Andenken von Brienne_of_Tarth ================================================================================ Kapitel 5: Seeschlacht ---------------------- So... das ist jetz das letzte, bereits fertige Kapitel. Die nächsten muss ich erst noch schreiben, deswegen wird es wohl ab jetzt ein wenig länger dauern, bis ich wieder etwas hochladen werde, aber ich verspreche, mich zu beeilen!^^ Am nächsten Morgen erwachte sie sehr früh. Das Zimmer war nur schwach erhellt von den ersten blassen Sonnenstrahlen, die wohl schon den Weg über den Horizont gefunden hatten. Keira fühlte sich als hätte sie eine durchzechte Nacht hinter sich. Das Schaukeln des Schiffes unterstützte ihr übles Gefühl noch. An Lillys ruhigem Atem konnte sie erkennen, dass das Mädchen noch tief schlief. Beim Versuch über ihre Freundin zu klettern ohne diese zu wecken, stolperte sie und fiel der Länge nach auf den kalten Holzboden, hatte aber dennoch Erfolg – Lilly ließ sich dadurch keineswegs stören. Fluchend rappelte sie sich auf und suchte rasch nach ihren neuen Kleidern. Nachdem sie endlich fündig geworden war, beeilte sie sich die enge Kabine zu verlassen. Keira schloss leise die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen und atmete zuerst einmal tief durch. Dann machte sie sich langsam auf den Weg an Deck. Beinahe wäre sie die Treppe wieder rückwärts hinuntergefallen, als sie vor Shania, die geschäftig an ihr vorbeirannte, zurückweichen musste. Die Mannschaft der Black Pearl schien eine andere Auffassung von „früh“ zu haben als Keira selbst. Die Mädchen waren bereits allesamt auf den Beinen und jede arbeitete an irgendeiner Ecke des großen Schiffes. „Guten Morgen!“, rief Jacky, die als einzige gelassen auf dem Steuerrad saß und den anderen von ihrem Thron aus zusah. „Du kannst gern helfen!“ Keira wusste nicht, was sie entgegnen sollte und versuchte es mit einem schüchternen Lächeln. Jacky sprang von ihrem Platz herunter und kam nun zu ihr herüber. „Ich meine es ernst. Du kannst dich nützlich machen.“ „Und wie?“ Keira war ein wenig skeptisch. Sie hatte nicht die geringste Lust, das Deck zu schrubben oder ähnliches. „Geh zu Patty in die Kombüse. Du kannst meinem Bruderherz sein Frühstück bringen. Sonst muss ich das wieder machen…“ Mit einem Zwinkern wandte sie sich ab, um mit ihrer anstrengenden Arbeit, der Mannschaft Befehle zu erteilen, fortzufahren. Keira spielte nervös mit einer Strähne ihres langen Haares. Warum ausgerechnet das? Schließlich fügte sie sich aber in ihr Schicksal und machte sich auf die Suche nach der Schiffsküche. Glücklicherweise traf sie auf halbem Weg Ayana, die sie bereitwillig hinbrachte. Als sie eintrat, war Patty schwer beschäftigt. Der Raum war erfüllt von den verschiedensten Düften, vollgestopft mit Massen an Gemüse und an der Decke baumelte geräuchertes Fleisch wie Birnen an den Bäumen. „Was ist denn?“, fragte Patty schroff, ohne sich dabei auch nur umzudrehen. Sie war gerade dabei eine riesige Schüssel Karotten in mundgerechte Stücke zu verwandeln. „Ich… ich soll dem Captain sein Frühstück…“, begann Keira, konnte ihren Satz jedoch nicht einmal beenden, bevor die junge Köchin ihr schon dazwischenredete. „Da drüben!“ Sie fuchtelte zu einem kleinen Tisch hinüber. Ohne sie noch ein weiteres Mal zu stören nahm Keira das silberne Tablett und verließ das Zimmer. Jacks Kabine würde sie zweifellos alleine wiederfinden. Rasch machte sie sich auf den Weg zu ihm. Als sie angekommen war, klopfte sie kurz an die schwere, dunkle Eichentür. „Komm rein.“, hörte sie von der anderen Seite sein tiefe Stimme. Sie tat wie ihr geheißen und sah ihn, mit entblößtem Oberkörper, in den weißen Tüchern liegen. Er betrachtete aufmerksam einen Gegenstand, den er zwischen seinen Händen hielt. Dann stahl sich ein Grinsen auf seine Züge. „Na, welche meiner Schönheiten bedient mich heute?“ Keira räusperte sich. Langsam begriff sie, weshalb Jack Sparrows Crew nur aus Frauen bestand. Er streckte eine Hand nach ihr aus und winkte sie zu sich. Sie schluckte, trat aber mit pochendem Herzen näher, um dann eilig das Tablett auf der kleinen Kommode neben seinem Bett abzustellen. Ehe sie sich jedoch auch nur hätte umdrehen können, umfasste er ihre Oberschenkel mit seinem Arm und sah sie nun zum ersten Mal, seitdem sie gekommen war, überhaupt an. Für einen kurzen Moment blickten sie einander in die Augen, keiner bewegte sich, niemand sprach, aber das Lächeln war von seinem Gesicht verschwunden. Dann versuchte Keira endlich, sich aus seinem Griff zu lösen, doch er hielt sie zu fest. „Würdet Ihr mich bitte loslassen?!“, sagte sie wütend. Immer noch schwieg er. Nach einer Weile ließ er dennoch von ihr ab, schlug die Decke zurück und sprang hoch. Keira drehte sich nicht einmal weg, als sie bemerkte, dass er völlig nackt war. Sie wusste nicht, wozu das gut gewesen wäre. Immerhin hatten sie einander schon einmal so gesehen… Und ihn schien es ja offensichtlich auch nicht besonders zu stören, sich ihr so zu zeigen. Wortlos suchte er in den Weiten des Zimmers nach brauchbarer Kleidung. Ein wenig verlegen machte sie dieser Anblick allerdings doch, was er trotz seines scheinbaren Desinteresses an ihrer Anwesenheit nicht übersah: Als er sich umdrehte blitzte für einen Augenblick wieder sein erfreutes Grinsen auf. „Du musst mich für einen schrecklichen Mann halten, was?“, sagte er schließlich mit belustigter Miene. Keira sagte nichts. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. „Weißt du was“, fuhr er fort, „Du hast vollkommen Recht! Aber was soll ich machen? So bin ich eben! Und eigentlich fühle ich mich ganz wohl so!“ Damit verließ er, jetzt endlich fertig angezogen, die Kabine. Was war denn das gewesen? Hatte er sich soeben vor ihr gerechtfertigt? So etwas hätte sie ihm gar nicht zugetraut… Ihr Blick fiel auf das nicht angerührte Frühstück. Neben dem Tablett stand eine Vase mit verwelkten Blumen. Mit einem Lächeln auf den Lippen pflückte Keira eine kleine Blüte, die vielleicht einst wunderschön blau gewesen war, welche sie in den seltsamen Brei – Was war das eigentlich? – legte; den hässlichen Strauß nahm sie mit und warf in kurzerhand über Bord. Lilly war gerade dabei sich mühsam aus ihrem Bett zu erheben, als Keira zurückkam. Sie hatte es sorgsam vermieden noch einmal Jackys Weg zu kreuzen, denn wer wusste schon, was sich dieses verrückte Mädchen noch einfallen ließ um sie herumzuschikanieren? „Wo warst du denn?“, wollte Lilly wissen, während sie sich ankleidete. „Ach, ich habe nur Jackys Befehle ausgeführt.“ „Sie erteilt dir Befehle? Ich dachte, dieser Jack sei der Captain!“ „Ja, das dachte ich eigentlich auch. Aber anscheinend hält sie sich für sowas wie seine Vertreterin, und er war noch nicht an Deck.“ Sie musste wieder an Jacks Worte denken und fragte sich dabei, was er ihr damit wohl hatte sagen wollen. „Er ist ein furchtbarer Kerl!“, ergänzte sie schließlich. „Wahrscheinlich schläft er sogar mit seiner Schwester…“ Lilly wandte sich zu ihr um. „Woher willst du das denn wissen?“ „Keine Ahnung“, entgegnete Keira schulterzuckend. „Denke ich mir halt.“ Ein lauter Knall ließ die Mädchen erschrocken hochfahren. Kurz darauf begann die Black Pearl enorm zu schwanken. Keira ergriff Lillys Hand und zog sie mit sich nach draußen und weiter an Deck. Die Besatzung war in hellem Aufruhr. Die Piraten rannten wie wild durcheinander, Kanonenkugeln wurden geschleppt, Jack brüllte Befehle, denen sich diesmal sogar Jacky fügte. Patty hatte ihre Küche verlassen und hatte sich hinter einem der Geschosse postiert. Mit fachmännischen Griffen versuchte sie die Kanone in die richtige Position zu bringen. Plötzlich packte Lilly sie am Ärmel, deutete aufgeregt nach Süden und zeigte Keira damit die Ursache für diesen unglaublichen Tumult. Ein paar hundert Meter von ihrem Schiff entfernt entdeckte sie ein weiteres, fast ebenso groß wie ihr eigenes. Sie drehte sich zu Jack um. Sein Gesicht war angespannt, der Ausdruck darauf sprühte vor grimmiger Entschlossenheit. Als sein Blick sie streifte, leuchteten seine Augen, was immer das momentan zu bedeuten hatte. Keira sah wieder auf das Meer hinaus. Auch auf dem gegnerischen Schiff herrschte rege Betriebsamkeit. „Verschwindet unter Deck!“, hörte sie Jack rufen, und als sie sich zu ihm umwandte, stellte sie fest, dass er mit Lilly und ihr sprach. „Sofort!“ Keira dachte allerdings nicht im geringsten daran, seiner Aufforderung zu folgen. Sie wollte hier oben dabei sein, sehen was geschah und notfalls auch helfen. Jedoch musste sie rasch erkennen, wie fehl am Platze sie hier war. Die schwer beschäftigten Piraten rannten sie regelrecht über den Haufen. Kurz entschlossen lief sie zu Mika hinüber, die sich gerade mit einem schweren Tau abmühte. Keira packte schnell mit an, bevor sich das Seil über die Reling davonmachen konnte. Mit aller Kraft zogen die beiden Mädchen das Segel in eine andere Position, dann wurde es von Mika mit einem geschickten Knoten befestigt; Sie nickte Keira nur kurz zu und war auch schon wieder verschwunden. Keira wurde unsanft von den Füßen gerissen als die erste Kugel die Flanke der Black Pearl traf. Sie rutschte ein Stück über die rauen Dielen, bevor sie auf der gegenüberliegenden Seite schwer mit einem Beiboot zusammenstieß. Ihr Kopf schmerzte ebenso wie jeder einzelne verfluchte Knochen in ihrem Körper. Doch endlich wurde das Feuer ihrer Gegner erwidert. Jack ließ die Kanonen laden und begann somit seinen eigenen Angriff. Keira entging jedoch nicht die Besorgnis in seinen Augen. Sein Schiff war bereits beschädigt worden. Tapfer rappelte sie sich wieder hoch, um Jacky, die mit beinahe noch grimmigerer Miene als ihr Bruder alleine an der größten Waffe der Black Pearl saß, Gesellschaft zu leisten. Die Piratin drückte ihr die Lunte und eine Packung Streichhölzer in die Hand, während sie selbst mit Kugeln und Schießpulver nachlud. Erneut schüttelte ein gewaltiger Knall das große Schiff, aber diesmal klammerte sich Keira an der Kanone fest, um nicht wieder in den Genuss einer Rutschpartie zu kommen. Allerdings begann sie sich eher darum zu sorgen, wie lange sie wohl noch mit trockenen Füßen hier hocken würden. Und wo war eigentlich Lilly abgeblieben? Sie sah sich kurz nach ihr um, konnte sie jedoch nicht sofort finden und gab es somit auch gleich wieder auf. Im Moment hatte sie wichtigere Dinge zu tun und ihre Freundin würde in der Zwischenzeit schon alleine zurecht kommen. Keira machte sich daran, die ihr aufgetragene Arbeit so gut sie konnte zu erledigen. Kanonenabfeuern gehörte nicht gerade zu ihren gewöhnlichen, täglichen Aufgaben. Trotzdem blieb ihr hier und jetzt keine andere Wahl. Sie hoffte nur, sie würde nicht später die Gelegenheit bekommen, zu sehen, was die Waffen auf dem feindlichen Schiff angerichtet hatten. „Feuer!“, brüllte Jack nun schon um wiederholten Mal. Noch immer war nicht absehbar, wer letztendlich als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen würde. Der Gegner war unerbittlich, schoss mit ebenso schweren Geschützen wie sie selbst und kam dabei immer näher. „Holt die Enterhaken!“, befahl der Captain schließlich. Er wollte den unausweichlichen Mann-Gegen-Mann-Kampf nicht auf der Black Pearl austragen lassen, soviel stand fest. „Das ist die Bloody Mary!“ Ein Raunen ging durch die aufgewühlten Reihen, doch es wurde auch deutlich, dass einige der Frauen es ohnehin schon vermutet hatten. „Aber keine Sorge! Diesmal…“ Der Rest seiner kleinen Rede ging im Tosen der Schlacht unter, als die etwas kleinere Bloody Mary mit einem Knall gegen die majestätische Black Pearl krachte. Jack Sparrows Piratinnen verfielen in barbarisches Kampfgeschrei, schwangen die schweren Haken hoch über ihren Köpfen und beförderten sie hinüber auf das andere Schiff. Dann sprangen sie auf Jacks Befehl hin an den Tauen hinüber zu ihren Feinden. Sie zückten die Schwerter, doch bevor das Klirren von Metall ertönte, wurde die durchdringende Stimme einer Frau hörbar. Sie hing in der Takelage der Bloody Mary, von wo aus sie das gesamte Geschehen beobachten konnte, und verlangte nachdrücklich nach Ruhe. Zu Keiras großem Erstaunen verstummten die Mannschaften beinahe auf der Stelle. Die Piratin glitt an einem Seil von ihrem hohen Sitz herunter und bahnte sich gekonnt einen Weg durch die aufgebrachten Reihen. „Jack!“, brüllte sie und machte keinen Hehl darum, dass sie nicht gerade besonders gut auf ihn zu sprechen war. Von hinten gesellte sich eine weitere Frau zu ihr. Keira versuchte von der Reling aus, einen besseren Blick auf das Geschehen zu erlangen. Als sie endlich etwas sehen konnte, wäre ihr beim Anblick der zwei jungen Mädchen beinahe das Herz stehen geblieben. Kein Zweifel! Das mussten Kiran und Lilian sein. Es war, als blickte sie in ihr Spiegelbild – und in das Lillys dazu. Dieses Bild war noch gruseliger als alles zuvor, was sie bisher hier erlebt hatte. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie plötzlich wieder die Stimme vernahm. „Du bist ein verfluchter Feigling! Schickst deine dressierten Schlampen hier herüber und versteckst dich in deiner Kajüte – Komm raus, du Mistkerl!“ Kirans Stimme war immer lauter geworden, hatte fast vor Wut gezittert. Ihre Schimpfarie ging noch weiter, aber Keira hörte nicht mehr zu. Sie bemerkte Jack zu ihrer Rechten auf dem Geländer der Black Pearl. Er hatte die Beine leicht gespreizt und stemmte die Hände in die Hüften. Lilian hatte ihn bereits entdeckt und stieß ihre Kumpanin grob in die Seite. Diese verstummte augenblicklich als sie ihn sah. „Was willst du? Bist du gekommen, um mich zu beschimpfen?“, rief der Captain. „Willst du kämpfen oder mit mir reden?“ Man konnte sehen, dass Kiran sich sehr zusammennehmen musste, um nicht einfach auf ihn loszugehen. „Du kennst den Grund!“, schrie sie nur. Jacks Crew beäugte ihre Gegner argwöhnisch. Keira hätte nur zu gerne gewusst, worum es ging… Sie spürte auf einmal einen Arm um ihre Taille. Erschrocken drehte sie sich um, atmete dann jedoch erleichtert auf, als sie Lilly erkannte und griff nach ihrer Hand. „Kiran…“ Jack schüttelte lächelnd den Kopf. „Du langweilst mich! Fällt dir nichts neues ein? Oder wird es dir nicht endlich mal zu dumm, mir ständig hinterher zu laufen? Hast du nichts besseres zu tun?“ Keine Frage, er wollte sie reizen und mit ihrer Reaktion tat sie genau das, was er beabsichtigt hatte. Kiran stürmte los, riss Ivy ihr Seil aus der Hand und beförderte sich mit einem Satz auf die Black Pearl. Sie landete neben ihm auf der Reling, ihr eisiger Blick bohrte sich in seine Augen. Keira konnte nur hoffen, dass sie nicht entdeckt wurde, denn wer wusste schon, wie diese teuflische Frau reagieren würde, stünde sie auf einmal ihrem Ebenbild gegenüber. Jack sah sie nur spöttisch an. „Was willst du?“ Seine Frage ließ keinen Zweifel daran, dass er die Antwort bereits kannte und sie nur zu seinem Vergnügen überhaupt stellte. Er wollte Kiran provozieren – und sie ging bereitwillig darauf ein. „Du weißt ganz genau, was ich will!“, flüsterte sie bösartig. „Gib mir mein Schiff zurück oder wir versenken es!“ Ein lautes Lachen schallte über das Meer, als Jack ihr antwortete. „Dein Schiff? Wie kommst du darauf, dass ich dir mein Schiff so einfach geben werde? Und außerdem: Was nützt dir die Pearl noch, wenn sie auf dem Grund des Ozeans liegt und vor sich hinmodert?“ Er machte eine kurze Pause. „Oh nein, Kiran! Du bekommst sie nicht! Und du weißt auch, dass du es mit Waffengewalt niemals schaffen wirst! Du magst Männer in deiner Mannschaft haben, doch die sind absolute Versager im Vergleich zu meinen Mädchen! Und jetzt verschwinde, ich habe wichtigeres zu tun.“ Er drehte sich um und sprang von dem Geländer. „Bleib sofort stehen! So einfach ist das nicht, Jack!“ Kiran riss ein Messer aus ihrem Gürtel und stürmte auf ihn los, noch ehe er sich vollständig umgewandt hatte. Doch sie kam kaum einen halben Meter an ihn heran. Er fing ihre zierliche Faust gekonnt ab und drückte ihr Handgelenk bis sie vor Schmerz das Gesicht verzog. Erst nach einer Weile stieß er sie grob von sich, ihre Gegenwehr war verschwunden. Rasend über diese Demütigung rauschte sie davon und zurück auf die Bloody Mary. „Mädchen, wir fahren weiter!“ Während die Crew die Black Pearl wieder bevölkerte, beobachtete Keira ihre Doppelgängerin. Langsam setzte sich das Schiff wieder in Bewegung. Keira hätte nicht geglaubt, dass diese Begegnung so glimpflich ablaufen würde, aber sie war eigentlich ganz froh darüber… Es waren ihre eigenen Augen, die sie jetzt anstarrten, hundert mal kälter, als sie selbst je schauen könnte. Mit Entsetzen und neuerlicher Wut begegnete Kiran ihrem Blick, sah sie an mit der Gewissheit, ihrem Tod davonzufahren… Keira drehte sich weg. Das hätte nicht passieren dürfen! Sie wusste nicht recht, wieso, aber sie bezweifelte, dass es gut war, dass Kiran sie gesehen hatte. Jacks verzerrte Miene bestätigte ihren Verdacht. Er hatte es mitbekommen. „Meint ihr nicht, ihr solltet uns langsam mal erklären, was es mit diesen Damen auf sich hat?“, hörte sie Lilly fragen. Sie sprach mit Ayana und Mika und ihr Ton klang aufgebracht, was bei ihr normalerweise eher selten vorkam. Keira wusste, sie hätte sie beruhigen können – ihre Freundin war sicher nur genauso verwirrt wie sie selbst –, doch sie hatte im Moment nicht die geringste Lust auf eine Auseinandersetzung. Allerdings hatte Lilly nicht ganz Unrecht. Auch Keira hätte gerne erfahren, was hier vor sich ging. Sie meinte sogar sagen zu können, wer ihr all ihre Fragen beantworten konnte… Sie erinnerte sich, was sie am Abend zuvor zu ihm gesagt hatte. Fast bereute sie es, nachdem sie den Streit und die feindliche Begegnung mit Kiran mitbekommen hatte. „Jack!“ Ivy kam aufgeregt angerannt. „Jack, das Schiff ist stark beschädigt! Wenn wir nicht schnell irgendwo Ersatzteile herbekommen, um es zu reparieren, dann fürchte ich, dass wir bald unter Wasser weiterfahren werden…“ Jack sah einen Moment lang nachdenklich in die Ferne, bevor er sich fluchend wieder abwandte. „Und wie stellst du dir das vor? Der nächste Hafen, den wir anlaufen könnten, ist der von Roseau…!“ Betretenes Schweigen breitete sich unter der Crew aus. Nach einer Weile meldete sich Jacky lautstark und eifrig zu Wort: „Aber Bruderherz, das ist doch überhaupt kein Problem – wir schicken einfach die beiden seltsamen Mädchen. Die haben ja sonst ohnehin nichts zu tun, und sie sollten sich, wie ich finde, sowieso mal nützlich und durchaus auch dankbar erweisen!“ Sie schickte noch ein bekräftigendes Nicken hinterher. Keira schreckte abrupt aus ihren Gedanken hoch. Ungläubig sah sie zu der Piratin hinüber. „Worum geht es eigentlich? Wofür wollt ihr uns benutzen?“ Jack rollte unwillig die Augen. Anscheinend schien sie ihn mit ihrem Misstrauen zu nerven, doch es war ihr egal. Sie suchte Lillys Blick. Shania kam nun auf sie zu und legte ihr besänftigend den Arm um die Schultern. „Also passt auf.“, begann sie ruhig. „ Das Schiff ist ziemlich kaputt, aber die Stadt, die uns am nächsten ist, wird uns auf gar keinen Fall anlegen lassen, geschweige denn, uns irgendwelche Waren verkaufen, die aber für die Reparatur der Black Pearl unerlässlich sind.“ „Und aus welchem Grund könnt ihr diese Stadt nicht besuchen?“, fragte Lilly, obwohl sie sich die Antwort eigentlich schon denken konnte. Jacky lachte laut und boshaft auf. Mit einer gewissen Überlegenheit und Genugtuung in der Stimme prahlte sie alsdann mit ihren meisterhaften Raubzügen durch Roseau. Nur leider hatte der Gouverneur des Ortes mitbekommen, wer ihn da bestohlen hatte… „Tja, und so droht uns nun der Tod, sollten wir je wieder auch nur in die Nähe dieser Insel kommen.“, endete die Schwester des Captains ihren Bericht. Sonderlich überrascht war Keira nicht. Immerhin war sie hier unter Piraten, was sie zwar zeitweise vergaß, aber ihr durch solche Erzählungen wieder überdeutlich bewusst wurde. „Und jetzt wollt ihr, dass wir für euch einkaufen gehen, habe ich das richtig verstanden?“ „Bravo, du bist aber intelligent… Worüber sprechen wir eigentlich die ganze Zeit?“, meinte Sarina höhnisch und kletterte dann in die Takelage um die Segel zu hissen. „Also, werdet ihr es tun oder nicht?“ Jack trat dicht vor die beiden Mädchen und sah sie durchdringend an. Bevor Keira auch nur noch einmal darüber nachdenken konnte, hatte Lilly bereits entschlossen genickt. Der Captain entfernte sich ohne ein weiteres Wort und brüllte der nun wieder schwer beschäftigten Mannschaft Befehle zu. Keira hatte keine Ahnung von Schiffen, doch sie hoffte, dass sie es noch bis zu diesem ominösen Hafen schaffen würden. Plötzlich fiel ihr etwas ein. Rasch lief sie zu Ayana hinüber, die zufällig gerade in Reichweite stand und bat sie, ihr die Waffenkammer zu zeigen, falls es so etwas gäbe. „Was willst du?“ Sie blickte ein wenig nervös um sich. „Das wird dem Captain nicht gefallen…“ „Wenn ihr uns schon alleine in diese Stadt schicken wollt, dann bestehe ich darauf!“ Ayana seufzte, während Lilly ihre Freundin ein wenig erstaunt musterte. „Na schön, kommt mit. Aber passt bitte auf, dass Jack euch nicht mit den Dingern sieht.“ Sie führte die beiden unter Deck, ein paar Gänge entlang und, wie es Keira schien, bis ganz nach unten in den Bauch der Black Pearl. Als sie vor einer kleinen morschen Tür angekommen waren, zog Ayana einen Schlüsselbund aus ihren Kleidern hervor und suchte nach dem für das alte Schloss passenden. Es dauerte eine Weile, bis sie ihn gefunden hatte und Keira war gerade dabei sowohl ihre Geduld als auch die Hoffnung, dass sie jemals dort hinein kämen, zu verlieren. „Bitte sehr.“ Die Piratin öffnete ihnen die Tür und ging dann eilig wieder davon. Lilly sah ihr kopfschüttelnd nach. „Was für ein Feigling…“ Aber Keira hörte ihr gar nicht mehr zu. Ihre Augen waren groß und leuchteten selig beim Anblick, der sich ihr hier bot. Der Raum war nicht groß, doch er war angefüllt mit den prachtvollsten Waffen, die das Mädchen je gesehen hatte – nicht dass es schon so viele gewesen wären… Auf einen mit dunkelrotem Samt bezogenen Sofa lagen lange, stählerne Schwerter, die im blassen Licht, welches durch die Ritzen der Schiffswand drang, herrlich glänzten. Die Hefte waren teils ganz einfach mit schwarzem Tuch umwickelt und teils prunkvoll verziert mit Gold, Silber und funkelnden Edelsteinen. Unter den Klingen lagen einige Scheiden aus dunklen, hartem Leder, deren Äußeres man aber so nicht genau erkennen konnte. In einer anderen Ecke stapelten sich am Boden eine ganze Menge Dolche, die ebenfalls von einfachen Bauernstücken bis zu Königsgütern reichten. Auch einige Pistolen konnte Keira entdecken, die sie sich aber nur flüchtig ansah. Sogar zwei kunstvoll geschnitzte Bögen hingen an der Wand, und daneben in einem Köcher etwa fünfzig zugehörige Pfeile. Sie fragte sich, woher die Mannschaft diese letzten Schätze wohl hatte, denn Bogenschießen gehörte, wie sie zu wissen glaubte, nicht gerade zu Grunddisziplin der Karibikbewohner. Eine kühle Hand legte sich von hinten auf Keiras Schulter und riss sie somit aus ihrem Staunen. Lilly lächelte sie an, wohlwissend, wie sehr sie solche Dinge liebte. Keira trat ehrfurchtsvoll ein wenig näher an die Schwerter heran und kniete sich dann davor nieder. Behutsam nahm sie sich jedes einzeln vor, betrachtete sie alle eingehend. Ihr Herz verlor sie schließlich an einen europäisch anmutenden Säbel. Die Klinge war oben etwa zehn Zentimeter dick und verjüngte sich dann in einem leichten, langen Bogen zu einer feinen Spitze. Der Stahl glänzte beinahe wie Silber. Zum Schutz der Hand bei gegnerischen Hieben waren zur Klinge hin geschwungene, breite Metallblätter angebracht. Der Griff war aus dem gleichen Material wie der Rest des Schwertes, umwickelt mit schwarzem Wildleder und umrankt von einem dünnen Faden aus purem Gold, der in dem tropfenförmigen Knauf verschwand. Sie suchte sich dazu noch eine schwarze, einfache Scheide und einen ebensolchen Gürtel aus und präsentierte ihren Fund dann stolz und überglücklich ihrer Freundin. Auch Lilly hatte sich mittlerweile bewaffnet. Sie hatte sich für einen der Bögen entschieden – die Pfeile hatte sie alle genommen. „Ein Schwert… Lilly, ich hab ein Schwert!“, rief Keira immer noch sehr aufgeregt. „Du wirst dich nicht mehr so freuen, wenn du es benutzen musst.“, entgegnete Lilly nur kühl. Die Andere senkte betreten den Kopf. Dieses Mädchen konnte einem wirklich jeden Spaß verderben! „Lass uns gehen.“, sagte sie missmutig und verließ mit einem letzten, wehmütigen Blick das Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)