Das Herz des schwarzen Drachens von Jarmina ================================================================================ Kapitel 13: Kriegsbemalung -------------------------- Arva erwachte auf ein warmes Schaffell gebettet in einem Zelt. Neben ihr saß Adour im Schneidersitz und hatte Noura auf seinem Schoß liegen, während er sie schwach umschlungen hielt. Die Prinzessin war immer noch bewusstlos und hing schlaff und blass in Adours Armen. Er selbst sah nicht viel besser aus und blickte gedankenverloren geradeaus. Arva richtete sich von ihrem Schlafplatz auf und krabbelte über die Decken zu ihnen herüber. „Wie geht es ihr?“ fragte sie den Prinzen vorsichtig. Adour blickte abwesend zu ihr und zuckte dann hilflos die Schultern. Arva kroch besorgt näher zu ihm heran und fühlte Nouras Puls. Er war normal, jedenfalls war sie nicht tot. Erleichtert atmete die Elfe auf. „Keine Angst, es geht ihr gut.“ Sagte sie zu Adour und stand dann auf. „Meine Kräfte sind leider noch nicht genug regeneriert, damit ich sie zuende heilen kann, aber ich werde mal nachsehen, ob ich jemand anderen finde, der ihr helfen kann.“ Sie strich ihr beschmuddeltes und zerknittertes Kleid glatt und schenkte Adour beim Rausgehen ein ermutigendes Lächeln. Trotz der Anstrengungen der letzten Stunden fühlte sie sich, nun da sie wieder frei war, unendlich erleichtert und war erpicht darauf, sich nützlich zu machen. Als sie aus dem Zelteingang geklettert war, blieb sie zunächst unschlüssig davor stehen. Draußen herrschte noch immer ein heilloses Chaos, in dem Elfen und Menschen durcheinander wuselten und Verletzte ins Lager schleppten, wo sie versorgt wurden. Von Außerhalb des magischen Schildes hörte Arva gedämpften Schlachtenlärm. Geschockt versuchte sie sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und eilte dann herüber zu den Verletztenlagern um zu helfen. Zwar hatte sie nicht genug Kraft, um mit Magie zu heilen, aber sie konnte zumindest helfen Verbände anzulegen. Zwischen den Helfern erblickte sie Cheana, die hektisch Anweisungen gab und hie und da neben einem Verletzten niederkniete, um seinen Zustand zu beurteilen. Erfreut jemanden Bekanntes zu sehen, lief Arva zu ihr und bat um Anweisungen. Cheanas zusammengekniffene Augenbrauen hoben sich erfreut als sie die junge Elfe sah und sie gab Arva den Befehl dabei zu helfen diejenigen zu versorgen, die nur leicht verletzt waren, damit diese den anderen schnell wieder zu Hilfe kommen konnten. Arva war sehr dankbar, dass sie nur diese Aufgabe zu erfüllen hatte, als sie im Vorbeigehen einen flüchtigen Blick auf die schwerverletzten Kämpfer erhaschte. So schlimm wie sie zugerichtet waren, wäre Arva sicher nicht im Stande gewesen sie zu behandeln, ohne selbst dabei ohnmächtig zu werden. Suchend schaute sie sich nach Leuten um, denen sie helfen konnte und entschied sich dann für einen 14-jährigen Elfenjungen, den sie aus dem Gefängnis wiedererkannte. Er hielt seinen blutüberströmten linken Arm umklammert und bemühte sich tapfer zu sein, obwohl ihm deutlich anzusehen war, dass er den Tränen nahe war. Arva legte ihm den Arm um die Hüfte und führte ihn zu einem der Plätze, wo das Verbandszeug verteilt wurde. Sie nahm eine Verbandsrolle entgegen und setzte sich mit dem braunhaarigen auf den Rasen. „Keine Angst, ich bin mir sicher es ist nicht so schlimm wie es aussieht. Darf ich?“ Der Junge nickte und ließ zu, dass Arva seinen Ärmel bis zur Verletzten Stelle aufriss. Arva spürte wie bei dem Anblick von so viel Blut ein unangenehmes Prickeln in ihren Schläfen und ihrem Bauch erwachte und sich ihre Sicht für einen Moment verschleierte, doch sie drängte das Gefühl zurück und konzentrierte sich entschlossen auf ihre Aufgabe. In der Wunde steckten noch die Reste eines zersplitterten Stocks, oder Speers. Im ersten Moment war Arva nicht sicher, ob sie den Jungen nicht lieber zu den Schwerverletzten bringen sollte, doch sie wollte dem Kind keine Angst machen und beschloss es selbst zu versuchen. „Na das sieht doch gar nicht so schlimm aus!“ Log sie und lächelte ihn aufmunternd an. „Wie heißt du denn?“ fragte sie, während sie aus einem Kübel mit abgekochtem Wasser, der neben ihnen stand, eine Tasse voll herausschöpfte. „Shay.“ Antwortete der Junge und schwankte im Sitzen leicht hin und her, während er darum bemüht war, bei Bewusstsein zu bleiben. Arva stellte die Tasse ab und beugte sich vor, damit Shay seinen Kopf an ihre Schulter lehnen konnte, während sie versuchte die Splitter herauszuholen. Es war kein leichtes Unterfangen, doch zumindest hatten die Splitter keinen Widerhaken, sodass sie sie unter einigem Kraftaufwand lösen konnte, ohne den Jungen dabei weiter zu verletzen. Es waren drei große Stücke, die es zu entfernen galt, doch zum Glück wurde Shay schon ohnmächtig, nachdem Arva das erste herausgezogen hatte, so dass er nicht mehr viel davon mitbekam. Er lag schwer gegen sie gelehnt, während Arva vor Ekel und Anstrengung schwitzend bemüht war seinen Arm zu verarzten. Als alle Splitter entfernt waren, drückte die Elfe ein Stofftuch gegen die Wunde, um die Blutung zu stillen. Dabei nutzte sie die Gelegenheit und legte den Jungen auf den Boden zurück. Ein Mädchen in ihrem Alter kam ihr zu Hilfe und schnürte den Arm ab, damit er nicht noch mehr Blut verlieren konnte. Dann eilte sie weiter zum nächsten und überließ es Arva die Wunde zu reinigen und zu verbinden. Nachdem sie nur diesen einen Patienten versorgt hatte, fühlte Arva sich schon wieder miserabel und ging zurück zum Zelt, um sich kurz hinzulegen. Als sie durch den Eingang schlüpfte fiel ihr wieder ein, dass sie ursprünglich losgegangen war, um Hilfe für Noura zu holen, doch ihr Zustand schien nicht annährend so schlimm zu sein wie der der Verwundeten draußen. Von Schwindelgefühlen ergriffen ließ sie sich mit dem Gesicht zuerst in das weiche Fell fallen und atmete tief den beruhigenden Schafgeruch ein, ehe sie sich auf den Rücken drehte. „Lass mich raten,“ sagte Adour, „Keiner hat Zeit um sich um so belanglose Verletzungen zu kümmern?“ „Hmm“ brummte Arva müde und drehte den Kopf um ihn anzusehen. „Es tut mir Leid, aber da draußen gibt es wirklich viel mehr Verletzte, deren Zustand weitaus schlechter ist. Ich glaube Noura wird sich von allein wieder erholen, wenn sie nur ein bisschen Ruhe bekommt.“ Adour nickte unzufrieden. „Jaja, du hast sicher recht...“ „Was ist mit Euch, habt ihr Euch schon ausgeruht?“ fragte Arva, da sie sich noch gut erinnerte, wie schwach er nach der letzten großen Magieanstrengung gewesen war. Die dunklen Ringe, die sich unter seinen Augen gebildet hatten, beantworten ihre Frage jedoch schon recht deutlich. „Ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit dazu.“ Gab der Prinz zu und musterte dann die Elfe. „Was hast du da draußen eigentlich so lange gemacht? Du siehst schon wieder so fertig aus wie gestern nach der Flucht.“ „Verletzte versorgt...“ murmelte Arva und legte, um die Bilder von Blut und schmerzverzerrten Gesichtern wieder aus ihrem Kopf zu kriegen, die Hände über die Augen. Dabei spürte sie, dass diese ein schlüpfriges Gefühl in ihrem Gesicht hinterließen. Zu spät bemerkte sie, dass sie unter Einwirkung des Schocks vergessen hatte, sich die Hände zu waschen, an denen noch das Blut des Jungen klebte. Adour konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Ist das eine besondere Art von elfischer Kriegsbemalung?“ scherzte er, womit er der Elfe zumindest ein Schmunzeln entlockte. In dem Moment klappten die Stoffbahnen, welche die Tür bildeten, zur Seite und Kyll stolperte ins Zelt. Als er Arva erblickte fuhr er erschrocken zurück und setzte sich unfreiwillig auf den Boden. Adour und Arva lachten nun richtig, während Kyll entgeistert auf das blutbeschmierte Gesicht der Elfe starrte. „Beeindruckend meine neue Kriegsbemalung, nicht?“ gluckste Arva und Adour grinste schadenfroh. Kyll der endlich begriff, dass das Blut nicht von Arva selbst stammte, fiel mit ins Lachen ein. „Himmel, im ersten Moment dachte ich jemand hätte dir die Augen ausgekratzt. Das sieht echt schlimm aus. Erschreck mich nicht noch mal so!“ „Tut mir Leid.“ kicherte Arva und bemühte sich, mit den noch sauberen Bereichen ihrer Arme das Rot fortzuwischen. Wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. „Lass das lieber, so verschmierst du es nur noch mehr,“ meinte Kyll und stand auf. „Komm mit, ich bring dich zum Fluss, da kannst du dich ordentlich waschen...Es sei denn, du willst mit deiner Kriegsbemalung vorher gern noch ein paar feindliche Soldaten zu Tode erschrecken, dass soll mir natürlich recht sein...“ Er hielt der Elfe wie ein Kavalier den Zelteingang auf, so dass sie vor ihm hindurchschlüpfen konnte. Dann folgte er ihr und führte sie durch das Lager zu dem nahe gelegenem Bach, von dem sich ein Teil mit unter dem Schutzschild befand. Neben ihnen holten einige Frauen frisches Wasser für die Verletzten. Arva wusch sich möglichst weit von ihnen entfernt, um das Wasser nicht zu verunreinigen. „Was ist hier eigentlich los? Woher kommen die vielen Verletzten? Haben die Wachen uns gefunden?“ Fragte sie Kyll, während sie zunächst das Blut von ihren Armen und Händen abschrubbte. „Leider ja,“ antwortete Kyll, „ sie haben unser Schutzschild umzingelt. Momentan können wir nichts anderes tun, als es zu verteidigen, bis Verstärkung aus Luzerne eintrifft. Fliehen ist unmöglich, vor allem, da wir so viele Verletzte zu transportieren hätten.“ Arva spritzte sich Wasser ins Gesicht und versuchte das angetrocknete Blut fortzuwischen. Dann benetzte sie es erneut und rieb gründlich alle Reste fort. „Verstärkung? Aber ich dachte wir sind hier, um einen Krieg zu verhindern!? Dieses Gemetzel hier ist schon schlimm genug! Wenn jetzt auch noch Soldaten aus Luzerne kommen, um gegen die von Diarla zu kämpfen wird das mit Sicherheit in Krieg ausarten!“ Kyll antwortete nicht, sondern starrte mit verhärteten Gesichtszügen sein Spiegelbild im Wasser an. „Tja, sieht so aus, als hätte ich versagt.“ Murmelte er bitter. Dann stand er ruckartig auf und entfernte sich in Richtung Schlachtfeld. Arva starrte ihm hilflos nach. Hätte sie besser nichts sagen sollen? Zu spät wurde ihr klar, dass Kyll was Krieg anging, eindeutig mehr Erfahrung hatte als sie, und die Situation bestimmt schon erfasst hatte, auch ohne dass sie ihn mit der Nase darauf stieß. Dabei hatte sie gar nicht vorgehabt ihm das zum Vorwurf zu machen. Es war doch nicht seine Schuld, dass die Fluchtaktion nicht so verlaufen war, wie geplant... Doch wie würde es jetzt weitergehen? Wie lange konnten sie den Schild noch verteidigen? Würden sie alle sterben? Arva wollte nicht zulassen, dass solche Gedanken von ihr Besitz ergriffen und suchte nach einer Tätigkeit, um sich abzulenken. Sie ging zu den Männern und Frauen, die das Wasser für die Verletzten heranschafften und bat ihre Hilfe an. Sie wurde dankbar angenommen und Arva half einer älteren Frau einen großen Kübel mit Wasser zu transportieren. Jeder von ihnen nahm einen der zwei Henkel in die Hand, dann marschierten sie, -wegen dem Größenunterschied stark schwankend- zum Verletztenlager. Unterwegs schwappte zweimal etwas von dem Wasser auf Arvas Füße. Bei diesem Gefühl musste sie wieder an die Abwasserkanäle des Schlosses denken, durch die sie bei der Flucht gewatet waren - wo Siria sie verlassen hatte... Ihre Gedanken glitten von der Realität ab und ängstlich fragte sie sich, ob sie die Frau jemals wiedersehen würde. Hatte sie es geschafft zu entkommen? Würde sie wie immer wie durch ein Wunder bei ihr auftauchen und sie retten? Unwillkürlich blickte die Elfe sich beim Gehen um und suchte zwischen den Leuten nach jemand auffällig großem mit leuchtend blondem Haar. Doch die einzige blonde Frau, die sie entdeckte, hatte lange Haare und war dazu recht klein. Von Siria keine Spur. Der Knall einer heftigen Explosion ließ Arva und die alte Frau zusammenzucken, so dass der Kübel ihnen aus der Hand glitt und sich das Wasser über den Boden ergoss. Vor Schreck hämmerte Arvas Herz so heftig, dass sie kaum Luft bekam. Dann brach Panik aus. Um sie herum begannen Menschen wie Elfen zu schreien und blindlings loszurennen, auf der Suche nach einem sicheren Versteck. Arva und die Frau wechselten einen Blick. Es brauchte keine Worte um zu bestätigen, dass beide die gleiche Vermutung hatten was geschehen war: Der Schutzschild war gebrochen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)