Liebe...oder doch nicht? von Lunatik ((Puppyshipping)) ================================================================================ Kapitel 1: Accident ------------------- „Willst du was sagen Mister Ich-Steh-Über-Dir!?“ Ein blonder, jünger Mann namens Joey Wheeler lehnte sich an eine Schulbank, vor welcher ihn ein, sich ’etwas’ arrogant haltende, Firmenchef saß, die Hände auf der Brust verschränkt. „Runter von meiner Bank, Köter.“ Seine Worte unterstrich der Blauäugige mit einem herablassenden Lächeln, welches nichts außer abwertendem Amüsement ausdrückte. Doch bevor der Blonde darauf etwas erwidern konnte, wurde er von dem Gong unterbrochen und der Punkt ging an den Braunhaarigen. Dieser schaute hämisch seinem verärgerten Hündchen nach. Wütend über seine Niederlage gegen Seto Kaiba versuchte Joey, erfolglos, dem Unterricht wenigstens halbwegs zu folgen. Als der Lehrer dabei war irgendwelche, Joey völlig nichtssagende, Formeln an die Tafel zu kritzeln, klopfte es und der stellvertretende Schulleiter schaute ernst und doch voller Mitleid herein. „Joey Wheeler, kommen Sie bitte mit.“ „Hat der Köter wieder was angestellt?“, fragte Seto kühl mit leiser Stimme, als Joey an ihm vorbei ging. Der Blonde warf Seto nur einen funkelnden Blick zu und folgte schweigsam dem Direktor. Er konnte sich gewiss nicht daran erinnern etwas verbrochen zu haben, zumindest nicht in letzter Zeit. Gut, er hatte ein Paar Frischlinge in der Fußballmannschaft geärgert, doch deswegen wurde noch niemand zum Rex befördert. Er stand im Büro des Schulleiters, vor genau diesem, und schenkte dem älteren Mann, dessen Haare schon eine Lichtung aufweisen konnten, verwunderte Blicke, denn der Ausdruck des Mitleides war für keine Sekunde vom Gesichts des älteren Mannes gewichen. Was konnte er denn so schlimmes angestellt haben? „Mister Wheeler, ich habe eine unerfreuliche Nachricht für Sie, setzen Sie sich bitte…“ Mit tränennahem Gesicht stürmte Joey aus der Schule. Seine Sachen hatte er ganz vergessen, im Moment interessierten sie ihn wenig. Er steuerte gerade aus, unfähig irgendein Ziel zu fixieren. Seine Beine trieben ihn von alleine immer weiter. Immer weiter weg von diesem Ort, der ihm auf einmal wie ein Schreckenshaus vorkam. Er hatte das Gefühl, sein ganzes Mageninnere würde sich umdrehen und wenden. Er war sich sicher, er würde sich übergeben, wenn er nicht schnell genug von hier wegkommen würde. So lief er. Rannte um seine letzte Fassung. Seine Kehle schnürte sich zu, sein Atem war stockend. Er hatte verloren. Alles. Er hatte den Direktor nur ungläubig angestarrt. Es konnte doch nicht wahr sein. Nicht sein über alles gehasster Vater! So etwas konnte doch gar nicht passieren… Doch die Augen des Herrn vor ihm waren zu überzeugend gewesen. Traurig, mitleidig, ernst, bestürzt. Es war die Wahrheit. Sie schrieen ihm nach, wollten ihn aufhalten, doch er rannte. Rannte davon. "Ist das nicht Joey, der da gerade aus der Schule stürmt?", murmelte Yugi zu Tristan neben ihm, der nur mit den Schultern zuckte. "Aber sein Schulranzen ist doch noch hier…" „Der hat wohl endlich das gekriegt, was er verdient“, erklang eine verächtliche Stimme. Yugi drehte sich zur Seite und bemerkte den zufrieden grinsenden Kaiba. Diesem nur einen bösen Blick zuwerfend wendete er sich wieder dem inzwischen leeren Schulhof zu. Der besorgte Ausdruck wich nicht aus seinem Gesicht bis zum Ende des Unterrichts. Nach dem Läuten blickte der Schuldirektor wieder in die Klasse und winkte Yugi, der unsicher auf Joeys Sachen blickte, zu sich. Flüsternd erklärte der Direkter dem Jüngeren die Situation in wenigen Worten. Immer weiter wich die Farbe aus Yugis Gesicht. Ohne groß nachzudenken packte er Joeys Sachen und verließ die Schule schnellen Schrittes. Nein, viel mehr lief er. Rannte, wie Joey am Vormittag gerannt war. Sogar der Rektor, trotz der üblichen Abneigung zu dem Rebell, schien besorgt. Es war schockierend. Und noch schockierender war für Yugi wohl die Reaktion Joeys. Hasste dieser seinen Vater nicht? Und doch… er war Joeys Familie. Wie war es wohl diesen Anker zu verlieren? Wie es sich gehört, war die Schule nach Joeys Gang zum Direktor und seinem Verschwinden voll von Gerüchten und natürlich steckte in jedem dieser Gerüchte etwas Wahrheit drin. Alle waren sich einig, dass es um Joeys Vater ging, denn auch wenn er nicht der Beste war, war er doch nicht schlecht in der Schule und was angestellt hatte er ja in letzter Zeit nicht. Dass Joeys Vater Alkoholiker war und öfters ausrastete wussten inzwischen viele, denn die blauen Flecken waren beim Sportunterricht nicht zu übersehen. Doch wusste niemand wie schrecklich und doch befreiend der Grund für den Besuch beim Rektor diesmal war. Yugi klingelte an Joeys Tür, abermals. Er stand schon seit einer Stunde da und tat nichts anderes außer Klingeln und Rufen. „Joey, mach bitte auf! Joey!“ Doch niemand öffnete die Tür. Seine Stimme wies schon erste Anzeichen von Heiserkeit auf. Wieso nur? Wieso musste das unbedingt Joey passieren? Wieso jetzt? Und wieso machte er nicht auf? Konnte er ihn überhaupt hören? „Joey…“, flüsterte Yugi leise. „Ich lege hier deine Tasche! Gut?“, seine Stimme hatte einen weinerlichen Unterton, doch war sie wieder laut. „Wir sehen uns morgen in der Schule! Bitte, komm morgen…“ Der Kleine lehnte sich mit dem Kopf an die Tür und lauschte, doch nach einer Weile ungebrochener Stille löste er sich und verließ traurig das Haus, fest entschlossen später wiederzukommen und wenigstens etwas für seinen Freund zu tun. ~~~ „…Joey, mach bitte auf! ...Joey!“ Wer war das? Jemand, der ihn rief. Doch wer? Er konnte sich nicht daran erinnern, wessen Stimme es war. Er wollte sich nicht erinnern. Er wollte sich an gar nichts erinnern. Es war inzwischen alles egal. Die Dunkelheit legte ihre kalten Hände um ihn und wiegte ihn in den Schlaf, einem ruhelosen. Er erwachte, ohne es zu merken. Er saß an die Tür gelehnt und starrte in die Halbschatten vor ihm. Wo er war? Wusste er nicht. Interessierte ihn nicht. Wer er war? Genau so wenig. Die Klingel. Das Rufen. Er konnte es nicht hören. Die Stimme. Das Flehen. Es war ihm egal. Zusammengekauert saß er da, zu einer kleinen Kugel zusammengerollt. Die Arme schützend um seinen Körper geschlungen. Er wartete. Darauf, dass sein Vater wiederkommen würde. Doch er würde nicht wiederkommen! Die Erinnerungen überfielen seinen trauernden Geist, verschlangen sein Herz vollkommen. „Eines Tages ist es zu spät.“ Jetzt war es so weit. Ganz sicher… Nichts mehr war zu ändern. Nichts würde so sein wie früher. Nichts so vertraut und sicher. Nichts so angenehm verhasst. Nichts. Nichts. Nichts. Ein trauriger Tag, an dem unbekümmert die Sonne schien. Dem Himmelskörper war es egal, dass niemanden nach lachen zu Mute war. Er schien weiter. Brannte… Wie später seine Augen gebrannt hatten. „SERENETY! Mutter! Serenety, ich hole dich zurück… irgendwann mal. Ganz sicher. Warte auf mich!“ Ein Taxi, in dem eine Frau und ein kleines Mädchen saßen, fuhr davon, zum Flughafen. Dort wartete ein großes weißen Flugzeug, der sie mit sich in die Ferne nehmen würde. Ganz weit weg. Scheinbar für immer. „Wenn du sie zurückholen willst, dann beeil dich. Es könnte irgendwann mal zu spät sein. Verschiebe nie etwas, irgendwann verlierst du es und dann ist es zu spät.“ Das war das einzige Mal, dass sein Vater ihm einen „Ratschlag“ gab. Danach trank er nur noch. Danach gab es nur noch Schläge. Er wurde von der Arbeit geschmissen und trank nur noch mehr… Er trank, trank und trank seine Erinnerungen, seine Schmerzen, seine Gefühle weg. Und dies trieb ihn weiter in die Enge, weiter in den Selbsthass, weiter zu dem Alkohol. Ein Teufelskreis. War das richtig so? Nein, es war der einfachste Weg. Sollte er auch den einfachsten Weg nehmen? „Es tut mir leid, aber bei dem, wie er trank wäre es sowieso früher oder später dazu gekommen. Der Unfall hat nur seine Qualen verkürzt…“ brannten die Worte des Schuldirektors in seinem Kopf… ~~~ „Die Verspätung tut mir sehr Leid, Herr Kaiba, aber mein unfähiger Fahrer hat einen Unfall gebaut…“, entschuldigte sich ein etwas älterer Herr. „Einen Unfall?“, fragte der Firmenschef mit wenig Interesse nach, er mochte es nicht, wenn man zu spät kam. „Ja… Stimmt es, dass sie die besten Anwälte Japans haben?“, fragte der Leiter der EG wie beiläufig, sich den Schweiß von der Stirn mit einem kleinen Tuch abwischend. „Ja, das stimmt. Ich habe immer nur das Beste“, Kaiba legte eine Pause ein und bedachte seinen Gegenüber mit einem musternden Blick. „Sie haben also einen Unfall gebaut und wollen nun, dass ich Ihnen mithilfe meiner Anwälte helfe. Richtig?“ „Nun ja. Sie möchten ja schließlich mit meiner Firma einen Vertrag schließen.“ Er mochte es zwar nicht, wenn man versuchte ihn zu etwas zu drängen, geschweige denn Anstalten machte ihn zu erpressen, vor allem weil der Vertrag mit der Europe Games nicht notwendig war. Doch würde es durchaus einfacher gehen mit ihm. Durchaus… Und er würde diesen Mann noch zurück auf seinen Platz stellen. Zufriedenheit, verborgen hinter dem geschäftlichen Lächeln, erfüllte den Firmenchef. „Und wie ist der Name des Unglücklichen?“, fragte Seto tonlos nach. „Eduard Wheeler.“ Seto erstarrte für einen kurzen Moment, doch war dieser Moment für niemanden sichtbar. War das der Grund für den ganzen Aufruhr um sein Hündchen rum? „Gut, ich werde mich darum kümmern.“ „Danke.“ „Seto, es wird Zeit nach Hause zu fahren…“, sagte Mokuba, seinen Bruder am Zipfel des Ärmels ziehend. „Seto? Ist irgendwas passiert?“, fragte er, als er keine Reaktion seitens Kaiba vernahm. „Wie? Nein, nein. Fahr ohne mich, ich hab noch zu tun.“ „Du hast doch immer was zu tun…“, flüsterte der Kleine beleidigt und verließ traurig das Gebäude. Würde es jemals eine Zeit geben, wo sein Bruder mal nicht arbeitete? Seto bemerkte weder wie sein Bruder gekommen war, noch wie er wieder verschwand. Sein Blick war auf den Monitor gerichtet, wo der Name „Eduard Wheeler“ eingegeben war. Joeys Vater. Joeys Vater, der tot war. ~~~ Die Sonne schien munter am Horizont. Es kümmerte sie nicht, was die Menschen auf der Erde davon hielte, sie setzte trotzdem ihren täglichen Weg durch den Himmel an. Eine Nacht war verstrichen. Eine Nacht, die Joey wie eine Ewigkeit vorgekommen war. Eine Nacht, die für ihn nur schmerzhafte Erinnerungen mit sich gebracht hatte. Und doch eine Nacht, die nun einfach verschwand. Er hatte die ganze Zeit über regungslos vor der Tür verbracht. „Ich brauche frische Luft…“, murmelte er. Sein Verstand wehrte sich langsam über den Kontrollverlust. Drängte die schwarzen Erinnerungen zurück. Joey atmete tief durch und versuchte aufzustehen. Doch seine Füße waren eingeschlafen und ihm wurde schwindlig. Eine unerklärbare Übelkeit machte sich bemerkbar. Nach einiger Zeit schaffte er es aufzustehen und arbeitete sich langsam, an der Wand haltend, zur Küche vor. Sein Kühlschrank war leer, auf dem Tisch fand er nur noch einen Apfel. Sehr widderwillig aß er ihn, denn neben der Übelkeit verspürte er auch Hunger, als ob er eine Woche nichts im Magen gehabt hätte. Doch nach einem Bissen konnte er nicht mehr. Dieses kleine Stück war schon zu viel für ihn. Wasser. Es war das Einzige, was er jetzt verkraftete. „Ich muss hier raus…“ ~~~ Es war ein verregneter Freitag. Die Sonne, die morgens so unbekümmert schien, hatte sich inzwischen hinter dunklen Regenwolken versteckt. Seto hatte schon seit dem Aufwachen schlechte Laune, was daran lag, dass er sich eingestehen musste, dass er sich Sorgen um sein Hündchen machte. Er wusste, dass es seinem Hündchen nicht gut gehen konnte. Doch wo war er nun? Was machte er? Was dachte er? Er wusste es nicht. Und dieses Gefühl der Unwissenheit versetzte Seto in Wut. Wut und Sorge, was ihn noch wütender machte. Er hatte schon die ganze Zeit über den Wunsch gehabt alles hinzuschmeißen und nach Joey zu suchen, seit der Name „Eduard“ gefallen war. Aber er konnte dies gut verbergen, bis jetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)