Verletzungen von iome (HG/SS-Story mit viel Drama, Action und auch ein bisschen Mystery) ================================================================================ 46.-50. Kapitel --------------- 46. Ach, war das eine schlechte Idee? Hermine beschloss noch in dem Augenblick, als er ihr sagt, dass er ihr diese Tränke hatte geben wollen, dass sie gehen würde. Sie erwiderte nichts, als er es ausgesprochen hatte, drehte sich um und unterdrückte Wut, ebenso wie Tränen und Enttäuschung. Sie schmiss die Tür nicht hinter sich zu. Sie warf nicht mit Sachen um sich und sie war sehr stolz darauf, dass die Verwandlung nicht einsetzte. Sie hatte sich im Griff. Nach fünfzehn Minuten hatte sie alle Sachen gepackt und ihre Tasche magisch verkleinert. Sie hoffte ihm nicht noch einmal zu begegnen und hatte auch tatsächlich Glück. Sorgsam und leise schloss sie sie Tür hinter sich, ebenso wie das Tor am Grundstück. Sie rannte nicht, aber sie lief eilig zum Rand der Appariersperre und war eine halbe Stunde nach Severus letztem Wort bereits nicht mehr in seiner Reichweite. Sie würde nicht wiederkommen. Nicht, wenn er sie nicht mehr haben wollte. Severus Suche begann erst, als sie bereits appariert war und blieb somit vorhersehbarer Weise erfolglos. Er war stundenlang von seinem Grundstück aus in jede Richtung gelaufen, hatte nach ihr gerufen, sie angefleht zurückzukommen und trotzdem blieb sie verschwunden. Erst als es bereits stockfinster war, lief er zurück ins Haus. Ohne Verzögerung stellte er sich in den Kamin und ließ sich nach Hogwarts bringen. Den Weg zu Albus’ Büro legte er rennend zurück. Dann fiel ihm Harry ein. Vielleicht war sie zu ihm gegangen. Er rannte weiter zum Gryffindorturm und verschnaufte nur, um einen normalen Anschein zu erwecken einige Sekunden. Dann sagte er dem Portrait das Passwort und stürmte in den Gemeinschaftsraum. „Potter, kommen Sie mit.“ sagte er ihn seinem gewohnt bissigen Ton. Harry war völlig verblüfft, stand aber schnell auf, als er den Gesichtsausdruck seines Lehrers sah. Er vermutete sofort richtig, dass es um Hermine ging. Snape raunzte ihm nach dem Ausgang zu. „Keine Fragen. Wir gehen zu Dumbledore.“ und Harry schwieg. Es musste etwas Ernstes sein. Snape sah besorgt aus und das kam nach Harrys Erfahrungen nicht sehr oft vor. „Karamellschokolade.“ rief er dem Wasserspeier zu und sofort erhielten sie Zugang zum Büro des Direktors. Es war jedoch leer und nur die Portraits der vergangenen Schulleiter waren anwesend, murmelten erstaunt vor sich hin, ob dieser Störung, mitten in der Nacht. „Bleiben Sie hier. Ich bin gleich wieder da.“ Mit diesen Worten verschwand Snape wieder durch die Tür und Harry blieb noch immer ahnungs- und ratlos zurück. Eines der Bilder wollte wissen, was dies hier sollte, doch Harry konnte nur mit den Schultern zucken und wahrheitsgemäß verkünden, dass er nicht die geringste Idee hätte. Es dauerte nicht lang, bis Snape, diesmal in Begleitung von Dumbledore, das Büro wieder betrat. „Nun los Severus, was gibt es so Dringendes?“ Auch dem Direktor schien er noch nicht verraten zu haben, warum sie hier waren. „Hermine ist weg und ich weiß nicht, wo sie hingegangen ist.“ Albus hörte sofort die Verzweiflung in seiner Stimme. „Langsam, Severus. Was ist passiert? Hermine würde ja wohl kaum ohne einen Grund weggehen.“ Harry, der für einen Moment völlig regungslos dagestanden hatte, nickte nun bekräftigend. Severus ließ sich in den Sessel hinter ihm sinken und in diesem Moment konnte man ihm seine Verzweiflung vollends ansehen. Er wusste, dass Albus nicht gutheißen würde, was er mit Hermine vorgehabt hatte. Das Harry Potter gleich auf ihn losgehen würde war ihm auch klar, doch es interessierte ihn nicht. „Ich habe versucht, sie in die Muggelwelt zurück zu bringen und das wollte sie nicht. Dann ist sie weggelaufen.“ „Was heißt das – sie in die Muggelwelt zurückbringen?“ Harry war alarmiert, dass Snape sich scheinbar absichtlich so ungenau ausdrückte. Für seine Nachfrage erntete Harry einen vernichtenden Blick. Trotzdem erhielt er eine Antwort. „Ich wollte ihr ermöglichen, wieder ein normales Leben zu haben.“ Er stockte kurz, dann wanderte sein Blick zu Albus. „Es gibt einen Trank, der einem alle magischen Fähigkeiten nimmt. Ich wollte ihn ihr kombiniert mit einem Vergessenstrank geben. Sie hätte wieder bei ihren Eltern leben und sich frei bewegen können. Kein noch so guter Schwarzmagier hätte sie finden können, sobald sie keine magischen Kräfte mehr hat.“ „Harry, würden Sie uns bitte entschuldigen? Ich muss mit Professor Snape allein reden. Bitte gehen Sie für heute zu Bett und überlegen Sie morgen, ob Sie wissen, wo Hermine sich aufhalten könnte. Kommen Sie zu mir, wenn Ihnen etwas einfällt. Das Passwort kennen Sie ja jetzt.“ Harry nickte bloß. Er war viel zu verwirrt um etwas anderes zu tun. „Gute Nacht, Harry.“ Dumbledore achtete sehr darauf, dass die Tür bereits geschlossen war, als er anfing zu Severus zu sprechen. „Severus, wie um alles in der Welt sind Sie auf diese völlig irrsinnige Idee gekommen?“ Dumbledore schürzte die Lippen, wie er es sonst nie tat. „Sie hat gelitten. Ich habe ihr doch alles weggenommen, was sie hatte. Keine Freunde, keine Familie und keine Bewegungsfreiheit mehr. Zudem bin ich noch dafür verantwortlich, dass sie ungewollt ein Animagus ist und nicht mal einer, der sich im Griff hat. Was hätte ich denn sonst tun sollen?“ „Mit ihr reden, Severus. Einfach mit ihr reden.“ Albus erhob sich. „Severus, was haben Sie sich nur dabei gedacht, sie nicht einmal zu fragen, ob sie das will? Zudem ist es nicht nur ihr gegenüber unverantwortlich, sondern auch uns allen. Sie ist eine der begabtesten Hexen seit Jahren und das auf mehr auf einem Gebiet. Jemanden wie sie zu verlieren würde für uns einen schweren Rückschlag darstellen.“ Severus erhob sich blitzartig und spuckte dem Schulleiter seine Antwort fast ins Gesicht. „Genau darum habe ich sie nicht gefragt und auch Sie nicht, Direktor! Hermine ist immer für alle da und sie ist bereit für andere alles zu opfern. Mir war klar, dass sie nie einwilligen würde. Sie weiß, dass ich sie brauche und dass der Orden sie brauchen wird als Aurorin und Lehrerin. Das alles wären Gründe für sie gewesen, zu bleiben, aber es wäre eindeutig besser für sie, in ihr altes Leben zurückzukehren. In zwei oder drei Monaten wäre sie wieder ein glückliches junges Mädchen gewesen, was sich in die Muggelwelt integriert hätte.“ Er ging zu seinem Sessel zurück. Egal, wie sehr er sich aufregte, es würde nichts bringen. Albus setzte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Sie vergessen dabei nur eines, Severus. Hermine liebt Sie und sie ist nicht geblieben, weil sie gebraucht wurde, sondern weil sie es so wollte. Sie hat bewusst diesen Weg gewählt und ja, sie hat viel aufgegeben und sie fand wohl, dass es das wert war.“ Er seufzte. Severus’ Lippen waren nur noch ein Strich. Er hatte sehr lange überlegt, ob er Hermine aufgeben konnte und ihm war bewusst, dass es schlimmer wäre, als jeder Alkoholentzug, sie nie mehr wieder zu sehen und berühren zu können, doch dann war er zu dem Schluss gekommen, dass es das einzig richtige wäre. Er wollte doch nur, dass sie glücklich würde. Jetzt war sie weg. So oder so. Er wusste nicht, wo er nach ihr suchen sollte und er hatte verdammt noch mal Angst um sie. „Und nun? Sie ist weg, Albus.“ „Hat sie die Tränke mitgenommen?“ Severus runzelte die Stirn und überlegte kurz. Bisher hatte er gar nicht darauf geachtet, aber er ging in Gedanken noch mal durch das Wohnzimmer. „Ja, sie hat sie eingepackt. Sie standen nicht mehr da, als ich zurück ins Haus kam.“ „Dann fürchte ich, dass wir sie verloren haben könnten.“ Albus Dumbledore war das erst Mal seit sehr sehr langer Zeit nahe daran aufzugeben. 47. Bloß ganz schnell weg hier Das Gespräch zwischen Albus und Severus endete spät nachts damit, dass sie sich einig darüber wurden, wo sie überall nach Hermine suchen wollten und das ein Teil des Ordens dabei helfen sollte. Harry würden sie ebenfalls einbinden, aber er sollte ihnen nur sagen, wo er sie vermutete. Hermine lief in die Richtung einer kleinen Gaststätte. Es war der erste Ort, der ihr eingefallen war, als sie von Snape-Manor wegging. Über der Wirtsstube waren einige kleine Zimmer, die sie sich wohl für ein paar Tage leisten konnte. Zu ihren Eltern wollte sie auf keinen Fall. Nicht nur, weil sie ihnen keine Erklärungen für ihr Auftauchen geben wollte, sondern auch, weil sie wusste, dass früher oder später Severus oder jemand vom Orden vor der Tür stehen würde. Sie wollte nicht zurück und sie wollte verdammt noch mal nicht mit Severus sprechen. Oder würde gar keiner nach ihr suchen? Immerhin konnte dieser Plan ja mit dem Orden abgesprochen sein. Und Severus hatte ja jetzt was er wollte. Er war sie los. Hermine betrat die Gaststätte und mietete sich ein. Hier kam ihr zu Gute, dass sie mit Bargeld zahlte und ein sehr erwachsenes Benehmen hatte und so nicht gefragt wurde, ob sie schon volljährig war. Wie ein Stich traf es sie in diesem Moment, als sie an die Uhr sah und begriff, dass sie soeben in der Zaubererwelt offiziell die Volljährigkeit erreichte. Sie unterdrückte die Tränen, bis sie in ihrem Zimmer war und ließ ihnen dann einige Zeit freien Lauf. Erst, als sie die ersten Anzeichen der Verwandlung spürte, zwang sie sich zur Ruhe. Doch Schlaf fand sie in dieser Nacht nicht. Viel zu viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie wälzte sich im Dunklen von einer Seite auf die andere. Was hatte sie nur falsch gemacht, dass Severus sie so endgültig von sich schob? Und was bedeutete das alles für sie und ihr weiteres Leben? Die Antwort auf die letzte Frage war ebenso endgültig, wie Severus Entschluss, sie loszuwerden. Außer Harry hatte nur Severus sie noch in der Welt der Magie gehalten. Ohne ihn sah sie nun keinen Grund mehr, noch länger einer drohenden Gefahr wie der, die von Voldemort ausging, ins Auge zu blicken. Sie beschloss in den nächsten Tagen die Nokturngasse aufzusuchen, einen Brief an Harry zu schreiben, einen an Severus, von dem sie noch nicht wusste, ob sie ihn losschicken würde, und sich dann einen Zauberer zu suchen, der sie in die Muggelwelt zu ihren Eltern brachte, wenn sie die Erinnerungen an die letzten sieben Jahre losgeworden war und nicht mehr zaubern konnte. Es war eine schreckliche Art Schluss zu machen, aber letztlich hatte Severus wohl Recht. Danach hätte sie zumindest noch ihre Eltern. Einen Schulabschluss würde sie schon auf die Reihe bekommen, selbst, wenn sie danach nur noch den Verstand einer Elfjährigen hatte. Es würde schon gehen. Und zumindest konnte sie dann wieder heule, ohne dass ihr Fell wuchs. Der Morgen dämmerte. Noch einmal drehte sie sich um und schlief dann endlich erschöpft ein. Weder Severus noch Albus noch Harry machten in dieser Nacht ein Auge zu. Jeder von ihnen grübelte, wo Hermine sich verstecken könnte. Natürlich würden sie morgen zuerst in ihrem Elternhaus nachfragen, aber keiner der drei glaubte wirklich daran, dass es so einfach wäre, sie zu finden. Harry vermutete, dass sie sich in der Muggelwelt befand und so kaum zu finden sein würde. Aber ihm schossen noch andere Gedanken durch den Kopf. Er durfte sich auf keinen Fall anmerken lassen, dass etwas mit Hermine war. Würde die Gegenseite es erfahren und Hermine gegebenenfalls vor ihnen finden, wäre dies mehr als fatal. Außerdem war er extrem wütend auf Snape, wusste aber auch, dass seine Wut nichts ändern würde. Jetzt ging es nur darum Hermine zu finden. Ron fand in dieser Nacht ebenfalls keinen Schlaf. Auch er war zu sehr von Geschehnissen abgelenkt um sich einfach fallen lassen zu können. Severus machte sich direkt nach dem Aufstehen daran Hermine zu suchen. Wenn sie diesen Trank nahm – und er war sich jetzt bei weitem nicht mehr so sicher, dass er das wollte – dann wollte er wenigstens dabei sein und sie zu ihren Eltern bringen. Aber erst einmal gab es nur eines, dass wichtig war: Sie zu finden! Hermine schlief bis nach dem Mittagessen. Sie ging trotzdem in die Gaststätte, in der Hoffnung, dass man ihr noch etwas auftischen würde. Sie hatte Glück. Während sie aß, grübelte sie unbewusst schon wieder über ihre Situation. Abends hatte sie vermutet, dass nach etwas Schlaf alles etwas anders aussehen würde, doch das war nicht der Fall. Sie war noch immer wütend, enttäuscht und verbittert und sie hatte noch immer vor, Severus Plan in die Tat umzusetzen. Doch nicht heute. Zuerst musste sie wenigstens Harry schreiben, dass es ihr gut ging. Sie glaubte nicht, dass er an diesem Plan beteiligt gewesen war. Wenigstens ein Freund war ihr geblieben. Einer, von einst so vielen. Das war wohl ein deutlicher Wink mit einem ganzen Zaun, dass Severus nicht einmal Unrecht zu haben schien. Während Dumbledore den Orden informierte, dass Hermine vermisst würde und wohl nicht gefunden werden wollte, saß sie in einem Bus in die Innenstadt. Sie kaufte sich einige Muggelsachen, da sie nur zwei Jeanshosen und ein paar Shirts besaß, die unauffällig genug waren, sie nicht als Zauberer zu verraten. Es war nichts Teures, aber es würde ihr helfen, hier zurecht zu kommen. Strikt vermied sie es, auch nur einen Zauber anzuwenden, der ihr Haar glättete oder irgendetwas zu ihr schweben ließ. Sie zauberte nicht mehr, in der Hoffnung, dass sie so nicht zu orten war. Der Bus hielt und sie stieg aus. Bis zu ihrer Unterkunft waren es nur zwei Straßen. Wie ironisch war es doch, dass Arthur Weasley ohne die Ordensbesprechung keine drei Blocks entfernt gearbeitet hätte, um ein verhextes Dreirad wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Unbehelligt ging Hermine zurück, kaufte im Vorbeigehen noch Briefpapier in einem Schreibwarengeschäft. Sie befand für sich selbst, dass sie sich recht gut hielt, in Anbetracht der Tatsache, dass sie vermutlich von Todessern gejagt und vom Orden gesucht wurde. Die Briefe verschob sie auf den nächsten Tag, ebenso, wie einen ersten Besuch in der Nokturngasse. Der Schlaf an diesem Abend kam schnell und gnädigerweise ohne Träume. Severus schlief auch in dieser Nacht nicht. Er war es gewohnt. Mehr als einmal hatte es Missionen für den Orden gegeben, die tagelang andauerten, aber nie hatten sie ihn so geschlaucht. Es gab nichts Schlimmeres, als das hier, was man ihm hätte antun können. Hermine war nicht zu finden. Weder im Haus ihrer Eltern, noch in Hogsmeade, der Winkelgasse oder irgendeinem anderen Punkt, an dem sie gesucht hatten. Harrys Vermutung, dass sie in der Muggelwelt abgetaucht war, schien also richtig zu sein. Das brachte ihn um den Verstand. Sie war schutzlos da draußen und wenn sie nicht ein wenig Glück hätten, würden Voldemorts Anhänger sie vielleicht eher finden, als er oder der Orden. Er hatte sogar versucht über Legilimentik mit ihr in Kontakt zu treten, aber entweder sie konnte ihn nicht hören, oder aber sie antwortete bewusst nicht. Die Situation war aussichtslos. Während alle anderen zumindest versuchten etwas Schlaf zu finden, schlichen im Schloss zwei Gestalten im Dunkeln umher. Eine, die zielstrebig ihren Weg ging und eine, die ihr unauffällig zu folgen versuchte. 48. Schlechte Angewohnheiten wird man nicht so schnell los Harry machte sich von Tag zu Tag mehr Sorgen um Hermine. Sie war jetzt seit vier Tagen weg und er hatte kein Lebenszeichen von ihr erhalten. Severus lief umher wie ein Gespenst und schien nicht mehr geschlafen zu haben, seit sie gegangen war. Selbst Albus und Minerva sahen schlechter aus, als gewöhnlich. Sie hatte alle Mittel eingesetzt um sie zu finden ... und bisher kläglich versagt. Im gesamten Orden herrschte Aufruhr und alle waren beunruhigt, auch wenn niemand außer Severus, Harry, Albus und Minerva die ganze Geschichte kannte. Die einzig beruhigende Tatsache war, dass auch die Todesser sie bisher nicht gefunden zu haben schienen. Sonst wäre ihre Leiche längst aufgetaucht. Die Hoffnung sie zu finden, schwand jedoch von Tag zu Tag. Am frühen Morgen des fünften Tages beschloss Hermine endlich ihren Plan in die Tat umzusetzen. Sie hatte den Brief an Harry bereits vor Tagen geschrieben. Mit dem Bus fuhr sie so nah wie möglich an den Zugang der Winkelgasse heran und huschte dort in aller Eile aufs Postamt. Sorgsam blickte sie sich um, ob sie auch nicht beobachtet wurde, doch sie schien nahezu allein zu sein. Nur ein sehr alt aussehender Zauberer mit einer riesigen Pfeife im Mund war um diese Zeit schon unterwegs. Hermine hatte beschlossen, Severus nicht zu schreiben. Ja, sie vermisste ihn und ja, sie war traurig, über das was er versucht hatte, aber sie brachte es nicht fertig, ihm zu schreiben. Irgendetwas in ihr war zerbrochen, als er ihr die Tränke einflössen wollte. Etwas, was nicht wieder gekittet werden konnte. Die Eule flog weg und nachdenklich starrte sie ihr hinterher. Jetzt kam der weitaus gefährlichere Teil ihres Plans. Sie musste in die Nokturngasse gehen und einen Zauberer finden, der halbwegs vertrauenswürdig schien und dafür sorgte, dass sie ihr Gedächtnis und ihre Kräfte auch wirklich verlor und heil zu ihren Eltern kam. Die Nokturngasse war schon ein gefährlicher Ort, wenn man ein ganz normaler Magier war, aber für eine muggelgeborene Hexe, die vermutlich von Todessern gesucht wurde, war es fast schon wahnsinnig zu nennen, diesen Ort überhaupt zu betreten. Es war deshalb nicht verwunderlich, dass Hermines Innerstes sich dagegen sträubte und sie es einfach nicht fertig brachte in die Gasse zu gehen. Immer wieder blieb sie stehen und letztlich wandte sie sich um, rannte davon und setzte sich in ein kleines Cafe. Nach einem Cappuccino beschloss sie die Sache noch einmal in Angriff zu nehmen. Als am Nachmittag eine Eule am Fenster des Gryffindorgemeinschaftsraumes klopfte, war nur Ginny dort. Sie öffnete das Fenster und ließ das Tier herein. Als sie sah, dass der Brief in Hermines Handschrift an Harry adressiert war, zog sie ihn der Eule schnell weg und scheuchte sie wieder hinaus. Mit einem schnellen Wink ihres Zauberstabes öffnete sie den Umschlag, las den Brief und tütete ihn geschickt wieder ein. In diesem Moment betrat Ron den Raum. „Hallo Schwesterchen, was hast Du denn da?“ „Nur einen Brief.“ „Und an wen?“ „Harry. Ich lege ihn hier hin.“ Sie lehnte ihn gut sichtbar an ein Buch auf dem Tisch. Ron tat, als wäre ihm nichts gleichgültiger und ging in den Schlafsaal, um sich umzuziehen. Auch Ginny ging. Sie verließ den Turm um nachzudenken. Als Harry den Gemeinschaftsraum betrat bemerkte er den Brief nahezu sofort. Hermines Handschrift prangte darauf. Er wusste nicht, wie der Brief hier her kam, doch allein seine Existenz beruhigte ihn. Schnell riss er das Kuvert auf und las. Hallo Harry, ich vermute, dass Du nach mir suchst und wahrscheinlich auch ein paar andere Leute. Bitte lasst es sein. Es tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde, aber ich brauchte Zeit zum nachdenken. Sicherlich kennst Du inzwischen Severus wahnwitzigen Plan, mich zu einem Muggel zu machen. Ich will ihm keine Vorwürfe machen, denn eigentlich hat er Recht. Jetzt, wo er mich nicht mehr will, sehe ich keinen Grund, noch eine Hexe zu bleiben. Vielleicht kann ich wirklich noch einmal von vorn anfangen. Wenn Du das liest, werde ich schon meine Kräfte und auch mein Gedächtnis verloren haben und bin dann wieder bei meinen Eltern. Ich denke es ist besser so. Es tut mir furchtbar leid, dass wir uns nicht persönlich verabschieden konnten. Ich bin Dir sehr dankbar, weil Du die ganze Zeit für mich da warst. Bitte grüße Albus und Minerva und auch den Rest des Ordens von mir. Vertrage Dich wieder mit Ron und Ginny. Sie hatten letztlich sogar Recht! Sei nicht traurig, denn ich habe jetzt die Chance ein normales Leben zu beginnen. Alles Liebe, Hermine In Harrys Augen hatten sich beim Lesen Tränen gebildet. Jetzt flossen sie unkontrolliert. Er hatte seine beste Freundin verloren. Eilig faltete er den Brief zusammen und rannte aus dem Raum. Nur wenige Minuten später stand er vor Dumbledores Büro, sagte den Wasserspeier das Passwort und wischte sich die Tränen aus den Augen, so gut es eben ging. Dumbledore saß mit Minerva gemeinsam in den Sesseln und beide sahen betrübt aus. Sie schreckten auf, als sie Harry und den Zustand, in dem er war, sahen. „Was ist los, Harry?“ fragte Dumbledore. „Hier, Professor. Lesen Sie. Der ist von Hermine.“ Dumbledore griff den Brief und las ihn direkt gemeinsam mit Minerva. Beide waren zutiefst erschüttert und auch Minerva liefen die Tränen, als sie fertig war. Sogar der Direktor hatte ein feuchtes Glitzern im Auge. „Harry, darf ich Sie um etwas bitten?“ „Ja, Professor, natürlich.“ „Bringen Sie den Brief zu Professor Snape. Auch wenn das alles sehr schlimm für uns alle ist, so ist es doch auch ein Lebenszeichen und wir wissen, dass sie es letztlich so wollte. Er muss das wissen.“ „Aber... heißt das etwa, dass wir jetzt nicht mehr nach ihr suchen?“ „Ich fürchte, dass heißt es, Harry. Es hätte auch gar keinen Zweck mehr. Sie ist jetzt ein Muggel und wüsste nicht mehr, wer wir sind, oder das die magische Welt überhaupt existiert. Das Gute ist, dass sie nun auch von den Todessern nicht mehr gefunden werden kann und auch keinen Wert mehr für sie hätte.“ Er deutete auf den Brief in Harrys Hand. „Bitte sagen Sie dem Professor, dass er zu mir kommen soll, wenn er es gelesen hat.“ Harry war nun noch entsetzter, als zuvor. Bis jetzt hatte er noch gehofft, der Direktor hätte eine Lösung parat, einen Trank, der Hermine ihre Kräfte zurückgab. Jetzt, wo sie doch wussten wo Hermine war, da mussten sie doch etwas unternehmen. Minerva sah ihm seine Verzweiflung an und zog ihn zu sich. „Schon gut, Harry. Es geht ihr doch gut. Wir können nichts tun, als ihr ein schönes Leben zu wünschen. Ich weiß es ist schwer, aber wir werden das alle schaffen.“ Als Harry sich beruhigt hatte, griff Dumbledore nach dem Brief. „Ich denke, ich werde das besser selbst erledigen. Gehen Sie zu Bett, Harry. Sie können nichts mehr tun.“ Severus Snape saß wie ein Häuflein Elend zusammengesunken in einem Sessel. Als Albus klopfte, merkte er, dass die Tür aufstand und so ging er einfach hinein. Albus hatte Severus schon oft in schlechtem Zustand gesehen, aber das hier war nichts körperliches, sondern nur seelisch. Er machte sich selbst Vorwürfe und schien in den letzten Tagen nicht geschlafen, sich gewaschen oder gekämmt zu haben. Es versetzte Dumbledore einen Stich, ihm jetzt diesen Brief überbringen zu müssen. Einen, der noch nicht einmal einen Gruß an ihn enthielt und doch so wichtig für ihn war. Severus brauchte nicht aufzusehen, um zu wissen, wer seine Räume betrat. „Wo ist sie?“ Er sah Albus nicht an. „In ihrem Zuhause. Sie hat Deinen Plan umgesetzt und vorher einen Brief an Harry geschrieben.“ Schweigen. „Möchtest Du ihn lesen, Severus?“ „Nein, ich möchte nur noch allein sein. Bitte gehen Sie.“ Severus starrte weiter auf einen Punkt am Fußboden. „Nein, ich glaube nicht, Severus. Du wirst Dummheiten machen, wenn ich jetzt gehe. Entweder hext Du dir selbst einen Fluch auf den Hals oder vergiftest Dich oder fängst wieder an zu trinken.“ „Zu spät.“ Er hob die Hand, welche bislang hinter der Lehne des Sessels verborgen gewesen war und Albus konnte das halbleere Whiskeyglas sehen, das sie hielt. „Nein, Severus, dass würde sie nicht wollen. Stell es weg.“ „Ich denke nicht daran. So ist alles viel erträglicher. Gehen Sie jetzt, oder ich werde Sie mit einem Fluch hier raus verbannen. Ach und Direktor: Sie werden einen Ersatzlehrer für mich brauchen. Ich werde keinen Unterricht mehr halten, ebenso wenig, wie ich noch länger für den Orden arbeiten werde.“ Albus schritt auf ihn zu, trotz der Warnung. „Das bringt doch nichts, Severus. Sie ist nicht tot, sie ist nur zum Muggel geworden. Es geht ihr gut.“ „Ich weiß. Genau wie ich wusste, dass ich wieder anfangen würde zu trinken, als ich beschloss, ihr diese Mittel zu geben. Ich habe sie verloren. Wenn ich mich nicht betrinke, gehe ich daran kaputt. Es bringt nichts, mit mir zu diskutieren. Außerdem brauchen Sie mich sowieso nicht länger. Voldemort vertraut mir nicht mehr, ich bin nutzlos für Sie geworden. Ich werde also sicher nicht mehr lang genug leben, als dass mir der Alkohol schaden könnte. Gehen Sie jetzt endlich, alter Mann. Ich will mein Elend genießen.“ Albus sah ihn betrübt an. Er hatte es fast schon vermutet, doch nicht wahrhaben wollen. Severus hatte für Hermine ganz bewusst sein Leben aufgegeben. Doch er konnte nichts tun. Nicht jetzt. Vielleicht nie mehr. Er schloss leise die Tür hinter sich. Drinnen zerschellte das Glas, welches Severus gerade noch in der Hand gehalten hatte, an der Tür. 49. Beschlossene Sache Hermine gab sich einen Ruck und betrat nach langen Stunden gegen Mittag nun doch die dunkle Gasse vor ihr. Hier gab es unzählige zwielichtige Gestalten. Keiner davon wollte sie zu nah kommen. Manche boten ihr die widerlichsten Waren oder Dienstleistungen an, die Hermine sich vorstellen konnte, manche fragten sie, was sie zu bieten habe und nur wenige schlichen ohne einen Blick vorbei. Sie wusste, dass sie hier jemanden finden musste. Kein anständiger Zauberer würde ihr bei dieser Sache helfen. Sie zwang sich den Leuten ins Gesicht zu sehen. Keine der Gestalten machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Urplötzlich legte ihr jemand die Hand auf die Schulter. „Was machen Sie hier junges Fräulein? Das hier ist nicht der richtige Ort für jemanden wie Sie.“ Hermine war zwar leicht erschrocken, aber als sie sich umdrehte, sah sie ein Gesicht, was weniger abschreckend und grausig war, als das der anderen hier. Sie kannte die Frau nicht, die sie angesprochen hatte, doch sie schien ihr nichts tun zu wollen. „Ich suche Hilfe in einer privaten Angelegenheit.“ „Hier? Sind Sie verrückt?“ „Ja, hier. Ich brauche jemanden, der sich mit Gedächtniszaubern auskennt und mir hilft, mein eigenes Gedächtnis zu manipulieren.“ „Mädchen, wenn Sie das hier jemandem sagen, dann werden Sie von den bösesten Gestalten umringt, bevor Sie bis drei zählen können. Was die mit Ihnen machen, wenn Sie ihr Gedächtnis verändert haben, muss ich Ihnen wohl nicht sagen. Kommen Sie mit.“ Und schon wurde Hermine von der Hexe mit sich gezogen. Nach ein paar Minuten fand sie sich in einem niedrigen dunklen Raum wieder, der nach Mottenpulver und Schimmel roch. „Haben Sie Geld, Mädchen?“ „Hermine. Mein Name ist Hermine und ja, ich habe Geld.“ „Wie viel?“ „Genug, um Sie zu bezahlen, wenn Sie mir helfen.“ „Woher willst Du dummes Ding wissen, was meine Hilfe kostet?“ „Ich habe fünfzig Galleonen. Das sollte genügen.“ Die Hexe zog überrascht eine Augenbraue nach oben „Und was soll ich tun?“ „Ich will dass Sie mein Gedächtnis manipulieren und mich zu meinen Eltern bringen, das ist alles?“ Die Hexe lachte laut auf und Hermine wurde es etwas mulmig. „Das ist alles? Dafür 50 Galleonen? Dafür könntest Du Dir die besten Erinnerungen kaufen, die man sich vorstellen kann und Du willst scheinbar nur ein paar vergessen.“ Das Lachen nahm kein Ende. „Nicht ein paar. Ich will die letzten sechseinhalb Jahre vergessen und alles, was mit Magie zusammenhängt. Ich will, dass Sie mein Gedächtnis so verändern, dass ich nichts mehr weiß, von all dem hier.“ Sie deutete weitläufig um sich. „Das ist nicht machbar. Dazu braucht man mehr, als nur ein paar Tricks der Legilimentik, wie ich sie kenne. Dazu braucht man einen Trank.“ Sie zögerte kurz, doch dann griff Hermine in ihre Tasche und zog die drei Fläschchen heraus. „Einen davon?“ Die Augen der Hexe weiteten sich. „Woher .... ? Der ist verboten und so schwer ...“ „Das ist egal. Einer davon wird mich zum einschlafen bringen. Den werde ich selbst nehmen. Dann sollen Sie mir den Gedächtnistrank verabreichen und mir die Erinnerungen nehmen. Anschließend geben Sie mir diesen hier“, sie zeigte auf das dritte Fläschchen. „und bringen mich zu meinen Eltern.“ „Wo sind die?“ „Im Muggel-London. Sie müssen ihnen nur diesen Brief geben, dann können Sie gehen und das Geld gehört Ihnen.“ „Warte hier Mädchen und schreibe mir genau auf, wo ich Dich hinbringen soll. Ich muss mich vorbereiten, bevor ich Dein Gedächtnis verändere. Ich bin in einer Stunde zurück.“ Hermine seufzte schwer, nachdem die Tür zufiel. Sie zog die bereits fertige Wegbeschreibung zur Wohnung ihrer Eltern aus der Tasche. Dann nahm sie ein Zauberfoto von Harry, sich selbst, Ginny und Ron aus der Tasche. Alle vier grinsten vergnügt in die Kamera und schienen Spaß zu haben. Hermine betrachtete es traurig und zerriss es dann in winzige Stücke. Sie ließ diese Art zu Leben jetzt hinter sich und in ein paar Stunden würde sie sich nicht mehr an Fotos erinnern können, die sich bewegten. Sie weinte leise vor sich hin. Die Hexe war schon eine Ewigkeit weg, als sie beschloss, dass sie es nicht durchziehen würde. Sie nahm die Tränke, warf etwas von dem Geld auf den wackeligen Tisch und verließ die Hütte, um dann aus dieser finsteren Gasse heraus zu rennen. „Ich schwöre, sie war hier, als ich ging, Master.“ Ein Schlag traf den Kopf der Hexe. „Warum hast Du sie nicht mit einem Beinklammerfluch belegt, dann wäre sie auch noch hier.“ Wieder schlug er auf die Hexe ein, diesmal heftiger. Dann nahm er das Geld und ließ sie liegen, wo sie war. Wütend wendete er sich noch einmal um. „Sag den Anderen, wenn sie sich als genauso nutzlos erweisen, wie Du, dann werde ich einen nach dem anderen bestrafen.“ Hermine fuhr mit dem Bus zurück zur ihrer Pension. Sie war traurig, nicht wegen dem, was Severus getan hatte, oder weil sie allein war, sondern, weil sie nicht den Mut besessen hatte, es durchzuziehen. Ihr Geld war fast alle. Sie wusste, dass sie nur noch eine Möglichkeit hatte. Sie musste zu ihren Eltern gehen und ihnen das vorspielen, was sie vorgehabt hatte. Sie brachte es zwar nicht fertig, ihre Kräfte und ihr Gedächtnis zu löschen, aber zumindest konnte sie so tun als ob. Sie holte ihre Sachen, verabschiedete sich in der Pension und fuhr mit der U-Bahn bis zum Haus ihrer Eltern. Die letzten Meter lief sie, versteckte sich im Garten und weinte noch einmal alle Tränen, die noch übrig waren. Ab jetzt würde sie sich zusammenreißen müssen. Keine Trauer, keine Tränen, keine Ängste und erst recht keine Zauberei. Ab jetzt war sie nur ein Mädchen. Eines ohne Schulabschluss. Sie klopfte an. Ihr Vater öffnete, doch hinter ihm stand Professor Dumbledore. Hermine erschrak und konnte nicht verhindern, dass sich ein Erkennen in ihren Augen widerspiegelte. Sie wusste, dass sie ihm nichts würde vorspielen können. Ihr Vater und Sekunden später auch ihre Mutter umarmten sie so herzlich, wie sie es beim besten Willen nach ihrem letzten Zusammentreffen nicht vermutet hätte. Auch Dumbledore zog sie in seine Arme. „Du dummes Mädchen. Wie konntest Du uns nur so eine Angst einjagen?“ Hermine wusste, dass er es nicht böse meinte. Sie setzten sich alle auf Couch und Sessel. „Dein Direktor hat uns alles erklärt. Auch das mit Deinem Freund. Wir verstehen jetzt, dass er Dich wirklich liebt.“ Hermine verzog das Gesicht. „Lasst uns nicht über ihn reden, okay.“ Dumbledore mischte sich ein. „Doch Hermine, wir müssen über ihn reden.“ „Nein, auf keinen Fall. Severus hat sich entschieden, mich nicht mehr zu wollen und ich denke nicht, dass es dazu noch etwas zu sagen gibt.“ „Severus hatte nur Dein Glück im Sinn und hat sich damit völlig aufgegeben. Hermine, ich hätte Dich für so klug gehalten, dass Du das erkennst. Er hat Dich weggestoßen, um Dir ein Leben zu ermöglichen, dass aus seiner Sicht lebenswert ist.“ Hermines Augen waren schon wieder feucht von Tränen. „Und war es das etwa nicht, als ich mit ihm zusammengelebt habe?“ „Du weißt wohl besser, als jeder andere, dass er sich nicht als liebenswerten Menschen empfindet und eine sehr geringe Meinung von sich selbst hat. Er hat wohl gedacht, ein normales Leben wäre Dir lieber.“ Hermine schrie ihn an. „Hätte ich ein normales Leben gewollt, dann hätte ich es verdammt noch mal gelebt.“ „Das ist kein Kampf, den Du mit mir austragen musst. Sag es Severus selbst! Zurzeit säuft er sich wahrscheinlich ins Delirium, damit er nicht mehr an Dich denken muss.“ Hermine sackte auf dem Sofa in sich zusammen. Er trank also wieder. Im nächsten Moment schüttelte sie heftig den Kopf. Das sollte ihr ganz egal sein. Dann sollte er doch trinken bis er umfiel. „Es ist mir egal. Ich will ihn nie wieder sehen. Ich lebe ab sofort wieder wie ein Muggel. Bitte gehen Sie jetzt, Direktor.“ „Ihr Zwei habt keine Ahnung, wie ähnlich ihr einander eigentlich seid. Dieselben Sturköpfe mit den gleichen selbstzerstörerischen Tendenzen. Ich hoffe nur, einer von euch kommt zu Verstand, bevor es zu spät ist.“ „Bitte gehen Sie. Ich möchte mich hinlegen.“ „Ja, ich werde gehen, aber ich komme wieder Hermine.“ Dumbledore versuchte zu lächeln, auch wenn ihm das angesichts dieser verfahrenen Situation nicht leicht fiel. „Ich denke nicht, dass ich das möchte. Ich sagte doch schon, dass ich von jetzt an als Muggel leben werde. Bitte kommen Sie nicht wieder her. Es wäre sinnlos.“ Ihr Vater mischte sich ein. „Professor Dumbledore, Sie sind uns jederzeit willkommen.“ Albus nickte ihm und ihrer Mutter zu und drückte noch einmal tröstend Hermines Hand. „Bitte sagen Sie Severus auf keinen Fall, dass ich mein Gedächtnis und meine Kräfte noch habe. Ich will ihn niemals wieder sehen.“ „Hermine, es gibt Dinge, die kann ich Dir nicht versprechen.“ Er verschwand mit einem kleinen Knall. Sie sprach kein Wort und ging in ihr Zimmer. 50. Raus gewachsen Hermine ließ sich aufs Bett fallen und vergrub einfach nur den Kopf in den Kissen. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Sie hatte geplant, allen vorzuspielen, dass sie die Tränke genommen hatte, aber Albus hatte sie einfach mit seiner Anwesenheit überrascht. Viel schlimmer jedoch war die Tatsache, dass Severus wieder trank. Ja, es sollte ihr völlig egal sein, aber das war es nicht. Beim ersten Mal, das hatte sie an der Badezimmertür gehört, war es auch nur wegen ihr, dass er mit dem Trinken anfing und jetzt? Jetzt sollte es auch wieder ihre Schuld sein? Nein, Schuld war wohl das falsche Wort. Eher war sie die Ursache. Und es war ihr nicht egal. Natürlich liebte sie ihn noch. Sie hatte die ganze letzte Woche an nichts anderes gedacht, als an ihn. Nicht immer voller Liebe, aber immer mit dem Gefühl, dass sie zusammengehörten. Doch er hatte es nicht gewollt. Sie nicht gewollt. Deswegen war Hermine sich noch immer sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sie würde hier bleiben, bis sie einen Schulabschluss hatte und dann ausziehen. Vielleicht würde sie auch in der Muggelwelt ein Studium anfangen können. Muggelwelt? Sie musste aufhören in diesen Begriffen zu denken. Sie vermied es an diesem Abend und auch am nächsten Morgen ihren Eltern zu begegnen. Als beide an der Arbeit waren griff sie sich das Telefonbuch und suchte die Nummer der Schulbehörde raus. Im Gespräch erfuhr sie, dass sie nicht ohne weiteres von heute auf morgen einen Schulabschluss machen konnte. Sie musste zu einem Einstufungstest und weil sie noch minderjährig sei, müssten die Eltern sich damit einverstanden erklären, wenn sie eine oder mehrerer Klassen überspringen wollte. Sie bekam einen Termin für einen Test und die Gewissheit, mindestens ein Jahr lang die Schulbank drücken zu müssen. Vielleicht sogar zwei, denn der Unterricht lief bereits seit fast drei Monaten wieder. Das war alles, was sie zu diesem Zeitpunkt tun konnte. Sie schaltete den Fernseher ein – etwas, was sie seit Jahren nicht mehr getan hatte - und ließ sich eine Zeit lang berieseln. Als die nachmittäglichen Talkshows begannen schaltete sie schnell aus und seufzte auf. Das Leben als Muggel war nicht einfach. Die Bücher in ihrem Zimmer hatte sie alle schon mehr als einmal gelesen und selbst das Zimmer schien sie einzuengen. Es war zu kindlich. Sie hatte hier zuletzt umgeräumt, als sie dreizehn gewesen war. Nicht wenig reizte es sie, den Zauberstab zu schwingen und die Möbel in etwas Brauchbares zu verwandeln und die Tapete von ihren rosa Blümchen zu befreien. Doch sie hatte sich etwas geschworen und nicht umsonst zauberte sie nicht mehr. Es würde vielleicht ihre Position preisgeben. Sie wollte die Gefahr nicht noch vergrößern. Kaum vier Stunden, nach dem Aufstehen lag sie schon wieder auf dem Bett und versuchte zu schlafen. Es stellte sich kein Erfolg ein. Nach einer halben Stunde kroch sie vom Bett und begann in ihrer Tasche zu kramen. Sie fand die beiden Bildbände, die ihr ihre Eltern zu Weihnachten geschenkt hatten. Kanada hatte es ihr besonders angetan. Sie blätterte langsam durch und wünschte sich nichts mehr, als an einem solchen Ort zu sein. Wald und ringsum nichts außer Natur. Keine Zauberer, keine Konflikte, niemand außer ihr. Vorige Woche hatte sie sich noch gewünscht, mit Severus an einen solchen Ort zu reisen. Das war nun Vergangenheit. Mit Kraft schlug sie das Buch zu und schob es von sich. Früher hätte sie vor Wut in die Ecke gepfeffert. Würde sie das heute tun, wäre eine Verwandlung die Folge. Es war traurig, welche Wendung ihr Leben im letzten Jahr genommen hatte. Den Nachmittag verbrachte sie damit im Selbstmitleid zu baden und stets darauf zu achten, die Grenze zur Verwandlung dabei nicht zu überschreiten. Als sie am Abend aus der Praxis kamen, fanden sie ihre Eltern verheult und fix und fertig vor. Ihre Mutter setzte sich neben Sie und nahm sie in den Arm. „Schatz, bitte beruhige Dich. Es wird alles wieder gut.“ Hermine wand sich aus der Umarmung und stand auf. „Du hast keine Ahnung, Mom. Nichts wird wieder gut. Mein Leben hat sich von Hieb auf Schlag geändert und alles, was ich bisher gemacht habe ist nicht mehr von Bedeutung. Hier bin ich nur eine Halbwüchsige, die keine Schulbildung und keinen Beruf hat, noch nicht volljährig ist und keine Entscheidung ohne ihre Eltern treffen darf.“ Sie schluckte schwer, als ihre Mutter sie entsetz ansah. „Verstehst Du nicht, Mom? Ich hatte ein eigenes Leben. Ich bin in der Zaubererwelt erwachsen, ich habe einen super Schulabschluss. Ich hatte ein tolle Zukunft vor mir und einen Mann an meiner Seite, den ich geliebt habe. Ich hab nichts mehr. Nichts.“ Sie rutschte am Schrank hinter ihr auf den Boden und zog die Beine an sich. Ihre Mutter schüttelte nur den Kopf. „Glaubst Du uns fällt es leicht, Dich so zu sehen, Hermine? Wir wollen das Beste für Dich. Lange Zeit haben wir geglaubt, dass es das Beste wäre, wenn Du in unserer Welt lebst. Seit Dein Direktor hier war, wissen wir, dass wir uns geirrt haben. Wir wissen jetzt, wie viel besser Du bist, als so viele Andere und dass es notwendig ist, dass Du zurückgehst. Wir halten Dich nicht auf.“ Sie setzte sich neben ihre Tochter und Hermine lehnte ihren Kopf an die Schulter ihrer Mutter. „Weißt Du, Schatz, wir lieben Dich, aber Du gehörst hier nicht mehr her, auch wenn Du denkst, es ist der einzige Weg. Geh zurück und sorge dafür, dass sich alles wieder einrenkt. Du schaffst das!“ Hermine schluchzte laut auf und klammerte sich wie eine Ertrinkende an sie. „Ich kann nicht zurück. Nie mehr. Ich bin dort ganz allein.“ „Und dieser Harry?“ „Der geht noch zur Schule und ich hätte noch nicht einmal eine Wohnung.“ Sie setzte sich wieder auf. „Es nützt nichts, Mom. Ich werde hier bleiben und versuchen das alles zu vergessen.“ „Wie Du meinst, Hermine. Wir werden Dir nichts vorschreiben.“ „Tust Du mir einen Gefallen, Mom?“ Sie nickte. „Könnt ihr bitte eine kleine Wohnung für mich mieten? Nichts großartiges, nur etwas, was ich für mich habe. Bitte!“ „Ich werde es mit Deinem Vater besprechen, aber ich nehme an, dass geht in Ordnung.“ Severus hatte sich seit dem Moment, als Albus die Tür hinter sich geschlossen und er das Glas geworfen hatte, nicht mehr bewegt. Sein Blick war starr, ebenso, wie seine Körperhaltung. Seinen Geist versuchte er auszuschalten. Er wollte nicht mehr denken, sich nicht mehr die Frage stellen, ob es richtig gewesen war, sich keine Vorwürfe mehr machen. Und er wollte sie nicht mehr vermissen. Natürlich hatte er versucht sich zu betrinken, aber schon der erste Schluck war ihm zuwider gewesen. Das Glas hatte er vor Albus verstecken wollen, doch als er ihm die Nachricht überbrachte, dass es kein Zurück mehr gab, da war dies der einzige Weg, den Schulleiter genug zu schocken, um ihn loszuwerden. Plötzlich klopfte es wieder. Er wollte nun wirklich niemanden sehen. ‚Ignorieren, einfach ignorieren.’ Das Klopfen nahm kein Ende. „Severus, öffne die Tür, oder ich werde sie aufmachen. Verlass Dich drauf.“ drang die Stimme von Albus in ungewohnt harschem Ton an sein Ohr. „Ich will allein sein.“ „Zwing mich nicht, Deinen Bannspruch zu zerstören und mach verdammt noch mal die Tür auf. Ich versuche nur Dir eine gute Nachricht zu überbringen, Du Sturkopf.“ Dies veranlasste Severus dann doch, sich zu erheben. „Was gibt es?“ brummte er ihn an. „Hermine. Sie hat die Tränke nicht genommen und sie ist bei ihren Eltern. Ich konnte es nicht einfach hinnehmen und wollte mich selbst davon überzeugen.“ Severus blickte ihn mehr als verwirrt an. „Aber der Brief ... Sie haben gesagt, sie hätte ...“ „Ich weiß nicht warum, Severus, aber sie hat es nicht fertig gebracht. Ich sollte ihr versprechen, dass ich es Dir nicht sage, aber das konnte ich nicht.“ Der Zaubertränkemeister fuhr sich durch die Haare. „Sie will mich nicht sehen, nehme ich an?“ „Nein, ich denke, dass wäre momentan keine gute Idee. Lass ihr ein bisschen Zeit und dann versuch den Kontakt wieder aufzunehmen.“ „Albus, bitte verzeihen Sie mir meinen Ausbruch von vorhin.“ Dumbledore schüttelte den Kopf. „Nur unter einer einzigen Bedingung: Rühr nie wieder Alkohol an, Severus!“ „Das hätte ich auch so nicht. Es hilft mir nicht mehr.“ Er zeigt nach unten auf die Scherben. „Das ist das Glas von vorhin.“ Auf Albus Lippen stahl sich ein winziges Lächeln. „Ich wusste doch, dass Du nicht so dumm sein konntest. Und jetzt leg Dich hin, schlaf Dich aus und sei morgen pünktlich zum Unterricht.“ „Nein, Albus.“ Dieser war schon fast wieder aus der Tür, doch diese Bemerkung schockte ihn. „Was soll das heißen, Severus?“ „Das ich um eine Auszeit bitte. Ich möchte am Gegenmittel für den falschen Animagus-Trank weiterforschen. Ich brauche Zeit dafür. Auch wenn Hermine mich nicht mehr wieder sehen will. Wir brauchen beide dieses Mittel.“ Diesmal war Albus Lächeln weitaus deutlicher. Er nickte zustimmend. „Mach das, ich werde Wilhelmina anfordern. Minerva wird Dir sicher gern helfen, wenn Du das möchtest.“ „Vorerst will ich es noch mal allein versuchen. Ich sage ihr bescheid, wenn ich meine Meinung ändere.“ Albus verließ zufrieden den Raum. Dieser Tag war bei weitem nicht so schlecht geworden, wie er heute Morgen vermutet hatte. „Warten Sie, Albus.“ Severus stand hinter ihm in der Tür und streckte ihm die Hand entgegen. „Danke, Direktor.“ Albus ergriff die Hand. „Sag endlich Du zu mir, Du alter Sturkopf.“ Das erst Mal seit mehreren Tagen lächelte Severus. TBC Hinterlasst ihr mir vielleicht ein Review? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)