Verletzungen von iome (HG/SS-Story mit viel Drama, Action und auch ein bisschen Mystery) ================================================================================ 41.-45. Kapitel --------------- 41. Sehr seltsame Gemeinsamkeiten Die Zeremonie am Abend verlief, wie all die anderen Jahre zuvor auch. Die Erstklässler wurden in die Häuser einsortiert und von diesen mit tosendem Beifall empfangen. Severus schaute gar nicht hin. Es war so gleichgültig, in welches Haus man kam. Letztlich trug doch jeder etwas von jedem der Häuser in sich. Er war in Gedanken bei Hermine und bei all den Sachen, sie zusammen machen würden, wenn sie endlich dieses verdammte Gegenmittel fänden. Wenn, ja wenn! Musste das nicht schon fast ’falls’ heißen? Er hatte das Gefühl, dass sie keinen Schritt mehr vorangekommen waren, seit der richtige Animagus-Trank fertig war. Es konnte doch nicht sein, dass sie endlos experimentierten und nicht die geringste Idee hatten, wie es weitergehen sollte! Dieser Trubel hier vor seiner Nase machte alles nur noch schlimmer. Neue und bereits bekannte Gesichter saßen da in der Halle und alle würde er unterrichten müssen, statt Hermine weiter beim Gegenmittel zu helfen. Verdammt! In Gedanken versunken stocherte er in seinem Essen herum bis er einen Blick auf sich gerichtet fühlte. Er ließ den seinen schweifen, um herauszufinden, wer ihn da anstarrte. Es überraschte ihn kaum, dass er Ron Weasley war, der versuchte ihn mit Blicken zu töten. Als er ihm direkt in die Augen sah, entdeckte er nichts als Zorn und Böswilligkeit. Wieso war Hermine nur mit so einem Menschen befreundet gewesen? Er fixierte den Blick so lang, bis Weasley endlich zurücksteckte und sich seiner Schwester zuwendete. Diese sah Severus jetzt ebenfalls an, jedoch weniger zornig, eher forschend. „Interessant." dachte er. „Das sollte Hermine wissen. Vielleicht ist wenigstens bei ihr noch ein Rest Gehirn vorhanden und sie söhnt sich irgendwann mit Hermine aus." Der Rest des Abends war einfach nur schrecklich langweilig. Es wurde gegessen, Unmengen an Kürbissaft wurden niedergemacht und letztlich verschwanden die Schüler endlich alle in ihre Räumlichkeiten, nachdem die neu ernannten Vertrauensschüler die Erstklässler hinführt hatten und alle die neuen Passwörter kannten. Padma Patil und Seamus Finnigan, ließen gerade jeden wissen, dass sie die begehrten Schulsprecherräume dieses Jahr bewohnen würden, da stürmte Harry an ihnen vorbei mit einer Miene wie sieben Tage Regenwetter. Einer dieser Posten hatte eindeutig Hermine zugestanden und Ron war, gemeinsam mit Ginny, schuld, dass sie jetzt nicht da war und auch nicht mehr wiederkommen würde. Sie hatten alles kaputt gemacht. Er riss das Portrait zur Seite und schmiss es hinter sich zu. Seamus und Padma sahen sich fragend an, redeten dann aber unbeirrt weiter. Harry ging indes direkt in den Jungenschlafsaal und ließ sich aufs Bett fallen. Das war alles so viel schwerer, als die Jahre zuvor. Ohne Hermine war es einfach nicht das Selbe. Sie war der ausgleichende Teil ihres Trios gewesen und nun fehlte sie mehr denn je. Harry hatte die Weasley-Geschwister nur kurz und knapp begrüßt und war dann zu Dean Thomas gegangen, statt sich an den gewohnten Platz zu setzen. Er konnte die zwei zurzeit nicht ertragen. Jetzt noch viel weniger, als vor den Ferien. Vielleicht lag es daran, dass er die Beziehung von Snape und Hermine jetzt voll und ganz akzeptierte, vielleicht aber auch nur daran, dass er Zeit gehabt hatte, über die Schäbigkeit ihres Verhaltens nachzudenken. Ron und Ginny hatten zu ihrem eigenen Glück keine Anstalten gemacht, mehr als eine Begrüßung mit ihm austauschen zu wollen und so unterhielt er sich den ganzen Abend mit Dean, der zwar nur über Mädchen redete, aber zumindest nicht über irgendwelche kritischen Themen, die Harry heute einfach ruhen lassen wollte. Mit Hermine wäre das alles anders gelaufen. Sie hätte dafür gesorgt, dass sie alle miteinander sprechen würden, aber vielleicht war es dafür ohnehin zu spät. Ron hatte seine Position schon sehr lange klargemacht und Ginny, die zuerst diejenige gewesen war, welche Hermine am schlimmsten verteufelte, traute sich nun scheinbar nicht, Ron vor den Kopf zu stoßen und einzulenken. Harry selbst hatte erst zum Ferienbeginn, als sie alle im Zug saßen zugegeben, dass er sich mit Hermine ausgesöhnt hatte. Schon damals gab es einen handfesten Streit, doch nun schien es, als hätten sie nicht nur die Freundschaft mit Hermine beendet, sondern auch ihn ausgeschlossen. Sollten sie doch! Ihm war es egal. Nein, dass war es nicht, aber er würde dieses eine Jahr verdammt noch mal durchstehen! So oder so! Er sank in die Kissen und grübelte weiter, bis er endlich einschlief. Er hörte nicht, wie Ron sich im Bett neben ihm ebenfalls hinlegte und auch nicht, wie er dann Stunden später leise wieder aufstand. Hermine nahm gerade eine alte Übersetzung von „Verwandlungen aller Art" aus dem Regal und blätterte darin, als Severus die Bibliothek betrat. Er stellte sich hinter sie, schlang die Arme um ihre Taille und sog den intensiven Duft ihres Haares tief ein. „Hallo." raunzte er ihr ins Ohr. „Weißt Du, dass mich all diese Schüler noch mehr stören, seit Du nicht mehr dabei bist?" „Hallo Sev. Wie war es in der Schule?" „Sev? Seit wann nennst Du mich Sev?" „Seit jetzt. Magst Du es nicht?" „Nein, ganz und gar nicht und wenn Du mich weiter so nennen willst, dann werde ich ab jetzt Herm zu Dir sagen." Hermine kicherte. „Nur über meine Leiche, Severus." Sie drehte sich zu ihm um und legt ebenfalls ihre Arme um ihn. „Und, wie war es nun bei der Zeremonie?" „Festlich und langweilig, wie immer. Harry hält sich von den Weasleys fern, was ich nur begrüßen kann und Ron Weasley versucht mich mit Blicken zu ermorden, aber sonst ist alles in Ordnung. Ach ja, die kleine Weasley scheint nicht mehr so zornig zu sein. Vielleicht ist sie nicht ganz so verbissen, wie ihr Bruder." „Das ist mir egal. Sie haben beide beschlossen, dass sie mich nicht mehr als Freundin haben wollen und nun sollen sie bleiben, wo der Pfeffer wächst. Ja, schon gut, schau mich nicht so an. Ich weiß selbst, dass ich noch nicht drüber weg bin, aber ich arbeite daran." Sie lächelte und küsste ihn dann ganz zart. Sie standen sehr eng beieinander und die Wärme, die jeder dem anderen gab tat unendlich gut, doch beiden war bewusst, dass sie sich voneinander lösen mussten. Trotzdem versanken sie in einen leidenschaftlichen Kuss, bis Hermine merkte, wie ihr ein Katzenschwanz wuchs. Widerwillig lösten sie ihre Lippen voneinander, hielten sich aber immer noch an den Händen fest. Severus begann zu lachen, als er den halb ausgebildeten Schwanz sah. „Ich hätte nicht gedacht, dass bei Frauen auch so was passiert. Erzähl mich nicht, dass das normal ist." Hermine stimmte in sein Lachen mit ein, als sie die Ironie der Situation begriff. Das Lachen bewirkte die Rückbildung des Schwanzes und auch die Haare, die sich unbemerkt auf Severus’ Rücken gebildet hatten, verschwanden. Sie setzten sich gemeinsam vor den Kamin und schmiegten sich aneinander. Bevor Hermine wusste, wie ihr geschah, war sie schon eingeschlafen und auch Severus konnte die Augen nicht länger aufhalten. Es war die erste Nacht seit Monaten, die sie nicht in getrennten Betten verbrachten und es war ein wunderbares Gefühl, die Nähe des Anderen zu spüren. Severus schlief seit langem das erste mal wieder sehr ruhig und Hermine spürte sogar noch im Traum die Geborgenheit, die von ihm ausging. 42. Böse Vermutungen Die nächsten Tage plätscherten so vor sich hin, bis Severus am Freitag das erste Mal wieder Hermines ehemalige Klasse unterrichtete. Mit Harry hatte er verständlicherweise kein Problem mehr, zumal er sich von Weasley fernzuhalten schien. Natürlich ließ er es sich nicht anmerken und raunzte ihn an, wie eh und je, doch er zog ihm keine ungerechtfertigten Punkte mehr ab. Schließlich hatte er Hermine ein Versprechen gegeben. Mit Ron Weasley sah es da schon ganz anders aus. Die Blicke, die sie sich gegenseitig zuwarfen verkündeten kommendes Unheil und man konnte beinahe die Gewitterwolken aufziehen sehen, die über beiden Köpfen schwebten. Am Ende der Doppelstunde, die gleichzeitig die Schulwoche für die Klasse abgeschlossen hatte, beorderte Severus Ron zu sich. Er nahm sich vor, ihn nicht zu verletzen, aber das auch nur, weil er tief drinnen die Schule nicht verlassen wollte. Ron stellte sich mit herausforderndem Blick und verschränkten Armen vor das Pult. „Was wollen Sie?" Seine Stimme war genau so aggressiv, wie seine Körpersprache. „Was wollen Sie, SIR. Mr. Weasley." Er betonte die Anrede so abfällig wie möglich. „Eher schneide ich mir die Zunge ab." Severus hob eine Augenbraue. „Dabei würde ich Ihnen sogar behilflich sein." Er stand auf und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. Ron Weasley war nicht gerade klein, aber Severus überragte ihn um fast einen Kopf. Ron sagte noch einmal gerade heraus „Was wollen Sie von mir?" „Oh, im Grunde genommen gar nichts." Seine Stimme war bei diesem Satz zu einem Flüstern geworden, nur um in nächsten Moment zu einem Donnern anzuschwellen. „Ich will nur, dass Sie mir den nötigen Respekt entgegenbringen." Sein Oberkörper war dabei nach vorn geschnellt, so dass er nur noch Zentimeter von Rons Gesicht entfernt war. Dieser war auf vieles vorbereitet, aber nicht darauf. Er zuckte zusammen, vergaß für einen Moment seine Zorn und machte einen Schritt zurück. Als er begriff, dass er sich einschüchtern ließ, trat er wieder vor und antwortete. „Ihnen soll ich Respekt entgegenbringen? Wofür? Dafür, dass Sie eine Schülerin vögeln oder dafür, dass Sie sie mir weggenommen haben? Ich habe keinen Respekt mehr vor Ihnen und ich werde Ihnen das Leben zur Hölle machen, wo ich kann." Er drehte sich um und wollte zur Tür. Die scharfe Stimme seines Lehrers hielt ihn auf. „Nachsitzen, 18.00 Uhr! Jeden Abend für den Rest des Monats. Und wir werden noch sehen, wer hier wem das Leben zur Hölle macht." Er machte eine kurze Pause. „Des weiteren, Mr. Weasley, sollten Sie eines bedenken: Was auch immer Sie tun, wird Ihnen Hermine nicht zurückbringen und dass Sie sie verloren haben, liegt nicht an mir, sondern einzig und allein an Ihrem widerlichen Verhalten. Und jetzt verschwinden Sie, bevor ich mich vergesse." Ron knallte die Tür hinter sich zu und stampfte mit überschüssiger Energie im Bauch und überaus aggressionsgeladen aus der Schule. Der Sonnenschein machte ihn nur noch wütender. Er sollte Schuld sein, dass dieser Mistkerl ihm Hermine weggenommen hatte? Er? Nur dieser widerliche, ekelige und stinkende Todesser war schuld. Nur der!!! Ron lief in Richtung des verbotenen Waldes hin zu einem kleinen Tümpel. Das war jetzt genau der richtige Ort. Hier war es schaurig und immer düster. Das entsprach genau seiner Laune. Er schmiss Steine mit Wucht in das trübe Wasser und versuchte so seine Wut abzubauen. Es gelang ihm nicht. Das Harry in diesem Moment, aus Hagrids Hütte kommend, am Tümpel vorbei lief war eigentlich nur Pech. Er sah Ron zu spät im Dämmerlicht des dichten Blätterdaches und konnte ihm nicht mehr ausweichen. So beschloss er einfach an ihm vorbei zu gehen, ohne ihn zu beachten. Doch genau das machte Ron so wütend, dass er ihm die wildesten Beschimpfungen hinterher schrie. Harry drehte sich um und ging zu ihm zurück. „Was willst Du eigentlich, Ron? Noch einen Freund vergraulen oder beleidigst Du jetzt grundsätzlich alle?" Irgendetwas in Rons Kopf knallte in diesem Moment durch. Er hieb Harry seine Faust mit solcher Wucht ins Gesicht, dass dieser umfiel und für einen Moment benommen war. Er hatte keine Zeit, zu sich zu kommen, da kniete Ron auch schon über ihm und schlug weiter auf ihn ein. Ron schrie ihn an. „Du bist genau so ein Mistkerl, wie Snape! Ihr steckt doch alle unter einer Decke." Harry konnte gerade noch so zwischen den Zähnen hervorquetschen „Ron, jetzt spinnst Du doch total." da traf ihn schon ein weiterer Schlag. „Wo hat den das liebe Harrylein seine Ferien verbracht? Vielleicht bei Snape und dieser miesen kleinen Schlampe, die sich mal unsere Freundin genannt hat?" Das war eindeutig zu viel. Harry ergriff die Chance, dass Ron kurzzeitig unkonzentriert war, beim Schopfe und riss Ron von den Beinen. Er fiel in die große Schlammpfütze hinter ihm und diesmal war es Ron, der keine Gelegenheit hatte sich zu erholen, bevor ihn der erste von Harrys Schlägen traf. „Wenn Du noch einmal so von Hermine sprichst, dann hast Du keine Zähne mehr, Weasley. Verstanden?" Er packte ihn grob an der Robe, wartete aber nicht auf eine Antwort. „Und eines solltest Du noch wissen: Halte Dich in Zukunft bloß von mir fern, sonst werde ich Dir irgendeinen schlimmen Fluch auf den Hals hetzen. Unsere so genannte Freundschaft ist hiermit beendet!" Er ließ Ron, den er am Umhang gepackt hatte, los und dieser sank tiefer in den Schlamm. Harry drehte sich nicht um, als er Richtung Schule davon ging. Er wischte sich das Blut von Nase und Mund, reinigte seine Sachen vom Schlamm, so gut es eben ging und stieß drinnen mit Snape zusammen. „Potter, was soll das. Wo kommen Sie her und warum sehen sie aus, wie ein Schwein?" In der Schule war er wieder zu „Potter" zurückgekehrt, um keinen Verdacht zu erregen. „Sie sehen ja schlimm aus." Seine Stimme bewegte sich jetzt nicht mehr in der ewig beißenden Tonlage. „Ich habe nur gerade einem Mistkerl geklärt, dass er nicht mehr mein Freund ist. Das ist alles." Er zog das Blut hoch, was noch immer aus seiner Nase zu laufen versuchte. „Weasley?" Jetzt fand Severus Stimme zu gewohnten Bereichen zurück. Harry nickte. „Und Sie haben sich mit ihm geprügelt?" „Eigentlich er mit mir, aber das ist egal. Er hat Hermine beleidigt und ich bin es endgültig leid." „Mit mir hat er vorhin auch schon versucht sich angelegt." „Dann weiß ich wenigstens, wo seine Wut herkam." Harrys Adrenalinschub ließ etwas nach und jetzt merkte er auch, wie kräftig Rons Schläge doch gewesen waren. Er hielt sich die rechte Seite. „Gehen Sie zu Madame Pomfrey und lassen Sie sich verarzten. Ach und kommen Sie nicht auf die Idee, sich noch einmal provozieren zu lassen. Ich werde das mit dem Direktor klären. Er muss ein Machtwort sprechen, bevor Ihr kleiner Freund auf dumme Gedanken kommt." Wieder nickte Harry und schlürfte dann Richtung Krankenstation davon. Ron traf nur Minuten später auch dort ein. Er sah nicht besser aus, als er selbst. Madame Pomfrey wunderte sich, dass scheinbar die einst besten Freunde in eine Rauferei geraten waren, schwieg aber, ebenso, wie die beiden Kontrahenten. Diese ignorierten sich und warfen einander nur ab und an eisige Blicke zu. So bald Harry wieder hergestellt war – was dank Madame Pomfreys Heilzaubern nur eine Stunde dauerte – verließ er schnellstmöglich die Krankenstation. Vor der Tür warteten bereits Dumbledore und Snape. „Kommen Sie bitte, Harry. Ich möchte mit Ihnen sprechen, bevor ich mit Ron Weasley rede. Professor Snape wird ihn dann zu mir bringen." Dumbledore zog Harry mit sich. Kaum waren Sie im Büro des Direktors angelangt, deutete er auf einen bequem aussehenden Stuhl und stellte die erste Frage. „Wie verhält er sich in letzter Zeit Ihnen gegenüber?" „Ron? Nun, ich habe ihn erst diese Woche wiedergesehen. Die Ferien habe ich ja größtenteils in Snape-Manor verbracht, wie Sie wissen, Professor." „Ist er Ihnen bisher eher aus dem Weg gegangen oder hat er versucht mit Ihnen zu reden?" „Aus dem Weg gegangen, würde ich sagen. Aber vorhin hat er mich erst beleidigt, dann angegriffen und anschließend Hermine beschimpft." „Hm, ich verstehen." Der Direktor legte die Fingerspitzen zusammen und nickte. „Wie sieht es mit Ihrer Freundschaft zu Ginny Weasley aus?" „Nicht wirklich gut, aber sie greift einen wenigstens nicht an." Harry war noch immer stinksauer auf Ron. „Kümmern Sie sich bitte mehr um sie. Mit Ron Weasley werden Sie vermutlich nicht so schnell Frieden schließen, aber kümmern Sie sich um Ginny, bevor sie in die falschen Kreise gerät." Harry schluckte. „Ist Ron in die falschen Kreise geraten, Professor?" War es das? Ron ein Todesser, ein Anhänger Voldemorts? „Ich weiß es nicht Harry, ich weiß es wirklich nicht." 43. Minimale Annäherungen Bevor Ron das Büro betrat schickte Dumbledore Harry weg. Harry war sehr beunruhigt. Hatte sich Ron wirklich mit Todessern eingelassen? War er so wütend auf Hermine und auch auf ihn, dass er bereit war sich der dunklen Seite anzuschließen? Harry bezweifelte es. Andererseits war Rons Wut unverkennbar. Er hatte sich offen mit Snape angelegt. Niemand, der nicht eine Armee im Rücken hatte, hätte das versucht. Natürlich würde er den kürzeren ziehen, zumindest zeitweilig. Snape würde bestimmt nicht zulassen, dass er ihm auf der Nase herumtanzte. Nur, konnte Dumbledore Ron davon abhalten die Geheimnisse des Ordens auszuplaudern, sie alle zu verraten? In seinem Kopf schwirrte eine Unmenge an Fragen herum und auf keine würde er in absehbarer Zeit eine Antwort erhalten. Harry setzte sich in den großen Ohrensessel nahe dem Feuer und ließ seine Gedanken schweifen. Er dachte an alte Zeiten zurück, als sie alle noch Freunde waren und keiner Geheimnise vor dem anderen hatten, nun, zumindest keine großen. Die anderen im Gemeinschaftsraum sprachen ihn nicht an, vermutlich, weil sie sahen, dass er nicht in der besten Stimmung war. Nach einer Stunde raffte er sich auf, wollte duschen gehen und anschließend ins Bett, als es an der Tür des Schlafsaals klopfte. Harry wunderte sich, wer um diese Zeit noch etwas wollen könnte, rief aber „Herein." Ginny trat durch die Tür und sah recht bedrückt aus. „Hi Harry." Ihre Stimme klang leise und zurückhaltend, wie vor Jahren, als sie noch in ihn verschossen gewesen war. „Hallo Ginny." Er wartete, ob sie ihm sagen würde, was sie hier wollte. „Bist Du allein hier?" „Ja, wieso fragst Du, Du hast doch gesehen, dass die anderen alle noch unten sitzen?" Er gab sich keine Mühe freundlich zu ihr zu sein. „Ja, aber ich dachte, Ron könnte vielleicht hier sein." „Dann willst Du wohl zu ihm." „Nein, zu Dir. Ich … ich will Dich nur was fragen." Harry wurde das langsam zu bunt. Warum musste er ihr jedes Wort aus der Nase ziehen? Sollte sie doch endlich sagen, warum die hier mitten in der Nacht hereinschneite. „Na dann fragt doch endlich. Ich will irgendwann mal ins Bett." „Äh, ich… Weißt Du ich…" Auch auf die Gefahr hin, dass er sie merken ließ, wie wenig sie ihm willkommen war, unterbrach er sie. „Ginny, rück endlich raus mit der Sprache und rede in vollständigen Sätzen." Seltsamer Weise bewirkte diese rüde Ansprache tatsächlich, dass Ginny endlich wieder normal sprach. „Weißt Du, es ist ja nur, dass ich wissen will, wie es Hermine geht." „Gut." War Harrys ganze Antwort. „Danke, Harry, Du bist sehr auskunftsfreudig." Der Sarkasmus in diesem Satzes konnte locker mit dem von Snape mithalten. „Du wolltest wissen, wie es ihr geht, ich habe es Dir gesagt. Was noch? Bisher hast Du Dich doch auch nicht um sie geschert. Woher der Sinneswandel? Hast Du ein schlechtes Gewissen bekommen oder was?" Harry hatte sich vor ihr aufgebaut und seine Stimme war nicht gerade leise. In Ginnys Augen glitzerten Tränen und sie wandte sich abrupt ab. Erst als sie bereits an der Tür war, merkte Harry, dass er es übertrieben hatte. Er erinnerte sich auch wieder an Dumbledores Hinweis, sich um sie zu kümmern und so rief er sie zurück. „Warte Ginny, tut mir leid, ich wollte Dich nicht anschreien." Sie stand noch immer an der Tür. Als sie sich wieder umdrehte, liefen die Tränen in einer langen Spur an ihrem Gesicht herab. Sie schluchzte „Sie fehlt mir. Schon eine ganze Weile, aber es wird immer schlimmer. Ich habe nur noch Ron, der hier wirklich mal mit mir redet und der ist total schräg drauf. Erzähl mir von Hermine. Bitte!" „Es geht ihr wirklich gut, sie ist glücklich und ab und an besuche ich sie. Mehr kann ich Dir nicht sagen, Ginny." Er hielt es für klüger ihr nicht zu verraten, wo Hermine wohnte und wie weit die Forschungen am Animagus-Trank gediehen waren. Sollte Ron wirklich die Seiten gewechselt haben, hatte Harry nicht vor, ihm auch noch indirekt Informationen zuzuspielen. Ginny nickte. „Wenn Du sie mal wieder besuchst irgendwann, wirst Du ihr dann sagen, dass ich gern mit ihr reden möchte? Ich denke, sie wird mich bestimmt nicht sehen wollen, aber ich möchte mich wirklich gern bei ihr entschuldigen." „Ich werde es ihr sagen, aber mach Dir nicht zu viele Hoffnungen. Wenn ich sie wäre, würde ich auch nicht mit Dir reden wollen." „Ich weiß. Ich .. wir haben uns ganz mies verhalten. Weißt Du Harry, es ist nicht so, dass ich da selbst drauf gekommen wäre. Charlie hat uns besucht und" sie schniefte „er hat gemerkt, dass ich mich anders verhalten habe. Da hat er mich zur Rede gestellt und ich habe ihm alles erzählt." Entsetzt starrte Harry sie an. Sie hatte alles verraten, wenn auch nur an Charlie, der vertrauenswürdig war, aber wenn sie es ihm erzählte, wem dann noch? „Keine Angst Harry, ich habe keine Namen und Orte genannt. Charlie kennt Hermine nur flüchtig und weiß nicht, dass es um sie geht. Aber er hat mir den Kopf gewaschen und mir erklärt, dass ich alles falsch gemacht habe. Na ja und nun … da will ich versuchen, es irgendwie wieder gut zu machen." „Wenn ich Hermine wieder sehe, werde ich es ihr erzählen und dann muss sie entscheiden, ob sie Dich sehen will." „Danke. Und was ist mit Dir Harry? Redest Du jetzt wieder mit mir?" „Ich habe nie nicht mit Dir geredet, Ginny, aber so lang Dein Bruder mich ohne Grund verprügelt, Hermine beleidigt und sonst was für idiotische Sachen macht, werde ich mich von ihm fernhalten. Wenn Du mit mir reden willst, dann komm zu mir, aber ohne Ron." „Er hat Dich verprügelt? Wann und wieso?" Sie war verwirrt. „Nach dem wieso musst Du ihn schon selbst fragen, dass hat er mir nicht mitgeteilt, aber heute Nachmittag ist er auf mich losgegangen. Madame Pomfrey hat mich wieder zusammen geflickt und ihn auch." Wieder sah er Tränen bei Ginny, aber sie rührten ihn seltsamer Weise nicht. Er dachte, dass sie es irgendwie verdient hatte, nachdem, was sie und Ron mit Hermine veranstaltet hatten. Sie ging ohne ein weiteres Wort und endlich konnte Harry unter die Dusche springen und dann zu Bett gehen. Gerade als er am Einschlafen war konnte er hören, wie Ron das Zimmer betrat. Er war der Letzte. Die anderen waren heraufgekommen, als Harry unter der Dusche stand. Ron machte sich nicht die Mühe, leise zu sein. Unverkennbar war er immer noch oder schon wieder wütend, denn er schmiss seine Schuhe mit Wucht zu Boden, riss seine Koffer so laut wie möglich auf und schlug ihn dann zu. Das Gespräch mit Dumbledore schien für ihn unerfreulich gelaufen zu sein. Irgendwie freute Harry das. Er war in einer seltsam euphorischen Stimmung, als er einschlief. Es schien, als ob sie alle bekamen, was sie verdienten. 44. Noch viel schlimmere Vermutungen Weder Dumbledore noch Snape weihten Harry in das ein, was sie mit Ron besprochen hatten, doch es war offensichtlich, dass es für Ron nicht positiv gelaufen war. Er hatte die nächsten Tage so schlechte Laune, dass er beim Frühstück sogar Ginny einmal so laut anschnauzte, dass es auf einmal ganz still wurde am Tisch. Alle Augen richteten sich auf ihn und Ron stierte jeden einzelnen wütend an. Was wollten sie von ihm? Sie war seine Schwester und die konnte er schließlich so lang und so oft anschreien, wie er wollte. Erst langsam bewegten sich die Blicke seiner Mitschüler wieder von ihm weg. Er schmiss das Besteck auf den Tisch und stampfte aus der Halle. Harry sah Dumbledore und Snape an. Die Beiden starrten Ron nach und sahen sich dann zu ihm herüber. Snape erhob sich und gab Harry unauffällig einen Wink. Harry wartete noch, bis Snape die Halle verlassen hatte, nickte dann ganz leicht Dumbledore zu und ging ebenfalls hinaus. Snape wartete bereits auf ihn. „Professor, was ist mit Ron los?" „Nicht hier, Potter. Kommen Sie mit." Harry folgte ihm durch den langen Gang in sein Privatlabor. Jetzt erst beantwortete er die Frage. „Wir wissen es nicht und genau deshalb wollte ich Sie sprechen. Sehen sie zu, dass Sie weder ihm, noch seiner Schwester irgendwelche Informationen zukommen lassen. Weder über Hermine, noch über den Trank oder Ihre neuen Fähigkeiten als Animagus." „Ginny Weasley war neulich bei mir, als sie und der Direktor mit Ron gesprochen haben." „Und was wollte sie?" „Dass ich Hermine sage, sie würde sich gern entschuldigen. Und sie möchte sie sehen." „Auf keinen Fall! Geben Sie sich mit ihnen ab, wenn es sein muss, aber reden sie nicht über Hermine und mich und schon gar nicht werden sie Hermine sagen, was dieses dumme Gör will. Das würde sie vielleicht in Gefahr bringen." „Ich habe bereits das gleiche gedacht, wie Sie und werde es bei unserem nächsten Treffen nicht erwähnen." „Irgendwann im letzen Jahr scheinen Sie so etwas wie Verstand bekommen zu haben, Potter." Damit war Harry entlassen. Severus wanderte wie ein eingesperrtes Tier durch das Labor, als Harry hinausgegangen war. Erst in den letzten Tagen war ihm klar geworden, in welcher gefährlichen Lage sich Hermine befand. Wenn jemals herauskam, dass er mit ihr zusammen war, dann würde Voldemort nicht nur ihn jagen, sondern auch Hermine. Natürlich hatte er immer gewusst, dass er in Gefahr schwebte, wenn herauskam, dass er eine Muggelgeborene liebte, aber erst durch Ron Weasleys merkwürdiges Verhalten wurde ihm klar, dass auch Hermine dann in unmittelbarer Gefahr schwebte. Es war dumm gewesen, dass zu verdrängen. Es durfte niemals bekannt werden, so lang es Voldemort oder seine verrückten Anhänger noch gab. Er beschloss am Abend mit Hermine darüber zu sprechen. Dann ging er hinüber zum Klassenraum, in dem mittlerweile vermutlich eine ganze Klasse aus dem ersten Schuljahr auf ihn wartete. Nun, nicht wirklich auf ihn wartete. Dazu waren sie viel zu verängstigt. Severus grinste. Er hatte es noch immer geschafft jedem Schüler Angst einzujagen und ehrlich gesagt war das einer der wenigen Aspekte seiner Arbeit, die ihm Spaß machte. Im nächsten Moment setzte er wieder sein gewohntes Gesicht auf und öffnete die Tür. Harry zog sich in den nächsten Tagen immer mehr zurück und redete kaum noch mit irgendwem. Es konnte jetzt nachvollziehen, wie es Hermine ergangen sein musste. Nun, es war auf jeden Fall besser, als den ganzen Tag dummes Geschwafel zu ertragen, in dem es nur um Frauen flachlegen und vielleicht noch um Sport ging. Mit Ron hatte er seit dem Vorfall bei Hagrids Hütte nicht ein Wort mehr gewechselt. Ginny war auch nicht wieder auf ihn zugekommen und so verbrachte er das erste Mal in seinem Leben freiwillig Zeit in der Bibliothek. Am Freitag Abend würde er Hermine besuchen, dass war schon ausgemachte Sache und so hatte er etwas, auf dass er sich freuen konnte. Snape wartete dann auch, wie verabredet auf ihn und nahm in mit nach Snape-Manor. Severus küsste Hermine flüchtig und ließ sie dann mit Harry allein. Der hatte Hermine seit dem Ende der Ferien nicht mehr gesehen und das war jetzt genau zwei Wochen her. Sie umarmten sich, ließen sich im Wohnzimmer nieder und dann redeten sie endlich. "Severus hat mir erzählt, dass Du Dich mit Ron geprügelt hast. War es wegen mir?" „ICH habe nicht angefangen, Mine. Ron hat mich angegriffen, weil er vorher bei einer Auseinandersetzung mit Deinem Geliebten hatte und gegen ihn nicht ankam. Ja, er hat Dich auch erwähnt, aber langsam glaube ich, dass es nicht nur das ist. Ron ist merkwürdig geworden. Ich weiß nicht, was er hat und wie ich es einschätze wissen es Dumbledore und Snape auch nicht." „Und Ginny? Was macht sie? Steht sie voll hinter dem, was Ron da veranstaltet?" Diese Frage brannte ihr schon so lang ein Loch ins Herz. So sehr sie Ron, den Ron von früher zumindest, vermisste, mit Ginny war es doch anders. Ihr fehlte eine Freundin zum reden und diese konnten weder Severus noch Harry ersetzen. Harrys Gedanken wanden sich eilig in seinem Gehirn. Das war genau das, was er befürchtet hatte. Er konnte Hermine nicht in Gefahr bringen und zulassen, dass sie sich mit Ginny traf. Was, wenn Ron davon erfuhr und irgendetwas Unerwartetes tat? Andererseits wusste er auch, dass Ginny ihr fehlte. „Weißt Du, sie scheint mir etwas einsichtiger, aber so richtig hat sie wohl noch nicht verstanden, dass sie Dir wehgetan hat. Vielleicht könnt ihr euch in ein paar Jahren mal aussprechen, wenn sie etwas älter ist." Hermine brach unvermittelt in Tränen aus. „Jahre, Harry? Bist Du verrückt, ich vermisse sie und Ron auch." „Ich auch, ich doch auch, Mine. Aber das wird nicht mehr so, wie es mal war. Ich bin auch allein in der Schule, aber wir schaffen das – alle beide!" Sie wischte sich die Tränen mit den Handrücken weg. „Ich weiß doch, es ist nur so frustrierend. Ich sitze hier seit Monaten fest. Die Forschungen machen keine Fortschritte und seit Severus glaubt, dass ich in Gefahr bin, wenn rauskommt, dass wir zusammen sind, kann ich noch nicht mal mehr aus dem Haus." „Er hat aber Recht und Du weißt, dass ich ihm nie freiwillig Recht geben würde. Wenn das rauskommt, dann wird Voldemort euch beide fertig machen." „Schön, dass Sie meiner Meinung sind, aber sprechen Sie nie wieder in meinem Haus seinen Namen aus. Ein Name hat durchaus Macht und ich will nicht, dass er hier Macht hat." Harrys Kopf schnellte zu ihm herum. Er hatte nicht gehört, wie der Professor den Raum betreten hatte. Schnell fing er sich wieder, um endlich etwas Wichtiges zu klären. „Sir, darf ich Sie etwas fragen?" „Das tun Sie doch bereits." Severus hatte heute nicht die beste Laune. „Wann wurden Sie das letzte Mal gerufen?" Gebannt starrte er seinen Lehrer an. „Was geht Sie das an, Potter?" Er drehte sich um und wollte gehen. „Warten Sie, Professor. Es ist ja nur: Wenn das letzte Mal das war, als sie verletzt wurden, dann ist das doch schon ziemlich lang her, oder wie sehen Sie das?" „Ja und?" knurrte Severus. „Ich meine ja nur, dass ich es seltsam finde, dass Sie noch nicht wieder gerufen wurden." „Was genau möchten Sie mir damit sagen?" Langsam wurde er ärgerlich. „Meinen Sie nicht, dass er weiß, dass Sie ein Spion sind?" Severus schluckte hart . Nein, diese Möglichkeit war ihm noch nicht durch den Kopf gegangen. Natürlich hatte er gemerkt, dass er seit einem halben Jahr nicht gerufen wurde, aber irgendetwas in seinem Geist hatte sich geweigert darüber nachzudenken, warum das so war. Er wiegelte Harry ab. „Das ist doch totaler Unsinn. Es ist schon öfter vorgekommen, dass ich länger nicht gerufen wurde." „Sogar ein halbes Jahr lang nicht?" Harry zweifelte noch immer. „Ja, das kam vor." „Sie gehören doch zum innersten Vertrauenskreis, richtig?" „Ja, aber selbst dann wird man nicht dauernd von ihm ..." Er brach ab. Harry Potter hatte vermutlich Recht. Es war seit dem Widererstarken des dunklen Lords noch nie vorgekommen, dass er nicht mindestens alle zwei Monate ein Todessertreffen veranstaltete. Mit etwas brüchigerer Stimme als zuvor sprach er weiter. „Und weshalb hat er mich dann noch nicht ermordet? Die Gelegenheiten dazu dürften zahllos gewesen sein." Hermine, die den Wortwechsel bislang nur aufmerksam gefolgt war, zuckte bei diesen Worten sichtlich zusammen. „Vielleicht weil er Hermine auch haben will?" Harry wollte Hermine keine Angst machen und auch Snape nicht in die Enge treiben, aber er musste diesen Verdacht aussprechen. Wieder erschrak Hermine. Es war eine grausige Vorstellung, dass Voldemort wusste, dass sie sich liebten. „Professor, ich weiß es ist nur Vermutung, aber wäre es nicht möglich, dass irgendjemand an der Schule versucht Hermine zu finden? Ron Weasley zum Beispiel?" 45. Die schlechteste Idee der Welt Das Gespräch mit Harry und Severus war überaus unangenehm gewesen. Es hatte dafür gesorgt, dass Hermine noch weiter in ihren Freiheiten eingeschränkt war. Nicht dass sie einem der beiden die Schuld daran gab, aber es war trotzdem zum verzweifeln. Die Beiden hatten vereinbart, Ron und auch Ginny aufmerksam im Auge zu behalten. Harry erklärte sich bereit, Ginny wieder ein Stück näher an sich ranzulassen und über sie Ron auszuspionieren. Severus weihte natürlich Albus in die Vermutung ein und dieser erklärte sich bereit, gemeinsam mit Minerva mehr als nur ein Auge auf alle Aktivitäten von Ron zu haben. Hermine hatte nicht wirklich Angst, jedenfalls nicht, so lange sie nicht aktiv darüber nachdachte, was geschehen könnte, aber seit Harry seine Vermutung ausgesprochen hatte, blieb ihr immer ein mulmiges Gefühl. Zudem hatte Harry selbst vorgeschlagen, dass er sie weitaus weniger oft als geplant besuchen wollte, weil er nicht unnötig Aufmerksamkeit auf Snape und somit auch auf sie lenken wollte. Severus war natürlich sofort seiner Meinung gewesen und schon hatte Hermine sogar diese kleine Freude verloren. Sie liebte Severus natürlich und sie freute sich jeden Tag, wenn sie ihn sah. Die Abende verbrachten sie jetzt entweder gemeinsam im Labor oder aber kuschelnd vor dem Kamin. Letztlich war das aber auch alles, was ihr geblieben war. Sie war eine Gefangene in diesem Haus und durfte noch nicht einmal Eulen schreiben, weil Severus Angst hatte, sie könnten abgefangen und zurückverfolgt werden. Der Kontakt mit Harry beschränkte sich nun auf kleine Briefe, die er im Zaubertränkeunterricht unter dem Tisch liegen ließ und dafür in der nächsten Stunde eine Antwort fand. Es war mühsam, aber immerhin hielten sie den Kontakt. Severus munterte sie oft auf, sie würden das Gegenmittel zumindest bald finden, aber auch an dieser Front schien der Kampf zurzeit aussichtslos. Ende September beschloss Hermine, die Arbeit daran eine Weile ruhen zu lassen. Sie hatte keine Idee mehr, wie sie das Problem noch angehen sollte, die Bibliothek gab nichts Neues mehr her und ihre Laune hatte sich über die Wochen mit jedem neuen Misserfolg stetig verschlechtert. Severus hatte sie mehr als einmal abends heulend und halb in der Verwandlung begriffen vorgefunden. Einmal war es so weit gegangen, dass sie es nicht mehr aufhalten konnte und als Panther auf ihn losging. Auch er verwandelte sich, doch in seinem Fall freiwillig, um sich vor ihr zu schützen. Bevor Hermines Hirn wieder Kontrolle über ihren Körper gewann, hatte sie ihn schon mit einer Pranke gestreift und ihm eine nicht gerade kleine Wunde an der Stirn beigebracht. Erst als sie das Blut sah, bekam sie sich wieder in den Griff. Nachdem Severus sich ebenfalls zurückverwandelt hatte, verband sie ihm schnell die Stirn und er ließ sich anschließend von Madame Pomfrey verarzten. Er war nicht böse auf sie und brachte sehr viel mehr Verständnis auf, als sie ihm je zugetraut hatte, doch auch er war nicht glücklich über die Situation. Er sah, dass sie litt und auch, dass er mit seiner Anwesenheit nicht wieder gutmachen konnte, was ihr so wehtat. Sie hatte durch ihn ihre Freunde und ihre Familie verloren. Er schlug sich manche Nacht um die Ohren, um eine Lösung für wenigstens eines ihrer Probleme zu finden. Am Abend vor Hermines Geburtstag kam er, wie gewohnt aus der Schule zurück und hielt ihr ein Fläschchen hin. „Hier, trink das." „Was soll das sein?" „Trink es bitte einfach. Es tut Dir gut." Er ließ sich seinen Zwiespalt nicht anmerken. „Severus, ich werde bestimmt nichts trinken, von dem ich nicht weiß, was es bewirkt. Und seit ich mit einem Zaubertränkemeister zusammen lebe, bin ich diesbezüglich extra vorsichtig. Sag mir, was es bewirkt, dann trinke ich es vielleicht." „Es … es wird Dich beruhigen." Hermine trat einen Schritt zurück und sah ihn misstrauisch an. „Ich glaube Dir kein Wort. Was ist da drin, Severus Snape?" Dieser ließ die Hand mit dem Fläschchen langsam sinken, setzte sich auf den nächsten besten Sessel und vergrub das Gesicht in den Händen und strich sich dann durchs Haar. Ihm war klar, dass er so keinen Erfolg haben würde und eigentlich war er auch sehr dankbar dafür. „Severus, jetzt rede endlich!" Hermine war aufgebracht. „Du willst es nicht wissen, Hermine. Glaube mir." „Oh, doch. Was wolltest Du mir da einflössen?" Er stand auf und zog sie heftig in seine Arme. Sie hatte keine Chance sich dagegen zu wehren und tief in ihrem Inneren wollte sie das auch nicht. Er küsste sie aufs Haar und nahm dann ihr Gesicht in seine Hände. „Es hätte Dir ein ganz neues Leben geschenkt." „Was? Was redest Du denn da." Sie ließ die Arme, die sie zwischenzeitlich um ihn geschlungen hatte sinken und trat wieder einen Schritt von ihm weg. „Hermine, mach Dir doch nichts vor, dass hier ist doch kein Leben für Dich." Er deutete um sich herum. „Du bist hier eingesperrt, wie ein Tier und noch dazu in Gefahr." „Und was hattest Du vor, dagegen zu tun? Mich loswerden?" Jetzt war sie verstört. Was sollte das alles? „Ja. Nein! Verstehe doch, ich wollte Dich nicht loswerden. Ich wollte nur, dass Du ein normales Leben hast. In dem Fläschchen ist nur ein Schlaftrank, aber einer, der freiwillig eingenommen werden muss." Er sah, wie sie weiter vor ihm zurückwich und es machte ihn traurig. „Hermine, ich wollte Dich nicht verletzten, ich wollte… ich wollte Dir damit alles nur leichter machen." Er zog ein Fläschchen aus einer anderen Tasche. „Dahin ist ein Mittel, was Dir alle magischen Kräfte raubt, auch die Animagus-Fähigkeit. Ich wollte ihn Dir im Schlaf einflößen und den hier." Plötzlich hatte er noch ein Fläschchen in der Hand. „Ein Gedächtnistrank. Es wäre nicht leicht gewesen, aber machbar. Ich wollte Dir alle Erinnerungen an die letzten Jahre nehmen und Dich zu Deinen Eltern bringen. Sie hätten Dir sicher mit Freuden eingeredet, dass Du jahrelang im Koma gelegen hast, oder etwas ähnliches. Du hättest wieder ein Leben gehabt, Hermine." Hermine verließ den Raum, ohne ihn anzusehen. Sie sprach kein Wort und Severus wagte es nicht ihr zu folgen. Er ging nur in sein Schlafzimmer und schloss leise die Tür. Wenn sie bereit war, mit ihm zu sprechen, würde sie es ihn wissen lassen. Er konnte es ihr nicht verübeln, dass sie sauer auf ihn war. Er hörte nicht, wie sie die Haustür leise öffnete und schloss. Severus setzte sich zum Abendbrot ins Speisezimmer. Er wartete, dass sie zum Essen kam, doch Hermine tauchte nicht auf. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und klopfte an ihre Zimmertür. Kein Laut war zu hören. Er klopfte erneut. Nichts. „Hermine, mach bitte auf. Wir müssen reden. Bitte!" Keine Reaktion. Langsam drückte er die Klinke der Tür hinunter und war erstaunt, dass sie offen war. Er betrat den Raum und erstarrte, als er sich umsah. Was er fand, waren leere Schränke und Schubladen. Die Tür zum Badezimmer stand auf. Es war genau so verlassen, wie ihr Schlafzimmer. Severus begriff erst nicht, was gerade geschehen war, dann wurde ihm klar, dass er sie aufhalten musste. Sie konnte doch nicht aus dem Haus. Da war sie in Gefahr. Er rannte so schnell wie möglich aus dem Haus, konnte sie jedoch nicht entdecken. Laut rief er ihren Namen, doch Hermine antwortete nicht. Sie war weg. TBC Kommentare sind wie immer willkommen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)