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Morgen 1-3

Der erste und der letzte Morgen
von

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Morgen 2

Morgen 2
 

Sie erschauderte.

Ihre Augen wurden geblendet von dieser Art von Licht und sie wand einen Moment den Kopf zur Seite. Das Licht war nicht weiß, keine ausgewogene Mischung aus allen Farbspektren, wie die wenigen nicht farbigen Lichtquellen in der Welt aus Stegen, Formen, Etagen, organischer und anorganischer Existenz und nicht Existenz, die keinen Namen hatte, weil es nichts Anderes gab.
 

Sie hatte sich manches Mal, in ihrem Labor, in ihrem Gefängnis, in dem sie ihrem Körper beim verrotten beobachtet hatte und auch auf der Reise mit ihrem Reisekamerad Killy, wenn sie stundenlang schweigend vorangingen und das Rauschen und Klacken der Maschinen nur von ihren Schritten durchbrochen wurde, gefragt, ob sie diese stille Welt nicht einfach nur erträumte.
 

In der Siedlung, in der sie aufgewachsen war, versteckt vor den Konstrukteuren und Siliziumleben aber nicht geschützt von menschlicher Gewalt und Stumpfsinn, hatte sie sich als kleines Kind oft gewünscht, dass es leiser sein sollte. Still. Ohne Leben. Absoluter Frieden. Selbst ohne Maschinen.
 

Und auf ihrer Reise wurde ihr dieser Wunsch fast erfüllt.
 

Doch das gelbliche Licht, der kühle Wind, der richtungslos ihre langen, weißen Haare umherwehte, in ihr Gesicht, und die Wärme die von einer glühenden Kugel am Horizont herkam und sich trotz gefährlicher UV-Strahlen gut auf dem einzigen Bereich ungeschützter Haut, ihrem Gesicht, anfühlte und das was sie sah, obwohl es nicht völlig still war, um diesen Anblick in einen paradiesischen Traum zu verwandeln.
 

"Schau dir das an Killy..", flüsterte sie, als der weit kleinere Mann mit unbewegter Mimik neben ihr stehen blieb und über die Ebene aus brauner Erde, Steinen, Sand und hier und da herumkrabbelnden Insekten sah.
 

"Ist es echt oder nur ein Hologramm?"
 

"Ich weiß, es ist unglaublich. Aber vielleicht ist alles, was wir bisher gesehen haben nur ein Hologramm.. und die Technik ist endlich ausgefallen und wir sind in der Realität."
 

"Das hätten die Sensoren gemerkt."
 

"Vielleicht sind auch die nicht echt, vielleicht... wie war das Wort noch einmal? Ruhen? Es könnte sich genau so gut in unseren Unterbewusstsein abgespielt haben, so wie die Netzwerksphäre. Das hier fühlt sich so real an..."
 

Er sagte nichts.

Sie beobachtete die rote Kugel, die sich zu bewegen schien und die nun vor ihnen Stück für Stück über den Horizont schob. Aber vielleicht war es gar keine Kugel, sondern länglich?

Anspannung.

Wie vor einem ihrer Experimente.

Nur dieses Mal ging es nicht um eine bestätigte oder falsche Hypothese. Diesmal bestand alles nur aus unbekannten Variablen.
 

"Was ist das?"
 

Nur träge konnte sie sich von ihrem Experiment losreißen und sehen, wie der heftige Wind etwas Sand und andere Partikel in Killys Gesicht und Haare wehte.
 

"Ich weiß es nicht."

"Analysiere es."

"Geht nicht. Alles ist ausgeschaltet."

"Das ist ungewöhnlich."

"Ja.
 

Ich habe so etwas schon mal in Aufnahmen von der Netzwerksphäre gesehen. Nur war es dort grüner aber genau so wunderschön."
 

Hohe Gräser, unendlicher Horizont. Alles was hier war, war ein angenehmes, unendliches Braun in hunderten Nuancen.
 

"Schön ist es hier." Tief atmete sie ein.

Dreck und Wind und Regen spürte sie in ihren Lungen.

Doch es fühlte sich besser, richtiger, an, als die gereinigte Stoffmixtur, die es unten zu atmen gab.
 

Sie hörte Schritte und drehte sich nun ganz zu ihrem Begleiter um, starrte auf seinen Rücken.
 

"Killy?
 

Du gehst zurück?"
 

"Ja."
 

"Weshalb?"
 

Sein Gesicht war immer noch unbewegt. Er mochte ihre Fragerei nicht.... zu laut.
 

"Es handelt sich nicht um die Netzwerksphäre."
 

"Nein.."
 

Auch sie sehnte sich nach der neu gefundenen Stille unten zurück. Doch noch mehr nach der Wärme, die sich in Form einer roten, vielleicht runden, Kugel über den Horizont stahl. Ob dieses Licht wirklich die Wellenlänge hatte oder ob es von Partikeln in der Luft rot gebrochen wurde?
 

Es war ihr egal.

Sie würde es eh nie erforschen können. Hier gab es nichts, was sie nähren konnte und auch ohne Sensoren spürte sie, dass die Temperatur zu hoch für ihre Lebensfähigkeit wäre.
 

Sie hörte Killy wieder heruntersteigen.

Hörte den Wind und das leise Zirpen um sie herum, von dem eines zurück mit Killy in die Dunkelheit stieg.
 

"Wonach willst du dort unten noch suchen Killy?", flüsterte sie Minuten später gegen eine unendliche Wüste aus Braun und Stein.
 

Hitze.
 

Und sie lief los.

Hier gab es wenigstens etwas zu finden.

Nicht wie unten.

Sie suchten schon viel zu lange.
 

Laufen und suchen, ihre Schritte wurden schneller im ersten Licht des ersten Morgens.
 

Und die Grillen zirpten.



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