Brennendes Wasser von Sennyo (Engel der vergessenen Zeit) ================================================================================ Kapitel 17: Engel der vergessenen Zeit - 17 ------------------------------------------- Dichter Nebel umhüllte ihn, nahm ihm die Sicht auf seine Opfer und weckte gleichzeitig ein unbändiges Verlangen in ihm. Er hatte sie gespürt, die Macht, die ihm gehörte, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Seine Gier nach ihr war größer, als je zuvor. Höhnisches Gelächter war alles, was er für die völlig abwesend wirkende Lydia übrig hatte, nun waren es nur noch zwei Personen, die ihm gefährlich werden konnten, eine von ihnen war am Boden zerstört, und die andere hatte er schon einmal besiegt. Die Wendung, die er erhofft hatte, war viel schneller eingetreten, als er es für möglich gehalten hatte. All das, ohne dass er sich großartig die Finger hatte beschmutzen müssen. Das Wasser stand ihm bis zu den Knien, schwappte noch immer im Turmzimmer umher, es war ihm lästig, doch wirklich beeinträchtigen konnte es ihn nicht. Was kümmerte es ihn, mit welchem Element die Frauen angriffen? Letztendlich würde er sie alle besiegen. Lenyas ach so heldenhaftes Opfer kam ihm sehr zu Gute. Einen Gegner weniger und noch dazu hatte sie die Lichtfesseln geschmolzen, die ihn zum Stillhalten gezwungen hatten. Nun war er wieder frei, frei um endlich handeln zu können. Er lachte weiter, trat durch den Nebel auf Lydia zu. Er beugte sich zu ihr herunter, griff in ihr volles Haar, zog kräftig daran. Lydia ließ es geschehen. Er sah sie finster grinsend an, ihr Zustand gefiel ihm, er mochte ihre Verzweiflung, die Leere in ihr. Lydia reagierte nicht. Was auch immer er tun wollte, Lydia konnte oder wollte es nicht verhindern, sie wehrte sich nicht gegen ihn, ja beachtete ihn überhaupt nicht. Doch nicht nur die verzweifelte Wächterin stand dem Teufel gegenüber, die Wassergöttin Xilia fixierte ihn die gesamte Zeit über mit einem Blick, den man ihr, trotz all des Hasses, der ihn ihr schlummerte, nicht zugetraut hätte. Er war absolut tödlich, ohne jede Gnade. Das Mädchen in den Tod zu schicken, das ihr die Freiheit wiedergegeben hatte.. Es lag nicht im Sinne einer Göttin auf eine solch grausame Weise ihre Dankbarkeit zu zeigen, insbesondere da sie es vorausgesehen hatte, ohne etwas verhindern zu können. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete sie Lydia, schüttelte bedauernd den Kopf. Es war an der Zeit, ihren gemeinsamen Gegner endlich zu beseitigen. Hinterhältig grinsend trat sie auf ihn zu, schenkte ihm ihr boshaftestes Lächeln und legte ihre Hände über seine Schultern. Sofort bohrten sich ihre Finger in seine Haut, ganz so, wie sie auch Lydia verletzt hatten. Er ließ das Mädchen sofort fallen, die Wächterin fiel ins Wasser, blieb stumm dort liegen, wo sie aufkam. Das Gift in Xilias Nägeln kümmerte ihn kaum, belustigt sah er sie an, ihr Hass auf ihn wirkte gerade zu lächerlich, peinlich. Dass eine Göttin so tief hatte sinken können.. Es war gerade zu erbärmlich, wie sie ihn immer wieder unterschätzte, genau wie vor so vielen Jahren. Es war alles so wie damals. Xilia sah dies ein wenig anders, für sie hatte sich einiges geändert, die Entschlossenheit, die sie nun an den Tag legte, hätte sie in einer anderen Situation selbst überrascht. Doch die Zeit in der Amphore hatte tiefe Spuren hinterlassen, die Göttin war zwar gefangen gewesen, jedoch daran gewachsen. Eine bessere Schule hatte sie nie erfahren, und nun da sie ihrem Feind erneut gegenüberstand, war sie reifer als je zuvor. Der dichte Nebel, der noch immer wie dunkle Wolken über das Wasser kroch und alles in sich verbarg, bot Xilia alles, was sie brauchte. Sie wusste, ihre Giftnägel konnten ihm nichts anhaben, schließlich hatte sie ihn schon einmal damit angegriffen, als Ablenkung jedoch waren sie äußerst vielseitig und erfolgreich. Denn er wusste nicht, dass sie daraus gelernt hatte, glaubte in all ihrem Gram würde sie ihre Fehler wiederholen. Es war ihre Gelegenheit ihm zu zeigen, was es hieß, eine Göttin zu unterschätzen. Leise lächelnd schaute sie ihm direkt in die Augen, es war völlig klar, dass er in ihr keine Gefahr sah, und eben dieses war ihr größter Vorteil. Sein herablassender Blick motivierte sie, weckte den Drang ihn zu demütigen, genau wie er es einst mit ihr getan hatte. Eisiger Wind drang in das Turmzimmer, fegte über das Wasser und wirbelte durch den Nebel. Die Temperaturen fielen im Sekundentakt, ließen die letzten Flammen erlöschen. Jede Art von Wärme verschwand, als hätte es sie niemals gegeben. Knisternd und schillernd bildeten sich Kristalle im Nebel, spitz wie tausend Nadeln. Und jede einzelne von ihnen zeigte nun auf ihn, spiegelte all den Hass wider, den die Göttin in all der Zeit aufgebaut hatte. Spielerisch tanzte sie um ihn herum, tanzte kontrolliert und mit Bedacht, tanzte wie noch nie zuvor. Die Kristalle flogen wie Geschosse aus dem Nebel auf ihn zu, unvorhergesehen, leise, zielsicher. Tanzend wich Xilia ihnen aus, hüllte sich in den Nebel, lachte. Nun endlich war ihre Zeit gekommen, die Zeit, da sie handeln konnte. Die Eiskristalle trafen und verletzten ihn, er hatte sie nicht kommen sehen. Sie hatten ihn überrascht, während er noch das Gift der Schutzgöttin neutralisierte, drangen tief in sein Fleisch ein. Voller Hohn klang nun ihr Gelächter, doch trotz allem war es nichts weiter als Eis. Ihm machte die Kälte nicht zu schaffen, wohl aber Lydia, die, in sich zusammenkauernd, noch immer am Boden lag, wie in einer Pfütze aus verzaubertem Wasser. Zitternd kniff sie die Augen zusammen, wollte sich weigern, die Realität noch weiter wahrzunehmen, wollte einfach alles vergessen und verschwinden, doch sie konnte es nicht, konnte sich nicht einmal gegen die eisigen Temperaturen wehren. Sie, die sie die Heilige Flamme noch immer bewachte, und das Feuer zu kontrollieren vermochte, war der Kälte kraftlos ausgeliefert. Xilias Eis griff ihn weiter an, die Nadeln trafen ihn noch immer und noch immer tanzte sie, doch wie lästige Insekten wischte er sich das gefrorene Wasser von der Haut. Die Verletzungen störten ihn nicht, er hatte schon unzählige Narben davongetragen, niemals hatte er sich um sie gekümmert, niemals hatten sie ihn behindert. Unzählige Kämpfe hatte er schon geführt, doch dass dabei auch sein Blut geflossen war, darum ging es nicht. Schmerzen hatte er in seinem langen Leben keine Beachtung geschenkt und auch kaum gespürt. Er drehte sich um, sein Blick traf Xilia und strafte sie mit Hohn und Verachtung. Er lachte, übertönte sie damit, wischte wieder Eiskristalle weg, als wären sie nicht mehr als Tropfen. „Ist das alles?“, fragte er gehässig, „Hast du nicht mehr zu bieten?“ War es Langeweile? Seine Gegner stellten für ihn keine Gefahr dar, so hatte er an ihrer Demütigung keinen Spaß. Die Wächterinnen hatte er so gut wie besiegt und die kläglichen Versuche der Göttin waren gerade zu lachhaft. Er verschwendete mit ihr lediglich Zeit. Zeit, die er anders zu nutzen wusste. Er musste Lydia die Macht abnehmen, die ihm gehörte. Eine geheime Magie, die das Tor zum Paradies erneut würde öffnen können, und deren Flammen Verwüstung und Zerstörung zu bringen wussten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)