre alt waren und ständig auf mich zeigten als wäre ich eins dieser zwei vermaledeiten Eisbärbabys im Zoo, doch da ich wusste, dass ich nicht Knut hieß, wusste ich nicht, warum diese Blagen offenbar so fasziniert von mir waren. Die Jugendlichen, die sich wiederum im Bus befanden, berieben derweil andere Aktivitäten: Manche von denen, die unterbelichtet aussehenden Jungen, hatten es sich zur Gewohnheit, Gardner auf ihren Hintern zu starren und sich daraufhin blöd anzugrinsen. Was dies betraf, so hatte ich keinerlei Verständnis für dieses Verhalten, denn in meinem geheimen Grundsatzbuch der Yugi-Hassgemeinschaft stand die feste Regel, dass man Yugis Freunden immer nur ins Gesicht sah und keinesfalls unter die Gürtellinie. Ich hatte mich daran immer fest gehalten, einerseits befand ich dies als eine Art Selbstschutz, denn blind wollte ich beim besten Willen nicht in meinen besten Jahren werden, andererseits würde ich wahrscheinlich in Versuchung kommen Gardner wegzutreten, wenn ich dahin sah, wo es diese Primitivlinge zu tun pflegten. So viel also zu diesem Thema. Weiterhin gab es zwei Mädchengruppen, eine lästiger als die andere. Die erste der beiden bestand aus 6 Mitgliedern, die unaufhörlich kicherten, weswegen wussten wahrscheinlich nicht mal sie selbst, die zweite, vierköpfige Gruppe schaffte es während der halben Stunde Fahrt tatsächlich ohne auch nur eine kurze Pause zu seufzen. Mädchen sind eben doch seltsame Wesen. Die restlichen, männlichen Jugendlichen beleidigten sich etwa die ganze Zeit, was ich sehr erfrischend fand, da mir das so was von egal war, oder sie hörten laute Musik der schrecklichsten Art. Vor mir in der Reihe saß einer der Schlimmsten. Er hatte seine Stöpsel im Ohr und sang in seiner schrillen, unreifen Stimme „Ich muss durch den Monsun.“ Krampfhaft versuchte ich, nachdem ich diese Lied, was auch Mokubas Freunde eine Zeit lang dauernd gehört hatten, dieses zu ignorieren, doch ohne Erfolg. Die Erwachsenen waren da durchaus entspannter: Sie redeten einfach gar nicht miteinander, auch wenn sie neben ihren Ehepartnern saßen. Na ja, wenigstens nervten sie mich nicht mit diesem Verhalten, auch wenn sich in meinem Hirn der Gedanke allmählich verfestigte, dass die meisten Ehen in die Brüche gingen aufgrund von Langeweile. Die letzten zwei vertretenden Gruppen waren wiederum erneut eine harte Probe für mein zerbrechliches Nervenkostüm. Zu der ersten Gruppe gehörten die 1-6 Jahre alten Hosenscheißer, die entweder sabberten, quiekten, kreischten, quengelten, heulten, jammerten oder sich die Seele aus dem Leib schrien. Ich war sicherlich nicht so gewesen als ich in diesem Alter gewesen war. Ich war sicherlich ein braves, kleines Kind gewesen, das genau wusste, was es wollte. Nun ja, anscheinend nimmt der Verstand allmählich mit jeder Generation wieder ab, sodass wir sicherlich irgendwann, anstatt uns weiterzuentwickeln, wie es sie schönen Sciene-Fiktion Filme ja besagen, wieder mit Keulen durch die Gegend rennen werden. Die letzte, nervenraubende Gruppe war die Kategorie Senioren! Angeblich sollte man ja immer Respekt vor dem Alter haben, doch ich muss zugeben, dass diese Senioren mir das nicht sehr einfach machten. Grinsend saßen sie da, meist in den vorderen Reihen, teilweise strickend, teilweise schnarchend. Manche von denen rochen bis zu mir hin in die letzte Reihe nach Sahnetorte, abgetragenen Socken und Hautcreme. Dennoch musste ich etwas Respekt vor den älteren Personen in diesem Bus haben: Sie ließen sich von nichts aus der Ruhe bringen. Sie waren eins mit dem Bus. Er war für sie wie ein zweites zuhause, in dem sie sich offenbar benehmen konnte wie sie wollten. Dass man Bücher im Bus liest war ja noch akzeptabel, aber stricken, lauthals von seiner Kindheit erzählen oder vom Krieg, laut summen als höre niemand einen, was eine Fehlvermutung war, pfeifen, ständig jemanden nach der Uhrzeit fragen, schnarchen wie ein verschnupftes Walross und die jüngeren Kinder von ihren Plätzen werfen damit man selbst Platz hatte, übertraf in meinem Vernunftsbereich doch die Grenze! So viel also zu der amüsanten Busfahrt zu dem garantiert lustig werdenden Badespaß im Fun for kids. Kaum ausgestiegen überwältigte uns erst einmal der Regen, der auch wie gestern gnadenlos war, doch das schien meinen dauerhaftstrahlenden Kollegen nichts auszumachen. Sie hatte sich fasziniert umgesehen und es schien so als würden selbst Tea und Duke, die sich so gegen diesen Vorschlag Joeys gewehrt hatten, diese Umgebung genießen. Tatsächlich gab es auch von meiner Seite zwei Pluspunkte: Einen dafür, dass doch nicht ganz so viele Leute aus unserem Bus den gleichen Weg einschlugen wie wir, sodass ich ab nun doch verschont von dem nächsten Gang durch den Monsun würde, einen weiteren dafür, dass das Fun for kids normal ausgeschildert war und man sich so nicht die Mühe gemachte hatte rosa Schildchen aufzustellen. Der Rest war mir allerdings schon beim ersten Anblick zuwider: Überall tummelten sich diese kleinen, schrecklichen Geschöpfe namens Kinder, die ihre armen Eltern bzw ältere Geschwister quälten, Clowns, die die Aufgabe hatten, die Kinder zu begrüßen und Luftballons zu verteilen, liefen um das schlichtweg hässliche Gebäude. Hierbei empfand ich mit Hintergedanken an den höchst amüsanten Karnevalszug für diese Clown allerdings keinen Hass sondern tiefes Mitgefühl, auch wenn sie ihre Verzweiflung zugegeben gut verstecken konnten. Bakura bot sich hastig an, Eintrittskarten zu besorgen, während wir schon einmal uns drinnen umsehen konnten. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die Karten zu besorgen, da ich eben dies vermeiden wollte, doch in seiner hastigen Begeisterung war Bakura, der trottelige Idiot wieder schneller gewesen. Und so musste ich mich damit begnügen, mit Joey, Tristan, Duke, Tea und Yugi im Inneren des hässlichen Gebäudes herumzugehen und meine schlimmsten Befürchtungen erfüllten sich je. Das Innere war kitschiger als das Äußere: Die Wände waren babyblau gestrichen und hatten rosa und orangene Fische als Hauptmotive, ebenso wie kleine Seepferdchen, die immer wieder von kleinen Mädchen als „süß“ betitelt wurden und große, lächelnde Wale. Auch hier standen ein paar Clowns, die den Zuschauern anboten, Fotos zu schießen. Gerade wollte ich mich weiter umsehen, ob hier nicht wenigstens ein kleiner Hai abgebildet worden war, als Yugi mich am Gürtel packte(höher kam er nicht) und ich so beinahe gegen die Glaswand des Fun for kids knallte. „Was?“, knurrte ich, wobei ich dabei versuchte, ein Lächeln in letzter Sekunde in mein Gesicht zu zaubern. Yugis andere Freunde hatten offenbar verstanden und grinsten sich zu, während ich nur Bahnhof verstand. In diesem Moment wuselte sich Bakura durch die Horde kleiner Kinder und sich umblickender Eltern. „Ich hab die Karten“, jubilierte er, so als hätte er einen harten Marathon gewonnen. „Super! Aber bevor wir reingehen, lass uns doch ein Foto von uns schießen“, lächelte Yugi, während die anderen Bakura begeistert zunickten. „Oh ja!“, freute sich Bakura, während ich merkte wie meine Knie den Drang verspürten, einzuknicken. „Dann ist das beschlossen!!“ Augen verdrehend schlurfte ich hinter meinen lachenden Freunden hinterher zu einem der vielen, armen Clowns. „Hallo“, sagte Joey und klopfte dem Clown in seiner permanenten Dummheit auf den Rücken. Der Clown zuckte zusammen, konnte sich allerdings sehr schnell wieder fangen. „Hallihallo“, sagte er in seiner gekünstelten, fröhlichen Art. „Wie kann ich euch denn weiterhelfen, ihr Kinderchen?“ Mein Mitgefühl verblasste je, nachdem der Clown diese Worte aus dem übertrieben geschminkten Mund gesprochen hatte. Kinderchen? Der wusste wohl nicht, wen er vor sich hatte! „Hallo, lieber Clown“, sagte Bakura. „Könntest du uns fotografieren?“ Einen Moment schien der Clown ein wenig verwirrt, offensichtlich dank der Tatsache, dass eine Gruppe aus Teenagern, die sich nicht einmal in Begleitung eines kleinen, kreischenden Balges befanden, sich ernsthaft in diesem Laden knipsen lassen wollte, doch wieder schaffte er es, sich schnell wieder einzukriegen. So fing er an mit seiner Clownnummer: Er hüpfte auf und ab und lachte gackernd. „Eine Foto für die Meute! Die fotografier ich heute!“, lachte er in einer Singsangstimme. „Wollt ihr mit Zusätzen fotografiert werden oder reicht ein normales Foto?“, fragte er dann wieder in seiner normalen Stimme. „Mit Zusätzen?“, wiederholte ich verdutzt, innerlich ahnend, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. „Gewiss!“ Der Clown deutete auf eine auf dem Boden liegende Schachtel. „Was ist da drin?“, wollte Tristan wissen. „Das sind Kostüme, oder eher Masken, die man sich anziehen kann!“ Mein Magen verkrampfte sich schrecklich und einen Moment fühlte ich mich so, als würde ich gleich in Ohnmacht fallen oder mich übergeben. „Nein, was für eine nette Idee“, lächelte Tea. „Yugi, das müssen wir machen.“ „Unbedingt!“ „Ich wandere aus! Ich wandere aus“, schoss er mir durch den Kopf. Langsam aber sicher war mir meine eigene Firma egal. Alles war langsam egal. Und ich fragte mich, ob es das wert war. Doch ehe ich mich für eine sarkastische Beleidigung bereitmachen konnte, hatte mich Joey schon angeschoben und jeder suchte sich eine Maske mit passendem Umhang. Da ich der Letzte war bekam ich, was mir die Anderen netterweise hinterlassen hatten. Yugi, der ja als Pharao der Truppe selbstredend den Vortritt bekommen hatte, hatte sich eine Fischmaske herausgesucht. Joey, der ganz stolz auf sein Krakenkostüm war, stand direkt neben Duke, dem Seestern und Tristan, dem Delfin. Bakura hatte sich für ein Seepferdchen entschieden, während Tea sich als Meerjungfrau offenbar wohlfühlte. Und ich? „Komm schon Kaiba“, drängelte mich Joey lachend. „Du willst doch deinem Kostüm nicht alle Ehre machen, oder?“ Die anderen lachte, während ich versuchte eine grinsende Grimasse zu ziehen. Hass stieg in mir auf. Wie konnte das nur passieren? Warum nur stand ich, Seto Kaiba, nun da im Fun for kids in einem Schildkrötenkostüm? Endlich war das verdammte Bild geschossen und die Kostüme abgelegt. „Und nun kann der Spaß erst richtig beginnen!“, schrie Joey so laut, dass sich alle Leute, die noch wegen der Karte Schlange standen, umdrehten. Wieder wünschte ich mir nichts sehnlicher als in der Lage zu sein, mich unsichtbar machen zu können, doch vergebens. In der Kabine angekommen hatte ich wenigstens für einen Moment beim Umziehen Ruhe für mich. Nebenan konnte ich die Stimmen der anderen (außer Tea natürlich, die ja in der Mädchenumkleide war) vernehmen, die sich über ihre Badehosen unterhielten. Ich verdrehte genervt die Augen, was ja niemand sehen konnte und mich veranlasste, dies während meines gesamten Aufenthaltes in der Jungenkabine zu tun, einfach nur, weil es ein Zeichen von Freiheit war. Leider war ich dann irgendwann fertig und musste so die Kabine verlassen. Die anderen waren schon fertig und gibbelte an den Schränken. Es war ein seltsames Gefühl, seine Feinde in Badehosen zu sehen, och seltsamer war es allerdings vor ihnen mit nacktem Oberkörper zu stehen, ohne meine schützenden Umhänge oder den langen Hosen. Schamesröte stieg in mir auf, aber anscheinend hatte dies keiner der anderen Trottel bemerkt. So ging ich zu einem der noch offenen Schränke und verstaute meine feinsäuberlich gefaltetes „Gepäck“ in seinem Inneren, wobei ich meinem schönen, weißen, langen Umhang einen traurigen Blick zuwarf. „Da bist du ja endlich“, sagte Joey, der die ganze Zeit in seiner grünen Badehose herumhüpfte wie ein Frosch auf Droge. „Können wir dann?“, fragte ich, wobei es mir Gott sei Dank in letzter Sekunde gelang, den gelangweilten Tonfall in einen gespannten umzuändern. Zustimmendes Gemurmel brach an und so gingen wir voller „Erwartung“ zu dem spaßigen Teil des Nachmittags. Tea, die in einen sehr knappen, rosa Bikini gehüllt war, wartete bereits auf einer Bank vor dem Becken. Die anderen schienen für einen Moment etwas sprachlos, während ich die Augenbrauen anhob und mich innerlich fragte, warum ich mir so einen Anblick antat. Tea grinste und kam auf uns zu. „So! Dann lasst uns mal!“, strahlte sie. „Oh ja!“, riefen die anderen dann im Chor. „Juhu“, entfuhr es mir schwach, doch dies schien den anderen schon zu reichen. „Na? War das ne tolle Idee oder was?“, fragte Joey stolz in die Runde. Yugi nickte Joey lächelnd zu. Ich sah mich um und erkannte mehre Kleinstbecken, ein paar Blubberbäder, Unmengen an Rutschen und Wellenbäder. Als kleines Kind hätte ich mich sicher gefreut, wenn Gozaburu mich und Mokuba mal in so einem Schwimmbad hätte Spaß haben können, doch nun war ich doch wirklich zu alt dafür…….. und eigentlich sollten die es doch auch sein. „Ich habe eine gute Idee“, sagte Yugi. „Was dar wohl sein wird“, schoss es mir hitzig durch den Kopf. „Wollen wir vielleicht verstecken spielen?“ „Wie wäre es wenn wir uns trennen würden?“ Ich stutzte. Hatte das wirklich Yugi Muto, der Spinner, der jeden Tag die Wörter Freundschaft und Zusammenhalt überstrapazierte? „Wie meinst du das?“, fragt Duke. „Ich finde, dass wir alles ausprobieren, was gut ist, aber da wir uns hier nicht auskennen, sollten wir uns erst mal auf die vielen, schönen Bereiche aufteilen, damit wir in einer Stunde oder so die wirklich guten Sachen genießen können und dann natürlich zusammen.“ Eine ganze Stunde ohne Yugis Freunde? Gab es doch noch so etwas wie ein Paradies? Hatte Gott meine Hilferufe wirklich endlich vernommen, zum ersten Mal in diesem Jahr? „Oh, Yugi, das ist eine sooooo gute Idee“, schleimte sich Tea ein, auch wenn ich das erste mal überhaupt voll und ganz ihrer Meinung war. „Gut, dann teilen wir uns auf.“ „Ich möchte das Heißwasserbecken da drüben ausprobieren. Das steht mir zu, denn immerhin wollte ich ja auch zu den Thermalbädern, oder!“, bestand Tea. Also war das Thema doch noch nicht für sie gegessen. Duke blickte sich einen Moment um und erblickte dann ein Becken, in dem viele Menschen (besonders Mädchen) schwammen. „Ich denke, ich werde da drüben hingehen“, sagte er in einem Unschuldston, der mich nicht täuschen konnte. „Wellenbad!“, schrie Joey. „Ich möchte zu den Sprungbrettern“, meinte Yugi. „Ich wollte schon immer mal vom 3Meterbrett springen.“ Nur aufgrund meiner dank dieses Vorschlages aufgekommene Euphorie, ignorierte ich diese Bemerkung einfach, auch wenn es natürlich peinlich für einen 17Jährigen war, wenn er noch nie weiter gekommen war als bis zum 1Meterbrett. „Ich möchte gerne die berühmte Wasserbahn probieren“, kam es von Bakura. „Die soll der Hammer sein.“ Tristan sah enttäuscht aus. „Ich wollte doch eigentlich auf die Wasserbahn“, maulte er. „Oh!“ Bakura machte eine entschuldigende Miene. „Gut, dann geh du dahin. Ich gehe mir dann hier einfach die Delfinshow draußen ansehen und mir dann die Eisstände ansehen, ja?“ Tristan nickte begeistert. „Tja, Kaiba, dann musst du wohl oder übel zu letzten Aktivität gehen.“ Joey zeigte grinsend hinter mich. Das gute war, dass diese hundsgemeinen Sadisten mich nicht zwangen, ins Babybecken zu gehen, die Schlechte war, dass es nah dran war: Die Rutschen. Hier tummelten sich in der Tat viele kleine Kinder. Da ich keinen Drang verspürte zu rutschen, ließ ich mich einfach in das kleine, dazugehörige Becken fallen und versuchte mich zu entspannen. Das Wasser war extrem war, fast so als hätte eines dieser Bälger etwas im Wasser an Flüssigkeit verloren, aber ich versuchte, diesen ekligen Gedanken abzuschütteln. Ich schloss die Augen und dachte einfach an nichts. Wie lange ich Zeit hatte so zu entspannen, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass irgendwann diese Stimme mich dazu veranlasste, meine Augen zu öffnen. „Bruderherz!“ Für einen Moment fühlte ich mich angesprochen und sah zu der rufenden Gestalt auf der Rutsche auf, doch es war nicht Mokuba. Dennoch kam mir der kleine Junge bekannt vor. „Ich bin hier, Leon!“, kam es irgendwo von rechts. Diese Stimme, kalt wie Eiswasser, ließ mich erschaudern. Ich kannte sie. Langsam drehte ich den Kopf auf die rechte Seite hin und erblickte nicht weit von mir entfernt, im Wasser sitzend und in einer violetten Badehose jemanden, den ich nie wieder hatte sehen wollen. Erst hielt ich es nicht für möglich doch je näher ich mir diesen Typen ansah, desto klarer war es. Dieses schwule Auftritt, diese violetten Haare, dieses Grinsen und diese Art zu sitzen. Das konnte nur er sein. Ziegfried von Schroider. Der Ziegfried, der einst eines meiner Turniere hatte zerstören wollen in Zusammenarbeit mit seinem kleinen Bruder, dem Idiot, der nun hinunterrutschte und dabei lachte. Mir wurde schrecklich heiß. Wenn Ziegfried mich hier entdecken würde, wäre es aus mit meinem Ruf, da er ein Quatschmaul war, ein herablassender Besserwisser. Doch es kam so wie es eben kommen musste: Leon, der nun lachend im Wasser gelandet war, kam auf seinen Bruder zu und erblickte wohl oder übel nur ein bis zwei Meter von ihm entfernt, mich. „Seto Kaiba?“, fragte er. Ziegfried fing an zu lachen, sein kaltes Lachen. „Leon, hör auf zu scherzen“, sagte er dann streng. „Ich bin nicht hier um über diesen Trottel nachzudenken.“ Leon schien nie nun vollkommen verwirrt und blickte immer wieder von seinem Bruder zu mir und wieder zurück. Ziegfried, der mich offenbar bisher noch nicht bemerkt hatte, war nun offenkundig besorgt. Langsam kam ich mir vor wie ein Truthahn kurz vor Weihnachten, kurz vor dem Verspeisen. Ich saß hier in der Falle umgeben von einem kleinen, Märchen liebenden Baby und seinem zynischen, fleischfressenden Bruder, der nur darauf wartete zuzuschnappen. Endlich wandte Ziegfried den Kopf nach links und erblickte mich, trotz meines Versuches möglichst weit mit dem Kopf hinabzugehen. Seine Kinnlade klappte auf, was ihm das Aussehen eines Goldfischs vermittelte, den man aus seinem Wasserreich gefischt hatte. Er schien nicht in der Lage zu sprechen, was selten bei ihm zu sehen war, wenn nicht einzigartig war. Leon fasste sich als Erste. „Das…. Ist ja eine………… Überraschung“, sagte er angespannt. Ziegfried sah mich immer noch dümmlich an. „Tja“, sagte ich in die Stille hinein, da mir nichts weiter einfiel. „Überraschung, ja, richtig. Und? Was macht ihr so? Wieder dabei in fremde Systeme einzudringen?“ Nun fiel Leons Kinnlade hinab, während Ziegfried offenbar bemerkt hatte, dass sein Gesichtsausdruck für diesen Anlass nicht geeignet war. „Momentan haben wir noch keinen Betrieb gefunden, der so ein leicht zu knackendes System aufwies wie deine Firma, leider“, versuchte er es mit seinem spöttischen Ton und dem überlegenden Ausdruck, den ich so hasste. „Dann seit ihr wohl arbeitslos?“, erwiderte ich ungerührt von seiner Bemerkung. Ziegfried lachte. „Du warst schon immer ein Witzbold der Extraklasse“, sagte er aalglatt. „Ein Witzbold, der dich besiegt hat.“ Ziegfrieds Augen verengten sich. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte er giftig und angriffslustig. „Erfindest du ein neues Unterwasserspielchen?“ „Genau, was willst du hier?“, wollte auch Leon wissen. „Spionierst du uns etwas nach?“ Ich hob die Augenbrauen. „Warum sollte ich so etwas Nutzloses tun?“ „Eine Frage beantwortet man nicht mit einer Gegenfrage.“ „Schon aber es heißt doch auch Ladies first, oder?“, knurrte ich. Dennoch tat es gut, jemanden wieder so richtig auf die Palme zu bringen, auch wenn es nur Ziegfried und sein nutzloser Bruder war. „Du wirst doch nicht etwa deine Freizeit nur aus Spaß im Fun for kids vergeuden, oder?“ „Und du?“ „Wo ist eigentlich dein kleiner Bruder?“ Ich merkte, dass er versuchte meinen Fragen auszuweichen, was wohl hieß, dass er wirklich nur einen schönen Nachmittag mit seinem kleinen Bruder verbringen wollte. „KAIBA!“ Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Nein, nicht jetzt! „Die Zeit ist um, mein Freund!“ Das war Joeys Stimme. Ziegfried wandte sich um und hatte nun Joey und Yugis Freunde ins Visier genommen. „Was zum?“, stieß er hervor und vergas völlig dabei herablassend zu klingen. Yugi und seine Freunde hatte uns nun erreicht und Ziegfried erkannt. „Ihr?“, stieß Joey hervor, der damals gegen Ziegfried verloren hatte. „Ihr?“, stammelte Leon. „Was wird das hier?“, schrie Ziegfried urplötzlich. Offenbar hatte ihn die Panik gepackt. „Was wird hier gespielt?!“ Er schien völlig von der Rolle. Anscheinend dachte er tatsächlich, dass er von all seinen Feinden verfolgt werden würde und in diesem Fall konnte ich es ihm nicht übel nehmen. Unter gewöhnlichen Umständen hätte ich auch ein Herzinfarkt bekommen wenn Yugi mir im Schwimmbad begegnet wäre. Ziegfried war aufgestanden und sah immer wieder in die unsicheren, erschrockenen Gesichter. „Wir sind nur hier um zu schwimmen“, versuchte Bakura schließlich zu erklären. Diese Antwort schien Ziegfried den Rest zu geben. Er atmete hektisch. „Ihr seid mit Kaiba hier zum schwimmen?“ „Nun… ja“, sagte Duke. „Ihr seid mit Kaiba hier zum schwimmen?“ „Ja doch“, sagte Joey etwas gereizter. „Unter Freunden ist das doch wohl erlaubt.“ „Freunden?“ Ziegfried wankte leicht und ließ sich wieder ins Wasser fallen. Leon kam besorgt zu ihm hin. „Ihr wollt mir ernsthaft weismachen, dass IHR mit KAIBA befreundet seid?“, rief er und es schien so als würde ihn das seine letzte gesammelte Kraft kosten. Die anderen nickten zustimmend und ich zuckte die Achseln. Der Rest des Tages verlief weiterhin seltsam ab: Bakura, der sich offenbar Sorgen um Ziegfrieds gesundheitlichen Zustand machte, lud ihn und seinen Bruder zum Eis ein. Ziegfried hatte sich offenbar langsam gefangen und hatte auch seine Stimme gefunden und so fragte er, wie das passieren konnte. So wurde die ganze Geschichte erzählt, die Ziegfried und Leon offenbar faszinierte und teilweise auch zum lachen brachte, während ich bei manchen Stellen rot anlief. Die Verabschiedung erfolgte er abends als wir alle das Schwimmbad verließen. Ziegfried und Leon stiegen in einer ihrer Limosinen und wir stiegen in den Bus. Ich sah der Limosine noch lange hinterher und fühlte das erste mal überhaupt, etwas erlebt, was mir nicht zuwider war. Irgendwie hatte Ziegfried zu verstehen gegeben, dass er Respekt vor mir hatte, weil ich es mit denen aushielt und wahrscheinlich verstand er jetzt besser, warum ich immer so mies gelaunt war. Anscheinend gibt es doch kleine Wunder, auch wenn sie nicht zu häufig geschehen sollten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)