Weltenzerstörer von Talitha2 ================================================================================ Kapitel 5: Der Weg ------------------ 5. Kapitel Der Weg „Im Namen meines ganzen Stammes danke ich euch für eure Hilfe. Ihr habt uns vor einem schlimmen Schicksal bewahrt.“ sagte Zimbatu feierlich, als sich alle Dorfbewohner am nächsten Morgen versammelt hatten, um sich von den Wächterinnen zu verabschieden. Sie hatten die Nacht im Dorf verbracht, da sie übereingekommen waren, dass alle etwas Ruhe und Schlaf nötig hätten. Zimbatu hatte sie am Abend in ihrer Hütte besucht und sie erzählten ihm, wer sie wirklich waren und versuchten dem Häuptling zu erklären, welch große Gefahr von der fremden Kreatur ausging, die am heiligen Ort ihr Unwesen trieb. Er hörte aufmerksam zu und erklärte ernst, dass er bereit sei, sich über das Stammesgesetz hinwegzusetzen und die Lage der heiligen Stätte preiszugeben, falls der Medizinmann sein Wort nicht halten würde. Im Stillen hofften alle, dass es nicht so weit kommen würde. Nun, da der Abschied nahe war, wand sich Zimbatu an den Medizinmann und sagte mit lauter Stimme: „Unsere Freunde haben die Forderung des Rates erfüllt. Nun stehe zu deinem Wort und gib den Weg preis.“ Sich auf seinen Stab stützend trat der Alte vor und die Boshaftigkeit, die sie bei ihrem ersten Treffen gesehen hatten, war aus seinem Gesicht gewichen. Nun sah er aus, wie ein Mensch, der erkannte, dass er einen großen Fehler begangen hat. Er wirkte müde und in sich zusammengefallen. Doch als er sprach war seine Stimme fest und kraftvoll. „Ihr großen Zauberinnen, ich bitte euch, mir zu vergeben. Ich zweifelte an euren Fähigkeiten und brachte euch nichts als Spott und Hohn entgegen. Doch habt ihr unser aller Leben gerettet und eure Macht bewiesen. Ich verneige mich in Demut vor euch.“ Mit diesen Worten verbeugte er sich vor den Mädchen. „Weiser Medizinmann, wir wissen, dass du nur aus Sorge um dein Volk und seine Geheimnisse so gehandelt hast. Es freut uns, dass wir euch helfen konnten, aber nun müssen wir zu der heiligen Stätte und das Böse dort unschädlich machen, oder uns allen droht die Vernichtung. Und habt keine Angst. Wenn wir überleben, werden wir zu niemanden über euer Geheimnis sprechen“ entgegnete Will. Der alte Mann hob den Kopf und nickte. „Ich sehe nun, dass ihr reinen Herzens seid und keine schlechten Absichten hegt.“ sagte er und wies mit der Hand auf die weite Savanne. „Folgt dieser Richtung, bis die Sonne sich zur Ruhe begibt. Geht rasch und lasst euch nicht aufhalten. Der erste Stern am Firmament wir euch zur heiligen Stätte führen. Lebt wohl.“ Mit lauten Jubelrufen und Gesängen wurden sie zum Dorfrand begleitet und verabschiedet. Matiku gab ihnen drei gefüllte Wasserschläuche aus Ziegenleder und wünschte ihnen viel Glück. Zimbatu erhob beide Hände und sagte: „Möge die Sonne euren Weg erhellen und das Wasser dort fließen, wo ihr rastet. Mögen die Sterne eure Führer sein und die wilden Tier eure Freunde. Lebt wohl, Wächterinnen.“ „Warum musste sich der Shar-Ghul unbedingt Afrika aussuchen? Warum nicht einen Ort, an dem es nicht so heiß ist, Grönland zum Beispiel?“ stöhnte Hay Lin. Sie folgten nun schon seit Stunden dem Weg, den der Medizinmann ihnen genannt hatte. Bis auf Taranee machte die Hitze jedem zu schaffen und besonders Irma, deren Element das Wasser war, litt unter der brennenden Sonne. „Du hast doch gehört, was das Orakel gesagt hat.“ erklärte Taranee „Afrika ist der Ursprung des Lebens und nirgendwo anders auf der Welt sind die elementaren Kräfte der Erde so konzentriert gebündelt wie hier.“ „Ich liebe es, wenn du dich so gebildet ausdrückst.“ feixte Irma „Den Satz sollte ich mir für die nächste Geographie-Klausur merken.“ Obwohl niemandem so Recht danach zu Mute war, mussten doch alle lachen und sie vergaßen für einen Moment ihre trüben Gedanken. „Seht es doch mal von der positiven Seite. Manch einer würde ein halbes Vermögen bezahlen, um so einen Survival-Trip machen zu können. Und wir haben ihn umsonst.“ sagte Taranee und schob grinsend ihre Brille zurecht. „Das Blöde ist nur, dass es uns niemand glauben würde, wenn wir erzählen, dass wir per Kandrakar-Express nach Afrika gereist sind, einem Eingeborenenstamm ihren Brunnen repariert haben, hundert Kilometer durch die Savanne gelaufen sind und ganz nebenbei ein Wesen aus einer anderen Dimension mit unseren magischen Kräften besiegt und somit die Welt gerettet haben. Oder was glaubt ihr, würde Mrs. Knickerbocker dazu sagen?“ seufzte Hay Lin theatralisch. Bei dem Gedanken an die Reaktion der strengen Schuldirektorin vom Sheffield Institute lachten die Mädchen so sehr, dass sie anhalten und nach Luft schnappen mussten. „Sie würde uns sofort nach Hause schicken mit Verdacht auf hohes Fieber und Wahnvorstellungen!“ prustete Will. „Hey, die Idee ist gar nicht so schlecht. So könnte man ein paar freie Tage herausschlagen.“ sagte Irma und wischte sich Lachtränen aus den Augen. Plötzlich keuchte Cornelia auf und griff sich mit der Hand an die Brust. Mit der anderen Hand krallte sie sich in Wills Arm fest. Alarmiert schauten die anderen auf ihre Freundin, bereit ihr erneut beizustehen. Doch die Erd-Wächterin blieb mit geschlossenen Augen und konzentriertem Gesichtsausdruck aufrecht stehen. „Oh nein, nicht noch einmal.“ presste sie zwischen den Lippen hervor und nahm ihre ganze Kraft zusammen, um die Dunkelheit zurückzudrängen, die erneut nach ihr tastete. So plötzlich es begonnen hatte, so plötzlich war es auch wieder vorüber. Cornelia wankte und Will fing sie auf, bevor sie stürzte und ließ sie vorsichtig zu Boden sinken. „Das war er, oder?“ fragte Irma und stellte sich in die Sonne, so dass ihr Schatten auf Cornelia fiel und etwas Schutz vor der Hitze bot. „Ja. Er hat der Erde erneut Energie entzogen“ antwortete sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hay-Lin blickte sie fragend an. „Hat er nicht versucht, dich anzugreifen?“ Cornelia lächelte matt. „Anscheinend hat er nicht so leichtes Spiel, wenn er mich nicht überrumpeln kann. Seit dem letzten Mal warte ich nur darauf, dass er es wieder versucht. Aber das ändert nichts daran, dass er seinem Ziel wieder ein Stück näher gekommen ist. Wir haben nicht mehr viel Zeit, ich fühle es. Wir müssen weiter.“ Mit diesen Worten stand sie mühsam auf und blickte Will dankbar an, die sich ihren Arm über die eigenen Schultern legte und sie so beim laufen stützte. Da ertönte in der Ferne ein Grummeln, wie bei einem nahenden Gewitter. Der Himmel jedoch war strahlend blau und keine Wolke war zu sehen. „Leute, zittern meine Beine nur so, oder bebt die Erde tatsächlich?!“ fragte Irma erschrocken. Mit einem lauten Knirschen tat sich unweit der Wächterinnen ein großer Riss im trockenen Boden auf und breitet sich wie ein Spinnennetz nach allen Seiten aus. Rasch wichen die fünf zurück, doch da hörte das Beben schon wieder auf. „Schaut mich nicht so an, ich war das nicht.“ sagte Cornelia ernst. „Wir müssen den Shar-Ghul bald finden. Das war nur ein Vorbote dessen, was uns erwartet, wenn er sein Vorhaben zu Ende führt. Und er weiß, dass wir ihm auf der Spur sind.“ Durch das Erdbeben und die Worte des Medizinmannes zur Eile angetrieben, gingen sie weiter. Von Zeit zu Zeit benutzte Hay Lin ihre Kräfte um eine kühle Brise entstehen zu lassen, die für einen Moment die Hitze und die um sie herumschwirrenden Fliegen vertrieb. Abwechselnd stützten sie Cornelia, die das hohe Tempo zwar hielt, aber es war offensichtlich, dass sie zusehends schwächer wurde und es nur eine Frage der Zeit war, bis ihre Kräfte sie verlassen würden. Will wand sich besorgt von ihrer Freundin ab und sah zur Sonne, die sich nur langsam dem Horizont näherte. „Nun mach schon, geh endlich unter.“ dachte sie verzweifelt. „So, das war´s! Aus, Schluss, vorbei! Ich gehe keinen Schritt weiter!“ erklärte Irma einige Stunden später energisch und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den staubigen Boden. Will, die sich ebenfalls setzte, bedachte sie mit einem Lächeln und sagte: „Dein Glück, dass die Sonne gerade untergegangen ist. Sonst hätten wir dich hier gelassen.“ „Ha, ha, sehr witzig.“ war die kurze mürrische Antwort. Neben ihr ließen sich die anderen erschöpft nieder und betrachteten die Landschaft, über die sich nun rasch Dunkelheit legte. „Mädels, haltet mich bitte nicht für verrückt, aber irgendwie wird mir jetzt kalt.“ sagte Hay-Lin und schlang sich die Arme um den Oberkörper. „Du bist nicht verrückt“ antwortete Taranee in einer Art wie sie es immer tat, wenn sie zu einer fachlichen Erklärung ansetzte. „Es ist normal hier, dass die Temperatur schlagartig nach unten geht, sobald die Sonne verschwunden ist. Aber lass das meine Sorge sein“. Mit diesen Worten machte sie eine Handbewegung und schon waren sie von kleinen, in der Luft schwebenden Flämmchen umgeben. „Viel besser!“ freute sich Hay Lin und streckte ihre Hände einem der wärmenden Lichter entgegen. „Jetzt heißt es Augen auf, damit wir den ersten Stern nicht verpassen.“ sagte Will und trank ein paar Schluck von dem Wasser, welches Matiku ihnen mitgegeben hatte. „Keine Sorge, im Sterne beobachten bin ich mittlerweile ganz gut.“ antwortete Hay Lin, die mit ihrem Freund Eric oft den nächtlichen Himmel betrachtet hatte. Beim Gedanken an Eric durchfuhr sie jäh die bekannte Traurigkeit, die in der ersten Zeit, nachdem er Heatherfield verlasen hatte, ihr ständiger Begleiter gewesen war. Energisch wischte sie diese Gedanken beiseite. Andere Dinge waren nun wichtiger. „Will, Irma, Tara, Hay Lin?“ kam es in diesem Moment leise von Cornelia und die Angesprochenen wandten sich ihr zu. „Bevor wir auf den Shar-Ghul treffen, möchte ich euch noch etwas sagen.“ Sie hatte den Blick gesenkt und schaute auf ihre Hände, die sie ununterbrochen im Schoß knetete. Offensichtlich fiel es ihr nicht leicht weiterzusprechen. „Nun mach´s nicht so spannend.“ Kommentierte Irma, was ihr aber sogleich böse Blicke von den anderen einbrachte. „Ihr wisst ja, ich bin nicht so gut im Reden“, setzte Cornelia an „aber vielleicht ist dies die letzte Gelegenheit es euch zu sagen…“. Sie zögerte kurz und sah dann auf. „Ich bin von ganzem Herzen dankbar, dass ich euch habe. Auch wenn ich es nicht immer zeigen kann, aber ihr seid die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich meine, natürlich liebe ich meine Familie über alles, aber das ist etwas anderes. In diese Familie wurde ich hineingeboren, aber ihr, WIR, haben uns bewusst dafür entschieden, gemeinsam den Weg zu gehen. Auch wenn wir unsere kleinen Differenzen haben, bessere Schwestern kann ich mir nicht vorstellen. Ich liebe euch… auch dich du Trampel.“ fügte sie an Irma gewandt hinzu. Die vier Mädchen waren sprachlos, selbst Irma brachte kein Wort heraus, aber alle dachten dasselbe. Cornelia, die allem und jedem sonst immer zurückhaltend und kühl begegnete, hatte gerade ihre tiefsten Gefühle offenbart. Sorgfältig gewählte Worte, die das ausdrückten, was sie sonst selten zu zeigen vermochte. Stumm griffen sich alle bei den Händen und der Feuerschein spiegelte sich in den Tränenspuren, die über ihre Gesichter liefen. Ein Blick in die Runde reichte, um zu erkennen und zu verstehen, dass Cornelia nur das laut ausgesprochen hatte, was jede tief in sich fühlte. Das Schicksal hatte sie zusammengeführt, auch wenn sie dieses anfangs nur schwer annehmen konnten. Viele Male hatten sie sich schon in Gefahr begeben und das eigene Leben in die Hände der anderen legen müssen. Aber sie hatten es geschafft, sie hatten ihr Schicksal angenommen und gingen den, ihnen vorherbestimmten Weg gemeinsam Feuer, Wasser, Erde und Luft vereint zur kosmischen Energie, so war es jetzt und so würde es auch in Zukunft sein. „Seht mal!“ rief Irma plötzlich und der magische Augenblick löste sich auf. Sie deutete mit dem Finger in den nächtlichen Himmel. „Der erste Stern!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)