Die Chronicen von Draconia1 von Silmarille (ungewollter Ruhm) ================================================================================ Kapitel 2: Lorns Ende --------------------- Noch immer drückte sich der schwarze Drache zitternd gegen die Mauer. "Shiva, es ist alles in Ordnung." versuchte Luk den Drachen zu beruhigen. "Schau doch, der große ist tot. Er kann dir nichts mehr tun." Nach diesen Worten hörte der Drache auf zu zittern und sah sich aufmerksam um. Keuchend stand Kiddi da und starrte ungläubig auf den toten Drachen. "War ich das?" fragte sie. "Habe ich das vollbracht?" Luk kam zu ihr. Wortlos ließ er Shivas Zügel los und ging zu dem riesigen Kadaver. Er nahm den Elfenbeingriff von Kais Dolch in die Hand und zog die mit schwarzem Drachenblut verschmierte Klinge hervor. Der Ritter drehte sich um und ging auf Kai zu. dann kniete er nieder und steckte den Dolch zurück in die Scheide bevor er seinen Freund auf Shiva zuschleifte. "Hilf mir mal." sagte er zu Kiddi mit ausdrucksloser Stimme. "Wir müssen ihn von hier fort schaffen." Abwesend folgte Kiddi Luks Befehl. Sie und der Ritter hievten den leblosen Körper auf Shivas breiten Rücken. Danach stiegen sie beide selbst auf. Mit dem Gewicht von drei Personen auf dem Rücken war es dem Drachen nicht möglich zu fliegen, aber dennoch schafften sie es die es die 30.000 Meter nach Aora in weniger als zwei Stunden zurückzulegen. Als Luk auf dem Marktplatz eine Menschenansammlung erblickte, hielt er direkt darauf zu. Kurz bevor er die hinterste Reihe der Leute erreichte, zog Luk so plötzlich an den Zügeln, das Shiva wütend den Kopf empor riss und laut aufbrüllte. Erschrocken drehten sich die Leute zu Shiva um. "Ein Drache!" schrie einer. "Er wird uns alle umbringen!" Noch bevor eine Panik ausbrechen konnte, ließ sich Kiddi ruhig von dem Rücken des Drachen gleiten. "Bitte, helft uns." flehte sie. "Wir wurden in den Ruinen von einem Drachen attakiert und mein Freund wurde verletzt. Bitte, er überlebt sonst nicht." Warum lügt sie? fragte sich Luk. Wovor hat sie Angst? "Sagt uns erst wer Ihr seid!" verlangte ein älterer Mann zu wissen. Als der alte näher kam, sprang Luk von Shivas Rücken und sank auf ein Knie nieder. Kiddi hingegen blieb stehen und senkte ergeben den Blick. "Ich... ich bin Kiddi aus Jetstar, Lektor Irigun." stotterte Kiddi. "Es...es ehrt mich Euch gegenüber zu stehen." "Ich grüße dich, Tochter." erwiderte der Alte und wandte sich an Luk: "Und wer seid Ihr, mein Sohn?" "Luk." brach der Drachenritter heraus. "Ich bin nur ein bescheidener Ritter, Herr." "Ihr könnt kein einfacher, bescheidener Ritter sein, wenn Euch ein solch beeindruckendes Reittier und eine solche Schönheit begleiten." "Ich habe den Drachen großgezogen und Kiddi begleitet nicht mich, sondern einen Freund." "Redet Ihr von jenem >Freund<, der verletzt wurde, Ritter?" "Ja, Herr." "Und Ihr sagt also, dass er nicht Euer freund ist?" "Nein, Herr, ich bezweifele nicht mehr, dass er mein Freund ist. Es war für mich nur anfangs schwer zu glauben." "Weshalb?" "Nun, Herr, weil Kai vom Nadelwald eigentlich tot sein müsste." Ein ungläubiges Raunen ging durch die Menge. "Ihr behauptet, dass Euer Freund der rechtmäßige Herrscher Draconias ist." erkannte Lektor Irigun misstrauisch. "Seid Ihr Euch bewusst, was Ihr da gesagt habt?" "Ja, das bin ich." "Nun denn. Wir werden Euch helfen." Der Lektor winkte ein paar Männer heran, die Kai von Shivas Rücken zogen und fortbrachten. Kiddi folgte den Männern, doch Luk konnte nicht. Er konnte Kai einfach nicht in diesem Zustand ansehen. Er wartete bis auch der Lektor gegangen war. Dann stand er auf und riss sich wütend den Helm vom Kopf. Sein kurzes, braunes Haar klebte an seiner Stirn und seine grünen Augen waren starr vor Zorn. Warum habe ich nicht schneller reagiert? Dachte er. Ich hätte es verhindern können, wenn ich nur schneller reagiert hätte! Er starrte den hellblauen Helm an. Schließlich schleuderte er ihn wutentbrannt von sich. "Ich bin ein Narr!" sagte er zu sich selbst. "Ich hätte es verhindern können. Warum habe ich nicht gegen dieses Biest gekämpft? Ich hatte keine Angst, aber ich...ich..." Luk sank auf die Knie und starrte auf seine Hände. Er zitterte. Lange hockte er so da. Doch dann rollte ihm sein Helm gegen die Knie. Er sah auf und starrte in Shivas, große, rote Augen. Sie stieß ihn aufmunternd an und schnaubte. "Danke, mein Mädchen." sagte Luk sanft und hob seinen Helm auf. "Zum Glück habe ich dich an meiner Seite." Kiddi saß bei Kai am Bett und versuchte nicht in ihrer Verzweifelung zu versinken. Besorgt betrachtete sie den Herzogssohn, strich ihm die Haare aus der Stirn und hielt seine Hand fest umschlossen. "Kai!" flüsterte sie. "Bitte wach auf." Doch Kai gab kein Lebenszeichen von sich. Kiddi rannen Tränen übers Gesicht. "Du verfluchter Sturkopf!" schrie sie. "Warum bist auch in diese verruchte Stadt gegangen? Sie war mir von Anfang an nicht geheuer, aber du bist trotzdem hingegangen. Warum, Kai? Sag es mir!" Sie spürte, wie der große Mann ihre Hand drückte. Endlich gab Kai ein Lebenszeichen von sich. Endlich nach fünf Tagen der Ungewissheit war klar, dass Kai lebte. "Kai!" flüsterte sie. "Was für ein Glück, dass du noch lebst." Langsam öffnete Kai die Augen und sah Kiddi an. Er lächelte schwach. "Hast du... die ganze Zeit... neben mir ... gesessen?" fragte er schwach. "Ja, habe ich." Sie nickte. " Luk hat sich hier kaum blicken lassen. Ich glaube, dass er sich die Schuld an dem Vorfall in Draconia gibt." Sie sah zur Tür und dann wieder auf Kai. Immer wenn Luk diese ganzen fröhlichen Gesichter in Aora leid war, ritt Luk auf Shiva durch den Wald. Das tat er auch an diesem Tag. Drei Tage war es jetzt her, seit Kai wieder zu sich gekommen war. Als er einige Meter in den Wald geritten war, stieg er ab und schlug mit der Faust gegen einen Baum. Ich bin ein solcher Idiot! dachte er. Er hat soviel für Kiddi und mich riskiert und ich bin sogar zu feige, um ihm entgegen zu treten. Was ist bloß aus mir geworden. Wäre Kaine jetzt hier und könnte mich sehen, sie würde sich zu Tode lachen über die Feigheit ihres kleinen Bruders. Er wollte es nicht, aber dennoch verglich er sich immer wieder mit seiner älteren Schwester. Sie war so selbstsicher und noch nie im Kampf ernsthaft verletzt worden, aber sie war auch kaltblütig. Plötzlich wurde Luk von lautem Kampfgetöse aus seinen Gedanken gerissen. So schnell wie möglich sprang er auf Shivas Rücken. Er lenkte den Drachen in die Richtung aus der der Lärm kam. Bald ereichte er eine große Lichtung auf der sich einige leicht bekleidete Krieger und ein etwas größerer Trupp von Soldaten gegenüber standen. Einer der gepanzerten Soldaten stand abseits. Seine goldbesetzte Rüstung strahlte im Sonnenlicht. Er trug keinen Helm. "Lorn!" keuchte Luk, als der Mann den Kopf zu den Büschen drehte. "Er hat sich also bis hierher gewagt." Er musterte die leichter bekleideten Krieger missmutig. "Sie haben keine Chance." Luk wusste, dass auch er allein nichts gegen Lorn ausrichten konnte, aber er war nicht allein. Eine Weile lang beobachtete Luk den Kampf aus einiger Entfernung. Doch irgendwann hielt Shiva das Zusehen nicht mehr aus - der Lärm des Kampfes und der Geruch von Blut machten sie rasend - und so stürmte sie aus dem Gebüsch hervor. Der Kampf nahm ein jähes Ende, als der schwarze Drache aus dem Unterholz brach. "Lasst euch von uns nicht stören." lachte Luk. "Wir wollten nur ein wenig für Gerechtigkeit sorgen." Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, aber das war unter dem Drachen-schuppenhelm nicht zu sehen. "Also auf ins Gefecht, Shiva." Luk wandte seinen strengen Blick Lorn zu. "Seid Ihr zu feige, um selbst zu kämpfen, Lorn? Als Ihr meine Heimat zerstörtet wart Ihr weit weniger zimperlich." Lorn blickte den Ritter zornig an. "Wer seid Ihr, dass Ihr, dass Ihr solche Anschuldigungen gegen mich vorbringt?" rief Lord Lorn. "Zeigt mir Euer Gesicht!" "Vielleicht bin ich so gütig und zeige Euch mein Gesicht, wenn Ihr Euren letzten Atemzug tut." erwiderte Luk gehässig. "Meinen Namen allerdings könnt Ihr jetzt erfahren. Ich bin Luk der Drachenritter." "Der berühmte Drachenritter." Lorn lachte verächtlich. "Ich hielt Euch für einen Mythos." "Wie Ihr leicht erkennen könnt, bin ich kein Mythos." "Nein, ein Mythos seid Ihr nicht, aber auch kein Würdiger Gegner." Luk antwortete nicht auf Lorns Provokation. Er zog sein Schwert und ließ sich von Shivas Rücken gleiten. "Wehe du greifst einen Krieger an, der keine Panzerung trägt." flüsterte er dem Drachen ins Ohr und streichelte ihren Hals. "Nur die Taogi, Shiva. Jetzt amüsier dich ein wenig, mein Mädchen!" Ein bösartiges Grinsen verzerrte die Züge des Drachen als habe sie verstanden, was Luk gesagt hatte. Luk erklärte den ihn umgebenden Kriegern mit einem kurzen Nicken, dass er auf ihrer Seite war. Schnell ordneten sich die Reihen der Fremden wieder. Schwerter wirbelten herum und machten mit allem, was sie trafen kurzen Prozess. Auch Shiva bekam immer wieder einen Taogi zwischen ihre mächtigen Kiefer, den wie mit einem kurzen Biss tötete. Mit einer heftigen Bewegung ihres Kopfes schleuderte sie den Leichnam schließlich zwischen die Bäume. Doch auch die Taogi landeten einige Treffer gegen ihre Gegner. Ein Hieb traf Shiva am Hals. Zwar waren die Schuppen ihrer Art so stark, dass keine von Menschenhand gefertigte Waffe sie verletzen konnte, aber da Shiva noch jung war, verletzte die Klinge sie leicht. Ein weiterer Hieb traf den Rücken des Drachen. Doch die Klinge brach ab und hinterließ ebenfalls nur eine leichte Wunde. Schwarzes Drachenblut tropfte auf den Boden und versengte das Gras. Luk hingegen wurde kaum getroffen. Sicher seine Drachenschuppenrüstung bekam einige Schrammen ab und auch einige blutende Wunden klafften in seiner Haut, aber er streckte wesendlich mehr Soldaten nieder als er Wunden einsteckte. Letztendlich war nur noch ein Soldat übrig und Lorn warf sich in den Kampf. "Niemand erhebt seine Klinge gegen Lorn!" schrie Luk. "Er gehört mir!" Sichtlich verwirrt ließen die Krieger die Waffen sinken. Luk stellte sich Lorn mit gezogener Waffe entgegen. Doch Lorn grinste ihn nur an, zog seinen Dolch und warf ihn Luk entgegen. Die Klinge traf die rechte Schulter des Drachenritters so stark, dass Luk seinen Schwertarm nicht mehr heben konnte. Dann schlug Lorn dem Ritter mit der flachen Seite seines Schwertes auf den Helm. Luk brach bewusstlos zusammen. Lorn hingegen beugte sich über den Jungen und zog an seinem Helm. Als Shiva bemerkte, wie sich der alte Ritter an ihrem Herrn zuschaffen machte, knurrte sie wütend und griff ihn an. Lorn hatte den Helm bereits halb herunter gezogen, als er das aufgebrachte Fauchen des Drachen hinter sich vernahm. Er fuhr herum und riss sein Schwert nach oben. Der Drache umging die Klinge, legte den Kopf seitwärts und verbiss sich in Lorns Körper. Trotz des betäubenden Schmerzes schaffte es Lorn, sein Schwert zu heben und so gegen Shivas Kopf zu schlagen, das sie taumelnd zusammenbrach. Die Kiefer des bewusstlosen Drachen öffneten sich und Lorn konnte sich aus Shivas tödlichem Biss befreien. Strauchelnd suchte er sein Heil in der Flucht. Luk erwachte und blickte um sich. Er konnte erst nichts sehen und dachte er wäre blind, aber dann bemerkte er, dass lediglich das Visier seines Helms ihm die Sicht versperrte und er riss sich den Kopfschutz herunter. Doch schnell bereute er es getan zu haben, denn das Bild, das sich ihm bot war entsetzlich. Um ihn herum lagen Leichen, sterbende und verwundete. Dann sah er ganz in seiner Nähe den Drachen. Shiva! dachte er. Was ist geschehen? War das... "Lorn." Er wallte vor Wut seine Fäuste. "Er wird dafür zahlen." Luk lief zu dem Drachen und begutachtete die Wunden. Nachdem er sich sicher war, dass die Verletzungen nicht schwer waren, hielt er seine Hand vor die Nüstern. "Sie lebt." stellte er erleichtert fest. Danach ging er zwischen den Verwundeten umher und versorgte ihre Wunden. Schließlich lehnte er sich erschöpft an die Seite des Drachen. "Was?" rief Kai. "Sie sind fort? Wie kann das sein?" "Beruhige dich, Kai!" erwiderte Kiddi. "Ich bin mir sicher, dass Luk und Shiva nichts passiert ist. Sie kommen bestimmt bald zurück." Doch Kai hörte sie nicht. Seine Verletzungen nicht beachtend sprang er auf, schnallte sich hastig seinen Schwertgurt um und griff seinen Dolch. Dann lief er auf die Tür zu und riss sie auf. Kiddi wollte ihn noch zurück halten, aber Kai hatte die Tür bereits wieder hinter sich zugeschlagen. Kai rannte in die Wälder und fand schnell die deutlichen Abdrücke der Drachenpranken. Bald hatte er eine weitläufige Lichtung erreicht. Ihm stockte der Atem. Das Gras war von Blut rot gefärbt und um ihn herum lagen die Leichen von Taogischen Soldaten und anderen Kriegern, die weder Draconiar noch Taogi waren. Fewalli. dachte Kai. Was tun die hier? Das hier ist doch Draconia und nicht Fewall. Als seine Augen weiter über den Platz streiften, erblickte er eine mächtige, schwarze Gestalt, die von Kriegern umringt war. Kai kam langsam und lautlos auf sie zu. "Hauptmann Yakim", rief einer der Fewalli, "was sollen wir jetzt machen? Wir können diesen Draconiar und seinen Drachen doch nicht einfach den Wölfen überlassen, nachdem was sie für uns getan haben." Stumm pflichteten ihm die anderen Fewalli bei. Nur einer zeigte keinerlei Reaktion. Er hatte hellblonde, fast weiße Haare und grasgrüne Augen. Sein Gesicht war streng und nachdenklich. Kai drängte sich an den Kriegern vorbei. Er beachtete ihre misstrauischen Blicke nicht. Endlich konnte er auf Luk hinab blicken. Entsetzt kniete er sich vor seinen Gefährten und versuchte, ihn wachzurütteln. Langsam öffnete Luk seine Augen. "Luk, mein Freund, bist du verletzt?" fragte Kai besorgt. "Wer?" fragte Luk verwirrt. "Ich bin es: Kai." "Kai? Wie kommst du hier her?" "Das ist nicht wichtig." Kai seufzte vor Erleichterung. "Geht es dir gut, mein Freund?" "Ich kann meinen arm nicht bewegen, aber sonst ist alles in Ordnung." "Was ist geschehen?" "Lorn hat diese Fewalli attakiert. Sie waren gegen die Taogi in der Minderzahl." Luk griff nach Kais Arm. "Kai, sie hätten gegen Lord Lorn keine Chance gehabt!" Kai stand auf. Seine Augen waren hasserfüllt. "Lorn!" flüsterte er. "Jetzt bringe ich dich um. Beim Blute meiner Ahnen schwöre ich, dass mein Schwert das Letzte sein wird, das du spürst." Luk stützte sich an Shivas Körper ab und richtete sich auf. "Kai, ich habe es dir noch nie gesagt", erklärte Luk, "aber ich sage es dir jetzt: Wenn du gegen Lorn in den Kampf ziehst, folge ich dir. Bei der Göttin ich folge dir, wenn es sein muss sogar bis in meinen Tod." "Luk..." Kai wandte seinen Blick gen Boden. "Ich danke dir, mein Freund, aber ich kann dieses Gelöbnis nicht annehmen." "Verdammt, Kai! Ich bin dein Freund oder? Ich war schon dein Freund bevor unsere Heimat niederbrannte. Was zum Teufel soll das alles also? Egal ob es dir nun passt oder nicht, ich folge dir!" "Luk, du kannst deinen Schwertarm nicht bewegen. Du kannst nicht kämpfen. Wenn du mir in den Kampf folgst, wäre es dein Tod." Verdammt er hat recht. fluchte Luk in Gedanken. Vielleicht kann ich nicht kämpfen, aber Shiva kann es. "Was ist mit dem Drachen des Ritters?" mischte sich der streng blickende Krieger bei. "Er kann doch für seinen Herrn kämpfen." "Wer seid Ihr, dass Ihr Euch da einmischt?" fuhr Kai den anderen Mann an. "Mein Name lautet Yakim, Yakim von Fewall." antwortete der Fewalli. "Na und? Ich habe mir noch nie von jemandem Vorschriften machen lassen und werde jetzt nicht damit anfangen. Luk wird nicht mit mir kommen und dabei bleibt es!" Entschlossen drehte er sich um und ging Richtung Aora davon. "Ist der immer so Dickköpfig?" fragte Yakim an Luk gewandt. "Kann ich nicht sagen." erwiderte Luk schulterzuckend. "Ich hab ihn erst vor einigen Tagen wiedergesehen." "Aber Ihr sagtet doch, dass Ihr sein Freund seid." "Das bin ich auch, zu mindest dachte ich das immer, aber er hat sich verändert. Und wer kann es ihm verdenken. Vor 15 Jahren hat Lorn seinen Vater ermordet und unsere Heimat zerstört. Ich gebe zu, auch ich verspüre einen tiefen Gräuel gegen diesen Bastart von Lorn, aber Kai steigert sich da in etwas rein." Luk schüttelte den Kopf und ging auf Shiva zu. er strich ihr sanft über den Hals. "Wach auf, mein Mädchen." flüsterte er. "Wir müssen weg." Shiva hob benommen ihren Kopf und schüttelte ihn. Sie sah sich erst auf der Lichtung um und blickte dann auf Luk hinab. "Hilf mir hoch, Shiva." sagte er. "Ich kann meinen rechten Arm nicht bewegen." Shiva senkte ihren Kopf, legte ihn eng an ihre Seite und ließ ihren Herrn auf ihre Schultern klettern. Als Luk saß richtete sich Shiva auf und breitete ihre Flügel aus. Sie sprang ab und verschwand mit einigen Flügelschlägen in den Wolken. Wo sie gelegen hatte war das Gras von ihrem Blut versenkt. Drei Tage später waren Kai Luk und Kiddi auf dem Weg nach Minter, wo sie voraussichtlich auf Lorn treffen würden. "Und du bist dir sicher, dass du diesem Kerl trauen kannst, Kai?" fragte Luk nach einer Weile. "Wem kann man in diesen Zeiten schon trauen?" erwiderte Kai. "Sicher es gibt nicht viele, aber Devin ist einer meiner besten Freunde und ich glaube ihm. Wenn er sagt, dass Lorn in Minter ist, gehe ich dorthin." Luk und Kiddi sahen sich an und zuckten die Schultern. Es würde nur noch einen Tagesmarsch dauern bis sie Minter erreichten und jeder von ihnen wusste, was dann geschehen würde, Kai würde Lorn töten oder selbst getötet werden. Vor ihnen lag das fewallische Dorf Minter in all seiner Pracht. Es war ein Dorf wie jedes andere und doch etwas Besonderes. Es lag in einem Tal umringt von grasbewachsenen Hügeln. Kai hatte keine Augen für das Dorf. Er suchte nach der goldbesetzten Rüstung Lorns. Plötzlich rannte er los. Kiddi und Luk folgten nach einem verduzten Zögern. "Lorn, stellt Euch!" rief Kai. Der Ritter wandte sich um und starrte Kai hasserfüllt an. "Was wollt Ihr, Waldwolf?" fragte er sarkastisch. Waldwolf, so war Kai seit Ewigkeiten nicht mehr gerufen worden. Es war ein Name, den man ihm aufgrund seines ewigen Begleiters Schadow gegeben hatte. "Euren Tod, Lord Lorn." erwiderte Kai. "Oh bitte, hatten wir das nicht bereits einmal?" lachte Lorn. "Ihr habt damals versagt und Ihr werdet es wieder tun." "Da wäre ich mir an Eurer stelle nicht so sicher, Mylord." "Zeigt was Ihr könnt, Waldwolf!" Kai zog sein Schwert und hielt es senkrecht vor seinen Körper. Er war entschlossen seinen Gegner zu zerschmettern. Auch Lorn zog sein Schwert und stürmte auf Kai zu. Der Schlag des Ritters war gegen Kais Kopf gerichtet, aber Drachenzahn blockierte die Klinge Lorns. Lorn hob erneut das Schwert und führte einen horizontalen Schlag gegen Kais Hals aus. Der Waldwolf duckte sich. Die Klinge des Ritters prallte gegen eine Wand und zerbarst. Ein herumfliegendes Trümmerstück bohrte sich in Kais linken Arm, aber er spürte den Schmerz nicht. Er hob Drachenzahn und bohrte es geschickt durch Lorns Brustpanzer in das Herz des Ritters. Dann zog er die Klinge mit einer geschickten Bewegung wieder hervor und Lorn stürzte zu Boden. Kai sank auf die Knie und starrte auf die blutbefleckte Klinge von Drachenzahn. Blut floss über seinen Arm, aber es störte Kai nicht. Für ihn war nur wichtig, dass Lorn endlich tot und sein Eid erfüllt war. Jetzt endlich konnte er in Frieden sterben, jetzt konnte er endlich ohne Kämpfe leben - so glaubte er, aber er war sich der Rolle, die er noch spielen sollte, noch nicht bewusst. Luk und Kiddi traten zu ihm und starrten eine Weile lang auf die Leiche des toten Ritters. "Kai", sagte Kiddi sanft und legte ihm die Hand auf die Schulter, "lass uns Heim gehen." "Ich habe keine Heimat mehr." rief Kai und riss die Klinge aus seinem Arm. "Meine Heimat ist vor 15 Jahren niedergebrannt." "Nein! Kai, du hast eine Heimat. 4 Jahre lang hast du in Jetstar gelebt. Glaubst du nicht es reicht für eine Heimat. Außerdem ist eine Heimat doch da wo das Herz ist, oder? Kai sei ehrlich, du hast eine Heimat." Kai sah sie an. Seine Miene wurde seltsam weich. "Du hast Recht, Kiddi." sagte er nach einer Weile. "Ich bin ein solcher Tor. Da hatte ich eine Heimat und hab sie einfach nicht erkannt." Luk hielt Kai die Hand hin. Hinter ihm stand Shiva und starrte den Waldwolf neugierig an. "Komm Kai." sagte er. "Lass uns gehen." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)