Das Herz des schwarzen Drachens von Jarmina ================================================================================ Prolog: -------- Arva erwachte am Boden liegend in ihrem Zimmer. Dunkelheit umgab sie. Es war Nacht. Im Haus war es still. Aber irgendetwas stimmte nicht. Die Elfe konnte sich nicht erinnern, was passiert war. Warum lag sie auf dem Boden? Das Holz war kalt und hart. Sie wollte aufstehen, aber als sie den Kopf hob, schien sich der Raum plötzlich um sie zu drehen und das Schwindelgefühl zog sie wieder zu Boden. Angst erfasste das junge Mädchen. In ihrem Kopf rauschte es laut und sie wusste, dass das Geräusch nicht von Außen kam. Übelkeit überkam sie wie eine unerwartete Welle und sie schaffte es gerade so ihr Gesicht zur Seite zu drehen, bevor sie sich übergab. Das Erbrochene blieb ihr in den langen Haaren hängen, die sich offen auf dem Boden ausgebreitet hatten. Der Ekel trieb sie dazu sich aufzurichten, obwohl der Boden dabei um sie zu kreisen schien, wie der Mond um die Erde. Sie wartete ab, bis das Schwindelgefühl weniger wurde und kämmte sich dann unter leisem Schluchzen die klebrigen Speisereste aus den Haaren. „Mama…“, jammerte sie ängstlich. Arva verstand nicht, was mit ihrem Körper los war. Sie versuchte aufzustehen, aber ihr Kopf schmerzte und ihre Beine waren so schwach, dass sie wieder zu Boden sank. Schluchzend versteckte sie ihr Gesicht hinter ihren Händen, während sie verzweifelt versuchte, sich daran zu erinnern, was geschehen war. Sie spürte, dass es dort wo sie saß, feucht war. Sie hatte in einer Pfütze gelegen. Noch mehr Erbrochenes? Doch es war so dunkel, dass sie nicht erkennen konnte, was genau es war. Sie wollte es auch lieber gar nicht wissen. Arvas Verstand arbeitete wie in Zeitlupe und einzelne Erinnerungsfetzen tauchten in ihrem Gehirn auf, nur um nach ein paar Sekunden wieder zu verschwinden. „Mama…“, schluchzte sie erneut, aber ihre Mutter schien sie im Nebenzimmer nicht zu hören. Das Mädchen gab es auf, nach ihr zu rufen und versuchte stattdessen noch einmal aufzustehen und schaffte es, sich auf das Bett hoch zu ziehen, das nicht weit von ihr entfernt an der Wand stand. Der weiche Stoff der Decke war nass, und dort wo sie sich hingesetzt hatte, quoll die Flüssigkeit wie aus einem Schwamm wieder heraus, um stattdessen vom Stoff ihres Kleides aufgesogen zu werden. Es war ein unangenehmes Gefühl, aber Arva war viel zu schwach, um sich einen anderen Sitzplatz zu suchen. Auch in ihrem Gehirn schienen die Gedanken zu verschwimmen und zu verlaufen, als wären sie mit Wasserfarbe geschrieben. Alles war vertraut und fremd zugleich; zwar glaubte sie zu wissen, wo sie war, aber nichts war so, wie sie es in Erinnerung hatte. In ihren Ohren rauschte es wieder und ein neuerliches Schwindelgefühl überkam sie, sodass sie beschloss, sich lieber hinzulegen. Dabei merkte sie, dass sie nicht die einzige war, die sich in diesem Bett ausruhte. Sie hätte geschrien, wären ihre Gedanken nicht so seltsam umnebelt und ihr Inneres nicht so taub und gefühllos gewesen, wie in diesem Augenblick. Arva betastete verwirrt die reglose Gestalt. Ihre Hände fuhren über groben Stoff, der an manchen Stellen Risse hatte unter denen sie kalte Haut spürte. Als sie sich schließlich bis zum Kopf der Person vorgetastet hatte und die lockigen Haare berührte, die so vertraut nach Zedernrauch dufteten, erkannte sie, dass es ihre Mutter war. Der Schreck weckte sie aus ihrer seltsamen Trance und allmählich begann ihr schmerzender Kopf wieder langsam zu arbeiten und sie fragte sich, warum ihre Mutter nicht in ihrem eigenen Bett lag und warum sie ihr nicht antwortete. Sie hob vorsichtig den Kopf und sah sich um. Von Außen schien ein wenig Mondlicht herein und Arvas Augen, die sich mit der Zeit an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnten die Silhouetten von einigen Möbeln ausmachen. Es war tatsächlich ihr eigenes Zimmer. Aber die Einrichtung lag umgeworfen und zerbrochen übereinander, anstelle des Fensters klaffte ein Loch in der Wand und überall lagen Glasscherben, in denen sich kalt das schwache Mondlicht spiegelte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie wollte ihre Mutter wecken, damit sie nicht so allein mit dem Chaos in ihrem Zimmer und in ihrem Kopf fertig werden musste. Als sie sie kraftlos schüttelte, da ihre Kehle zu ausgetrocknet war, um nach ihr zu rufen, spürte sie, dass der Körper ihrer Mutter sich kalt und hart anfühlte. Sie schien auch nicht zu atmen und regte sich auch nicht, als Arva kräftiger schüttelte und heiser ihren Namen schluchzte. Verzweifelt sah sie sich nach der Kerze um, die irgendwo unter dem umgestürzten Nachttisch liegen musste. Sie wollte aus dem Bett steigen, um den Boden nach der Kerze abzusuchen, aber sie stellte fest, dass sie zu steif vor Angst war, um das Bett zu verlassen. „Mama…“, wimmerte sie verzweifelt. Ein paar Tränen liefen ihr heiß über die Wangen, aber sie zwang sich, sich zu beruhigen und eine Lösung zu finden. Plötzlich fiel ihr etwas ein: Sie trug doch den Lichtstein von ihrem Vater! Das spitzohrige Mädchen zog rasch die Kette mit dem schwarzen Opsidiananhänger aus ihrem Ausschnitt und umschloss ihn fest mit einer Hand. >Bitte, ich brauche Licht!< , dachte sie angestrengt. Die Elfe sammelte ihre letzte Kraft und konzentrierte sich auf den schwarzen Stein, der daraufhin hell zu glühen begann. Erleichtert atmete sie auf, da dies nicht immer gelang, und hielt den Stein hoch, um das Zimmer zu erhellen. Es bot sich ihr ein furchtbarer Anblick: Fast alle Möbel lagen kaputt im Zimmer verteilt, das Fenster war grob aus der Wand gebrochen und die Vorhänge lagen zerrissen zwischen den kaputten Holzrahmen am Boden; sie sahen aus, als hätte ein Tier mit riesigen Krallen sich daran festgehalten. >Vielleicht war es ein Bär?< Dachte Arva entsetzt. Jemand von den Jägern hatte vor einigen Wochen berichtet, dass er einem riesigen weißen Bären begegnet sei, woraufhin Arva sich wochenlang nicht mehr allein in den Wald getraut hatte, jedoch wagten sich die Tiere normalerweise nicht in die Nähe der Siedlungen. Arva wandte zögerlich den Blick vom Fenster ab, und drehte ihren Kopf hinüber zum Bett, wo ihre Mutter noch immer bewegungslos neben ihr mit dem Gesicht nach unten lag. Das Mädchen zitterte, als sie die Schulter ihrer Mutter griff, um sie vorsichtig umzudrehen. Ihr schwante nichts Gutes. Sie brauchte beide Hände, um die schwere, steife Frau auf den Rücken zu drehen, darum legte sie den Lichtstein kurz beiseite, der daraufhin erlosch. Als das Mädchen es geschafft hatte, nahm sie den Lichtstein wieder in die Hand, der sofort wieder hell zu leuchten begann und Arva zeigte, was sie lieber nicht gesehen hätte: Das Gesicht ihrer Mutter war kaum noch erkennbar; Ganze Teile ihrer Gesichtshaut und ihrer Kehle waren herausgerissen worden und sich überlappende Zahnabdrücke bildeten groteske, blutige Muster auf Stirn und Kinn. Mit einem Aufschrei ließ sie den Lichtstein fallen und sprang panisch so weit wie möglich vom Bett weg, bis sie stolperte und fiel und mit dem Rücken gegen die Wand krachte. Sie keuchte auf und hustete, bis das Husten in hysterisches Schluchzen überging. In der Dunkelheit kauerte sie sich zusammen, wie ein ängstliches kleines Tier, während ihr Verstand sich in Unglauben und Panik aufzulösen schien, wie Zucker in warmem Wasser. Sie wollte das Gesehene nicht begreifen. Die Erinnerung löste sich in bunte Farben auf und bildete schlierenhafte Muster, die jedoch plötzlich die zackigen Konturen der Bisswunden annahmen, als würden ihre Gedanken dagegen ankämpfen, sich von Arva mutwillig auslöschen zu lassen. Dann wurde plötzlich alles weiß und ein schriller hoher Ton steigerte sich in ihrem Inneren, bis eine weitere Erhöhung unmöglich wurde und er plötzlich erstarb. Mit dem Ton verschwanden auch die Bilder in ihrem Kopf. Es herrschte Stille. Angenehme, schwarze Stille. Und Gleichgültigkeit. Kapitel 1: Ungerechtigkeit -------------------------- Ihr Verstand sagte ihr eiskalt, dass alles was sie gesehen hatte, wahr war. Ihre Mutter war tot. Sie war jetzt allein. Sie würde damit leben müssen, ob sie wollte oder nicht. Die Tränen hatten aufgehört zu fließen. Arva wischte sich zitternd mit dem Ärmel das Gesicht ab und tastete mit feuchten Händen nach dem heruntergefallenen Stein. Sie fand ihn und hängte ihn sich nur um den Hals. Er leuchtete nicht mehr. Seltsam betäubt begann sie zu überlegen, was sie jetzt tun sollte, während sie mit schmerzendem Kopf an der Wand lehnte. Sie jemandem Bescheid sagen. Aber wem? Die Dorfwachen würden bestimmt glauben, dass sie selbst Nyla getötet hatte. Sie trauten ihr nicht. Ohne Nylas Schutz würden nicht zögern Arva sofort hinzurichten. Sie hatten Arva immer für gefährlich gehalten. Sie musste fliehen. Weit weg. Verwandte hatte sie nicht. Sie hatte Freunde in der Nachbarsiedlung, aber dort würde man sie schnell aufspüren. Am besten das Land verlassen. Man würde wahrscheinlich nach ihr suchen, um sie hinzurichten. Auch wenn sie unschuldig war. Aber niemanden würde das interessieren. Man hatte ihr nie geglaubt. Wohin würde man ihr nicht folgen? Diarra. Die Elfen standen kurz vor dem Krieg mit Diarra. Es war verboten die Grenzen zu übertreten. Die Menschen waren Feinde. Vielleicht würde sie dort vorerst sicher sein. Sie konnte sich im Wald verstecken und den Menschen aus dem Weg gehen. Sie wäre sicher hinter der Grenze. Sicher vor ihrer eigenen Rasse, die sie mehr fürchtete als den Feind. Ein sarkastisches Halb-Lächeln brachte ihre Mundwinkel zum Zucken. „Ja, jetzt können sie mich zu Recht verrückt nennen.“, dachte sie in einem unangebrachten Anflug schwarzen Humors. Sie seufzte müde. Es war Zeit zu gehen. Ihr war zwar noch schwindelig, aber sie zwang sich dennoch, aufzustehen und in die Küche zu gehen. Dort ließ sie sich, von dem kurzen Weg schon erschöpft, auf einen Stuhl sinken und trank ein wenig Wasser aus einem Krug, um wieder zu Kräften zu kommen. Danach ging es ihr schon wieder etwas besser und sie fühlte sich kräftig genug, um ihre Sachen zu packen. Während in ihrem Kopf eine seltsame, taube Stille herrschte, die von keinem Gedanken unterbrochen wurde, packte sie mechanisch etwas zum Essen, ihr weniges Geld, Kleidung, und eine warme Decke ein und wollte gerade hinausgehen, als sie laute Stimmen vor der Tür vernahm. Sie verhielt sich so ruhig wie möglich und horchte. „Ich wollte heute Nacht nach meinem Esel sehen, weil ich aus dem Stall so seltsame Geräusche gehört habe, aber dann merkte ich, dass sie aus dem Nebenhaus kamen und nicht aus dem Stall. Die Tür war zerbrochen, also bin ich hinein gegangen, um zu sehen, ob die kleine Irre womöglich wieder einen Anfall hat und Nyla vielleicht Hilfe braucht, da habe sie gesehen; sie stand vor der Leiche ihrer Mutter und war ganz mit ihrem Blut besudelt...“ Arva stockte vor Schreck der Atem. So rasch wie möglich schlich sie zum Fenster und sprang mit ihrem Rucksack heraus, was von den Stadtwachen, die zusammen mit dem alten Mann anrückten, der aufgeregt von der riesigen Blutlache plapperte, zum Glück unbemerkt blieb. Sie wartete, bis die Männer das Haus betreten hatten und huschte dann schnell in den Wald, der kurz vor ihrer Tür begann. Die ganze Siedlung war von einem riesigen Waldgebiet umgeben, in dem noch viele andere Dörfer der Elfen Schutz fanden. Arva versuchte vorsichtig zu gehen, um nicht zu laut zu sein und hörte noch wie einer der Wachen rief: „Sie kann noch nicht weit sein, sucht alles ab.“ Arva gab es auf leise sein zu wollen und rannte stattdessen so schnell sie konnte tiefer in den Wald, aber weil es Nacht war und sie im fahlen Mondlicht den Boden kaum erkennen konnte, stolperte sie mahrfach über Wurzeln und Stöcke. Beim dritten Mal, als sie stolperte, verdrehte sie sich den Knöchel und fluchte. Trotzdem stand sie auf und rannte ungeachtet des Schmerzes weiter. Zwar schienen die Wachen sie nicht zu verfolgen, aber sie wollte kein Risiko eingehen und sicherheitshalber einen Vorsprung haben. Nach einer Weile schmerzte der verletzte Knöchel so sehr, dass sie nur noch langsam vorwärts kam, doch als sie plötzlich ein Geräusch hinter sich hörte, rannte sie erneut los, wie ein aufgeschrecktes Reh. In Panik sah sie sich um, konnte aber Niemanden entdecken. Plötzlich stolperte sie über etwas Großes, Weiches, das ein Knurren von sich gab. Arva lag reglos da und hoffte, dass der Wolf einfach wieder einschlafen würde, doch zu ihrer Überraschung setzte er sich auf und zog sein Schwert. Jetzt erkannte Arva, dass es ein Mensch war, über den sie gestolpert war, eine Frau. Sie hatte unter einer Felldecke geschlafen. „Entschuldigung!“ wimmerte Arva ängstlich. Die Frau musterte sie mit zusammengekniffenen Augen und fragte in einem unfreundlichen Tonfall: „Wer seid Ihr?“ Vor Angst sprudelten ihr die Worte aus dem Mund, noch ehe sie daran denken konnte, dass es besser wäre zu lügen. „Ich heiße Arva Seleas! Tochter von Nyla! Ich bin sechzehn Jahre alt und komme aus...“ „Ja, ja, schon gut,“ unterbrach die Frau sie, „Ich wollte nicht deine ganze Lebensgeschichte hören. Sag mir nur, warum läufst du nachts allein im Wald herum, Arva Seleas?“ „Ich habe mich verlaufen!“ log Arva. Die Frau stieß ein ungläubiges Brummen aus, was Arva noch nervöser machte, dann sagte sie: „Und ich dachte schon du wärst vor etwas auf der Flucht, wo du es doch so eilig hast?“ Arva erröte ertappt, was man im Dunkeln zum Glück nicht sah, und erwiderte schnell: „Ich wurde von Wölfen verfolgt!“ Die Fremde betrachtete die vom Mondlicht karg beleuchtete Elfe nachdenklich, beschloss dann ihr Schwert wieder einzustecken, und brummte dann erneut, diesmal resigniert. „Dann würde ich dir aber empfehlen im Hellen weiter zu gehen, jetzt im Dunkeln wirst du dich nur noch weiter verlaufen... von mir aus kannst du dich mit hierher legen, dann musst du dir keine Sorgen um die wilden Tiere machen, ich pass' schon auf, dass dich niemand frisst, während du schläfst.“ Arva war hin und hergerissen. Einerseits wollte sie so weit wie möglich vom Dorf weg und sie hatte Angst, dass man sie hier entdeckte. Andererseits schmerzte ihr Knöchel inzwischen so sehr, dass sie ohnehin nicht weit kommen würde und sie hatte auch keine Lust den Tieren, von denen sie der Frau erzählt hatte, zu begegnen. Wahrscheinlich war der Bär auch noch irgendwo in der Nähe. Dieser Gedanke war so grauenerregend, dass es keiner weiteren Überlegungen mehr bedurfte, um sich zu entscheiden. Die Gesellschaft der Fremden. Arva murmelte ihren Dank und breitete mit zitternden Händen ihre Decke nah neben der Schlafmatte der Fremden aus. Die Frau kroch ebenfalls zurück unter ihre Felldecke. Arva war furchtbar erschöpft und schlief trotz der Furcht und des ungemütlichen Schlafplatzes sofort ein. Als die Elfe am nächsten Morgen erwachte, hatte sie Kopfschmerzen und spürte, dass ihr Knöchel stark angeschwollen war. Sie blickte sich nach der Frau um, die gerade dabei war ein Feuer zu machen, um zwei scheinbar gerade erst erlegte Hasen zu braten. Im Licht des Sonnenaufgangs leuchteten ihre ungewaschenen, kurzen, blonden Haare golden und das Feuer ließ die gleiche Farbe in ihren silberblauen Augen tanzen. Von dem seltsamen Anblick fasziniert, setzte Arva sich auf und strich gedankenverloren über ihren schmerzenden Kopf. Doch ihre Finger zuckten sofort zurück, als sie aus Versehen die Wunde, die sie in den Wirren der letzten Nacht gar nicht bemerkt hatte, berührten. Es war ein stechender Schmerz und sie gab ein erschrockenes Geräusch von sich. Die Frau blickte von ihren Hasen auf und sah die Verletzung. Sie kam näher und betrachtete die Verletzung mit einem besorgten Stirnrunzeln. „Ist das heute Nacht passiert?“ Fragte sie ruhig und holte Verbandszeug und eine Wasserflasche aus ihrem Gepäck. „Glaube schon…“ Murmelte Arva, während die Bilder der letzten Nacht undeutlich vor ihrem geistigen Auge vorbeiflimmerten, ohne klare Konturen anzunehmen. Klauenspuren… Zerrissene Vorhänge… Kaputte Möbel…Kalte Haut… Die blonde Frau hatte begonnen ihre Kopfwunde zu säubern, als Arva unvermittelt in Tränen ausbrach. „Tut es so weh?“ Fragte die Fremde besorgt und drückte Arvas Gesicht sanft gegen ihre Brust, während sie fortfuhr die Verletzung fachmännisch zu versorgen. Arva fühlte sich erleichtert, als sie sich bei der Fremden anlehnen konnte und weinte sich wie ein kleines Kind an ihre Schulter gekuschelt aus. Das alles war so ungerecht! Warum musste ausgerechnet ihr so etwas Schreckliches passieren? Ihre Mutter war die einzige Person gewesen, die sie trotz ihrer "Anfälle" geliebt hatte. Aber ausgerechnet diese großherzige, tolerante Frau war einen grausamen, sinnlosen Tod gestorben. Niemand würde sie nunmehr in Schutz nehmen. Schon allein, wegen dem, was ihr bösartiger, verlogener Nachbar den Wachen erzählt hatte... Man würde Arva wie ein Monster jagen. Sie hatte kein Zuhause mehr. Als vaterloser Bastard war sie nun absolut allein… Nachdem die Frau sie fertig versorgt hatte, versuchte sie geduldig die verzweifelte Elfe zu trösten. Sie strich ihr zärtlich durch das lange schwarze Haar, während sie sie fest im Arm hielt und redete leise auf sie ein, obwohl Arva so in ihre eigenen verzweifelten Gedanken versunken war, dass sie nicht verstand, was sie zu ihr sagte. Das junge Mädchen atmete bei jedem Schluchzen den beruhigend normalen Stoff-Duft des groben, weißen Leinenhemdes der Frau ein, bis ihre Sinne sich ganz und gar auf diese alltägliche Sinneswahrnehmung konzentrierten. Die hysterischen Stimmen in ihrem Kopf verstummten nach und nach, während Arva langsam wieder in die Realität zurückkehrte. Außer dem Stoffgeruch nahm sie nun auch den Körpergeruch der Frau wahr. Zwar war der bittere Akzent von getrocknetem Schweiß unangenehm, aber hauptsächlich roch sie einfach warm und lebendig, was Arva unendlich tröstlich erschien. Nach einer Weile löste sie sich ein wenig wiederstrebend aus der Umarmung der Frau, die sie geduldig gehalten hatte, während Arva innerlich gegen ihre Verzweiflung gekämpft hatte. Arva blickte aus feuchten Augen zu ihr auf und bemerkte, dass die Fremde gar keinen spitzen Ohren hatte, also keine Elfe sein konnte. Das erstaunte sie ein wenig. Hatte sie die Grenze zum Reich der Menschen bereits überschritten? Doch so weit konnte sie in der Nacht unmöglich gelaufen sein, ganz egal, welche Furcht sie getrieben hatte. Die Blonde lächelte sie sanft an und reichte ihr ein Taschentuch, mit dem sie sich ihre triefende Nase putzen konnte. Als Arva den ausgestreckten Arm der Frau betrachtete, merkte sie, dass dieser für eine Frau ziemlich muskulös war. Das brachte sie auf einen alarmierende Idee. „Seid ihr etwa eine Siarra?“ rief Arva, deren frisch erwachte Neugier auf willkommene Weise ihre verzweifelten Gedanken verdrängte. „Oh, tut mir Leid,“ antwortete die Fremde überrascht, „Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Siria Nimrodis. Und ja, ich bin eine Siarra… Möchtest du vielleicht etwas von mir zum Anziehen haben? Dein Kleid sieht recht mitgenommen aus… die Wölfe scheinen euch ja übel erwischt zu haben.“ Arva bemerkte geschockt, dass ihr ehemals blaues Kleid vollkommen blutgetränkt war. „Nicht nötig," Sagte sie mit zitternder Stimme, „Ich habe selbst etwas zum Wechseln eingepackt.“ Siria betrachtete Arva prüfend, als überlegte sie, ob es angebracht war ihr noch weitere Fragen zu stellen. Doch zu Arvas Erleichterung schien sie zu denken, dass es wohl besser war, Arva nicht zu direkt zu der Tragödie zu befragen, die sich letzte Nacht ganz offensichtlich bei ihr abgespielt haben musste. Während Arva sich hinter einem Baum umzog, was nicht so einfach war, weil sie mit einem Fuß ja nicht auftreten konnte, kümmerte sich Siria um die zwei Hasen, die bereits über dem Feuer schmorten. Sie dufteten köstlich und Arva bedauerte, dass sie nur Brot und Käse eingepackt hatte. Ob es unverschämt wäre, sie zu fragen, ob sie mir etwas abgibt? Sie schafft bestimmt nicht beide Hasen. < Überlegte Arva und packte dann doch lieber Brot und Käse aus und setzte sich damit neben Siria ans Feuer. Sie wollte sich von beidem ein Stück abschneiden, musste jedoch feststellen, dass sie kein Messer hatte, um dies zu tun. „Ähm...entschuldigung, habt Ihr vielleicht ein Messer?“ Fragte sie die Siarra ein wenig beschämt. „Natürlich!“ Antwortete diese und reichte ihr einen Dolch, der in ihrem Gürtel gesteckt hatte, gleich neben zwei dünnen Schwertern, dessen Scheiden ebenfalls daran festgemacht waren. Die Elfe zögerte. Ob sie damit wohl schon jemanden umgebracht hat? < „Ich meinte eigentlich eher ein Brotmesser.“ Sagte sie vorsichtig. „Tut mir Leid, so etwas habe ich nicht. Ich schneide alles mit dem Dolch. Ist praktischer.“ Diese Siarras sind wahrhaftig Barbaren. Sie essen mit dem gleichen Messer, mit dem sie ihre Feinde abstechen… Aber es wäre unhöflich ihn jetzt nicht zu benutzen...< Dachte Arva und schnitt widerwillig eine dünne Scheibe Brot und ein kleines Stück Käse damit ab. „Du bist ja sehr sparsam.“ Bemerkte Siria, „Hast du noch eine lange Reise vor dir? Wohin willst du?“ Arva erstarrte. Was sollte sie sagen? Sie kannte die Namen der umliegenden Dörfer nicht und zurück in ihr Heimatdorf konnte sie auch nicht. Erneut stiegen der Elfe die Tränen in die Augen und Siria sah sie erschrocken an. „Was hast du denn, Schätzchen? Hab ich was Falsches gesagt?“ Arva schüttelte den Kopf und rief : „Ich weiß nicht wo ich hin soll!“ Siria setzte sich wieder neben sie und strich ihr tröstend durchs Haar. „Warum weißt du das nicht?“ Arva schniefte und wusste nicht, ob sie ihr die Wahrheit anvertrauen konnte. Siria war so nett, aber sie kannte sie erst seit ein paar Stunden und wer wusste, ob sie, wenn sie erfuhr, dass Arva vielleicht eine Mörderin war, sie nicht ausliefern würde. Siarras sollte man nicht vertrauen. < Beschloss Arva und antwortete nicht. Sie weinte auch nicht mehr. Sie starrte nur traurig in die Flammen des Lagerfeuers und bemitleidete sich selbst für ihr hartes Schicksal. Als Siria keine Antwort bekam, zuckte sie nur die Schultern und sagte: „Wenn du kein Zuhause hast, kannst du mit zu mir kommen, ich wohne im Palast der Königin von Namaycuh. Es ist eine lange Reise, aber es wäre bestimmt ein Zimmer für dich frei und vielleicht könnten wir dir dort auch Arbeit beschaffen.“ Arva starrte sie überrascht und voll Dankbarkeit an. Wie kann sie mir so spontan vertrauen? Sie will mich mit zu sich nehmen, obwohl sie mich gar nicht kennt und ich ihr nicht einmal sage, warum ich weg muss? Vielleicht sind die Siarras doch nicht so kaltherzig, wie alle sagen! < „Vielen Dank!“ Antwortete Arva, „Ich würde gerne mit Euch gehen!“ Kapitel 2: Verfolgt ------------------- Das zweite Kapitel ist endlich fertig! Es ist sogar ein bisschen länger als das erste, glaub ich. Ich hab es gestern Nacht noch fertig geschrieben, ich hoffe also, es sind nicht zu viele Schreibfehler drin. Egal, viel Spaß damit! ^___^ PS: Vielen Dank an Fuchsungeheuer, der mir bei einer schwierigen Formulierungssache geholfen hat!(Ich hab es noch ein bisschen verändert, aber ohne deinen Vorschlag wäre ich nicht weiter gekommen!^^) _____________________________________________________________________________ 2.~Verfolgt~ Als Siria keine Antwort bekam, zuckte sie nur die Schultern und sagte: „Wenn du kein Zuhause hast, kannst du mit zu mir kommen, ich wohne im Palast der Königin von Namaycuh, es ist eine lange Reise, aber es wäre bestimmt ein Zimmer für dich frei und vielleicht könnten wir dir dort auch Arbeit beschaffen.“ Arva starrte sie überrascht und voll Dankbarkeit an. >Wie kann sie mir so vertrauen? Sie will mich mit zu sich nehmen, obwohl sie mich gar nicht kennt und ich ihr nicht mal sage, warum ich weg muss. Wahrscheinlich hält sie mich für eine Bettlerin oder dergleichen. Um so besser... Dann wird sie vielleicht keine Fragen stellen.< „Vielen Dank.“ Antwortete Arva. „Ich würde gerne mit Euch gehen.“ Siria lächelte freundlich und bot ihr ein Stück Hase an. Arva nahm es dankend entgegen und lächelte, während sie es verspeiste. Zumindest hatte sie jetzt wieder eine Aussicht für ihre weitere Zukunft. Nachdem sie gegessen hatten, begannen die beiden ihre Sachen zu packen. Die Elfe stand auf, um ihre Decke zusammen zu falten, wobei ihr auf unangenehme Weise ihr verletzter Knöchel wieder bewusst wurde. Ein heftiger Schmerz schoss der Elfe das Bein hoch und sie sank mit einem erstickten Schrei wieder auf die Knie. Siria, die glaubte, Arva sei bloß umgeknickt, hielt ihr die Hand hin, um ihr auf zu helfen. Doch das Mädchen jammerte: „Ich kann nicht!“, und drehte sich von ihr weg. Siria setzte sich zu ihr und fragte etwas ungeduldig: „Warum denn nicht?“ Arva, die merkte, dass sie sich wie ein kleines Kind benahm, versuchte normal zu antworten. „Ich hab mir den Knöchel verletzt.“ Sie zog ihr Kleid ein Stück hoch, so dass die Siarra den blauen, geschwollenen Knöchel sehen konnte, wobei sie hoffte, dass Siria nicht allzu böse war, zumal sie ihr schon wieder helfen musste. Aber diese meinte nur freundlich : „Warum hast du das denn nicht früher gesagt?“ Sie packte einen der Beutel wieder aus und holte das Verbandszeug hervor. Anschließend legte sie es neben sich und betaste vorsichtig den Knöchel des Mädchens. Arva biss die Zähne zusammen um nicht zu schreien. „Kannst du den Fuß bewegen?“ Fragte Siria. „Ja aber es tut weh!“ Antwortete Arva und starrte zu Boden, während sie versuchte die Tränen weg zu blinzeln. „Er ist wohl nicht gebrochen,“ meinte Siria und begann ihr einen festen Verband zu machen. „Aber du solltest die nächsten Tage lieber nicht so viel herumlaufen...zu dumm, dass ich kein Pferd mehr habe!“ Arva, die verlegen versuchte von sich abzulenken, fragte: „Warum habt Ihr kein Pferd mehr?“ „Ein Werwolf hat es vor fünf Tagen gefressen.“ Erwiderte Siria traurig und verstaute nach vollendeter Arbeit das Verbandszeug wieder in ihrem Rucksack. „Ein Werwolf? Hier?, rief Arva entsetzt. „Nicht hier, an der Grenze bei Doyenka.“, sagte Siria mit tonloser Stimme, während sie ihren Rucksack aufsetzte. Arva traute ihren Ohren nicht. „Doyenka sagtet Ihr?“ „Ja, warst du schon mal dort?“ „Nein, ich war noch nie dort, aber ich hab schon viel darüber gehört! Vor kurzem wurden die Dämonen wieder aus ihrem Gefängnis in den Hadeshöhlen befreit, Ihr müsst verrückt sein, dort hinzugehen! Die Dämonen in Doyenka töten jeden Menschen der ihr Reich betritt. Das könntet Ihr gar nicht überleben!“ „Ich komme mir eigentlich recht lebendig vor.“ meinte Siria leicht genervt und Arva schwieg beschämt, weil sie ihr loses Mundwerk wieder nicht im Zaum halten konnte. >Ich glaube, sie hat gelogen. Sie ist bestimmt zu arm, um sich ein Pferd leisten zu können und will das vor mir nicht zugeben. Aber sie scheint traurig zu sein, vielleicht sagt sie ja die Wahrheit...aber Doyenka? Dort würde ein normaler Mensch sich nicht allein hinwagen, ich bezweifle, dass sie so eine gute Kriegerin ist, auf mich wirkt sie nicht im geringsten gefährlich...< Während die Elfe weiter darüber nachdachte, überlegte Siria welche Möglichkeiten sie hatten, um das Pferdeproblem zu lösen. Das Ergebnis war, dass sie Arva einen großen Stock reichte, auf den sie sich stützen konnte. Sie half dem Mädchen dabei, ihre Sachen einzupacken, dann machten sie sich auf den Weg. Nach einer Weile war Arva jedoch ziemlich erschöpft; das Wetter war kalt und es regnete leicht, und sie hatte keine Lust mehr, weiter zu gehen. Gerade wollte sie sich beschweren, da hörte sie Pferde hinter sich. Sie wurde kreidebleich: Es waren die Stadtwachen aus ihrer Siedlung, mit ein paar Männern als Verstärkung. Siria hatte sie auch bemerkt und blickte misstrauisch zu ihnen herüber, während ihre Hand bereits zu ihrem Schwertgriff wanderte. >Sie jagen mich, als wäre ich ein gefährlicher Verbrecher!< Dachte Arva verächtlich. >Aber es ist zu spät um sich zu verstecken, sie haben mich schon gesehen. Ich sollte Siria schnell die Wahrheit sagen, vielleicht beschützt sie mich dann, sie ist ja angeblich eine Kriegerin. Nein, das geht nicht, ich darf sie da nicht mit reinziehen! Aber was soll ich sonst tun? Ich weiß! Ich werde so tun, als ob ich gar nicht wüsste, wovon diese Leute reden. Ich sage, ich habe meine Verwandten besucht! Ich bin unschuldig, ich werde nicht weglaufen, ich habe keinen Grund dazu!< Sie warf noch einen Blick über die Schulter und bemerkte, dass die Männer scheinbar gar nicht vorhatten, sie zu fragen, ob sie unschuldig war. Einer von ihnen hatte einen Bogen, den er gerade spannte, und dann abschoss. Arva schloss erschrocken die Augen und machte sich bereit zu sterben, doch sofort stand Siria mit gezogenem Schwert vor ihr, und wehrte den Pfeil ab. Sie war so schnell, dass Arva es erst mitbekam, als der Pfeil mit einem klirrenden Geräusch gegen ihr Schwert prallte und seitlich ins Gras fiel. Die Männer ritten auf sie zu, doch Siria blieb ruhig stehen, und wartete bis ihr Anführer vor ihr halt machte. „Falls Ihr es nicht mitbekommen habt, Herr,“ sagte sie in ruhigem Tonfall, „Es herrscht schon seit einigen Monaten Frieden zwischen Elfen und Siarras. Welchen Grund habt Ihr also mich anzugreifen?“ Siria sagte es ganz freundlich, aber es wirkte trotzdem bedrohlich, da ihre Augen sich dabei zu Schlitzen verengt hatten wie bei einem wütendem Raubtier kurz vorm Angriff. „Ihr beschützt eine Mörderin!“ Entgegnete der Anführer, nicht annährend so freundlich, „Bei uns wird das mit dem Tod bestraft.“ Arva zuckte zusammen. >Das war’s, ich bin erledigt und Siria auch, ich hätte sie da nicht mit reinziehen dürfen...< Doch Siria antwortete nur höflich: „Entschuldigt bitte, Herr, aber ich kenne keine Mörderin. “ Arva sah erschrocken auf. >Sie verspottet sie, obwohl sie in der Überzahl sind! Sie werden sie töten und es ist meine Schuld!< Doch Siria schien sich keine Sorgen zu machen und fuhr fort, sich dumm zu stellen. „Arva, hast du hier eine Mörderin vorbeikommen sehen?“ Dem Mann reichte es, er zog sein Schwert und wollte Siria erschlagen, aber Siria wehrte den Hieb geschickt ab, so dass das Schwert des Angreifers im hohen Bogen davon flog. Rasch setzte sie ihm die Schwertspitze unter das Kinn und fragte nicht mehr im geringsten freundlich: „Seid ihr sicher, dass Ihr Euch mit mir streiten wollt?“ Sie starrte ihn wütend an und der Mann stammelte nur : „Wenn Ihr mich tötet wird es das letzte sein was Ihr tut! Meine Männer werden euch zur Strecke bringen!“ „Sollen sie es versuchen!“ Knurrte Siria und erinnerte Arva wieder an einen Wolf. Dem Mann brach der Schweiß aus und niemand rührte sich. Schließlich nahm Siria langsam die Schwertspitze von seinem Hals und sagte ruhig: „Wenn Ihr es noch einmal wagen solltet, meine Freundin Mörderin zu nennen, werde ich nicht zögern, Euch zu töten!“ Sie steckte ihr Schwert wieder ein, drehte sich seelenruhig um und zog Arva sanft mit sich. Die Männer machten keine Anstalten sie anzugreifen, sondern warteten auf den Befehl ihres Anführers, den Siria soeben bedroht hatte. Siria grinste selbstzufrieden und Arva begriff nicht, warum ein Trupp erwachsener, bewaffneter Männer sich vor einer Frau fürchten sollte. Gut, sie hatte einen besiegt, aber mit Allen gleichzeitig würde sie es sicher nicht aufnehmen können. Doch die Männer zogen sich -nachdem der Besiegte ihnen etwas zugeflüstert hatte- , beinahe fluchtartig zurück. Arva fragte sich zwar, was sie wohl so in Angst versetzt hatte, aber sie beschloss nicht weiter darüber nachzudenken, denn Siria hatte ihr auch vertraut und sie beschützt, obwohl alles gegen sie sprach. Sie blickte die Frau an und fragte dann: „Glaubt Ihr, dass ich jemanden getötet habe?“ Siria zog eine Augenbraue hoch und sagte spöttisch: „Du halbe Portion? Niemals! Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du den Mut hast, jemanden zu töten.“ Arva war einerseits erleichtert, aber auch etwas gekränkt. Wirkte sie auf Siria etwa wie ein ängstliches Kind? Siria klopfte ihr auf die Schulter und sagte: „Aber mach dir keine Sorgen, bis wir Namaycuh erreicht haben, müssen wir noch ein Stück von Doyenka durchqueren. Da wirst du lernen zu kämpfen ob du willst, oder nicht!“ „Ihr seid wahnsinnig!“ Schrie Arva entsetzt.“ Ich geh doch nicht freiwillig ins Reich der Dämonen! Ihr mögt stark sein , aber den Dämonen seid Ihr nicht gewachsen. Niemand ist das! Oder seid Ihr vielleicht selbst ein Dämon? Sind die Männer deshalb vor Euch geflohen? Bestimmt seid Ihr ein Monster das meine Seele stehlen will!“ Siria brachte sie mit einer Ohrfeige zum Schweigen. Obwohl sie nicht fest zugeschlagen hatte kamen Arva die Tränen und sie wurde sich ihrer Unverschämtheit bewusst. Siria hatte ihr gerade das Leben gerettet und sie hatte nichts besseres zu tun als sie als Dämon zu verfluchen. >Nach allem was sie für mich getan hat! Sie war so nett zu mir, sie kann kein Dämon sein. Ich bin ein Idiot, solche Sachen zu sagen!< „Niemand zwingt dich mit mir zu gehen.“ Sagte Siria kalt und Arva entschuldigte sich heftig. Siria lächelte und streichelte ihr die Wange. „Schon gut. Tut mir Leid, dass ich dich geschlagen hab. Aber ich habe seit ich in Luzerne bin, ständig so etwas hören müssen. Du vergisst, dass ich eine Siarra bin; Dämonen machen mir keine Schwierigkeiten, mein Volk kämpft schon seit Generationen gegen sie. Warum können Elfen nicht glauben, dass man auch als Mensch stark sein kann, ohne gleich einen Bund mit dem Bösen einzugehen?“ Arva kam sich dumm vor als sie fragte: „Verzeiht mir die dumme Frage, aber sind Siarras wirklich Menschen?“ Siria lachte. „Sehe ich für dich etwa nicht wie ein Mensch aus? Nun ja, ich war lange unterwegs und habe weder Kamm noch Spiegel dabei, aber ich dachte nicht, dass ich schon so schlimm aussehe... „ „Nein, nein, das meinte ich nicht, natürlich seht Ihr wie ein Mensch aus, aber ich habe gehört, dass Siarras schon mit besonderen Kräften geboren werden. “ „Ach ja? Was genau hat man dir denn erzählt?“ Fragte Siria und fixierte dabei Arvas Augen auf unheimliche Art und Weise. „Na ja... meine Mutter hat mir mal erzählt, dass Siarras in Wirklichkeit Dämonen sind,die in menschlichen Körpern gefangen sind und deshalb ihre Kräfte nicht ganz entfalten können...“ „Tja, Kleines, da hat man dich angelogen. Siarras kommen nicht stärker auf die Welt als andere. Sie werden bloß von klein auf einem harten Training unterzogen. Dass wir übermenschliche Kräfte besitzen, ist frei erfunden! Jeder kann so stark werden, man muss nur hart genug trainieren. Wir sind keine Dämonen...“ Arva rief: „Aber alle Siarras haben Magie, das weiß jeder... und außerdem ist meine Mutter keine Lügnerin!“ Siria blieb ganz ruhig, obwohl Arva sie schon wieder angeschrieen hatte und erklärte: „Dann wusste deine Mutter es eben nicht besser! Jeder besitzt Magie, man muss sie bloß entdecken, einige haben mehr und manche weniger, denjenigen die mehr haben, fällt es natürlich leichter sie zu finden und andere die weniger haben brauchen eben etwas Hilfe sie zu finden. Bei den Siarras kümmern sich die Priester darum, dass jeder seine Magie findet!“ Arva schwieg und kam sich unglaublich dumm vor. Sie war nie aus der Siedlung herausgekommen, daher hatte sie immer alles geglaubt, was man ihr erzählt hatte. „Wenn du willst, kann ich dir helfen deine Magie zu finden.“ Bot Siria ihr an. Arva starrte sie ungläubig an. “Ihr glaubt wirklich, ich hätte Magie?“ Siria nickte. „Natürlich, jeder hat Magie, das habe ich dir doch eben erklärt.“ Arva schüttelte den Kopf. „Das glaube ich Euch nicht, Ihr wollt Euch nur über mich lustig machen!“ „Ach ja, komm her, ich werde dir beweisen das es wahr ist!“ rief Siria und blickte sie herausfordernd an. „Jetzt gleich?“ Fragte Arva erschrocken. „Warum nicht? Hier stört uns zumindest niemand, im Palast werden wir sicher nicht dazu kommen.“ Arva zögerte. „Tut das weh?“ „Nur wenn du dich wehrst, wenn ich in deine Gedanken eindringe.“ Antwortete Siria gelassen. „In meine Gedanken eindringen?“ rief Arva erschrocken und wich vor ihr zurück. Siria seufzte. „Davor brauchst du keine Angst zu haben: Unsere Seelen verbinden sich für ein paar Minuten, ich könnte dann in deine Erinnerungen und jetzigen Gedanken sehen, aber ich habe soviel Respekt, dass ich das nicht tue, ich suche lediglich nach der Quelle deiner Magie und zeige sie dir. Übrigens würde ich dir auch nicht raten in meine Erinnerungen einzudringen, davon bekommst du nur Albträume. Also vertraust du mir oder hast du Angst?“ „Beides.“ Gab sie zu und Siria nahm ihre Hand. „Es gibt keinen Grund sich zu fürchten, Kleines, ich bin doch bei dir.“ Arva lächelte schwach und seufzte dann. „Na gut, aber nur wenn Ihr mir versprecht, dass es nicht wehtut.“ „Das wird es nicht, wenn du deine Gefühle unter Kontrolle hast .Bleib ganz ruhig und lass mich machen.“ >Und wenn sie doch ein böser Dämon ist, der nur meine Gedanken kontrollieren will und mich zu einer von ihnen machen? Ach quatsch! Warum sollte ein Dämon es wagen, ganz allein Doyenka zu verlassen, um ein schwaches Mädchen wie mich zu verführen? Außerdem, was habe ich schon zu verlieren? < Schließlich gab sie nach und setzte sich mit Siria ein Stück vom Weg entfernt auf eine Lichtung. Sie war furchtbar nervös. Die blonde Kriegerin setzte sich im Schneidersitz auf den Rasen unter einen Baum, der sie vom lästigen Nieselregen abschirmte, nahm Arvas Hände und schloss die Augen und wies das Mädchen an, das Selbe zu tun. Kapitel 3: Magie ---------------- 3.Magie Arva spürte wie etwas, Siria, durch ihre Hände in ihren Körper zu fließen schien. Vor ihrem inneren Auge nahm sie es als warmes, weißes Licht wahr. Es war ein angenehmes Gefühl, wie warmes Wasser, dass durch ihren Körper floss. Überall wo das Licht sie berührte, breitete sich Wärme und Ruhe in ihr aus. Schließlich kam das Licht in ihrem Kopf an. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sich Siria in ihre Gedanken einzumischen versuchte. Das warme Licht umfloss sanft ihre Gedanken, es fiel ihr schwer, sich nicht dagegen zu wehren, ihr Instinkt sagte ihr, dass das nicht richtig war, dass es gefährlich war, aber da Siria ihr gesagt hatte, es würde nichts passieren, solange sie sich nicht wehrte, bemühte sie sich keinen Widerstand zu leisten. Die Elfe blieb ganz ruhig und wartete. Sie fühlte, wie Sirias Gefühle sich zu ihren mischten und spürte ihre Konzentration und ihre Selbstsicherheit. Arva wurde von Sirias Ruhe angesteckt. Ihr inneres Ich hielt sich an Sirias Lichtstrom fest und lies sich von ihr tiefer in ihren Körper hinein ziehen. Während sie entspannt Sirias Gedanken folgte, begann sie immer mehr zu vergessen, wer sie war. Alles schien in Ordnung zu sein, am liebsten wäre sie einfach eingeschlafen, doch dann sah sie plötzlich ein helles, rotgoldenes Licht, im Inneren ihres Körpers. Siria drängte sie darauf zu und als Arva es berührte, durchströmte sie eine unglaubliche Macht, die sich nun in ihrem ganzen Körper verteilte und durch jede einzelne ihrer Adern floss. Arva wusste plötzlich wieder wer sie war, ihr wurde jede Stelle ihres Körpers deutlich bewusst und sie fühlte sich unglaublich stark und mächtig. Die Elfe blickte sich nach Sirias Licht um und sah wie Siria sich zurückzog und folgte ihr. Als sie die Augen öffnete, spürte sie wie sie zitterte und ihr war schlecht. Doch Siria schien es besser zu gehen. Ihre Hände zitterten zwar auch etwas, aber ansonsten war ihr nichts anzumerken. Doch dann entdeckte Arva erschrocken, dass sich weiße Strähnen durch Sirias blondes Haar zogen. „War es so anstrengend für euch?“ Fragte sie besorgt und berührte eine der weißen Strähnen. Siria schüttelte lächelnd den Kopf und zeigte ihr, dass sie selbst rotgoldene Strähnen in ihren sonst rabenschwarzen Haar hatte. „Gehen die wieder weg?“ Fragte Arva besorgt, denn sie fand, dass es schrecklich aussah. „Ja keine Angst.“ Sagte Siria. „Jetzt hast du die Quelle deiner Magie gefunden, nun musst du nur noch lernen, wie man damit umgeht. Wenn du die Magie richtig beherrscht, kannst du damit heilen, mit anderen, die auch Magie besitzen Kontakt aufnehmen, oder sogar Blitze und ähnliches schleudern. Wie du gemerkt hast, kostet es Kraft mit Magie umzugehen. Das liegt daran, dass die Magie sich von deiner Lebenskraft ernährt. Sie regeneriert sich mit der Zeit wieder, aber du musst aufpassen, dass du nie zuviel Magie einsetzt, sonst kann es passieren, dass du stirbst. Es wird etwas dauern, bis du weißt, wie viel Magie du anwenden kannst, ohne dich zu sehr zu erschöpfen. Aber je mehr du dich mit deiner Magie beschäftigst, desto schneller erholst du dich später wieder.“ Siria stand auf und half dann Arva auf die Beine, die sich schüchtern an ihr festhielt, weil ihr so schwindelig war, dass sie nicht alleine stehen konnte. „Sollen wir uns lieber noch ein paar Minuten ausruhen, bevor wir weitergehen?“ Fragte Siria und Arva nickte. Sie hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen und fühlte sich furchtbar schwach, umso erleichterter war sie, als Siria ihre Decke auf dem Boden ausbreitete und ihr befahl ein bisschen zu schlafen. Als Siria sie aufweckte, war es bereits später Nachmittag, die Sonne stand hoch am Himmel, und Arva fühlte sich besser. Die Frau half ihr hoch und reichte ihr ihren Stock. Dann packten sie die Decke wieder ein, und zusammen wanderten sie weiter. Während sie gingen, dachte Arva darüber nach, welchen merkwürdigen Verlauf ihr Leben soeben genommen hatte. Von einem Tag auf den anderen war sie ihrer Mutter und ihrer Heimat beraubt worden. Aber dafür hatte sie Siria kennen gelernt, die ihr gezeigt hatte, dass sie Magie besaß und ihr ein Leben voller Abenteuer bot. >Ich bin so frei wie nie zuvor in meinem Leben! < Dachte Arva glücklich, auch wenn sie mit ihrem alten Leben sehr zufrieden gewesen war, stellte sie nun fest, wie langweilig es gewesen war. Jetzt war sie auf dem Weg in ein neues Land. In ein Land in dem fast alle Krieger waren. Vielleicht würde sie selbst eine Kriegerin werden. Während Arva sich ihre Zukunft in Namaycuh ausmalte, blieb Siria plötzlich stehen und hielt auch Arva fest. „Sei ruhig!“ befahl sie, als Arva sie fragen wollte, was los sei und schloss die Augen. Arva sah plötzlich alles wie durch einen roten Schleier und entdeckte, wie silberweißes Licht die Siarra zu umgeben schien. Sie blinzelte, und das Licht verschwand wieder. Sie nahm eine ihrer Haarsträhnen in die Hand, dabei fiel ihr auf, dass die roten Stellen in ihrem Haar wieder ihre normale Farbe angenommen hatten. Auch die weißen Strähnen in Sirias Haar waren wieder blond, bis auf eine, die sich gerade bildete. Doch sie fiel zwischen Sirias blonden Haaren ohnehin kaum auf, und begann schon wieder zu verblassen, als die Frau ihre Augen aufschlug. Siria lächelte glücklich und erklärte: „Mein Sohn ist auf dem Weg hierher, wir werden ihn bald treffen, vermutlich schon morgen, er hat mich gerade kontaktiert, er sagt, er ist in der Nähe der Eisenschlucht!“ „Ihr habt einen Sohn?“ Fragte Arva überrascht. „Einen Sohn und zwei Töchter!“ antwortete Siria stolz. Arva war verblüfft und fragte: „Aber Ihr seid doch noch gar nicht so alt?“ Siria lachte. „Danke, aber ich bin schon 32, mein Sohn Kyll ist 18, meine beiden Töchter Anis und Millis sind 15 und 12.“ „Damit hätte ich nicht gerechnet.“ Sagte Arva und versuchte sich vorzustellen wie Sirias Kinder aussehen könnten. Siria ging fröhlich grinsend weiter und Arva folgte ihr nachdenklich. Wenn ihre eine Tochter so alt wie ich ist, könnte sie auch meine Mutter sein, vielleicht adoptiert sie mich ja?< Dachte die Elfe und beschloss dann, dass Siria sie bestimmt nicht so gern hatte, dass sie sie für immer am Hals haben wollte. >Ich habe ihr bis jetzt nur Umstände bereitet; Erst bin ich nachts über sie gestolpert, dann musste sie meine Wunden versorgen und sich mein Geheule anhören, dann die Sache mit den Wachen und ich habe sie als Dämonin beleidigt und wegen mir kommt sie viel schlechter voran! Ich sollte mich bemühen zur Abwechslung auch mal etwas für sie zu tun, sonst bereut sie noch, dass sie mich mitgenommen hat.< Es dämmerte und sie schlugen ihr Lager neben dem Weg auf. Sie machten ein Feuer und breiteten ihre Decken davor aus. Da Arva nur eine Decke hatte, gab Siria ihr eine von ihren ab. Das beschämte Arva, weil Siria jetzt diejenige mit nur einer Decke war, da sie auch nur zwei besaß. Arva wollte sie ihr zurück geben, aber Siria wehrte mit der Begründung ab, dass Arva verletzt sei und außerdem ,sagte sie, sei es für sie kein Problem, ihren Umhang als Decke zu benutzen. Das gefiel Arva zwar nicht, aber sie hatte Angst, dass es Siria beleidigen könnte, wenn sie ihr freundliches Angebot so hartnäckig abwehrte. Sie nahm also Sirias Decke und breitete sie über ihre. Siria ging nachdem sie alles fertig gemacht hatten, auf die Jagd , um ein Abendessen zu fangen und Arva wartete alleine am Feuer. Sie waren inzwischen soweit gekommen, dass sie die Gegend nicht mehr kannte und auch nicht mehr alleine zurückgefunden hätte. >Was, wenn sie mich jetzt hier allein lässt und nicht wieder kommt? Ich würde den Weg zurück sicher nicht finden, ich hätte keinen Ort an den ich gehen könnte. Aber sie muss ja wieder kommen, schließlich sind ihre Sachen noch hier.Aber wenn sie einfach mit ihrem Sohn weiter reist?Ach warum sollte sie das tun?< Es wurde immer dunkler und Siria kam immer noch nicht zurück. Arva kam es vor, als sei die Siarra schon Stunden fort und sie überlegte, ob sie sie lieber suchen sollte, aber sie hatte zuviel Angst um noch einmal im Dunkeln den Wald zu betreten.> Das ist lächerlich <, sagte sie zu sich selbst,> ich bin eine Elfe, ich sollte keine Angst vor dem Wald haben. < Doch sie traute sich nicht und wartete still.Dann, als sie schon kurz davor war einzuschlafen, hörte sie es im Gebüsch knacken. Zuerst wollte sie aufspringen und Siria entgegen humpeln, aber dann stutzte sie: Was auch immer dort kam, musste viel größer sein als Siria, die Schritte waren schwer, Siria bewegte sich immer fast lautlos, und sie sah, dass sich die Äste der Bäume zur Seite bogen. Schnell stürzte sie sich hinter einen Busch. Dann sah sie das Ungetüm: Es lief auf Menschenbeinen und hatte den Kopf eines Wolfes, aus seinem Maul tropfte Blut. Es warf sich auf den Boden, seine obere Hälfte zumindest; zum Vorschein kam Siria. Sie hatte einen riesigen Wolf erlegt und war voller Blut. Der Anblick war so furchterregend, dass Arva sich nicht aus ihrem Versteck wagte. Siria rief nach ihr und Arva stand vorsichtig auf.Plötzlich hatte sie das Bild ihrer Mutter wieder vor Augen, wie sie leblos und verstümmelt auf ihrem Bett lag. Siria wischte sich das Blut aus dem Gesicht und lächelte erleichtert. „Ich hatte schon Angst einer seiner Kumpels hätte dich erwischt!“ sagte sie und merkte, dass Arva sich nicht aus dem Gebüsch wagte. „Was ist los?“ Arva bewegte sich nicht, sie hatte Angst Siria könnte sich auf sie stürzen. Sie hatte so ein seltsames Glühen in den Augen. Siria kam näher und Arva stolperte von ihr weg. „Aber Kleines, du musst dich doch nicht vor mir fürchten!“ rief Siria und griff nach Arvas Arm woraufhin das Mädchen erstarrte. Siria zog sie zurück zum Feuer. Sie war viel stärker als die zarte Elfe und Arva unternahm nicht erst den Versuch, sich zu wehren. Siria setzte sie auf ihre Decken und drehte ihr den Rücken zu. Sie zog das blutige Hemd aus und Arva bemerkte, dass sie nicht unbeschadet aus dem Kampf hervorgegangen war: Drei tiefe Kratzer, von den Klauen des Wolfes, zogen sich über ihren Rücken. Arva schüttelte ihre Angst ab und half der Frau sich umzuziehen und die Wunde zu versorgen. Es sah schlimm aus, aber Siria gab keinen Ton von sich, als Arva die Wunde reinigte und verband. Hinterher dankte sie ihr und schnitt zwei große Stücke aus dem Wolf, die sie über dem Feuer brieten. Während Siria die Stücke aus dem Wolf schnitt, setzte sie sich so davor, dass Arva es nicht sehen musste. Danach schleppte sie das Tier hinter einen Busch. Nachdem sie gegessen hatten und Arva schon schlief, zerlegte Siria den Rest des Wolfkadavers und packte das Fleisch ein. Am nächsten Morgen weckte Siria Arva noch bevor die Sonne aufging. Sie wanderten im Dunkeln die Straße entlang. Es war nebelig und kalt, Arva fror und war noch müde, aber sie wollte Siria nicht nerven, also ging sie schweigend neben ihr her und bemitleidete sich selbst. Trotzdem schien Siria gemerkt zu haben, dass ihr kalt war, denn sie kramte ihren Umhang aus einem der Beutel und legte ihn der zitternden Elfe um die Schultern. Nach einer Weile wurde es heller und der Nebel verwandelte sich in schwachen Regen. Siria schien es nichts auszumachen, dass sie nass wurde. Sie ging gut gelaunt voran und achtete nicht darauf, dass Arva sich auf einen Stein am Wegesrand niedergelassen hatte, weil sie kaum noch laufen konnte, da ihr verletzter Knöchel wieder wehtat. Als Arva Siria rief, hörte diese sie nicht, und verschwand kurz darauf hinter einer Kurve im Wald. Arva beschloss zu warten, bis Siria bemerkte, dass ihr jemand fehlte. Aber Siria kam nicht zurück. Arva stand unter Schmerzen auf und humpelte weiter. Sie sah Siria weit weg jemandem zuwinken. Es war ein Mann mit einem Pferd, den Siria, als er bei ihr ankam, umarmte. >Das muss ihr Sohn sein<. Dachte Arva und schleppte sich den beiden entgegen. Siria drehte sich zu ihr um und rief, sie solle nicht so trödeln. Doch die Elfe verließen ihre Kräfte. Sie lies sich einfach auf den Boden fallen und blieb dort sitzen. Sie merkte, dass Siria sie fassungslos anstarrte und auch ihr Sohn schien etwas überrascht. Siria zuckte bloß die Schultern und wandte sich mit Kyll zum gehen. Arva saß allein auf dem kalten, nassen Weg und war den Tränen nahe. Sie konnten sie doch nicht einfach so zurücklassen! ________________________________________________________________________________ So, ich hab extra eine Nachtschicht eingelegt, um das Kapitel fertig zu schreiben, ich hoffe es hat sich gelohnt und das Kapitel gefällt euch. Außerdem will ich mich nochmal bei _aliz_,Surface und Yunhe bedanken, die meine treusten(und bis jetzt einzigen T^T) Leser sind und mich mit ihren Kommis zum weiterschreiben motiviert haben. Dieses Kapitel widme ich euch, jawohl! ^_________^ Siria Kapitel 4: Eile --------------- 4. Eile Doch dann sah sie, dass Siria zurück kam und sie von weitem ärgerlich anstarrte. >Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht weiter kann.< Dachte Arva wütend. Als Siria jedoch vor ihr stand, lies sie sich ohne zu jammern aufhelfen. „Was ist denn schon wieder mit dir los?“ Fragte Siria ungeduldig. Arva holte tief Luft und sagte dann ruhig: „Ich kann kaum noch laufen, weil mein Fuß so weh tut, dass wollte ich Euch schon die ganze Zeit sagen, aber Ihr haltet es anscheinend nicht für nötig auf mich zu warten!“ Siria seufzte und rief Kyll. Er kam mit dem Pferd zu ihnen. „Können wir uns dein Pferd ausborgen? Meins wurde leider gefressen und Arva hat sich den Fuß verletzt, sie kann kaum laufen, du kommst doch auch ohne Pferd gut voran!“ Sagte Siria. Kyll grinste und Arva fiel auf, dass er genauso wölfisch wirkte, wie seine Mutter; Er war genauso riesig, hatte spitze Schneidezähne und seine Augen machten ihr Angst. „Du kommst doch genauso gut voran! Warum trägst du sie nicht einfach?“ Fragte er und Siria funkelte ihn an. „Den ganzen Weg von hier bis Namaycuh? Hast du sie noch alle?“ Sie schnappte sich einfach die Zügel aus seiner Hand und sagte Arva, sie solle aufsteigen. Kyll stand regungslos da und starrte wütend in Sirias Augen. Sie erwiderte seinen Blick und er gab nach. „Gut, dann nimm du eben das Pferd. Aber dann musst du auch nach Diarla und dich darum kümmern, dass König Charon keinen Krieg mit Luzerne anfängt! Deine Tochter hatte schon wieder eine ihrer Visionen, in der es Luzerne und Diarla nicht mehr gab. Das übliche halt...“ Er zuckte die Schultern und fügte hinzu: „Ich werde nach Luzerne gehen und mit König Fior reden. Zu dumm, dass du so schnell aus Relyton zurück bist, Luzerne liegt da ja auf dem Weg, sonst hättest du unterwegs kurz in seinem Palast vorbeischauen können...Na ja, zumindest ist die Sache in Relyton erledigt...Das ist sie doch oder?“ Siria nickte. Arva verstand nicht wovon sie redeten, aber es klang sehr merkwürdig, als ob Siria und ihr Sohn sich einbildeten, mal eben mit den Königen zu reden und sie zu überzeugen keinen Krieg anzufangen, weil irgendwer irgendeine Vision hatte. Und sie fragte sich, ob es wirklich klug war, mit Siria zu gehen. „Denkt ihr, dass ihr so einfach in den Palast der Majestäten spazieren könnt und ihnen erzählen, sie sollen keinen Krieg anfangen, weil es ihr Land zerstören könnte? Die werden euch doch gar nicht zuhören.“ Als Kyll sie angrinste, lief ihr ein Schauer über den Rücken. „Sie werden uns anhören, da bin ich mir sicher.“ Arva hatte Angst, der Junge könnte verrückt sein und beobachte Siria, die aber ganz ruhig neben ihm stand. >Stimmt, sie hat ja vor gar nichts Angst,< dachte Arva, >oder sie ist auch verrückt<. Arva fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken und versuchte unwillkürlich sich hinter dem Hals des Pferdes zu verstecken. „ Um noch mal auf dein Pferd zurückzukommen,“ sagte Kyll, „War es ein Wolf?“ Siria schien rot anzulaufen und nickte. „Ein Werwolf glaube ich.“ Kyll sah sie ernst an. „Ist sonst jemand zu Schaden gekommen, außer dem Pferd?“ „Wer soll denn zu Schaden gekommen sein? Ich war doch alleine im Wald unterwegs. In Doyenka gibt es nicht viele Menschen, wie du weißt.“ Antworte Siria und wirkte nervös. Kyll lächelte scheinbar erleichtert und sagte: „Dann ist ja gut, ich dachte schon, die Dämonen hätten sich über die Grenze gewagt, dann wäre unser Land auch in Gefahr, aber wenn du so dumm bist, ein Pferd mit nach Doyenka zu nehmen, bist du selber Schuld.“ Siria nahm ihren Beutel von der Schulter und packte einen zweiten Beutel mit dem Wolfsfleisch aus. Sie gab Kyll die Hälfte. „ Apropos Wolf, ich habe gestern einen erlegt, aber alleine können wir das Fleisch sowieso nicht aufessen und wie ich dich kenne, hast du bestimmt zu wenig Proviant eingepackt.“ Der Junge nickte und nahm den Beutel. „Danke, ich werd’ mich dann mal wieder auf den Weg machen, es ist noch ein weiter Weg bis zu Fiors Palast und Anis hat gesagt, der Krieg liegt in naher Zukunft, also sollten wir uns lieber beeilen.“ Er wollte seine Mutter zum Abschied umarmen, aber Siria wich zurück. „Nicht dass ich deine Umarmungen nicht mögen würde, Schatz, aber meinem Rücken geht es im Moment nicht so gut.“ „Das stimmt,“ sagte Arva, „Der Wolf hat sie verletzt!“ Kyll sah sie erschrocken an. „Du bist verletzt Mutter? Warum hast du das nicht gesagt? Komm ich werde es mir ansehen!“ Doch Siria schüttelte den Kopf. „Nicht nötig, es ist nicht schlimm, sieh lieber zu, dass du so schnell wie möglich zu Fior kommst, sonst haben wir bald wesentlich mehr Verletzte.“ Kyll seufzte und gab ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Dann nahm er sein Gepäck vom Pferd, und warf es sich über die Schulter. Dann ging er. Siria blickte ihm noch eine Weile hinterher und schwang sich dann hinter Arva aufs Pferd. „Wir sollten uns auch lieber beeilen. Stört es dich wenn wir Galopp reiten? Kannst du überhaupt reiten?“ Arva verneinte aber Siria ritt einfach los. Arva klammerte sich an den Zügeln fest und nach einer Weile machten sie kurz halt um sich auszuruhen. Nachdem Beide etwas gegessen hatten, es war inzwischen dunkel, bestand Siria darauf weiter zu reiten, langsamer, versprach sie, aber Arva weigerte sich. Dann fiel ihr ein, dass sie sich vorgenommen hatte, Siria nicht mehr zur Last zu fallen und willigte, wenn auch sehr ungern, ein. Sie war unglaublich müde und es machte ihr Angst im Dunkeln zu reiten. Sie spürte, dass auch Siria hinter ihr erschöpft war und fragte: „Warum habt Ihr es so schrecklich eilig? Können wir nicht morgen weiterreiten, wir werden uns im Dunkeln nur verirren!“ „Nein, ich kenne den Weg, und wenn Anis Visionen hat, sollte man das lieber ernst nehmen! Bisher ist alles was sie vorhergesagt hat eingetroffen, sofern wir es nicht verhindern konnten!“ „Was denn zum Beispiel?“ „Die Befreiung der Dämonen von Doyenka, unzählige Angriffe auf Namaycuh, als wir noch Krieg mit euch Elfen hatten, dann hat sie den Fundort vom ‚Herz des schwarzen Drachens’ vorhergesehen und einige Dinge, von denen ich aber nicht so gerne rede.“ Arva fragte: „Was ist ‚das Herz des schwarzen Drachens’?“ Siria antwortete: „ ‚Das Herz des schwarzen Drachens’ ist ein Amulett mit dem man alle noch existierenden Drachen auf dieser Welt rufen und kontrollieren kann. Damit wurden damals die Dämonen aus Namaycuh vertrieben und in die Höhlen des Hades verbannt. Leider wurde es gestohlen und die Dämonen wurden aus ihrem magischen Gefängnis in den Höhlen befreit. Ich schätze wir werden bald ziemliche Probleme bekommen, sobald die Dämonen sich erholt und ein neues Heer aufgestellt haben. Denn dann werden sie in die umliegenden Länder einfallen und alles Lebendige töten oder versklaven! Darum müssen wir dafür sorgen, dass jetzt kein Krieg zwischen den einzelnen Ländern ausbricht, damit wir dem Feind gemeinsam gegenübertreten können.“ Arva war beeindruckt und sagte: „Aber woher wisst Ihr, dass Krieg zwischen Luzerne und Diarla ausbricht? Vielleicht hat Eure Tochter auch den Krieg zwischen Doyenka und den anderen Ländern gesehen.“ Siria sagte nur: „Anis wird schon wissen, was sie gesehen hat.“ Sie ritten bis die Sonne aufging, erst dann begann Arva zu jammern. Siria gab nach und sie schlugen ihr Lager auf. Als Arva vom Pferd glitt, musste Siria sie auffangen, sonst wären ihre Beine einfach unter ihr eingeknickt. Siria breitete ihre Decken aus und lobte Arva, dass sie so lange durchgehalten hatte, dann lies sie das Mädchen bis zum Mittag schlafen. Obwohl Siria auch müde war, nutzte sie die Zeit in der Arva sich ausruhte, um an einem nahegelegenem Fluss ihre Wasserflaschen aufzufüllen, zu baden und sich frische Kleidung anzuziehen. Sie band das Pferd an einen Baum wo es grasen konnte und legte sich dann doch kurz hin. Sie aßen den Rest Fleisch und Brot und ritten schließlich weiter. Als es dunkel wurde, bat Arva für die Nacht ein Lager aufzuschlagen und zu schlafen. Aber Siria wollte weiterreiten. Nach einiger Zeit, versuchte Arva es noch einmal, aber Siria wehrte wieder ab. Als die Elfe schließlich vor Erschöpfung zu weinen begann, ließ Siria sich erweichen und sie machten kurz Rast. Arva legte sich einfach ohne Decke auf den Boden und schlief sofort fest ein. Siria wickelte sie in eine Decke und nahm das schlafende Mädchen vor sich aufs Pferd. Arva erwachte erst wieder gegen Mittag. Die beiden hielten an, damit sie frühstücken und das Pferd sich ausruhen konnte. Arva war immer noch ein bisschen beleidigt weil Siria so hart zu ihr war, aber sie sagte nichts, weil sie sich geschworen hatte, Siria keine Schwierigkeiten mehr zu machen, außerdem sah die Frau so erschöpft aus, dass Arva ihre eigenen Sorgen völlig vergas. >Ihre Verletzung ist viel Schlimmer als meine und sie muss mich beim reiten auch noch die ganze Zeit festhalten, sie hat viel weniger geschlafen als ich, es muss ihr sehr wichtig sein, diesen Krieg zu verhindern, ich wünschte ich könnte ihr helfen!< Siria setzte sich zu ihr auf die Decke und bot ihr einen Apfel an. Arva nahm ihn wortlos und begann ihn zu essen. Die Siarra strich ihr sanft durchs Haar, dann stand sie auf und ging weg. Als sie nach fast einer halben Stunde nicht zurück war, ging Arva sie suchen. Sie fand sie hinter einer kleinen Lichtung, wo sie trainierte.Eine Weile sah die Elfe gebannt zu und staunte über Sirias Geschicklichkeit. Als Siria sie erblickte, steckte sie ihr Schwert ein und ging zu ihr. „Können wir weiter?“ Fragte sie und Arva stöhnte. „Nein, ich kann nicht. Und du auch nicht, du solltest dich lieber ausruhen als auch noch deine blöden Kampfübungen zu machen!“ Siria sah sie durchdringend an und Arva lief ein Schauer über den Rücken. „Wir müssen aber weiter, ich weiß, dass du das viele Reiten nicht gewohnt bist, aber es ist sehr wichtig, dass wir rechtzeitig da sind, um einen Krieg zu verhindern!“ „Und wenn Eure Tochter sich geirrt hat?“ rief Arva aufgebracht, „dann war das alles umsonst, der ganze Weg und die Eile!“ aber Siria blieb ganz ruhig und sagte nur: „Und was, wenn sie sich nicht geirrt hat?“ Arva schwieg und kehrte zurück in Richtung Lager. Siria folgte ihr. „ Schätzchen, ich weiß, das alles ist ein bisschen viel für dich, ich bin auch müde, aber es ist wichtiger, dass wir diesen Krieg verhindern, oder willst du das Luzerne vernichtet wird, am Ende vielleicht die ganze Welt? Wenn Krieg ausbricht, werden die Dämonen immer mächtiger...“ Siria stockte; dort wo vorhin noch ihre Sachen gelegen hatten, war nun nichts mehr. Ihre Decken und Beutel mit dem Proviant waren verschwunden, auch das Pferd war weg. Siria starrte geschockt auf den leeren Platz, aber Arva lächelte. >Ohne Pferd kann man auch nicht reiten! Und Siria kann nicht verlangen, dass ich mit meinem kaputten Fuß den ganzen Weg renne.< Siria bemerkte Arvas Freude und sah sie empört an. „Wie kannst du dich freuen, wenn gerade unsere Sachen gestohlen wurden?“ „Weil sie das Pferd auch mitgenommen haben.“ Antwortete die Elfe ehrlich. Siria schnaubte. „Ich hätte nicht gedacht, dass gerade du dich darüber freust, zu Fuß bis zum Schloss zu gehen. Wir haben es zu eilig, als wir gemütlich gehen könnten, ich kann also keine große Rücksicht auf deinen verletzten Fuß nehmen!“ Arva wurde blass. „Aber ich kann nicht so schnell!“ rief sie und Siria seufzte. „Dann wirst du hier warten müssen.“ Aber Arva wollte nicht. Sie hatte Angst in diesem fremden Land, das voller Menschen war, alleine zu bleiben. „Das kannst du nicht machen, du weißt wie Menschen sich gegenüber Elfen verhalten! Die machen mich tot, wenn du nicht da bist! Du kannst mich nicht alleine lassen!“ „Blödsinn, niemand macht dich tot, noch herrscht hier Frieden.“ Sie klammerte sich an Sirias Arm und sah flehend zu ihr auf. „Bitte bleib bei mir.“ Siria schüttelte sie ab und sagte dann: „Na gut, ich werde die Diebe verfolgen und das Pferd zurückholen. Solange wirst du aber hier warten müssen!“ Arva jammerte: „Aber das könnt Ihr nicht! Habt Ihr vergessen, dass die jetzt ein Pferd haben und wir nicht? Wie wollt Ihr sie einholen?“ Siria lächelte wölfisch und sagte: „ Ich bin eine Siarra, schon vergessen?“ Sie rannte den Pferdespuren hinterher und Arva sah ihr verblüfft nach. >Das kann sie nicht schaffen. Sie wird bestimmt zusammenbrechen. Aber was kann ich tun? Sie ist so stur! So ist es schon besser,< dachte sie und konnte endlich schlafen. Siria schlief noch, als Arva aufwachte. Es war noch sehr früh; das Licht war noch schwach und das Gras war feucht vom Tau. Arva stand vorsichtig auf, um Siria nicht zu wecken und legte den Umhang über sie, dann durchsuchte sie die Beutel nach Frühstück. Dabei musste sie leider feststellen, dass die meisten der Lebensmittel schon verdorben waren. >Verdammtes Räuberpack !Klaut unser gutes Essen und hinterlässt uns nur das!< Dachte sie und ging dann ein Stück in den Wald, um nach etwas anderem Essbaren für sie und Siria zu suchen. Die Stille des morgendlichen Waldes beruhigte sie und sie fühlte sich irgendwie frei. Es dauerte nicht lange und sie hatte mit Hilfe ihres Elfeninstinkts eine ordentliche Mahlzeit aus Beeren und Wurzeln gefunden, die für sie beide reichen würde. Sie kehrte zu Siria zurück, die noch immer schlafend am Baumstamm lehnte und richtete alles hübsch auf einem Baumstamm an. >Endlich kann ich auch mal etwas für sie tun! Sie wird sich bestimmt freuen!“ < Dachte sie glücklich. Sie ging zu Siria, um sie zu wecken und schüttelte sie vorsichtig. Siria rührte sich nicht. >Oh mein Gott! Hoffentlich ist sie nicht tot! < Dachte Arva entsetzt und schien vor Schreck fast ohnmächtig zu werden. Siria war leichenblass. Doch dann merkte sie, dass Siria noch atmete und seufzte erleichtert. Die Siarra öffnete müde die Augen und sah die Elfe benommen an. „Arva bist du es?“ krächzte sie und blinzelte. „Ja, ich bin es !“ rief Arva erschrocken. „Was habt Ihr und was kann ich tun um Euch zu helfen?“ Fragte sie aufgeregt und bemühte sich nicht zu weinen. „Ich hab Fieber, du könntest deine Magie einsetzen, um mich zu heilen...“ Sagte Siria leise und lehnte müde den Kopf an Arvas Schulter. Arva fühlte wie heiß Sirias Stirn war und bekam erneut Panik. „Sagt mir nur was ich tun soll!“ rief sie ängstlich und hielt Siria fest, denn sie drohte einfach wegzurutschen. „Konzentrier dich auf das Licht in dir.“ Flüsterte Siria. ________________________________________________________________________________ So, ich hoffe ihr seid nicht enttäuscht, von diesem etwas langweiligen Kapitel, aber das nächste wird dafür richtig spannend, versprochen!^^ Also auf jeden Fall weiterlesen! ^__^ Siria Kapitel 5: Seelenfresser ------------------------ 5. Seelenfresser Arva befolgte ihre Anweisung und suchte nach ihrem Licht. Sie fand es schneller als beim letzten Mal, es schien ihr sogar entgegen zu strömen. Sie griff es in Gedanken und sah wie ein schwacher Schimmer von Sirias silberweißem Licht sie mit sich in ihren Körper zog und als nächstes spürte sie, wie furchtbare Hitze sie umgab. Ohne das Siria ihr weitere Anweisungen geben musste, wusste sie plötzlich, was sie zu tun hatte. Sie befahl dem Licht das Feuer in Sirias Körper zu löschen und die Wunden zu verschließen. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich mächtig. Nachdem sie herausgefunden hatte, wie sie das Licht steuern konnte, fiel es ihr leicht sich durch Sirias Körper zu bewegen und alles in Ordnung zu bringen. Sie war gerade dabei den dritten Kratzer auf Sirias Rücken zu heilen, da wurde sie plötzlich von Sirias Licht umschlossen und einfach aus deren Körper geworfen. Sie schlug die Augen auf und wollte sich beschweren, aber sie brachte kein Wort über die Lippen. Ihr Körper war steif und verkrampft, sie war schweißüberströmt und hatte Mühe zu atmen. Siria schien es besser zu gehen. Sie nahm Arva hoch und hielt ihr einen Becher Wasser an die Lippen. Arva trank mühsam den Inhalt und wurde danach ohnmächtig. Als sie zu sich kam, befand sie sich wieder auf dem Pferd. Siria hatte sie vor sich aufs Pferd gehoben und hielt sie mit einem Arm an sich gedrückt. Als Arva sich bewegte ,lockerte sie ihren Griff und hielt das Pferd an. „Wie geht es dir, Kleines?“ Fragte sie besorgt und Arva antwortete: „Grauenhaft! Warum hast du mich dich nicht zu Ende heilen lassen?“ „Weil es dich umgebracht hätte!!!“ Fuhr Siria sie an und Arva lächelte. >Sie hat sich Sorgen um mich gemacht! Dann gehe ich ihr wohl doch nicht zu sehr auf die Nerven.< „Das wäre es mir Wert gewesen!“ Antwortete Arva gut gelaunt und Siria war sprachlos. „Mir scheint es hat dich schlimmer erwischt als ich dachte, du bist ja vollkommen verwirrt.“ Entgegnete die Frau, als sie sich wieder gefasst hatte. Arva merkte aber, dass sie lächelte während sie tadelnd den Kopf schüttelte. Siria half der Elfe vom Pferd zu steigen und setzte sie auf den Boden. Dann band sie das Pferd an einen Baum und setzte sich zu ihr. „Ich bin dir wirklich sehr dankbar, Kleines. Du hast mir das Leben gerettet. Aber sei nächstes Mal vorsichtiger; wenn du Magie einsetzt, wird dein Körper immer schwächer, ohne das du es merkst. Wenn du zu viel Kraft verbrauchst könntest du dabei sterben.“ „Ich werde nächstes Mal darauf achten!“ Versprach Arva und kuschelte sich an Siria. „Ich hab furchtbare Kopfschmerzen, können wir nicht erst morgen weiterreiten?“ Siria hatte keine Einwände ,da sie selbst auch noch geschwächt war. Sie würden den Palast erreichen, wenn sie die Nacht durchritten, also konnten sie auch noch den Rest des Tages ausruhen. Die Siarra machte ein Feuer und packte zu Arvas Überraschung die Dinge aus ,die sie morgens im Wald gesammelt hatte. „Die hast du gefunden, oder?“ Fragte Siria und lächelte Arva an. Die Elfe nickte und war unglaublich stolz auf sich. Sie aßen nicht alles, um noch etwas für den Weg zu haben, dann ruhten sie sich noch für eine Weile aus, doch da sie beide nicht schlafen konnten, beschlossen sie, weiter zu reiten. Siria half der Elfe beim aufsteigen, dann ritten sie los. Arvas Kopf begann bei dem Geschüttel wieder heftig zu schmerzen und sie bat Siria anzuhalten. Die Siarra stoppte das Pferd, doch als sie absteigen wollten, hielt Siria plötzlich inne. Einen Moment lang verharrte sie regungslos und atmete ein paar mal tief ein und aus. Dann presste sie Arva fest an sich und ritt so schnell sie konnte davon. Arva merkte, dass Siria nicht zurück blickte und spürte das Herz der Kriegerin an ihrem Rücken hämmern. Sie bekam Angst und ihr wurde schlecht. Sie wollte sich nach hinten umdrehen, um ihre Verfolger zu sehen, aber Siria hielt sie davon ab. Sie steuerte in den Wald und als sie einen Abgrund erreichten, stürzte sie sich und Arva vom Pferd über die Felskante. Sie fielen ein Stück weit, bis Siria einen Felsvorsprung zu fassen bekam. Sie klammerte sich mit einer Hand daran fest, mit der anderen hielt sie Arva fest. Arva wollte schreien, aber Siria brachte sie mit einem energischen „Pssst“ zum schweigen. Arva war so erschrocken, dass sie zu weinen begann, aber sie gab dabei keinen Ton von sich. Siria machte nicht den Versuch sie beide hochzuziehen, sondern hing regungslos am Abgrund. Arva hatte furchtbare Angst und bedauerte, dass sie nicht, wie die Elfen in den Menschenlegenden, Flügel besaß. Sie spürte, dass Siria allmählich zu zittern begann, doch die ältere verharrte regungslos in ihrer misslichen Stellung. Arva wollte fragen was los sei, aber sie überlegte es sich doch lieber anders. Sie merkte das Siria immer stärker zitterte und bekam erneut Panik. Sie konnte den Boden der Schlucht nicht erkennen, so weit unten lag er. Doch bevor sie sich weitere Gedanken darüber machen konnte, stützten sie weiter in die Tiefe; Siria hatte sich nicht länger festhalten können. Sie versuchte wieder Halt zu finden und krallte sich mit der Hand ins Gestein. Doch es nützte nichts und sie rutschten weiter, bis sie sich an einer Wurzel, die aus dem Fels ragte, festhalten konnte. Arva sah Sirias schmerzverzerrtes Gesicht und spürte wie Blut auf ihr Gesicht tropfte. Sirias rechter Arm war aufgeschürft und blutete stark, auch der fast verheilte Kratzer auf ihrem Rücken war wieder aufgerissen. Arva sah einen immer größer werdenden Blutfleck auf ihrem Hemd. >Das wird sie nicht lange durchhalten können. Warum hat sie sich bloß hier herunterfallen lassen?< Überlegte Arva verzweifelt. Sie blickte noch mal nach unten und ihr wurde schwindelig. Verzweifelt wollte sie sich an den Felsen festklammern, aber Siria stieß sie weg. „Ruhig!“ zischte sie und Arva gehorchte. Plötzlich rieselten einige kleine Steinchen auf sie herab und sie hörte das oben Jemand stand. Arva bewegte sich nicht und versuchte auch nicht zu atmen, Siria tat das gleiche. Das Mädchen vernahm ein unheimliches Zischen von oben und merkte, dass noch mehr Steine herab rieselten. Das Mädchen blickte nach oben und kreischte: Das Wesen, was auch immer es war, versuchte zu ihnen herab zu klettern. Es wirkte wie eine Mischung aus Echse und Vogel, es hatte kräftige Sprungbeine, große tiefschwarze Augen und ein paar verkümmerter Flügel, mit denen es vermutlich nicht fliegen konnte. Sein gesamter Körper war mir Schuppen bedeckt. Es setzte offenbar zum Sprung an. Siria wusste, dass es keinen Sinn mehr, hatte sich ruhig zu verhalten und stieß sich in dem Moment vom Fels ab, als das Monster vor ihnen landete und sie und Arva fielen tiefer und tiefer, bis sie auf einem alten Baumstamm landeten ,der sich im Abgrund quer gestellt hatte. Siria fiel hart auf den Rücken und keuchte, weil ihr der Aufprall die Luft aus den Lungen presste und sie direkt auf ihre Verletzung gefallen war. Arva landete neben ihr und als drittes kam ihr Verfolger. Es knirschte als sein mächtiger Körper auf den Baum prallte und Arva hatte panische Angst, dass der Baum einfach brechen und sie weiter fallen würden. Dann wurde ihr aber bewusst, dass sie nicht viel besseres zu erwarten hatte, wenn sie mit dem Wesen hier oben blieben. Der Echsendämon machte einen Schritt auf sie zu und der Baumstamm sackte knirschend ein Stück tiefer. Arva kreischte und das Wesen gab ebenfalls ein erschrockenes Zischen von sich. Es wollte seinen Auftrag scheinbar möglichst schnell zu ende bringen, um nicht mit den beiden Frauen in die Tiefe zu fallen. Es stürzte sich zuerst auf Arva , aber es verletzte sie nicht, sondern starrte ihr nur in die Augen. Die Augen des Dämons begannen auf einmal rot zu leuchten und Arva hatte das Gefühl, dass sie durch ihre eigenen Augen in die seinen hineingesaugt wurde. Siria unterbrach das ganze, indem sie dem Dämon von hinten ihr Schwert durch den Rücken bohrte. Die Echse gab ein Geräusch von sich, dass wie ein Gurgeln klang und bespuckte Arva mit seinem Blut. Die Elfe schrie und wollte sich von dem Monster abwenden, dabei verlor sie das Gleichgewicht und drohte vom Baum zu stürzen. Die Augen des Dämond erloschen und er fiel tot in die Schlucht, Arva konnte sich jedoch gerade noch rechtzeitig am Baum festklammern und hing kreischend und weinend an dem Stamm. Siria ergriff ihren Arm und zog sie hoch. Arva klammerte sich fest an sie und versteckte das Gesicht an Sirias Schulter. Ihr Herz raste. Sie traute sich nicht hochzublicken, denn sie hatte Angst, dass der Baumstamm abstürzen, das Monster zurückkehren, oder Siria einfach sterben und sie hier allein lassen könnte. Sie fühlte das Siria zitterte. Ich will nicht sterben, und du sollst auch nicht sterben!< Dachte sie verzweifelt und begann noch lauter zu schluchzen. Siria, die bisher nur schweigend an der Felswand gelehnt hatte, versuchte müde sie zu trösten. Doch Arva bemerkte die Schwäche, die in Sirias Stimme lag. >Warum weine ich eigentlich? Mir ist doch nichts passiert! Siria ist verletzt, ich sollte ihr lieber helfen, anstatt mich schon wieder wie ein Kleinkind zu benehmen! < Tapfer löste sie sich von Siria, wischte sich die Tränen ab und blickte nach oben. Sie waren weiter gefallen als sie gedacht hatte; es war nur noch ein dünner Lichtstrahl zu erkennen, wo eigentlich der Himmel hätte sein sollen. „Hast du eine Idee wie wir hier jemals wieder rauskommen sollen?“ Fragte sie Siria.Die Siarra seufzte nur und schüttelte den Kopf dann sagte sie: „Unter normalen Umständen könnte ich uns leicht hier raus bringen, aber ich habe mich beim Sturz verletzt, darum kann ich im Augenblick nicht sehr gut klettern. Hab noch ein bisschen Geduld Kleines, ich muss mich etwas Ausruhen, dann werde ich es hoffentlich schaffen.“ Während sie mit ihr sprach, sah Siria Arva direkt in die Augen und Arva spürte, dass sie sie um Hilfe bat. Warum fragt sie mich denn nicht einfach? Vor mir braucht ihr das doch nicht peinlich zu sein!< Dachte sie und nahm sanft Sirias Hand und flüsterte: „Was soll ich tun?“ Siria lächelte ,weil Arva sie sofort verstanden hatte und antwortete verlegen: „Kannst du mich bitte festhalten? Ich befürchte, ich werde gleich ohnmächtig und ich bezweifle, dass ich noch einen solchen Sturz überleben würde.“ Arva tauschte mühsam mit ihr die Plätze, so dass sie mit dem Rücken zur Wand saß und Siria sich bei ihr anlehnen konnte. Siria schlief sofort ein und Arva versuchte die Blutung an Sirias Arm zu stoppen, indem sie ihr Kleid fest darum wickelte. Sie selbst konnte nicht schlafen und konzentrierte sich deshalb darauf ,sich um Siria zu kümmern, um nicht daran denken zu müssen, in welcher Lage sie sich befanden. Sie wusste nicht, wie viele Stunden vergingen, bis sie schließlich vor Langeweile auch einschlief. Als sie aufwachte, lag sie aber nicht mehr auf dem alten Stamm im Abgrund, sondern sie erwachte oben im Gras, vor der riesigen Felsspalte. Die Sonne war gerade dabei, unter zu gehen. >Habe ich das alles denn nur geträumt? < Überlegte sie, doch dann sah sie Siria, die bewusstlos neben ihr am Boden lag, mit vollkommen zerissenen Kleidern und ihr fiel auch auf, dass ihr Rock voll mit Sirias Blut war. >Auf dieser Reise werden alle meine Kleider mit Blut versaut,< dachte Arva mürrisch,> vielleicht sollte ich wie Siria zu Hosen wechseln, um die wäre es wenigstens nicht schade. Nein. Nur weil ich mit einer Barbarin reise, muss ich noch lange nicht selber wie eine aussehen. Wo ist überhaupt das blöde Pferd abgeblieben? Ob es tot ist? Tot?...Siria!< Arva eilte zu Siria und rollte sie auf den Rücken. Siria brummte benommen, als Arva sie panisch schüttelte und öffnete die Augen. „Was ist denn?“ Fragte sie schlecht gelaunt und schloss die Augen wieder . Arva war erleichtert und begann dann ganz vorsichtig Sirias Wunden zu untersuchen. Es war nicht so schlimm, wie sie zuerst angenommen hatte, ihr Arm hatte nur eine Schürfwunde abbekommen und der Kratzer am Rücken war auch nur teilweise aufgerissen und blutete nicht mehr. „Wie hast du es geschafft uns hoch zu bringen?“ Fragte Arva neugierig und half Siria dabei, sich aufzusetzen. „Na ich bin geklettert, wie dachtest du denn?“ antwortete sie. „Und du hast mich dabei getragen?“ Fragte Arva ungläubig. Siria nickte. „ Es wundert mich, dass du dabei nicht aufgewacht bist. Ich war aber auch ganz froh darüber, es wäre nur schwerer gewesen, wenn du gekreischt und rumgezappelt hättest.“ Arva wollte sich gerade verteidigen und sagen, dass sie bestimmt nicht gekreischt hätte, aber sie überlegte es sich schnell anders, als sie Sirias herausforderndes Grinsen sah.> Sie will mich bloß wütend machen, damit mir nicht auffällt wie schlecht es ihr geht. Wie kann man nur so unvernünftig sein?< Dachte Arva. „Vermutlich hast du recht.“ Antworte sie und setzte sich neben Siria. „Jetzt haben wir wieder kein Pferd mehr! Und unser Gepäck ist mit verschwunden.“ Siria seufzte. „Da hast du recht. Zum Glück habe ich meine Schwerter noch, die wären unersetzbar, alles andere können wir uns in der Stadt besorgen. Es ist nicht mehr weit bis zum Palast. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch bevor es dunkel wird.“ Sie stand mühsam auf und marschierte, zuerst leicht schwankend, los. „In deinem Zustand kannst du nicht so weit laufen. Du musst dich zumindest noch heute ausruhen, sonst brichst du noch zusammen.“ Aber Siria ignorierte sie, ging einfach weiter und rief: „Was ist los? Willst du hier Wurzeln schlagen ?“ Die Elfe wollte ihr hinterher rennen um sie zu stoppen, doch bei dem Versuch wurde ihr schmerzlich ihr verletzter Fuß bewusst. Sie knickte weg und fiel zu Boden, aber zumindest erreichte sie damit, dass Siria zu ihr zurück kam. „Hey, ist alles in Ordnung mit dir?“ Fragte Siria besorgt und beugte sich über sie. „ Nein ist es nicht!“ rief Arva und weigerte sich aufzustehen als Siria ihr aufhelfen wollte. „Du bist leider schon ein bisschen zu alt, um noch getragen zu werden, fürchte ich.“ Sagte Siria scherzhaft und ließ sich neben ihr ins Gras plumpsen. „Komm schon, es ist doch nicht mehr weit! Wenn wir im Schloss sind, können wir deinen Fuß richtig verarzten, wir haben dann auch richtige Betten und Essen. Du müsstest es nur noch ein kleines Stück schaffen.“ Der Gedanke an ein warmes Bett und Essen war zwar äußerst verlockend und Arva hätte auch ohne weiteres noch das letzte Stück bis zum Schloss geschafft, aber sie hatte sich vorgenommen , Siria dazu zu bringen, dass sie sich zumindest noch eine Nacht ausruhte, nachdem sie soviel durchgemacht hatte und verletzt war. Siria erriet ihre Gedanken und sagte: „Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen, ich bin eine Siarra, ich könnte noch wochenlang so weiter reisen. Also wenn wir hier bleiben, dann nur wegen dir. Geht es dir wirklich so schlecht?“ Arva wusste nicht, was sie antworten sollte. Einerseits wollte sie Siria nicht anlügen, aber andererseits glaubte sie nicht, dass es der anderen nichts ausmachte, die Nacht durchzureisen. Besonders da sie kein Pferd mehr hatten. „Ich will heute noch hier bleiben.“ Sagte Arva schließlich. >Das ist die Wahrheit, ich will wegen ihr hier bleiben. < Beruhigte Arva ihr Gewissen. Siria seufzte und legte sich hin. Arva kuschelte sich neben sie. Sie konnte aber nicht einschlafen, sie hatte in den letzten Stunden genug geschlafen und außerdem hatte sie Angst, dass wieder ein Dämon auftauchen könnte. Sie blieb einfach liegen und lauschte. Alles war hier anders als zuhause; die Vögel sangen anders, die Bäume sahen anders aus und der Wind war viel kälter . Sie stand auf und näherte sich vorsichtig der Schlucht. Sie kroch das letzte Stück vor dem Abhang auf allen Vieren und beugte sich über den Rand. Sie starrte in die dunklen Tiefen und lauschte, ob das Monster nicht vielleicht doch noch am Leben war. Es war nichts zu hören, aber Arva konnte nicht aufhören daran zu denken ,wie es versucht hatte, sie durch seine Augen einzusaugen. Rasch entfernte sie sich wieder vom Abhang und drückte sich ängstlich neben Siria. Die Elfe schloss die Augen um das Bild in ihrem Kopf zu vertreiben, doch jetzt sah sie die glühenden, rot leuchtenden Augen des Monsters noch deutlicher vor sich. Schnell öffnete sie die Augen wieder und starrte zwischen die dunklen Bäume. Etwas raschelte hinter den Büschen. Sie war vollkommen starr vor Angst und drückte ihr Gesicht gegen Sirias Rücken. Aber als sie Schritte hörte,drehte sie sich ruckartig um. Nichts rührte sich. >Arva du spinnst! Es ist tot ! < Tadelte sie sich selbst. Sie schloss wieder die Augen und hielt die Luft an. Da! wieder Schritte! Sie verpasste Siria mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Seite um sie aufzuwecken , aber sie reagierte nicht. Arva geriet in Panik und wollte sie erneut anstoßen, aber Siria hielt ihren Arm unauffällig fest. Die Elfe sah wie etwas auf sie zu raste. Sie wollte aufspringen und wegrennen aber Siria drückte sie runter auf den Boden. Was auch immer es war ,war so schnell, dass sie nur einen schwarzen Schatten sehen konnte, als es über sie hinweg sprang und sich auf Siria stürzte. Arva hörte das Wesen aufheulen, als die Siarra ihm ihren Dolch in den Bauch rammte. Siria wälzte den leblosen Körper stöhnend von sich herunter und blieb einen Moment lang liegen, bevor sie sich aufsetzte und sich ansah, was sie umgebracht hatte. Auch Arva konnte ihre Neugier nicht kontrollieren und blickte über Sirias Schulter, um gleich darauf aufzuspringen und sich zu übergeben. Das Wesen hatte den Kopf eines Menschen, den Körper eines Löwen und dazu einen Skorpionschwanz. Siria zog das würgende Mädchen von dem Ding weg, in den Wald. „Geht’s wieder?“ Fragte Siria und Arva nickte. Ihr Hals brannte, aber sie hatten nichts mehr zu trinken. „Was war das?“ Fragte die Elfe mit nervös zitternder Stimme. „Das war ein Mantikor.“ Antwortete Siria ruhig und begann mit Arva ein Stück zu gehen. „Meinst du hier gibt es noch mehr von denen? Oder dem Ding davor? Was war das überhaupt?“ Fragte Arva weiter. „Das davor war ein Seelenfresser, sie sind sehr gefährlich, besonders wenn man ihnen in die Augen schaut, dann können sie einem die Seele direkt aus dem Körper ziehen. Aber soweit ich weiß, gibt es sowohl Mantikore als auch Seelenfresser nur in Doyenka. Falls sie sich schon soweit vorgewagt haben, könnte das ernsthafte Probleme geben.Wir können nur hoffen, dass diese Viecher von jemandem beauftragt wurden, um uns zu töten.“ Murmelte Siria nachdenklich. Arva war entsetzt. „Wie könnt Ihr nur hoffen, dass uns jemand töten will? Und außerdem weiß ich nicht, wer so viel Macht hat, solche Dämonen auf uns zu hetzen, kennt Ihr jemanden?“ „Schon möglich.“ Murmelte Siria und ging schneller. Arva humpelte hinter ihr her so schnell sie konnte. „Wen kennt ihr, der euch Dämonen auf den Hals hetzen würde?“ Fragte sie. „Na ja, ich schätze es gibt mehrere Leute, die mir den Tod wünschen, mal ganz abgesehen von den Dämonen selbst.“ Antwortete Siria. „Warum?“ wollte Arva wissen, aber sie bekam keine Antwort mehr, da sie in dem Moment die Stadttore von Katengoron, der Hauptstadt von Diarla, erreichten. ________________________________________________________________________________ Okay, ich hab es vermurxt!^^; Ich habe mich bemüht es etwas spannender zu schreiben, aber das muss ich wohl noch ein bisschen üben... ich hoffe ihr seid nicht allzu enttäuscht von diesem Kapitel. Wär nett, wenn ihr trotzdem einen Kommi hinterlasst.^^ Ich werde mir in Zukunft noch mehr Mühe geben, es geht auf jeden Fall auch bald weiter mit dem nächsten Kapitel, ich hab ja viel Zeit, sind ja Ferien. Also freut euch schon mal aufs nächste Kappi, sollte nicht zu lange dauern, bis es fertig ist. ^____^ Siria Kapitel 6: Katengoron --------------------- Hi! Es tut mir sehr leid, dass ich so lange nicht mehr weitergeschrieben habe und hoffe, es besteht überhaupt noch Interesse an HdsD! Da jetzt Sommerferien sind, habe ich aber wieder mehr Zeit zum schreiben, so dass ich wahrscheinlich jede Woche ein neues Kapitel schaffen würde. Also falls ihr gerne mehr von Siria und Arva möchtet, schreibt mir bitte Kommis, dann weiß ich dass es noch wen interessiert und schreib dann auch ganz schnell weiter. So, genug gewartet, jetzt dürft ihr endlich weiterlesen!^^ _________________________________________________________________________________ 6.Katengoron Arva blickte ehrfurchtsvoll an den riesigen Toren hinauf, die mit den roten und goldenen Insignien des Königswappens verziert waren. Die Tore, sowie die Mauern, die die Stadt umgaben, waren an die zehn Meter hoch. Oben auf der Mauer standen mehrere Wachen. „Verzeiht,“ rief Siria ihnen zu,“ könntet ihr bitte die Tore öffnen, meine Begleiterin und ich möchten zum König von Diarla, es ist dringend!“ Die Wachen blickten nach unten, dann antwortete einer von ihnen: „Die Tore dürfen nur tagsüber geöffnet werden!“ „Ich sagte doch, es ist dringend!“ rief Siria nach oben. „Und ich sagte, wir sind nicht befugt, die Tore des Nachts zu öffnen.“ Antworte der Mann ärgerlich. Siria seufzte verzweifelt, dann versuchte sich es erneut: „Wisst ihr eigentlich wen ihr vor euch habt?“ Einer der Männer lachte und einer rief : „Eine Schweinehirtin?“ Siria schnaubte, und Arva spürte, wie eine unheimliche Aura die Siarra umgab. „Mein Name ist Siria Nimrodis und ich bin...“ ,die Frau stockte und warf zögernd einen Blick zu Arva hinüber, die Aura verschwand wieder, „...eine persönliche Bekannte des Königs! Fragt ihn, er wird es euch bestätigen!“ fuhr sie in ruhigem Tonfall fort. Allmählich begann Arva wieder misstrauisch zu werden. Siria hatte irgendetwas vor ihr zu verbergen, soviel stand fest. Einer der Wachen lief wiederwillig los, um den König zu fragen, ob er Siria kenne, während die beiden Reisenden weiter vor den Toren standen und warteten. „Ihr habt mir gar nicht erzählt, dass Ihr mit dem König befreundet seid!“ sagte Arva und der Unterton in ihrer Stimme verriet, dass sie dies bezweifelte. „Nun ja,“ meinte Siria ein wenig verlegen, „ >befreundet< würde ich es nicht gerade nennen, aber er kennt mich!“ „Wie darf man das verstehen?“ Fragte Arva noch immer misstrauisch. „Das wirst du schon noch sehen.“ Antwortete die Frau und beendete damit das Gespräch. Gerade rechtzeitig, denn die Wache, die man zum König geschickt hatte, kehrte zurück. „König Charon hat Anweisung gegeben, seine Gäste in den Palast begleiten zu lassen!“ Die anderen Männer blickten ihn erstaunt an, öffneten aber wie befohlen die Tore und stellten drei Männer ab, die sie zum Palast führten. Dies wäre eigentlich nicht nötig gewesen, da der Palast nicht zu übersehen war: Er war auf der Spitze eines Hügels erbaut worden, hatte mehrere verschieden hohe Türme, die alle mit Flaggen mit dem königlichem Wappen geschmückt waren, und er überragte die anderen Häuser bei weitem. Arva fand, nachts wirkten die vielen Türme wie die Zähne eines Raubtieres. Während sie durch die Stadt gingen, die im Dunkeln wie ausgestorben wirkte, versuchte die Elfe in die Fenster der Häuser zu blicken, an denen sie vorbei kamen. Bei den meisten waren die Fensterläden verschlossen, was Arva nicht wunderte, denn die Nächte wurden von Tag zu Tag kälter, jedoch bemerkte sie, das einer geöffnet war. Sie spähte im Vorbeigehen hinein. In einem Bett an der Wand, das scheinbar aus Strohsäcken gefertigt war, schlief ein dicker Mann und schnarchte. Neben dem Bett lag eine Frau unter einer Decke, die, wie die Elfe bemerkte, fror, denn sie zitterte und hatte sich völlig zusammengerollt. Sie war ebenfalls eine Elfe. >Warum schläft sie denn nicht bei ihrem Mann mit im Bett, ob sie sich gestritten haben?< überlegte Arva. Sie kamen an einem weiteren Haus vorbei, dessen Fenster geöffnet waren, und als Arva hinein sah, erblickte sie drei kleine Kinder, von denen zwei in einem Bett lagen und das dritte daneben, obwohl noch genug Platz für es gewesen wäre. Verwirrt wandte sie sich an Siria. „Wisst Ihr warum hier manche Leute neben den Betten schlafen?“ Flüsterte sie ihr zu. Siria blickte sie verwundert an und zuckte mit den Schultern. Als sie den Palast fast erreicht hatten, sah Arva einen Betrunkenen neben der Straße sitzen. Er schien zu schlafen, aber als er die Wachen vorbeigehen hörte erwachte er und rappelte sich schwankend auf und kam ihnen grinsend entgegen. Arva bekam Angst, als er sie anstarrte und immer breiter dabei grinste und dabei seine fauligen Zähne entblößte. „Na Jungs, habt ihr wieder einen von diesem verdammten Elfenpack erwischt? Wann findet denn die nächste Auktion statt?“ „Das sind keine Gefangenen, sondern Gäste des Königs, Ihr solltet nach Hause gehen, es ist schon spät.“ Erwiderte eine der Wachen und warf dem Mann einen drohenden Blick zu. „Der König empfängt Elfen?“ rief der Mann aufgebracht und starrte den Trupp fassungslos an. Dabei stolperte er über seine eigenen Füße und landete mit einem Aufschrei auf dem harten Pflaster der Straße. „Geht nach Hause, Mann, und veranstaltet hier nicht so einen Lärm!“ wiederholte die Wache erneut und sie beschleunigten ihren Schritt. Doch der Betrunkene kam wieder auf die Beine und folgte ihnen hartnäckig. „Lasst die dreckige Elfe nicht unseren Palast beschmutzen!“ schrie er ihnen hinterher und Arva ging ängstlich näher neben Siria, damit sie sie notfalls vor ihm beschützen konnte. Als sie jedoch die Mauern des Palastes erreichten, war der Mann nicht mehr hinter ihnen. Die Truppe durchschritt die Tore, und gelangte in einen großen Vorhof. Dort nahmen ihnen drei eifrige Knechte das Gepäck und Arva ihren Stock ab. Arva war sehr erleichtert, als sie endlich das Innere des Gebäudes betraten. Die Gefahr hier von irgendwelchen Betrunkenen Elfenhassern oder Dämonen attackiert zu werden, war deutlich geringer. Außdem musste sie sich ohne ihren Stock von Siria stützen lassen, deren Nähe ihr das Gefühl von Sicherheit gab. Die Wachen verließen sie dort, doch sie wurden von einer Frau um die dreißig, die lange dunkle Haare hatte und ein Sari-ähnliches Seidenkleid trug, das scheinbar ihr Nachthemd war, abgelöst. Die Frau verneigte sich leicht vor Siria und ihrer Begleiterin und sagte: „Willkommen im Palast von Diarla, Siria . Es freut mich Euch nach so langer Zeit wiederzusehen!“ Die Siarra verbeugte sich ebenfalls höflich und antwortete: „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Eure Hoheit!“ Dabei stupste sie Arva mit dem Ellenbogen an, damit auch sie sich verneigte. Arva starrte die dunkelhaarige Frau entsetzt an. Hatte Siria sie gerade Hoheit genannt? Die vom Land stammende Elfe, begriff nicht sofort, was Siria von ihr wollte und stand einen Augenblick lang nur verwirrt da und blickte von Siria, die noch immer mit gesenktem Haupt verweilte, zu Königin Seodra, die sie erwartungsvoll anblickte. Erschrocken bemerkte sie, was von ihr erwartet wurde, und verbeugte sich ebenfalls. Als Arva sich verlegen errötet wieder aufrichtete, wurde sie von Seodra freundlich angelächelt. „Und wie lautet Eurer Name?“ „Ich bin Arva Seleas... ähm...Eure Hoheit.“ Stammelte sie unsicher und blickte hilfesuchend zu Siria. „Es freut mich sehr Eure Bekanntschaft zu machen, Fräulein Seleas.“ Sagte Seodra, und musterte sie interessiert. „Kommt Ihr aus Luzerne?“ „Ja, Eure Hoheit.“ „Aus welcher Stadt stammt Ihr? Maroon? Cucum?“ „Nein, ich habe mit meiner Mutter in einer kleinen Siedlung namens Weidentau gelebt, bis...“ Arva stockte, plötzlich schnürte sich ihr die Kehle zu und sie konnte nicht mehr weitersprechen. Tränen schossen in ihre Augen, als das Bild von ihrer Mutter wieder vor ihr auftauchte. Verzweifelt starrte sie den Boden an, während sie sich bemühte, ihre Fassung wieder zu finden. Die Königin wartete geduldig auf ihre Antwort. Arva begann zu zittern. >Ich spreche mit der Königin von Diarla, ich darf mich jetzt nicht verdächtig machen!< „...bis ich zufällig auf einer meiner Reisen in ihr Dorf kam und sie als meine Zofe eingestellt habe.“ Beendete Siria für Arva den Satz. Diese nickte zur Bestätigung, schluckte die Tränen herunter und bemühte sich zu lächeln. „Ach so ist das! Also habt Ihr doch allmählich gefallen daran gefunden, Bedienstete einzustellen. Ich dachte schon, dieses Ding wäre eventuell eine Freundin von Euch! Wie dumm von mir! Ich bin wirklich erleichtert, meine Liebe! Aber seid nur vorsichtig, diese Elfen nutzen jede Gelegenheit, um einem Schwierigkeiten zu machen! Nun schön, genug der Rede, es ist schon sehr spät. Wir sollten uns morgen weiter unterhalten. Ich werde Euch unser bestes Gästezimmer zuweisen lassen. Die Elfe kann ja mit den anderen im Stall schlafen. Gregor?“ Seodra wandte sich an einen Lakaien, der stumm hinter ihr auf Anweisungen wartete. „Ja, Eure Hoheit?“ „Geleite bitte unseren Gast in ihr Schlafgemach.“ Arva war entsetzt, dass die Frau, die eben noch so freundlich mit ihr geredet hatte, sie plötzlich als "Ding" bezeichnete und anschließend völlig ignorierte. „Die Elfe findet den Weg nach draußen sicher auch alleine,“ sie warf Arva einen aufordernden Blick in Richtung Ausgang zu, „Nicht wahr?“ Siria versuchte die Situation zu retten, indem sie rasch Arvas Hand ergriff und erklärte: „Heute Abend brauche ich ihre Hilfe noch, ich habe es außerdem lieber, wenn sie in meiner Nähe schläft, so kann ich sie besser im Auge behalten, nicht dass sie sich heimlich des nachts davonschleicht!“ Arva wurde blass. >Ich hoffe sie meint das nicht ernst!< Seodra erwiderte nur: „Wie Ihr wünscht. Schlaft gut.“ Dabei blickte sie auch Arva an und die Elfe hatte das Gefühl, dass das Lächeln auch ihr galt. Dann ging die Königin mit majestätisch wehendem Nachthemd den Flur entlang, offensichtlich erleichtert die Formalitäten hinter sich gebracht zu haben und wieder in ihr warmes Bett schlüpfen zu können. Siria und Arva wurden von Georg einen anderen langen Gang entlang geführt, der von brennenden Kerzen und Fackeln in oranges Licht getaucht war. An den Wänden hingen farbenfrohe Portraits und der Boden war mit altem Teppich ausgelegt. Je länger sie gingen, desto breiter wurde der Gang und desto edler wurde die Dekoration. Der Lakai führte sie um mehrere Ecken und durch ca. zwölf Gänge, bis sie endlich das angestrebte Zimmer erreichten. Es war das erste Mal, das die junge Elfe ein Schloss von innen sah, und die Vielfalt an Ausstattung und Gängen raubte ihr schier den Atem, so dass sie den Vorfall von vorher schnell vergessen hatte. Siria hingegen blickte starr nach vorne und konzentrierte sich vermutlich darauf, sich den Weg zu merken. Vor der richtigen Tür angekommen, zückte der Diener sein Schlüsselbund und schloss die Tür auf. Mit lautem Ächzen und Quietschen öffnete sie sich und Siria und Arva traten ein. Das Zimmer war riesig und luxuriös ausgestattet. Dennoch hatten sowohl die erschöpfte Elfe als auch die übermüdete Siarra nur Augen für eins: Ein riesiges blaues Himmelbett, welches in der Mitte des Raumes stand und mit unzähligen flauschigen Kissen bedeckt war. Der Dienstbote schloss die Tür hinter sich und war verschwunden. Siria und Arva wechselten einen Blick und waren drei Sekunden später in flauschigen blauen Kissen vergraben ins Reich der Träume übergetreten. Kapitel 7: Blut und Dreck ------------------------- 7.Blut und Dreck Als Arva am Morgen erwachte, fühlte sie sich herrlich. Die Nacht in einem richtigem Bett zu verbringen hatte ihr sehr gut getan. Siria schlief noch tief und fest, also beschloss Arva auch noch ein bisschen in dem kuscheligem Bett liegen zu bleiben. Da sie die letzten Tage keine Zeit dazu gehabt hatte, begann sie ihren verletzten Knöchel zu inspizieren. Vorsichtig wickelte sie den Verband ab, den Siria ihr gemacht hatte und stellte entzückt fest, dass der Fuß abgeschwollen war und nur noch ein harmloser kleiner blauer Fleck zu sehen war. Es tat kaum weh, als sie ihn betastete, also machte sie einen ersten Gehversuch ohne ihren Stock. Es funktionierte ganz gut, sie hatte kaum Schmerzen beim auftreten und konnte fast normal laufen ohne zu humpeln. Gut gelaunt öffnete sie die Vorhänge und ein großes Fenster und lehnte sich auf die Fensterbank. Der Regen hatte endlich aufgehört und die Sonnenstrahlen überfluteten ihr Zimmer mit goldenem Licht. Arva lauschte nach Vogelgezwitscher, aber seltsamerweise schienen sich die Vögel nicht über den herrlichen Morgen zu freuen. Draußen herrschte Stille : Kein Tier war weit und breit zu hören, nur das Rauschen des Windes in den Bäumen. Arva fröstelte und schloss das Fenster wieder. >Ich frage mich, ob es in Diarla keine Tiere gibt? Aber im Wald letzte Nacht habe ich sie doch noch gehört...< Nachdenklich blickte sie sich im Zimmer um. > So leben also die Menschen...Es ist sehr schön, aber mir fehlen die Tiere und Pflanzen. Ob die Menschen sie nicht mögen? Elfen scheinen sie ja auch nicht zu mögen.< Die Unterhaltung mit Königin Seodra fiel ihr wieder ein und sie hoffte, dass sie und Siria Diarla bald verlassen konnten. Langsam wanderte sie im Zimmer herum und wartete darauf, dass Siria aufwachte, damit sie mit ihr darüber sprechen konnte. Der Raum war wirklich groß und hell. Er war mit bunten Teppichen ausgelegt und es standen verschiedene auf Hochglanz polierte Holzmöbel darin. Eins davon fiel Arva besonders auf. Es war ein Schrank mit einem großen goldenen Spiegel darauf. Die Elfe trat näher, um sich das edle Stück anzusehen und erblickte daraufhin ihr Spiegelbild. Arva stieß einen erschrockenen Schrei aus, als sie sich selbst, nach Tagen ohne sich zu kämmen oder ein Bad zu nehmen im Spiegel erblickte. Ihre schwarzen Haare hingen in fettigen Strähnen über ihrem schmutzigen Kopfverband herunter und ihre Kleider waren dreckig und zerrissen. Von dem Schlafmangel hatten sich dunkle Ringe unter ihren Augen gebildet und sie stellte gerade fest, dass sie höchst unangenehm roch. >Kein Wunder dass sie mich in den Stall stecken wollten! Ich sehe ja grauenvoll aus und ich stinke wie ein Schwein!< „Was ist denn los?“ brummte Siria vom Bett aus. „Ich sehe furchtbar aus! Meint Ihr man kann hier irgendwo ein Bad nehmen?“ „Keine Ahnung, frag doch einen Diener....“ murmelte Siria und schlief wieder ein. >So kann ich doch niemandem gegenübertreten....< Doch nach einem weiteren Blick in den Spiegel, entschloss Arva sich, dass das immer noch besser war, als so zu bleiben. Die Diener würden den Schock schon verkraften... Arva öffnete die Tür und blickte sich im Flur dahinter um. Er wirkte dunkler als in der Nacht ihrer Ankunft und sie war sich nicht sicher, aus welcher Richtung sie überhaupt gekommen waren. Da kein Mensch zu sehen war, ging das verstrubbelte Mädchen den Gang hinunter, der ihr am hellsten erschien. Sie gelangte in einen Raum, der voller Treppen war, die nach oben oder unten führten. Von unten sah sie zwei Jungen heraufkommen, die leere Tabletts trugen. Vermutlich waren es Pagen. „Entschuldigt, ihr zwei,“ rief Arva, „könntet ihr mir vielleicht sagen, wo man hier ein Bad nehmen kann?“ Die beiden schauten sich an und flüsterten dann etwas miteinander. Dann rannte einer der beiden die Treppe wieder herunter und der andere sagte zu Arva: „Elfen baden nicht hier drinnen! Aber wenn du willst, zeige ich dir den Teich vor dem Schloss.“ Arva fand das zwar unverschämt, aber sie rechnete nicht damit ,dass sie von jemandem noch ein besseres Angebot erhalten würde. „Also gut, ich danke dir.“ Der Page ging voraus und führte sie die Treppe hinunter. Es war sehr dunkel und feucht in dem Gang in dem die Treppe sich herunter wand. Aber von unten sah Arva Licht schimmern. „Sei vorsichtig, dass du nicht ausrutscht!“ Sagte der Junge laut, so dass es von den Wänden wiederhallte. Dann rannte er ein Stück vor und verschwand hinter der Säule, um die die Treppe sich wand. Als Arva dem Ende der Wendeltreppe näher kam, nahm sie einen ekelhaften Gestank wahr, der schlimmer wurde je weiter sie ging. Als sie die letzten drei Stufen heruntereilte sah sie vor sich die Gitterstäbe einer Gefängniszelle. Der Page war verschwunden. Dann packte sie plötzlich jemand und drehte ihr den Arm auf den Rücken. „Ich hab sie!“ Rief der Junge der sie geführt hatte und blickte triumphierend zu seinem Freund, der mit zwei Wachen anrückte. Einer der beiden Wachen war dick und schwerfällig, die andere ein junger Bursche, der jedoch recht durchtrainiert wirkte. „Was soll das!?“ Rief Arva und wollte sich aus seinem Griff loswinden. Doch der Page verstärke den Druck auf ihrem Arm, so das er zu brechen drohte, falls sie sich weiter zu bewegen versuchte. Arva schrie und Tränen liefen ihr über das Gesicht. „Hör auf! Lass das, du brichst mir den Arm!“ heulte die Elfe. Der Page lies sie zu ihrer Überraschung tatsächlich los. Doch er wurde sofort von dem jüngeren der zwei Wachen abgelöst, der das Mädchen an den Haaren packte und gegen die Wand schleuderte. Arva heulte vor Schmerz auf, als ihr Kopf gegen Wand prallte und fand sich nach kurzer Besinnungslosigkeit in dem Griff der anderen Wache wieder. „So so, da wollte wohl jemand aus dem Gefängnis flüchten, was?“ Grunzte der Dicke und packte sie an den Schultern. „Du stinkst wie ein Tier, Elfe, glaubst du wirklich jemand wie du würde zwischen den edlen Menschen im Palast nicht auffallen? Die armen Pagen hier haben sich fast zu Tode erschreckt, als sie dich entdeckt haben. Du solltest dich lieber bei ihnen entschuldigen, wenn du nicht gehenkt werden willst!“ Arva hatte panische Angst und wimmerte brav: „Es tut mir Leid!“ Der Page blickte zu seinem Freund und ein dreckiges Grinsen breitete sich auf ihren Gesichtern aus. „Ich glaube nicht, dass mir das reicht...“ Sagte er und fasste ihr grob in den Ausschnitt. Die Elfe kreischte und trat ihm mit aller Kraft zwischen die Beine, so dass er keuchend in sich zusammensackte. Wütend schlug der andere Junge sie ins Gesicht und ihr wurde erneut schwarz vor Augen. Dann spürte sie, wie ihr jemand das Kleid aufriss und kam wieder halbwegs zu sich. Entsetzt stellte sie fest , dass ihr gesamter Oberkörper entblößt war. Auf ihrer nackten Brust schimmerte das Medaillon, dass sie von ihrem Vater, den sie nie kennen gelernt hatte, geerbt hatte. Der Page der sie geschlagen hatte nahm es interessiert in die Hand. „Hast du das gestohlen?“ Fragte er sie mit tonloser Stimme, den Blick wie in Trance auf das Schmuckstück gerichtet. „Nein, das gehört mir!“ Stellte Arva energisch fest und rupfte es ihm aus der Hand. Der Page wollte sie erneut schlagen, aber diesmal traf seine Faust auf eine unsichtbare Mauer, die seine Hand bis zum Handgelenk einfach verschluckte. Als er sie zurückzog, war seine Hand verschwunden, nur noch ein blutender Stumpf kam zum Vorschein. Geschockt starrten alle auf die grausige Verletzung und Arva spürte, wie sie ohnmächtig wurde. In ihren Ohren rauschte es, alles wurde schwarz, und die Schreie der anderen erreichten kaum ihre Ohren, wurden zu einem verzerrten Gurgeln in der Ferne, dann nichts mehr. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihr Medaillon rotgolden leuchten. Der sonst schwarze, herzförmige Anhänger hatte die Farben ihrer Magie angenommen und pulsierte unter den Stößen der Macht, die aus ihm hervortraten, fast wie ein richtiges Herz. Gebannt betrachtete die Elfe das Erbstück und fragte sich wie schon so oft, von wem es wohl stammte. So gerne hätte sie ihren Vater kennen gelernt.... Benommen erwachte Arva auf kaltem Steinboden liegend. Wer immer sie hierher gebracht hatte, hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie wieder anzuziehen. Ihr Kleid hing noch immer in Fetzen an ihr runter. Fröstelnd schob sie es zurück über ihre Schultern, während sie sich aufsetzte und sich bemühte es mit zitternden Fingern irgendwie wieder zusammenzuknoten. „Och, bitte nicht!“ Kamen Rufe von allen Seiten. Es waren Männerstimmen. Arva hob den Kopf und blickte sich erschreckt um. Um sie herum waren Gitterstäbe und dahinter klebten eklige ungepflegte Männer daran, die versuchten einen Blick auf ihre Brüste zu erhaschen. Entsetzt presste sie die Arme vor die Brust, um sich irgendwie zu bedecken und kauerte sich ängstlich zusammen. >Das kann nur ein Albtraum sein!< dachte die Elfe verzweifelt und kämpfte gegen die Panik an, die sich ihrer zu bemächtigen begann. „Hab keine Angst.“ Hörte sie plötzlich eine sanfte Frauenstimme hinter sich. Vorsichtig öffnete sie die Augen und sah in das Gesicht einer anderen Elfe. Sie war blond, hatte grüne Augen mit langen dunklen Wimpern und eine gerade, kleine Nase, und breite dunkelrote Lippen. Trotz des Schmutzes in ihrem Gesicht, und den zerrissenen verdreckten Klamotten die sie trug, war sie wunderschön. Wie gebannt starrte Arva sie an. „Darf ich?“ Fragte die andere und machte sich zögernd an Arvas Kleid zu schaffen. Arva bekam keine Antwort heraus und nahm einfach schüchtern die Arme von der Brust. Mit geschickten Fingern schaffte es die fremde Elfe Arvas Kleid so zusammenzuknoten, dass es nicht mehr herunterrutschte oder Stellen entblößte, die die Zuschauer an den Außenseiten der Zelle gerne gesehen hätten. „Ich bin Noura.“ Stellte die hübsche sich vor. „Und wer bist du?“ Arva schluckte und versuchte ihre Stimme wiederzufinden, aber es gelang ihr nicht. Errötend starrte sie den Boden an, und versuchte sich zu beruhigen um wieder reden zu können. „Bist du stumm?“ Fragte Noura und versuchte sie dazu zu bringen sie anzusehen, indem sie eine Hand unter Arvas Kinn schob und es sanft anhob. Die Elfe errötete noch tiefer und schüttelte den Kopf, teils um sich aus der Berührung zu befreien, teils um ihr zu antworten. „Hat man dich vergewaltigt?“ Fragte Noura und ihr Blick glitt besorgt an Arvas Kleid herunter. Arva folgte ihrem Blick und bemerkte, dass der untere Teil ihres Kleides blutbefleckt war. Leicht verunsichert schüttelte sie wieder den Kopf. Langsam kehrte ihre Erinnerung wieder zurück und sie dachte an den Jungen, dessen Hand plötzlich verschwunden war. Arva übergab sich. Noura sprang mit einem Aufschrei zur Seite, doch ihr Fuß und ein Teil ihres Fetzenrocks bekamen noch etwas ab. Sich selbst hatte Arva noch mehr getroffen und zu den Blutflecken gesellte sich nun auch noch ein Teil ihres Mageninhalts. „Verflixt!“ hörte sie Noura hinter sich jammern, „den Gestank werde ich über Wochen nicht wieder los! Ist das eeeeeklig!!!“ So fehl am Platz es in dieser Situation auch war, Arva konnte sich das Kichern nicht verkneifen. „Was gibt’s denn da zu lachen? Guck dich doch mal selber an!“ keifte die andere Elfe und zeigte auf Arvas buntverziertes Kleid. Arva sah nachdenklich an sich herunter und das Lachen erstarb. Dafür übergab sie sich noch einmal. „Oh nein!“ Schrie Noura und wich so weit wie möglich vor ihr zurück. „Wache! Hilfe, die Kleine hier ist krank, und sie kotzt alles voll!“ Aus den Zellen neben ihnen kam Gelächter, bis man plötzlich ein würgen hörte und die meisten Männer ähnlich reagierten wie Noura zuvor. Scheinbar hatte einer ihrer Kameraden einen schwachen Magen. Langsam dämmerte es Arva, dass sie sich in einem Gefängnis befand. „Was ist denn das für ein Aufruhr hier drinnen?“ Die Stimme eines Wächters schallte durch die Gänge und alle verstummten. Seine Schritte hallten in dem feuchten Gang von den Wänden wieder, als er zu ihnen herüber kam. „Gibt es hier irgendwelche Probleme?“ Fragte er in einem Tonfall, der klarmachte, das jede Antwort eine falsche Antwort wäre. „Ich glaube die Kleine hier ist krank Sir...“ Wagte Noura leise zu bemerken und eine plötzliche Anspannung breitete sich unter den Gefangen aus. „Wer ist krank?!“ fragte der Wächter wieder im selben Tonfall, der die Elfe diesmal zum Aufgeben brachte. „Niemand, Sir.“ Antwortete sie kleinlaut und trat einen Schritt von den Gitterstäben zurück. Plötzlich rutschte sie auf der Pfütze, die Arva eben produziert hatte aus und landete unsanft auf dem ekligen Steinboden. „Was ist denn das?“ Fragte der Wächter, diesmal nur angewidert, als ihm der saure, stechende Geruch aus der Zelle entgegenschlug und er die Pfütze entdeckte. Und dafür verschwendet der König gute Steuergelder, um euch Pack was zu Essen zu kaufen, und wie dankt ihr es ihm!?“ Er wandte sich leicht grünlich im Gesicht ab. „Die Essensrationen für diesen Zellenblock werden für die nächsten zehn Wochen gekürzt!“ Mit diesen Worten kehrte er ihnen den Rücken und wanderte zurück zum Ende des Ganges. „Es tut mir Leid.“ Piepste Arva, die allmählich ihre Stimme wiederfand. „Ist schon gut. Das ist nicht deine Schuld, er findet immer einen Grund, um uns das Essen zu kürzen. Aber die Königin bringt das wieder in Ordnung. Sie ist auf unserer Seite.“ Erwiderte Noura und suchte sich einen sauberen Platz, wo sie sich hinsetzte. „Die Königin? Warum?“ Fragte Arva verwirrt. „Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil der König die Elfen, die nach Diarla kommen, gefangen nimmt und als Sklaven verkauft. In der Öffentlichkeit muss sie so tun, als würde sie König Charon unterstützen, aber in Wirklichkeit ist sie entsetzt von seinen Ansichten und hilft uns, wo immer sie kann. Sie hat es sogar schon geschafft, einigen von uns zur Flucht zu verhelfen!“ „Ich verstehe, deshalb war sie so.“ Sagte Arva eigentlich mehr zu sich selbst und dachte dabei an den Abend ihrer Ankunft. „Aber sind denn hier nur Elfen?“ Sie blickte sich nach den Leuten in den anderen Zellen um, aber unter ihnen waren auch Menschen. „Nein.“ Antwortete Noura, „Sie stecken auch die Mörder mit zu uns in die Zellen. Jemanden zu töten, oder eine Elfe zu sein ist hier ein gleichschlimmes Verbrechen.“ Arva fühlte sich nun noch unbehaglicher als zuvor und sie wünschte sich plötzlich Siria wäre da. >Ob sie schon angefangen hat mich zu suchen? Bestimmt denkt sie ich bin noch beim Baden. Und sie hatte ja vor die Sache mit dem bevorstehenden Krieg mit dem König zu besprechen. Hoffentlich hat man sie nicht rausgeworfen! Dann kann sie nicht zurück um nach mir zu suchen! Nein, Siria ist mit dem König bekannt, in welcher Weise auch immer, man wird sie schon nicht rausgeworfen haben, schließlich haben wir so ein vornehmes Zimmer gekriegt, Siria muss eine wichtige Person sein. Ich frage mich wer sie wirklich ist...und warum sie es mir nicht sagt. Vielleicht vertraut sie mir ja nicht, weil ich eine Mörderin bin...< Als ihre Gedanken zu ihrer Mutter schweiften wurde Arva plötzlich eiskalt. Es war ein Gefühl, als würde ihr jemand mit eiskalten Klauen die Eingeweide zusammendrücken. Erinnerungsfetzen tauchten plötzlich vor ihrem inneren Auge auf: Ein paar glühender gelber Augen, das Geräusch von Klauen die den Stoff der Vorhänge zerfetzten. Ängstlich kauerte sich das Elfenmädchen zusammen und kniff sich in die Hand um sich abzulenken. Sie wollte sich nicht erinnern, auf keinen Fall! Was auch immer geschehen war, das einzige was zählte war, dass sie es nicht gewesen war, der Nyla getötet hatte. Der Gedanke, das ihre Mutter tot war, schien ihr plötzlich völlig absurd. Sie versuchte sich klarzumachen, dass sie sie nie wieder sehen würde, das sie nie wieder ihr Lachen oder ihr Singen hören würde. Aber sie konnte nicht. Die ganze Zeit hatte sie weinen müssen wenn sie an den Tod ihrer Mutter dachte, aber jetzt wo sie genauer darüber nachdachte stieß sie nur auf eine seltsame Leere und Kälte in ihrem Inneren. Nach hause zurück konnte sie auch nie wieder. Dort würde man sie als Verbrecherin behandeln und töten. Aber wozu überhaupt zurückkehren? Außer ihrer Mutter gab es niemanden im Dorf, der sie gemocht hatte. Da sie keinen Vater hatte, galt sie als Bastard und sie und ihre Mutter wurden von allen verachtet. Aber es hatte ihr nie etwas ausgemacht, denn ihre Mutter war immer für sie da und hatte sie geliebt und vor den Angriffen der anderen Dorfbewohner beschützt. Aber jetzt? Allmählich stiegen ihr doch wieder Tränen in die Augen und ihre Kehle schnürte sich zu. >Ich hab niemanden mehr und ich bin gefangen in einen stinkenden Loch voller lüsterner Männer. So wird mein Leben also enden. Das war’s, alleine komme ich hier niemals lebend heraus!< Arva begann laut zu weinen, aber niemand reagierte auf ihr Schluchzen und Wimmern. Noura blieb nur stumm in ihrer Ecke sitzen und betrachtete sie nachdenklich. Diese Phase machten alle Gefangen durch, man konte sie nicht trösten. Nach einer Weile würde sie einsehen, dass es sinnlos war zu weinen und sich damit abfinden, das sie den Rest ihres Lebens hier verbringen würde, ohne jemals wieder das Tageslicht sehen zu dürfen, es sei denn, jemand würde sie als Sklaven kaufen... Noura seufzte. Doch selbst auf dieses unglückselige Schicksal blieb ihr selbst keine Hoffnung. Kapitel 8: Hoffnung ------------------- 8. Hoffnung Nach einer Weile hatte sich Arva wieder halbwegs beruhigt und an Stelle der Verzweiflung spürte sie nun nur noch Gleichgültigkeit. Es hatte keinen Sinn, noch länger zu weinen und ihrer friedlichen Vergangenheit nachzutrauern. Was passiert war, konnte sie nicht rückgängig machen, also galt es nun, das beste aus ihrer Situation zu machen. Die Elfe richtete sich entschlossen aus ihrer eingerollten Haltung auf und ging hinüber zu Noura, die noch immer in ihrer Ecke saß abwesend den rauen, dunkelgrauen Steinboden anstarrte. Arva sammelte ihren Mut und sprach sie an. „Ähm....,“ dann wusste sie nicht weiter, weil ihr der Name der anderen entfallen war, da sie, als sie ihn ihr genannt hatte, noch zu sehr unter Schock stand, um irgendetwas klar wahrzunehmen. Nun schien es an Noura zu sein, Arva nicht wahrzunehmen. Sie lehnte stumm weiter an der Mauer und blickte den Boden an, während ihre Lippen stumm irgendwelche Worte formten, die Arva nicht zu erraten vermochte. Erschrocken über das seltsame Verhalten, der vorhin noch so lebhaften blonden Elfe, verlies Arva ihr Mut wieder. Sie hockte sich vor ihr in und sah sie aufmerksam an, um einzuschätzen, ob es gefährlich sein könnte sie zu berühren, immerhin war sie vielleicht verrückt. Sie beschloss sie lieber noch einmal anzusprechen. „Entschuldigung...Ihr habt mir vorhin Euren Namen genannt, aber er ist mir scheinbar wieder entfallen...könntet Ihr ihn mir vielleicht noch einmal sagen?“ Keine Reaktion. Noura fuhr fort, stumm die Lippen zu bewegen und blickte sie nicht einmal an. Arva seufzte und legte dann vorsichtig die Hand auf Nouras Schulter. Nichts passierte. Vorsichtig begann sie die andere zu schütteln. Dabei strichen die blonden, gewellten Haare des Mädchens über Arvas schmutzige Hände und kitzelten sie. „Kyaaaaaaaa!!!“ Mit einem Mal sprang Noura auf und schrie. Arva verlor das Gleichgewicht und kippe nach hinten. Gott sei dank landete sie aber weich und trocken auf einer Schicht Stroh. Es piekte sich zwar in ihre Hände und klebte sofort an den noch feuchten Stellen ihres Gewands, aber es spendete ein wenig Wärme, indem es sie von dem eisigen Fußboden abschirmte, also blieb sie dort sitzen. Dann blickte sie hoch zu Noura. Sie stand vor ihr und hatte sich scheinbar schon von dem Schrecken erholt. „Was fällt dir eigentlich ein?!“ zischte sie Arva wütend an. „Weißt du eigentlich wie schwierig es ist, von hier unten eine Verbindung zu kriegen!?“ Arva war verwirrt und legte den Kopf schief, während sie verständnislos zu der anderen aufblickte. „Verbindung?“ fragte sie schüchtern. „Ach, du kannst ja doch sprechen! Ja, Verbindung! Mit Magie, verstehst du?“ Arva schüttelte den Kopf. „Ich habe gerade mit Prinz Adour gesprochen, über eine magische Verbindung. Aber die ist hier unten sehr schwer herzustellen, weil die Verliese mit einer anti-magischen Barriere umhüllt sind.“ „Oh.“ Antwortete Arva, „Aber wie hast du es überhaupt geschafft durch die Barriere zu kommen? Merkt denn das niemand?“ Noura schüttelte den Kopf. Nicht ich habe die Verbindung hergestellt, sondern Adour. Er mag dumm und eingebildet sein, aber er ist ein guter Magier, er weiß, wie man die Barriere durchdringen kann, ohne dass die Wächter, die Magie beherrschen etwas davon mitkriegen. Aber leider kann er dass nur einmal im Monat schaffen, und jetzt hast du alles kaputt gemacht!!!“ „Das tut mir Leid. Also gibt es auch Menschen die Magie besitzen?“ Fragte Arva neugierig. Natürlich, in allen Völkern gibt es Leute die Magie beherrschen. Oder dachtest du, die Magie sei nur uns Elfen vorbehalten? Wie einfältig du bist! Woher kommst du überhaupt und wie heißt du?“ Arva ärgerte sich über die unfreundliche Art, wie das fremde Mädchen mit ihr sprach und fühlte sich von ihr gedemütigt, weil sie ihr bewusst machte, wie wenig sie über die Welt außerhalb Luzernes wusste. Sie mochte sie nicht. „Natürlich weiß ich dass nicht nur Elfen Magie ausüben können! Ich kenne eine Siarra, die mir alles über Magie beigebracht hat, ich habe bisher nur noch nie einen Menschen gesehen, der Magie hatte!“ erwiderte Arva trotzig und funkelte Noura dabei böse an. Diese hatte aber nicht vor, mit Arva Streit anzufangen und entspannte ihre verhärteten Gesichtszüge wieder, als sie merkte, dass sie ihre einzige Zellengenossin beleidigt hatte. „Entschuldige, ich wollte damit nicht andeuten, du seiest ungebildet. Ich war nur noch wütend, weil sich so selten die Gelegenheit ergibt, mit Adour zu sprechen. Er ist der einzige, der mich vielleicht hier rausbringen kann, weist du? Du kennst also eine Siarra? Das ist beindruckend, wo habt ihr euch kennen gelernt?“ Arva zögerte mit ihrer Antwort, weil sie Noura nicht erzählen wollte, dass sie auf der Flucht war, als sie Siria begegnete. Noura, die Arvas erschrockenes Schweigen missdeutete und annahm, Arva hätte gelogen, als sie von der Siarra erzählte, versuchte schnell das Thema zu wechseln, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. „Also wie war doch gleich dein Name?“ Arva atmete erleichtert aus und beantwortete die Frage. Dann bat sie Noura, sich auch noch einmal vorzustellen. Die blonde Elfe setzte sich neben sie aufs Stroh und dann plauderten sie über unverfänglichere Themen und Noura erklärte ihr eine Menge über die Politik zwischen Diarla und Luzerne. Arva erfuhr, dass Noura die Tochter von Fior, dem König von Luzerne, war. Zuerst glaubte sie ihr nicht, aber Noura bewies es ihr, indem sie ihr einen sichelförmigen kleinen Auswuchs hinter ihrem linken Ohr zeigte, den alle in der königlichen Familie der Elfen hatten. Arva war beeindruckt und wollte Noura von da an immer mit Majestät anreden, aber Noura verbot es ihr, weil sie unter den Gefangenen nicht den Eindruck erwecken wollte, eingebildet zu sein, schließlich hatte sie momentan nicht mehr Macht, als alle anderen im Gefängnis auch. Arva änderte daraufhin ihr Meinung von der Prinzessin und begann sie zu mögen. Draußen wurde es langsam dunkel, und das wenige Licht, dass durch ein paar vergitterte Fenster an der Decke hereinkam verschwand langsam. Arva war von den Ereignissen des Tages noch immer sehr erschöpft und so beschlossen die beiden lieber zu schlafen und sich morgen weiter zu unterhalten. " Gute Nacht und sei vorsichtig, nachts kommen die Kakerlaken raus." Warnte Noura Arva noch, doch diese war sofort eingeschlafen und hörte es nicht mehr. „Arva?“ Sirias Stimme hallte durch die Gänge und lies Arva sofort aufblicken. >Habe ich mir das gerade eingebildet?< dachte sie und lauschte. Es war noch immer stockdunkel, denn man hatte sich nicht die Mühe gemacht, für die Gefangenen Fackeln aufzustellen, damit sie nachts schliefen und keinen Ärger machten. „Ihr könnt hier nicht lang, dieser Trakt ist für Mörder und Elfen, da dürft Ihr nicht lang!“ bellte der Wächter und hielt dann plötzlich die Luft an, anstatt Siria zu beschimpfen, wie er es vermutlich vorhatte, sondern presste ein möglichst höfliches '„Guten Abend, Majestät!“' hervor. „Guten Abend, Sir.“ Erwiderte die Stimme von Königin Seodra, bei dessen Klang viele der Gefangen augenblicklich erwachten und hoffnungsvoll aufblickten. Dann hörte man Schritte näher kommen. „Arva? Bist du hier, dann antworte!“ Rief Siria. „Hier!“ Rief Arva so laut, wie sie konnte und sprang auf. „Arva? Warst du das?“ Rief Siria und die Schritte wurden lauter. „HIEER!“ Schrie Arva voller neuer Hoffnung und versuchte zu den Gitterstäben zu gelangen, ohne in eine der ekligen pfützen zu treten, was im Dunkeln nicht leicht war. Wenn Siria sie fand, würde mit Sicherheit alles gut werden. „Wo hier?“ hörte sie Siria rufen. „Hier drüben!“ Antwortete Noura für sie und fand als erstes einen trockenen Platz an den Gitterstäben um Siria heranzuwinken. Ein paar rasche Schritte und dann tauchte im Schein einer Fackel das Gesicht der blonden Kriegerin vor Arvas Zelle auf. Nach einem irritierten Blick auf Noura, die nicht die Elfe war, mit der sie gerechnet hatte, erblickte sie Arva zwischen den Seen aus Scheußlichkeiten, die sie selbst produziert hatte. „Meine Güte, Schätzchen, wie siehst du denn aus!?“ Erschrocken eilte sie zu Seodra um ihr den Generalschlüssel für die Zellen abzunehmen, den sie vom Wärter bekommen hatte. Rasch schloss sie die Tür auf und machte einen großen Schritt an Noura vorbei über die erste Pfütze hinweg, während Seodra ihr leuchtete. Dann umarmte sie vorsichtig die verstörte Elfe, die vor Erleichterung in Tränen ausgebrochen war und ihr trotz den ekelerregenden Flecken auf ihrer Kleidung um den Hals gefallen war. „Keine Angst, es wird alles wieder gut.“ Redete sie auf sie ein und Arva lehnte sich erleichtert bei ihr an und schluchzte die ganze Angst der letzten Stunden heraus. Nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte, löste sich Siria vorsichtig wieder von ihr und sah ihr ernst ins Gesicht. „Die Wachen sagen, du hättest vier Menschen umgebracht.“ Während sie das sagte fixierte sie Arvas Augen und legte ihre Hände um Arvas Gesicht, damit sie sich nicht wegdrehen konnte, während sie vorgab ihr die Tränen abzuwischen. Geschockt starrte Arva sie an. „Nein, das ist nicht wahr!“ rief sie und sofort liefen wieder Tränen über ihre Wangen. >Zumindest glaube ich das...< fügte sie in Gedanken dazu. „Ist schon gut, Kleines. Das glaube ich ja auch gar nicht.“ Flüsterte Siria und nahm die Elfe wieder in die Arme, wenn auch darauf bedacht, nicht mit dem unteren Teil ihres Kleides in Berührung zu kommen. „Allerdings müssen wir das erst mal beweisen. Und du bist die einzig lebende Zeugin...“ Siria seufzte und blickte zu Seodra. Diese schüttelte auf Sirias stumme Frage nur den Kopf und erwiderte: „Es tut mir leid, Siria, ich würde dir wirklich gern helfen, aber es sprechen einfach zu viele Beweise gegen sie.“ Dann blickte sie Arva an und seufzte. „Aber ich kann auch nicht glauben, dass sie es getan hat, vielleicht könnten wir erst mal jemanden hierher verlegen, den wir als Arva ausgeben. Noch weiß niemand, wie sie aussieht. Dann könnte die Kleine sich erst mal waschen und ausruhen, bis wir eine Lösung gefunden haben.“ Arva lächelte dankbar. Also hatte Noura recht gehabt. Seodra war wirklich auf ihrer Seite. „Am besten werde ich gleich sehen, was ich tun kann. Wollt Ihr so lange bei der Kleinen bleiben?“ fragte Seodra Siria. „Ja, ich denke das ist das beste.“ Antwortete die Siarra mit einem Seitenblick auf Arva. Die Königin steckte die Fackel in einen dafür vorgesehen halter an der Wand und tauschte wieder mit Siria den Schlüssel und schloss hinter sich die Zelle ab. Als sie ging hörten sie noch, wie sie dem Wächter mitteilte, dass er Siria freilassen sollte, wenn sie danach verlangte. Nachdem Seodras Schritte verklungen waren, wandte Siria sich wieder Arva zu. „Ist alles in Ordnung mit dir, bist du verletzt?“ fragte sie leise und musterte sie besorgt. „Mir geht’s gut.“ Versicherte Arva ihr müde. „Ich bin nur ziemlich erschöpft.“ „Das sieht man.“ Meinte Siria sanft und suchte nach einem Ort, der weniger verschmutzt war um sich dort mit ihr nieder zu lassen. Arva lotste sie zur der Stelle mit dem Stroh. „Ich glaube nicht, dass es ihr gut geht, sie hat sich zweimal übergeben.“ Mischte sich nun Noura ein, die bisher nur leicht eifersüchtig alles beobachtet hatte. „Das sehe ich...“ sagte Siria und verzog beim näheren Hinsehen das Gesicht. „Wann hast du bloß soviel gegessen?“ Fragte sie Arva, die zwischen ihren Beinen saß und sich mit geschlossenen Augen bei Siria anlehnte. „Keine Ahnung...“ murmelte sie schläfrig. „Kannst du mir erzählen, was heute morgen da unten passiert ist?“ Die Siarra merkte, wie Arva sich bei dem Thema plötzlich verkrampfte und sich dann schnell nach vorne warf, um wieder einen Schwall Erbrochenes loszuwerden. „Nicht schon wieder!“ Kreischte Noura und hüpfte zur Seite. „Du musst vermutlich nur noch die nächsten paar Stunden hier verbringen, aber ich wahrscheinlich mein ganzen Leben, also hör auf damit!“ „Mach dir keine Sorgen.“ Sagte Siria zu Noura, während sie Arva sanft den Rücken massierte, als diese würgend ihren restlichen Mageninhalt entleerte. „Ich bin sicher Seodra findet bald eine Möglichkeit auch dich hier raus zu bringen. Sie hat erzählt, dass sie jemanden gefunden hat, der bei den Elfenauktionen so viele Sklaven wie möglich freikaufen und sicher zurück nach Luzerne bringen will. Bestimmt kann er dich auch mitnehmen.“ Noura lachte ironisch. „Hah! Ich bin leider nicht zu verkaufen. Ich bin schon seit zwei Jahren hier, aber Seodra kann mich nicht rausschmuggeln, weil der König es merken würde!“ „Warum würde er es merken?“ fragte Siria höflich, während sie Arva eine kleine Wasserflasche reichte, die sie immer am Gürtel mit sich trug. „Weil ich seine wichtigste Geldquelle bin! Er erpresst jeden Monat viel Geld von meinem Vater, damit er mich am Leben lässt. Deshalb muss ich wohl für immer hier bleiben, weil mein Vater keinen Krieg riskieren will, um mich zu befreien!“ „Das tut mir sehr Leid.“ Sagte Siria und zog Arva, die damit fertig war, sich den Mund auszuspülen, wieder in ihre Arme. „Ist dein Vater denn so Einflussreich?“ „Er ist der König von Luzerne!“ Sirias Augen weiteten sich bei dieser Offenbarung. „Das ist natürlich ein guter Grund!“ platze es aus ihr heraus. „Das kann man wohl sagen! Für Charon bin ich unbezahlbar.“ „Nein, um einen Krieg anzufangen. Ich habe gleich heute morgen mit König Charon gesprochen, weil ich befürchte, dass bald Krieg zwischen Menschen und Elfen ausbrechen könnte, aber er meinte, dafür gäbe es keinen Grund. Dieser lügnerische Bastard! “ „Was denn für ein Krieg?“ Fragte Noura verwirrt. „Habt ihr irgendetwas gehört, dass mein Vater vorhat mich hier rauszuholen?“ „Nein, dass nicht,“ gab Siria zu, „aber ich habe von einer zuverlässigen Quelle die Information, dass bald Krieg zwischen den Menschen und den Elfen ausbrechen wird. Und nun weiß ich endlich auch den Grund dafür. Sicher hat König Fior von Luzerne vor, dich um jeden Preis zu befreien, auch wenn das Krieg bedeutet. Ich frage mich nur, was ich dagegen unternehmen soll, immerhin hat Charon versucht deine Anwesenheit vor mir zu verheimlichen, also bezweifle ich, dass er sich so leicht überreden lassen wird, dich freizugeben.“ „Ich glaube, es wäre mir egal wenn Krieg ausbricht, solange ich nur endlich aus diesem stinkenden Loch herauskomme!“ rief Noura und begann plötzlich zu schluchzen. „Aber nicht doch, Kleine!“ rief Siria besorgt und griff über Arva hinweg tröstend nach der Hand der weinenden Elfenprinzessin. Noura kletterte über die neuste Pfütze hinweg und schmiegte sich neben die inzwischen schlafende Arva an Siria und weinte sich bei ihr aus. Siria tröstete sie geduldig und wartete, bis sie aufgehört hatte zu weinen. Dann sagte sie: „ Was auch immer in den nächsten Wochen passieren wird, ich bin mir sicher dass du hier raus kommst. Jedenfalls werde ich mich dafür einsetzen. Ich werde mit Charon und mit deinem Vater irgendetwas aushandeln, damit du wieder nach Hause kannst und dieser dämliche Krieg verhindert wird. Verlass dich auf mich.“ „Danke!“ flüsterte Noura und fuhr fort sich an Siria zu klammern. „Wie alt bist du eigentlich?“ Fragte die Siarra, in der Hoffnung die Prinzessin mit ein wenig Ablenkung wieder zu beruhigen. „Nächsten Monat werde ich 25.“ Als wäre ihr plötzlich wieder etwas wichtiges eingefallen, sprang sie auf und streckte Siria ihre schmutzige Hand entgegen. „Bitte entschuldigt, mir sind nach den paar Jahren hier schon die Manieren abhanden gekommen! Ich bin Noura von Luzerne, die älteste Tochter von Fior von Luzerne. Freut mich euch kennen zu lernen!“ Siria war verblüfft über Nouras plötzliche Stimmungswechsel und zögerte einen Moment, bevor sie dann doch die dargebotene Hand nahm. Sie warf einen Blick auf Arva, die an sie gekuschelt nach dem ganzen Gefühlschaos einfach eingeschlafen war und ruhig atmete. Dann stellte auch sie sich flüsternd vor : „Siria Nimrodis. Derzeitiges Oberhaupt der Siarras. Sehr erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Hoheit.“ Noura wurde blass und lies Sirias Hand los. „Oberhaupt der Siarras? Im Ernst?“ „Ja, im Ernst. Aber sag das bitte niemandem, ich bin inkognito hier, außer den beiden Hoheiten weiß keiner wer ich bin, und so soll es auch bleiben. Wenn ich meine Mission erfüllen will, muss ich zunächst unerkannt bleiben, als Adelige schauen mir zu viele Leute auf die Finger und zurzeit haben es ein paar unangenehme Leute auf mich abgesehen, vor denen ich auf der Flucht bin.“ Sie zögerte kurz und fügte dann hinzu: „Und sag auch bitte Arva nichts davon.“ „Wie Ihr befielt, Hoheit.“ Flüsterte Noura und verbeugte sich leicht. „Ich bin keine Hoheit. Solche Ränge gibt es unter den Siarras nicht. Ich habe zwar eine Menge Macht, aber stehe trotzdem auf gleicher Stufe wie alle anderen Siarras auch. Das ist das besondere an unserer Regierungsform; alle Siarras haben die gleichen Rechte und Pflichten und die wichtigen Entscheidungen werden per Wahlen getroffen. Meine Familie und ich sind nur dafür zuständig, mit den anderen Ländern zu verhandeln und im Kriegfall das Heer von Namaycuh anzuführen. Na gut, und ich habe das Privileg im Palast von Namaycuh leben zu dürfen. Aber ansonsten werde ich zuhause behandelt wie ein normaler Bürger.“ „Das klingt ja sehr interessant. Also haben die Siarras gar keinen König? Aber wie kann das funktionieren?“ „Wie gesagt, dafür ist meine Familie zuständig. Wir übernehmen die Aufgaben, die ein König übernehmen würde, aber wir entscheiden dabei nicht nach unserem eigenen Willen, sondern danach was das Volk sich wünscht.“ „Das klingt toll.“ Seufzte Noura. „Falls ich jemals wieder nach Hause komme und den Thron übernehme, werde ich auch so ein System einführen!“ Siria lächelte. „Damit wirst du dich beim Volk sicher sehr beliebt machen. Mach dir keine Sorgen, ich werde versuchen mit Charon und Fior zu verhandeln, damit man dich freilässt und Fiors Heer Diarla nicht angreift. Ich bin sicher, ich schaffe das irgendwie. Verlasst Euch auf mich, Hoheit! “ Dann blickten beide auf, als sie Schritte hörten, die sich ihrer Zelle näherten. Es war Königin Seodra. Neben ihr gingen zwei Mädchen, ein Mensch und eine Elfe. „Ich habe jemanden gefunden, der vorübergehend Arvas Platz einnehmen würde.“ Verkündete sie den drei Insassen freudig. Aus den Nebenzellen kam neidisches Gemurmel. „Habt noch ein wenig Geduld, meine Lieben.“ Sagte Seodra zu den anderen Gefangenen. „In spätestens einer Woche ist die nächste Auktion, dann wird ein guter Freund von mir die meisten von euch freikaufen und zurück nach Luzerne eskortieren. Mehr kann ich im Moment leider nicht für euch tun.“ Das Gemurmel legte sich wieder und Seodra schloss Arvas und Nouras Zelle auf. Siria schüttelte Arva sanft um sie zu wecken und die Elfe öffnete langsam die Augen. „Wir können gehen.“ Erklärte Siria ihr. Arva erhob sich, damit Siria auch aufstehen konnte, dann gingen beide nach draußen in den Gang. Noura blickte ihnen sehnsüchtig hinterher, als die schwere Zellentür sich wieder schloss und sie zusammen mit Arvas Ersatz in der düsteren und modrig riechenden Gefängniszelle zurückblieb. Siria fing ihren Blick auf und schenkte ihr ein tröstendes Lächeln, dass die Elfe jedoch nicht erwiderte. Seufzend über das mangelnde Vertrauen der Prinzessin wandte sich die Siarra ihrem anderen elfischen Schützling zu. Arva sah wirklich mitleiderregend aus, in ihrem verschmutzten und notdürftig zusammen geknoteten Kleid und mit den Blessuren an den Armen und im Gesicht, die sie von der Begegnung mit den Pagen zurückbehalten hatte. Siria legte ihr eine Hand auf den Rücken und schob die sich noch im Halbschlaf befindende Elfe behutsam vor sich her, während das menschliche Mädchen, dass Seodra mitgebracht hatte, ihnen leuchtete und sie aus dem Verlies heraus, nach oben in ihr Zimmer führte. _________________________________________________________________________________ Ich hoffe, das ist jetzt nicht allzu verwirrend geworden, ich habe das Kapitel inzwischen schon dreimal überarbeitet, weil ich einfach nicht damit zufrieden war, und auch jetzt noch nicht richtig bin, aber wenn ich es nochmal umschreibe, endet das sicher in völligem Chaos, also lasse ich es lieber. Ich habe auch noch mal eine Übersicht über die Länder und Völker zu den Charakteren hinzugefügt, falls es noch Unklarheiten gibt,was das betrifft. Das nächste Kapitel habe ich schon fertig, werde es aber auch nochmal überarbeiten, dann lade ich es hoch. Dazu gibt es dann auch ein FA von mir, wie Arva vor dem Spiegel steht.^^ Ja, hoffe ihr freut euch darauf! ^____^ bis dann! Jarmina Kapitel 9: Misstrauen --------------------- 9.Misstrauen Siria legte ihr eine Hand auf den Rücken und schob die sich noch im Halbschlaf befindende Elfe behutsam vor sich her, während das menschliche Mädchen, dass Seodra mitgebracht hatte, sie nach oben in ihr Zimmer führte. Dort angekommen, verlies sie sie und vertraute die beiden der Fürsorge dreier Diener an, die gerade einen Badezuber in das geräumige Zimmer schleppten. Es waren zwei Männer und eine Frau. Nachdem sie die runde Holzwanne abgestellt hatten, machten sich die zwei männlichen Dienstboten auf den Weg, um heißes Wasser zu holen, während sich die Frau bei Siria erkundigte, ob sie noch etwas anderes bräuchten. Siria bestellte etwas zu Essen und zu Trinken für sie beide und Verbandszeug und Seife. Die Dienerin eilte sofort los, um das Bestellte zu beschaffen. In der Zwischenzeit bugsierte die Siarra Arva in das blaue Himmelbett, in dem sie die letzte Nacht verbracht hatten, wo sie sich mit ihr hinsetzte. Da Siria nicht das Gefühl hatte, dass das erschöpfte Mädchen besonders erpicht auf ein Gespräch war, beobachteten die beiden nur wie die Diener abwechselnd mit heißem Wasser gefüllte Eimer herein trugen und diese in die Wanne ausleerten, um Arvas Bad zu bereiten. Gerade als sie damit fertig waren, traf die Dienerin mit dem Essen und den anderen georderten Gegenständen ein. Sie hatte sich Verstärkung in Form von zwei Elfenmädchen geholt, die ihr halfen, die Tabletts zu tragen. Siria vermutete, dass es Sklaven waren, sagte aber nichts weiter, sondern bedankte sich nur höflich bei den Dienern und entließ sie dann, da sie nichts weiteres mehr benötigen würden. Dann waren sie und Arva endlich allein. Die Kriegerin schob der schweigenden Elfe eins der Tabletts hin, dass mit den köstlichsten Speisen gedeckt war. Es standen als Vorspeise drei verschiedene Suppen zur Auswahl, als Hauptgericht gab es gebratene Hühnerbrustfilets, dazu Kartoffeln und gemischtes Gemüse, als Beilage frisches Brot und zum Nachtisch gab es Kuchen und Honigbrote. Siria, die, da sie es so eilig hatte den König morgens zu sprechen, nicht gefrühstückt hatte, lief bei dem Anblick das Wasser im Munde zusammen und ihr Magen begann laut zu knurren. Doch Arva schob das Tablett von sich. „Ich hab’ keinen Hunger.“ Erklärte sie knapp und starrte dabei den Boden an. Besorgt strich Siria Arva über das zerzauste Haar. „Möchtest du lieber erst baden?“ fragte sie verständnisvoll, aber die Elfe schüttelte ihre Hand ab und drehte ihr den Rücken zu. Verwundert kroch Siria über das Bett und setzte sich vor sie. „Was ist denn los, Schätzchen? Ist alles in Ordnung?“ Arva antwortete nicht, sondern drehte schnell den Kopf weg, damit Siria ihre Tränen nicht sah. Doch die Siarra bemerkte sie trotzdem und versuchte daraufhin Arva zu umarmen, um sie zu trösten. Aber das war genau die falsche Reaktion. Arva stieß Siria grob von sich, sodass sie rückwärts vom Bett fiel und mit dem Kopf glücklicherweise nur auf den weichen Teppich aufschlug. Vollkommen verblüfft rieb Siria sich den leicht brummendem Schädel und blieb in sicherer Entfernung neben dem Bett sitzen. „Was zur Hölle ist in dich gefahren!?“ fuhr sie Arva an und stierte verärgert zu ihr hinauf. Doch Arva antwortete nicht. Sie saß in sich zusammengesunken auf dem Bett und schluchzte erbärmlich. Sirias Wut legte sich sofort, als sie die andere so sah und sie setzte sich verunsichert neben der Elfe auf die Bettkante. Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Was war nur mit Arva los? Was sollte sie sagen? „Soll ich dich lieber allein lassen?“ fragte sie vorsichtig. Eine flüchtige Pause in Arvas Schluchzen stellte sich ein, während die jüngere nachdachte. Dann schwang der Vorhang aus Haaren, der ihr Gesicht verdeckte kurz hin und her. Ein Kopfschütteln. Siria seufzte verwirrt. „Was soll ich dann tun?“ Es dauerte eine Weile, bis Arva einen Entschluss fasste, sich tapfer die Tränen abwischte und Siria ins Gesicht sah. „Hör endlich auf, immer so nett zu mir zu sein! Du weißt doch gar nicht wer oder wie ich wirklich bin! Ich bin eine Mörderin! Wieso versuchst du immer noch mir zu helfen? Alle Beweise sprechen gegen mich! Du hast nicht den geringsten Grund mir zu vertrauen!“ Mit rotem Gesicht starrte Arva Siria an, die ratlos im Zimmer umherblickte. „Ich...“ begann die Kriegerin unsicher, während sie nach den richtigen Worten suchte, „Ja?!“ hakte Arva aggressiv nach und Siria zuckte leicht zusammen, „Ich glaube einfach nicht, dass du zu so etwas im Stande wärst.“ Arvas Blick durchbohrte sie förmlich. „Woher wollt Ihr das wissen?! Ihr kennt mich doch erst seit ein paar Tagen und seit unserer ersten Begegnung war ich auf der Flucht, weil man mich des Mordes beschuldigt hat! Warum vertraut Ihr mir trotz allem? Warum?!“ Siria hatte es bisher vermieden Arva anzusehen, doch nachdem sie so von der Elfe angefahren wurde, schaltete sich ihr Kriegerstolz ein und sie erwiderte ebenso heftig: „Dann sag mir doch die Wahrheit! Warst du es? Hast du diese Leute getötet? Bist du eine verachtenswerte Mörderin, Arva Seleas? Bist du das? Soll ich dich so behandeln?!“ Siria hatte wesentlich respekteinflößender gewirkt, als beabsichtigt, weshalb Arva wieder in Tränen ausgebrach und sie keine Antwort bekam. Angespannt saß die blonde neben dem zitternden Bündel, während Zorn und Mitleid in ihr kämpften. Schließlich siegte ihr Mitleid und sie machte einen zweiten Versuch, die Elfe zu trösten. Diesmal lies Arva es sich gefallen. Nachdem sie sich wieder eingekriegt hatte, antwortete sie heiser: „Ich weiß es nicht.“ Siria streichelte sie sanft und fragte ruhig: „Warum weißt du das nicht?“ Dieser Satz entlockte beiden ein Lächeln, weil es sie an ihre erstes Gespräch erinnerte, als Siria Arva gefragt hatte, wo sie hin wolle. Die Anspannung zwischen den beiden löste sich etwas und Arvas Vertrauen zu Siria stellte sich halbwegs wieder ein. „Ich kann mich an nichts erinnern.“ Erklärte sie Siria, während sie sich schüchtern bei ihr ankuschelte, „Ich weiß nicht was und wieso es passiert ist, aber es war nicht das erste mal...deshalb solltet Ihr mir lieber nicht zu sehr vertrauen, sonst werdet Ihr vielleicht auch noch verletzt...“ Siria legte die Arme um Arva und streichelte sie behutsam. Arva entspannte sich unter Sirias Liebkosung und begann ihr leise die Geschichte vom Tod ihrer Mutter und dem Ereignis mit den Wachen zu erzählen. Siria hörte aufmerksam zu, während sie konzentriert das Gesicht des Mädchens beobachtete. „...und dann hat der eine, der versucht hat mich anzufassen, plötzlich seine Hand verloren. Danach weiß ich nichts mehr.“ Siria runzelte nachdenklich die Stirn. „Wie meinst du das, er hat seine Hand verloren? Ist sie einfach abgefallen...oder hat sie jemand abgehackt...? Der Kriegerin kam es ein wenig taktlos vor, so direkt nach den grausigen Details zu fragen, aber es lies sich nicht vermeiden, wenn sie herausfinden wollte, was passiert war. Arvas Gesichtsfarbe wechselte bei dieser Frage von leichenblass zu graugrün und sie musste sich stark zusammenreißen, um sich nicht wieder zu übergeben. „Erzähl mir alles woran du dich erinnern kannst, Kleines.“ Drängte Siria und Arva seufzte schwer. Die paar Erinnerungsfetzen, die in ihrem Kopf noch übrig waren, reichten schon, um eine unerklärliche Angst in ihr heraufzubeschwören, weshalb sie nicht besonders begierig darauf war, sich noch mehr Einzelheiten über die grausamen Vorfälle der letzten Tage ins Gedächtnis zu rufen. Aber Sirias schützende Umarmung gab ihr den nötigen Mut, um es doch zu versuchen. Arva schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie lies ihre Gedanken zurück ins Gefängnis schweifen, wo die zwei Pagen versucht hatten, sie zu vergewaltigen. Der eine Page hatte versucht sie zu berühren und dann... „Ich weiß nicht wie es passiert ist, die Hand war einfach verschwunden, es war nur noch ein blutender Stumpf übrig und dann bin ich ohnmächtig geworden. Ich hab das Gefühl, da war noch irgendetwas, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern, was es war...“ „Ist schon gut.“ Meinte Siria sanft, „die Erinnerung kommt vielleicht wieder, wenn du den Schock überwunden hast. Am besten badest du erst mal, und dann zerbrechen wir uns morgen weiter den Kopf darüber, wer diese unglücklichen Seelen auf dem Gewissen hat. Ich bin jedenfalls von deiner Unschuld überzeugt.“ Arva fühlte sich erleichtert und sie löste sich aus Sirias Umarmung um hinter den kürzlich aufgestellten Wandschirm vor der Wanne zu treten. Dort löste sie die Knoten ihres verdreckten Kleides, sodass es an ihr herunter zu Boden glitt, und entledigte sich auch ihrer Unterwäsche und der überflüssigen Verbände, bis sie nichts mehr am Leib hatte, bis auf das kleine schwarze Medaillon, das sie um den Hals trug. Gedankenverloren betrachtete sie es einen Moment und ein Schauer fuhr ihr über den Rücken, was sie jedoch der Kälte zuschrieb, der sie ohne ihre Kleider nichts entgegen zu setzen hatte. Schnell tauchte sie in das inzwischen nur noch lauwarme Badewasser ein und spülte damit den Dreck und die wirren Gedanken fort. Sie schrubbte sich gründlich mit den Duftölen ab, die man mit dem Badewasser geliefert hatte und schaffte es sogar halbwegs, damit die unangenehmen Gerüche von Blut und Erbrochenem zu überdecken. Siria widmete sich währenddessen zufrieden schmatzend dem Abendessen. Arva lächelte, als sie den geräuschvollen Essgewohnheiten der Kriegerin lauschte. Siria mochte ja mit dem Adel verkehren, aber von Tischmanieren schien sie noch nie gehört zu haben. >Siarras sind und bleiben Barbaren< dachte die Elfe mit einem Schmunzeln und trotz der heiklen Situation, in der sie sich momentan befanden, erfüllte sie eine seltsame Zufriedenheit. Durch das Fenster konnte sie den Mond sehen, der obwohl bereits abnehmend, noch eine breite Scheibe war. Er strahlte hell über dem Schloss und überzog Arvas elfenbeinfarbene Haut mit einem bläulichen Schimmer. Arva seufzte entspannt und genoss den kurzen Augenblick Ruhe, bis sie in dem abgekühlten Wasser zu frieren begann. Wiederstrebend stand sie aus dem Bottich auf und stieg auf das davor ausgebreitete Handtuch. Über dem Wandschirm lag ein größeres, das sie sich um den Leib wickelte. „Soll ich dir etwas frisches zum Anziehen raussuchen?“ fragte Siria von der anderen Seite des Zimmers her. „Ja, bitte.“ Antwortete Arva, während sie sich abtrocknete. Sie hörte wie Siria vor dem Wandschirm in ihren Taschen wühlte und dann plötzlich inne hielt. Stille folgte. „Was ist los?“ fragte Arva beunruhigt und wickelte sich vorsichtshalber wieder in ihr Handtuch ein. „Spürst du das auch?“ flüsterte Siria angespannt. „Nein, was meinst du?“ „Magie!“ „Nein. Wo denn?“ Arva suchte rasch nach dem goldenen Strom in ihrem Inneren und blickte sich im Zimmer um, während sie ihn festhielt. Sie trat hinter dem Wandschirm hervor und sah Siria, die von einer glühenden silbernen Aura umhüllt war. Sie rührte sich nicht und hatte die Augen geschlossen, während sie versuchte den Ursprung der fremden Magie auszumachen. „Komm her.“ Befahl sie Arva knapp, bemüht sich nicht ablenken zu lassen. „Irgendjemand ist hier...“ murmelte die Kriegerin leise, als Arva sich neben sie stellte und sich ebenfalls mit Hilfe ihrer Magie umsah. Sie drehte ihren Kopf von einer Seite zur anderen, da sie nun auch das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Dann nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Es war wie ein Schatten, der über eine Wand huschte und dann wieder verschwand. Nervös stellte sie sich näher zu Siria. Dabei stieß sie mit dem Arm gegen die Wand und zuckte erschrocken zurück. Die Wand fühlte sich seltsamerweise nicht wie Stein an, sondern war ganz weich. Sie starrte auf die Stelle, die sie soeben berührt hatte und kreischte. Siria riss erschrocken die Augen auf und wollte ihr Schwert ziehen, welches sie aber ablegen hatte müssen, als sie zum Gespräch mit König Charon gegangen war. Es lag noch in der Truhe neben ihrem Bett. Eine paar lange Sekunden verstrichen, in denen Siria geschockt das Fehlen ihrer Waffe realisierte und Arva wie verrückt kreischte und von der Wand wegsprang. Siria platzierte sich schützend vor Arva und suchte die goldene Tapete nach der Gefahr ab, die die Elfe scheinbar aufgespürt hatte, bis sie auf ein paar Augen stieß, dass sie aus der Wand heraus erschrocken anstarrte. Siria konnte nicht verhindern, dass sie verblüfft zurück starrte, während Arva sich winselnd an sie klammerte. „Wer seid Ihr?“ Fragte die Kriegerin schließlich so gebieterisch wie möglich und starrte die Wand böse an, die ängstlich zurück blickte. „Ähm...bitte verzeiht die Störung....“ antwortete eine jugendliche Männerstimme, dann verschwanden die Augen und Stille trat ein. Wer auch immer es gewesen war, er war verschwunden. Nachdem Siria sicher war, dass keine Gefahr mehr drohte, erlaubte sie der fröstelnden Elfe endlich sich anzuziehen. Diesmal verzichtete Arva darauf, sich hinter dem Wandschirm umzuziehen, da sie lieber in Sirias Nähe bleiben wollte, damit diese im Notfall mögliche Spanner in den Wänden unschädlich machen konnte. „Ich hasse dieses Schloss!“ grummelte Arva vor sich hin, während sie in ihr dunkelgrünes Kleid mit Kleemuster schlüpfte, dass von der langen Lagerung in einem Beutel ziemlich zerknittert, aber immerhin sauber war. Danach machte sie sich über die Reste her, die Siria ihr vom Abendessen übergelassen hatte,(die Kriegerin hatte sich frecherweise von Arvas Nachtisch bedient),während Siria ihr die feuchten Haare kämmte und zu einem Zopf flocht. „Was glaubst du war das vorhin?“ Fragte Arva und schubste nachdenklich ein paar Erbsen auf ihrem Teller hin und her. „Ich weiß es nicht, vielleicht ein Geist.“ Siria war gerade dabei eine rote Schleife an Arvas Zopfende zu befestigen, die farblich zwar nicht zum Kleid passte, aber die einzige war, die während ihrer ereignisreichen Reise noch nicht verloren gegangen war. „So, fertig.“ Meinte Siria zufrieden, als sie die Schleife festgezogen hatte. „Ein Geist? Meinst du wirklich?“ fragte Arva beunruhigt. Siria nickte. „Zumindest hatte was auch immer es war, eine seltsam schwache Aura. Für einen Magier würde so wenig Magieaufwand nicht reichen, um durch Wände zu gehen.“ Arva wurde ganz flau im Magen, als Siria das sagte und sie beendete ihre Mahlzeit, um endlich ins Bett zu gehen. Sie zog ihr Kleid aus und kroch unter die blauen, federgefüllten Decken ihres Luxusbettes und versuchte einzuschlafen. Doch die ganze Zeit wurde sie das Gefühl nicht los, das jemand sie beobachtete. Siria legte sich wenig später zu ihr, was die Elfe genügend beruhigte, so dass sie einschlafen konnte. Arva erwachte spät am Morgen. Siria war diesmal schon vor ihr aufgestanden und sprach vor ihrem Zimmer mit irgendjemandem. Ihre Stimme und die eines fremden Mannes drangen durch die geschlossene Tür nur sehr gedämpft zu Arva vor. Neugierig spitzte die Elfe die Ohren und setzte sich im Bett auf, um besser hören zu können. „Kann ich die Leichen sehen?“ fragte Siria und ihre Stimme verriet, dass sie sehr angespannt war. „Es tut mir außerordentlich leid, edle Herrin, aber sie wurden bereits vor ein paar Stunden für die Beerdigung abgeholt, die Angehörigen haben darauf bestanden, dass sie nicht weiter so zugerichtet im Kerker liegen...“ „Verstehe,“ antwortete Siria unruhig, „Kann ich dann mit jemandem sprechen, der sie gesehen hat?“ „Natürlich, ich werde die Sklavin, die sie gefunden hat, sofort zu Euch bringen lassen.“ Es folgte eine kurze Pause, in der sich der Mann vermutlich verneigte und dann entfernten sich rasche Schritte und Siria öffnete von außen die Tür. Arva kletterte aus dem Bett und kam ihr entgegen. „Wer war das und was passiert jetzt?“ fragte sie Siria mehr neugierig als ängstlich. Die Siarra sah erschrocken auf, da sie nicht damit gerechnet hatte, dass die Elfe inzwischen wach war. Dann antwortete sie: „Deine Gerichtsverhandlung ist heute Abend, bis dahin muss ich versuchen so viele Beweise für deine Unschuld wie möglich zu finden, sonst kommen wir in ziemliche Schwierigkeiten. Bei den Toten handelt es sich um die Söhne von hochangesehenen Adligen, und dessen Familien fordern deinen Tod, beziehungsweise den Tod des Mörders, den ich hoffentlich bis heute Abend auftreiben kann. Das heißt Seodra wird uns nicht helfen können, den Vorfall zu vertuschen, bis wir wissen was wirklich passiert ist.“ „Und was passiert, wenn du nicht beweisen kannst, dass ich es nicht war oder falls ich es wirklich war?“ Bei der Aussicht dass sie vielleicht nur noch ein paar Stunden zu leben hatte, bekam Arva nun doch ziemlich Angst und Sirias besorgter Ausdruck half auch nicht gerade dazu bei, ihr Mut zu machen. „Das überlege ich mir, wenn es soweit ist. Im schlimmsten Fall werden wir fliehen müssen, aber ich lasse bestimmt nicht zu, dass man dich hinrichtet, mach dir keine Sorgen.“ Siria machte einen Schritt auf die Elfe zu und legte ihr die Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. „Am besten ziehst du dich jetzt an und machst dich ein bisschen hübsch für den Prozess. Je besser du aussiehst, desto besser stehen deine Chancen nicht für schuldig befunden zu werden. Wahrscheinlich musst du bald wieder zurück in die Zelle, damit die Richter dich auch vorfinden, wenn sie dich zur Verhandlung abholen. Vergiss nicht vorher zu frühstücken. Ich mach mich jetzt an die Arbeit, wir treffen uns heute Abend. Ach ja, und verlass das Zimmer nicht, ehe dich jemand abholt. Bis später.“ Nachdem sie den Satz beendet hatte, verlies Siria eilig den Raum, als sie die Schritte vom Diener mit dem sie vorher gesprochen hatte hörte, um sich mit der Frau zu unterhalten, die die Leichen gefunden hatte. Als Siria weg war, merkte Arva, dass sie am ganzen Körper zitterte. Zwar vertraute sie Siria, aber falls etwas schief ging, würde sie den morgigen Tag nicht mehr erleben. Bewusst, dass dies vielleicht die letzten Stunden ihres Lebens waren, bemühte sie sich Sirias Anweisungen zu befolgen und suchte in ihren Sachen nach dem schönsten Kleid das sie hatte. Es war dunkelblau wie der Nachthimmel und aus einem glänzenden Stoff gearbeitet, der sich weich an die Rundungen ihres Körpers schmiegte. Zuhause hatte sie das Kleid nicht oft getragen, weil sie hellere Farben bevorzugte, aber heute schien es ihr angemessen. Sie schlüpfte zitternd hinein und durchquerte dann das Zimmer, um sich erneut vor den großen Goldspiegel zu stellen. Voll Erleichterung stellte sie fest, dass sich ihr Aussehen seit dem letzten Hineinblicken erheblich gebessert hatte. Das Bad und der Schlaf hatten Schmutz und Augenringe verschwinden lassen und ohne den verdreckten Verband um den Kopf sah sie schon viel weniger wie eine heruntergekommene Obdachlose aus. In dem Schrank, auf dem der Spiegel stand, fand Arva eine Bürste und andere Frisierutensilien. Sie löste den Zopf, den Siria ihr gestern vor dem Einschlafen gemacht hatte und lies ihr dadurch leicht gewelltes Haar locker über ihre Schultern fallen. Dann griff sie nach der Bürste und brachte damit ein wenig mehr Volumen und Ordnung in die schwarze Fülle. Sie lies jeweils eine Strähne auf jeder Seite über ihre Ohren hängen und schob die restlichen Haare zurück, sodass sie hinter den Schultern über ihren Rücken fielen. Dann flocht sie jeweils die ersten drei Strähnen hinter ihren Ohren zu einem dünnen Zopf, und fügte diese an ihrem Hinterkopf mit einer Spange zusammen. Dann betrachtete sie das Ergebnis zweifelnd im Spiegel. #(siehe unten) >Ich hoffe das ist gut genug, um den Richter dazu zu bringen, mich am Leben zu lassen...< dachte sie und zupfte noch einmal alles zurecht. Halbwegs zufrieden mit sich, ging sie zu dem Tisch, auf dem sie die Reste des Frühstücks erblickt hatte. Mit wenig Appetit pickte sie sich einige lecker aussehende Speisen heraus und verzehrte sie, während sie die ganze Zeit darauf wartete, wieder ins Gefängnis gebracht zu werden. Als sie noch überlegte, ob sie das Apfelkompott mit Schlagsahne auch noch probieren sollte, klopfte es zögernd an der Tür. „Herein.“ Rief Arva automatisch und stand rasch vom Tisch auf, um sich der Tür zuzuwenden. Die Königin persönlich trat ins Zimmer, um Arva zurück in den Kerker zu begleiten. Sie hatte auf die Hilfe von Wachen verzichtet, um Arva zurück zu führen, was von dem Vertrauen zeugte, dass sie in Arva und Siria hatte. „Mach dir keine Sorgen Kindchen, deine Herrin tut alles, um dieses Missverständnis schnell aufzuklären. Bis heute Abend wird alles wieder gut, verlass dich auf uns.“ sagte Seodra, während sie und Arva gemeinsam zum Kerker gingen. „Es tut mir Leid, dass ich Euch so viele Umstände bereite.“ Entschuldigte sich Arva bei der Königin. „Und mir tut es Leid, dass ich nicht mehr für dich tun kann.“erwiderte Seodra betrübt. Den Rest des Wegs schwiegen beide und Arva betete, dass Siria einen Weg finden würde, sie zu retten. _________________________________________________________________________________ # (Zu dieser Szene gibt es ein FA von mir, schaut einfach mal in meiner Gallerie nach, es heißt "Im Spiegel") Ja, es sind wieder Ferien, das heißt es geht endlich weiter mit DHdsD!^^ Ich hoffe das Kapitel hat euch wieder gefallen, auch wenn es etwas kurz war. im nächsten Kapitel erfahrt ihr, wie es Kyll in Luzerne ergeht und ob Arva nun tatsächlich verurteilt wird. Vielleicht werde ich sogar diese Woche noch fertig. Ach ja, falls jemandem aufgefallen ist, das Arva zum Schluss plötzlich anfängt Siria zu duzen; das ist Absicht. Ich finde nach allem was sie zusammen durchgestanden haben, ist es nicht mehr nötig so förmlich miteinander umzugehen. Nun gut, wie immer freue ich mich auf eure Kommis! Bis bald!^_____^ Kapitel 10: Prinzessinnen ------------------------- Ich hoffe die vielen Ortwechsel in diesem Kapitel sind nicht zu nervig, aber es ließ sich nicht vermeiden. Im nächsten Kapitel wird das besser, versprochen.^^ Viel Spaß beim Lesen! ------------------------------------------------------------------------------ [In Luzerne] Kyll, der seit seine Mutter Siria ihm sein Pferd abgenommen hatte, zu Fuß unterwegs nach Luzerne war, kam seinem Ziel, dem Palast des Elfenkönigs Fior, immer näher. Von weitem sah er schon die mit grünen Ziegeln bedeckten und mit Kletterpflanzen überwucherten Türme des edlen Bauwerks und sein Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. Es war das zweite Mal, dass er mit einem König verkehren würde, und diesmal hing das Schicksal von drei Ländern davon ab, ob er bei seinen Verhandlungen Erfolg hatte. Entschlossen stapfte er weiter durch das Unterholz und überlegte währenddessen, wie er den König am besten begrüßen sollte. Sollte er sich unterwürfig verhalten, oder als wäre er dem König ebenbürtig? Immerhin war er nach dem Rangsystem der Siarras selbst eine Art König, auch wenn er nur der Sohn der Anführerin war. Während er sich noch sein Treffen mit dem Monarchen ausmalte, hörte er plötzlich einen Warnruf. Keinen Augenblick zu spät drehte er sich erschrocken zur Seite, sodass der Pfeil nur knapp seinen Kopf verfehlte. Kampfbereit riss er sein Schwert aus der Scheide und stürmte dem Angreifer entgegen, der mit einem Schrei die Flucht ergriff. Der in einen Kapuzenmantel gehüllte Fremde schwang sich eilig auf sein Pferd, welches er ohne Zaumzeug und Sattel ritt, das ihm aber dennoch perfekt gehorchte. Laub und Erde wurden aufgewirbelt, während das Tier im Galopp zwischen den Bäumen hindurch jagte. Doch Kyll ließ sich nicht so leicht abschütteln und nutzte seine durch jahrelanges Training erworbenen Fähigkeiten, um mit dem Reiter mitzuhalten, bis der Wald dichter wurde und das Pferd langsamer werden musste, um nicht gegen Bäume zu stoßen. Kyll nutzte die Gelegenheit und schaffte es, nach einem anstrengenden Endspurt, mit einem gewagten Sprung den Reiter vom Pferd zu reißen. Beide rollten ein Stück durchs Gehölz und Kyll klammerte sich hartnäckig an den Angreifer, der noch immer mit seinem Bogen bewaffnet, auf ihn eindrosch. Kyll machte dem ein Ende, indem er den Arm, mit dem der Fremde den Bogen hielt, packte und sich über den Gegner rollte, so dass er ihn mit seinem Gewicht auf die Erde drückte. Dabei merkte er, dass der Angreifer viel weicher war, als er erwartet hatte. Verwirrt erhob er sich ein Stück von ihm und schubste mit seiner Schwertspitze die Kapuze aus dem Gesicht seines wehrlosen Gegners. Eine Flut aus blonden Haaren ergoss sich vor seinen Augen, als sie nicht länger von der Kapuze zurückgehalten wurden und entsetzt bemerkte er die vor Angst erstarrten, von langen dunklen Wimpern umrahmten Augen und die vollen roten Lippen, die seinen Gegner als Frau auswiesen. „Bitte tötet mich nicht, es war doch nur ein Versehen!“ bettelte die Elfe und Kyll stand hastig von ihr auf, während er sich mit hochrotem Kopf überschwänglich entschuldigte. Die Frau erhob sich zitternd aus dem Laub und blickte ängstlich zu dem wilden Krieger, dessen Zorn sie sich unfreiwillig zugezogen hatte. „Bitte verzeiht mir, edler Herr, es war wirklich nicht meine Absicht Euch zu verletzen, es war nur ein Unfall! Ich bin noch Anfänger mit dem Bogen, müsst ihr wissen...“ Während sie mit Kyll sprach, setzte sie ihr unschuldigstes Lächeln auf und ließ mit einer geschickten Bewegung den Rest ihres langen seidigen Haares unter der Kapuze hervorgleiten. Der junge Krieger errötete noch tiefer und entschuldigte sich ein zweites Mal, während er hastig sein Schwert wieder einsteckte. Die Elfe schien dies zu beruhigen und sie kam näher zu ihm, um sich an seinen Arm zu klammern. „Wenn es Euch nicht zu viele Umstände macht, edler Herr, würdet ihr mir vielleicht zeigen, wie man mit Pfeil und Bogen richtig umgeht? Ihr seht mir aus, als hättet Ihr eine Menge Erfahrung mit Waffen aller Art.“ Kyll brachte es nicht über sich, die Bitte dieses wunderschönen Wesens abzuschlagen, dass ihm bewundernd aus großen hellgrünen Augen anblickte. „Also gut...ähm, ich denke mein Auftrag hat noch ein paar Stunden Zeit...das ist schließlich das Mindeste was ich tun kann, nachdem ich Euch so...“ „Oh vielen Dank!“ Rief die Elfe begeistert, noch ehe Kyll seinen Satz beendet hatte. Schnell rannte sie hinüber zu der Stelle, wo ihr Bogen lag und sorgte dafür, dass Kyll als sie ihn aufhob, einen guten Eindruck von ihrem wohlproportionierten Hinterteil erhielt. Kyll hatte Mühe sein hämmerndes Herz wieder unter Kontrolle zu kriegen, während er die blonde Schönheit und ihr Pferd zurück zu ihrem Übungsplatz begleitete. Tatsächlich befand sich ein Stück weit neben dem Baum, in dem der Pfeil, der ihn knapp verfehlt hatte, steckte, eine Zielscheibe. Im Vergleich zu den Pfeilgespickten Bäumen im weiteren Umkreis, die ihm viel früher hätten auffallen müssen, steckten jedoch bedauerndswert wenige Pfeile in ihr, was von der außergewöhnlichen Unbegabung des Schützen, der hier geübt hatte, zeugte. Beschämt fiel dies auch der Elfenfrau auf und sie pflückte hastig ein paar Pfeile aus dem Baum neben ihr und steckte sie ein Stück weit weg gegenüber der Zielscheibe in den Boden, um sie für die Übung griffbereit zu haben. Kyll stellte sich ohne einen Kommentar abzugeben neben sie und beobachtete wie sie sich breitbeinig hinstellte und versuchte, den Bogen zu spannen. „Mache ich es so richtig?“ Fragte sie überflüssigerweise, da sie selbst merken musste, dass dies absolut nicht der Fall war. „Nun ja,...ihr solltet das vielleicht mal ein wenig anders versuchen...“ Kyll nahm ihr schüchtern den Bogen aus der Hand und führte ihr vor, wie man es richtig machte. „Ihr müsst den rechten Fuß nach vorne nehmen, so dass er auf Euer Ziel zeigt, dann nehmt ihr den Pfeil zwischen diese Finger, greift die Sehne in der Mitte mit etwa dieser Bewegung,“ -er demonstrierte es ihr mit der größt möglichen Eleganz,- „und dann lasst ihr los.“ Er ließ los und der Pfeil schnellte nach vorne und bohrte sich genau in die Mitte der Zielscheibe. Kyll dankte sämtlichen Göttern, die ihm einfielen für dieses Glück, denn Bogenschießen war die einzige Kampfkunst, in der er wirklich miserabel war. Die Elfe jubelte und überschlug sich fast vor Bewunderung, während Kyll tief errötete und versuchte bescheiden zu wirken, während er seine Begabung wahrheitsgemäß abstritt. Dann ließ er es die Elfe versuchen. Sie stellte sich hin, wie er es ihr gezeigt hatte und bemühte sich erneut, den Bogen zu spannen und gleichzeitig den Pfeil nicht zu verlieren, was damit endete, das ihr die Sehne gegen die Hand schnappte und der Pfeil vor ihre Füße fiel. Kyll unterdrückte höflich sein Lachen und erklärte ihr geduldig noch einmal, wie sie den Pfeil zu halten hatte. Gegen Abend war die Fremde immerhin schon so weit, dass sie es fertig brachte, jeden dritten Pfeil sicher abzuschießen und sogar den nahen Umkreis ihres Zieles damit zu treffen. Erschöpft aber zufrieden mit sich, setzte sie sich auf einen Baumstumpf und legte den Bogen zur Seite ins Laub. Dann blickte sie zu Kyll. „Jetzt haben wir so viel Zeit miteinander verbracht und ich kenne noch immer nicht Euren Namen.“ Der Krieger lächelte und verbeugte sich übertrieben vor ihr. „Verzeiht, werte Lady. Mein Name ist Kyll Nimrodis, ich bin das stellvertretende Oberhaupt der Siarras. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ Die Elfe erhob sich kichernd und machte einen eleganten Hofknicks vor ihm. „Mein Name ist Eldan. Ich bin die jüngere Tochter von König Fior. Hättet Ihr vielleicht Lust, mir heute Abend beim Essen Gesellschaft zu leisten, nachdem ich soviel von Eurer kostbaren Zeit in Anspruch genommen habe? Das Essen im Palast ist wirklich sehr gut und ich würde Euch gerne meinen Vater vorstellen!“ Eldan schien nicht zu scherzen, deshalb willigte Kyll gerne ein, da eine Freundschaft mit der Tochter des Königs die Verhandlungen sicherlich erleichtern würde. Und nach all der Arbeit hatte sein Magen auch nichts gegen eine ordentliche Mahlzeit einzuwenden... [In Diarla] Die Treppenstufen waren moosbewachsen und glitschig von der beständigen Feuchte, die im Kerker unter dem Schloss herrschte. Sirias vorsichtige Schritte hallten leise von den Wänden wieder, als sie die Wendeltreppe hinunterstieg, die Arva zuvor mit den Pagen heruntergegangen war, ehe diese auf noch ungeklärte Weise getötet wurden. Die Sklavin, die die Opfer gefunden hatte, hatte einen solchen Schock erlitten, dass sie, als Siria sie über den Zustand der Leichen befragte, kein Wort sagen konnte. Alles was Siria hatte herausfinden können war, dass die Toten von allen Sklaven gehasst wurden und das Arva schon bewusstlos war, als man sie bei den Leichen fand. Das würde Siria als Beweis für Arvas Unschuld anführen, falls sich nichts weiteres mehr fand; wenn man tatsächlich zu einem so grausamen Mord im Stande war, dann würde man hinterher auch nicht so empfindlich sein, über den Anblick dessen, was man getan hatte, ohnmächtig zu werden. Das Ende der Treppe kam näher und schließlich trat Siria im kargen Licht ihrer Fackel in den dunklen Gang und sah sich um. Die arme Elfe musste schreckliche Angst gehabt haben, hier allein mit diesen Leuten. So große Angst, dass sie die anderen umgebracht hat?< überlegte Siria und ohrfeigte sich dann innerlich für solche Gedanken. Arva würde nie so etwas tun! Im Lichtkreis der Fackel erschienen die ersten Blutflecken an den Wänden und auf dem Boden. Siria betrachtete sie genau und stellte voll Ekel fest, dass noch Haare an einem dicken Hautfetzen, der an der Wand klebte, hingen. Es musste ein Stück Kopf sein. Sie entdeckte mehrere solche Stücke im Gang, woraus sie schloss, dass die Körper regelrecht zerfetzt worden sein mussten. Bei dem Gedanken, dass die kleine Elfe, mit der sie seit Tagen reiste, zu so etwas im Stande sein könnte, sträubten sich ihr sämtliche Haare. Siria beschloss, dass sie genug gesehen hatte und wollte rasch das finstere Labyrinth aus Gängen, dessen Dunkelheit sie allmählich zu verschlingen schien, verlassen. Eilig lenkte die Kriegerin ihre Schritte zurück durch den Gang, durch den sie gekommen war, um zurück ans Tageslicht zu kommen. Das Echo ihrer Schritte schien sich zu verdoppeln, während sie lief und mehrmals erwischte sie sich dabei, wie sie nervös zurück über ihre Schulter schaute. Vielleicht war es ja auch ein Dämon gewesen? Immerhin waren ihnen schon zwei auf dem Weg hierher begegnet, und es stand so gut wie fest, dass sie nach ihr suchten. Jetzt war es nicht mehr weit, der Ausgang musste gleich in Sicht kommen. Schneller lief die blonde Frau vorwärts, so dass ihre Fackel heftig im Fahrtwind flackerte. Es war egal, wenn sie erlosch, der Ausgang war ganz nahe. Das Licht des Feuers kroch in die Ecken des Tunnels, als sie dessen Ende erreichte. Doch ihre Erleichterung schlug augenblicklich in Panik um, als das Erscheinen des Aufstiegs nach oben ausblieb. Siria stand vor einer nackten Wand, keine Tür oder Treppe in Sicht. Hatte sie sich verirrt? Die Siarra berührte kurz ihr Schwert, um sich zu beruhigen und ging dann langsam den Weg zurück, während sie sorgfältig nach dem Ausgang Ausschau hielt, falls sie ihn in ihrer Eile vielleicht übersehen hatte. Sie verhielt sich so ruhig wie möglich; falls sie nicht allein hier unten war, wollte sie den Angreifer kommen hören, denn auf ihre Augen konnte sie sich in dem geringen Sichtfeld im Umkreis der Fackel nicht verlassen. Ihr eigenes Atmen kam ihr viel zu laut vor und es fiel ihr zunehmend schwerer, das hohle Gefühl in ihrem Magen zu unterdrücken, dass Gefahr ankündigte. Sie war nirgendwo abgebogen, wie konnte es da sein, dass sie plötzlich in einem anderen Gang war? Von nirgends drangen Licht oder Geräusche nach unten. Sie war ganz allein, niemand würde sie hier suchen. Ausgerechnet jetzt kamen ihr die fürchterlichen Erinnerungen an die Folterkammern in Doyenka wieder in den Sinn, wo sie ihren Mann verloren hatte. Diese Katakomben waren fast genauso, wie jene wo man die Gefangenen an Eisenketten, die man ihnen durch die Arme spießte, aufhängte, um sie bis zur richtigen Folter aufzubewahren. Viele ihrer Kameraden waren in einem solchen Gang am Blutverlust oder an Blutvergiftung gestorben. Fast war ihr, als könne sie den faulig-süßen Geruch der Leichen hier riechen... Siria schüttelte sich energisch und drückte sich mit dem Rücken gegen eine Wand, um sich etwas geschützter zu fühlen. Sie durfte jetzt auf keinen Fall die Nerven verlieren, sonst würde sie nie lebend hier heraus finden. Sie klammerte sich innerlich an das Feuer ihrer Magie, das ihr immer ein Gefühl von Stärke und Sicherheit gab. Sie hatte schon so viele schreckliche Situationen überlebt, und nun machte sie sich fast in die Hosen, weil sie sich in einem dunklen Keller verirrt hatte? Wieder zuversichtlicher öffnete Siria ihre Augen, bereit ihrer Angst gegenüber zu treten. Unwillkürlich hatte sie erwartet, jetzt in die Augen eines Dämons zu blicken, doch sie war völlig allein. Ihre Fackel war schon so weit herunter gebrannt, dass die Hitze ihre Hand berührte und sie die Fackel in ein paar Minuten würde wegwerfen müssen. Doch das machte der Siarra keine Sorgen mehr. >Wo kein Licht ist, da gibt es auch keine Schatten...< Mutig schritt die Kriegerin weiter den Gang entlang, während sie sicherheitshalber ein Netz aus Magie um sich aufbaute, dass ihr fremdes Leben sofort anzeigen würde, falls es sich ihr näherte. Ihr konnte nichts passieren, sie war eine Kriegerin! [In Luzerne] Die Sonne schien angenehm warm auf das Gesicht des blonden Kriegers, der sich zufrieden noch einmal in den herrlich weichen Kissen umdrehte, mit denen die Palastbetten ausgestattet waren. Seit zwei Wochen war er der offizielle Trainer seiner angebeten Prinzessin und er fühlte sich so wohl wie noch nie zuvor in seinem Leben. Jeden Tag konnte er stundenlang mit ihr zusammen sein und förderte dadurch sogar noch das Ziel seines Auftrags: Sobald Eldan stark genug war, würden sie in einer geheimen Aktion ihre Schwester Noura, die in Diarla gefangengehalten wurde, befreien, ehe Fior einen Krieg mit Diarla beginnen konnte, um sie zurück zu holen. Kyll hatte ihn überzeugen können, noch zu warten und ihn das übernehmen zu lassen und da Fior allein schon aus Respekt vor Kylls Familie seine Bitte nicht einfach abschlagen konnte, durfte Kyll zusammen mit einer kleinen Armee aus Elitekriegern nach Diarla gehen. Er hatte sich vorgenommen alles möglichst ohne Blutvergießen zu regeln, so dass Diarla keinen Grund haben würde, seinerseits Krieg mit Luzerne anzufangen. Wenn alles glatt ging, würde Fior in seiner Schuld stehen. Und wer weiß, vielleicht würde er dann ja auch einer Hochzeit zwischen Eldan und Kyll seinen Segen geben... Kyll scheuchte diesen absurden Gedanken rasch zur Seite und beschloss lieber aufzustehen, ehe er in noch weitere unrealistische Träumereien verfallen konnte. Er wühlte die Decke zur Seite und stellte seine Füße auf die aus bambusähnlichen Material geflochtene Teppichmatte vor seinem Bett, die die Kälte vom Steinboden kaum zurückhielt und er erschauderte. Schnell stand er auf und eilte hinüber zu seinem Kleiderständer, von dem er eilig seine Socken und die Hose pflückte und beides anzog. Obwohl das Klima in Luzerne viel milder war als in Namaycuh, waren die Nächte trotzdem sehr kalt und es dauerte morgens einige Stunden, bis die Sonne es schaffte, das große Gebäude wieder auf eine angenehme Temperatur zu erwärmen. Kyll zog sich gerade sein Hemd über den Kopf, als es an der Tür klopfte. Noch ehe er antworten konnte öffnete sie sich schon und Eldan kam in Begleitung zweier Elfenkrieger, die mit zu ihrem Befreiungstrupp gehörten, ins Zimmer gestürmt. „Was ist denn los?“ fragte Kyll überrascht und griff kampfbereit nach seinem Waffengürtel, den er sofort über seinem Hemd anlegte. „Der Prinz von Diarla hat eben Kontakt zu den königlichen Magiern aufgenommen! In Diarla ist alles für die Befreiung von Prinzessin Noura vorbereitet. Wir können sofort aufbrechen! Jetzt können wir meine Schwester endlich da raus holen!“ Kyll überlegte hastig, ob von ihrer Seite auch schon alles bereit für ihre Mission war. Eldan hatte bereits gute Fortschritte im Nahkampf gemacht und die anderen Krieger waren in etwa so gut wie er. Wenn alles so lief, wie sie es geplant hatten, dann würde alles innerhalb von ein paar Tagen erledigt sein, ohne das jemand dabei verletzt werden würde. Nur Prinz Adour mochte Kyll nicht so recht trauen. Warum wollte er seinen Vater und sein eigenes Land hintergehen, nur um dieser Elfe zu helfen? Er behauptete, er wolle auf diese Weise einen Krieg verhindern, da sein Vater sich nicht überzeugen lassen wollte, das Mädchen freiwillig herauszugeben. Aber was, wenn das nur eine Falle war, um sich die zweite Prinzessin auch noch zu schnappen? Adour wusste, dass Eldan auch bei der Befreiungsaktion mitwirken würde und ihr gesamter Plan basierte darauf, dass seine Fluchtwege und Positionspläne der Wachen stimmten, ansonsten würden sie aus den Verliesen von Diarla vermutlich nie mehr zurückkehren. Aber da dies die einzige Chance war, die sich ihnen bot und die Zeit drängte, beschloss Kyll das Risiko einzugehen und Eldan einfach möglichst weit von der Gefahrenzone fern zu halten. „In Ordnung, macht alles bereit für die Reise, in ein paar Tagen sind wir in Diarla!“ Eldan warf sich ihm glücklich an den Hals und eilte danach los um ihre Sachen zu packen. Die Soldaten und Kyll folgten ihrem Beispiel und gingen los um ihre Rucksäcke mit Waffen, Verbandszeug und Proviant zu füllen. --------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 11 und 12 sind auch schon fertig! Freut euch auf eine spannende Flucht, blutige Kämpfe und grausame Dämonen!^____^ Jetzt geht die Story erst richtig los! Kapitel 11: Rettung? -------------------- 11.Rettung? Arva saß nervös auf einem strohbedeckten Fleck in der Zelle von ihr und Noura, wo sie darauf wartete, endlich zu ihrer Verhandlung abgeholt zu werden. Eigentlich hätte diese schon vor zwei Tagen stattfinden sollen, doch da Siria nirgends aufzufinden war, um sie zu verteidigen, hatte Seodra eine Verschiebung des Termins aushandeln können. Arva wollte nicht glauben, dass Siria sie hier im Stich gelassen hatte, zumal Sirias eigentliches Anliegen hier ja auch noch nicht geregelt war. Sicher brauchte sie nur mehr Zeit, um Beweise für ihre Unschuld zu finden... Noura saß wieder scheinbar apathisch in einer Ecke und kommunizierte mit Adour, der es ein zweites Mal geschafft hatte, sie per Magie zu kontaktieren. Arva wünschte, Noura hätte einen anderen Zeitpunkt gewählt, um mit Adour Pläne zu schmieden. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn die andere Elfe mit ihr reden und sie so von ihren Gedanken ablenken könnte... Während sie mit einem Strohhalm zwischen den Fingern herumspielte und den stetigen Tropfgeräuschen im Kerker lauschte, spielten sich bei ihr im Kopf immer wieder neue schreckliche Verläufe der Verhandlung ab: >“Und da keinerlei Verteidigung vorliegt, lautet das Urteil: Tod durch langsame Zerteilung des Körpers bei vollem Bewusstsein...“< „Hey Arva, schläfst du?“ Die Elfe war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass ihre Zellengenossin die stumme Besprechung mit dem Prinzen beendet hatte. Noura setzte sich schwungvoll neben sie und strahlte über das ganze Gesicht. Arva, die ganz und gar nicht in freudiger Stimmung war, verärgerte das. „Nein, ich bereite mich nur schon mal mental auf meinen bevorstehenden Tod vor, wenn es dir nichts ausmacht!“ Noura kicherte nur über Arvas Antwort und wuschelte ihr mütterlich durchs Haar. „Aber, aber meine Kleine, mach dir darüber mal keine Gedanken, das wäre bloß Zeitverschwendung.“ Wütend stieß Arva Nouras Arm zur Seite und sprang auf. „Ach ja? Mag ja sein, dass es dich nicht interessiert, wenn man mich zu Tode foltern lässt, aber ich habe ehrlich gesagt schon ein bisschen Angst davor! Also wenn es dir nichts ausmacht, könntest du dich in meinen vielleicht letzten paar Stunden, die ich noch zu leben habe, ein wenig mitfühlender verhalten!?“ Noura stand auf, um Arva in den Arm zu nehmen, aber das Lächeln wich nicht von ihrem Gesicht. „Jetzt beruhig dich erst mal, dann erzähle ich dir etwas, dass dich deine Sorgen ganz schnell vergessen lässt.“ Siria irrte im Dunkeln durch die schmalen unterirdischen Gänge unter dem Schloss und fuhr mit einer Hand an der Wand neben sich entlang während sie lief, um keinen Ausgang zu übersehen. Gelegentlich stieß ihre Hand auf undefinierbare feuchte, schleimige Gegenstände, doch davon ließ sie sich nicht beunruhigen. Was jetzt zählte war, dass sie rechtzeitig den Ausgang fand, bevor Arvas Verhandlung stattfand, sonst würde sie das Mädchen vermutlich nie mehr wiedersehen. Wenn es nicht sogar schon zu spät war. In der Dunkelheit hier unten hatte sie ihr Zeitgefühl völlig verloren und sie konnte nur hoffen, dass die Wochen, die sie glaubte schon in dem unterirdischen Labyrinth herumzuirren, in Wirklichkeit nur Stunden waren. Ihre wunden Fingerkuppen strichen weiter über den rauen, feuchten Stein und berührten kleine Moospolster und Insekten. Ihre Fackel war schon lange erloschen und sie konnte sich nur noch auf ihren Tastsinn und ihr Gehöhr verlassen. Dieses musste ein anderer Gang sein, als der in dem sie gekommen war. Es war feuchter und wärmer und es hing ein intensiver fauliger Geruch in der Luft. Ihre Hoffnung war, dass er in der Kanalisation enden würde von wo aus sie vielleicht einen Weg nach draußen fand. Falls das nicht der Fall war, bliebe ihr nur noch die Möglichkeit irgendwie durch die Wand zu brechen, doch das würde ihr nur dann etwas nutzen, wenn hinter der Wand nicht nur Erde war. Als sie noch einen Schritt machte, trat sie plötzlich in Wasser. Sie war eine Stufe hinabgetreten und stand bis zum Knie in der Kloake. Siria war sich nicht sicher ob sie jubeln oder fluchen sollte. Sie unterdrückte beide Impulse und watete weiter vorwärts ins tiefer werdende Wasser. Eine tote Ratte trieb an ihren Beinen vorbei und streifte mit ihrem klammen Pelz Sirias Hand. Die Siarra nahm sich die Freiheit angewidert zu quieken und nach dem Treibgut zu schlagen. Zumindest brauchte sie sich keine Sorgen machen, sich hier unten vor irgendwem zu blamieren. Und es stand so gut wie fest, dass sie hier richtig war. Jetzt galt es nur noch einen Ausgang zu finden... Noura, Arva und die anderen Gefangenen warteten angespannt auf das Signal. Es war so still, dass man das Gefühl bekommen konnte, sich in einer ausgestorbenen Tropfsteinhöhle zu befinden. Noura hatte recht gehabt: Nachdem Arva sich angehört hatte, was sie zu berichten hatte, waren ihre Sorgen um die Gerichtsverhandlung sofort verflogen, jedoch war die Anspannung unter der jetzt alle hier litten, noch viel unerträglicher. Adour hatte es geschafft eine kleine Armee der besten Kämpfer aus Luzerne ins Schloss zu schmuggeln, damit sie die Prinzessin und die anderen versklavten Elfen befreien konnten. Arva verstand nicht, warum der Prinz von Diarla eine so gefährliche Aktion unterstützte, die doch seinem Land vermutlich großen Schaden zufügen würde, aber momentan interessierte sie nur, wie sie lebend aus dieser Hölle entfliehen konnte. Im Gang hörte man Schritte. Dann in den vorderen Zellen erfreutes Gemurmel und Ermahnungen leise zu sein. Arva und Noura hingen an den Gitterstäben und versuchten aufgeregt zu erfahren was vor sich ging. Eine Tür quietschte und dann hörte man viele leise Schritte. Die gleiche Prozedur wiederholte sich bei der nächsten Zelle. „Es geht los! Sie haben es geschafft hier rein zu kommen und die Schlüssel zu bekommen!“ jubelte Noura im Flüsterton. Eine in Kapuzenmantel gehüllte Gestalt tauchte vor ihrer Zelle auf und steckte wortlos den Schlüssel ins Schloss. Die Tür öffnete sich mit einem lauten Knirschen und Arva und Noura huschten hastig in die Freiheit, um sich den restlichen Gefangenen anzuschließen, die auf dem Weg ins unterste Geschoss waren, wo sich laut Adours Informationen ein Fluchtweg durch die Katakomben befand. „Prinzessin Noura?“ Die vermummte Gestalt hielt Noura am Ärmel fest und nahm ihre Kapuze ab. Es war eine Elfe in Nouras Alter, mit blauen Augen und kurzen braunen Haaren. „Cheana!“ rief Noura glücklich und fiel der Freundin um den Hals. Dann zuckte sie zurück. „Autsch! Was...“ Unter ihrer Kutte hatte Cheana zwei Schwerter versteckt, von denen sie eins an Noura weitergab. „Vorsichtig! Das lässt deine Schwester dir schicken. Sie wartet am Treffpunkt im Wald.“ Noura ergriff strahlend das Heft ihres Schwertes und umarmte Cheana erneut. „Oh danke Che! Aber stimmt es, dass Eldan auch hier ist? Das ist doch viel zu gefährlich für sie, sie ist doch so eine schlechte Kämpferin...“ „Du wirst staunen! Sie hat sich einen äußerst gutaussehenden persönlichen Leibwächter zugelegt. Ein Siarra. Seit er sie unterrichtet, hat sie schon einige Fortschritte im Kämpfen gemacht, sie hat auch jeden Tag trainiert um dich zu befreien, seit du hier festgehalten wirst. Unterwegs haben uns Dämonen attackiert und Eldan hat zwei davon alleine besiegt. Aber das erzähle ich dir später, jetzt sollten wir lieber verschwinden!“ Die drei Elfen eilten den anderen Flüchtenden hinterher, die ein Stück von ihnen entfernt schon um eine Ecke gebogen waren. Dann folgte ein Marsch durch mehrere Gänge, die immer tiefer unter die Erde führten. Unterwegs befreiten die Elfen noch ein paar der menschlichen Gefangenen, damit sie durch einen anderen Weg fliehen und so die Wachen ablenken konnten. Arva blieb dicht hinter den beiden Bewaffneten. Erst jetzt fiel ihr ein, dass Siria vielleicht noch irgendwo im Schloss war. Wie sollte sie sie finden, wenn sie mit den anderen floh? In der Nähe vom Schloss zu warten käme nicht in Frage, jede Elfe die man fand würde sofort wieder eingesperrt werden. Sollte sie hier bleiben? Aber wenn Siria ihr nicht helfen konnte würde man sie sicherlich hinrichten lassen. Das war zu gefährlich. Aber wo sollte sie nach der Flucht hin? Sie hatte ja kein Zuhause mehr. >Vielleicht kann ich mit Noura gehen.< Überlegte Arva und zupfte an Nouras Ärmel, um sie zu fragen. In dem Moment kamen von vorne mehrere Schreie. Von weitem sah Arva einen Mann durch die Luft fliegen und gegen die Wand klatschen, dann folgte ein Gewitter aus roten und blauen Blitzen und unter den Flüchtenden brach Panik aus. Die Masse drängte sie wieder zurück durch den Gang, wobei sie sich alle gegenseitig zur Seite schoben und schubsten und Noura, Arva und Cheana mit sich rissen. Noura packte Arva und Cheana am Arm und zog sie zu sich an die Wand, sodass der Strom der Flüchtenden an ihnen vorbeiziehen konnte. „Du hast doch gesagt du kannst Magie ausüben, richtig?“ Fragte Noura Arva. „Ja, aber ich habe bis jetzt nur gelernt, wie man heilt.“ „Okay, dann warte hier bis jemand dich holen kommt, vielleicht brauchen wir später noch deine Hilfe.“ Arva nickte und die anderen beiden rannten den nun leeren Gang entlang an dessen Ende, wie Arva entsetzt feststellte, ein riesiger Dämon aufgetaucht war. Er hatte Ähnlichkeit mit einem Kraken und saß in einer Mündung der Kanalisation. Er reichte bis zur Decke und peitschte mit seinen Fangarmen nach den Angreifern, um sie sich vom glibberigen Leib zu halten. Scheinbar hatte er auch magische Kräfte, denn hin und wieder wurden die attackierenden Elfen von kleinen Explosionen hinweggefegt. Mit Noura und Cheana waren es zehn Krieger, die das Monster zu besiegen versuchten. Zwei von ihnen schleuderten Blitze und Feuer gegen es, aber sie schafften es nur, einzelne Fangarme damit abzutrennen. Eine erneute Explosion erfasste Noura, die nachdem sie hart auf dem Boden aufprallte, reglos liegen blieb. Ihr Schwert flog klirrend gegen die Wand und blieb einige Meter von seiner Herrin entfernt liegen. Arvas Beine zitterten. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie weglaufen musste, aber sie wollte die anderen nicht im Stich lassen. Aber es sah nicht so aus, als hätten sie eine Chance. Cheana und ein anderer Krieger waren zu Noura geeilt und der Mann baute ein magisches Schutzschild über der bewusstlosen auf, während Cheana die beiden vor den wütenden Tentakeln beschützte. >Warum fliehen sie denn nicht?< dachte Arva verzweifelt und überlegte ob sie zu ihnen oder davon laufen sollte. Cheana nahm ihr die Entscheidung ab. „Arva, schnell, wir brauchen deine Hilfe!“ Ihre Beine fühlten sich wie am Boden festgeeist an, als sie zögernd zu den anderen laufen wollte. Ihr ganzer Körper schien sich gegen sie zu stemmen und vor Angst wurde ihr ganz flau im Magen. Doch sie ignorierte diese Gefühle und rannte los, um Noura zu helfen. Während sie rannte, pulsierte es in ihren Ohren als müsste sie gleich ohnmächtig werden aber sie riss sich zusammen und wurde erst kurz bevor sie in Reichweite der Tentakel kam langsamer. Einer der Männer, die gegen das Monster kämpften, war Sirias Sohn Kyll. Er kämpfte gleichzeitig mit Schwert und Magie und ließ silberne Blitze an den Fangarmen des Dämons entlang wandern, die seine Haut verkohlten, um sie für sein Schwert durchlässig zu machen. Sie starrte ihn einen Moment lang an und blickte dann zu dem anderen Magier, den sie ebenfalls wiedererkannte; es handelte sich bei ihm um den vermeintlichen „Geist“ der sie letzte Nacht beim Baden beobachtet hatte. „Adour, schütz die Kleine!“ rief Kyll und wurde wegen der kurzen Unaufmerksamkeit von einem Fangarm gegen die Wand geboxt. Er keuchte, ließ sein Schwert aber nicht fallen, sondern holte im Sitzen so gut es ging noch einmal damit aus, um den Fangarm, welcher ihn attackierte hatte, abzuhacken. Dann rappelte er sich wieder auf und schleuderte eine Salve Blitze gegen die Bestie. In der Zwischenzeit erweiterte der „Geist“ Nouras Schutzschild um Arva mit herum und sank dann kurz keuchend neben den beiden zu Boden, um seine Energie einen Moment regenerieren zu können. Arva erinnerte sich an ihre eigene Magie und begann, jetzt wo sie sicher war, damit Nouras Verletzungen zu heilen. Sie hatte eine Platzwunde am Kopf und einen gebrochenen Arm. Der Elfe fiel es schwer sich inmitten des Gemetzels zu konzentrieren und es dauerte etwas, bis sie genug Ruhe hatte, um nach dem Strom ihrer Magie zu greifen und sich mit Nouras Körper zu verbinden, besonders da sie das erste Mal ohne Sirias Anleitung heilte. Sie begann mit der Kopfwunde. Es war keine schwere Verletzung, der Schädelknochen hatte nichts abbekommen und die Haut und das Gewebe darunter waren leicht zu ersetzen... Inzwischen war sie so in ihre Arbeit vertieft, dass sie von dem Lärm draußen nichts mehr mitbekam. Der Kopf war fertig verheilt und Arva floss entspannt hinunter in Nouras Arm. Die Aufgabe, die jetzt vor ihr lag, war schon wesentlich anspruchsvoller; Der Knochen war nicht nur gebrochen, sondern regelrecht zerquetscht worden und überall hingen die kleinen Splitter zwischen den Muskeln. Arva entschied sich, dass es am schnellsten ging, sie zu verbrennen und einen neuen Knochen wachsen zu lassen. Sie umfasste mit ihrem Bewusstsein die Splitter und befahl ihrer Magie sie zu zerstören. Als der Arm gesäubert war, ging es an den schwierigen Teil. Sie versuchte es genauso zu machen wie bei der Regeneration von Haut und ließ einen Teil ihrer Magie zwischen die leere Stelle fließen, wo der Knochen gebrochen war. Dann versuchte sie der Magie die Konsistenz eines Knochens zu geben. Doch es wollte einfach kein hartes Gebilde daraus werden. Das härteste, was sie zu Stande brachte, war eine Art Narbengewebe. Sie wusste, dass sie schon zu viel Zeit verbraucht hatte und erinnerte sich an Sirias Warnung über den Verzehr von Lebenskraft bei der Ausübung von Magie und tauchte aus Nouras Körper auf, um den Zustand ihres eigenen zu überprüfen. Wie erwartet war er nicht sehr gut. Sie fühlte sich furchtbar schwach und ausgekühlt und sie sah Kyll doppelt vor sich hin und her springen. Angestrengt blinzelte sie und horchte überrascht auf, als aus dem Mund von einem der Kylls Sirias Stimme kam: „Pass auf! Gleich kommt wieder eine Explosion!“ Sie riss ihren Sohn zur Seite und gleich darauf prallte eine grüne Feuerwalze gegen Arvas Schutzschild. Nachdem der Lärm der Explosion nicht mehr ihre Ohren betäubte, konnte Arva hören, dass sich von hinten Leute näherten. „Die Wachen kommen!“ Brüllten sie aufgeregt und das Getrampel der Elfen kam Arva vor wie ein Erdbeben. Erneut überkam sie Angst, jetzt wo beide Fluchtwege versperrt waren. Von der panischen Horde hinter sich abgelenkt, wurden drei der Kämpfer von dem Dämon am Bein gepackt und unter Wasser gezerrt. Siria und Cheana packten jeder einen von ihnen am Arm und versuchten die Männer zurück zu ziehen, für den dritten kam jede Hilfe zu spät. Unter dem Dämon breitete sich ein große dunkle Blutwolke aus, nachdem ein grauenvolles Knirschen zu hören war. Arva konnte nicht mehr. Sie gab ihrem geschwächten Körper nach und fiel in Ohnmacht. Kapitel 12: Dunkle Wasser ------------------------- Hallende Stimmen drangen zu Arva durch und sie spürte das ihr Körper heftig geschüttelt wurde. Als sie benommen die Augen öffnete, bewegte sich alles so schnell, dass ihr schlecht wurde. Sie raste durch die Dunkelheit, obwohl sie selbst keinen Muskel bewegen konnte. Dann bemerkte sie etwas weiches an ihrer Wange. Es waren Haare. Langsam kam sie soweit zu sich, dass sie begriff, dass Siria sie trug. Sie hing auf dem Rücken der Kriegerin, die sich zwischen Massen von zerlumpten Elfen durch die Kanalisation drängte. Arva war beeindruckt mit welcher Ausdauer und Geschwindigkeit die Siarra mit ihrem Gewicht auf den Schultern rennen konnte. Das Wasser reichte ihr bis über die Knöchel und spritzte nur so zur Seite weg als sie lief. Siria überholte ein paar andere Elfen und war dann auf gleicher Höhe mit Kyll, der die bewusstlose Noura trug. „Wie weit ist es noch bis zum Ausgang?“ rief Siria. „Nicht mehr weit! Da vorne geht es hoch, dann sind wir draußen!“ „Kannst du Arva auch nehmen?“ „Warum? Was hast du vor?“ „Ich gehe zurück und helfe denen, die nicht schnell genug sind. Dann muss ich mit Charon reden, damit diese verdammte Aktion hier nicht zum Krieg führt! Was hast du dir überhaupt dabei gedacht? Hast du völlig vergessen wieso wir hier sind?!“ „Ich weiß was ich tue!“ „Wie auch immer, nimm Arva und bring sie mit Noura in Sicherheit! Wir treffen uns in Yishtal!“ Die beiden stoppten und Siria lud Arva vorsichtig ab. Siria war einen Moment irritiert, als sie merkte, dass Arva selber stehen konnte und lächelte sie dann kurz an ehe sie sich umdrehte und zurück lief. Arva hatte ein unangenehmes Gefühl, als sie der sich entfernenden Frau nachblickte und bekam von Kyll einen leichten Stoß in die Rippen, damit sie mit ihm weiterlief. Sie hatte keine Kraft mehr und konnte nur schwer mit Kyll Schritt halten, der schon extra langsam lief. Ihr Kleid war unten voll Wasser gesogen und behinderte sie noch zusätzlich, indem es sich an ihre Beine klebte und sie beschwerte. Kyll fasste ihre Hand und zog sie hinter sich her, wobei er sie fast zu Fall brachte. Doch so kamen sie wesentlich besser voran. Dann ging es aus dem Wasser heraus und eine Treppe hoch. Kyll lies Arvas Hand los und rannte voraus, während die Elfe ihre Röcke raffte und ihm so gut es ging hinterher kletterte. Die Stufen waren groß und hoch, so dass sie sie nur einzeln und mit großer Anstrengung erklimmen konnte. Von hinten kamen mehr Elfen nach und schoben sie zur Seite oder drängten sie vor sich her weiter nach oben. Auf der Hälfte der Treppe -zumindest hoffte Arva, dass dies schon die Hälfte war- machte sie schließlich schlapp und setzte sich kurz auf eine der Stufen an den Rand um kurz Luft zu holen und gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Sie blickte keuchend zu Boden und schrak hoch, als ein paar Füße in ihrem Blickfeld vor ihr stehen blieb. Adour legte ihr eilig den Arm um die Hüfte und zog sie mit sich die Treppe hoch. Seine langen schwarzen Haare waren von Schweiß, Wasser und Blut zu Strähnen verklebt und streiften bei jedem Schritt Arvas Gesicht. Doch sie war so erschöpft dass sie sich nicht daran störte. Sie genoss mehr oder weniger seine Kraft, die sie mit die Treppe hochschob, ohne das sie sich noch mehr verausgaben musste. Hinter sich hörte sie aggressive Stimmen und Geplätscher, das von den Wachen kommen musste, die sie verfolgten. Waren sie schon so nah? Arva bemühte sich von ihrer Angst getrieben noch schneller zu laufen und sprang regelrecht die Stufen empor, von Adour jedes Mal mit einem Schubs nach oben geschleudert. Plötzlich wurde der Gang heller und rettendes Licht blendete die Elfe, als sie den Ausgang endlich erreichten. Sie waren die letzten Flüchtlinge. Als sie draußen waren ließ Adour sie plötzlich los und drehte sich um, so das Arva vom Schwung getrieben ins stolpern geriet und ins nasse Gras fiel. Dabei schürfte sie sich leicht das Knie auf, was sie aber kaum bemerkte. Sie blieb den Moment sitzen und beobachte Prinz Adour, der breitbeinig vor dem Eingang stand und von Magie umgeben die Luft um sich vibrieren ließ. Dann entfesselte er die gesammelte Energie mit einer Geste seiner Hände und schleuderte sie auf den Eingang, der zusammenbrach. Entsetzt musste Arva an Siria denken, die nun keine Möglichkeit mehr hatte ihnen zu folgen, falls etwas passierte, doch es hatte keinen Sinn sich jetzt Sorgen zu machen. Zuerstmal musste sie ihr eigenes Leben retten. Siria war stark und wusste sicher was sie tat. Adour verschnaufte kurz an einen Baum gelehnt und streckte dann Arva seine Hand entgegen, um ihr zu hoch zu helfen. Er war auch schon so geschwächt, dass Arva ihn fast mit nach unten zog. Es beschämte sie, dass sie seine Hilfe annehmen musste, obwohl es ihm selbst nicht viel besser ging. Zusammen rannten sie durch den Wald hinter dem Schloss und folgten den Spuren der anderen, die so offensichtlich waren, dass Arva sich sorgen machte, dass auch die Menschen sie leicht finden würden. Jetzt wo der Tod ihr nicht mehr unmittelbar im Nacken saß, spürte sie unangenehm ihren verletzten Knöchel wieder, dem die starke Belastung wohl zuviel gewesen war. Er schmerzte wieder so sehr wie kurz nach dem Unfall, so dass die Elfe ständig ins straucheln geriet. Die letzen paar Meter nahm Adour sie mit letzter Kraft huckepack und trug sie bis ins vorläufige Lager der Elfen. Arva lag erledigt auf seinem Rücken wie ein schwerer Mehlsack und schmiegte ihr Gesicht in seine Haare. Um das Lager war eine Mauer aus Elfenmagie, so dass die Menschen sie nicht sehen oder sie ihrerseits mit Magie aufspüren konnten. Adour war sich nicht mehr sicher, wo der Bannkreis sich befand und war nicht weniger Überrascht als Arva, als er die unsichtbare Mauer passierte und plötzlich in einer Elfenmenge stand. Als er realisiert hatte wo sie sich befanden, setzte er die Elfe sanft ab und brach dann ohnmächtig zusammen. Hilflos stand sie neben ihm und sah zu wie er von den anderen Elfen zu den Verletzten getragen wurde. Sie fühlte sich selbst als müsse sie gleich wieder ohnmächtig werden, aber sie riss sich zusammen, um nicht noch mehr Leuten unnötig Umstände zu bereiten. Sie setzte sich einfach an den Rand eines Zeltes auf den Boden und legte den Kopf auf die Knie. Das Rauschen und Pulsieren in ihrem Kopf lies langsam nach, obwohl ihr Herz noch immer wie ein Presslufthammer gegen ihre Rippen hämmerte. Zuerst nahm sie es gar nicht wahr, als jemand ihr sanft über die Haare strich und ihr eine Decke um die Schultern legte. Mühsam atmend blickte sie auf und glaubte im ersten Moment es wäre Siria, um dann leicht enttäuscht festzustellen, dass es nur Kyll war. Sie hatte ihn noch nie mit einem so freundlichen Ausdruck auf dem Gesicht gesehen. Er sah seiner Mutter doch sehr ähnlich. Als Arva spürte, wie sie die Kontrolle über ihren Körper verlor, ließ sie sich ohne Bedenken in Kylls Arme fallen... Siria watete durch die braune Kloake so schnell sie konnte. Sie befand sich schon wieder in dem tieferen Bereich in der Nähe des Eingangs und das Wasser reichte ihr bis zur Hüfte. Alle Flüchtlinge waren inzwischen sicher bei der Treppe angelangt und Siria musste schnell von hier verschwinden, bevor sie von den Wachen entdeckt wurde und sie dadurch mit dem Vorfall in Verbindung gebracht werden konnte. Innerlich verfluchte sie ihren leichtsinnigen Sohn, der den Frieden, den sie eigentlich hatten bewahren wollen, so in Gefahr gebracht hatte. Plötzlich trat die Kriegerin auf etwas rundes das unter Wasser lag und rutschte aus. Sie fluchte, als sie vollständig in die stinkende Brühe eintauchte und trat nach dem vermeintlichen Ast, der seltsam gummiartig nachgab. Ein Schauder überlief ihren Rücken als was immer es war nach oben trieb, während sie überlegte ob sie den seltsamen Gegenstand wirklich näher betrachten wollte. Ihre Neugier siegte über das wissen, dass der Anblick ihr sicher Albträume bereiten würde und sie hob den Gegenstand aus dem Wasser. Ihre Vermutung bestätigte sich und angeekelt ließ sie den Arm fallen. Anschließend konnte sie nicht anders als bei jedem Schritt darauf zu warten, dass sie auf den dazugehörigen Körper trat. Trotzdem rannte sie weiter um endlich aus diesem grauenvollen Gewölbe zu entkommen. Im dämmerigen Licht sah sie mehrere Gegenstände an sich vorbeitreiben, bei denen es sich ebenfalls um Leichenteile handeln konnte. Sie ignorierte sie nach Möglichkeit und rannte weiter. Das Echo ihres Plätscherns kam ihr erneut unheimlich vor, weil sie sich nicht sicher war, ob sie Angreifer so kommen hören konnte. Es war gut möglich das sich hier unten noch ein weiteres Monster befand. Aber zumindest konnte sie sich sicher sein, dass das vom Eingang sie nicht mehr behindern würde. Arva hatte ganze Arbeit geleistet. Von dem Dämon war nicht mehr als ein verkohltes Häufchen Fleisch übrig, nachdem der Magiestrahl aus Arvas Körper es erfasst hatte. Was diesen Vorfall anging, war sie froh, das Arva durch die Flucht ein Gerichtsprozess erspart blieb. Es stand für Siria nun unbestreitbar fest, dass die Pagen auf die gleiche Weise wie das Monster getötet worden waren. Was bedeute, das Arva schuldig war, auch wenn sie scheinbar keinerlei Kontrolle über ihre Kräfte hatte. Das Mädchen tat ihr leid, besonders wenn sie daran dachte, dass es nicht mal sicher sein konnte, nicht auch seine eigene Mutter getötet zu haben. Siria hatte aber beschlossen die Elfe weiterhin zu beschützen. Es war bestimmt möglich ihr beizubringen ihre Macht zu kontrollieren und dann würde sie eine sehr starke Waffe sein, falls es doch zum Krieg kam. Außerdem wusste sie was es hieß, gegen seinen Willen einen geliebten Menschen getötet zu haben... Ein dicker Tentakel traf Siria am Kopf und schleuderte sie ins Wasser. Sie verlor im ersten Moment das Gefühl für oben und unten und bleib hilflos im Wasser liegen, doch dann traf ihr Fuß auf festen Boden und sie konnte sich wieder orientieren. Sie stieß sich mit einer raschen Bewegung unten ab und sprang gerade noch rechtzeitig als der Fangarm unter ihr hindurchpeitschte. Dann zog sie ihre beiden Schwerter und rannte los. Es war jedoch schwer sich in der Kloake schnell zu bewegen. Hinter ihr explodierte das Wasser und sie wurde von der Druckwelle in die braune Brühe geschubst. Ihre beiden Schwerter fest in der Hand, wurde sie von einem Arm hochgehoben und hin und her gebeutelt. Sie hackte nach dem Dämon, doch seine Haut war zu fest, um sie mit Metall zu durchdringen. Siria verfluchte sich dafür, dass sie keine Kriegsmagie beherrschte und spannte ihre Muskeln an, als das Wesen sie gegen eine Wand klatschen ließ. Es tat trotzdem sehr weh. Sie verlor ein Schwert aus der Hand und spürte wie ihr das Blut in die Haare lief, während sie kopfüber hängend auf die nächste Wand zuraste. Sie knallte hart mit dem Rücken dagegen, sodass ihr die Luft wegblieb, dann wurde sie fallengelassen. Sie bekam Kloake in Mund und Nase und kam spuckend hoch, wo sie sofort die Tentakelhiebe abwehren musste, die auf sie niederprasselten. Von unten packte sie etwas am Bein und zog sie blitzschnell dem Monster entgegen. Sie erinnerte sich an den Mann, der vorhin von dem anderen Monster gefressen worden war und wehrte sich mit aller Kraft. Die Kriegerin rammte ihr Schwert in den glitschigen Steinboden, doch sie kam nicht tief genug um sich halten zu können und rutschte weiter vorwärts. Sie streckte das Schwert vor sich und hielt die Luft an, als sie unterwasser unter das Wesen zu dessen Maul gezogen wurde. Bei all dem Dreck im Wasser musste sie die Augen geschlossen halten und konnte nur blind nach dem hoffentlich empfindlicheren Maul des Wesens stochern. Sie spürte Zähne ihren Arm streifen und stach in die Richtung zu. Das Material unter ihrer Klinge gab nach und heftiges Zucken verriet ihr, dass sie das Monster verwundet hatte. Hektisch stach sie noch mehrmals zu, da ihr langsam aber sicher die Luft ausging. Heftig stieß sie sich am Boden ab um unter dem Monster hervor wieder an die Wasseroberfläche zu kommen. Ein weiterer dicker Tentakel schlang sich aber um ihren Bauch und zog sie zurück, ehe sie Luft holen konnte. Als er zudrückte atmete sie aus und das ekelhafte Wasser strömte schmerzhaft in ihre Lunge, so dass sie bewusstlos wurde. --------------------------------------------------------------------------------- Ja, ich weiß, meine Kapitel enden irgendwie immer damit, dass jemand ohnmächtig wird, aber Siria und Arva leben halt in gefährlichen Zeiten, da passiert einem sowas leider öfter... Ich hoffe es hat trotzdem gefallen. Ich werde mich bemühen wann immer ich kann weiterzuschreiben, aber es stehen demnächst viele Klausuren an, also wird es wohl ein bisschen dauern, bis es weitergeht. Bitte verzeit mir ^^"! Kapitel 13: Kriegsbemalung -------------------------- Arva erwachte auf ein warmes Schaffell gebettet in einem Zelt. Neben ihr saß Adour im Schneidersitz und hatte Noura auf seinem Schoß liegen, während er sie schwach umschlungen hielt. Die Prinzessin war immer noch bewusstlos und hing schlaff und blass in Adours Armen. Er selbst sah nicht viel besser aus und blickte gedankenverloren geradeaus. Arva richtete sich von ihrem Schlafplatz auf und krabbelte über die Decken zu ihnen herüber. „Wie geht es ihr?“ fragte sie den Prinzen vorsichtig. Adour blickte abwesend zu ihr und zuckte dann hilflos die Schultern. Arva kroch besorgt näher zu ihm heran und fühlte Nouras Puls. Er war normal, jedenfalls war sie nicht tot. Erleichtert atmete die Elfe auf. „Keine Angst, es geht ihr gut.“ Sagte sie zu Adour und stand dann auf. „Meine Kräfte sind leider noch nicht genug regeneriert, damit ich sie zuende heilen kann, aber ich werde mal nachsehen, ob ich jemand anderen finde, der ihr helfen kann.“ Sie strich ihr beschmuddeltes und zerknittertes Kleid glatt und schenkte Adour beim Rausgehen ein ermutigendes Lächeln. Trotz der Anstrengungen der letzten Stunden fühlte sie sich, nun da sie wieder frei war, unendlich erleichtert und war erpicht darauf, sich nützlich zu machen. Als sie aus dem Zelteingang geklettert war, blieb sie zunächst unschlüssig davor stehen. Draußen herrschte noch immer ein heilloses Chaos, in dem Elfen und Menschen durcheinander wuselten und Verletzte ins Lager schleppten, wo sie versorgt wurden. Von Außerhalb des magischen Schildes hörte Arva gedämpften Schlachtenlärm. Geschockt versuchte sie sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und eilte dann herüber zu den Verletztenlagern um zu helfen. Zwar hatte sie nicht genug Kraft, um mit Magie zu heilen, aber sie konnte zumindest helfen Verbände anzulegen. Zwischen den Helfern erblickte sie Cheana, die hektisch Anweisungen gab und hie und da neben einem Verletzten niederkniete, um seinen Zustand zu beurteilen. Erfreut jemanden Bekanntes zu sehen, lief Arva zu ihr und bat um Anweisungen. Cheanas zusammengekniffene Augenbrauen hoben sich erfreut als sie die junge Elfe sah und sie gab Arva den Befehl dabei zu helfen diejenigen zu versorgen, die nur leicht verletzt waren, damit diese den anderen schnell wieder zu Hilfe kommen konnten. Arva war sehr dankbar, dass sie nur diese Aufgabe zu erfüllen hatte, als sie im Vorbeigehen einen flüchtigen Blick auf die schwerverletzten Kämpfer erhaschte. So schlimm wie sie zugerichtet waren, wäre Arva sicher nicht im Stande gewesen sie zu behandeln, ohne selbst dabei ohnmächtig zu werden. Suchend schaute sie sich nach Leuten um, denen sie helfen konnte und entschied sich dann für einen 14-jährigen Elfenjungen, den sie aus dem Gefängnis wiedererkannte. Er hielt seinen blutüberströmten linken Arm umklammert und bemühte sich tapfer zu sein, obwohl ihm deutlich anzusehen war, dass er den Tränen nahe war. Arva legte ihm den Arm um die Hüfte und führte ihn zu einem der Plätze, wo das Verbandszeug verteilt wurde. Sie nahm eine Verbandsrolle entgegen und setzte sich mit dem braunhaarigen auf den Rasen. „Keine Angst, ich bin mir sicher es ist nicht so schlimm wie es aussieht. Darf ich?“ Der Junge nickte und ließ zu, dass Arva seinen Ärmel bis zur Verletzten Stelle aufriss. Arva spürte wie bei dem Anblick von so viel Blut ein unangenehmes Prickeln in ihren Schläfen und ihrem Bauch erwachte und sich ihre Sicht für einen Moment verschleierte, doch sie drängte das Gefühl zurück und konzentrierte sich entschlossen auf ihre Aufgabe. In der Wunde steckten noch die Reste eines zersplitterten Stocks, oder Speers. Im ersten Moment war Arva nicht sicher, ob sie den Jungen nicht lieber zu den Schwerverletzten bringen sollte, doch sie wollte dem Kind keine Angst machen und beschloss es selbst zu versuchen. „Na das sieht doch gar nicht so schlimm aus!“ Log sie und lächelte ihn aufmunternd an. „Wie heißt du denn?“ fragte sie, während sie aus einem Kübel mit abgekochtem Wasser, der neben ihnen stand, eine Tasse voll herausschöpfte. „Shay.“ Antwortete der Junge und schwankte im Sitzen leicht hin und her, während er darum bemüht war, bei Bewusstsein zu bleiben. Arva stellte die Tasse ab und beugte sich vor, damit Shay seinen Kopf an ihre Schulter lehnen konnte, während sie versuchte die Splitter herauszuholen. Es war kein leichtes Unterfangen, doch zumindest hatten die Splitter keinen Widerhaken, sodass sie sie unter einigem Kraftaufwand lösen konnte, ohne den Jungen dabei weiter zu verletzen. Es waren drei große Stücke, die es zu entfernen galt, doch zum Glück wurde Shay schon ohnmächtig, nachdem Arva das erste herausgezogen hatte, so dass er nicht mehr viel davon mitbekam. Er lag schwer gegen sie gelehnt, während Arva vor Ekel und Anstrengung schwitzend bemüht war seinen Arm zu verarzten. Als alle Splitter entfernt waren, drückte die Elfe ein Stofftuch gegen die Wunde, um die Blutung zu stillen. Dabei nutzte sie die Gelegenheit und legte den Jungen auf den Boden zurück. Ein Mädchen in ihrem Alter kam ihr zu Hilfe und schnürte den Arm ab, damit er nicht noch mehr Blut verlieren konnte. Dann eilte sie weiter zum nächsten und überließ es Arva die Wunde zu reinigen und zu verbinden. Nachdem sie nur diesen einen Patienten versorgt hatte, fühlte Arva sich schon wieder miserabel und ging zurück zum Zelt, um sich kurz hinzulegen. Als sie durch den Eingang schlüpfte fiel ihr wieder ein, dass sie ursprünglich losgegangen war, um Hilfe für Noura zu holen, doch ihr Zustand schien nicht annährend so schlimm zu sein wie der der Verwundeten draußen. Von Schwindelgefühlen ergriffen ließ sie sich mit dem Gesicht zuerst in das weiche Fell fallen und atmete tief den beruhigenden Schafgeruch ein, ehe sie sich auf den Rücken drehte. „Lass mich raten,“ sagte Adour, „Keiner hat Zeit um sich um so belanglose Verletzungen zu kümmern?“ „Hmm“ brummte Arva müde und drehte den Kopf um ihn anzusehen. „Es tut mir Leid, aber da draußen gibt es wirklich viel mehr Verletzte, deren Zustand weitaus schlechter ist. Ich glaube Noura wird sich von allein wieder erholen, wenn sie nur ein bisschen Ruhe bekommt.“ Adour nickte unzufrieden. „Jaja, du hast sicher recht...“ „Was ist mit Euch, habt ihr Euch schon ausgeruht?“ fragte Arva, da sie sich noch gut erinnerte, wie schwach er nach der letzten großen Magieanstrengung gewesen war. Die dunklen Ringe, die sich unter seinen Augen gebildet hatten, beantworten ihre Frage jedoch schon recht deutlich. „Ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit dazu.“ Gab der Prinz zu und musterte dann die Elfe. „Was hast du da draußen eigentlich so lange gemacht? Du siehst schon wieder so fertig aus wie gestern nach der Flucht.“ „Verletzte versorgt...“ murmelte Arva und legte, um die Bilder von Blut und schmerzverzerrten Gesichtern wieder aus ihrem Kopf zu kriegen, die Hände über die Augen. Dabei spürte sie, dass diese ein schlüpfriges Gefühl in ihrem Gesicht hinterließen. Zu spät bemerkte sie, dass sie unter Einwirkung des Schocks vergessen hatte, sich die Hände zu waschen, an denen noch das Blut des Jungen klebte. Adour konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Ist das eine besondere Art von elfischer Kriegsbemalung?“ scherzte er, womit er der Elfe zumindest ein Schmunzeln entlockte. In dem Moment klappten die Stoffbahnen, welche die Tür bildeten, zur Seite und Kyll stolperte ins Zelt. Als er Arva erblickte fuhr er erschrocken zurück und setzte sich unfreiwillig auf den Boden. Adour und Arva lachten nun richtig, während Kyll entgeistert auf das blutbeschmierte Gesicht der Elfe starrte. „Beeindruckend meine neue Kriegsbemalung, nicht?“ gluckste Arva und Adour grinste schadenfroh. Kyll der endlich begriff, dass das Blut nicht von Arva selbst stammte, fiel mit ins Lachen ein. „Himmel, im ersten Moment dachte ich jemand hätte dir die Augen ausgekratzt. Das sieht echt schlimm aus. Erschreck mich nicht noch mal so!“ „Tut mir Leid.“ kicherte Arva und bemühte sich, mit den noch sauberen Bereichen ihrer Arme das Rot fortzuwischen. Wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. „Lass das lieber, so verschmierst du es nur noch mehr,“ meinte Kyll und stand auf. „Komm mit, ich bring dich zum Fluss, da kannst du dich ordentlich waschen...Es sei denn, du willst mit deiner Kriegsbemalung vorher gern noch ein paar feindliche Soldaten zu Tode erschrecken, dass soll mir natürlich recht sein...“ Er hielt der Elfe wie ein Kavalier den Zelteingang auf, so dass sie vor ihm hindurchschlüpfen konnte. Dann folgte er ihr und führte sie durch das Lager zu dem nahe gelegenem Bach, von dem sich ein Teil mit unter dem Schutzschild befand. Neben ihnen holten einige Frauen frisches Wasser für die Verletzten. Arva wusch sich möglichst weit von ihnen entfernt, um das Wasser nicht zu verunreinigen. „Was ist hier eigentlich los? Woher kommen die vielen Verletzten? Haben die Wachen uns gefunden?“ Fragte sie Kyll, während sie zunächst das Blut von ihren Armen und Händen abschrubbte. „Leider ja,“ antwortete Kyll, „ sie haben unser Schutzschild umzingelt. Momentan können wir nichts anderes tun, als es zu verteidigen, bis Verstärkung aus Luzerne eintrifft. Fliehen ist unmöglich, vor allem, da wir so viele Verletzte zu transportieren hätten.“ Arva spritzte sich Wasser ins Gesicht und versuchte das angetrocknete Blut fortzuwischen. Dann benetzte sie es erneut und rieb gründlich alle Reste fort. „Verstärkung? Aber ich dachte wir sind hier, um einen Krieg zu verhindern!? Dieses Gemetzel hier ist schon schlimm genug! Wenn jetzt auch noch Soldaten aus Luzerne kommen, um gegen die von Diarla zu kämpfen wird das mit Sicherheit in Krieg ausarten!“ Kyll antwortete nicht, sondern starrte mit verhärteten Gesichtszügen sein Spiegelbild im Wasser an. „Tja, sieht so aus, als hätte ich versagt.“ Murmelte er bitter. Dann stand er ruckartig auf und entfernte sich in Richtung Schlachtfeld. Arva starrte ihm hilflos nach. Hätte sie besser nichts sagen sollen? Zu spät wurde ihr klar, dass Kyll was Krieg anging, eindeutig mehr Erfahrung hatte als sie, und die Situation bestimmt schon erfasst hatte, auch ohne dass sie ihn mit der Nase darauf stieß. Dabei hatte sie gar nicht vorgehabt ihm das zum Vorwurf zu machen. Es war doch nicht seine Schuld, dass die Fluchtaktion nicht so verlaufen war, wie geplant... Doch wie würde es jetzt weitergehen? Wie lange konnten sie den Schild noch verteidigen? Würden sie alle sterben? Arva wollte nicht zulassen, dass solche Gedanken von ihr Besitz ergriffen und suchte nach einer Tätigkeit, um sich abzulenken. Sie ging zu den Männern und Frauen, die das Wasser für die Verletzten heranschafften und bat ihre Hilfe an. Sie wurde dankbar angenommen und Arva half einer älteren Frau einen großen Kübel mit Wasser zu transportieren. Jeder von ihnen nahm einen der zwei Henkel in die Hand, dann marschierten sie, -wegen dem Größenunterschied stark schwankend- zum Verletztenlager. Unterwegs schwappte zweimal etwas von dem Wasser auf Arvas Füße. Bei diesem Gefühl musste sie wieder an die Abwasserkanäle des Schlosses denken, durch die sie bei der Flucht gewatet waren - wo Siria sie verlassen hatte... Ihre Gedanken glitten von der Realität ab und ängstlich fragte sie sich, ob sie die Frau jemals wiedersehen würde. Hatte sie es geschafft zu entkommen? Würde sie wie immer wie durch ein Wunder bei ihr auftauchen und sie retten? Unwillkürlich blickte die Elfe sich beim Gehen um und suchte zwischen den Leuten nach jemand auffällig großem mit leuchtend blondem Haar. Doch die einzige blonde Frau, die sie entdeckte, hatte lange Haare und war dazu recht klein. Von Siria keine Spur. Der Knall einer heftigen Explosion ließ Arva und die alte Frau zusammenzucken, so dass der Kübel ihnen aus der Hand glitt und sich das Wasser über den Boden ergoss. Vor Schreck hämmerte Arvas Herz so heftig, dass sie kaum Luft bekam. Dann brach Panik aus. Um sie herum begannen Menschen wie Elfen zu schreien und blindlings loszurennen, auf der Suche nach einem sicheren Versteck. Arva und die Frau wechselten einen Blick. Es brauchte keine Worte um zu bestätigen, dass beide die gleiche Vermutung hatten was geschehen war: Der Schutzschild war gebrochen! Kapitel 14: Kraft ----------------- Warme Lippen pressten sich auf ihre und Geborgenheit erfüllte ihr gesamtes Bewusstsein. Schwach hatte sie in Erinnerung, dass sie vor ein paar Sekunden noch Todesangst gehabt hatte, doch das schien plötzlich unwichtig. Sein seidiges, schwarzes Haar strich über ihre Wangen, als er sie küsste und sie fühlte sich regelrecht berauscht vor Glück. „Shayad...“ krächzte sie, als er seinen Mund von ihrem löste und wollte ihn festhalten, doch ihr Arm fühlte sich so schwer an, als wäre er aus Stein, sodass sie es nicht schaffte. Siria musste husten und öffnete die Augen. „Ganz ruhig.“ Murmelte Seodra und strich ihr tröstend durchs Haar. Es traf sie wie ein Schlag, als sie in die Realität zurückkehrte und es nicht ihr Mann war, der sie in den Armen hielt. Ihr Herz verkrampfte sich bei der Erinnerung. Er war ja tot. Schon seit drei grauenvollen Jahren. Shayad war tot! Obwohl es schon so lange her war, fühlte sich so an, als hätte sie die Nachricht von seinem Tod erst in dieser Sekunde bekommen. Tränen stiegen ihr in die Augen und als sie Schluchzen wollte, musste sie stattdessen husten. Seodra half ihr sich aufzusetzen und klopfte ihr leicht auf den Rücken. „Ist ja gut. Langsam, Ihr wärt beinahe ertrunken...“ Wie Siria zwischen ihren Hustenanfällen feststellte, befand sie sich noch immer in der Kanalisation. Zwar hatte Seodra sie aus dem Wasser gezogen, doch der enge Weg, auf dem sie standen, grenzte an die Kloake. Es war ziemlich dunkel, nur eine einzige Fackel, die auf dem Boden lag und bereits am verlöschen war, spendete ihnen Licht. Frierend schlang die Siarra die Arme um ihren Körper. Dabei merkte sie, dass sie nichts trug, außer Seodras königlichen Pelzmantel. „Wo sind meine Kleider?“ Fragte sie erschrocken. Siria vermied es Seodra anzusehen; einerseits war es ihr peinlich, dass jemand sie in einem solch schwachen Moment sah und andererseits ertrug sie den Anblick von Seodras schwarzen, glatten Haaren nicht, die denen von Shayad so schmerzhaft ähnelten. „Ich weiß es nicht, sie waren schon fort , als ich Euch fand.“ Siria schnaubte angespannt. „Ist auch egal.“ Wie immer kam nach dem ersten Schock wieder die Wut über den Verlust, die die Traurigkeit verdrängte. Seodra hakte sich bei Siria unter und führte sie vorwärts durch die Gänge. „Was ist Euch passiert?“ Sie gingen schweigend ein Stück weiter, bis Siria antwortete. „Eines der Monster hat mich erwischt und unter Wasser gezogen.“ Seodra wirkte entsetzt. „Ihr habt Glück, dass es Euch nicht getötet hat!“ „Ja, ich weiß. Ich vermute, ich konnte es schwer genug verwunden, bevor ich bewusstlos wurde, so dass es nicht mehr dazu kam, mich zu verschlingen.“ Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie realisierte, wie nah sie dem Tod gewesen war. Hatte sie deshalb Shayad gesehen? „Wart Ihr es, die mich aus dem Wasser gezogen hat?“ Seodra nickte. „Ich sah plötzlich Euren Körper an der Oberfläche an mir vorbeitreiben, und befürchtete schon das schlimmste. Als ich Euch aus dem Wasser zog, hat Euer Herz kaum noch geschlagen und geatmet habt ihr auch nicht mehr. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen was ich für Angst um Euch hatte! Gott sei Dank ist es mir gelungen Euch wiederzubeleben...“ Siria lächelte schwach. „Vielen Dank.“ Dann kehrte wieder Schweigen ein. Der schmale Weg, der sie trocken über die Abwasser geführt hatte, endete schließlich vor einer verwitterten Eichenholztür, die durch ehemalige Überschwemmungen an der Unterseite grau verfärbt und aufgequollen war. Siria berührte auf der Suche nach einer Türklinke das raue Holz, doch obwohl Seodra ihr mit der Fackel leuchtete, konnte sie keine finden. „Seltsam.“ Murmelte die Königin und reichte Siria die flackernde Lichtquelle, um selbst zu suchen. „Als ich vorhin durch diese Tür nach unten gekommen bin, ließ sich die Tür auch von außen öffnen.“ Beunruhigt fuhren Seodras Finger über das alte Holz und ließen dabei den festgetrockneten Dreck herunter rieseln. Siria schnaubte entnervt. „Das kann doch nicht wahr sein!“ Die Kälte und der Gestank wurden allmählich wirklich lästig und die Aussicht auf noch weitere unangenehme Stunden zwischen schleimigen Dämonen und toten Ratten zu verbringen, taten ihr übriges, um Sirias schlechte Laune soweit zu verstärken, dass sie nicht zögerte, Gewalt anzuwenden. Grob stieß sie die Königin von der Tür fort, drückte ihr wortlos die Fackel in die Hand und trat mit aller Kraft gegen das Hindernis. Das dreckige Holz knackte und brach in der Mitte. Jedoch hielt die Tür noch zusammen. Siria humpelte fluchend ein Stück zurück und hielt sich den Fuß. „Leiht mir Eure Schuhe!“ Befahl sie Seodra, die schreckensbleich gehorchte. Die Siarra schlüpfte mit ihren dreckigen nackten Füßen in die angenehm stabilen Lederstiefel der Königin und startete einen weiteren Versuch. Ein erneuter heftiger Tritt erschütterte die alte Tür und Sirias Fuß hinterließ mit dem Hacken ein Loch. Es fühlte sich an, als würde ihr Knochen im Inneren ihres Beines von dem Aufprall vibrieren, als sie von der Tür zurückprallte. Der obere Teil der Tür brach und stürzte vor Siria und Seodra auf den Boden, wo er in mehrere Stücke zerschellte. „Das glaube ich nicht!“ Rief die Kriegerin halb wütend, halb verzweifelt, als sie den Lohn ihrer Anstrengung betrachtete: Hinter der kaputten Tür war ein weiteres, solides Stück Steinmauer zum Vorschein gekommen. Auch Seodra starrte ungläubig auf den versperrten Ausweg. Dann schlug sie in plötzlichem Verständnis die Hand vor den Mund. „Ich weiß was hier vorgeht!“, rief sie, „Die Magier haben einen Bann über den Kerker und die Geheimgänge gelegt, damit die Gefängnisausbrecher nicht flüchten können!“ Siria zog sichtlich beunruhigt Seodras Mantel enger um ihren Körper. „Verdammt! Und was machen wir jetzt? Wie lange, glaubt Ihr, werden sie den Bann aufrecht erhalten?“ „Ich vermute, solange bis sie alle gefunden haben, die es nicht rechtzeitig hier heraus geschafft haben. Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als hier unten zu warten, bis die Wachen uns abholen. Macht Euch keine Sorgen, ich bin sicher niemand wird es wagen Euch zu unterstellen, dass Ihr etwas mit dem Massenausbruch zu tun habt. Und wenn doch, bürge ich für Eure Unschuld.“ Siria schnaubte wie ein nervöses Pferd und tänzelte rastlos vor der zerbrochenen Tür hin und her. „Darum geht es nicht! Ich hab keine Zeit hier unten zu warten bis uns jemand findet! Mein Sohn kämpft da draußen! Verdammt!“ Sie stieß wütend mit der Stiefelspitze in den hölzernen Trümmerhaufen. Plätschernd rieselten ein paar Holzstücke ins Wasser und die dunkle Brühe geriet plötzlich in Bewegung. Ehe eine der beiden Frauen reagieren konnte, schossen vier Fangarme unter ihnen hoch und packten sie an den Fußknöcheln. Siria nahm wie in Zeitlupe wahr, wie ihr plötzlich der Halt unter den Füßen entrissen wurde und sie einen Moment lang frei in der Luft schwebte, bevor sie schmerzhaft mit der Schulter auf die Kante des schmalen Steinwegs krachte und dann nach einem weiteren Ruck ins Wasser klatschte. Hinter sich hörte sie Seodras Schrei und dann nichts mehr, als ihr Kopf in die Kloake eintauchte. Im Wasser wurde der vollgesogene Pelzmantel eine bleischwere Fessel, welche die Kriegerin daran hinderte, sich zu wehren. Da die Fangarme des Monsters sich bereits fest um ihren Körper geschlungen hatten, hatte Siria keine Chance, sich des Mantels zu entledigen. Sie konnte nur mit den Beinen strampeln und versuchen, sich bei der nächsten Gelegenheit am Grund abzustoßen, um kurz an die Oberfläche zu kommen und nach Luft zu schnappen. Doch auf die Dauer konnte sie so nicht überleben, denn immer näher zogen die Tentakel sie auf den mit scharfen Zähnen versehenen, fleischigen Ring zu, der das Maul des Dämons darstellte. Nur diesmal hatte sie nicht einmal ein Schwert, um sich zu verteidigen. Wieder wurde sie unter Wasser gezogen. Siria hatte nur kurz Gelegenheit gehabt, Luft zu holen, und zappelte heftig, während sie versuchte in der kurzen Zeit, die ihr blieb bis sie einatmen musste, irgendwie frei zu kommen. Plötzlich schoss ein heißer Strahl unter Wasser an ihr vorbei und erwischte das Monster am Kopf. Für einen kurzen Moment ließ der Druck um Sirias Taille nach, so dass sie sich frei winden konnte. Mit letzter Kraft stieß die Siarra sich am Grund ab und schnellte aus dem Wasser. An ihrem Ohr zischte knapp ein weiterer Hitzestrahl vorbei, dessen hochfrequentes Surren sie für einige Sekunden taub machte. Keuchend stemmte sie sich an der Mauer der schmalen steinernen Brücke hoch und kroch so schnell wie möglich aus dem kalten Wasser. Wieder auf dem Trockenen warf sie erleichtert den schweren Pelzmantel ab und sah sich hektisch nach Seodra und den Monstern um. Die Königin war von einer hellen blauen Aura umgeben und schwebte einige Zentimeter über dem Wasser. Zwischen ihren Händen ballte sich gerade eine weitere Ladung glühende Energie, mit der sie auf den verbliebenen Dämon zielte. Schnell presste Siria die Hände über die Ohren, ehe Seodra das Geschoss mit dem kreischenden Surren abfeuerte. Gleißendes Licht erfüllte für einen Augenblick das Gewölbe, als der Energiestrahl Seodras Handflächen verließ und sich in durch die Mitte des Dämons bohrte. Geblendet kniff Siria die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, tanzten in der plötzlich wieder hereingebrochenen Finsternis nur noch bunte Sterne vor ihren Augen. Aus dem Platschen hinter sich konnte sie dennoch erahnen, dass Seodra nicht mehr über dem Wasser schwebte. Leicht panisch fuhr die nackte Kriegerin hoch. Falls Seodra ohnmächtig war, würde sie ertrinken, wenn sie sie nicht schnell fand! „Seodra!?“ Keine Antwort. Es widerstrebte ihr zwar zutiefst, doch sie musste erneut in die Kloake eintauchen, diesmal auch noch in völliger Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)