Die Entscheidung - Ein Leben, zwei Wege von Kriska (Welchen wirst du wählen?) ================================================================================ Kapitel 24: "Ich habe dich vermisst..." --------------------------------------- ~~~~~~•~°~°~°~•~~~~~~ Kapitel 24 „Ich habe dich vermisst…“ Die Sonne sandte ihr strahlendes Licht auf den ruhigen Hügel herab. Ein dichter Wald breitete sich hinter eben dieser sonnenbeschienenen Anhöhe aus und zog alle Blicke wie magisch an sich. Denn dies war kein einfacher Wald. Ein Wald voller Gefahren und Zauber, in dem magische Wesen hausten. Würde man ihn durchqueren - den mühsamen Weg auf sich nehmen bei dem man nicht einmal sicher sein konnte, dass man ihn unbeschadet übersteht – würde man auf eine Burg treffen. Eine Schule für Junge Hexen und Zauberer. Schon so einige der jungen Schüler konnten dem Zauber des Waldes nicht widerstehen, ließen sich in seinen Bann ziehen – aller Gefahren und Warnungen zum Trotz – und machten sich auf, um so manches Abenteuer in dem verwunschenen Forst zu erleben. Wer könnte es ihnen den verdenken? Wer, der den Wald vor sich sah - der vom Licht der hoch stehenden Sonne beschienen wurde, dessen düsteres Antlitz, wie vom Morgentau in einem verzauberten Schein glänzte, wenn der Wind, durch die in einander verschlungenen Baumkronen wehte und das geheimnisvolle Flüstern der Waldbewohner über die Gründe der Schule wehte – ja, wer konnte es den wenigen Schülern dann noch verübeln? Der Zauber war da, man konnte ihn fast schon greifen… der Zauber des verbotenen Waldes von Hogwarts… Auch hier, am Fuße des sonnenbeschienenen Hügels, konnte man die Anziehung, die vom Wald ausging, deutlich spüren. Genauso wie man die wispernden Stimmen und Laute, die der kühle Novemberwind herüberwehte, hören konnte. Doch mischte sich auch ein Knarren in die sonst ruhige Atmosphäre des Novembertages. Das störende Geräusch, brachte einem dazu, den Kopf zu heben um dem Ursprung dessen ins Angesicht zu sehen. So mancher wäre von dem Anblick, der sich einem daraufhin bot, mehr als nur enttäuscht. Denn es war nur ein altes, zweistöckiges Haus, durch das der Wind pfiff und die Geräusche verursachte und nicht irgendein anderer Ursprung, den so manch eine wilde Kinderphantasie sich wohl ausmalen würde. Die Fenster und Türen des baufälligen Gebäudes waren mit Brettern verriegelt, der Garten, der zum Haus gehörte, war verwildert und ein schon etwas verwittert aussehender Zaun, versperrte den Zugang zum Haus. Alles in allem kein so recht imposant wirkender Anblick. Doch konnte man es nicht leugnen. Auch dieses Haus verströmte, genau wie der ihn umgebende dunkle Wald, eine Aura die eine gewisse Faszination ausübte. Etwas Geheimnisvolles… Gefährliches… Dies könnte jedoch auch an den Gerüchten liegen, die sich um das Gebäude rankten. Schauergeschichten über Geister die ihr Unwesen trieben, wie noch nie welche vor ihnen… Ja, wer die Geschichte der Heulenden Hütte, den um eben diese handelt es sich um das baufällige Gebäude, kannte, würde nicht über sie spotten und sicheren Abstand zu ihr halten. Denn wer wusste schon wann die wütenden Geister, die sie früher beherbergte, wiederkehren würden… Nur wenige wussten, dass dies nie eintreffen würde, es die Geister niemals gab. Wieso sollte man es ihnen auch sagen? So würde ein weiterer Mythos aufrecht bleiben, der zumindest etwas Aufregung und Abwechslung in das Leben der umliegenden Bevölkerung brachte. Zumindest bis jemand den Mut finden würde, dem Geheimnis auf die Spur zu gehen. Bis man er kennen würde, dass die Angst vor den Geistern unbegründet war. Doch bis dahin war noch Zeit… •~°~°~°~• Etwas mit den Gedanken abwesend saß Aylin auf einer kleinen Bank am Fuße des Hügels, auf dessen Spitze sich die heulende Hütte befand. Sie bemerkte weder das atemberaubende Spiel der Sonnenstrahlen, das die Baumkronen des angrenzenden verbotenen Waldes zum leuchten brachte, noch das leise Flüstern eben jenes oder das Knarren der Hütte, das der Wind herüberwehte. Sie spürte nicht einmal wie der, schon äußerst kühle, Novemberwind sie zum frösteln brachte. Zu sehr war sie in ihren Gedanken vertieft. Was war heute auch ein seltsamer Tag. Zuerst der ganze Stress, den sie am frühen Morgen hatte. Dann lief sie Malfoy in die Arme. Etwas, was sie nicht im Geringsten vorhatte. Aber wer fragte sie schon nach ihrer Meinung. Nach der kleinen – schon üblichen – Auseinandersetzung mit dem Blonden fügte sie sich, etwas frustriert, ihrem Schicksal – oder eher dem Willen des nervenaufreibenden Slytherin – und machte sich für ihr ‚Date’ fertig… es war ja wohl klar, dass sie das nicht mit Freudentränen und vor Aufregung zitternden Händen getan hat, wie es wohl bei jedem anderem Mädchen der Fall wäre… Wenn ihre Hände gezittert hatten, dann wohl eher vor Wut und dem unterdrückten Drang dem Malfoy den Hals umzudrehen… Wie auch immer, zumindest zeigte das Schicksal etwas Gnade, so dass sie weder Ron noch Ginny über den Weg lief. Nun ja, als sie dann, etwas gereizt, bei ihrem ‚Date’ ankam war sie sich schon mehr als nur sicher, dass ihr Tag gelaufen war. Denn der Slytherin war mal wieder die Nettigkeit in Person, doch bevor sie der Versuchung, Malfoy zu erdrosseln, nachgeben konnte tauchte Blaise auf. Noch nie hatte sie sich so sehr gefreut den Slytherin zu sehen. Es konnte jetzt nur noch besser werden! Denkste! Zwar hielt der Schwarzhaarige seinen Hauskameraden im Zaum, doch zwang er sie auch sich zu beherrschen und sich nett mit dem Eisprinzen Slytherins zu unterhalten… ok, nach einer Weile hatte auch das geklappt… Aber es ging hier ums Prinzip! Mit alldem konnte sie ja noch – zwar Zähneknirschend – leben, aber wer dachte, dass das alles war, der täuschte sich gewaltig. Es wäre ja zu viel verlangt wenn Harry Potter, alias Aylin Dursley, ein Mal in seinem Leben zum Atem kommen könnte. Nein, um Merlins Willen, wie kam man nur auf den Gedanken! Ruhe… Pah! Wer brauchte die schon! ... War es eigentlich noch normal – oder auch gesund – in diesem Alter einen so großen Hang zum Sarkasmus zu haben? Aber was war bei ihr – oder auch an ihr – denn noch normal… Mal ehrlich, sie war ein Kerl, der in einem Frauenkörper steckte… und das auch noch aus freiem Willen… Sie wäre wohl der Traum eines jeden Psychiaters… obwohl… der Arme, würde wohl selbst eine Therapie brauchen, nachdem sie ein paar Sitzungen hinter sich hatten… Aber genug davon, sie kam vom Thema ab. Wo war sie stehen geblieben? Ach ja, dass das Leben so ungerecht war und sie nie zur Ruhe kommen ließ. Wie sie denn auf diesen unglaublich abwegigen Gedanken kam? Nun ja, es konnte daran liegen, dass sie jetzt vor der 'heulenden Hütte’ saß… mit Tom, einem Kerl von dem sie nur den Namen kannte… und das, nachdem er sie von ihrem ‚Date’ weggezerrt hatte… was eigentlich nicht so schlecht war… sondern eher die Tatsache, dass er es war, sie jetzt zusammen hier waren – ganz alleine wohl gemerkt – und sie einfach nicht weg konnte! Wäre es einer der üblichen Typen die ihr hinterher liefen, wäre es einfach ihn abzuwimmeln… aber bei dem Schwarzhaarigen ging das nicht so leicht… hatte sie es doch schon vorher probiert und war kläglich gescheitert. Tja, so versuchte sie nun das Beste aus ihrer Situation zu machen… sie ignorierte Tom und wandte ihm den Rücken zu während sie immer noch abwesend vor sich hin starrte. Stumm stand Tom da, lauschte dem Heulen des Windes und ließ der Schwarzhaarigen Zeit um ihre Gedanken zu ordnen. Ihm war vollkommen bewusst, dass er sie überrumpelt hatte. Andernfalls wäre es nicht möglich gewesen sie einfach so von ihren Freunden zu trennen. Während Aylin die Schönheit und Präsenz des Waldes nicht zu bemerken schien – zu sehr war sie in ihre Gedanken vertieft – nahm Tom sie sehr wohl wahr. Diese dunkle, geheimnisvolle Aura, die schon seit Jahrhunderten bestand. Welch ein Gefühl… Doch war dies nicht das einzige, was er spürte. Da war noch etwas. Etwas, das von dem Mädchen aus ging. Etwas, das er vom ersten Moment an, an dem sie sich sahen, gespürt hatte. Es war von Anfang an da. Mal schwächer, mal stärker. Eine Aura, die er kannte. Noch war er sich nicht vollkommen sicher, doch die Ahnung, die er hatte, würde von Tag zu Tag stärker… festigte sich… Und noch etwas wurde immer deutlicher. Ein Gefühl, für dessen Ursprung er keine Erklärung fand… doch war es da… eine Unruhe, die tief in seinem inneren pochte… warnte… Eine Bewegung, die Tom aus den Augenwinkeln wahrnahm, hielt ihn davon ab weiter in seinen Gedanken zu versinken. Er wandte den Kopf etwas in Aylins Richtung und bemerkte, dass sie leicht zitterte. Einige Sekunden blickte er sie nur stumm an, bevor er lautlos seufzte, auf das bockige Mädchen zu ging, seinen Umhang löste und um ihre leicht zitternden Schultern legte. Ehe sie reagieren konnte, war Tom bereits wieder an seinem vorherigen Standort und blickte ungerührt in den Wald. Als sich plötzlich etwas um ihre Schultern legte zuckte Aylin zusammen und blickte – aus ihren Gedanken gerissen – etwas verdattert auf. Überrascht fuhren ihre Hände zu dem schwarzen, seidigen Stoff des Umhangs während ihr Blick unsicher zu Tom wanderte. War das sein Umhang? Musste wohl so sein… Erst jetzt fiel ihr auf, wie kalt ihre Hände waren und dass ihr Körper zitterte. Unbewusst kuschelte sie sich etwas in den warmen Stoff und schlang ihn etwas fester um ihren Leib. Eine leichte Röte färbte ihre Wangen als sie realisierte, dass die Wärme, die das Kleidungsstück von sich gab, wohl noch größtenteils von Tom stammte. Genauso wie der leichte Duft des Parfüms am Umhangkragen. Ihm war wohl - im Gegensatz zu ihr - aufgefallen, dass sich die Kälte bei ihr bemerkbar machte und ihr eigener Umhang ungenügend Schutz bot. Doch anstatt ihr einen seiner typischen Kommentare an den Kopf zu werfen, wie er es sonst immer tat, half er ihr. Als ihr Blick musternd über seine Gestalt wanderte, zogen sich ihre Augenbrauen leicht zusammen. Ok, ihr war jetzt nicht mehr kalt, aber was war jetzt mit ihm? Sie konnte es sich nicht vorstellen, dass es mit dem schwarzen Hemd und der ebenfalls schwarzen Stoffhose - hatte der Kerl eigentlich nur schwarze Kleidung? - besonders warm war, besonders da hier der Wind recht stark war. Doch andererseits… war das nicht sein Problem? Sie hatte ihn nicht um seinen Umhang gebeten. Es war allein seine Entscheidung gewesen. Und er war doch alt genug um die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen… auch wenn es in diesem Fall so was stupides war wie etwas zu frieren. Tja, dies waren ihre Gedanken. Doch das Leben wäre ja langweilig wenn der Kopf und das Gefühl immer einer Meinung wären. So war es nun, dass ihr Gefühl sich nicht darum kümmerte was in ihrem Kopf vorging und einfach nur schnell handelte. „Ist dir jetzt nicht kalt?“, kam es leise über ihre Lippen bevor sie auch nur realisieren konnte, dass sie etwas in der Richtung – oder überhaupt – sagen wollte. ‚Ach du Scheiße!’, schoss es der Schwarzhaarigen durch den Kopf. ‚Hatte ich nicht gerade eben beschlossen, dass es sein Problem ist? Von mir aus kann er erfrieren!’ Verblüfft hob Tom den Kopf. Hatte sie das jetzt wirklich gefragt? Er hatte erwartet, dass sie ihm weiterhin die kalte Schulter zeigen würde. Zwar hatte er ihre Blicke, die sie ihm in den letzten Momenten zugeworfen hatte, sehr wohl bemerkt, doch hatte er einen etwas biestigen Einwurf erwartet. Und ganz bestimmt keine Frage, mit der sie sich um sein Wohlbefinden erkundigte! Mit solchen und ähnlichen Gedankengängen fixierte er das Mädchen, das wie erstarrt und etwas blass – war da jemand über sich selbst erschrocken? – auf der Bank saß und den zu großen Umhang um sich geschlungen hatte. Bei dem Anblick musste er leicht lächeln. So zickig und störrisch sie auch sein mochte, konnte sie aber auch genauso süß sein… zwar selten, aber sie konnte. Als Aylin, die spürte, dass Tom sie fixierte, langsam den Blick hob trafen smaragdgrüne Augen auf schwarz-braune. Sekundenlang herrschte Stille, es schien als würde die Welt den Atem anhalten. Plötzlich bildete sich auf Toms Gesicht ein mehr als nur breites und spitzbübisches Grinsen. ‚Erwischt!’, war der zutreffende Gedanke der ihm und auch Aylin durch den Kopf ging. Aylin registrierte nur am Rande wie das sanfte Lächeln von Tom immer breiter wurde und zu einem jener mutierte, die sie ihm am liebsten aus dem Gesicht schlagen würde. Doch als ihr wirklich bewusst wurde, dass er sie breit anfeixte und seine Augen – in deren Tiefen sie bis gerade eben versunken war – leicht spöttisch und triumphierend funkelten, schoss ihr die Schamesröte siedendheiß ins Gesicht und sie wandte rasch den Blick ab. Da starrte sie ihm – fast schon verträumt – ins Gesicht, oder besser gesagt in die Augen, und merkte es nicht einmal! Und noch dazu merkte er es! ‚Erwischt!’, schoss es ihr beschämt durch den Kopf und sie war sich sicher, dass er derselben Meinung war. Leise lachend ging Tom auf das Mädchen zu, brachte die wenigen Meter die sie trennten hinter sich und blieb neben der Bank stehen. Mit funkelnden Augen sah er auf die errötete Gryffindor, die wieder stur in eine andere Richtung blickte, herab und schenkte ihr ein Lächeln, das sie leider nicht sehen konnte. „Nein, nicht wirklich. Aber danke der Nachfrage.“ Er unterdrückte den Drang ihr ein ‚Wir können uns ja gegenseitig wärmen’ entgegen zu hauchen. Wenn er das täte, würde er sich wohl einen nicht gerade angenehmen Tritt einfangen, so wie sie es ihm bereits einmal angedroht hatte. Und das wollte er nicht. Zwar war er etwas sadistisch, das gab er offen zu, doch masochistisch veranlagt war er dann doch wieder nicht. Da Aylin auf seine Worte keinerlei Reaktion zeigte setzte er sich, verschmitzt vor sich hin grinsend, neben die Schwarzhaarige was dazu führte, dass sie etwas zusammenzuckte und die Röte auf ihrem Gesicht – ganz zu ihrem Ärger – etwas zu nahm. Nach einigen Momenten der Stille seufzte Tom leise. „Ich zwinge dich nicht hier zu bleiben. Wenn dir meine Gesellschaft so zu wider ist, kannst du gehen. Ich werde dich nicht aufhalten.“ Die leisen Worte hallten in Aylins Kopf wider und es dauerte einige Momente bis sie verstand, was sie bedeuteten. Irritiert und etwas sauer runzelte sie die Stirn. ‚Wie bitte? Zuerst zerrt er mich, nachdem er Wochen lang verschwunden war, einfach her und jetzt, ganz plötzlich, hab ich die freie Wahl zu bleiben oder nicht?’ Langsam drehte sie den Kopf zu Tom und blickte ihn aus etwas zusammengekniffenen Augen an. „Ach, auf einmal? Sonst hat es dich auch nicht interessiert ob ich mich in deiner Anwesenheit wohl fühle oder nicht. Meldet sich jetzt dein Gewissen, oder was? Hast du jetzt Probleme damit dich aufzudrängen?“, zischte die Gryffindor nicht gerade freundlich und fast schon verächtlich ihrem Sitznachbarn zu. Der Angezischte war zuerst etwas über die Antwort überrascht, doch sah er ruhig in das Gesicht der gereizten Schwarzhaarigen. „Kann sein. Aber wenn du dich wirklich so unwohl fühlst, wie es jetzt rüberkommt, tue ich dir den Gefallen und gehe wieder.“ Kaum hatte er ausgesprochen, erhob sich der Schwarzhaarige um zu gehen. Doch plötzlich hielt er inne und blickte dem regungslosen Mädchen noch einmal in die Augen. Dann tat er etwas, das Aylins Herz fast zum Stillstand brachte… er lächelte. Ein Lächeln, das einem Schwach werden ließ. Ein Lächeln, das die Zeit still stehen ließ. Ein Lächeln, das einem alles vergessen ließ. Ein Lächeln, das man nie vergessen würde… „Aber es freut mich, dass du wieder mit mir sprichst.“, mit diesen Worten drehte er sich um und ging los. Toms sanfte Stimme jagte ihr einen Schauer über den Körper und vollkommen paralysiert blickte sie auf seinen Rücken, nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Noch war sie zu sehr im Bann seines Lächelns, seiner Augen und seiner Stimme gefangen. Doch plötzlich machte es Klick und sie richtete sich ruckartig auf, die Augenbrauen wieder unwillig zusammengezogen. „Das ist wieder mal so was von typisch! Du kommst und gehst wie es dir gefällt! Und dann wunderst du dich, dass ich angepisst bin!“, regte sich Aylin nicht gerade leise auf. Abrupt blieb Tom stehen und drehte sich etwas irritiert um, sah somit der grimmigen Schwarzhaarigen ins Gesicht. Er hatte sich gerade mal fünfzehn Meter von ihr entfernt bevor ihre Stimme ihn zum Anhalten bewegt hatte. Wollte sie etwa doch nicht, dass er ging? Doch er hatte nicht mehr die Möglichkeit weiter darüber nachzudenken, denn die Gryffindor war auf ihn zugeschritten und nun bei ihm angekommen. Böse funkelte sie ihn noch mal an, bevor sie sich bei dem noch etwas verwirrten Tom einhackte – was für diesen mehr als nur unerwartet kam – und ihn mit sich zog. Etwas sprachlos sah der Schwarzhaarige auf den schwarzen Schopf neben sich herab. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er behaupten, dass die Geste von Aylin deutliche Anzeichen von Besitzansprüchen zeigte. Doch sie würde bei ihm doch nicht besitzergreifend werden… oder etwa doch? Aylin hielt sich mit beiden Händen an Toms Arm fest, die Finger fest in das schwarze seidene Hemd gekrallt, zog sie ihn den Weg entlang in Richtung Hogsmead. Wollte dieser Idiot doch einfach abhauen! Da hatte er aber nicht mit ihr gerechnet. Sie hatte es nämlich satt dass er kam und ging wie er gerade Lust und Laune hatte! Jetzt würde sie auch einmal mitbestimmen. Vergessen waren die spöttischen Bemerkungen über das ‚Anhängsel’ und die Gedanken darüber, dass sie ihn doch nicht wieder sehen wollte. Vergessen und im Moment für irrelevant befunden. Denn im Augenblick dachte sie nicht daran ihn gehen zu lassen. Komme was da wolle! „Aylin?“, kam es vorsichtig von Tom, der immer noch nicht wusste wie genau er jetzt reagieren sollte. „Was?“, kam die geknurrte Antwort, ohne dass sie den Schwarzhaarigen auch nur eines Blickes würdigte. „Du willst jetzt also doch nicht, dass ich gehe?“ Selten hatte man Tom mit einem so zögerlichen Tonfall sprechen hören. Als Antwort bekam er ein abfälliges Schnauben, bevor die Gryffindor sich herabließ und ihm eine Antwort gab. „Das spielt jetzt keine Rolle. Aber was wichtig ist, ist dass du immer wieder deine Meinung änderst! Zuerst terrorisierst du mich fast mit deiner Anwesenheit, dann bist du wie vom Erdboden verschluckt. Ganz plötzlich änderst du doch noch deine Meinung und lässt dich dazu herab, mich mit deiner Anwesenheit zu beehren. Keine zwanzig Minuten später kommt wieder so ein plötzlicher Sinneswandel! Kannst du dich nicht endlich mal entscheiden und deinen Entschluss durchziehen!“ Nach diesem Wortschwall war es still und man hörte nur noch das leichte Schnauben der etwas in Rage geratenen Gryffindor. Tom war – gelinde gesagt – verblüfft. Er hatte alles erwartet… nur nicht das. Was jetzt kam konnte er genauso wenig unterdrücken wie das breite Grinsen, das für den Bruchteil einer Sekunde über sein Gesicht huschte. „Da liegt also das Problem.“, sprach er den Gedanken, der ihm kam, laut aus. Auf das Schnauben, das er daraufhin erntete, ging er gar nicht erst ein, sondern wurde langsamer, bis er ganz zum stehen kam und Aylin mit ihm. „Du bist sauer, dass ich dich in letzter Zeit in Ruhe gelassen habe. Aber war es nicht genau das, was du wolltest?“, fragte Tom sanft. Aylin öffnete den Mund um zu protestieren, doch schloss sie ihn wieder als Tom weiter sprach. „Du hast mich vermisst…“, ganz leise, fast schon geflüstert, wurden die Worte ausgesprochen. Doch hätte ihre Wirkung nicht größer sein können. Wieder stieg Aylin die Röte in das Gesicht, brachte sie dazu sich abzuwenden, den Blick gen Boden zu richten. Nervös biss sie auf ihre leicht bläulich angelaufene Unterlippe. Doch es kam kein Wort des Protestes. Sie versuchte nicht einmal zu widersprechen. Ihr Kopf war wie leer gefegt, nur dieser eine Satz – ‚du hast mich vermisst’ – hallte wie in einer Endlosschleife immer wieder durch ihre Gedanken. Konnte es wirklich sein? War dies der Grund warum ihre Gedanken immer wieder zu dem Schwarzhaarigen glitten? War es das, was Hermine ihr hatte sagen wollen, bevor Lavender, Parvati und Ginny sie am gestrigen Abend unterbrochen hatten? Unsicher wandte sie den Kopf ab und starrte zu Boden, versuchte eine Antwort zu finden. Im Moment war sie nicht dazu fähig dem Blick aus den schwarz-braunen Augen stand zu halten. „Hey, schon gut, ist doch nicht so schlimm.“, kam es aufmunternd und verständnisvoll von der samtigen, dunklen Stimme, die schon für so manchen wohligen Schauer verantwortlich war. Mit zwei Fingern, die sich unter das zarte Kinn der Gryffindor legten, brachte er sie dazu ihm wieder ins Gesicht zu sehen, genau in die dunklen Augen und das sanfte Lächeln. Aylin musste Schlucken. Das war nicht gut, überhaupt nicht gut! Besonders wenn man bedachte in welche – fast schon undenkbare – Richtung ihre Gedanken gerade gingen. Da waren dieser Blick, dieses Lächeln, diese zärtliche Hand nicht gerade von Vorteil. ‚Nicht schlimm’ sagte er. Pah! Von wegen. Das würde er nicht sagen wenn er wüsste wer sie in Wirklichkeit war. Bei dem Gedanken daran wie er darauf reagieren könnte, krallten sich ihre Finger unbewusst fester in den Arm des Schwarzhaarigen. Nein, das wollte sie nicht. Das wollte sie wirklich nicht. Und sie würde es verhindern, dass es jemals jemand erfuhr… dass er es erfuhr… Tom bekam sehr wohl das Gefühlschaos, das in der Gryffindor tobte, mit. Er sah wie sich in diesen tiefgrünen Augen die verschiedensten Emotionen widerspiegelten. Unsicherheit, Irritation, Unglauben, Erkenntnis, Frust, Furcht und Entschlossenheit. Was ging bloß in ihrem Kopf vor? Doch hielt er sich davor zurück in eben jenen einzudringen. Auch wenn es verlockend war. Doch war dies nicht das einzige was er mitbekam, sondern auch dass das Gefühl, dass er bei ihr hatte… dass sie ihn an jemanden erinnerte… es flackerte. Wurde von einer Sekunde mehr und dann doch wieder so, als hätte er es sich bloß eingebildet. Er konnte sich bloß denken was der Grund dafür war. Aber auch nur wenn seine Theorie stimmte… Innerlich den Kopf schüttelnd blockte er dies alles ab. Er würde sich später darum Gedanken machen. Nicht jetzt. So strich er also sanft mit dem Finger über die gerötete Wange. Als er spürte wie der schlanke Körper erschauderte und sie sich fester an ihn krallte musste er nur noch mehr lächeln. „Es ist wirklich nicht schlimm…“, flüsterte er und beugte sich zu ihrem Ohr hinunter, „…denn ich habe dich auch vermisst…“, hauchte Tom und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange, bevor er sich wieder aufrichtete und sie sanft in Richtung Hogsmead zog. Aylin errötete auf Grund der Worte und des Kusses nur noch mehr. Sie wusste nicht was sie sagen, was sie tun sollte. Langsam entglitt ihr die Situation. Sie war nicht mehr Herrin ihrer Sinne und ihrer Gedanken. Er brachte sie aus dem Konzept. Und sie ließ es zu. Sträubte sich nicht. Und das schlimmste war, dass es ihr egal war. Sie wollte mit ihm den Tag verbringen. Was war nur mit ihr los? •~°~°~°~• Der Geräuschpegel in der Großen Halle nahm deutlich zu. Was an sich nichts Ungewöhnliches war, denn es war Sonntagnachmittag und Zeit für das Abendessen. So alltäglich die Situation war, umso gereizter wurde der schwarzhaarige Mann am Lehrertisch. Denn der Lärm trug nicht gerade dazu bei dass seine Migräne angenehmer wurde. Ganz im Gegenteil, sie nahm gerade neue und rekordverdächtige Ausmaße an. Doch als ob das nicht reichen würde, schmerzte ihn auch noch jeder einzelne Muskel und Knochen in seinem Körper. Eine klitzekleine Nebenwirkung des Cruciatus-Zaubers, den er vor nicht ganz vierundzwanzig Stunden abbekommen hatte. Und warum? Weil er nicht schnell genug geantwortet hatte. Alles nur auf Grund dieses vollkommen absurden Auftrages, den er hatte. Und nur mal so nebenbei, war er auch noch weit unter seiner Würde. War er denn ein Babysitter? Nicht, dass er es wüsste! Wie gerne würde er seine aufgestaute Wut an der Ursache des ganzen Übels auslassen. An dieser kleinen Gryffindor. Doch Zähneknirschend musste er sich zusammenreißen. Irgendwann würde er schon noch die Gelegenheit bekommen um sie für jeden einzelnen Cruciatus-Zauber büßen zu lassen. Für jeden einzelnen. Dafür würde er schon noch sorgen… ~~~~~~•~°~°~°~•~~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)