Es ist Mai von abgemeldet (Als Es Sommer in meinem Herzen wurde... [Update 01-Dezember-2oo7 - EPILOG lädt/ist da!!!]) ================================================================================ Kapitel 30: Der letzte Abend? ----------------------------- Hallo! Meine Freizeit gehört nun endlich wieder mir, und ihr bekonmmt das nächste Kap! Irgendwie sind die Kommis zum letzten weniger gewesen als sonst, was mich dazu bringt, mich zu fragen, ob das Kap vielleicht schlecht war?? Denn eigentlich hatte ich erwartet, dass es gut ankommen würde, weil ja Sho udn Kanae endlich reinen Tisch machen und Ren und Kyoko nochmal ein paar schöne Momente haben... Nun ja... Vielleicht wisst ihr ja die Gründe? Jedenfalls ist das hier der Anfang des großen Showdowns in Apartement 108... Seid gespannt^^ viel Spass beim lesen, eure Marcella PS: Und da dachte ich noch, ich würde in Sachen DRamatik nicht so dick auftragen... -------------------------------------------------------------------------------- Am nächsten Morgen wurde Kyoko vom Schrillen der Türklingel unsanft aus dem Schlaf gerissen. Ein Blick auf den Wecker verriet ihr, dass sie trotz aller Bemühungen ganz offensichtlich verschlafen hatte. Es war kurz nach Mittag. „Ich muss ihn abgeschaltet haben und wieder eingeschlafen sein“, murmelte sie schlaftrunken und stolperte in Richtung Tür. Durch den Spion war jedoch seltsamerweise niemand zu sehen, also schloss sie von innen auf und öffnete die Tür einen Spalt breit um nachzusehen, wer sie besuchen kam. Ehe sie auch nur einen Blick auf die Person erhaschen konnte, wurde die Tür von außen aufgestoßen und ein kleines Energiebündel flog ihr in die Arme, was sie so sehr überraschte, dass sie das Gleichgewicht verlor und unsanft auf dem Boden landete. „Ma- Maria-chan!?“, war alles, was sie hervorbrachte als das kleine Mädchen, das selbstgefällig auf ihrem Schoß saß, sie fröhlich angrinste. „Onee-chan! Du wolltest mich vom Bahnhof abholen, aber nach einer Stunde hab ich dann ein Taxi gerufen… Auch wenn der Fahrer erst misstrauisch war, weil ich noch so klein bin und dachte, ich wäre von zu Hause ausgerissen.“ Und mit einem Mal fiel ihr wieder ein, was sie am Vorabend über all den Trubel ihrer neuen Aufgabe verdrängt hatte. „Das tut mir schrecklich leid! Ich hab einfach verschlafen, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte!“, entschuldigte sie sich hastig, aber die Kleine schien ihr das Vergehen nicht wirklich übel zu nehmen und sie seufzte innerlich erleichtert auf. Die nächste, leicht neckende Erwiderung traf sie allerdings etwas unvorbereitet und sie wurde schlagartig wieder in die Realität ihrer gespielten Geschichte zurückgerissen. „Da hast du wohl gestern noch zu lange mit deinem Freund herumgealbert“, meinte Maria grinsend und tippte ihr frech auf die Nasenspitze. Kyokos Ausdruck verdüsterte sich schlagartig als ihr wieder einfiel, dass sie an ihrem gemeinsamen Nachmittag im Hotel tatsächlich ein wenig von Sho erzählt hatte und ihre Beziehung als „Schwärmerei mit Zukunft“ bezeichnet hatte. Maria fiel der Stimmungswandel sofort auf und sie fragte besorgt: „Onee-chan, ist alles in Ordnung? Hab ich was Falsches gesagt?“ Kyoko schwieg, aber in ihrem Kopf rasten die Gedanken. Sie wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als früh genug aufgestanden zu sein, um ihren neuen Zettel noch vor Marias Besuch lesen zu können. Sie hatte dem Mädchen nicht erzählt, dass ihre Schwärmerei deren großem Bruder galt und wollte nicht die Wiedervereinigung der Geschwister dadurch auf die Probe stellen, dass sie schon vorher etwas Schlechtes über ihn sagte. Aber wie sollte sie geheim halten, dass er sie durch seine Beziehung mit ihrer besten Freundin so verletzt hatte? Schließlich antwortete sie mit einem aufgesetzten Lächeln: „Entschuldige, aber vielleicht hab ich mich damals etwas unglücklich ausgedrückt… Er ist nämlich nicht wirklich mein Freund, und inzwischen mag ich ihn auch nicht mehr so sehr. Er war einfach nicht der Richtige“, setzte sie zur Sicherheit noch hinzu. Maria strahlte wieder. Kinder waren wirklich leicht zu überzeugen. „Ach so ist das! Dann bist du jetzt doch in diesen super-heißen Typen verliebt, der mit dir im Urlaub war?“, fragte sie neugierig und musterte Kyoko forschend. Sie konnte die leichte Röte auf ihren Wangen nicht unterdrücken, obwohl sie genau wusste, dass Maria ihre voreiligen Schlussfolgerungen nicht auf die Realität bezog. Mühsam unbeteiligt überzeugte sie das Mädchen also davon, dass sie nichts mehr von Männern wissen wolle. Das wiederum schien ihr nicht besonders gut gelungen zu sein, denn während sie sich umzog und auf der Arbeit anrief, um ihr Fehlen zu entschuldigen und zu versprechen, dass sie die Kulissen sicher rechtzeitig fertig machen würde, saß Maria die ganze Zeit mit einem leicht nachdenklichen Ausdruck in der Küche und knabberte gedankenverloren an einem Stück Toastbrot. Sobald auch Kyoko gefrühstückt hatte, hatten die beiden sich auf den Weg gemacht, um eine Runde Shoppen zu gehen. Maria hatte sich dabei fast ausschließlich auf Süßigkeiten konzentriert, was Kyokos sowieso schon magerer Geldbörse sehr zugute kam. Nach einer großen Portion Eis und ein paar neuen Farben für Kyoko waren sie dann abends nach Hause zurückgekommen und Maria hatte darauf bestanden, dass ihre Onee-chan ihr alle ihre Nachbarn vorstellte. Kyoko hatte zu diesem Thema keine weiteren Instruktionen erhalten und deshalb mit einiger Überwindung den Plan entworfen, für die Dauer von Marias Besuch so zu tun, als hätte sie keine Probleme mit Kanae und Sho, damit die Kleine das lang ersehnte Treffen voll und ganz genießen könnte. Kyoko graute es bereits vor der Konfrontation, als sie mit dem Mädchen im Schlepptau die Treppe in den ersten Stock hinunterlief. Sie hatte einen Moment überlegt, wen sie zuerst vorstellen sollte. Entweder Ren, was vergleichsweise angenehm werden würde, da sie gegen ihn keinen Groll hegte oder den Mann, der sie um ihre Liebe betrogen hatte und ihr noch dazu ihre einzige gute Freundschaft zerstört. Sie hatte sich dafür entschieden, zuerst das größere Übel herauszufordern. Außerdem hoffte sie insgeheim, dass die Kleine das Interesse an ihrem dritten Nachbarn verlieren würde, wenn sie ihren großen Bruder wiedergefunden hatte. Kyoko konnte sich unmöglich vorstellen, dass die beiden sich nicht erkennen würden. Mit zitternden Fingern betätigte sie die Klingel. Maria schien von ihrer inneren Unruhe nichts zu bemerken, aber vielleicht war sie auch einfach nur nach außen hin zu gelassen, als dass man es ihr angesehen hätte. Als sich hinter der Tür nichts rührte, winkte sie das Mädchen an ihre Seite und drückte vorsichtig die Türklinke herunter. Wie erwartet schwang die Tür geräuschlos auf. Allerdings hatte sie nicht mit der Szene gerechnet, in die sie hineinplatzten. Geistesgegenwärtig schlug sie dem Mädchen die Hand vor die Augen und drehte sich ruckartig um, um so schnell wie möglich auf den Gang hinaus zu kommen und die Tür zuzuschlagen. Sobald sie mit einem lauten metallischen Geräusch ins Schloss gefallen war, zerrte Maria die störende Hand von ihrem Gesicht weg und schenkte Kyoko einen ziemlich beleidigten Blick. „Ich bin kein kleines Mädchen mehr!“, nörgelte sie und schmollte vor sich hin, was ihr Argument augenblicklich widerlegte. Kyoko hingegen lehnte sich gegen die Wand und ließ das Gesehene Revue passieren, obwohl sie es immer noch nicht ganz fassen konnte. Im ersten Moment hatte sie gedacht, dass niemand zu Hause wäre, aber dann war ihr Blick ins Wohnzimmer gefallen, von wo sowohl Kanae als auch Sho sie verdutzt anstarrten. Während beide halbnackt auf der Couch lagen und sich einen Augenblick zuvor noch hitzig geküsst hatten. Sie wusste, dass das wahrscheinlich ihr gemeinsamer Auftrag gewesen war und dass es genauso gut auch nur so ausgesehen haben könnte, als würden sie sich küssen. Aber dennoch war sie zutiefst geschockt gewesen, ihre geliebte Miss Menno in so einer unmissverständlichen Pose mit ihrem Kindheitsfreund zu sehen. War das etwa Eifersucht? Dieses leicht schmerzhafte Flackern von Unsicherheit in ihrer Brust? Aber wenn sie tatsächlich eifersüchtig war, wen von beiden hätte sie dann gerne für sich allein? Sie betete, dass es Miss Menno war, und sie nur den Gedanken nicht ertragen konnte, ihre beste Freundin an einem Mann zu verlieren. Noch dazu an Sho! Den Sho, der regelmäßig Affären mit seinen Sängerkolleginnen anfing und einmal sogar seine Stylistin kurz vor einem wichtigen Auftritt verführt hatte, sodass er beinahe zu spät auf die Bühne gekommen wäre. Wie konnte sie Kanae nur an so eine Bestie verfüttern!? Ganz ruhig, es ist doch alles nur gespielt, versuchte sie sich innerlich zu beruhigen, doch ein nagender Zweifel blieb. Dieser Ausdruck auf Kanaes Gesicht war so echt gewesen. Das Klacken der Tür riss sie aus ihren Gedanken und Kanae, die zwar immer noch leicht rot, aber inzwischen wieder komplett bekleidet zu ihnen auf den Gang heraus getreten war, blickte sie mit einem traurigen Ausdruck an. „Bist du hier, weil du uns verziehen hast?“, fragte sie hoffnungsvoll und Kyoko bedeutete ihr mit einem Blick auf das Mädchen, ihren Streit auf später zu verschieben, obwohl sie wusste, dass ihre Gefühle, die Zweifel, die Verletztheit und der Schmerz sich deutlich auf ihrem Gesicht widerspiegelten. „Oh“, sagte Kanae nur und musterte das Mädchen von oben bis unten. „Wie heißt du?“, fragte sie dann mit einem freundlichen Lächeln und fügte noch hinzu „Ich bin Kotonami Kanae, Mogami-sans Nachbarin, und er“, dabei deutete sie hinter sich, wo Sho im Türrahmen stand, „ist mein Freund Sho Fuwa.“ Kyoko lag an diesem Abend noch lange wach. Sie hatte Maria gerne ihr eigenes Bett überlassen und sich auf die durchgesessene Couch gelegt, die ihr bequem genug war. Trotzdem konnte sie nicht schlafen. Der Tag war einfach zu ereignisreich gewesen und all ihre Pläne waren mit einem Mal wertlos geworden. „Oh, was für ein Zufall, er heißt genau wie mein großer Bruder“, hatte sie gesagt. Und in dem kurzen Gespräch nach ihrer Vorstellung hatte Sho noch erklärt, dass er schon immer Einzelkind gewesen war und sich zwar eine Schwester oder einen Bruder gewünscht hätte, aber nie einen bekommen. Die beiden hatten sich tatsächlich noch nie zuvor getroffen, und die Namensgleichheit mit dem gesuchten Bruder der Kleinen war offensichtlich nur Zufall gewesen. Einerseits war sie schrecklich enttäuscht gewesen, dass aus ihrer romantischen Vorstellung von einem Familientreffen nach vielen Jahren nichts geworden war, aber andererseits war es ihr nach dieser Erkenntnis viel leichter gefallen, wieder in ihr deprimiertes Selbst zurückzufallen und Maria einfach die ganze Geschichte zu erzählen, die diese teils mit Tränen in den Augen, teils empört mitverfolgt und sofort eine Abneigung gegen ihre ehemaligen Freunde entwickelt hatte. Als die Ziffern auf ihrem Wecker auf drei Uhr sprangen warf sie schließlich missmutig die Decke von sich und stapfte ins Badezimmer um sich einen Bademantel überzuwerfen, bevor sie an Marias Schlafzimmer vorbei zur Tür schlich und leise aus der Wohnung trat. Sie fragte sich, warum sie nicht schon in ihrer „Freizeit“ darauf gekommen war und hoffte nur, dass Ren noch wach war und sie sich trotz des Schauspielens ein wenig von ihren Sorgen ablenken könnte. Anstatt zu klingeln klopfte sie nur leise gegen sie schwere Stahltür und zu ihrem Erstaunen hörte sie kurz darauf Schritte, die sich der Tür näherten, bevor sie aufgeschlossen und geöffnet wurde. Ihr Blick fiel auf einen entblößten muskulösen Oberkörper, bevor ihre Augen im schummrigen Licht, das hinter ihm in der Wohnung brannte, zu seinem Gesicht wanderten. „Mogami-san“, meinte Ren nur ein wenig überrascht und trat zu Seite, um sie einzulassen. Sie schlüpfte an ihm vorbei in die Wohnung und versuchte, sich nicht davon verunsichern zu lassen, dass er nur in langen, schwarzen Schlafanzughosen herumlief. Wahrscheinlich hatte er sich schon umgezogen und genau wie sie nicht schlafen können. „Was verschafft mir die Ehre dieses späten Besuchs?“, fragte er leicht spöttisch, nachdem er ihr ins Schlaf- und Arbeitszimmer gefolgt war, während Kyoko sich ziemlich wagemutig, wie sie fand, auf seinem Bett ausstreckte und seufzte. „Wahrscheinlich suche ich nur jemanden, bei dem ich meine Sorgen loswerden kann“, sagte sie leise und er setze sich neben sie aufs Bett, allerdings immer noch in gebührenden Abstand, sodass ihr fast schon schmerzhaft vor Augen geführt wurde, dass sie in diesem Augenblick Schauspielerin war und sich trotz seiner ersehnten Nähe keine Ausrutscher leisten konnte. Immerhin waren sie im Spiel nur Bekannte, oder vielleicht Seelenverwandte, aber weit davon entfernt, sich ineinander zu verlieben – zumindest glaubte sie das. Und dann erzählte sie ihm alles, was seit ihrer Rückkehr passiert war, ohne auch nur ein einziges Detail auszulassen, und er versuchte nicht einmal, sie zu unterbrechen, obwohl sie manchmal an seinem Gesicht ablesen konnte, dass er gerne etwas gesagt hätte. Besonders ihre Gefühle für Sho, die er so mit Füßen getreten hatte, schienen ihm zu schaffen zu machen, was sie allerdings nicht recht nachvollziehen konnte. Als sie geendet hatte, war sie überrascht, zu bemerken, dass ihre Wangen feucht von Tränen waren. Fast so, als hätte ihr eigenes Spiel sich selbstständig gemacht, so als hätte Kyoko Mogami, die Kulissenmalerin sich in ihrem Körper eingenistet und sie vollkommen ausgefüllt. Sie fragte sich gerade, ob er im schwachen Licht des eingeschalteten PC-Bildschirms drüben auf seinem Schreibtisch bemerkt hatte, dass sie weinte, als er sich über sie lehnte und ihre Tränen sanft mit seinem Daumen wegwischte. Die sanfte Berührung ließ sie erstarren. Mit einem Mal wurden ihr drei Dinge schlagartig klar. Erstens: Die schleichende Panik, die in ihr aufstieg rührte daher, dass sie gerade zufällig den offenen Füller auf seinem Schreibtisch entdeckt hatte, dessen Muster sie selbst in dem schlechten Licht schimmern sah und von dem Deckel wieder erkannte, den sie in der Wiese gefunden hatte, zu der der Liebesbrief sie vor schier endlos langer Zeit geführt hatte. Zweitens: Es war fast dunkel, sie lag zusammen mit dem Mann, in den sie sich verliebt hatte in einem Bett und zwischen ihren Gesichtern waren kaum zwei Handbreit Luft. Sie wollte ihre Hände in seinen Nacken legen, ihn zu sich herunterziehen und küssen, um das plötzliche Verlangen, das sich kribbelnd in ihrem Bauch ausbreitete, zu befriedigen. Aber sie konnte nicht. Aus mehreren Gründen, und der unwichtigste war der, dass sie gefilmt wurden. Und drittens: Wenn Ren Tsuruga den Stift besaß, zu dem der Deckel gehörte, den sie gefunden hatte, dass war er der Schreiber des Briefes. Und erst gestern hatte sie den Auftrag bekommen, jegliche Zuneigung, die über Freundschaft hinausging, eiskalt zurückzuweisen. Und der Mann, der gerade mit diesem beinahe traurigen Gesichtsaudruck ihre Tränen weggewischt hatte, war in sie verliebt, wenn ihre Schlussfolgerungen auch nur halbwegs richtig waren. Sie hatte gehofft, nicht in diese Situation zu geraten, hatte es sich innerlich mehr als einmal gewünscht. Gebetet, dass sie nicht ihre wahren Gefühle mit dem Spiel verletzen müsste. Und nun war es soweit. Sie spürte es an der Art, wie er sie ansah, als ihr mit einem Mal klar wurde, dass er sie schon lange so angesehen hatte, und sie nur das Gefühl in seinem Blick nicht hatte lesen können. Zuneigung, Verlangen, Mitgefühl, Zweifel. Und dieses etwas, das sie in diesem Augenblick in die schlimmste Situation brachte, die sie sich vorstellen konnte. „Kannst du ihn nicht vergessen?“, fragte er leise und blickte ihr direkt in die Augen. Bitte tu das nicht, bat sie ihn im Geiste, aber natürlich konnte sie nichts daran ändern, dass er seinen Auftrag so gut wie möglich erfüllte. Sie bereitete sich darauf vor, ihn wegzustoßen und aus der Wohnung zu rennen, fluchtartig, so schnell sie konnte. Im Kopf ging sie alles durch, so als würde sie ein Video von sich selbst ansehen, um es im nächsten Moment nachzuspielen. Aber mit einem hatte sie nicht gerechnet. Damit, dass er die neuen Tränen, die ihre Wangen nun aus Verzweiflung hinunter rannen, wieder mit den Fingerspitzen wegwischen würde – und jedes Mal einen Kuss auf die Stelle hauchen, die er gerade berührt hatte. Sie konnte sich nicht rühren. „Kannst du nicht einfach alles vergessen?“ Zu viele Emotionen stürzten auf ein Mal auf sie ein. Ihre eigenen, ihre gespielten, Verzweiflung und Zuneigung und irgendwann nur noch schmerzhafte Ratlosigkeit. „Kannst du mich nicht lieben?“ Selbst ihr Herz schien stillzustehen. Alles war nur ein Spiel und dennoch… „Ich li-“, sie schlug ihm die Hand vor den Mund, bevor er den Satz zu Ende führen konnte. Sie wollte diese Worte nicht hören, nicht so, nicht gespielt, wollte ihre realen Zweifel nicht einer falschen Hoffnung hingeben, die sie erwecken würden. „Genug!“, ihre eigene Stimme klang schrill in ihren Ohren und sie wusste kaum, wie sie es geschafft hatte, so schnell aus dem Zimmer zu flüchten. Sie hörte sein leises Fluchen noch und seine Schritte, als er ebenfalls aufsprang und ihr folgte. Sie rannte im Treppenhaus nach unten, wie auf der Flucht. Und sie wusste, dass sie vor ihren eigenen Gefühlen weglief, im Spiel wie in der Realität. Ein letzter Blick auf die Uhr hatte sie vergewissert, dass das Timing perfekt war. Sie wusste, dass es verrückt war. Ren hatte sie trotz seiner längeren Beine noch nicht eingeholt, als sie die Haustür aufriss und barfuss in die warme, verregnete Nacht hinausstolperte. Ohne sich umzusehen, ziellos, überquerte sie die schmale, schlecht beleuchtete Straße vor dem Haus und das heranrasende Auto traf sie vollkommen unvorbereitet. Als Ren auf die Straße hinausstürmte, war es bereits zu spät. Er überblickte die Szene in wenigen Augenblicken. Der halb zerstörte Wagen in der gegenüberliegenden Hauswand, der betrunkene Mann, der über die Straße zu der am Boden liegenden Person torkelte und um Hilfe rief. Die Lichter, die hinter ihm im Treppenhaus angingen, als der Lärm die restlichen Hausbewohner alarmierte. Und die Frau, die in ihrem Bademantel, mit nackten Füßen auf dem nassen Asphalt lag, während ihr dunkles Blut sich mit dem Regen vermischte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)