Kaibas Jahr in der Hölle von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Die göttliche Liebe ------------------------------- Die „göttliche“ Liebe Natürlich fuhr ich nicht den ganzen Tag mit meinem Fahrrad durch die Gegend, denn ehrlich gesagt war ich für so etwas zu faul. So schön das Wetter auch sein musste, meine Laune würde es nie aufhellen. Beinahe hätte ich mich verquatscht und meine Firma aufs Spiel gesetzt. Dabei hatte ich bisher so gut durchgehalten. Ja, ich konnte in der Tat stolz auf mich sein, denn nicht viele hielten es mit Yugi lange aus. Endlich hielt ich vor meiner Villa an, brachte das Fahrrad in die Garage und lief zu Haustür. Noch ehe ich den Schlüssel umgedreht hatte, wurde mir klar, dass etwas hier nicht stimmte. Die eisige Stille, die sonst meine Villa bedeckte, war verschwunden. Laute, fröhliche Stimmen drangen aus ihrem Inneren. Das beunruhigte mich nun doch. Was passierte denn da? Leise schloss ich die Tür auf und versuchte sie so lautlos wie eben möglich zu schließen. Die Stimmen waren hier noch deutlicher zu hören. Lachen und lautes Rufen. Nach genauerem Hinhören wusste ich, dass der schreckliche Lärm aus meinem Wohnzimmer kam. Und tatsächlich. Kaum hatte ich das Wohnzimmer betreten folg mir ein Kissen entgegen. Es klatschte mir gegen den Kopf und schleuderte mich ein paar Schritte zurück. Da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte, stolperte ich und flog krachend gegen den Schirmständer, der im Flur stand. Da lag ich nun vollkommen perplex während sich hastige Schritte näherten. Dann beugte sich Mokubas kleines Gesicht von oben herab über mich und blickte besorgt an. „Seto“, hauchte er. „Seto! Ist alles in Ordnung?“ Langsam und keuchend rappelte ich mich auf ohne zu antworten. Mein Blick wanderte durch das Wohnzimmer. Überall lagen Kissen auf dem teueren Teppich verteilt, mein Tisch wat übersäht von Süßigkeiten und DuellMonsters-Karten. Was war hier los? Ich blickte wieder zu meinem Bruder, der eine Unschuldsmiene aufgesetzt hatte und schließlich zu Boden blickte. „Tut mir Leid, Seto“, nuschelte er leise. „Aber wir haben gespielt und-“ „Wir?“, wiederholte ich verdutzt und entdeckte schließlich hinter Mokuba drei weitere Personen. Drei Jungen, so in seinem Alter, die alle drei genauso dreinblickten wie mein kleiner Bruder, wie auf frischer Tat ertappt. „Was geht hier vor?“, fragte ich verwirrt, kleine Kinder in meiner Villa anzutreffen. Sonst waren doch alle Besucher immer älter als ich, außer Mokuba natürlich. „Aber Seto, ich hatte dich doch gefragt, ob meine drei Freunde hier übernachten können“, erklärte Mokuba vorsichtig. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“ Und er sah mich sehr besorgt an. Es dauerte einen Moment bis mir einfiel, dass er vollkommen Recht hatte. Stimmt, da war doch etwas gewesen…. Durch den ganzen Stress im Kino, durch meine dämliche Bemerkung Yugi und seinen Freunden gegenüber, hatte ich alles vergessen, was vorher gewesen war. „Ja…stimmt“, sagte ich schließlich und blickte die drei Jungs an, die sich die ganze Zeit vielsagende Blicke zuwarfen. „Und ihr seid also?“ „Ich bin Neil“, piepste der Größte von ihnen, zu dem seine hohe Stimme einfach nicht passen wollte. „Es freut mich sehr sie kennenzulernen, Sir!“ „Knox“, sagte der Kleinste, der wiederum eine sehr reife Stimme hatte für sein Alter. „Es tut uns schrecklich Leid, dass wir sie abgetroffen haben.“ „Ich habe das Kissen geworfen“, meinte der Letzte, der eine Sonnenbrille trug. „Mein Name ist Charly. Tut mir Leid, aber Sie werden das bestimmt nicht so schwer nehmen.“ Verdutzt starrte ich alle an. Dann räusperte ich mich vernehmlich. „Mokuba… was habe ich dir zu der Behandlung unseres Wohnzimmers gesagt?“ „Das Wohnzimmer ist ein Tresor, ein Schatz, den man schätzen muss“, leierte Mokuba leise herunter. „Richtig“, sagte ich mit einem leicht strengen Unterton. „Tut mir Leid, großer Bruder“, wiederholte Mokuba noch einmal. „Ja, ja. Nun geht lieber in dein Zimmer.“ Ich ging langsam die Treppe empor, von den 4 Winzlingen verfolgt. „Und macht keinen Krach“, rief ich ihnen hinterher als sie eine weitere Treppe hinauf zu Mokubas Zimmer nahmen. „Versprochen“, kam es von Mokuba. Endlich, in meinem stillen Zimmer angekommen, machte ich mich an meinen Laptop um mir noch einmal die Bewerbungen durchzulesen. Es war eine öde Aufgabe, doch endlich hatte ich mich für jemanden entschieden und schaltete das Gerät ab. Die Arbeit hatte mich müde gemacht und so zog ich mich um und schmiss mich schließlich auf mein Bett. Im Hintergrund ließ ich aus Beruhigungsgründen einen Horrorfilm laufen. Endlich wieder ein vernünftiger Film mit einem realistischdargestellten Massenmörder in der Hauptrolle, der jeden erledigte, der ihn nervte. Der hatte es gut… auch ich hätte am liebsten ab und zu in Pegasus Nähe zugestochen und wäre dann all diese Probleme losgeworden. Ich nickte ein mitten im Hauptteil des Filmes und träumte von einer Party in Yugis Haus. Am Büffet lagen tote Mäuse, die Bakura in sich hinein schlang. Im Hintergrund tanzen Mai und Joey Walzer. Tristan und Duke standen an der Tür und sangen zu der langsamen Musik, die Tea, die an einem Mikrofon stand, sang. „Seto!“ Ich öffnete langsam die Augen. Das Erste, was ich erkennen konnte, war eine schöne Dunkelheit und meine düstere Zimmerdecke mit dem goldenen Kronleuchter. „SETO!“ Ich blinzelte und erkannte schließlich Mokuba, der an meinem Fußende saß und mich beunruhigt anstarrte. „Mokuba? Was machst du denn hier?“, gähnte ich und warf einen Blick auf meine Uhr. „Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ „Ja 4 Uhr morgens.“ „Eben. Geh wieder ins Bett oder schnarchen deine Kollegen so?“ „Nein.“ Mokuba blickte zu Boden. Offenbar bedrückte ihn etwas. „Was ist denn?“ Langsam wurde ich wacher und ein kleines bisschen Neugier flammte in mir auf. „Da ist jemand in unsere Garage eingebrochen“, stammelte Mokuba, der käseweiß war. „Die ganze Nacht schon ist das Licht an und wir haben einen Schatten gesehen, der da irgendetwas macht. Ich glaube, da klaut jemand. Er macht auf jeden Fall einen schrecklichen Krach.“ Und tatsächlich hörte ich nun auch ein Rumpeln. Ich stand auf und ging zu meiner Terrasse. Tatsächlich. In der Garage brannte das Licht, obwohl ich es beim Verlassen sicher ausgemacht hatte. Jetzt war selbst ich unruhig. Welcher Idiot brach denn um diese gottverdammte Uhrzeit in eine fremde Garage ein? „Was machen wir jetzt?“, hauchte eine weitere Stimme. Ich zuckte zusammen und sah plötzlich, dass es sich auch Mokubas kleine Freunde auf meinem Himmelbett bequem gemacht hatten. Es dauerte etwas bis ich diesen neuen Schock verdaut hatte. Kleine Kinder in meinem Bett!!!!! „Also“, holte mich Mokuba aus meinen Gedanken. „Ja.“ Ich räusperte mich, stand auf und zog mir einen Bademantel über den Pyjama. „Ich werde eben nachsehen, ob da alles in Ordnung ist.“ Ich verließ mein Zimmer und nahm die Treppe hinunter in Richtung Garten. Schritte verfolgten mich und ich drehte mich um und wieder waren es Mokuba und seine Freunde, die hinter mit herschlichen. „Wollt ihr denn gar nicht schlafen?“, hakte ich nach und versuchte nicht aggressiv zu klingen. „Nein, wir wollen mitkommen“, zischte der Junge namens Charly und hüpfte leicht vor Vorfreude auf und ab. „Das ist so spannend. Wie bei Kevin allein zu haus!!! Wir werden zusammen einen Räuber in den Knast bringen!“ Ich warf ihm einen sehr ratlosen Blick zu, aber anscheinend meinte der Junge das ernst. „Ich lasse dich nicht alleine, großer Bruder“, sagte Mokuba bestimmt und Neil und Knox nickten heftig. „Gut, aber ihr bleibt hinter mir und seid leise“, gab ich schließlich entnervt nach. „Ist gut Boss“, nickte Charly und rieb sich vor Begeisterung die Hände. „Ja, Sir, wird gemacht, Sir!“, zischten die Anderen. Wo war ich nur da schon wieder gelandet? Mit was hatte sich denn mein kleiner Bruder dort wieder eingelassen? Dennoch öffnete ich die Tür zum Garten und betrat das nasse Gras. Mit jedem Schritt näherten wir uns der imposanten Garage und plötzlich erinnerte ich mich wieder so ein wenig an die Nacht, in der der ich ohne Schlüssel vor der Tür gestanden hatte und einfach nicht reingekommen war. Nur noch vier Meter vor der Garage entfernt stupste mich plötzlich eine kleine Hand am Rücken und mir wurde etwas in die Hand gedrückt. Ein Baseballschläger. „Nehmen Sie den“, hauchte Knox, der mich ansah wie einen Ritter, der in eine tödliche Schlacht ziehen würde. „Damit besiegen Sie ihn.“ „Ähm…ja“ Ich starrte den Schläger etwas fassungslos an, doch vielleicht hatte der Knirps ja Recht. Ein wenig Sicherheit hatte noch niemandem geschadet. Das Garagentor stand sperrangelweit offen und nun war das Rumpeln noch mehr zu hören. Ich schlich mich in die Garage, doch auf den ersten Blick konnte ich niemanden erkennen. Erst bei genauerer Betrachtung sah ich jemanden, der über meine teure Limosine gebeugt stand und an ihr rumschraubte. Blanker Zorn stieg in mir hoch. Meine Limosine war einer meiner teuersten Schmuckstücke. Ehe dieser unverschämte Typ, der mit dem Rücken zu mir stand, überhaupt reagieren konnte, hatte ich den Schläger gezückt und auf seinen rechten Arm gezielt. Der Fremde schrie überrascht und schmerzerfüllt auf. Dann plötzlich, als er sich krümmend auf den Rücken drehte, erkannte ich die Person. „Roland?“ „Herr Kaiba?“ Roland erhob sich sofort und machte eine hastige Verbeugung, bei der er seine Brille verlor. Peinlich berührt musste er sich jetzt noch mal bücken um sie aufzuheben. „Was zum Teufel machen Sie um diese verfluchte Uhrzeit in meiner Garage?!“, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Auch Mokuba und seine kleinen, nervtötenden Freunde hatten nun den Weg in die Garage gefunden. „Roland? Seto?“ Mokuba schien etwas verwirrt und warf abwechselnd Blicke von mir und wieder zu Roland. „Was geht hier vor?“ „Das wollte ich auch gerade wissen“, sagte ich knapp und sah dann wieder streng zu meinem Bediensteten. „Nun ja….. “, stammelte Roland. „Ich hatte ein schlechtes Gewissen.“ „Geht es genauer?!“ „Ich konnte nicht schlafen wegen der Limosine.“ „Wegen der Limosine?“ „Genau…es ist so….. heute, nachdem ich Mokuba angeholt hatte…ist es etwas…passiert.“ „Was denn?“ „Ein Anderer ist von hinten-“ „NEIN!!!“, schrie ich, da ich nun wusste, was passiert war. Ich raste zu meiner geliebten Limosine und kniete mich neben sie. Ein kleiner, schrecklicher Kratzer zog sich über diese. „Es tut mir so Leid, Mister Kaiba“, stammelte Roland. „Es war irgendein Jugendlicher, der mir mit seinem Motorrad den Wagen gestreift hat.“ „Haben Sie diesen Verrückten denn wenigstens angezeigt?!“, wollte ich wissen und streichelte mein Baby. „Ich…nein…ich meine…“ „Schon gut.“ Ich stand auf und drehte mich zu Mokuba und den Anderen um, die neugierig dem Geschehen gefolgt waren. „Sieht so aus als wäre die Party zu Ende“, sagte ich, nun, nach dem Anblick meiner zerstörten Limosine, total entkräftet. „Geht jetzt ins Bett, Kinder.“ Mokuba und Neil drehten sich sofort um, doch Charly, der sehr enttäuscht von dem Abenteuer schien, musste von seinem Winzfreund, Knox, in die Villa gezerrt werden. Am nächsten Tag saß ich, immer noch mit dem Gedanken an meine geliebte Limosine, verdrießlich in der Straßenbahn, auf dem Weg zum Kino. Draußen regnete es in Strömen und meine Laune steigerte sich nicht gerade bei dem Gedanken, dass ich keinen Schirm dabei hatte. Schon seit einer Viertelstunde saß ich in dieser engen Bahn und betrauerte mich und meine gesamte Situation. Schlimm genug, dass ich mir wahrscheinlich bald ein neues Auto anschaffen musste, da musste ich auch noch mit Yugi und Co ins Kino gehen. Liebesfilm. Ein wenig Furcht flammte bei diesem Gedanken in mir auf. LIEBESFILM!!!! Das war ja schlimmer als die Aussicht auf ein Kaffeetrinken mit Pegasus. Noch drei Bahnstationen bis zum Kino. Ach, könnten es doch nur 30 sein! Nach einer weiteren Viertelstunde Fahrt stieg ich aus der überfüllten Bahn aus und wurde wie erwartet von Kälte und erbarmungslosem Regen begrüßt. Hastig machte ich mich auf dem Weg zum Kino, an dem ich pitschnass ankam. Alle außer Tristan und Duke waren schon da und warteten an der Kasse auf mich. Dafür standen noch zwei weitere Personen da. Mai und Joeys kleine Schwester. Innerlich verdrehte ich schon die Augen, ging allerdings lächelnd auf meine Feinde zu. Schließlich musste ja der Schein bewahrt werden, vor allem nach meinem gestrigen Verquatschter. „Na, Kaiba, wie war denn deine Fahrradtour?“, fragte Tea mit einem gezierten Lächeln, als ich ihr die Hand reichte. „Danke“, sagte ich hastig als mir einfiel, was sie meinte. „Danke, gut soweit. Sehr sonnig.“ „Im Gegensatz zu heute“, sagte Yugi etwas bitter. „Tristan kommt übrigens heute nicht“, kam es von Joey, der an der Kasse stand um schon mal zu bezahlen. „Liegt wohl mit Fieber im Bett.“ „Der Ärmste“, seufzten alle während ich mich fragte, ob Tristan wirklich nur rein zufällig an dem Tag fehlte, an dem wir den Liebesfilm sahen. Duke kam schon zwei Minuten später und sah doppelt so nass aus wie die anderen und selbst ich wirkte ihm gegenüber sehr trocken. Anscheinend war er gelaufen. „Die Sitzaufteilung ist ja doof“, beschwerte sich Joey beim Kassierer als dieser ihm die Karten überreichte. „Hören Sie! Wir wollten eigentlich zusammen in einer Reihe sitzen.“ „Ich kann da nichts für. Heute ist Erstaufführung! Ausverkauft!“ Seufzend drehte Joey sich um. „Und wie wollen wir uns jetzt setzen?“ In diesem Moment schritt Yugis Gerechtigkeitssinn wieder ein. „Ich habe eine Idee“, grinste er. „Wir losen die Plätze.“ „Super Idee, Yugi!“, strahlten alle Anderen wie auf Knopfdruck. „Wir sind 8 Leute. Wir haben einen 3er Platz in Reihe k, da hinter die Reihe gibt es einen Zweierplatz, und davor noch mal einen… einer von uns muss in der ersten Reihe also alleine sitzen.“ In diesem Moment wurde ich hellhörig. Ein Einzelplatz? Ich malte mir diese schöne Vorstellung schon aus…. Weit weg von Yugi und den anderen Flaschen.. alleine und ungestört! Doch diese schöne Fantasie wurde mir sofort genommen als die Losung feststand. Nicht ich, sondern Mai bekam den Einzelplatz. Ich saß stattdessen in der Dreierreihe zwischen Serenity und Tea!!! Vor mir in der Reihe würden Duke und Yugi, hinter mir Joey und Bakura sitzen. Klasse! Wir näherte uns langsam dem Kinosaal und saßen schließlich auf unseren Plätzen, ich zwischen den beiden unreifen Mädels eingesperrt. „Das wird so schön“, sagte Tea, die offenbar dachte, ich wäre an einem Gespräch mit ihr interessiert. „Was für ein Film ist das?“, fragte ich gelangweilt. „Na was schon? Die neue Premiere von Romeo und Julia, du Dummerchen!“, strahlte Tea. „Das stand doch überall in der Zeitung!“ „Ich lese meistens nur den Wirtschafts- und Politikteil“, murrte ich. „Aber ER ist dabei“, kam es von Serenity und plötzlich fingen sie und Tea an wie im Chor genüsslich zu seufzen. Irritiert sah ich sie an. „Wer ist ER?“ „Ach Kaiba, du musst noch eine Menge lernen“, meinte Serenity. „IHN kennt jeder.“ „Eben“, stimmte Tea zu und wieder begannen die beiden Mädels mit einem schrecklichen Seufzanfall, der dann sich zu einem Kichern umwandelte. „Aha…“ Das Licht ging aus und der Vorhang wurde hochgezogen. Endlich oder eher leider begann der Film. Und dieses Mal hätte ich mir lieber die ganze Zeit die billige Werbung angesehen, denn das was jetzt kam, war echt nur die Hölle. Romeo und Julia! Irgendwo hatte ich diesen Namen schon einmal gehört…. Wo war das noch mal? Doch kaum hatte der Film angefangen, war mir das egal. Mir fiel nur ein Wort ein um diesen Film in seiner Art, seiner gesamten Darstellung, seiner Besetzung und vor allem seiner Sprache, zu beschreiben: SCHRECKLICH!!!! Es ging um zwei Verrückte unterschiedlicher, sich hassender Familien, die ganz plötzlich anfingen, sich zu lieben. Wo andere im Kino die Tränen kamen, überflog nur ein langes Gähnen mein Gesicht. Tatsächlich schienen wir die einzigen Jungen in diesem Kino zu sein. Nicht ein erwachsener Mann, kein alter Greis, niemand männliche in unserem Alter, noch nicht mal ein kleiner Junge oder ein männlicher Säugling und ich wusste auch genau wieso. Doch dieses Ma, schien ich wenigstens nicht der einzige Desinteressierte zu sein. Schon nach einer Viertelstunde der puren Schnulzerei, hörte man Joey vernehmlich schnarchen. Er hatte sich dabei nach vorne gelegt und sabberte mir so in den Rücken, was meine ohnehin schon angeschlagene, miese Laune, nicht sonderlich verbessern wollte. Yugi, der direkt vor mir saß und den ich so gut sehen konnte, machte während der gesamten Vorstellung seltsame Gesichter. Mal sah er wie immer kindlich und irgendwie traurig aus, mal jedoch wirkte er erwachsen und gegenüber dem Film und dem gesamten Kino total desorientiert und verwirrt, als er hätte er noch nie ein Kino gesehen. Duke, das konnte ich auch sehen, schickte hunderte SMS, tat aber so, als würde ihn der Film interessieren. Bakuras Schluchzer konnte man noch bis in die letzte Reihe hören. Tea und Serenity schienen sich auf einen Stöhn-, Seufz- und Heulwettbewerb geeinigt zu haben. Bei der „ach so grausamen“ Schlussszene, in der die beiden Hauptcharakter starben, wozu wahrscheinlich auch ER gehörte, da die beiden bis zu dieser Szene nicht aufgehört hatten zu seufzen, schmiegten sich plötzlich beide Mädchen an mich und vergruben ihre tränennassen Gesichter in meine Schultern. Einerseits war ich froh, von diesem Geschnulze abgelenkt zu werden, andererseits stieg Ekel in mir hoch bei dem Gedanken, dass die beiden mich vollrotzen würden… oder eher meinen schönen Mantel. Endlich hatte sich auch Julia mit dem Messer ins Jenseits befördert, sodass es sicherlich nicht mehr lange dauern würde. Schließlich hieß dieses Stück ja auch Romeo und Julia. Und dieser Romeo war ja schon längst abgekratzt. Es folgte also nur noch ein paar, für die Mädchen höchste tränenreiche, Szenen, in denen um die beiden Verstorbenen getrauert wurde, dass mir schon übel wurde, obwohl ich nicht wusste ob das vielleicht daran lag, dass sich Serenity und Tea über meinem Schoß flennend umarmten oder an dem Film. Endlich hatte auch der Letzte getrauert und die Namen der Schauspieler wurden eingeblendet. Trotz dieser Tatsache hielten sich Tea und Serenity immer noch im Arm und machten auch keine Anstalten, sich voneinander zu lösen. Mai kam ebenfalls mit Tränen in den Augen in unsere Sitzreihe. Die anderen Besucher waren wenigstens so vernünftig und verließen das Kino während wir immer noch hier saßen. Duke und Yugi schienen beide eingenickt zu sein, Joey schnarchte eh wie ein betrunkenes Nilpferd und Bakura wischte sich das tränenüberflutete Gesicht ab. Als die 3 Mädchen jedoch bemerkten, dass 3 Jungs eingeschlafen waren, fing der Radau an. „Das ist mal wieder so typisch Jungen!“, schrie Tea. „Kein bisschen sensibel!“ „Genau!“, stimmte Mai zu und rüttelte Duke am Kragen. Jeder der Mädchen packte sich einen Jungen und schüttelte ihn wach. Yugi, Joey und Duke wirkten milde verwirrt bis ihnen offenbar einfiel, wo sie waren. „Endlich vorbei?“, gähnte Joey und traf damit einen Nerv der Mädchen, die sich allesamt vor ihrem Jungen aufbauten und sich auf sie zu stürzen wie Gewitterhexen. „Ja, es ist ENDLICH vorbei!“, kreischte Serenity und warf ihrem Bruder einen furienartigen Blick zu. „Was seid ihr eigentlich für unsensible Mistkerle!“, schrie Mai. „Kein Funken Anstand! Aber Hauptsache in Filmen gibt es Mord- und Totschlag, nicht wahr? Und am besten noch ein paar Außerirdische, die einem das Gehirn raussagen!“ „Warum können Jungen nicht einmal etwas ertragen, was ihnen vielleicht nicht so gefällt wie andere Sachen!“ „Wir sind auch mit in diese Sciencefiction-Scheiße gegangen!“ „Genau!“ Langsam wurde es mir zu ungemütlich. In meiner Haut fühlte ich mich gar nicht wohl… irgendwie fehl am Platz. Langsam sank ich in Richtung Boden, in dem ich nur allzu gerne versinken wollte. „Hört ihr überhaupt zu?!“ „Grobiane!“ „Trottel!!!“ Es wurde immer lauter und es wunderte mich, dass ich noch keine Blitze über den Köpfen der Mädchen sehen konnte. „Warum?!“ „Das ist so peinlich!“ „Nehmt euch mal ein Beispiel an Kaiba und Bakura!“ „Genau!“ „DIE sind NICHT eingeschlafen, sondern haben den Film bis zum Ende gesehen und genossen!“ „Davon kann keine Rede sein“, dachte ich und gähnte leise, aber sagen würde ich das nicht…. Dazu war selbst ich jetzt zu feige. Plötzlich tippte mich eine Hand von hinten an und ich erblickte Bakura. „Lass uns gehen“, nuschelte er und ich nickte heftig, da ich auch keine Lust verspürte, weiterhin hier in Lebensgefahr zu sein. Und gemeinsam schlichen wir auf allen Vieren aus dem Kinosaal… Gott sei Dank ungesehen von den Streitenden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)