Von Jenseits des Schwarzen Schleiers von abgemeldet (Sirius Black sieht auf sein Leben von hinter dem Schwarzen Schleier zurück) ================================================================================ Kapitel 3: Lupins Geschichte ---------------------------- Lupins Geschichte E s dauert bis zum nächsten Abend, bis Remus wieder auftaucht. Er kommt recht spät in den Schlafsaal zurück und schaut nach, ob wir schon schlafen. Natürlich sind wir noch wach, denn wir haben neugierig auf ihn gewartet. „Kommt runter in den Gemeinschaftsraum. Dort ist keiner mehr und wir können ungestört reden“, meint er knapp. Man merkt deutlich, dass es ihm nicht leicht fällt, sein Versprechen zu halten. Wir huschen aus unseren Betten und die Treppen hinunter ans Feuer, dort setzten wir uns in die Lehnstühle und erst mal schweigen wir alle drei. Orion ist uns gefolgt und hat es sich auf Remus Schoß bequem gemacht. Dieser setzt mehrmals zum Sprechen an, schluckt hart und scheint einfach nicht die richtigen Worte zu finden. Ich werfe James einen fragenden Blick zu, der nickt. „Du“, sagt er einfach. „Remus“, fange ich an. „Als erstes solltest du wissen, dass du nicht unsere Freundschaft verlierst, nur weil du ein Werwolf bist.“ „Yeah“, fährt James fort. „Wir haben festgestellt, dass wir es echt cool finden, einen Werwolf zum Freund zu haben.“ „Echt. Auch wenn du als Werwolf ein echtes Monster bist, bist du immer noch Remus. Und Remus ist schwer OK.“ „Mehr als nur schwer OK“, bestätigt James. Remus starrt uns groß an, schnappt wie ein Fisch nach Luft und schüttelt den Kopf. „Ich hätte euch gestern umbringen können. Oder noch schlimmer – ich hätte euch ‚nur’ gebissen und ihr wärt auch zu Werwölfen geworden“, meint er gequält. „Yeah. Dann hätten wir gemeinsam den Vollmond anheulen können“, erwidert James und kichert. „Aber im Ernst, wir sind dir nicht blind oder ahnungslos hinterher gelaufen.“ „Nee“, füge ich an. „Wir haben uns schon gedacht, was mit dir los ist. Wir wollten es nur genau wissen.“ Remus schüttelt immer noch irgendwie verzweifelt den Kopf. „Ihr seid so was von - “ „Yeah“, antworte ich. „Verrückter Hund, was Prongs?“ „Klar. Blöder Hirsch. Stimmt´s Padfoot?“ Wir fangen beide an zu Lachen. Remus schaut uns an, als wären wir plötzlich ein wenig aus der Umlaufbahn geraten. „Danke“, murmelt er kaum hörbar und senkt den Kopf. „Ey, kein Problem“, sagen wir beide wie aus einem Mund. Er starrt in seinen Schoß und auf einmal fällt mir auf, dass Tränen in Orions Pelz tropfen. Remus weint - ganz lautlos, aber sehr intensiv. „Moony“, sage ich leise und lege ihm die Hand auf die Schulter. „Ey, wir sind deine Freunde. Du musst nicht weinen…“ „Nee. Echt nicht“, sagt James und legt ihm die Hand auf die andere Schulter. Der wirft uns einen recht unglücklichen Blick zu. So hätten wir uns die Reaktion von unserem Freund nicht vorgestellt. „Moony?“ schnieft Remus. „Yeah“, sagt James und klingt erleichtert. „Ich bin Prongs. Sirius ist Padfoot und du bist Moony. Einverstanden?“ Remus nickt und wirft uns einen dermaßen dankbaren Blick zu, dass es uns schon fast peinlich ist. „Jetzt erzähl“, fordere ich ihn auf. „Wie kommt es, dass du ein Werwolf bist?“ Als hätte ich ihm das Stichwort gegeben, fängt er an zu reden. „Ich stamme aus einem kleinen Dorf in Cornwall. Es ist eine wilde, urwüchsige, aber wunderschöne Gegend, direkt am Meer. Schroffe Klippen, dunkle Wälder, Felder und Wiesen - und immer und überall das Rauschen der See. Jede Menge Platz für einen kleinen, lebhaften Jungen, um großartige Abenteuer zu erleben…“ Wir hören ihm zu und sind regelrecht gebannt. Er kann unglaublich lebendig und spannend erzählen. „…Ich war noch recht klein - vier oder fünf – und wollte Das Große Abenteuer erleben. Ihr versteht mich sicher. Es gab nur wenige Kinder im Dorf. Wer etwas aus sich machen wollte, ging von dort weg. Kaum Arbeit, kaum eine Möglichkeit, sein Auskommen zu verdienen. Meine Eltern versuchten einen Hof zu bewirtschaften – sie versuchen es immer noch. Es ist alles andere als leicht, aber da sie Magie benutzen können, macht es das etwas einfacher. Trotzdem gibt es immer viel zu tun. Ich war meistens alleine oder bin in den Ställen der anderen Bauern rum gehangen. Meine Eltern hatten kaum Zeit, einen kleinen, quicklebendigen, abenteuerlustigen Jungen zu beaufsichtigen. Besonders, wenn der eigene Pläne hat und sich nicht beaufsichtigen lassen will…“ - Ich grinse James an und der grinst zurück. Schließlich sind wir auch nicht gerade stubenhockende Langweiler - „…also habe ich eines Tages meine Sachen gepackt - was man halt als Kind so einpackt – ein paar Butterbrote, eine Flasche Wasser und ein Taschenmesser – mein ganzer Stolz. Dann habe ich mich aufgemacht, mein Abenteuer zu erleben. Ich habe den Hof verlassen, als gerade keiner hinsah und bin zum Wald gewandert. Wie gesagt, ich war noch recht klein und es hat eine ganze Zeit gedauert, die anderthalb Kilometer zu bewältigen. Der Wald war echt stark. Uralte Bäume jeder Art, Büsche, Sträucher, Moos. Funkelndes Sonnenlicht, das sinnverwirrend in den Blättern spielte. Ich bin einfach dem nächsten Weg gefolgt, der sich mir anbot. Immer tiefer und tiefer in den Wald hinein. Mal nach rechts, mal nach links. Immer weiter und weiter. Ich weis nicht, was ich eigentlich gesucht habe, oder wohin ich überhaupt wollte. Es war so aufregend, so stark und auch etwas unheimlich. Ich weis nicht, ob ihr dieses Gefühl kennt, wenn etwas so unheimlich ist, dass man sich fast in die Hose pisst und man dadurch alles nur noch spannender und aufregender findet?“ Oh ja, das Gefühl kennen wir wohl beide. Wir haben es erst gestern Nacht zum letzten Mal gehabt. Also nicken wir. Er wartet unsere Bestätigung ab und fährt fort: „Nun, es hat nicht lange gedauert und ich hatte mich völlig verirrt. Ich habe es erst gar nicht bemerkt und bin einfach immer weiter gegangen. Es gab ja auch soviel zu sehen und zu bestaunen. Schließlich habe ich Hunger und Durst bekommen und mir einen umgestürzten Baum gesucht, auf den ich mich setzten konnte. Dann habe ich mich mit meinen großartigen Vorräten beschäftigt. Wie ich da so gesessen habe, ist mir plötzlich aufgegangen, dass ich nicht die geringste Ahnung habe, wo ich bin und wie ich wieder nach Hause kommen soll – Versteht ihr, ich bin ja nicht weg gelaufen oder so, ich wollte nur Das Große Abenteuer erleben – Beim Anblick der ganzen uralten Baumriesen, dem Rascheln im Unterholz und dem Säuseln des Windes in den Blättern, ist mir klar geworden, dass dieses Abenteuer plötzlich ein paar Nummern zu groß für mich geworden war… Nun, irgendwie habe ich langsam ein bisschen Angst bekommen und habe auch angefangen zu weinen. Ich war ja nur ein kleiner Junge. Schließlich habe ich den Rest meines Mutes zusammengenommen und bin weiter gegangen. Es war schon Nachmittag gewesen, als ich mich zu meinem Ausflug entschlossen hatte und nun wurde es langsam dunkel. Da habe ich dann noch etwas mehr geweint und bin mit tränenverschleierten Augen weiter gestolpert. Irgendwann wurde ich müde und war der Meinung, es könne nicht schaden, wenn ich irgendwo ein bisschen schlafe. Ich habe einen uralten Baumriesen gefunden, der schon so marode war, dass sich unter seinen Wurzeln eine Art Höhle gebildet hatte. Die schien mir für mein Schläfchen geeignet zu sein, Ein verhängnisvoller Fehler, wie überhaupt fast alles, was ich an diesem Tag getan hatte. Dieser Wald galt nämlich bei den Muggeln als verflucht. Nun, meine Eltern sind Magier und wussten es besser. Aber ihr Wissen war wohl so schrecklich, dass sie nur flüsternd darüber sprachen, wenn überhaupt…“ „Weiter, erzähl weiter, Moony!“ meint James atemlos und ich nicke zustimmend. Remus grinst sein schiefes Grinsen und fährt fort: „…nun, ich war todmüde, etwas verzweifelt und erst vier oder fünf. Ich bin tatsächlich eingeschlafen. Mitten in der Nacht weckte mich ein schauderliches Geheul. Ich bin hoch geschreckt und habe mich noch tiefer in die Baumhöhle zurückgezogen. Ich war nicht besonders groß und auch die Öffnung im Baum war sehr eng. Ein kleines Kind, wie ich passte durch, aber sicher nichts Größeres … das hat mir damals das Leben gerettet, hat mich aber auch zu dem Dasein verdammt, dass ich nun führe… …denn plötzlich stand er vor dem Baum, die Geißel dieses Waldes – der Werwolf. Nun, ihr habt mich gestern gesehen und wisst, wie ein Werwolf aussieht … Nur dieser Werwolf war kein halbwüchsiger Junge, sondern ein ausgewachsener Mann und allem Anschein nach lebte er schon ewig alleine in diesem Wald. Ich glaube, die Einsamkeit hat ihn etwas wirr im Kopf gemacht, nicht nur als Werwolf, sondern auch in seiner menschlichen Gestalt. Seine scharfen Krallen fuhren zu mir in die Höhlung hinein und ich verschmolz regelrecht mit der Rückwand des Baumes. Ich schrie, weinte und jammerte. Ich hatte Todesangst. Plötzlich waren die Klauen verschwunden und nach einiger Zeit, habe ich es gewagt, mich zu entspannen. Ein weiterer verhängnisvoller Fehler. Der Verwandelte draußen, hatte nur darauf gewartet, dass ich mich bewege. Schneller, als ich schauen konnte, war seine Schnauze zum Eingang herein gefahren und er hatte mich ins Bein gebissen. Die Narbe kann man heute noch ganz gut sehen…“ Er hält inne, schiebt seine Robe hoch und sein Hosenbein und zeigt uns den Biss. Er ist enorm. Das Biest muss ihm einen ganzen Fetzen Fleisch herausgerissen haben. Man sieht noch genau, wo dieser fehlt, obwohl die Narbe im Lauf der Jahre ein silbriges Weiß angenommen hat, ist immer noch sowas wie eine Vertiefung zu sehen. Wir schauen ihn angemessen beeindruckt an und er erzählt weiter: „…Nun, ich bin durch den Schmerz so erschrocken, dass ich mein Bein einfach zurückgerissen habe und mich wieder ganz klein gemacht habe. Es war die längste Nacht meines Lebens. Die ganze Zeit hörte ich das Hecheln und das Geifern des Werwolfs vor dem Baum. Immer wieder fuhren seine Krallen tastend ins Innere. Der Blutgeruch muss ihn regelrecht tobsüchtig gemacht haben. Irgendwann hatte ich dann mein Taschenmesser in der Hand und habe mich daran - nun ja - festgehalten. Mein Bein tat schrecklich weh, hat aber nicht besonders stark geblutet. Schon bald wurde mir klar, dass ich die Wunde trotzdem verbinden muss. Ich habe einen Streifen aus meinem Unterhemd gerissen und ihn um den Biss gewickelt. So lag ich da also, hatte Schmerzen und Angst, war todmüde und schrecklich verzweifelt. Nun, es war Sommer und der Morgen dämmerte schon früh herauf. Plötzlich hörte ich eine Stimme. Sie klang, als sei sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt worden. ‚Jungchen, Jungchen’, krächzte sie heiser. ‚Kannst raus kommen. Der alte Mortie is wieder n Mensch. Der alte Mortie wird dich ausm Wald raus bringen. Komm raus, Jungchen, mach schon, komm raus.’ Ich habe diese Stimme heute noch genau so im Ohr, wie ich sie damals gehört habe. Ich glaube, ich werde sie meiner Lebtag nicht vergessen…“ Er macht eine nachdenkliche Pause und schüttelt wieder den Kopf. „Nun, es dauerte eine Weile, bis ich es gewagt habe, aus meiner Baumhöhle zu kriechen. Der Alte hat mich hoch gehoben und den ganzen Weg bis zum Waldrand getragen. Dabei hat er die ganze Zeit vor sich hin gemurmelt. ‚Armes Jungchen, armes Jungchen, jetz hat der alte Mortie dir seinen Fluch weitergegeben. Das wollte der alte Mortie nich. Darum lebt er auch fernab von n Menschen, dass er keinem nix tun kann, wenn er wieder zum Untier wird.’ Das und Ähnliches hat er die ganze Zeit in seinen zottigen Bart gebrummt. Ich habe zuerst gar nicht verstanden, von was er überhaupt geredet hat…“ Er wirft uns einen gequälten Blick zu. Dies meiste Zeit hat er uns nicht angesehen, hat einfach ins Feuer gesprochen, aber jetzt möchte er unsere Reaktion sehen. Wir starren ihn mit offenen Mund an. „Aber – aber immerhin lebst du doch noch…“ stammelt James. Moony nickt. „Schon“, meint er leise. „Aber manchmal, das könnt ihr mir echt glauben, wäre es mir lieber, wenn ich in dieser Nacht gestorben wäre … Denn danach war alles anders: Ich habe den Weg vom Waldrand - wo mich der alte Mortie verlassen hat - nach Hause alleine gefunden. Meine Eltern hatten mich bereits verzweifelt gesucht, als ich völlig erschöpft auf den Hof getaumelt kam. Meine Mutter hat zuerst großes Aufhebens um meine Wunde gemacht, diese aber wohl nicht für sehr gefährlich gehalten, auch wenn sie sehr tief war und inzwischen auch recht stark geblutet hat. Sie hat mich sauber gemacht, einen Heilzauber gesprochen und mich verbunden. Inzwischen hat mein Vater versucht, heraus zubekommen, wo ich eigentlich gesteckt hatte. Kaum wusste er es, riss er mich hoch und ist mit mir nach St Mungos appariert. Ich weis, es ist eigentlich unmöglich, das mit einer weiteren Person zu tun, die selbst nicht dazu in der Lage ist, aber er hat es damals trotzdem geschafft. Es wurde sofort klar, dass dieser Biss mich beim nächsten Vollmond ebenfalls zum Werwolf machen würde. Nun, bevor es so weit war, war ich auch schon wieder zu Hause. Sollte ich bei euch den Eindruck erweckt haben, meine Eltern würden mich nicht lieben und sich keine Sorgen um mich machen, dann ist das falsch. Sie lieben mich und ich liebe sie. Sie waren nur mit einem lebhaften Jungen, wie mir, etwas überfordert. Nun, in Zukunft musste ich die Vollmondnächte - sicher eingeschlossen - im Keller verbringen. Diese Nacht im Wald hatte fast jede Angst aus mir heraus gebrannt, doch nun lernte ich eine neue Furcht kennen – die Angst vor dem Mond – dem Vollmond, der mich zum Werwolf macht und mich den Verstand verlieren lässt. Das ließ mich auch sehr vorsichtig werden und lernen, Gefahren zu vermeiden.“ Wir schauen uns lange schweigend an. Nun, dass er ein Werwolf ist, wussten wir ja, aber diese Geschichte war echt starker Tobak. „Wie ging es weiter?“ murmelt James schließlich. „Weiter?“ „Nun du bist ein Werwolf, aber du bist hier…“ Remus lacht etwas gequält auf. „Dumbledore“, sagt er einfach. „Dumbledore hat es möglich gemacht. Wie ihr natürlich wisst, bin ich, wie auch meine Eltern, ein Magier und ich glaube auch ein recht guter … Nun, die Klasse von euch beiden habe ich nicht, aber ich denke es reicht.“ „Du bist gut genug“, platze ich heraus. Er grinst mich schief an und erzählt weiter. „Lange Zeit dachten meine Eltern, sie würden mich nie in eine Schule schicken können. Lesen, Schreiben, Rechnen und was man sonst noch so Grundlegendes braucht, haben sie mir selbst beigebracht. Ich habe nie eine Grundschule besucht und sie haben mich dauernd den Zaubererfunk anhören lassen, damit ich lerne, ohne Akzent zu sprechen und haben mir eine Unmenge Bücher besorgt. Die aus unserer Welt genauso, wie die der Muggel.“ „Deshalb kannst du dich so Klasse ausdrücken“, platze ich heraus. Er nickt. „Danke für die Blumen, Padfoot. Nun weiter mit der Geschichte. Es ist schon spät und ich werde schrecklich müde. Die Werwolfverwandlung ist schmerzhaft und kostet eine Menge Kraft. Meinen Eltern war klar, dass sie irgendwie versuchen mussten, mich nach Hogwarts zu bringen, aber solange Armando Dippet Direktor war, hat er es nicht zugelassen. Er hatte wohl zuviel Angst. Aber dieses Jahr hat sich alles geändert, als Dumbledore Schulleiter wurde. Er erkannte, dass ich ein recht fähiger Magier bin und war der Meinung, dass es ein regelrechtes Verbrechen sei, mich nicht richtig auszubilden. Nun, er ließ die Peitschende Weide pflanzen, so dass ich mich verstecken kann, bevor die Verwandlung einsetzt und so kann ich jetzt hier sein.“ „Heißt das, dass du dein Leben lang jedes Mal bei Vollmond diese Verwandlung durchstehen musst?“ fragt James bedrückt. „Recht wahrscheinlich. Es wird natürlich nach einem Heilmittel geforscht - schließlich gibt es mehr Werwölfe als nur mich - aber wann es eins geben wird…? Nun, man soll die Hoffnung nicht aufgeben…“ Er klingt so todtraurig, dass ihn am liebsten in den Arm nehmen würde, um ihn zu trösten, aber etwas an seiner Haltung verbietet mir diese mitleidige Geste und so klopfe ich ihm nur freundschaftlich auf die Schulter. „Weist du eigentlich, wie riesig du als Werwolf bist?“ fragt James, um die etwas peinliche Situation zu überspielen. „Riesig? Nee. Ich habe mich noch nie in diesem Zustand im Spiegel gesehen. Ich dachte ich wäre noch ein Werwolfjunges.“ Wir schütteln entschieden die Köpfe. „Nee, Moony, wenn der gestern nicht ausgewachsen war, dann fehlt aber nicht mehr viel“, meine ich bestimmt. Wieder läßt er dieses schiefe Grinsen aufblitzen, das für ihn so typisch ist. „Was meint ihr, Leute?“ fragt er schließlich. „Gehen wir zu Bett?“ Schlafen? Nach dem was wir gerade gehört haben? Der Junge hat echt ein sonniges Gemüt. Klar bin ich müde und auch James gähnt schon seit einiger Zeit. Aber jetzt schlafen? Ich bin zu aufgedreht. Doch wird mir bei Moonys Anblick klar, dass er unbedingt bald pennen sollte. Er sieht echt fertig und elend aus. James scheint ähnliche Gedanken zu haben wie ich, denn er sagt: „Geh du schon mal vor, Moony, wir kommen dann nach.“ Remus nickt und gähnt weit. Dann schlurft er zur Wendeltreppe, die zum Schlafsaal hinaufführt und verschwindet durch die Tür. Wir sitzen schweigend beisammen und starren nachdenklich ins Feuer. „Wir sollten es wirklich tun“, platzt James plötzlich heraus. „Was? Animagi?“ „Yeah. So wie Moony geklungen hat, hat er schon ein paar Mal an Selbstmord gedacht. Er ist ein viel zu feiner Kerl, als dass wir das zulassen dürften.“ „Yeah. Aber so schnell wird das nicht gehen. Ich habe heute ein bisschen in der Bibliothek gestöbert. Bücher über Verwandlungen und so. Es dauert Jahre, bis man das beherrscht.“ „Dann müssen wir ihm halt zeigen, wieviel er uns bedeutet und wie sehr wir ihn brauchen. Hättest du was dagegen, wenn ich ihn zu Ostern auch zu mir nach Hause einlade? Ich denke, du kommst ohnehin, oder?“ „Yeah. Nur zu gerne. Aber was werden deine Eltern dazu sagen?“ „Die müssen nicht erfahren, was mit Moony los ist. Zu Ostern ist kein Vollmond…“ „Yeah. Klasse. Dann sind wir zu dritt.“ Plötzlich lacht James auf. „Wenn Moony dabei ist, verbringen wir die Ferien mit unseren Nasen in den Büchern.“ „Na und? Schadet auch nicht. Und wir können uns ja was einfallen lassen, wie wir ihn dahinter hervorlocken…“  Peter und Snivelly S chon am nächsten Morgen platzt die Bombe. Ohne dass wir es bemerkt haben, ist uns Peter gestern aus dem Schlafsaal nach unten gefolgt. Er hatte sich in einem Sessel verborgen und alles mit angehört, was wir besprochen haben. „Ich will auch mitmachen“, platzt er beim Frühstück heraus, als Remus gerade am Klo ist. „Bei was mitmachen?“ fragt James und gibt sich ahnungslos. „Animagi. Mit einem Werwolf abhängen…“ „Bist du leise, du Trottel“, fauche ich ihn an und trete ihm unterm Tisch gegen das Schienbein. „Aua“, quiekt er, fährt dann aber leiser fort. „Aber ich will trotzdem mitmachen.“ Wir sitzen in der Klemme. Wir müssen ihn wohl mitmachen lassen, aber er ist eine solche magische Niete, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie er je ein Animagus werden will. James wirft mir einen gequälten Blick zu, der besagt, dass er genauso denkt. „Woher weist du überhaupt davon?“ murmelt James tonlos. „Bin gestern auch wach geworden, als Remus euch geweckt hat, dann bin ich euch nach. Ich war neugierig, was ihr so heimlich zu bereden hattet…“ „Na gut“, seufze ich. „Aber das mit den Animagi wird noch dauern. Wir können es ja selbst noch nicht.“ „Das ist Arbeit. Viel und harte Arbeit“, meint James, um ihn abzuschrecken. Peter ist weder besonders helle, noch besonders fix und die Arbeit hat er sicher nicht erfunden. „Macht nichts“, meint der jedoch aufgeregt. „Dafür lohnt es sich…“ Die Zeit vergeht und wir schleichen nachts durchs Schloss. In die Bibliothek, wenn Remus mal schläft oder in die Küche. Inzwischen wissen wir natürlich längst, wo wir die zu suchen haben. Gott sei Dank ist Peter eine echte Schlafmütze und begleitet uns nachts nur selten. Tagsüber klebt er jedoch geradezu an uns. Es ist ja recht nett, so verehrt zu werden, aber auf Dauer nervt es. Remus ist da eine viel angenehmere Gesellschaft –ganz abgesehen davon, dass er auch wesentlich mehr im Kopf hat. Es ist auch so, dass Peter jede Menge fiese Sachen einfallen und er uns dazu anstachelt, sie auszuführen und mit manchem davon wäre Remus sicherlich alles andere als einverstanden. Ich bin heute noch froh, dass Moony bei folgender Begebenheit nicht dabei war. Unser Opfer war mal wieder - wie könnte es auch anders sein - der alte Snivellus. Es ist der erste schöne Tag nach dem langen Winter und Remus erholt sich mal wieder vom letzten Vollmond. Uns drei lockt die Sonne nach draußen und wir wollen runter zum See. Peter hüpft um uns herum und macht Faxen. „Was wollen wir machen?“ piepst er. „Was? Habt ihr ne Idee?“ Plötzlich hält er in seinem Hüpfen inne. „Seht mal, der alte Schmierlappen. Seht mal, Snape, dort unter dem Baum am See! Was macht der da? Schläft der? Was hat er da in der Hand? Sirius, James, was hat der da in der Hand?“ Er kriegt sich gar nicht ein. Peters Rufe haben uns neugierig gemacht und wir gehen näher an unseren Erzfeind heran – Verflixter schwarzer Magier! – und so schmuddelig und ungepflegt! Snape ist wirklich eingeschlafen und scheint ein Pergament in der Hand zu halten. Mich interessiert brennend, was darauf steht und ich entwinde es ihm. Das weckt ihn natürlich auf. „Sieh da, Snivellus“, rufe ich fröhlich. „Was hast du denn da?“ „Gib das her, Black!“ gibt er grimmig zurück. Ich rolle das Pergament auf und fange an zu lesen. Ich kann mir das Lachen nicht verbeißen. Eine eigenwillige Rechtschrift hat er ja, der alte Snivellus, das muss man ihm lassen. Zur allgemeinen Erbauung – nun, eindeutig nicht zu der von Snape - lese ich das Geschriebene vor, so wie er es geschrieben hat. Er will nach dem Pergament greifen, aber ich ziehe es von ihm weg. James hält sich an meiner Schulter fest, damit er nicht umfällt, denn er lacht sich krumm. „Himmel, wo hast du denn schreiben gelernt? In der Baumschule beim Lehrer Ast? Weist du, du solltest deine Muttersprache etwas besser lernen, so ist das ein einziger Lachschlager!“ feixe ich amüsiert. James lacht immer noch. „Es ist ein Wunder, dass der alte Snivellus auch nur einen einzigen Zauber richtig aussprechen kann“, prustet er. „So wie der schreibt.“ Snape zuckt zusammen und seine Augen werfen mal wieder Dolche. Er fummelt in seiner Robe herum und greift nach seinem Zauberstab. Wir sind bereit, doch bevor James und ich überhaupt reagieren können, ist Peter schon zwischen uns durchgehuscht und hat Snape dessen Stab entrissen. Mit einem lauten Jubelruf wirft er das Ding in den See. Bevor wir uns jedoch noch weitere Schandtaten mit dem alten Snivellus einfallen lassen können, steht plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, Professor Leech bei unserer Gruppe. Mit seiner krächzenden Stimme verlangt er zu wissen, was hier vor sich geht. Shit! Kalt erwischt! Wenn Leech mitbekommt, dass wir auf Snape losgegangen sind, gibt es echt Ärger. Snivellus ist so was, wie sein Liebling. Nicht, dass er ihn wirklich bevorzugt, aber Snape ist der Einzige in Zaubertränke, der mit Leech wirklich klar kommt. Ich murmle was von wegen, wir würden ihm beim Rechtschreiben helfen und James unterstützt mich geistesgegenwärtig. Aber ich glaube aber kaum, dass Leech uns diese faule Ausrede glaubt, doch er bohrt jedoch nicht weiter nach. Dann fällt sein Blick auf Snapes Zauberstab, der immer noch im See treibt und er holt ihn mit einem Aufrufzauber zu sich. Dann fragt er nach, wem das Ding gehört. Snivellus sagt, es sei seiner und ist dabei so höflich, wie ich es gar nicht von ihm kenne. Nicht schleimig höflich, nee, echt nicht, respektvoll höflich. Ich konnte Snape nie leiden. Selbst heute noch, habe ich meine Vorbehalte gegen ihn. Aber er wusste immer, wen er respektieren musste und er war alles andere als ein schlechter Magier. Ein Schwarzer, ja, aber nie ein mieser. Und seine Zaubertränke sind und waren geradezu genial. Ich muss ihm heutzutage wirklich einen gewissen, zähneknirschenden Respekt zollen. Ich erwarte, dass Snape uns hinhängt und sagt, dass wir ihn geärgert haben, aber das tut er nicht. Er wirft uns nur bissige Blicke zu und schweigt. Eigenartig. Wäre doch eine tolle Gelegenheit für ihn, dafür zu sorgen, dass wir nachsitzen müssen. Sonst spart er ja auch nicht mit Flüchen, wenn er uns kalt erwischt. Leech staubt uns mit einigen lakonischen Worten zum Schloss zurück, aber wir tun so, als könne er uns gar nicht meinen und stolzieren regelrecht über den Rasen.  Mr Potter erzählt D ie Osterferien sind da. James hat Remus den Vorschlag gemacht, mit nach Godrics Hollow zu kommen. „Meinst du das wirklich ernst?“ hatte Moony erstaunt gefragt. „Du weist, was ich bin…“ „Yeah. Klar. Aber zu Ostern wirst du nicht zum Wolf werden – falsche Mondphase!“ Remus Gesichtsausdruck war eine eigenartige Mischung aus Freude, Kummer und Erwartung, aber er hat liebend gern zugestimmt und seine Eltern waren auch einverstanden. Wir sitzen im Zug, der uns nach King Cross bringt. Dauernd muss ich Peter ins Schienbein treten, damit er uns nicht verrät. Der Junge hat ein Hirn wie ein Sieb und wenn er aufgeregt ist, spricht er ohne nachzudenken … und er ist fast immer aufgeregt… Wir spielen Karten – Exploding Snap – um uns die Zeit zu vertreiben. Ich habe nicht mal nach Hause geschrieben, ich fahre einfach mit zu James, ohne das meine Eltern auch nur die geringste Ahnung über meinen Verbleib haben. Ich bin zu Weihnachten damit durchgekommen, ich werde auch jetzt damit durchkommen. „Was habt ihr vor, wenn ihr bei James seid?“ fragt Peter aufgedreht. Er hat schon mal wieder Hummeln im Hintern. James grinst mich an und ich grinse zurück, aber bevor wir uns zu einer Antwort aufraffen können, meint Remus trocken: „Lernen. Die Prüfungen sind nahe und es ist eine gute Gelegenheit.“ Er ist völlig ernst, aber da ist ein gewisses Blitzen in seinen Augen, das uns sagt, dass er noch ganz andere Dinge vorhat. „Lernen?!“ meint Peter erschüttert. „Klar“, meint James und ein spöttisches Grinsen erscheint in seinen Mundwinkeln. „Würde dir auch nicht schaden, oder?“ „Aber ... aber ... ihr lernt doch nie…“ jammert Peter fast verzweifelt. „Den seinen gibt’s der Herr im Schlaf“, antwortet Remus und man merkt ihm an, dass er sich ein Grinsen gewaltsam verkneifen muss. Sogar er verarscht Peter nur zu gerne, obwohl sowas sonst gar nicht seine Art ist. Peter quengelt und mault noch eine Weile, dann muss er aufs Klo und kaum hat er das Abteil verlassen, platzen wir alle drei mit einem brüllenden Gelächter heraus. „Lernen?!“ winselt James in einer großartigen Nachahmung von Peters Stimme. „Den seinen gibt’s der Herr im Schlaf“, ahme ich Moony nach. Der grinst schief. „Nun, was hätte ich den sonst sagen sollen. Lernen war noch nie euer Fall, oder? Euch beiden fliegt alles einfach so zu…“ „Neidisch?“ fragt James. Remus schüttelt den Kopf. „Nee. Aber manchmal…“ „Ach, komm“, versuche ich ihn aufzumuntern, denn er sieht etwas bedrückt aus, „wir machen uns schon eine gute Zeit bei James.“ Wieder holen uns James Eltern in Kings Cross ab. Auch Remus wird von ihnen begrüßt, wie ein lange erwarteter Ehrengast. James Leute sind einfach echt große Klasse. Zwei Klappbetten stehen in James Zimmer in Godrics Hollow. Es ist dadurch ein bisschen eng, aber immer noch irre gemütlich. Auch Moony ist ganz begeistert. James gibt ihm dieselben Hinweise, die er mir zu Weihnachten gegeben hat. Ich glaube jedoch nicht, dass Remus diese braucht. Er ist von Natur aus freundlich, höflich und zuvorkommend. Es ist Abend und wir drei Jungen sitzen am Kaminfeuer im Wohnzimmer der Potters. Wir sind zu träge und voll gefuttert, um nach oben zu gehen und lümmeln in den Lehnsesseln herum. Mrs Potter werkelt in der Küche und Mr Potter kommt gerade herein. Er setzt sich in seinen uralten Lieblingslehnstuhl und zündet sich die Pfeife an, die er von mir zu Weihnachten bekommen hat. Finde ich echt stark von ihm, dass er mein Geschenk auch benutzt. „Nun, Jungs, wie ist es?“ fragt er. „Lust auf eine Geschichte?“ James verdreht ein wenig die Augen, aber ich stimme begeistert zu. „Nun, ihr wisst – Remus vielleicht noch nicht – dass ich früher, als ich noch jünger war, als Auror gearbeitet habe. Es ist fast dreißig Jahre her und ich war gerade frisch verheiratet, als uns im Auroren Hauptquartier die Nachricht erreichte, dass die Vampire in Transsylvanien unruhig wurden. Nun muss ich ehrlich sagen, sie hatten damals auch allen Grund dazu. Es gab eine starke Fraktion unter den Magiern, die durchsetzen wollte, dass Vampire legal einfach gejagt und getötet werden dürfen. Nun, selbst ich muss zugeben, dass Vampire nicht gerade angenehme Zeitgenossen sind. Andererseits sind sie intelligente Lebewesen und haben ein Recht so zu sein, wie sie sind, wie jeder andere auch. Die Zeiten waren damals im Allgemeinen unruhig. Die Muggel hatten sich entschieden irgendeinen blöden Krieg zu führen. Ich glaube, sie bezeichnen ihn als Zweiten Weltkrieg oder so. Nicht, dass uns das sehr betroffen hätte, aber einige Schwarze Magier nutzten die Gunst der Stunde, um eine Menge Ärger zu verursachen. Wir Auroren schoben ohnehin schon Überstunden und jetzt auch noch die Sache mit den transsylvanischen Vampiren.“ James Vater hat eine so angenehme Erzählstimme, dass ich sofort völlig gefesselt bin und auch Remus ist ganz Ohr. Allein James starrt etwas gelangweilt ins Feuer. „Wir hatten also kaum Personal, das sich mit dieser Angelegenheit befassen konnte“; fährt Mr Potter fort. „So blieb es an mir hängen, mich um diese Sache zu kümmern. Ich war, wie gesagt, noch sehr jung und hatte noch kein volles Jahr als Auror gearbeitet, aber ich hatte ein gewaltiges Selbstvertrauen. Wenn man so jung ist, glaubt man, nichts könne einem schaden, man würde alles schaffen und man würde ewig leben. Nun ja, ich machte mich also auf und apparierte nach Transsylvanien. Die Kaparten. Eine wilde, gebirgige Gegend und sogar im Sommer kalt. Ich hatte als Kontaktadresse den Namen eines Magiers bekommen, der dort in einem kleinen Gebirgsdorf lebte. Als ich jedoch dort ankam, musste ich zu meinem Entsetzen feststellen, dass er schon seit Tagen vermisst wurde. Seine Frau war eine Squib und hatte uns daher keine Nachricht schicken können. Sie war halb tot vor Angst und begrüßte mich als einen Retter aus höchster Not…“ Er erzählt uns, wie die Frau ihn angefleht hatte, doch nach ihrem Mann zu suchen und wie er der Bitte nachgekommen war. Wie er alleine durchs Gebirge gewandert war und dauernd in Gefahr gewesen war, von übereifrigen, verängstigten Muggeln eingesperrt oder von Vampiren angefallen zu werden. Die Geschichte ist unheimlich spannend, aber auch witzig. „…Schließlich kam ich zur Burg des Anführers der Vampire“, berichtet er uns zwei atemlos lauschenden Jungs - Nur zwei, denn James ist gelangweilt eingeschlafen. „Lord Burlagoff empfing mich und er hatte eine wirklich üble Laune. ‚Nun’, sagte er ‚Habt ihr Magier euch endlich bequemt, jemanden mit Vollmachten herzuschicken. Wurde aber langsam auch Zeit.’ Ich muss dazu sagen, dass ich von meinen Vorgesetzten tatsächlich weitreichende Befugnisse erhalten hatte, um die Vampire zu beschwichtigen und man hatte einen Auroren und keinen Diplomaten geschickt, weil sich ersterer leichter gegen Widrigkeiten zur Wehr setzten kann. ‚Ja’ sagte ich also. ‚Ich habe das Recht, mit ihnen zu verhandeln, Lord Burlagoff.’ Er funkelte mich an und ich hatte den Eindruck, dass er gegen etwas Magierblut nichts einzuwenden gehabt hätte. ‚Wir fordern das Recht auf Selbstbestimmung, das heißt, keine Einmischung mehr von euch Magiern. Keine Jagden, keine Verfolgung. Dann erwarten wir, dass man uns Nahrung zur Verfügung stellt. Jeden Monat zehn reine Jungfrauen.’ Nun, zu Letzterem durfte ich natürlich niemals meine Zustimmung geben…“ Mr Potter erzählt weiter von seinem Gespräch mit dem Obervampir. Wie er mehrmals in Gefahr geriet, selbst zum Hauptgang beim Dinner zu werden. Wie er schließlich in einem Verließ eingesperrt wurde, damit er den Forderungen nachgab und wie er dort den vermissten Magier vorfand. Wie er mit diesem tollkühne Fluchtpläne geschmiedet hatte und wie er schließlich doch noch überraschend Erfolg damit hatte, eine für beide Seiten angemessene Übereinkunft mit dem Obervampir zu treffen. „So kehrte ich also mit dem Magier in sein Dorf zurück, wo wir von seiner Frau, wie die Helden begrüßt wurden“, beendet er seine Geschichte. James liegt mit weit offenem Mund im Sessel und schnarcht leise. Remus und ich starren Mr Potter mit glänzenden Augen an. Seine Geschichte war wirklich spannend und voller überraschender Wendungen gewesen. „Ihr seid gute Zuhörer, Jungs. Bessere als mein eigener Sohn“, meint er liebevoll. „Seht ihn euch nur an. Er schläft, wie ein Baby.“ Wir lachen leise. „Er kennt die Geschichte halt schon“, erwidert Remus entschuldigend. „Wir noch nicht. Sie war wirklich stark, Mr Potter.“ Dann an mich gewandt. „Padfoot. Ich muss es ihm einfach sagen. Du weist schon was. Es ist nicht richtig, es weiter zu verschweigen…“ Ich sehe ihn unsicher an. Er hat schon Recht. Es ist nicht richtig, so eine Sache so lieben Menschen, wie den Potters zu verschweigen. Ich nicke unbestimmt. „Wie du meinst Moony.“ Remus greift nach James und rüttelt ihn wach. „Prongs, bist du so nett und holst deine Mum?“ „Yeah, aber warum?“ gähnt der. „Ich muss es deinen Eltern sagen…“ James versteht sofort. „Na ja, wenn du es für richtig hältst.“ Remus nickt entschlossen und James geht in die Küche, um seine Mutter zu holen. „Uns was sagen?“ fragt Mr Potter. „Sir, sie und ihre Frau sind so nett zu mir, dass ich es nicht für richtig halte, weiter unter Vorspieglung falscher Tatsachen hier zu bleiben. Und sie haben vorhin gesagt, jeder habe ein Recht nach seiner Art zu leben, also hoffe ich auf ihr Verständnis.“ James kommt mit seiner Mutter ins Wohnzimmer und Mr Potter nickt zu Remus Worten. „Wissen sie“, fährt er an James Eltern gewandt fort. „James hier und Sirius, sind die ersten echten Freunde, die ich je hatte und sie sind wirklich Klasse Freunde, denn sie wissen von meinem Geheimnis und sind trotzdem meine Freunde geblieben.“ Man merkt, dass er einen Weg sucht, es James Eltern möglichst schonend mitzuteilen. „Wenn sie mich rauswerfen, habe ich völliges Verständnis dafür.“ „Remus, mein lieber Junge“, meint Mrs Potter. „Was ist so schrecklich, dass du meinst, es verschweigen zu müssen?“ Remus wirft ihr einen wirklich gequälten Blick zu. Ich kann ihn verstehen. Sie haben ihn genauso freundlich aufgenommen wie mich und jetzt will er ihnen diese echt scheußliche Sache erzählen. „Nun sag schon, mein Junge“, ermutigt ihn Mr Potter, „wenn du nicht gerade ein irrer Massenmörder bist, werden wir dich sicher nicht wegschicken.“ „Nein“, sagt Remus. „Das nun nicht gerade, aber unter gewissen Umständen bin ich genauso gefährlich … Ich bin nämlich ein Werwolf.“ Für ein paar Augenblicke ist es, als hätte er eine Bombe in einer Gruppe spielender Kinder platzen lassen. Dann steht Mrs Potter auf, geht zu ihm und nimmt ihn wie einen Sohn in den Arm. „Aber Remus“, sagt sie leise, „das ist doch nicht deine Schuld. Du armer Junge … und deine armen Eltern…“ Sie weint ein bisschen und streichelt sanft sein Haar. Mr Potter schaut seine Frau und Remus lange an, dann sagt er: „Remus, wir werden dich nicht wegschicken. Nein, sicher nicht. Aber ich hoffe, du bist verständig genug, deine Vorkehrungen zu treffen, wenn deine Verwandlung bevorsteht.“ Remus schaut ihn dankbar an und antwortet: „Im Augenblick besteht keine Gefahr. Es ist Neu-mond. Aber wenn ich wieder hierher kommen darf…“ „Natürlich darfst du das“, unterbricht ihn Mrs Potter, drückt nochmals seine Schulter und geht wieder zu ihrem Stuhl zurück. „Danke. Wirklich, danke - dann wird das nicht zu einer Zeit sein, wenn ich eine Gefahr für irgendjemand bin.“ „Du bist sehr verständig für dein Alter, mein Junge“, wirft Mr Potter ein. „Wie alt bist du eigentlich?“ „Dreizehn, fast vierzehn“, antwortet Moony. Nanu, dann ist er ja fast zwei Jahre älter als ich. Ich bin erst vor ein paar Tagen zwölf geworden. „Das hast du uns ja gar nicht gesagt“, platzt James heraus. „Nun, ich habe euch aber gesagt, dass erst Dumbledore Direktor von Hogwarts werden musste, bis ich an die Schule durfte.“ James schlägt sich an die Stirn. „Hast Recht. Wir hätten nur nachdenken müssen, rechnen sollten wir ja eigentlich können.“ „James“, wendet sich Mr Potter an seinen Sohn. „Warum hast du uns nicht gleich die Wahrheit erzählt?“ „Dad, ich wusste nicht wie. Remus ist unser Freund, echt und wir wollten mit ihm zusammen die Ferien verbringen und wir wussten doch, dass er jetzt nicht gefährlich ist.“ „Mein Sohn, du solltest eigentlich wissen, wie ich zu Kreaturen jeglicher Art stehe. Dein Freund ist ein Mensch und ein verdammt netter noch dazu. Glaubst du, Mum und ich hätten nicht verstanden, warum er dein Freund ist?“ „Ich weis nicht, Dad. Ich habe zwar schon alle möglichen Leute mit nach Hause geschleppt, aber ein Wer-wolf war noch nie dabei.“ Sein Vater schaut ihn etwas skeptisch an, nickt dann aber. „Gut, Sohn, dann ist das jetzt geklärt, aber du kannst immer ehrlich zu uns sein und du musst uns nichts verschweigen und – Remus, meine Frau hat es schon gesagt: Du bist weiterhin herzlich bei uns willkommen.“ Wir sind nach oben gegangen und haben uns in die Betten gelegt, aber wir können noch nicht schlafen. „Du hattest echt Recht, Moony“, meint James. „Es war völlig richtig, meinen Eltern die Wahrheit zu sagen.“ „Ich konnte nicht anders, Prongs“, erwidert Remus. „Deine Leute sind so nett, so freundlich, so anständig. Es wäre nicht richtig gewesen, sie weiter so zu hintergehen. Zum anderen möchte ich auch später gerne wieder hier her kommen und wie sollte ich ihnen dann erklären, dass ich einmal im Monat verschwinde. Es wird nämlich nicht immer Neumond sein, wenn ich hier bin.“ Remus sagt immer, dass wir tolle Magier sind, aber denken kann er besser als wir. Er hat einen ziemlichen Weitblick für einen Jungen, aber er hat schließlich gesagt, dass er seit seiner Begegnung mit dem Werwolf vorsichtig geworden ist und zur Vorsicht gehört es nun mal, die Dinge abzuwägen zu können. Wir verleben tolle Ferien in Godrics Hollow und wir schaffen es auch, Moony hinter seinen Büchern hervor zu locken. Man kann soviel unternehmen. Wir legen uns in die Frühlingssonne und schauen den ziehenden Wolken nach. Ein frischer Wind weht uns durch Kleidung und Haar. Es ist ein irres Gefühl von Freiheit und Freundschaft. Ich kenne nur das Leben in der Stadt und Remus nur das Leben in einem kleinen Dorf. Godrics Hollow ist eine Mischung aus beidem. Es gibt Wiesen und Felder, aber auch jede Menge Häuser und Straßen. Besonders angetan hat es mir der kleine Fluss, der durch die Ortschaft fließt. Eine uralte Holzbrücke spannt sich darüber und ich kann stundenlang darauf stehen und in das fließende Wasser starren. Wir lümmeln zu dritt am Geländer und spucken ins Wasser, dann schauen wir zu, wie die Spucke in den Strudeln verschwindet. Im Nachhinein betrachtet ist das eine wirklich dämliche Beschäftigung, aber damals hatten wir die Zeit unseres Lebens. James nimmt eines Tages seinen Besen mit und führt uns zu einem verlassenen Grundstück, das von vier Meter hohen Hecken umgeben ist. „OK“, sagt er, als wir über den Zaun geklettert sind. „Wir können hier fliegen, wenn wir nicht über die Hecke aufsteigen.“ Er drückt mir einfach seinen Silber Arrow in die Hand und grinst verschmitzt. Wir wechseln uns dabei ab, mit dem Besen über das Grundstück zu sausen. James ist der beste Flieger von uns dreien, aber Remus und ich sind auch nicht schlecht. Es wird schon dunkel, als wir zu seinen Eltern zurückkehren. „Wisst ihr“, meint James am Heimweg. „Meine Eltern haben noch zwei Besen. Vielleicht leihen sie uns die, wenn wir versprechen, keinen Unsinn damit anzustellen.“ Wir grinsen ihn an und nicken begeistert. Es wird bestimmt noch viel mehr Spaß machen, wenn wir alle drei gleichzeitig in der Luft sein können. Tatsächlich gelingt es erst Remus, Mr Potter davon zu überzeugen, dass wir vorsichtig sein werden. Ich glaube, der Alte kennt seinen Sohn einfach viel zu gut. Wieder sind wir auf dem verlassenen Grundstück und James hat einen Ball mitgebracht. Wir spielen eine Art Quidditch mit drei Leuten. Einer von uns bewacht abwechselnd ein Loch in der Hecke und die beiden anderen versuchen den Ball hineinzuwerfen. James kann sich auf einem Besen so großartig bewegen, dass er dabei immer gewinnt. Nur kein Neid Sirius. Dafür bist du der hübschere, hat jedenfalls James Mum gemeint.  Hagrid, der Wildhüter D ie Zeit vergeht rasend schnell, als wir wieder in Hogwarts zurück sind und es wird warm und sommerlich. Wenn wir Zeit haben, treiben wir uns draußen am Gelände herum. Es kann also nicht ausbleiben, dass wir wieder dem riesigen Wildhüter von Hogwarts begegnen. Nach unserem Erlebnis mit ihm, an unserem ersten Tag in Hogwarts, sind James und ich ihm aus dem Weg gegangen. Wir waren der Meinung, es sei besser, ihn nicht zu reizen und er schien uns gefährlich zu sein. Außerdem gibt es an der Schule die wildesten Gerüchte über ihn. Er sei auch einst Schüler an Hogwarts gewesen, sei aber dann von der Schule geflogen. Nun, Gerüchte können täuschen ... Als wir eines Tages am Wochenende am See sitzen und gelangweilt Steine ins Wasser werfen, kommt er plötzlich über den Rasen, verdunkelt nahezu die Sonne. „Servus, Buam“, grummelt er. „Habts es Lust mia a weng bei de Viecha zum helfa, um de i mi kümman muas? Da Dumbledore sagt, dass es recht guade Magier seits.“ Wir starren ihn verblüfft an, dann wechseln wir fragende Blicke. Peter ist nicht bei uns, er muss lernen, sonst verbockt er die Prüfungen und Remus sitzt dabei, damit Peter keine Ausrede hat. Es sind also nur James und ich, an die Hagrid sich wendet. „Yeah“, meinen wir wie aus einem Mund. Uns ist wirklich stinklangweilig. Kein Peter, der sich aufspielt, kein Snivellus, der uns nachspioniert (das tut er nämlich nur zu gerne) und auch kein Remus, der uns zum Lernen auffordert. Einfach nur endlos langweilig. „Dann kemmts mit. I hob do a paar Hydekarnickel vom oidn Professor Kettleburn, de echt amoi wieda aus´gmist g´hörn.“ Wir folgen ihm neugierig zu seiner Hütte hinüber. Dort stehen Reihen und Reihen von Käfigen, in denen sich jede Menge quicklebendige Kaninchen tummeln. „De Sach is de. De Viech san in Paarungslaune und des hoast, dass as se in echte Wuidkatzn vawandln tean. Es is a weng g´fährlich, wenn ma jetzad zu eana hi geht. Aba dea Mist muas amoi ausi und meine andan Huifskräft samma davo. Do hob i ma denkt, eich is vielleicht langweilig und ia megt´s ma helfa?“ „Was sollen wir tun, Mr Hagrid, Sir?“ fragen wir unisono und klingen verunsichert. Hagrid ist wirklich gewaltig und wir halten es für besser, höflich zu sein. Der Riese lacht in seinen wilden Bart hinein und seine Käferaugen funkeln. „Nix Mr Hagrid und scho gar ned Sir“, brummelt er. „Olle sagn nua Hagrid zu mia. Des kennts es aa toa. Was des anda betrifft, do hobts an Recha und a Schaufi. Teats einfach an Mist aus de Käfig ausi und passt´s a weng auf, dass eich de bleed´n Viecha ned auskemma.“ Wir machen uns an die Arbeit und es wird uns schon sehr bald klar, warum ihm die anderen Hilfskräfte „davo“ sind. Die Hydes sind quicklebendig. Sie kratzen und beißen und zeigen große Lust, sich in den Verbotenen Wald zu verflüchtigen. Zuerst haben sich James und ich jeder einen Käfig vorgenommen, aber wir erkennen rasch, dass es besser ist, zusammen an einem Käfig zu arbeiten. Der eine mistet aus und der andere hindert die Biester daran zu entkommen. Es ist ziemlich nervenaufreibend und wir holen uns jede Menge Kratzer und Bisse an Händen und Unterarmen. „Mach den Käfig zu, Sirius, schnell“, ruft James immer wieder. „Ich kann das verdammte Biest nicht mehr halten.“ Es ist die reinste Sisyphus Arbeit. Die Reihe der Käfige zieht sich endlos hin und Hagrid ist schon vor Stunden im verbotenen Wald verschwunden – aber langweilig ist es uns jetzt sicher nicht mehr. Schließlich haben wir es dann doch geschafft und lassen uns erschöpft ins Gras vor Hagrid Hütte fallen. Ich mustere wehmütig meine schmalen Hände. Früher war ich immer recht stolz auf ihre elegante Form gewesen. Jetzt sehen sie aus, als hätte sie etwas mit langen, scharfen Zähnen zum Frühstück probiert, sie sauber durchgekaut und dann als ungenießbar wieder ausgespuckt. Auch James knetet seine Finger. „Verflixt, Padfoot, mir tun meine Pfoten weh“, murmelt er vor sich hin. „Meine singen All the Kings horses rückwärts.“ Nun ja, um einen blöden Spruch bin ich selten verlegen und es klappt auch dieses Mal. James beginnt laut zu lachen und vergisst seine Schmerzen. Da verdunkelt sich wieder die Sonne und Hagrid steht erneut vor uns. „Seits es fertig worn Baum, oda machts es nua a kloane Paus´n?“ „Fertig!“ seufzen wir beide. „Kennts es aa oanzln red´n, oda geht des nua im Chor?“ flachst er. Wir lachen noch lauter. Stimmt, die drei Sätze, die wir mit Hagrid gewechselt haben, waren im Chor gewesen. „Megts an Tee, Buam.“ Wir nicken zustimmend und ehrlich gesagt auch ziemlich durstig. „Dann kemmts.“ Er winkt uns in seine Hütte und brüht für uns alle einen regelrechten Eimer voll Tee auf. Dann setzt er sich zu uns an den Tisch. „Da Dumbledore hod aa g´sagt, dass es zwoa rechte Schlingl seits und dass i a weng auf eich schaug´n soi“, beginnt er zu erklären. „Do hod ea scho recht, aba wenn ma eich was oschafft, dann machts as aa.“ Wir starren ihn wortlos an. „Wos is? Habts Angst, dass i eich fress, oda warum sagts nix?“ Aus Verlegenheit haben wir beide versucht einen Schluck zu trinken. Aber der Spruch war zu gut und wir fangen an prustend zu lachen. Zwangsläufig verschlucken wir uns dabei und fangen an zu husten und zu spucken. Hagrid klopft uns so fest auf den Rücken, dass wir fast mit unseren Stühlen zusammenbrechen. Das bringt uns nur noch mehr zum Lachen. Hagrid ist alles andere als übel und echt witzig. Als wir wieder in der Lage sind zu sprechen, ohne nach Luft schnappen zu müssen, werfen wir uns einen Blick zu. „Du“, sagt James und ich grinse ihn an. „Yeah - Nee Hagrid, wir können durchaus jeder alleine sprechen und wir haben auch keine Angst, dass du uns frisst.“ „Des werd aa guad a so sei.“ „Dürfen wir mal wieder herkommen?“ fragt James erwartungsvoll. „Freilich. Wia soll i eich im Aug g´hoit´n, wenn i eich ned siag.“ Wir grinsen ihn an. Auch Hagrid könnte echt ein guter Kumpel werden, auch wenn er ja eigentlich ein Erwachsener ist. So war es dann auch. Hagrid wurde zu unserem Freund, nicht so, wie wir vier in unserer Bande. Nein, das nicht, denn alles haben wir ihm nun wirklich nicht erzählt. Aber er wurde zu jemand zu dem man gehen konnte, wenn man Lust dazu hatte oder einem langweilig war. Natürlich erzählen wir unseren Freunden von unserem Erlebnis an diesem Nachmittag. Remus wirft einen mitfühlenden Blick auf unsere zerrissenen Hände, verschwindet für ein paar Minuten und kommt mit zwei kleinen Schüsseln, gefüllt mit einer Flüssigkeit, wieder. „Murtlap Essenz“, sagt er. „Das dürfte helfen.“ „Woher weist du…?“ fragt James. „Ihr habt ja keine Ahnung“, flüstert er, „was ich mir antue, wenn ich als Werwolf mit mir alleine bin. Wenn ich sonst keinen kratzen und beißen kann, kratze und beiße ich mich selbst. Wenn ich dann wieder ein Mensch bin, brauche ich dieses Zeug und es hat noch immer geholfen.“ Moony hat Recht. Es kühlt und lindert und schon bald sind die Schmerzen völlig verschwunden. Es ist ein Klacks, die Prüfungen zu schreiben. Zumindest für James und mich. Remus hat viel gelernt und auch keine größeren Probleme. Peter schwitzt jedoch Blut und Wasser. Allerdings bestehen wir alle vier unsere Prüfungen und die Sommerferien sind da. Ich werde nicht sofort mit zu James kommen, meine Mutter hat mich unmissverständlich aufgefordert, nach dem Schuljahr umgehend in Grimmauld Platz zu erscheinen. Irgendwer hat ihr wohl gesteckt, wo ich in den letzten Ferien war. Ich muss es natürlich James sagen. „Wenn du nach vierzehn Tagen nicht bei mir aufgetaucht bist, komme ich dich abholen“, meint er entschlossen. „Ich glaube nicht, dass du meine Mutter recht beeindruckst.“ „Ich vielleicht nicht, aber mein Dad bestimmt. Du weist, der war mal Auror und deine Leute sind bekannter Maßen Schwarze Magier. So eine kleine Haussuchung oder so was … das wirkt manchmal die reinsten Wunder.“ „Du kannst ganz schön hinterhältig werden. Was ist mit Moony?“ „Der geht erst mal bis zum nächsten Vollmond nach Hause, dann kommt er zu mir. Ist besser so. Dieses Mal muss ich Moony Recht geben. Besser kein unnötiges Risiko eingehen.“ Wir trennen uns, ohne zu wissen für wie lange und Orion geht mit James.  Zwei üble Wochen W ie zwei drohende Gewitterwolken stehen meine Eltern am Gleis 9 ¾. Ich kann mich kaum von meinen Freunden verabschieden, da haben sie mich auch schon in eine Art Polizeigriff genommen und verfrachten mich nach Hause. Dort gibt es die Standpauke des Jahrhunderts. Ich schalte auf Durchzug, bis meine Mutter mich am Kragen packt, mich wie verrückt ankreischt und wild schüttelt. „Ich will eine Antwort, du Schmach meiner Lenden. Ich bin sicher, sie haben dich bei der Geburt vertauscht. So eine Missgeburt kann einfach unmöglich mein Sohn sein.“ Ich bin diese Schmähungen gewohnt und reagiere einfach nicht darauf. „Sieh dir Regulus an, so ein prachtvoller Junge, so ein wunderbarer Sohn“, fährt sie fort. Langsam werde ich doch wütend. Immer hält sie mir meinen dussligen Bruder vor. „Dann lass ihn dir doch einglasen, deinen wunderbaren Sohn und häng ihn an die Wand. Am besten gleich neben die Köpfe der Hauselfen“, rutscht es mir bissig heraus. Ihre Augen blitzen zornig und sie stößt mich so fest zurück, dass ich zu Boden falle. Sofort hat sie ihren Stab in der Hand und gellt: „Crucio!“ Ich liege am Teppich und winde mich verzweifelt unter entsetzlichen Schmerzen. Jeder Knochen, jeder Muskel, jede Faser von mir kreischt, brüllt, tobt und brennt. Es dauert wohl nur wenige Sekunden, bis mein Vater ihr den Arm herunter reißt und der Schmerz nachlässt, aber für mich schient es echt ewig zu dauern. „Meine Liebe“, sagt er ruhig, aber bestimmt, „willst du wegen dieses unwürdigen Bengels in Askaban landen?“ Meine Mutter schüttelt den Kopf, nicht um zu verneinen, sondern um ihn klar zu bekommen. „Du hast Recht. Er ist es nicht wert. Sirius – Stubenarrest!“ Und mit einem weiteren Wink ihres Zauberstabs verschwindet der Boden unter mir und ich fliege die Treppen hinauf in mein Zimmer. Als ich meine fünf Sinne wieder beisammen habe, denke ich: „Wenigstens ist es dieses Mal nicht der Keller. Was der Boggart wohl jetzt geworden wäre? Vielleicht ein Werwolf…“ Meine Mutter muss echt wahnsinnig sein, wenn sie den Cruciatus gegen mich einsetzt. Es ist ein unverzeihlicher Fluch und mein Vater hat völlig Recht: Diesen gegen einen Mitmenschen einzusetzen, bedeutet gewöhnlich lebenslange Haft in Askaban. Mein Zimmer ist so trist, wie alles hier in meinem Zuhause. Ich werfe mich auf mein Bett und starre an die Decke. Ich denke an den gemütlichen Raum, den James daheim hat. Dort wäre ich jetzt gern. Ich träume vor mich hin und schlafe schließlich ein. Die nächsten Tage vergehen so zäh wie Sirup. Einmal am Tag kommt Kreacher hereingebrummelt und bringt mir Wasser und Brot, leert meinen Nachttopf. Ich bin von früher her gewohnt, keinen zu haben, mit dem ich reden kann, aber das letzte Jahr war so ganz anders gewesen. Gleich drei gute Freunde in meinem Leben, vier wenn man Hagrid mitzählt - und plötzlich ist keiner mehr da. Die Wände meines Zimmers rücken immer näher und es ist furchtbar heiß hier drinnen. Wenn wenigstens Orion hier wäre … aber hätte ich den mitgebracht, hätte meine Mutter ihn glatt umgebracht… Ich liege fast den ganzen Tag am Bett und schwitze. Ich kann noch nicht mal das Fenster öffnen. Es ist verriegelt und ich kriege den Riegel nicht auf. Er ist schon seit Jahren eingerostet. Hin und wieder döse ich ein und verbringe meine Zeit zwischen Wachen und Schlafen. Nach einer Woche, lässt mich meine Mutter ins Wohnzimmer holen. „Nun, bist du jetzt bereit, höflich zu antworten?“ fragt sie bissig. Ich sage nichts, gebe weder einen Laut von mir, noch bewege ich mich. Soll sie nur wettern, mir doch egal. „Du bist ein Mitglied des edlen und uralten Hauses der Black. Du wirst dich wie ein solches benehmen. Noch heute schreibst du einen Brief an Dumbledore und bittest ihn, dich nach Slytherin zu versetzen.“ Jetzt entschließe mich doch zu einer Antwort. „Das werde ich nicht. Ich werde nicht ins stinkende Slytherin gehen und ich werde auch nicht an Dum-bledore schreiben.“ „Du wirst mir gehorchen“, kreischt sie mich an. „Das werde ich nicht“, brülle ich entschlossen zurück. „Silencio!“ keift sie und meine Stimme ist weg. „In diesem Haus schreit nur einer und das bist mit Sicherheit nicht du! Rauf in dein Zimmer mit dir! Wir werden schon noch sehen, ob du deine Meinung nicht änderst!“ Ohne Stimme trotte ich in mein Zimmer hinauf. Ich kenne den Gegenzauber noch nicht und selbst wenn ich ihn kennen würde, dürfte ich ihn hier nicht benutzen. Eine weitere Woche aus träger Melasse vergeht, ganz wie die erste, nur dass mir meine Mutter die ganze Zeit meine Stimme nicht wieder gibt. Der Zauber läuft nicht von selbst aus, er muss aufgehoben werden. Wieder zitiert sie mich ins Wohnzimmer und hebt dort den Zauber endlich wieder auf, damit ich ihr antworten kann. Doch ich habe meine Meinung nicht geändert und nach einigem hin und her scheucht sie mich wieder in mein Zimmer zurück. Doch in dieser Nacht ändert sich alles. Es ist stockfinster, als etwas gegen mein Fenster pocht. Neugierig gehe ich hin und sehe, dass davor ein Besen mitten in der Luft schwebt. Genauer gesagt ein Griff und ein Reisigbündel, dazwischen ist nichts. Ach du großer Merlin! Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Es muss jemand in einem Unsichtbarkeits Umhang sein – und da kommt eigentlich nur James in Frage. Mit aller Gewalt rüttle ich am Fenster und endlich gibt der eingerostete Riegel nach und ich kann es öffnen. Der unsichtbare Flieger huscht herein, der Besen landet und etwas Silbriges gleitet zu Boden. Es sind James und Remus. „Ich hab doch gesagt, dass ich dich holen komme, wenn ich nichts von dir höre, Padfoot.“ Ich kann nicht anders und falle ihm einfach um den Hals. Ich bekomme einen regelrechten Heulkrampf und es ist mir auch egal, wenn er mich deswegen für ein Weichei hält. „Ey, Sirius“, murmelt er und tätschelt mir unbeholfen die Schulter. „Krieg dich doch wieder ein, Padfoot.“ Ich löse mich von ihm. „Himmel, es tut so gut euch zu sehen. Kannst du deinem Vater nicht sagen, er soll mich hier raus holen. Ich bin kurz davor auszurasten.“ „Muss ich nicht. Du kommst jetzt gleich mit.“ „Zu dritt auf einem Besen oder wie?“ „Nee“, sagt Moony. „Wir haben die anderen beiden auch dabei. Es war nur noch zu hell, als wir in Godrics Hollow weg sind und daher haben wir den Umhang gebraucht und mussten zusammen auf einem Besen fliegen.“ „Yeah“, meint James, „aber jetzt ist es dunkel und wenn wir hoch genug fliegen, sieht uns keiner. Wo sind deine Sachen?“ Mit einer fahrigen Bewegung zeige ich in eine Ecke des Zimmers. James geht zu meinem Koffer hinüber und vertäut ihn mit einer echt phantasievollen Konstruktion an seinem Besen. Remus legt mir die Hand auf die Schulter und ich sehe seine Augen im Halbdunkel leuchten. „Schlimm?“ fragt er leise und mitfühlend. „Grauenvoll!“ antworte ich. Und mit ein paar knappen Sätzen erzähle ich ihm von den beiden letzten Wochen. Natürlich nichts, von dem Cruciatus, den mir meine Mutter auf den Hals gehetzt hat. „…und seit wann bist du in Godrics Hollow?“ „Erst seit gestern. Davor war Vollmond und danach bin ich gleich dort hin.“ „Bist du fertig, Padfoot?“ fragt James. Er hat alles gehört, was ich Moony erzählt habe und sieht echt entsetzt aus. „Nach dem, was du da erzählt hast, will ich nichts wie von hier raus.“ Remus drückt mir den Besen in die Hand und kurz darauf stürzen wir uns, einer nach dem anderen, auf unseren Fluggeräten aus dem Fenster. Die Nachtluft ist herrlich erfrischend und kühlt meinen erhitzten Körper. Nach meinem kurzen Zusammenbruch an James Schulter habe ich mich wieder beruhigt. Das Gespräch mit Remus und die Freiheit, hier am Himmel, tragen ein Übriges dazu bei. Schon bald habe ich meine übliche gute Laune wieder und fliege übermütig ein paar Loopings. Ich sehe es James an, dass er mir das gerne nachmachen würde, aber er muss es sich verkneifen, denn mein Koffer hat ein ganz schönes Gewicht und würde ihn sicher ins Trudeln bringen. Mein Freund lebt in einer recht abgelegenen Ecke von England und es dauert fast bis zum Morgengrauen, bis wir in Godrics Hollow ankommen. Der Himmel färbt sich schon rosa, als wir hinter seinem Elternhaus landen. Kurz darauf muss ich erkennen, dass James seine Eltern wieder mal nicht darüber informiert hat, was er tun will - wobei mich wundert, dass Remus dann überhaupt mitgemacht hat - denn als wir uns ins Haus schleichen wollen, flammt auf einmal in der Küche Licht auf und Mr Potter steht im Türrahmen. „Mein Sohn“, grollt er. „was hast du jetzt schon wieder angestellt? Als ich gestern Abend meinen Besen gesucht habe, war der weg, ebenso wie der deiner Mutter. Und als ich dann meinen Sohn und seinen Freund gesucht habe, waren die auch weg.“ „Dad“, sagt James lang gezogen. „Nicht sauer sein, ja, bitte?“ und er sieht ihn mit einem treuherzigen Hundeblick an. „Mr Potter, Sir“, sagt Remus. „wir haben uns solche Sorgen um Sirius gemacht. Er hat sich nicht gemeldet und wir wusste nicht was los ist.“ Mr Potter schaut von einem zum anderen und muss wohl plötzlich meinen doch recht jämmerlichen Zustand bemerken. „Sirius, mein lieber Junge, du siehst schrecklich aus“, meint er. „Was ist nur in den letzten vierzehn Tagen geschehen?“ Ich schaue ihm in die bebrillten Augen und entschließe mich sofort, ihm alles - außer von dem Cruciatus - zu erzählen. „…und als dann plötzlich Remus und James vor mir standen, war mir, als hätte sich eine Tür ins Paradies aufgetan“, ende ich. Mrs Potter ist während meiner Erzählung hinter ihren Mann erschienen und sagt nun: „Kommt erst mal rein und esst was. Du musst halb verhungert sein, Sirius, mein Lieber.“  Briefe I ch habe das Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein, als ich beim Frühstück in der Küche von Godrics Hollow sitze. „James, du hättest mir wirklich sagen sollen, dass du Sirius holen willst, ich hätte dir doch geholfen“, sagt Mr Potter gerade vorwurfsvoll. „Ich weis, Dad. Ich habe auch lange darüber nachgedacht. Aber unter welchem Vorwand, hättest du Sirius aus Grimmauld Platz herausholen wollen? Du kannst doch nicht einfach zu den Blacks hingehen und sagen: ‚Ey, Leute, ich hab gehört, dass ihr miese, schwarze Magier seid, also gebt mir Sirius mit’, oder?“ „Aber ich hätte ihnen eine Eule schicken können und sie fragen können, ob Sirius den Rest der Ferien bei uns verbringen darf.“ „Yeah, Dad, klar. Und was, wenn sie einfach nein gesagt hätten? Damit wäre dann Padfoot auch nicht geholfen gewesen, oder?“ „Nun, wie auch immer, ich muss ihnen jetzt ohnehin schreiben und ihnen mitteilen, dass ihr Sohn bei uns ist…“ „Muss das sein, Mr Potter?“ platze ich heraus. „Was, wenn sie sagen, dass ich wieder heimkommen muss.“ Sofort muss ich wieder weinen. Der Gedanke an eine baldige Rückkehr nach Grimmauld Platz ist einfach zu schrecklich. „Ich weis nicht, was ich dann tun soll“, schniefe ich verzweifelt. Mrs Potter eilt auf mich zu und nimmt mich liebevoll in den Arm. „Nicht weinen, mein Junge, Mr Potter wird den Brief schon so abfassen, dass du hier bleiben kannst. Oder, mein Lieber?“ fragt sie mit einem scharfen Ton ihren Mann. „Aber natürlich. Mach dir keine Sorgen, mein Junge, du wirst den Rest des Sommers hier bleiben – Wie ist es Jungs? Ihr wart die ganze Nacht wach. Wollt ihr noch ein paar Stunden schlafen?“ James gähnt und auch Remus sieht müde aus, aber ich habe die letzten vierzehn Tage kaum etwas anderes getan, als zu schlafen und bin eigentlich hellwach. Trotzdem nicke ich wie die beiden anderen und gehe mit ihnen nach oben in James Zimmer. Kaum liegt der in seinem Bett, ist er auch schon eingeschlafen. Remus ist jedoch noch wach und bereit, mit mir reden. „Hältst du mich jetzt für ein Weichei, weil ich heute gleich zweimal geheult habe?“ will ich flüsternd von ihm wissen. „Nee. Du bist sicher kein Weichei. Wenn ich solange alleine irgendwo eingesperrt gewesen wäre, hätte ich mir wahrscheinlich das Leben genommen. Aber du hast durchgehalten und auch noch ohne durchzudrehen“, antwortet er. „Danke, Moony. Meinst du dass James…?“ „Nee. Der war fast verrückt, als ich hier ankam. Er hat sich wahnsinnige Sorgen um dich gemacht und hat mich unheimlich bequatscht, dass ich mitkomme, um dich zu holen. Als ich Einwände erhoben habe und gesagt habe, er soll das besser seinen Eltern überlassen, hat er auch geweint. Da habe ich mich dann breitschlagen lassen. Ich glaube, du weist gar nicht, wie sehr er an dir hängt … und ich auch … Weist du Sirius, eure Freundschaft bedeutet mir mehr, als alles andere auf der Welt und du solltest nicht böse auf mich sein, dass ich zuerst lieber vorsichtig sein wollte.“ „Nee, echt nicht. Ich kenn dich und du hast ja meistens auch Recht: Vorsicht ist der bessere Teil der Tapferkeit und außerdem bist du dann ja doch mitgekommen, um mich dort raus zu holen. Mensch, Moony, ich dachte, ich werde wahnsinnig, besonders als ich eine ganze Woche nicht sprechen konnte. Das war fast noch schlimmer als der Cruc - “ Beinahe wäre mir das rausgerutscht, was ich auf keinen Fall sagen wollte. „Der Cruc – Was?“ hakt Remus nach. „Vergiss es“, gebe ich rasch zurück. „Nee. Sag schon der Cruc-?“ „Verdammt, Moony, du musst mir versprechen, dass du nicht mit James darüber redest, der würde es seinem Vater sagen und dann wäre die Kacke echt am Dampfen.“ „Wenn du willst. Ich verspreche es. Ich werde James nichts sagen“, meint Remus mit feierlicher Stimme. „Der Cruciatus.“ „Du spinnst. Keiner spricht einfach so den Cruciatus aus. Das wäre verrückt. Das gäbe lebenslang Askaban.“ „Meine Mutter ist verrückt. Ich dachte, das weist du.“ „Na ja, du hast mal sowas gesagt, aber ich dachte, du sagst das nur so, wie man sowas halt sagt.“ „Nee. Ich hab das genau so gemeint. Meine Mutter ist verrückt, regelrecht wahnsinnig und sie hat den Cruciatus gegen mich eingesetzt.“ „Gegen dich“, ruft Remus entsetzt. James murmelt etwas, als er aber weiter schläft, spricht Remus leiser weiter. „Diese Irre hat den Cruciatus wirklich gegen dich angewandt?“ „Yeah. Sie war echt sauer auf mich.“ „Aber das ist doch kein Grund, diesen Fluch gegen den eigenen Sohn einzusetzen…“ Moony fehlen die Worte. „Nee, hat sie aber. Darum möchte ich auch nicht, dass die Potters was davon erfahren. Ich hasse meine Mutter, echt Moony, ich hasse sie. Aber Askaban? Nee. Bei allem, was man davon hört, ist das der schrecklichste Ort der Welt.“ „OK, Padfoot, ich werde nichts sagen, versprochen, aber du solltest zusehen, dass du dich nicht selbst verplapperst.“ Kurz darauf fallen mir dann doch die Augen zu und ich schlafe ein – genau wie Remus. Als ich wieder wach werde, liegt Orion in meinen Kniekehlen und schnurrt. Meine beiden Freunde schlafen noch. Ich greife nach meinem Katerchen, drehe mich auf den Rücken und lege ihn auf meine Brust. Seine gelben Augen funkeln mich an, nicht wütend oder beleidigt. Er scheint sich zu freuen, dass er wieder bei mir sein kann. Ich kraule versonnen sein Fell und er schnurrt wohlig weiter. Der Kummer der letzten zwei Wochen ist nun völlig von mir abgefallen und ich fühle mich ausgesprochen wohl. Wenn Mr Potter mir verspricht, dass ich hier bleiben darf, dann wird das wohl auch so sein – Ferien - Endlich tritt das Gefühl von Freiheit bei mir ein. Zuhause war es nur ein Empfinden der Leere. James wird unruhig und dreht sich hin und her. Er hat noch was gut bei mir, von Weihnachten. Ein diebisches Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht und ich schubse Orion von mir runter, dann stehe ich leise auf und husche zu James Bett hinüber. Ein verstohlener Griff und ich habe ihm seine dünne Decke weggezogen. Er schreckt hoch und blinzelt mich halbblind an. „Padfoot“, gähnt er. „Ausgeschlafen?“ „Yeah und zu jeder Schandtat bereit.“ „Lass uns Moony aufwecken.“ Ich schnappe mir auch die Zudecke von Remus und James beginnt ihn gnadenlos zu kitzeln. Moony ist natürlich sofort wach und kurz darauf sind wir in eine wüste Rangelei verstrickt. Wir lachen, kichern und kreischen, hauen uns gegenseitig die Kissen um die Ohren. Vorsichtiger dieses Mal und keine Federn fliegen durch die Gegend. Die Tür geht auf und Mr Potter schaut rein. „Wieder wach, Jungs?“ fragt er lächelnd. Wir grinsen ihn alle drei an und nicken. „Gut“, meint er. „Sirius, ich muss mit dir reden – alleine - zieh dich bitte an und komm runter, ja?“ „Mach ich, Sir.“ Er sitzt mit seiner Frau in der Küche und beide haben eine recht undurchdringliche Miene aufgesetzt. Nach einem prüfenden Blick frage ich: „Ich muss doch wieder nach Hause, oder?“ „Nein, mein Junge“, sagt Mrs Potter, aber sie klingt nicht zufrieden, „du kannst bleiben...“ „…aber den Brief, den deine Mutter mir geschrieben hat, solltest du wohl besser selbst lesen…“ fährt Mr Potter fort und gibt mir eine Pergamentrolle. Sehr geehrter Mr Potter, sagen sie diesem kleinen Bastard, dass er nicht mehr länger mein Sohn ist, wenn er nicht das tut, was ich von ihm verlangt habe. Soll er doch hingehen, wo hin er will und sei es zum Teufel. (Ich denke jedoch nicht dass der ihn haben will) Ich will ihn im edlen und uralten Haus der Black nicht mehr sehen. Ich wünsche ihnen viel Vergnügen mit dem verfluchten Bengel... Hochachtungsvoll Kassiopeia Black Nun, ich bin ihre Beleidigungen gewohnt. „Was sagst du dazu, mein Junge?“ fragt Mr Potter mit einem bedrückten Blick. „Nun, nach den Maßstäben meiner Mutter, ist dieser Brief direkt höflich.“ „Höflich…?“ platzt Mrs Potter erschrocken heraus. „Höflich? Sirius, mein Junge, du bist uns immer willkommen, hier in Godrics Hollow, solange du hier bleiben willst.“ „Meine Frau hat Recht. Aber was ist es, das deine Mutter von dir will, dass du es tust?“ „Ich soll an Professor Dumbledore schreiben und ihm mitteilen, dass ich ins Slytherin Haus verlegt werden will. Ich will aber in Gryffindor bleiben!“ stoße ich fast wütend aus. „Dann ist jetzt Klugheit gefragt, mein Junge. Warum schreibst du nicht wirklich an Dumbledore und schilderst ihm deine Situation? Er ist ein verständnisvoller Mann und wird dich sicher nicht gegen deinen Willen in ein anderes Haus versetzten. Der Sprechende Hut hat dich schließlich nach Gryffindor gewählt und er hat sicher seine Gründe dafür gehabt“, führt Mr Potter aus. „Meinen sie, er wird meiner Mutter das Richtige schreiben?“ „Wenn du ihn darum bittest…“ „Danke, Sir, der Rat ist echt gut. Werde ich tun. Vielleicht hilft mir Remus bei dem Brief, der kann sich immer so gut ausdrücken.“ „Dann mach das so, mein Junge“, sagt Mr Potter und will die Küche verlassen. Er öffnet die Tür und herein purzeln - Remus und James! Mr Potter lacht laut auf. „Damit hätte ich rechnen sollen, dass meinen Sohn die Neugierde plagt. Kommt rein, ihr beiden, ihr könnt Sirius bei seinem Brief helfen.“ Nach einigem Hin und Her, langen Überlegungen und guten Ratschlägen von allen Seiten kommt dieser Brief zu Stande: Lieber Professor Dumbledore, ich schreibe ihnen aus dem Haus von James Potters Eltern in Godric Hollow. Ich bin von zu Hause weg, weil meine Eltern mich zwingen wollen, Sie zu bitten, dass ich nach Slytherin wechseln kann. Das will ich aber nicht. Ich wollte immer nach Gryffindor und fühle mich dort auch wohl. Können Sie nicht meiner Mutter schreiben, dass ein solcher Wechsel nicht möglich ist, wo mich doch der Sprechende Hut nach Gryffindor gewählt hat? Bitte helfen Sie mir. Mit freundlichem Gruß Sirius Black Dann harren wir auf eine Antwort. Sie lässt nicht lange auf sich warten und kommt schon ein paar Stunden später: Lieber Sirius, mach Dir keine Sorgen. Du bist und bleibst in Gryffindor. Wo kämen wir denn dahin, wenn jetzt schon die Eltern die Häuser ihrer Kinder bestimmen wollten und nicht ein unabhängiger Richter? Ich habe deiner Mutter einen entsprechenden Brief geschrieben. Mit freundlichen Grüßen Albus Dumbledore PS. Viel Spaß mit deinen Freunden Ein weiterer Brief meiner Mutter kommt kurz darauf an. Voller wütender Seitenhiebe und beißenden Beleidigungen, aber ich darf in Godrics Hollow bleiben und auch wieder nach Hause kommen (nicht, dass ich großen Wert darauf legen würde) und zähneknirschend, gesteht sie mir endlich auch das Recht zu, in Gryffindor zu bleiben.  Ferienerlebnisse D as Wetter ist herrlich warm und James schlägt vor, dass wir zum Schwimmen gehen. Wir starren ihn eine Weile nur wortlos an. „Aber ... aber, Prongs“, stammelt Remus. „Ich kann doch gar nicht schwimmen.“ „Ich auch nicht“, muss ich zugeben. „Wo liegt das Problem? Dann bringe ich es euch einfach bei.“ Wir packen ein paar Sachen zusammen und James führt uns an einen einsamen See. Er ist weder besonders groß, noch besonders tief. Uralte Weiden stehen drum herum. Remus und ich haben keine Badehosen und James hat uns welche geliehen. Zum ersten Mal sehe ich die Narben von denen Remus gesprochen hat. Seine Arme und Beine sind übersät damit. Er sieht meinen prüfenden Blick und sagt: „Autoaggression. Hab euch doch davon erzählt.“ „Yeah“, meine ich. „aber dass es so viele sind, hatte ich mir nicht vorstellen können.“ „Nun, ich bin seit acht Jahren ein Werwolf und das sind rund hundert Vollmondnächte. Eine Menge Zeit für eine Menge Narben … Nun, sie heilen recht schnell … Werwolfsblut …“ Ich frage nicht weiter und mein Blick fällt auf James, auch seine Oberschenkel sind hinten mit Narben übersät. Er grinst mich schief an. „Bevor du fragst, Padfoot, nee, ich bin kein Vampir oder so. Ich bin als kleines Kind in eine Brombeerhecke gefallen, als ich vom Kirschbaum unseres Nachbarn gestürzt bin.“ „Was wolltest du denn im Kirschbaum des Nachbarn?“ fragt Remus mit einem scheinbar unschuldigen Grinsen. „Na was wohl?“ gibt James grinsend zurück. „Kirschen klauen … Es hat ein paar Stunden gedauert, bis Mum alle Dornen entfernt hatte und sie war nicht gerade zimperlich dabei und die spöttischen Kommentare von meinem Dad könnt ihr euch sicher vorstellen. Ich bin nie wieder in einen fremden Baum geklettert.“ Wir lachen alle drei. Nun, so interessante Narben wie meine beiden Freunde habe ich nicht aufzuweisen und bin ein wenig neidisch darauf. Wir steigen vorsichtig ins Wasser. James paddelt auf den See hinaus. Er schwimmt genauso gut, wie er fliegt. Schließlich dreht er um und krault zu uns zurück. Wir stehen zögernd bis zur Taille im Wasser und wissen nicht recht, was wir tun sollen. James richtet sich auf und spritzt uns mit gewaltigen Wellen nass. Das können wir uns natürlich nicht gefallen lassen und spritzen zurück. Sofort ist die schönste Wasserschlacht im Gange. Nun, Schwimmen haben wir an diesem Tag nicht mehr gelernt, aber nass geworden sind wir gründlich – alle Drei. Schließlich liegen wir auf unseren Handtüchern am Ufer und lassen uns die Sonne auf die Bäuche scheinen. Wir sind träge und faul, die Nacht war lang und wir haben am Vormittag nur ein paar Stunden geschlafen. Dann das nervenaufreibende Warten auf Dumbledores Antwort. Uns fallen die Augen zu. Als wir wieder aufwachen, brennt mein ganzer Körper – ein wundervoller, knallroter Sonnenbrand überzieht meine Haut – und nicht nur die Meine. James und Remus schauen auch nicht besser aus. „Oh, Mann“, seufzt James, „Mom wird meutern, wenn sie uns so sieht.“ Seine Mum meutert nicht. Als sie unsere rot gebrannten Arme sieht, gibt sie uns einfach nur eine stinkende Flüssigkeit, mit der wir uns einreiben sollen. Recht schuldbewusst trappen wir in James Zimmer hinauf. Wir schmieren uns das komische Zeug auf die Haut und der Geruch ist echt schrecklich, aber es kühlt und das Brennen und Jucken lässt sofort nach. „Hilfst du mir mal, Padfoot?“ fragt James. „Ich komme an meinen Rücken nicht dran.“ Und gibt mir das Fläschchen. Er stellt sich vor mich hin und ich verteile die Essenz auf seinem Rücken. Ein eigenartiges Gefühl meinen Freund so zu berühren, aber seine Haut sieht wirklich schrecklich aus. „Du auch?“ fragt er, als ich fertig bin. „Yeah. Mein Rücken brennt wie Feuer.“ Er verarztet mich, wie ich ihn. Sofort lässt das Brennen nach, aber seine Finger hinterlassen ein seltsames Gefühl. Plötzlich fängt Moony an zu kichern. Er ist viel beweglicher als wir beide und hat sich den Rüchen selbst eingerieben. „Was lachst du?“ fragt James pikiert. „Ein Werwolf mit Sonnenbrand“, prustet Remus. „Wenn das nicht komisch ist.“ James schaut mich an, ich schaue James an, dann werfen wir beide Remus einen Blick zu. Sein treubraver, belustigter Gesichtsausdruck, wie er so mit dem Fläschchen in der Hand dasteht, ist wirklich zu drollig und wir prusten los. Wie wir es häufig tun, schlagen wir uns gegenseitig auf den Rücken und zucken zusammen, es brennt scheußlich. Remus muss noch mehr lachen, als er unsere gequält - erschrockenen Mienen sieht. Wir albern rum, bis Mr Potter nachschauen kommt, warum wir einen solchen Lärm veranstalten. Er sieht drei halbnackte, sonnenver-brannte Jungs, die sich kaputt lachen und blöde Sprüche von sich geben. „Nun“, sagt er und seine Augen funkeln fröhlich. „Euch geht es offensichtlich wieder gut. Wenn ihr so weit seid, könnt ihr zum Essen runter kommen…“ Das Wetter bleibt gut und wir gehen weiterhin zum See. Allerdings sind wir mit der Sonne nun vorsichtiger und mit der Zeit lernen Remus und ich auch zu schwimmen. Dann zeigt James uns, wie man an den hängenden Ästen der alten Trauerweiden schaukeln kann. Er hält sich an einem Bündel Zweige fest, nimmt Anlauf und schwingt sich dann so weit wie möglich auf das Wasser hinaus. Hat sein Bogen die höchste Stelle erreicht lässt er los und klatscht in den See. Es sieht aus, als würde es Spaß machen. Das tut es auch. Man muss nur aufpassen, dass man kein Wasser schluckt, wenn man in den See fällt … denn genau das passiert mir beim ersten Mal. Ich denke nicht daran, die Luft anzuhalten, als das Wasser sich über mir schließt und komme hustend und spuckend wieder hoch. Ich kann noch nicht so toll schwimmen und bekomme Panik, als ich nicht gleich wieder Luft kriege. Sofort ist James neben mir und zieht mich aus dem See. Er klopft mir auf den Rücken, bis ich das verschluckte Wasser wieder ausspucke. „Mensch, Padfoot“, sagt er, „du musst die Luft anhalten, wenn du dich in den See fallen lässt. Ich dachte, das müsste dir klar sein.“ „Jetzt schon“, keuche ich. Es sticht in meiner Brust und tut gemein weh. „Leg dich erst mal ein bisschen auf dein Handtuch“, schlägt Moony vor, „bis es dir wieder besser geht.“ Gute Idee. Ich nicke zustimmend. Er grinst uns an, springt zu den hängenden Zweigen hinauf und hält sich fest. Er nimmt Schwung und fliegt über das Wasser hinaus. Am höchsten Punkt lässt er los und breitet die Arme aus. Er fliegt wie ein unbeholfener Vogel und klatscht in voller Länge in den Teich. James muss auch ihn aus dem Wasser retten, denn der Aufprall hat Remus die Luft aus den Lungen geschlagen und sein Bauch und seine Brust sind davon knallrot. „Himmel, Freunde, auf euch muss man ja höllisch aufpassen, dass ihr euch nicht selbst umbringt“, keucht James, als er Remus aus dem See zieht. „Ihr müsst vorsichtig sein. Wasser ist unberechenbar. Klar es macht Spaß zu schwimmen und zu plantschen, aber man muss auch aufpassen, was man tut.“ „Woher kannst du eigentlich so Klasse schwimmen?“ will ich wissen. „Es ist nicht gerade eine gängige Fähigkeit bei Magiern.“ „Ich hatte früher zwei Freunde unter den Muggelkindern, zwei Brüder. Sie sind ungefähr zu der Zeit hier weggezogen, als ich nach Hogwarts kam. Die haben es mir beigebracht. Ihre Eltern mochten mich und haben mich oft mitgenommen, wenn sie was unternommen haben. Sie haben auch aufgepasst, dass uns nichts passiert und wir es nicht übertreiben.“ „Ach so“, meine ich nur. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, dass James auch schon Freunde hatte, als wir uns noch nicht gekannt haben. Aber wenn ich mich recht besinne, hat er sowas mal nebenbei erwähnt. Das Wetter wird schlechter, als der August vergeht. Remus ist wieder nach Hause gefahren, denn der Vollmond steht bevor und wir werden ihn erst im Hogwarts Express wieder sehen. Zum Schwimmen ist das Wetter zu schlecht geworden und James schlägt vor, dass wir auf dem verlassenen Grundstück wieder ein bisschen fliegen. „Weist du, Padfoot, ich möchte wissen, ob ich nächstes Jahr ins Quidditch Team von Gryffindor aufgenommen werde, wenn wir wieder in der Schule sind.“ „So wie du fliegst? Jederzeit, Prongs, jederzeit. Auf welcher Position möchtest du spielen?“ „Sucher. Klein, schnell, leicht. Das passt zu mir.“ Das stimmt. James ist wirklich nicht besonders groß. Keiner in seiner Familie ist es. Ich bin dagegen im letzten Jahr ganz schön ins Kraut geschossen und bin gut einen Kopf größer als er. Mrs Potter hat mal zu mir gesagt, ich sei ein hübscher Junge. Ich weis nicht, ob ich Wert darauf lege, hübsch zu sein. Meine Mutter ist wirklich schön, aber schrecklich eitel und verbringt die meiste Zeit vor dem Spiegel. Dort sucht sie eifrig nach Falten oder anderen Anzeichen des Alterns, die dumme Kuh. Nun, wenn ich mich mal im Spiegel betrachte, sehe ich wirklich ein ansprechendes Gesicht mit funkenden schwarzen Augen und gepflegten schwarzen Haaren, ein adretter Kurzhaarschnitt, den Mrs Potter mir verpasst hat. Wie gesagt, ich bin recht groß und habe eine drahtige, schlanke Figur. Bei James scheinen seine Körperteile noch nicht so recht zusammen zupassen, bei mir jedoch stimmen die Proportionen. James sieht noch sehr nach einem Lausebengel aus, ich schon eher wie ein Jugendlicher, obwohl ich sicher noch lange nicht ausgewachsen bin und ich muss zugeben, dass James auch etwas jünger ist als ich. Er war erst zehn, als er nach Hogwarts kam und hatte erst im Oktober Geburtstag. Ich bin kurz vor Ostern zwölf geworden. „Was ist?“ reißt mich James aus meinen Gedanken. „Gehen wir fliegen?“ „Klar, Prongs. Gute Idee.“ Den Rest der Ferien trainieren wir für James Pläne. Mir liegt nicht viel an Quidditch, da aber mein Freund sein Herz dran gehängt hat, helfe ich ihm gerne.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)