X-Men Evolutions von Owl_of_the_Arcane (-Ein neues Jahr-) ================================================================================ Kapitel 10: Das Geständnis -------------------------- Eine strahlende, rotgoldene Sonne erhob sich über den Horizont und vertrieb die frühmorgendlichen, herbstlich anmutenden Nebelschwaden, die über den feuchten Boden wabberten. Wie ein kleines Meer aus funkelnden Juwelen, glitzerten die feuchten Grashalme im morgendlichen Sonnenlicht. Ein paar weiche Wattewolken zogen träge über den heller werdenden Himmel und deuteten auf einen schönen Tag hin. Es war ein malerischer Anblick, den kein noch so begabter Künstler hätte einfangen können, ohne ihn seiner magischen Ausstrahlung zu berauben. Nichtsdestotrotz blieb dieser schöne Morgen den meisten Schlafmützen verborgen, die zu den Langschläfern gehörten. Nur eine kleine Gruppe von begeisterten Frühaufstehern hatte sich auf dem Balkon ihres Zimmers versammelt und beobachteten das farbenprächtige Spektakel. Alexis, Kitty und selbst die mürrische Rouge harrten in ihren Nachthemden auf dem Balkon aus und hießen die ersten Sonnenstrahlen willkommen. „Wirklich wunderschön. Der Indian Summer ist immer wieder sehenswert“, schwärmte Kitty, der die beiden anderen Mädchen schweigend zustimmten. Bis dass die Morgenglocke erklang und damit das frühstück ankündigte, hatten die drei auf dem Balkon ausgeharrt und den wunderschönen Sonnenaufgang bestaunt. Nun aber wanderten sie gut gelaunt und gespannt auf den neuen Tag Richtung Esssaal. Wie eine Schar Schafe wanderte die gesamte beschauliche Schülerschar schnatternd und lärmend die Flure entlang dem unwiderstehlichen Geruch nach frischen Brötchen und Toast folgend. Es war einer jener Tage, die viel versprechend begannen und eh man sich versah schon wieder zu Ende waren. Kitty ging während des Frühstücks nochmals ihren kleinen Terminplaner durch, den sie seit einem knappen Monat besaß und sah nach, welche Unterrichtsfächer heute auf dem Plan standen. Rot markiert prangte ein Kästchen weiter unten auf dem heutigen Unterrichtsblatt und signalisierte mit seiner warnenden Farbe, dass dies etwas sehr wichtiges oder aber weniger angenehmes sei. Als Rouge sich neugierig vorbeugte um die zierliche Schrift in dem Kästchen zu entziffern, neckte sie ihre Freundin damit, ob sie wieder ein Date mit Lance Alvars, besser bekannt als Avalance, hätte. Zur Rouges sichtlicher Enttäuschung handelte es sich bei der markierten Stelle nicht um einen wichtigen Hinweis auf ein Date, sondern um eine simple Erinnerung an den heutigen Survival-Kurs im Gefahrenraum. Dieser Kurs, bei dem die besonderen Fähigkeiten der jungen Mutanten geschult wurden, wurde von niemand anderem denn ihrem murrenden Sportlehrer Logan unterrichtet. „Warst du schon einmal im Gefahrenraum?“ fragte Rouge das Katzenmädchen, das bisher stillschweigend neben ihr gesessen hatte. Diese erwachte aus ihren tagträumerischen Gedanken, die sich wie zu oft in der letzten Zeit um ihre Eltern gedreht hatten. „Nein, ich habe nur gehört, dass es ihn gibt und dass er für wichtiges Training gebraucht würde…“, gestand Alexis und manschte ein wenig lustlos in ihren von der Milch aufgeweichten Cornflakes herum. „Du brauchst dir jedenfalls keine Sorgen um deine Sicherheit zu machen. Zum einen passt ja Logan auf und zum anderen gibt es noch ein Sicherheitsprotokoll, das dazu da ist gefährliche Situationen zu kompensieren“, erklärte Kitty zuversichtlich. „Allerdings ist das so eine Sache für sich mit diesem Sicherheitsprotokoll. In letzter Zeit ist es ziemlich oft ausgefallen, obwohl Beast sich darum bemüht hat es zu reparieren. Ist ein wenig eigenwillig dieses Programm, aber wie Kitty schon sagte, wir passen auf“, sagte Kurt gelassen und mit einem zwinkernden Auge. Der Teleporter-Mutant hatte wieder seinen Hologrammprojektor eingeschaltet, sodass er wie ein gewöhnlicher Schuljunge den drei Mädchen gegenüber an dem langen Tisch saß und genüsslich seine aufgeweichten Cornflakes schlürfte. „Irgendwie hat das nicht sonderlich zu meiner Beruhigung beigetragen, Kurt“, murrte Alexis wenig erfreut. „Ach komm schon, das darfst du nicht so eng sehen, außerdem wüsste ich nicht, wovor du Angst haben müsstest, immerhin hast du jetzt schärfere Sinne und ein blitzschnelles Reaktionsvermögen.“ Noch während Kurt sprach verdüsterte sich der Blick der Katzen-Mutantin, bis sie schließlich abrupt aufstand und den Esssaal verließ ihre verdutzten Freunde zurücklassend. „Das war mehr als unpassend, Kurt“, rügte Kitty den perplexen Jungen, der dann aufstand und mit raschem Schritt dem Mädchen nacheilte, um sich für seine unbedachten Worte zu entschuldigen. Alexis reagierte immer noch sehr unberechenbar und zumeist gereizt, wenn man auf ihr neues Äußeres und ihre Mutantenkräfte zu sprechen kam, da sie sich noch nicht sonderlich an diese gewöhnt hatte. Aber noch eine andere Sache machte ihr zu schaffen. Logan hatte sie bisher in keinerlei Weise angesprochen, oder die Wahrheit über ihre Verwandtschaftsbeziehung zueinander anderweitig ausgesprochen. Der Gedanke, dass der große, mürrische Lehrer diese erstaunliche Erkenntnis erst selbst einmal verarbeiten musste, kam ihr nicht. Dass er vielleicht ebenso wie sie noch die Wahrheit dieser Erkenntnis anzweifelte, vermochte sie nicht zu begreifen, denn sie wünschte sich, seit ihre Zieheltern gestorben waren, nichts sehnlicher denn ihre wahren Eltern zu finden. Familiäre Bindungen hatten für sie immer schon einen hohen Stellenwert gehabt und daran hatte sich nichts geändert. Schnellen Schrittes wanderte sie durch die endlosen fast gänzlich gleich aussehenden Flure, sodass ihre langen schwarzen Haare nur so hinter ihr her flatterten. Erst als sie fast in Kurt, der sich vor sie teleportiert hatte, hineinrannte, kam sie sie zu einem abrupten Halt. „Was willst du?“, fauchte sie ihn sogleich ungehalten an. Inzwischen lagen ihre Nerven fast blank und es wäre kein Wunder, würde sie gleich ihre Beherrschung verlieren und das konnte in ihrem momentanen Zustand sehr unangenehm für den blauen Jungen werden, der sie vorsichtig zu beschwichtigen versuchte und sich für seine unangebrachte Wortwahl entschuldigte. „Du bist seit einiger Zeit so angespannt, wenn dich etwas bedrückt, dann kannst du uns das sagen, mir oder Kitty und Rouge, oder auch einem Lehrer“, bot er versöhnlich an und legte eine Hand auf ihre Schulter. Anstelle diese abzuschlagen, beruhigte sich Alexis allmählich. Kurt hatte voll ins Schwarze getroffen. Sie hatte wirklich Kummer, aber mit wem sollte sie darüber sprechen, am besten wäre ja Logan, aber dazu besaß sie nicht den Mut. Sie verspürte einen sanften Druck, als Kurt sie freundschaftlich umarmte und sie ließ es willig geschehen, war es doch gerade das, was sie brauchte, Geborgenheit und Sicherheit, wo ihre bekannte Welt doch unter ihren Füßen weg gebrochen war. Das Geräusch schwerer Schritte und ein deutlich vernehmbares Räuspern zeigten den beiden, dass sie nicht mehr allein waren. Fast wäre Alexis das Herz in die Hose gerutscht, als sie erkannte, wer sich ihnen dort näherte. Schwarzes, kurzes Haar, stechende braune Augen, ein paar unbändige Strähnen und ein paar Bartstoppel in einem markanten, scharf geschnittenen Gesicht ließen nur einen Schluss zu, Logan. Mit sichtlicher Verlegenheit löste sich Kurt wieder von Alexis und verabschiedete sich schnell von ihr mit der Bemerkung, dass seine Cornflakes vor dem totalen Durchweichen gerettet werden müssten und schon war er mit einer kleinen Schwefelwolke, die er bei jeder Teleportation hinterließ, wieder verschwunden. „Gab es irgendwelche Probleme?“ fragte nun Logan um Sachlichkeit bemüht und musterte seine Tochter eingehend. In ihrer menschlichen Gestalt hätte man durchaus sagen können, dass die beiden verwandt seinen, denn das schwarze Haar hatte den selben Schimmer und die selbe Dicke, auch der geschwungene Knick in der Nase war den beiden gemein sowie die kräftigere Statur. „Nein, oder vielleicht doch…“, bekannte die Gefragte zögerlich, wobei sie noch immer Augenkontakt vermied. Sie konnte ihm einfach nicht in die Augen sahen, zuviel Angst hatte sie darin Abneigung zu sehen. Logan atmete hörbar ein und schritt dann auf sie zu, wobei er fast ähnlich wie Kurt zuvor eine Hand auf ihre schmale Schulter legte. „Alexis, ich muss mit dir reden. Es ist wichtig, bitte hör mir genau zu“, begann Logan mit behutsamer Stimme, jedes Wort wohl abwägend. Die Worte, die er sich während der vergangenen schlaflosen Nacht und am Frühstückstisch überlegt hatte, waren nun verschwunden, gerade jetzt wo er sie so dringend brauchte. Lange Reden zu schwingen war noch nie seine Stärke gewesen, sodass er einfach zum Punkt kam. „Alexis, ich bin dein Vater.“ Erleichterung durchflutete den Sportlehrer, da er nun endlich ausgesprochen hatte, was ihn so lange beschäftigt hatte und nun wartete er ihre Reaktion ab, doch es folgte erstmal ein Augenblick der Stille, bis Alexis den Kopf hob. „Ich weiß“, war alles was sie über die ausdruckslosen Lippen brachte, kein Erstaunen und auch keine Freunde klangen in dieser simplen Aussage mit, denn noch war die bange Frage, die sie sich stellte noch nicht beantwortet. Was hielt er davon? Würde er sie als Tochter akzeptieren? Nun war Logan platt vor Erstaunen, aber auch aus Verwirrung. Woher wusste sie davon? Hatte Psylocke etwa schon mit ihr geredet gehabt? Freute sie sich denn nicht darüber, dass sie nun wenigstens wieder einen Vater hatte? Diese und ähnliche Gedanken beschäftigten Logan, der seine Tochter immer noch aufmerksam musterte, aus jeder ihrer Bewegungen oder Gesten eine Antwort auf seine Fragen zu erschließen versuchte. „Und, was hältst du davon?“ Da, die entscheidende Frage war endlich gestellt, hatte sich endlich aus ihren Gedanken einen Weg ins Frei gebahnt und erfüllte den Raum, durchdrang Mark und Bein und vibrierte durch die Luft. Stille. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)