Festhalten von maykei (if all wishes could come true) ================================================================================ Kapitel 100: Part 100 - How to disappear ---------------------------------------- Part 100 – How to disappear That there That's not me I go Where I please I walk through walls I float down the Liffey I'm not here This isn't happening I'm not here I'm not here In a little while I'll be gone The moment's already passed Yeah it's gone And I'm not here This isn't happening I'm not here I'm not here Strobe lights and blown speakers Fireworks and hurricanes I'm not here This isn't happening I'm not here I'm not here ~~~~~~~~~~~ Radiohead – How to Disappear ~~~~~~~~~~~~ Im Nachhinein schien alles wie ein ferner Traum. Noch hinzu brachte Fye allmählich die Dinge durcheinander. Drei Tage war "es" nun her und im Palast herrschte hartnäckiges Schweigen, unausgesprochen hatte man sich darauf geeinigt. Es gab wohl im ganzen Palast niemanden, den der Tod der Prinzessin von Japan nicht berührte und der ganze Schnee, der mittlerweile Zentimeterhoch lag, erinnerte stets daran. Die Menschen in ihrer weißen Trauerkleidung waren fast unsichtbar darin und da sie keine Geräusche machten, nur flüsternd sprachen und wie gelähmt schienen, wirkten sie wie Geister. Müde schloss Fye die Augen und atmete tief die eiskalte Luft ein. Am Morgen war etwas Bewegung in die Starre gekommen, als die Schwester Tomoyos und eigentliche Herrscherin Japans Amaterasu im Palast angekommen war und Kurogane musste ihr auch schon Bericht erstatten. Fye wusste nicht, wie es gelaufen war, aber das Schweigen zwischen ihnen war danach nur noch tiefer und eisiger geworden. Dabei lag es diesmal nicht daran, dass sie gestritten hätten, sondern dass niemand etwas sagen konnte, weil es nichts gab, was nicht angesichts Tomoyos Tod lächerlich geklungen hätte. Über allem lag die Bedrohung der anrückenden Armeen. Boten hatten berichtet, dass die Vampirarmee noch etwa drei Tagesreisen vom Palast entfernt sei und durch den Schnee Probleme hatten vorwärts zu kommen. Die ceresianische Armee lagerte noch in der Nähe desselben Waldes wie nach seinem Ausbruch und hatten dort ein Großlager aufgeschlagen. Wie eine dicke fette Spinne, die genau wusste, dass ihre Beute nicht entkommen würde. Fye wusste das durch Magie, denn die japanischen Späher kamen nie von ihren Missionen zurück. Doch der Krieg wurde im Palast gerade ausgeblendet, es gab nur ein geringes Maß an dem, was man gleichzeitig ertragen konnte und die Vorbereitungen für die Beerdigungen liefen auf Hochtouren. Ein Trauerzug würde vom Palast durch die Hauptstadt stattfinden und dann bei den Tempeln hinter dem Palast zum Ende kommen. Die Kinder und Chi hatten sich schon vor dem Palast unter die riesige Menschenmenge gemischt, die selbst von fern gekommen war, um der Beerdigung der beliebten Prinzessin beizuwohnen. Nur die engsten Vertrauten, hohe Beamte und die Palastbewohner durften dem Trauerzug von Anfang an begleiten und da er sein Asyl hier nicht unbedingt überstrapazieren wollte, hatte er sich mit den Kindern draußen verabredet. In einer Stunde würde die Zeremonie beginnen. ~~~~~~~~~~~~~~~~ Die letzten drei Tage waren dem Krieger wahrlich wie eine Ewigkeit vorgekommen und obwohl ihm Ruhe und Schweigsamkeit eigentlich eine Erholung waren, kam es ihm gerade fast unerträglich erdrückend vor. Immer und immer wieder gingen ihm die Bilder durch den Kopf, mal mehr, mal weniger vollständig, und da er sich gar nicht groß damit belasten wollte, versuchte er es auch so gut es ging zu vergessen oder sich abzulenken. Zu viele Fragen hingen an diesen Bildern, für die er momentan keine Antworten fand. Nur eins schien ihm klar zu sein, er hatte seine zweite Chance zu beschützen und damit gut zu machen, was er damals nicht konnte, verpasst. Diese Erkenntnis lag so schwer auf ihm, dass es ihm fast die Luft zum Atmen raubte... vielleicht löste es auch nur den Gedanken daran ab, dass er eine für ihn wichtige und liebe Person verloren hatte. Hin und wieder hatte er sich auf dem Trainingsplatz versucht, auf dem er meist alleine war und unter den momentanen Wettervoraussetzungen sich das Trainieren auch mehr als schwierig gestaltete; mit den Gedanken war er sowieso nie hundertprozentig dabei gewesen. Die Zeit schien wirklich still zu stehen. Kurogane fühlte sich ausgebrannt und leer, nicht einmal die aufflackernde Wut und damit Kraft konnte er aus dem Ganzen ziehen, denn Fye hatte dafür gesorgt, dass sie zerschlagen wurde. Vielleicht wäre es ihm selbst gerade besser ergangen, wenn er wütend wäre, - viel wütender als er es auf sich selbst war, - auf die ganze Welt, ihren Beobachter, auf sonst wen... aber momentan fühlte sich der Krieger einfach nur leer. Langsam erhob sich Kurogane aus seiner verbeugenden Position Amaterasu gegenüber. Einen letzten Blick warf er auf die Königin, versuchte jede Ähnlichkeit zu seiner Prinzessin ausfindig zu machen. Doch alles, was ihm bei ihrem Anblick in den Sinn kam war das letzte Gespräch zwischen Tomoyo und ihm. Da hätte es ihm eigentlich auffallen müssen. Er hatte seine Aufgabe nicht erfüllt, als Tomoyos Beschützer und Vertrauter, das wurde ihm wieder klar, als er alle Einzelheiten und das, woran er sich in seiner verzerrten Wahrnehmung der letzten Tage und vor allem was den entscheidenden Moment betraf erinnern konnte, Amaterasu berichtete. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, bis die Beerdigung anfangen würde. Als Tomoyos auserwählter Ninja, würde er von Anfang an dabei sein. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, lieber würde er trainieren gehen oder sonstiges... irgendwas tun, das sinnvoller wäre, aber er war zumindest das ihr schuldig. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Dick eingepackt in einen warmen weißen Mäntel unter dem sie dennoch eines der Trauergewänder trug, hatte Sakura eines ihrer Babys darunter verborgen und es dicht an ihren warmen Körper gepresst. Sie selbst konnte kaum glauben, dass Tomoyo tot sein sollte… sie hatte die Prinzessin dieses Landes in dem letzten Jahr so lieb gewonnen. Ihr Tod hatte die Wüstenprinzessin hart getroffen, nur Shaolan und ihre beiden Kleinen konnten sie momentan von ihren trüben Gedanken und den Tränen abhalten, gleichzeitig war ihre Freude über die Geburt und die Hoffnung auf ihre kleine Familie von eben diesen Gedanken getrübt. Ein wenig dichter zog sie den Mantel an ihren Körper, fühlte die Wärme des kleinen Lebewesens an ihrem Körper und dass es ganz ruhig und sanft atmete. Yuui schlief seelenruhig und zufrieden nah bei ihrer Mutter. Wahrscheinlich die einzigen beiden Lebewesen in diesem Palast, die ruhig schlafen konnten, waren ihre Babys. Beruhigend versuchte sie sich an ein Lächeln als sie zu Shaolan hochblickte, der neben ihr stand und mit ihr zusammen auf Fye wartete. Auch Touya schlief seelenruhig in den Armen von seinem Vater. Diese Erkenntnis ließ ihr Lächeln ein wenig ehrlicher werden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Endlich hatte sich Fye durch die Menschenmassen zu den Kindern vorgekämpft. Er trug denselben, weißen Kapuzenmantel wie Chi, ein kleines Souvenir aus Ashuras Lager, denn außerhalb des Palastes würden sie die Leute bestenfalls für Vampire halten, deswegen war es besser ihr andersartiges Aussehen zu verbergen. Zusätzlich zu einem kleinen Zauber, der ihre Aura verbarg, bemerkte man die beiden Menschen aus Ceres daher kaum, selbst wenn man neben ihnen stand. Fye schenkte Sakura ein kleines Lächeln zur Begrüßung und umarmte sie vorsichtig (wegen dem Baby und weil die Geburt nicht all zu lange her war). Shaolan nickte ihm auch nur schweigend zu und Chi, die Tomoyo von ihnen am wenigsten kannte, suchte sofort die Nähe des Magiers, sobald dieser das andere Mädchen losgelassen hatte. Die ganze Atmosphäre bedrückte auch sie, aber sie hatte zumindest nicht ihre Stimme verschluckt. „Wo ist denn Kuro-pon?“, fragte sie leise. „Kuro-sama war der Ninja der Prinzesin, deswegen begleitet er sie auf ihrem letzten Weg.“ Sakura zwang sich ihr Lächeln wieder auf, als sie den Magier begrüßte. Fye war noch viel blasser geworden als er sowieso schon war, auch fand sie, dass der zierliche Mann noch mehr abgenommen hatte. Außerdem wirkte er müde und sein Lächeln wirkte aufgesetzt. Das stimmte das Mädchen noch ein wenig trauriger… sie wusste ja nicht, was in Ceres passiert war, Shaolan sprach auch nicht viel darüber, selbst wenn er sicherlich einiges mitbekommen haben musste. Sakura wusste, dass der König ebenfalls in Japan war, vor dem Fye die Reise über geflohen war... sie wusste auch, dass der Magier zusammen mit ihm aus Ceres gekommen war, um sich gegen ihn aufzulehnen. Doch was noch alles dahinter steckte, das wusste die Prinzessin nicht. Aber da auch Shaolan bei ihrem Wiedersehen müde gewirkt hatte, musste ihre Zeit in Ceres nicht unbedingt die schönste gewesen sein. Vor allen für den blonden Mann nicht, der doch dahin gar nicht zurück gewollt hatte. Leise entwich ihr ein Seufzen und sie versuchte nicht schon wieder zu weinen. Obwohl sie ihre Babys hatte, Shaolan wieder bei sich, obwohl sie tief in ihrem Herzen tatsächlich selbst jetzt Glück empfand... warum ging es dann all den Menschen um sie herum, die sie so liebte, so schlecht? Dass Tomoyo tot war, konnte sie immer noch kaum glauben. Doch alle waren so stark. Selbst nach der für sie unbekannten Zeit in Ceres war Shaolan darum bemüht, dass sie sich um ihn keine Sorgen machen musste. Sie merkte, dass auch Shaolan irgendwas bedrückte, sicher selbst schockiert war über den Tod von Japans Prinzessin, dennoch verlor er kein Wort über irgendetwas, das sie beunruhigen könnte. Und auch Fye hatte ihr bei ihrer Geburt geholfen, obwohl er sicher andere Dinge im Kopf hatte... ließ sich ebenfalls von seinem Kummer nichts anmerken. Ebenso wie Kurogane, den sie seit Tagen nicht mehr gesehen hatte.. doch auch er war die ganzen letzten Monate für sie da gewesen. Wieso mussten ausgerechnet diesen lieben Menschen so viel Leid passieren? Und sie selbst.. war den Tränen gerade wieder so nahe, aber für die Menschen um sie herum, versuchte sie sie zurück zu halten. Sie wollte in diese besorgten Blicke nicht noch mehr Sorge bringen. „Ich kann das immer noch nicht richtig glauben..“, sprach sie nach einer Weile dennoch leise aus. Behielt jedoch für sich, was auch sonst niemand vor ihr aussprach... dass der Mörder wahrscheinlich ihr Beobachter war und auch Tomoyos Tod irgendwas mit ihren Federn zu tun haben musste. Fye wusste nicht recht, was er darauf sagen sollte. Er konnte es wahrscheinlich eher glauben als Kurogane und Sakura, die zuvor lange mit der Prinzessin befreundet gewesen war. Viel mehr fühlte er sich, als könnte er es noch nicht glauben, als wäre das, was er wusste, nur eine Attrappe. Er hatte sich auch gut ablenken können, Krieg da, Kurogane hier, Ashura überall in seinem Kopf. Vermutlich lief er einfach nur davon weg, dass Tomoyo gestorben war, rechnete sie einfach zu den abertausenden Unschuldigen, die es nicht verdient hatten zu sterben und fand sich damit ab. Er fühlte sich so mies dabei. Doch er wusste auch, dass das nicht die ganze Wahrheit war, dass der Gedanke, dass Tomoyo – nicht irgendjemand, sondern sie – tot war, tief in ihm drin steckte und irgendwann ausbrechen würde. Doch noch konnte er davor weglaufen und gerade fand er die besten Entschuldigungen für sein Handeln. Abwesend streichelt er Chi über die Wange, doch das Lächeln für Sakura ermüdete ihn. Ihr konnte er eh nichts vormachen, genau so wenig wie sie ihm. Er musste nicht antworten, denn in dem Moment wurden die Massen unruhig. Die Palasttore hatten sich geöffnet. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Irgendwann war die Zeit endlich gekommen, die Zeremonie begann und seltsamerweise erhoffte sich Kurogane so viel davon, obwohl der Gedanke daran gleichzeitig beängstigend war. Nichts konnte den Tod seiner Prinzessin rückgängig machen, wohl auch nichts tröstend für ihn sein. Schon gar keine Zeremonie, mit all den Trauergestalten, die Tomoyo gar nicht richtig kannten. Doch Kurogane konnte es auch niemandem verübeln. So viel Hoffnung und Kraft hatte Tomoyo Japan gegeben, sodass es nur zu verständlich war, dass die Menschen in Japan der verlorenen Hoffnung nachtrauerten. Sich ebenfalls in die weißen Trauergewänder gewickelt, in denen er sich so unendlich falsch vorkam, hatte sich Kurogane auf den Weg zum Tempel gemacht, in dem die Zeremonie um Tomoyo beginnen sollte. Lieber hätte er seine normale Kleidung angezogen, noch lieber etwas wärmeres, denn die Kälte war mittlerweile fast unerträglich geworden und sein leichtes Fieber machte das alles nicht besser. Er hätte gerne etwas ganz Normales getragen, teilweise seinem Gefühl nach... es war doch alles in Ordnung, es war doch überhaupt nichts passiert, versuchte er sich einzureden. Das Weiß hier war so falsch und unwirklich, er selbst fühlte sich falsch und unwirklich. Doch noch mehr an Unwirklichkeit hätte es vermutlich gegrenzt, wenn er als ihr Beschützer, als Ninja und stärkster Krieger hinter seiner toten Prinzessin hinterher lief... vielleicht war das Weiß doch nicht so falsch. Kurogane hörte den Mönchen in ihren Gebeten kaum zu, blickte überall hin, nur nicht auf den aufgebahrten Leichnam seiner Prinzessin... ab und an warf er einen Blick auf Souma, die ebenfalls müde aussah. Die Gebete in diesem Tempel bereiteten ihm fast Kopfschmerzen, so dämpfend und hallend klangen sie in seinen Ohren. Kurogane wusste nicht, wie lange allein das Gebet gedauert hatte, die Rituale um ihren Körper und ihre Seele, bevor die Prozession losging, damit auch der Rest des Palastes von seiner geliebten Prinzessin Abschied nehmen konnten. Die Palasttore öffneten sich und die Kälte des Wintertages kam dem Krieger plötzlich noch viel kühler vor. Aufrecht und seiner Prinzessin würdig, schloss er sich den Mönchen an, die die Bahre vorweg trugen, dabei hatte er das Gefühl, dass er nicht hier sein sollte... hätte er besser aufgepasst, vielleicht hätte er jetzt nicht durch den kalten Schnee laufen müssen, hinter dem Leichnam eines sonst so lebensfrohen Menschen, sich anstarren lassen müssen, von all den Leuten hier, die ihm egal waren. Es war ihm wirklich egal, ob er in den Augen irgendwelcher Leute hier versagt hatte, es war ihm nur vor Tomoyo nicht egal, gegenüber der er sein Versprechen nicht gehalten hatte. Er durfte nicht so viel nachdenken, beschloss der Krieger für diesen Moment, in dem er einfach nur die Aufgabe hatte, den Mönchen und der Königin und all den Leuten hoher Position im Hof zu folgen und gefasst zu wirken, die Zeremonie Tomoyo würdig zu machen, den geschockten Leuten in Japan das Gefühl von Gefasstheit und Hoffnung zu geben.. Ohne auf die Menschenmassen zu achten, folgte Kurogane neben Souma schweigend der Prozession, als würde es nichts anderes auf dieser Welt geben. Die Menschenmassen um ihn herum nahm er kaum noch wahr, bis er die bekannten Auren spürte, vor allem Fyes stach unter dieser großen Masse hervor und innerlich, ohne es vor sich zuzugeben, wurde der Krieger ruhiger, fühlte sich in dieser Menschenmasse nicht mehr ganz so verloren, nicht mehr ganz so falsch.. und unbewusst, hatte er gefühlt, die ganze Zeit gefühlt und sich darauf konzentriert, dass der Magier und die Kinder inmitten dieser ganzen Menschen stehen würden. Kurz und flüchtig, warf er einen Blick rüber, traf den von Fyes blauem Auge, zog an dem blonden Mann und den Kindern vorbei, mit denen er eine so lange Zeit auf dieser verdammten Reise gewesen war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war unheimlich wie so viele Menschen so still sein konnten. Die Palasttüren hatten sich geöffnet und ein kurzes Raunen ging durch die Menge, dann wurde es wieder still. Diese Stille nahm einem fast die Luft zum Atmen. Fye warf einen Seitenblick auf die Umstehenden, sie waren alle verfroren und ausgemergelt, verschmutz und müde, doch alle hatten sie den Blick starr auf die Prinzessin gerichtet, obwohl der Leichnam aus dieser Entfernung kaum zu erkennen war. Trotz des andauernden Krieges hatten die Leute auf ihre Prinzessin vertraut, nicht den Mut aufgegeben und nun schien das Symbol für Hoffnung einfach so gestorben zu sein. Über den Tod der Prinzessin war nicht viel nach außen gedrungen und wie viele Leute in diesem Land wusste wohl überhaupt noch nicht, dass die Prinzessin tot war? Sicherlich, es gab noch Soldaten, es gab noch Amaterasu, die eigentliche Herrscherin, die bisher im Verborgenen für ganz Japan gebetet hatte, wie es ihre Aufgabe war. Der Krieg war eigentlich noch nicht verloren, doch alles fühlte sich so an. Vielleicht projizierte er einfach nur seine eigenen Gefühle auf die umstehenden Leute, vielleicht gab es viele, die noch begründete Hoffnung in Amaterasu hatten, doch Fye selbst fühlte sich gerade als gäbe es Sekunde für Sekunde totzuschlagen, bis es endlich zu Ende war. Bis sie ihre Niederlage vollkommen eingestehen konnten, statt nur um sie zu wissen und sie leugnen zu müssen. Tief atmete er durch, sein Verstand redete auf ihn ein, dass er heute Früh noch gute, überzeugende Gründe gehabt hatte, weiter zu machen. Dass der Kampf mit Ashura noch bevorstand, dass ein Teil der Vampire auf ihrer Seite stand, dass sie sogar Verbündete in der ceresianischen Armee hatten, dass sie trotz allem NOCH NICHT TOT waren. Dass die Leute aus Japan noch nicht tot waren. Dass die Leute, die in Ceres die Rückkehr ihres Herrschers fürchteten, noch nicht tot waren. Ihre Reisekameraden, Kurogane noch nicht tot war. Tot war „nur“ Tomoyo, doch das reichte wahrlich, um den hunderten von Menschen hier den Atem zu nehmen. Fye hätte am liebsten wegen seiner eigenen Rationalität gekotzt. Was versuchte er sich da überhaupt einzureden? Er hatte die ganze Zeit auf den Boden gesehen, doch da nun Bewegung um ihn herum aufkam, sah er auf und bemerkte, dass die Bare und der Trauerzug nur noch wenige Meter von ihnen entfernt waren und dann sah er sie. Die Prinzessin war aufgebahrt in einem wunderschönen, weißen Kimono, die Bare überhäuft mit wunderschönen Papierblumen. Ihr Haar war aufgesteckt, wie es sich für eine Miko gehörte und violette Bänder und silberner Schmuck waren darin eingeflochten. Das Gesicht weiß geschminkt, sah sie aus wie eine schlafende, wunderschöne Eisprinzessin. Auch Sakura und Shaolan waren wie gebannt von diesem Anblick und plötzlich kapierte auch der Magier nach drei Tagen Stille wirklich, wen er da das letzte Mal sah und wer danach für immer verschwand. Es war das 9- jährige Mädchen, mit dem er so viel Zeit damals in Japan verbracht hatte, es war die Prinzessin, die ihm im Schloss aufgenommen hatte. Die junge Frau, die seinen Worten ohne einen Zweifel geglaubt hatte, die stets so sanft sprach und durch alle hindurch, bis auf den Grund ihrer Seele blicken konnte und immer noch so viel Gutes in jeden Menschen fand. Ihr Tod war wirklich der Gipfel der Sinnlosigkeit, aber dass es so einen Menschen hatte geben können, dass Fye sie hatte kennen lernen dürfte... machte nichts besser, nur schmerzhafter, aber so blieb zumindest irgendetwas von ihr am Leben. Sie hatte an etwas geglaubt und das letzte was sie sich gewünscht hätte war, dass ausgerechnet durch sie die Menschen hier ihren Mut verloren. Die Bare zog an ihnen vorbei und plötzlich spürte er Kuroganes Blick und als Fye aufsah, entdeckte er den Ninja direkt hinter den Mönchen. Er erwiderte den Blick, auch wenn er spätestens jetzt die Trauer nicht mehr rational auf Abstand halten konnte, er sogar rasend wütend auf ihren Mörder wurde, wusste er, dass da noch irgendetwas war. Es war seltsam. Alles fühlte sich so unendlich hoffnungslos an und eigentlich sollte nichts hoffnungsloser sein als Tomyos Leiche zu sehen, da sie für ein ganzes Land für Hoffnung stand, doch irgendwie hatte ihr Anblick noch etwas anderes in ihm ausgelöst. Er war müde und es war immer noch ein Horror an Morgen zu denken, aber trotzdem schien die Prinzessin selbst nach ihrem Tod, die Menschen wegen ihrer Zweifel zu tadeln. Die Bare wurde weitergetragen und auch Kurogane sah der Magier nicht mehr. Die Leute um ihn herum erwachten aus ihrer Starre und viele fingen stumm oder leise an zu weinen, auch Sakura konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken und hielt fest Shaolans Hand. Chi klammerte an seiner, er hatte es gar nicht bemerkt die ganze Zeit, doch nun spürte er den schmerzhaften Druck. Die Bare war schon längst nicht mehr zu sehen als sie ich in den Strom der Menschen einreihen konnten, um dem Trauerzug durch die Stadt zu folgen und irgendwie schien sich das Schweigen auf sie übertragen zu haben, den ganzen Weg lang, war er zu keinem weiteren Gedanken mehr fähig. ~~~~~~~~~~~~ Mindestens eine Stunde führte der Trauerzug durch die Hauptstadt, die direkt an den Palast grenzte, in dem Tomoyo geherrscht hatte. Mittlerweile spürte der Krieger sogar die Kälte nicht einmal mehr, aber was war auch die Kälte im Gegensatz zu dem, was vor 3 Tagen passiert war? Der Trauerzug endete erneut vor den Tempeln, der Krieger hatte bis zum Schluss nicht gewagt, den Leichnam seiner Prinzessin anzusehen, selbst in dem Wissen, sie nie wieder sehen zu können, hatte er all das hier einfach über sich ergehen lassen und sie nicht mehr angeblickt. Er konnte sie eh nicht mehr erreichen, genauso wenig wie sie ihn. Schweigend wartete er vor den Tempeln, die die letzte Station für Tomoyo darstellen würde, doch was darin passierte, wollte er sich genauso wenig vorstellen, wie das Bild, das sich schon vor Jahren in seinen Kopf eingebrannt hatte und sich nach all der Zeit wiederholt hatte. Übrig bleiben würde nur kalte Asche und ihre Grabstätte war ein Tempel. Immerhin.. wenigstens sollte sie nicht in Ruinen ihre letzte Ruhe finden. Kurogane hatte kein Zeitgefühl mehr, weshalb er auch nicht wusste, wie lange er vor dem Tempel zusammen mit Souma und zwei weiteren Ninja Amaterasus Wache hielt, bis die Zeremonie sich endgültig erledigt hatte. Irgendwann war es dunkel geworden, das Zittern durch die Kälte, die Anspannung und das Fieber unterdrückend, hatte er sich kaum bewegt, genauso wenig wie Souma. In solchen Momenten waren sie wieder die Ninja, die keine Gefühle zeigten... doch der Krieger war sich sicher, dass Souma sich alles andere als so gefasst fühlte, wie sie es ebenfalls vorgab. Die Zeremonie war endlich vorbei… aber hatte nichts besser gemacht, rein gar nichts, stellte Kurogane fest, als die letzten Mönche den Tempel verließen und ganz zum Schluss Amaterasu. Sie sah ebenso kaputt aus wie sie alle es waren. Ein Glück für den Ninja, dass die Königin darum bat, alles weitere auf morgen zu verschieben, so musste er sich keinem Gespräch mehr widmen, in dem Thronsaal, der nicht zu Amaterasu gehörte. Ohne ein Wort an den Krieger gerichtet, war Souma die erste, die Tomoyos Grabstädte im Tempel aufsuchte. Aber es war schweigend alles gesagt worden, allein und in Ruhe, in dem Tempel, dort durfte Souma die Frau sein, die um ihre Freundin trauerte, Kurogane wusste das. Er selbst war noch lange nicht bereit, Tomoyo gegenüber zu treten... er hatte sein Versprechen nicht gehalten, das, was er sich und ihr und seiner neuen Heimat in Japan geschworen hatte, nicht einhalten können… sich ablenken lassen… von seinen eigentlichen Pflichten. Innerlich schüttelte er den Kopf, er durfte nicht zu sehr darüber nachdenken... dachte er zu persönlich und zu emotional, verlor er das wichtigste aus den Augen… er war ein Ninja, Tomoyos Ninja... das war wichtig... er musste über alles nachdenken, nur nicht darüber, dass sie tot war.. er musste... Der Krieger stockte, als ihm wieder etwas einfiel, was er schon viel früher gedacht hatte... wie gelegen kam es ihm doch, jetzt über seine Reisekameraden nachzudenken. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Müde und eher schweigend als unterhaltsam, hatten sich Fye, Shaolan und Sakura zusammen mit Chi und auch Moko-chan in dem Zimmer der Kinder zusammen gesetzt. Der warme Tee wärmte sie von der äußerlichen Kälte auf. Das zusätzliche dämmrige Licht hätte eigentlich einen gemütlichen Abend versprechen können, wären da nicht die momentanen Umstände. Sakuras Tränen hatten sich mittlerweile beruhigt, gerade war sie damit fertig geworden, die Babys frisch zu wickeln. Das blonde Mädchen hing immer noch an Fye und auch Shaolan hatte sich ruhig verhalten. Es war als ob die Zeit still stand, keiner traute sich wirklich zu bewegen oder lange Unterhaltungen zu führen. Sie saßen nach dem traurigen Tag einfach nur die Zeit ab, bis es spät genug war um schlafen zu gehen und morgens hoffentlich ausgeruhter und mit neuen Erkenntnissen aufzuwachen. Jedenfalls klammerte man sich an diese Hoffnung… die Zeit würde dies hier so schnell nicht heilen. Doch irgendwann würde sie zumindest wieder anfangen zu laufen… und bis dahin, mussten sie warten. Laute Schritte auf dem Flur und die etwas grobe Art und Weise, wie die Schiebetür aufging, riss sie ein wenig aus der Starre. Fast ein wenig erschrocken über den eigentlich normalen Lärm, der gerade viel zu laut war, blickte die Wüstenprinzessin zur Tür, in der kein anderer als der Ninja stand. Etwas fragend, aber dennoch versucht ein Lächeln aufzusetzen, blickte sie den großen Mann an. Mit Kurogane hätte sie am wenigsten gerechnet. Obwohl der Gedanke, alle wieder beisammen zu haben, beruhigend war… aber sie hätte keine Ahnung, wie sie mit dem Krieger umgehen sollte, obwohl sie ihn so viel besser kennen gelernt hatte die ganzen letzten Monate, schlug ihr Herz aus Unsicherheit etwas schneller. „Kurogane-san…“ begrüßte sie den Mann, der eine Weile einfach nur in der Tür stand. Auch Fye überrumpelte der Lärm etwas, obwohl er den Ninja schon von weiten gespürt hatte. Innerlich bemerkte er, dass er sich freute Kurogane zu sehen, doch als er aufsah, wurde sein Blick etwas kritisch. Irgendetwas stimmte nämlich nicht. Abgesehen davon dass gerade Tomyo beerdigt worden war, verstand sich. „Kurogane...“, nannte auch er den Ninja beim Namen, als wüsste dieser nicht selbst wie er hieß. Doch irgendwie hatte er sie alle überrascht. Ohne die Begrüßungen zu erwidern, schloss der Krieger die Schiebetür hinter sich. Erstens, um diese verdammte Kälte endlich von sich zu verbannen und zweitens war er sich durchaus der erst ein paar Tage alten Säuglinge bewusst. Die Welt um den Krieger herum fühlte sich so irreal an, dass er nicht mal dazu kam, überhaupt irgendwas zu fühlen. Die Zeit stand für ihn ebenso still und er wusste nicht, was die Zukunft brachte... weder für Japan, noch für sonst wen. Er wusste nur, was ihm am richtigsten erschien, wenn er zumindest diese Kinder hier beschützen wollte... wenn er sie beschützen wollte, dann durfte er keine Emotionen mehr hier rein verschwenden, nicht über den Verlust nachdenken, sich nicht blenden und irritieren lassen, von eigenen Wünschen und den anderer Leute. „Ich will, dass ihr verschwindet“, musste es kühler und bestimmter als geplant von dem Krieger kommen und bewusst blickte er den Jungen dabei an, dessen Ziel es immer gewesen war, auf die Wüstenprinzessin aufzupassen. Shaolan war zwar etwas erschrocken aufgrund der Plötzlichkeit und der Kühle, die mit diesen Worten mitschwang, doch er erwiderte den Blick seines Lehrmeisters sicher. „Wohin?“, fragte er beherrscht, doch er hatte gemerkt, dass sowohl Sakura als auch Fye-san zusammengezuckt waren. Ein wenig ungläubig sah Fye den gerade Eingetretenen an. Sie hatten schon vor diesem Vorfall darüber gesprochen, dass die Kinder von hier fort sollten, es war sogar quasi seine Idee gewesen, doch konnte Kurogane ihnen nicht ein wenig Ruhe gönnen? Vor wenigen Stunden war ihnen eine liebe Freundin beerdigt worden und nun sollten sie sich auch gleich noch trennen? Außerdem wussten sie wirklich nicht wohin, wo die Kinder von diesem geheimen Beobachter sicher waren. Denn wenn man eins und eins zusammenzählte, war klar, dass er es gewesen war, der die Prinzessin von Japan ermordet hatte. Kurogane hatte ihm von dem Mord an seiner Mutter erzählt, den auch dieses Unbekannte verübt hatte und Fye war bei Tomoyos Ermordung dabei gewesen. Es war wirklich offensichtlich. Doch im Palast war bald auch niemand sicher, Ashura's und die Vampirarmee nahten. „Wohin auch immer.“, antwortete Kurogane. „Reist weiter, tut was ihr wollt... nur geht mir hier aus den Augen. Ich kann euch hier nicht gebrauchen, mit diesen Bälgern am aller wenigsten.“ Sprach er weiter und konzentrierte sich bewusst auf den Jungen, um den Blicken der Prinzessin und dem Magier nicht standhalten zu müssen. Ihm war schon klar, dass das plötzlich war... aber jetzt war Zeit, jetzt, wo sie still stand und nichts sich bewegte, jetzt war genug Zeit zu fliehen. „Aber Kuro-papa...“, jammerte Mokona, „draußen ist es schon dunkel.“ Das verfluchte Manjuu, dachte sich Kurogane und bemerkte, wie seine kühle Fassade langsam zu bröckeln begann. Er war müde vom Tag, müde davon, die ganze Zeit nichts zu fühlen, nichts zu denken. Müde von seinen Pflichten, der Zeremonie um Tomoyo standzuhalten. Er wollte wenigstens, dass diese Kinder mit ihren Babys diesen Krieg überlebten, diesen verdammten Krieg, in dem Japan steckte... diesen verdammten Krieg, der zwischen den Dimensionen ablief… Kurogane hatte keine Diskussionen gewollt, deshalb hatte er die Gunst der Stunde ausgenutzt, in der er nichts fühlte, die Kinder wegschicken konnte ohne Widerworte... Widerworte wollte er auch jetzt noch nicht dulden, aber seine Stimme wurde sanfter. „Jetzt habt ihr Zeit… wer weiß, was morgen ist? Flieht solange ihr könnt.“ Versuchte er es weiter und hoffte, diese Kinder waren vernünftig. Der Magier war hin und hergerissen Kurogane ins Gewissen zu reden, dass dafür auch noch morgen Zeit war (obwohl das nicht feststand) und ihn zu bestärken (was ihm das Herz brechen würde). Er spürte Sakuras verzweifelten, fragenden Blick, aber er sah nicht zu ihr. Doch das Mädchen ließ sich keineswegs zur Passivität verdammen, sondern stand auf und stellte sich zu Shaolan. Die beiden Erwachsenen wollten anscheinend unbedingt, dass sie gingen. Das machte sie traurig und auch etwas wütend, obwohl sie verstand, dass es nur aus Sorge um sie geschah. „Das wissen wir, Kurogane-san. Doch alles zu überstürzen bringt auch nichts. Wir wissen weder wohin, noch wollen wir euch alleine lassen. Ich weiß, wir haben Verantwortung für die Kinder, aber bevor wir nicht wissen, was das Beste ist, werden wir nicht gehen.“ Der Junge sah Sakura überrascht an, sie hatten beide noch nicht wirklich darüber gesprochen, was sie tun wollten. Er wollte natürlich Sakura und seine Kinder beschützen, aber er wollte auch nicht einfach blind irgendetwas tun. „Sakura hat Recht", wand er auch ein. "Wir schätzen eure Sorge, Kurogane-san, Fye-san, aber solange wir keinen klaren Kopf haben...“ Ein schweres Seufzen, das schon fast einem Schnauben ähnelte, kam von dem Ninja, der nicht mit so vielen entschlossenen Widerworten gerechnet hatte... für große Diskussionen hatte er wirklich kaum die Nerven. Dass der Magier, der sich die ganze Zeit über still verhielt, sich nicht einmischen würde, damit hatte der Krieger schon fast gerechnet. Ein wenig ließ ihn das innerlich für einen Moment lang fast verzweifeln, die ganze Situation ließ ihn fast verzweifeln. Diese verfluchten uneinsichtigen Kinder, die Hoffnungslosigkeit des Magiers, die Tatsache, dass Japan seine Prinzessin verloren hatte und mitten im Krieg steckte. Und dieser verdammte König, der ihnen zusätzlich an den Kragen wollte. „Und wann gedenkt ihr verdammt noch mal...“ setzte Kurrogane schon erneut eher ungemütlich an, diese Diskussion nun doch entfachen zu lassen, doch so weit kam er nicht, als die Wüstenprinzessin ihn auch schon beherrscht unterbrach. „Kurogane-san!“, brach es lauter als gewollt aus ihr heraus und bittend blickte sie zu dem Krieger hoch in der Hoffnung, dass er still wurde und zu ihrem Glück verstummte der Ninja tatsächlich. Sie wollte und konnte darüber nun gerade wirklich nicht nachdenken. Selbst, wenn auch sie wusste, dass es wichtig war und sie hier in großer Gefahr steckten. Doch zu viel hing auch ihr noch im Kopf rum, der Gedanke an ihre tote Freundin, zusehen zu müssen, wie ihre Reisekameraden langsam an all dem Ganzen zerbrachen, die immer größer werdende Gewissheit, dass alles wegen ihr und ihren Federn passierte.. all das Leid, dass diese Federn in dieser und in anderen Welten anrichteten, tat ihr weh. Und dass Kurogane-san ausgerechnet jetzt auf die Idee kam, sie wegzuschicken, obwohl sie das kommen sehen hatte, brach ihr fast das Herz. Sie hatten doch gerade erst wieder alle zusammen gefunden. „Es ist ein bisschen zu viel..“ gab sie nach einer Weile leise zu, wusste jedoch, dass sie Recht hatte, wenn sie sich den Magier und das blonde Magiewesen anblickte, Shaolan, der selbst wahrscheinlich nicht wusste, was richtig und falsch war. „..auch für dich.“ Beendete sie den Satz und traf den Krieger damit frontal. Dennoch staute sich gleichzeitig die Wut in dem Krieger auf diese „lahme“ Truppe, die nichts tat, außer hier im Dunkeln rumzusitzen und sich lieber eine der verdammten Pausen gönnten und somit vielleicht ihr Todesurteil unterschrieben. Die feindlichen Armeen bräuchten zwar tatsächlich noch etwas Zeit und der ganze Palast schien ebenso im Stillstand zu stehen.. aber all das war keine Gewähr dafür, dass Tomoyos Tod vorerst der letzte Schicksalsschlag gewesen war, der sie heimgesucht hatte. Wütend über ihre Worte, blickte der Ninja sie an, doch sie ließ sich davon nicht beeinflussen, zu gut hatte sie Kurogane in den letzten Monaten kennen gelernt und zu gut wusste sie, dass sie es war, die Recht hatte. Es war alles zu viel gewesen, würden sie jetzt alles überstürzen, konnte das vielleicht noch schlimmer enden, als jetzt für eine kurze Zeit zusammen zu halten und Kraft zu sammeln. Froh, dass sich die Entscheidung vertagt hatte, atmete Fye durch und stand auf. „Tja, Kuro-sama, so schnell werden die Kinder groß und lassen sich nichts mehr vorschreiben“, richtete er das Wort an den Ninja, und auch wenn er kein Lächeln zustande brachte, sah er ihn zumindest an. Dann wandte er sich an Shoalan und Sakura und seufzte leicht. „Doch bald ist es wirklich zu gefährlich für euch im Palast. Mir wäre es auch lieber, wenn ihr ginget.“ Vor dem geheimen Beobachter waren sie momentan überhaupt nirgendwo sicher, sie mussten sich einfach darauf verlassen, dass er die Prinzessin und den Jungen dringend brauchte, um an die Federn zu gelangen. So viel wussten sie zumindest. Doch wenn die Vampirarmee den Palast angriff, würde in kürzester Zeit die Hölle los sein, kein Ort für zwei Säuglinge und auch nicht die Mädchen. Und als wäre all das nicht genug, hing auch noch Ashuras Schatten über ihnen, denn wenn es einen Ort gab, an dem die Kinder garantiert nicht sicher waren, dann war es in der Nähe des Magiers. „Muss Chi auch gehen?“, fragte das blonde Mädchen schüchtern und sah von ihrem Freund Shaolan, der den Blick der beiden Erwachsenen fest erwiderte, zu Fye. „Ja, Chi-chan. Ich möchte, dass du bei Shaolan und Sakura bleibst, bis der Krieg vorbei ist.“ Mokona ließ einfach nur die Ohren hängen. „Dann müssen Kuro-pon und Fye-mommy aber auch mitgehen...“ Fyes Satz entschärfte die angespannte Situation ein wenig, der Ninja war dankbar darum gewesen, obwohl der Elan fehlte, mit dem er sonst solche albernen Sätze ausgesprochen hatte. Aber wenigstens hüllte sich der blonde Mann nicht mehr gänzlich in Schweigen, was das Thema anging. Für den Krieger war damit alles gesagt, was er hatte sagen wollen und da er bemerkte, dass er hier nichts weiter kam und er sie Kinder nicht eigenhändig aus dem Palast schmeißen konnte, beließ er es dabei. Fast hätte er dem Manjuu noch geantwortet, dass der Magier und er irgendwann sicher nachkommen würden, doch irgendwas hinderte ihn daran, diese Worte auszusprechen. Er konnte keine Versprechungen mehr machen, von denen er nicht wusste, ob er sie auch halten konnte… aber sterben würde er auf keinen Fall, dafür würde er alles tun. Auch dafür, dass er niemanden mehr sterben sehen musste...doch sein erster Versuch was das anging, die Kinder so schnell wie möglich wegzuschicken, hatte nicht funktioniert. Vielleicht war es wirklich etwas überstürzt gewesen, aber eine andere Möglichkeit kannte der Ninja gerade nicht. Ohne nun noch irgendwas zu erwidern oder zu sagen, verließ der Krieger einfach das Zimmer, obwohl er gar nicht wusste, wo genau er in seinem eigenen zu Hause nun hinsollte. Aber die Nähe der Anderen hätte er in seiner momentanen Stimmung und Verfassung erst recht nicht ertragen und war ihnen mit Sicherheit auch keine große Hilfe. Kurz blickte die Wüstenprinzessin auf die Stelle, an der gerade noch Kurogane gestanden hatte und unterdrückte ein Seufzen. Sie konnten doch wirklich unmöglich jetzt gehen, sie wussten ja nicht einmal wohin... und eigentlich wollte sie auch gar nicht weg. Sie wollte hier bleiben, bei Fye-san und Kurogane-san, auch wenn das Gefahr bedeutete.. aber ihrer Babys wegen, konnte sie unmöglich an einem so gefährlichen Ort bleiben. Mittlerweile war sie bei Moko-chan angekommen und strich dem Hasen vorsichtig über den Kopf, bevor sie es auf den Arm nahm und leicht an sie drückte. „Mach dir keine Sorgen Moko-chan... irgendwann wird alles wieder gut sein und wir auch alle wieder zusammen... ohne einen bösen Gedanken.“ Versuchte sie dem weißen Häschen ein wenig Hoffnung zu machen und diese Worte selbst zu glauben. Fye starrte noch einige Sekunden auf die Schiebetür, die sich hinter dem Ninja geschlossen hatte, und nahm Sakuras sanfte Stimme nur am Rande wahr. Da war sie wieder, die Stille, die für ein paar Stunden in diesem Raum verschwunden gewesen war. Es war als stände diese Stille wie eine Mauer zwischen ihnen allen. „Fye-san...“, sprach Shaolan ihn an. Er war zu ihm getreten und für einen Augenblick wirkte sein Gesicht, wie das eines erschöpften Kindes. Auch wenn die ungleichen Augen ernst und erwachsen dreinblickten, hatten sie doch einen übermüdeten, fiebrigen Glanz. „Ich habe von den Leuten im Palast gehört, dass es eine Stadt, ein paar Tagesreisen von hier entfernt gibt. Viele andere Flüchtlinge sind auch dort. Sakura und ich haben uns überlegt dort hinzugehen, bis die ceresianische und die Vampirarmee geschlagen ist.“ Fye grinste ein wenig, aber es war ein ironisches Grinsen. „Gute Idee“, meinte er nur matt. Er wusste, dass Shaolan dreimal vernünftiger war als sie alle und nicht mit ihnen hadern würde. „Doch noch besser wäre es, wenn ihr in eine andere Dimension reisen würdet.“ „Das kommt nicht in Frage“. Oder vielleicht doch nicht so vernünftig. Müde sah Fye den Jungen an und fand seine ständige Entschlossenheit gerade wirklich nervig. „Auch wenn wir uns um die Kinder kümmern müssen, können wir euch nicht im Stich lassen. Ich kann kämpfen.“ Hatten sie diese Diskussion nicht gerade beendet? Nun, dann würde der Magier sie jetzt beenden. Allein der Gedanke sich von den Kindern zu trennen, brach ihm das Herz, doch da keine andere Möglichkeit bestand, war damit auch nicht zu hadern. Lieber den Kindern das Herz brechen, als mit anzusehen, wie man es ihnen herausriss. Sie würden sich schon wieder davon erholen. „Auch wenn ich es schätze, dass Kinder ihre eigene Meinung entwickeln, hab ihr keine andere Wahl. Morgen früh werde ich euch in eine andere Dimension schicken“, erklärte er beinahe kühl. „Ob ihr wollt oder nicht.“ „Warum bist du so wütend? Wir haben bis jetzt alles gemeinsam durchgestanden“, fragte der Junge beinahe verzweifelt und Mokona hatte ihre Ohren verwirrt wieder aufgestellt. „Fye..“ Ungläubig blickte auch Sakura auf, die Mokona immer noch an sich gedrückt hielt und dachte gerade wirklich, dass alles verrückt spielte. Das konnten Fye und Kurogane doch unmöglich ernst meinen. „Das kannst du nicht...,“ kam es atemlos in ihrer ersten Reaktion fast von selbst. Dass Kurogane-san so sprach, war sie ja gewohnt… aber dass Fye so mit ihnen umging und ihnen nicht mal eine Wahl lassen würde, das kannte sie so gar nicht. Normalerweise war der blonde Mann es doch gewesen, der sich für sie eingesetzt hatte und ihnen Mut machte... Wenn Kurogane so mit ihnen sprach, damit konnte sie leben, auch wenn die Sprüche und die kühle Art des Ninjas vor allem in der momentanen Situation schon weh taten... aber von Fye, war es wie ein Tritt in die Magengegend. „Fye, das kannst du nicht machen!“, entwich es ihr noch einmal und auf einmal hatte die Prinzessin das Gefühl, ein wenig würde die Welt über ihr zusammen brechen… sollte das wirklich das Ende sein? So ihre Reise enden? So kalt und traurig? Mit Moko-chan im Arm stand Sakura auf und überbrückte die paar Schritte, die sie von dem Magier trennte, traute sich, ihn vorsichtig am Arm zu fassen und versuchte ruhig zu bleiben. „Bitte Fye, schick uns nicht weg… wir finden einen Weg, Shaolan und ich... und uns wird nichts passieren... wir werden uns einen sicheren Ort suchen. Aber nicht so...“ ein wenig hatte sie mit den Tränen zu kämpfen, aber sie wollte stark sein und nicht weinen. „Es ist doch schon alles traurig genug…“ „Wir werden das gemeinsam durchstehen“, redete nun auch Shaolan noch auf ihn ein und Mokona gab ein schrilles, trauriges „Genau!“ von sich und auch Chi beschloss nicht mehr ruhig zu bleiben. „Chi und Shaolan können zusammen gut mit Magie umgehen und da Sakura ein wichtiger Mensch für Fye ist, wird Chi auch Sakura und die Babys beschützen.“ Der Magier schwieg beharrlich und hielt den Blick gesenkt. Er wusste, würde er jetzt eines der Kinder ansehen, würde er einfach los weinen und das konnte er vor den Kindern doch nicht. ER war der Erwachsene, ER sollte die Kinder beschützen, warum schien es ihm seit Ceres immer umgekehrt? Sanft streichelte er Sakura über das braune, kühle Haar, doch er schwieg. Fye sagte nichts mehr und auch blickte er sie nicht mehr an, sondern hatte wohl aufgegeben oder die Kraft hatte ihn verlassen. Sakura wusste es nicht genau, aber selbst immer noch den Tränen nahe, versuchte sie diese runterzuschlucken. Sie spürte die Anspannung des Mannes ihr gegenüber, sie bemerkte den verzweifelten Blick. Das war nicht der Mann gewesen, der auf ihrer Reise immer so freundlich gewesen war, der immer einen aufbauenden Spruch auf den Lippen hatte. Das war nicht mehr der Mann, der vor neun Monaten Japan verlassen hatte, selbst wenn er zu dem Zeitpunkt schon mehr nachdenklicher und traurig war. Eine Zeit lang blickte sie zu dem blonden Mann auf, den sie so kaum kannte… sicher, Tomoyo-chan war tot, das machte sie alle traurig, dennoch… „Ich mache mir Sorgen..“ sprach sie leise, fast flüsternd das aus, was sie schon die ganze Zeit über dachte. Vorsichtig berührte sie den Mann, der so weit weg schien mit ihrer Hand auf der Wange, sie folgte einfach in diesem Moment ihrem Herzen um zu entscheiden, was das richtige war. „..weil ich deinen Kummer nicht verstehe...und nur zusehen kann, wie es dich zerfrisst.. ich kann nicht gehen, wenn ich weiß, dass es dir so schlecht geht... und niemand da ist..“ Denn Kurogane war wohl selbst kaum in der Lage Fye aufzufangen. Die Berührung an der Wange fühlte sich seltsam ungewohnt an. Er wusste nicht warum, vielleicht hätte er in anderen Momenten losgeweint, doch er hasste es, hasste es wirklich so schwach zu sein. Jedem eine Last zu sein. Kurogane, den Kindern, den Menschen, die in Ceres auf ihn bauten. Und dabei niemanden beschützen zu können. Einfach schwach und hilflos zu sein und in seinem eigenen Selbstmitleid unterzugehen. Hatte er so sehr gekämpft, um zu erkennen, was er wirklich wollte, nur um danach zu verstehen, dass er zu schwach war, weiterzumachen und es sich zu holen. Er war einfach nur müde im Moment, dabei hatte er sich doch vorgenommen sich zusammenzureißen und Kurogane eine Stütze zu sein. Die leichte Wut verklang und nun wagte er doch in die grasgrünen Augen zu sehen, die so viel Sorge, Zuneigung, Angst und Hoffnung spiegelten, dass sie für einen Moment das Weiß und die Stille vertrieben. Der blonde Mann beugte sich etwas runter und küsste Sakura sanft auf die Stirn. „Danke, Sakura....“ „Kurogane hat wirklich recht...“, murmelte Shaolan leicht errötend und sah weg, als der Magier zu ihm aufblickte. „Du bist ein .....“, er rang mit den Worten. „- Dummkopf. Entweder tust du so, als würde es am nächsten Morgen Blumen regnen oder die Welt untergehen... als hätte das gar nichts mit dir zu tun.... du gibst viel zu schnell auf... Entweder willst du etwas, oder du willst des nicht... und wenn du es willst, dann machst du dir keine Gedanken darum, was passiert wenn du scheiterst... wenn du es nicht mit aller Kraft willst... und nicht daran glaubst... dann wirst du auch keine Kraft finden...“ Der Junge drehte den Kopf zu Fye, sich wohl bewusst, dass er eine Grenze überschritten hatte. Doch die ganze Zeit in Ceres hatten sie doch auch gekämpft, sie waren doch da geblieben, um irgendetwas zu erreichen, oder? Um zurück zu den Menschen zu kommen, die ihnen am wichtigsten waren. „Ceres mag die Hölle gewesen sein, aber du bleibst selbst hier noch freiwillig drin...“, sprach Shaolan einfach weiter. Denn auch wenn er sonst nicht über andere urteilte und seine Eindrücke und Gefühle schlecht in Worte fassen konnte, es war einfach nur verrückt, wie sie sich alle hier verrückt machten! Das, was er von seinem Vater, von seinem Lehrmeister, von dem Magier gelernt hatte, war, dass die Vergangenheit ein Teil von ihm war – er war kein Mensch - , aber dass die Zukunft zählte – er war nun Vater – und dass es Momente gab, in denen man über seinen Schatten springen musste und gegen alle Wahrscheinlichkeiten weiter machen musste. Wie konnten die Menschen, die ihm das beigebracht hatten, das nur vergessen? DAS ließ ihn fast verzweifeln. Nicht der Beobachter, nicht die Gefahr in der Sakura und die Kinder schwebten, nein, dass hier alle in ihrer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit fast untergingen. „Merkst du nicht... wie sehr DAS uns die Hoffnung nimmt...? Wenn du uns wegschickst gehen wir eh zu der Hexe der Dimensionen und kommen wieder.“ Fügte er noch trotzig hinzu und Mokona stimmte mit ein. „Genau!“ Verdutz sah der blonde Mann den Jungen an und auch Chi staunte nicht schlecht, dass Shaolan so sprechen konnte, hatte sie nämlich nicht gedacht. Sie war wirklich froh, dass Fye solche Freunde hatte, sie waren viel besser führ ihn, als dieser doofe König. „Genau...“, stimmte sie deshalb einfach mit ein. Absolut geschlagen und einem schweren Seufzen, löste sich der Magier von den Kindern, die einfach absolut unmöglich waren und es geschafft hatten, selbst jetzt noch etwas Mut zu geben. Irgendwas war hier verdammt verdreht, doch da sich seine Freunde wirklich mit aller Kraft bemühten, wollt er allein deswegen schon nicht in einem Streit auseinander gehen. „Nun denn...“, setzte er an und seufze, strich Sakua etwas planlos durchs Haar. Auch Sakura hielt inne, als Shaolan plötzlich das Wort erhob und blickte in seine Richtung... und selbst sie war ein wenig überrascht. Irgendwie waren Shaolans Worte so unpassend und gleichzeitig passend gewesen, dass Sakura tatsächlich leise auflachte. Sich nun ebenfalls zusammen reißend, strich sie sich die Tränen aus den feuchten Augen und rang sich zu einem Lächeln durch. „Ich bin mir sicher, dass du weißt, was du willst.“ Versuchte sie ein wenig an Shaolans Worte anzugrenzen. „Viel sicherer bin ich mir darüber, dass wir genau wissen, was wir wollen... lass uns in die Stadt gehen, von der Shaolan sprach. Dort sind wir vom Kern des Krieges weit entfernt… schick uns lieber dorthin, als gleich in eine andere Dimension.“ Schlug sie vor. „Aber lasst uns vorher ein wenig ausruhen..“ auch, wenn sie sich nach Shaolans Worten etwas besser fühlte, konnte sie ihre eigene Müdigkeit und Kraftlosigkeit nicht leugnen. „Einverstanden“, antworte Fye. Die Welt würde schon nicht heute Nacht untergehen. Immer noch etwas geschockt von ihrem Widerstand und den Worten löste er sich endgültig von den Kinder, strich auch noch einmal Chi über den Kopf und ging dann Richtung Tür. „Ruht euch aus, wir sehen uns morgen beim Frühstück.“ Die Tür schloss sich hinter dem Mann und die jungen Eltern waren mit Chi und den Babys wieder allein im Raum. ~~~~~~~~~~~~ Kapitel 100 Ende~~~~~ Anmk. TRC by CLAMP, Lyrics by Radiohead Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)