Feelings von Sakiko_Seihikaru (Remus x Sirius ?) ================================================================================ Kapitel 1: Schluss ------------------ Kapitel 1: Schluss Es war wieder ein typischer Tag im Hause Gryffindor. Obwohl es für ihn eigentlich keine untypischen Tage hier, im Turm, gab, denn schließlich lief es jedes Mal gleich ab. "Guten Morgen, Remi!" Und wie es auf diesen Schrei immer folgte, stürzte sich jemand durch die Vorhänge und auf sein Bett. Remus Lupin zog sich die Decke über den Kopf und murmelte verschlafen vor sich hin, wie immer fragte er sich, wie man so früh am Morgen schon so wach und fröhlich sein konnte. "Remi, komm aufstehen, sonst kriegst du kein Frühstück mehr." Die Person krabbelte vom Ende seines Bettes langsam immer weiter nach oben. "Lass mich in Ruhe, Sirius. Ich will noch schlafen", murrte er zurück, genau wissend, dass es nichts helfen würde. Sirius hockte nun neben seinem Oberkörper. "Du weißt genau, dass ich das nicht durchgehen lassen kann", mit diesen Worten war auch schon seine Bettdecke verschwunden und mit ihr ging die Wärme um ihn herum. Grummelnd drehte er sich zu seinem besten Freund und öffnete leicht die Augen um ihn anzusehen. "Gib sie wieder her, mir wird kalt", kam es protestierend von ihm. Sirius lächelte daraufhin fies und schüttelte den Kopf. "Musst schon aufstehen und dir was anziehen, Remilein" und mit diesen Worten entschwand sowohl seine Decke als auch deren Entführer. Dieser gemeine Kerl, jeden Morgen das gleiche. Doch damit war Remus wach und stand auf, es nützte ja alles nichts. Mit einem Lächeln auf den Lippen, sah er zu wie Sirius nun Peter zu wecken begann, jedoch ging er dabei weniger freundlich als bei ihm vor, er hatte eben doch Glück im Unglück. Das berüchtigte Gryffindorquartett machte sich, nachdem auch Peter endlich aus dem Bett gequält worden war, geschlossen auf zum Frühstück. James und Sirius machten Witze ohne Ende, Peter lachte über jeden von ihnen schon fast ein bisschen zu laut und Remus lächelte zwar, hielt sich aber doch zurück, es musste schließlich einer normal bleiben. Als sie in die Große Halle eintraten, wurden die Gespräche gleich ein wenig gedämpfter, was wohl daran lag, dass ein Großteil der Mädchen ihre Aufmerksamkeit den beiden Stars von Gryffindor, will heißen James Potter und Sirius Black, zuwandten. Remus seufzte nur stumm und setzte sich, jeden Morgen das gleiche, obwohl, gab es überhaupt eine Tageszeit in der diese beiden Chaoten nicht wo sie standen und gingen für Aufsehen sorgten? Wohl nicht. "Also ich finde, die kleine Fledermaus ist langsam mal wieder fällig", grinste Sirius seine Freunde verschwörerisch an, als sie endlich alle saßen. "Stimmt, der hat schon lange nichts mehr abbekommen", stimmte ihm James auch gleich zu und beide begannen zu grinsen. Remus verdrehte nur die Augen, diese Kindsköpfe. "Ihr habt echt nichts als Unsinn im Kopf, was? Überlegt euch mal was ihr tut, Leute, ihr seid immerhin schon im 7.Schuljahr, da solltet ihr euch nicht mehr wie die Erstklässler aufführen", meinte Remus nur und blätterte seinen Tagespropheten um. "Och Remi, du hörst dich schon wieder wie Professor McGonegall an." James sah ihn ein bisschen missmutig über den Tisch an. "Und außerdem bist du ernsthaft genug für uns alle vier, also wieso sollten wir nicht ein bisschen kindisch sein?" Sirius legte ihm einen Arm um die Schulter und lachte leise, seine blauen Augen funkelten verschmitzt. Remus seufzte erneut. "Ihr macht es mir echt nicht leicht, aber haltet euch diesmal bitte ein bisschen zurück, so heftig wie das letzte Mal, muss es wirklich nicht werden", gab er seinen Widerstand dann doch auf. Gegen diese beiden hatte er einfach keine Chance, besonders nicht gegen Sirius. "So ist es richtig, das ist mein Remi", grinste ihn Sirius übers ganze Gesicht an und zog ihn noch ein wenig näher an seinen Körper. In solchen Momenten verstand er nur zu gut, warum halb Hogwarts hinter dem Schwarzhaarigen her war. Und nicht nur das... "Dieser Slughorn geht mir echt auf den Keks." Finster blickte James vor sich hin. Sirius und auch Remus lachten leise darüber, auch Peter schloss sich zögernd an. "Nur weil er die ganze Zeit Lily in Beschlag nimmt?" Remus und Sirius hatten schon fast den ganzen Zaubertrankunterricht geschmunzelt, wie James immer wieder versuchte mit Lily zu reden, die ihm als Partnerin zugeteilt worden war, doch jedes Mal hatte ihm Slughorn dazwischen gefunkt, der einen regelrechten Narren an dem rothaarigen Mädchen und ihren Zaubertrankkünsten gefressen hatte. Das Mienenspiel des Gryffindorquidditchkapitäns waren jedes Mal entgleist, wenn er wieder mal vergeblich versucht hatte, ein Gespräch mit ihr anzufangen. Aus irgendeinem Grund schien es Slughorn zu riechen und genau in solchen Augenblicken kam er herangesprungen um Lily irgendeine Frage zu stellen. Sirius und Remus, die hinter den beiden saßen, grinsten darüber immer wieder, es war herrlich gewesen. "Ich sag euch, dass macht der mit Absicht, der mag mich nicht. Bestimmt weil wir im letzten Jahr seine Hausmannschaft vernichtend geschlagen haben." Es leuchtete so viel Überzeugung in James Augen, dass man ihm die lächerliche These fast abnehmen mochte. "Oh man, was du dir da wieder zusammenspinnst", lächelte Remus dazu nur, solch ein normales Abendessen war doch echt schön. Noch ehe James sich weiter Luft machen konnte, entstand ein kleiner Tumult von der Tür her und auch das Gryffindorquartett blickte nun in diese Richtung, aus welcher ein Mädchen auf sie zugelaufen kam. Es war eine hübsche Sechstklässlerin aus Ravenclaw, Sirius derzeitige Freundin - Cassandra Miller, die genau den Platz neben Remus anpeilte, der auf dem Sirius saß. Vor selbigem baute sie sich nun auch auf und sah ihn mit rot geweinten Augen von oben herab an. "Sirius Black, du bist so ein Mistkerl" und mit diesen Worten hatte sie dem Schwarzhaarigen auch schon eine Ohrfeige verpasst, Tränen begannen über ihr Gesicht zu laufen. "Und womit hab ich das jetzt verdient?" Sirius sah sie nur fragend an, nichts weiter. Mit der Hand hielt er seine geschlagene Wange. "Das weißt du ganz genau, du bist so ein gemeines Schwein. Es ist aus!", schrie sie ihn noch an, ehe sie aus der Halle stürmte, Sirius blaue Augen folgten ihr völlig verständnislos. Remus hatte die ganze Szene voller Unbehagen verfolgt. "Alles ok, Sirius?", fragte er vorsichtig und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. Sirius wand sich ihm zu und lächelte leicht, selbst so etwas ließ den Black nicht sein Lächeln verlieren, sollte man es Glück nennen? "Geht schon, Remi. Hätte nicht gedacht, dass sie so einen harten Schlag drauf hat", grinste er unbekümmert weiter, doch Remus kannte ihn schon zu lange um darauf hereinzufallen. In den schönen blauen Augen stand noch immer Unverständnis. Als sie nach dem Essen, bei welchem die Szene von Cassandra natürlich Thema Nummer eins war, den Gemeinschaftsraum betraten, verabschiedete sich Sirius gleich ins Bett. James hatte Lily ausgemacht und in seinem watteweichen Verstand war grad für seine Freunde kein richtiger Platz mehr. Peter setzte sich noch an vergessene Hausaufgaben für den nächsten Tag, die ihn noch bis zum Morgen beschäftigen würden, wenn er sie alle heute beenden wollte. Nach kurzem Zögern entschied sich Remus Sirius nach zu gehen, wer wußte, ob er es so gut wegsteckte, wie er vorgab. Leise öffnete er die Tür in ihren Schlafsaal und sah seinen Freund an einem der Fenster sitzen, in den langsam dunkler werdenden Abendhimmel starrend. "Darf ich?", fragte er, als er neben Sirius stand. Der Schwarzhaarige hob kurz den Kopf, sah ihn an und nickte dann. Remus setzte sich zu ihm auf das Fensterbrett. Er blieb stumm, er wusste, dass Sirius sprechen würde, wenn er wollte. Nach einer kurzen Zeit räusperte sich sein Freund auch und sah Remus dann fast ein wenig traurig an. "Es ist nicht so, dass ich in Cassandra verliebt bin. Ich mag sie, nicht mehr und als sie mich gefragt hat, ob ich mit ihr gehen will, dachte ich, wieso eigentlich nicht. Es trifft mich nicht, selbst diese Szene ist mir egal, aber ich verstehe nicht warum." Sirius stützte die Ellenbogen auf die Knie und vergrub die Hände in seinen Haaren, die ihm nun offen über den Rücken fielen. "Ich meine, ich hab ihr keinen Anlass gegeben, zu weinen und mir eine zu verpassen, oder Remi?" Remus wusste, dass Sirius es gar nicht abkonnte, auf eine Frage keine richtige Antwort zu wissen, so etwas wurmte ihn ziemlich. "Jemand wie du verdient eigentlich immer Schläge, aber sie im speziellen hatte keinen. Tut mir leid, Siri." Der Schwarzhaarige lächelte leicht, wie er es beabsichtigt hatte. "Du musst dich nicht entschuldigen, kannst doch nichts dafür." Sirius seufzte noch einmal kurz, dann zuckte er mit den Schultern. "Dann soll es eben nicht sein. In letzter Zeit hab ich wohl generell kein Glück bei den Frauen, weiß der Teufel wieso." Wenn Remus so zurückdachte, hatte sein Freund schon recht. Das Schuljahr lief grad mal einen Monat und Sirius hatte in der Zeit, mit dem heutigen Tag eingerechnet, schon ganze drei Exfreundinnen. "Du wirst schon irgendwann dein Glück finden, ich meine, es gibt doch sicher auch oberflächliche Frauen, denen der Charakter egal ist und die selbst so ein verkorkstes Exemplar wie dich nehmen", lachte Remus leise und kurz darauf stimmte auch Sirius mit ein, seine Gedanken bezüglich des Trennungsgrundes schienen verflogen zu sein. "Na, vielen Dank. Bist echt ein toller Freund." Doch Sirius wunderschöne blaue Augen waren wieder so unbekümmert wie immer, Remus hatte Erfolg gehabt. "Jeder Zeit wieder." Er lächelte dem Schwarzhaarigen aufmunternd zu. "Danke, Remi." Sirius erwiderte das Lächeln, doch schon erschien wieder sein verschmitztes Funkeln in den Augen. "Weißt du was, eigentlich ist es schade, dass du kein Mädchen bist. Wir wären sicher das perfekte Paar." Remus blieb für einen Moment die Luft weg und er konnte Sirius einfach nur stumm anstarren, doch dieser stand auch schon leise lachend auf und ging hinüber zu seinem Bett. Es dauerte noch einige Augenblicke, bis auch Remus aufstand und zu seinem Bett ging. Sein Kopf schwirrte vor Gedanken und leicht verwirrt warf er sich auf die weiche Matratze und vergrub sein Gesicht im Kissen. Sirius letzter Satz beherrschte sein Denken, doch er wies sich selbst zu Recht, dass dieser es nur im Spaß gesagt hatte. Egal wie sehr er es sich selbst auch wünschte. Ja, er war bis über beide Ohren in seinen besten Freund verliebt, doch für diesen war er eben nur der beste Freund, nichts, nicht ein winziges bisschen mehr. Was er sich so sehnlich wünschte, konnte es nicht geben und wenn er nicht aufpasste, dann nicht mal mehr das und trotzdem tat er solche Dinge, schon zum dritten Mal in diesem neuen Schuljahr... Ende Kapitel 1 Kapitel 2: Liebesbrief ---------------------- Kapitel 2: Liebesbrief Nach nur wenigen Tagen war die Sache mit Cassandra vergessen und die Mädchen begannen sich um den endlich wieder freien Sirius Black zu scharren. Egal wo er war, immer folgte ihm eine Horde kichernder Mädchen. Remus beobachtete das Ganze mit leichtem Missfallen, jedenfalls redete er sich das ein, in Wahrheit war er wohl doch eifersüchtig, aber das würde er sich nicht so einfach eingestehen können. Zu seiner Erleichterung schien aber Sirius im Moment so gar kein Interesse am weiblichen Geschlecht zu haben, denn sämtliche Anträge lehnte er ab, zwar charmant wie immer, aber er lehnte sie ab. Es lag wohl zum größten Teil daran, dass bald das erste Quidditchspiel gegen Hufflepuff anstand und die Hausmannschaft ziemlich viel und hart trainierte. Remus zog es in dieser Zeit immer in die Bibliothek, obwohl er so manches Mal den Drang verspürte, einfach hinaus zum Quidditchfeld zu gehen und der Mannschaft, aber insbesondere ihrem schwarzhaarigen Treiber, beim Spielen zuzusehen. Immer wenn er dieses Verlangen in sich aufsteigen spürte, versuchte er sich so schnell es ging mit anderen Dingen zu beschäftigen, doch meistens gelang es nicht und so gab es Tage in denen er völlig geistesabwesend in der Bibliothek vor sich hin starrte. Das Bild eines ganz bestimmten Jungen vor Augen. Auch am heutigen Tag war es wieder so weit, draußen dämmerte es bereits, doch Remus bemerkte es gar nicht, obwohl er aus dem Fenster sah. Erst ein leises Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken und fast ein wenig verschreckt, blickte er in das Gesicht eines Mädchens, das vor seinem Tisch stand. Sie hatte schulterlange, blonde Haare und braune Augen. Soweit Remus sich richtig erinnerte, war sie aus Hufflepuff und auch im siebten Schuljahr. Das Mädchen räusperte sich erneut und ihre Wangen wurden noch röter. "Oh, entschuldige bitte, hallo." Er riss sich aus seiner Starre und begrüßte sie leicht verunsichert, aber trotzdem lächelnd. "Hallo", erwiderte sie nur knapp und schien sowohl erfreut als auch erschrocken von Remus Begrüßung. Einen Augenblick trat Stille ein, während sie sich nur ansahen. Ihr Name war, glaubte er, Jessica. "Kann ich dir irgendwie helfen? Jessica, richtig?" Remus verstand ihr Verhalten nicht wirklich, genauso wenig wie die hinter dem Rücken verborgene rechte Hand. "Ja ... Also ... Ich ..." Der Name war scheinbar richtig gewesen, schien sie aber nur noch mehr zu verunsichern und die Röte in ihrem Gesicht sah schon nicht mehr ganz gesund aus. "Alles in Ordnung mit dir?", fragte er doch schon etwas besorgt. "Hier, den wollte ich dir geben. Bitte, lies ihn", mit diesen Worten knallte sie ihm etwas auf den Tisch, nur um sich gleich darauf umzudrehen und regelrecht wegzurennen. Remus sah ihr einige Augenblicke völlig verwirrt nach, dann streckte er die Hand nach dem aus, was sie ihm hingelegt hatte. Es war ein Brief. Mit rosa Tinte und in recht hübscher Handschrift stand drauf sein Name - Remus Lupin. Es dauerte einige Sekunden bis es ihm klar wurde, das war ein Liebesbrief. Ein Liebesbrief an ihn. Leichte Röte schoss nun auch in seine Wangen, so etwas hatte er noch nie bekommen. Mit zitternden Fingern drehte er den Brief von einer Seite auf die andere, er sah ganz normal aus, nur das eben mit rosa Tinte sein Name darauf stand. Er spielte mit dem Gedanken, den Brief zu öffnen und zu lesen, dann dachte er daran ihn einfach ungelesen zu lassen. Beide Gedanken bereiteten ihm keine wahre Freude. Was sollte er tun? Vielleicht dachte er einfach noch ein wenig über eine passende Lösung nach, eine Absage würde Jessica so oder so von ihm bekommen. Ob er Sirius fragen sollte? Der kannte sich schließlich damit aus, aber auf einen Kommentar aller: 'Siehst du, es geht doch auch bei dir, Remi!', konnte er wahrlich verzichten, dass würde nur weh tun und wieder ein Stück schmerzhafte Gewissheit sein. Er steckte den Brief erst einmal in sein Verwandlungsbuch, in welchem er gelesen hatte, und packte selbiges in seine Tasche. Später würde er schon eine Lösung finden, jetzt wollte er erst einmal zum Abendessen gehen. Träumen und Denken machte hungriger als man meinen sollte. "Mir tut echt jeder Knochen einzeln weh. Wie gern wäre ich im Moment irgend ein wirbelloses Vieh", mit einem theatralischen Seufzer ließ sich Sirius auf sein Bett fallen. Remus grinste nur leicht hinter seinem Buch hervor, er wusste schon, warum er keinen Sport mochte. "Selber Schuld, sag ich da nur", kommentierte er das Ganze dann doch noch. "Du bist so gemein, Remi. Kann ich nicht mal von dir ein wenig Mitgefühl erwarten?" Sirius drehte sich auf den Bauch und sah ihn mit einem schmollenden Gesicht garniert mit großen wunderschönen Augen an. "Ich werde es mir überlegen, OK?" Remus wand sich zu ihm und lächelte ihn unschuldig an. "Sag mal, Remi, krieg ich mal kurz dein Verwandlungsbuch, ich finde meines grad nicht", ertönte nun James Stimme von der anderen Seite, während Sirius Flunsch noch schlimmer wurde. Schon leise kichernd, reichte Remus dem Sucher das Buch ohne ihn jedoch anzusehen. "Siri, hör bitte auf. Du weißt, wie lächerlich das aussieht", versuchte er den Schwarzhaarigen von der Grimasse abzubringen, doch der dachte gar nicht daran. "Na und, ich kann ja wohl gucken wie ich will." Und es wurde noch schlimmer, Remus lachte schon lauter. "Hey, Remi, was ist das denn? Ein Liebesbrief?" Augenblicklich verstummte er, oh nein, der Brief hatte noch im Buch gelegen und James hatte ihn gefunden. Solch eine Chance würde dieser sicher nicht ungenutzt verstreichen lassen und mal wieder war auf seine Menschenkenntnis Verlass. Keine drei Sekunden später setzte James sich zu Sirius aufs Bett und öffnete den Brief. Dann begann er ihn laut vorzulesen. "Lieber Remus!" Der Sucher versuchte seiner Stimme einen weiblichen Klang zu verleihen. "Du bist mir schon seit einer ganzen Weile aufgefallen und als ich gehört habe, dass du keine Freundin hast, wollte ich dich fragen, ob du nicht Lust hast, dich mit mir zum nächsten Hogsmeadwochenende zu verabreden. Ich bin leider sehr schüchtern, daher der Brief. Ich hoffe, das es klappt. Mit lieben Grüßen deine Jessica," endete James und genau in dem Moment riss Remus ihm auch schon den Brief aus den Händen. "Das geht dich nichts an, James", funkelte er seinen Freund an, doch dieser lachte nur leise vor sich hin. "Ach komm schon, Remi. Das ist doch total süß. Ist es die Jessica aus unserem Jahrgang, die aus Hufflepuff?", fragte der Sucher auch gleich hinterher. Remus, der sich immer noch wütend, mit dem zerknüllten Brief in den Händen, wieder auf sein Bett gesetzt hatte, nickte leicht. "Die ist doch echt hübsch, ein bisschen still vielleicht, aber ansonsten. Freu dich doch." James grinste ihn breit an, als Remus endlich wieder den Blick hob, der dann auch zu Sirius ging. Er stockte als er ihn ansah, solch einen Ausdruck hatte er in Sirius Gesicht noch nie gesehen und er hatte eigentlich gedacht, dass er jeden kennen würde. Das typische Blacklächeln war verschwunden und er starrte Remus einfach an, direkt ins Gesicht. Auch James schien von all dem irgendwie verunsichert, verwirrt blickte er zwischen Remus und Sirius hin und her. "Willst du dich mit ihr treffen?" Dieser Klang! Neutral und doch irgendwie ein bisschen ablehnend. Noch nie hatte sein bester Freund mit so einer Stimme zu ihm gesprochen, irgendwie bereitete sie ihm kein gutes Gefühl in der Magengegend. "Ich weiß noch nicht. Hab schließlich eben erst erfahren, was in dem Brief stand", gab er zögernd zu, obwohl eigentlich war ihm die Antwort schon klar, doch Sirius Blick ließ ihn keinen klaren Gedanken fassen. Es trat ein langer Moment der Stille zwischen ihnen dreien ein, Remus und Sirius starrten sich weiter an und James saß unschlüssig daneben. Seufzend wand als erster Sirius den Blick ab und stemmte sich hoch. "Ich geh duschen!", meinte er nur knapp und verschwand im Bad. Vollkommen verdutzt sahen ihm die beiden übrigen hinterher, was wohl auch daran lag, das Sirius schon nach dem Training geduscht hatte. Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen und das Rauschen der Dusche ertönte, als James sich fragend an Remus wand. "Was hat er denn?" Der Sucher sah etwas unsicher aus, doch Remus konnte nur mit den Schultern zucken. "Ich habe keine Ahnung. Es muss wohl was mit dem Brief zu tun haben", grübelnd sah er das zerdrückte Stück Papier in seiner Hand an, was sollte dieses Verhalten? "Ob er ein Auge auf sie geworfen hat?" James Bemerkung riss Remus aus seinen Gedanken. "Wie meinst du das?", fragte er gleich misstrauisch zurück, nicht schon wieder. Das Lächeln des Suchers schien sicherer zu werden. "Na, er ist sauer, dass du einen Brief von ihr bekommen hast und nicht er. Er steht vielleicht auf Jessica", erläuterte sein Freund nur zu gern seine Theorie. "Meinst du?" Remus versetzte dieser Gedanke einen Stich, vielleicht sollte er doch mit ihr ausgehen, aber konnte er das wirklich? Ihm kam das wie Betrug vor. "Ich wüsste keinen anderen Grund für diese Reaktion, du etwa?" James sah ihn fragend an, doch er schüttelte nur den Kopf. "Ich rede mit ihm", und mit diesen Worten erhob sich auch Remus, den Brief einfach unachtsam auf den Boden fallen lassend und ging Sirius hinterher. Als er ihr Bad betrat, schlug ihm eine leicht neblige, warme Dampfschicht entgegen, das Wasser rauschte immer noch. "Sirius?", fragte er vorsichtig, fast unhörbar, doch nach nur wenigen Augenblicken wurde das Wasser abgedreht, von dem Jungen in der Duschkabine kam ansonsten aber keine Reaktion. Remus lehnte sich gegen die geflieste Wand neben der Tür und seufzte leise. "Ich werde nicht mit Jessica ausgehen. Ich möchte dir nicht irgendwie in die Quere kommen, denn unsere Freundschaft ist mir wirklich wichtig. Wegen so etwas, will ich sie nicht aufs Spiel setzen." Remus starrte die leicht feucht glänzenden Fliesen auf dem Boden des Bades an, bis er das Rascheln des Duschvorhangs hörte. Fast erschrocken blickte er auf und sah genau in Sirius wunderschöne blaue Augen, doch auf ihnen blieb sein Blick nicht all zu lange hängen, denn sein bester Freund stand nur mit einem Handtuch um die Hüften vor ihm. Dieser Körper war einfach perfekt. Remus war fast schon eifersüchtig auf die kleinen Wassertropfen, die einfach so über Sirius Körper laufen durften, zu gern hätte er diese jetzt durch seine Finger ersetzt. "Was meinst du mit in die Quere kommen?" Sirius Stimme ließ ihn zusammenschrecken und irgendwie fühlte er sich ertappt. Ohne das er etwas dagegen tun konnte, wurde er rot im Gesicht. "Ich ... Also ich dachte, dass du vielleicht ein Auge auf Jessica geworfen hast?" Remus war sich in dem Moment plötzlich gar nicht mehr so sicher, doch was sollte es sonst sein? Es erschien ihm so, als wenn es in den Augen seines besten Freundes kurz Unverständnis aufflackerte, ehe er den Kopf schüttelte. "Nein, ich will nichts von ihr. Du kannst ruhig mit ihr ausgehen, wenn du willst", meinte er knapp und Remus verstand gar nichts mehr, nur eines wusste er genau. "Nein, ich will nicht mit ihr ausgehen", lächelte er schon wieder leicht, sie führten nur selten so ernste Gespräche. "Nicht? Aber sie ist doch ganz süß, Remi." Sirius sah ihn fragend an, auch wenn Remus glaubte, ein kurzes freudiges Flackern in seinen Augen gesehen zu haben. Er verstand es nicht. Doch wichtiger als das zu verstehen, war wohl seine Antwort. Aber was sollte er sagen? Die Wahrheit war wohl das Beste, er wollte keine Lügen zwischen ihnen. Er sollte nur besser den einen entscheidenden Teil verschweigen. "Ich habe kein Interesse an ihr, weil ich in jemand anderen verliebt bin, Siri. Schon eine Weile und da finde ich es einfach nicht richtig, mit ihr auszugehen." Remus waren die Worte regelrecht aus dem Mund gepurzelt und als ihm bewusst wurde, was er gesagt hatte, schoss noch mehr Blut in seine Wangen. Es war das erste Mal, dass er es ausgesprochen hatte und auch Sirius schien ziemlich von diesem Geständnis überrascht, für einige Augenblicke starrte er Remus erneut an, der Blick war fast noch schlimmer als vorhin bei dem Brief. "Ich bin müde. Gute Nacht, Siri" Und mit diesen Worten flüchtete Remus aus dem Bad, zwar hörte er Sirius noch leise "Wer?" fragen, doch er konnte darauf einfach nicht antworten. Schnell zog er sich um und legte sich ins Bett, James fragenden Blick einfach ignorierend. Er wollte lieber so tun als ob er schlief, wenn Sirius aus dem Bad kam, er wollte heute nicht weiter darüber reden. Wollte seinem besten Freund nicht eröffnen, dass er selbst die betreffende Person war. Wollte nicht, dass sich etwas zwischen ihnen änderte, dass er ihn vielleicht verachtete, mied oder schlimmeres. Und doch wollte er in der Tiefe seines Herzens Klarheit. Klarheit und Liebe, aber zusammen würde er sie wohl nicht bekommen können... Kapitel 2 Ende Kapitel 3: Aussprache --------------------- Kapitel 3: Aussprache Am nächsten Morgen schlug Remus die Augen auf, da er das Gefühl hatte, dass irgendetwas nicht stimmte. Langsam richtete er sich in seinem Bett auf und sah auf den Wecker. Es war Zeit zum Aufstehen, aber irgendetwas fehlte? Sirius! Er seufzte leise und traurig. Eigentlich weckte ihn sein bester Freund jeden Tag, wenn er im Turm war und selbst, in seiner Zeit als Werwolf kam er vor dem Unterricht vorbei um nach ihm zu sehen, doch heute war es anders. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend stand er auf und schob die Vorhänge bei Seite. James wuselte bereits durch den Raum und versuchte nebenbei Peter zu wecken. Sirius Vorhänge waren allerdings noch geschlossen, was Remus völlig ungläubig zur Kenntnis nahm. Normalerweise stand sein bester Freund immer als erster auf, selbst mit der schlimmsten Grippe oder am Wochenende. Was war los? "Guten Morgen, Remi", hörte er plötzlich James Stimme. "Morgen", erwiderte Remus nur knapp, während er dem Sucher einen kurzen Blick zuwarf und dann wieder Sirius Vorhänge anstarrte. James folgte seinem Blick und ging dann zu ihm. Erst als der andere Junge vor ihm stand, blickte Remus zu ihm auf. "Was?", fragte er nur knapp und nickte mit dem Kopf in Richtung der geschlossenen Vorhänge. James seufzte lautlos und zuckte mit den Schultern. "Er meinte, da für euch beide ja heute morgen Runenkunde ausfallen würde, bliebe er lieber noch etwas liegen." Die Stimme des Quidditchkapitäns klang nicht überzeugt von dieser Aussage. Remus zog die Augenbrauen hoch und sah seinen Freund völlig verdutzt an. "Ich weiß, geht mir genauso", meinte dieser daraufhin nur, er schien es auch für eine Ausrede zu halten. Er atmete einmal tief durch, dann zuckte er mit den Schultern, wenn Sirius es so wollte, wieso sollten sie ihn stören? Mit schlurfenden Schritten ging Remus ins Bad und machte sich fertig, schließlich gab es nur jetzt Frühstück und er ging ungern hungrig in den Tag. Später machte er sich dann zusammen mit James und Peter auf in die Große Halle. Sirius wollte nicht mit, obwohl James sein ganzes Überredungstalent hatte spielen lassen. Natürlich sorgte es gleich für unzählige Klatschgeschichten, als sie nur zu dritt erschienen, doch sie ignorierten es einfach und setzten sich an ihren Tisch. Im Laufe des Frühstücks kamen immer wieder vereinzelt Mädchen angelaufen, die sich erkundigten, ob Sirius vielleicht krank war, manche schienen richtig besorgt zu sein. Remus ging das nach einer Weile ziemlich auf den Keks und so fielen seine Antworten manches Mal nicht so freundlich aus wie sonst. Als die Schüler langsam zum Unterricht aufbrachen, sprach ihn James noch einmal an. "Remi?", fragte dieser vorsichtig, denn seine Laune war deutlich erkennbar auf einem Tiefpunkt angelangt. "Was ist?" Eigentlich wollte er nicht so gereizt reagieren, doch er tat es dennoch. "Ich wollte dich nur bitten, vielleicht noch einmal mit Sirius zu reden. Euer Gespräch gestern Abend im Bad schien ja nicht besonders gut gelaufen zu sein. Ihr habt beide bedrückt ausgesehen. Siri ist mit einem Gesicht aus dem Bad gekommen, das hab ich noch nie an ihm gesehen. Er schien total nachdenklich, aber auch irgendwie geschockt und wütend. Hattet ihr einen Streit?" Remus sah seinen Freund vollkommen überrascht an. "Wir haben uns nicht gestritten", meinte er nur, aber wie sollte er Sirius' Reaktion einordnen? "Rede bitte trotzdem noch einmal mit ihm. So habe ich ihn noch nie erlebt." James lächelte ihm noch einmal aufmunternd zu, ehe er seine Sachen packte und mit Peter zum Unterricht verschwand. "Ich doch auch nicht", antwortete er, obwohl der Schwarzhaarige schon aus der Großen Halle gegangen war. Remus blieb allein am Tisch, seine Gedanken kehrten zum gestrigen Tag zurück. Was konnte Sirius so beschäftigt haben? Es war doch bis fast zum Schluss gut gelaufen, Sirius hatte auch schon wieder gelächelt und dann hatte er ihm gesagt, dass er verliebt war. Anschließend war er aus dem Bad gerannt. Ob Sirius es ihm übel nahm, dass er ihm nicht verriet, in wen er verliebt war? Aber sein bester Freund war doch nicht so kleinlich, oder? Gut, bis jetzt hatte Remus ihm auch noch nie von diesen Gefühlen erzählt, ob es daran lag? Seufzend erhob er sich, wenn er nicht mit ihm redete, würde er wohl auch keine Antwort bekommen, also machte er sich auf den Weg zurück zum Gryffindorturm. Die Unsicherheit und regelrechte Angst, die er dabei hatte, durch diesen Fehler vielleicht Sirius Freundschaft eingebüßt zu haben, wurde mit jedem Schritt ein klein wenig größer, dabei tat er doch alles um ihn nicht zu verlieren und wenn, dann doch bitte nicht so. Remus hatte für den Weg zurück in den Turm sehr viel länger als üblich gebraucht, seine konfusen Gedanken, sowie das mulmige Gefühl im Bauch waren keine guten Beschleunigungshilfen. Als er vor ihrer Zimmertür ankam, atmete er noch einmal tief durch. Noch nie war es ihm so schwer gefallen mit Sirius zu reden, eigentlich war es noch nie schwer gewesen. Vielleicht war ja diese Zeit jetzt vorbei? Doch obwohl er sich total mies fühlte, kamen ihm diese Gefühle sehr bekannt vor, fast wie ein alter Freund, denn seit er sich eingestanden hatte, dass er in seinen besten Freund verliebt war, hatte er sich immer so gefühlt, wenn er sich vorstellte, Sirius von seinen Gefühlen zu erzählen. Endlich legte er seine Hand auf die Klinke und drückte sie nach unten. War er schon immer so langsam gewesen? Vorsichtig schob er die Tür auf und erschrak als sie leise quietschte. Schnell schob er sich durch den schon entstandenen, schmalen Spalt und schloss die Tür wieder hinter sich. "Du musst nicht extra leise machen, ich bin wach", erklang Sirius Stimme so deutlich wie unerwartet und ließ Remus leicht erschrocken zusammenfahren. Er brauchte einige Augenblicke bis er sich weiter traute, den Blick starr auf die immer noch zugezogenen Vorhänge geheftet. In Gedanken ermahnte er sich selbst zu ein bisschen mehr Mut, schließlich sollte ihre Freundschaft nicht an so einer Lappalie scheitern, dann doch lieber an seinem Geständnis, dann hätte er wenigstens noch was davon, doch bis dahin, war noch Zeit und er hatte nicht vor, diese ohne den Schwarzhaarigen zu verbringen. Mit etwas sichereren Schritten ging Remus schnurstracks auf Sirius Bett zu, wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Seine Finger zitterten leicht, als er nach dem Vorhang griff, doch dann zog er ihn mit einem Ruck auf und blickte genau in das Gesicht seines besten Freundes. Er setzte sich zu diesem aufs Bett und ließ sich die Vorhänge hinter ihm wieder schließen. "Wir müssen reden!", sagte er ernst und mit fester Stimme, obwohl sein Herz beim Anblick von den blauen Augen seines Gegenübers schneller zu schlagen begann. Einen Augenblick noch erwiderte Sirius den Blick, dann zog er sich die Decke über den Kopf und ließ sich wieder auf sein Kissen sinken. "Später", murmelte er nur noch ablehnend, doch Remus war jetzt entschlossen genug und so zog er dem anderen einfach die Decke weg. "Nicht später, jetzt!" Seine Stimme hatte einen Befehlston und nebenbei schob er Sirius Decke hinter seinen Rücken, aus dessen Reichweite. Wie schön warm sie war und wie angenehm sie nach Sirius roch. "Remus, was soll das?" Sein Gegenüber richtete sich auf und sah ihn ein wenig sauer an, doch je länger sie sich ansahen um so mehr verschwand dieser Ausdruck aus seinem Gesicht. Nach einigen Augenblicken sah Sirius ihn nur noch irgendwie traurig an. "Was das soll?", begann Remus und musterte seinen besten Freund einmal von oben bis unten, wobei ihm nicht verborgen blieb, das er in seinem Schlafzeug, das lediglich aus einem Shirt und einer kurzen Hose bestand, eine wirklich sehr gute Figur machte. "Seit ich dich kenne, schafft es nicht einmal der kälteste, ungemütlichste Wintertag dich länger als nötig im Bett zu halten. Du bist immer der erste von uns vieren, der auf den Beinen ist, egal ob zur Schulzeit oder in den Ferien. Und du weißt, wie sehr du mir damit in den Winterferien auf die Nerven fällst, weil ich dann dein einziges Weckopfer bin. Und was ist heute los? Du bist weder krank, noch übermüdet oder ähnliches, aber trotzdem liegst du immer noch im Bett. Und Mister 'Ich schlafe nie länger als unbedingt nötig' hat heute sogar das Frühstück verpasst. Du siehst, wir haben zu reden und zwar jetzt!" Remus lehnte sich leicht zurück, die warme Decke in seinem Rücken gab ihm Sicherheit, so ähnlich fühlte es sich an, wenn Sirius ihn umarmte. Sein Blick hatte den seines besten Freundes nicht eine Sekunde losgelassen und mit leichter Befriedigung bemerkte er, dass dieser ziemlich erstaunt war. "Du hast wohl Recht." Sirius senkte den Blick. Remus rückte etwas näher zu ihm, obwohl er damit die Wärme der Decke bedauerlicherweise hinter sich lassen musste. "Siri, was ist denn los? James meinte, unser Gespräch gestern ... Na ja ... Du weißt schon, ist nicht so gelaufen wie es sollte", druckste er ein wenig herum, schließlich würden sie dann auch sicher wieder auf die Sache mit seiner Verliebtheit kommen. "Ja, stimmt schon", gab Sirius zu, verstummte dann aber. Remus sah seinen besten Freund missmutig an, musste man ihm heute jedes Wort aus der Nase ziehen? "Bitte, Siri. Rede mit mir, wir sind doch Freunde. Ich mache mir Sorgen um dich." Er griff nach der rechten Hand des anderen, die vor ihm auf dem Laken lag und sah ihm in die Augen. Sirius schien einen Moment überrascht, doch dann lächelte er schwach. "Ja, Freunde." Seine Stimme war leise und hatte einen fast melancholischen Unterton, doch Remus ließ nicht locker, kurz drückte er die Hand. Er sah den anderen fast flehend an, es fehlte nicht viel und er würde anfangen zu weinen. Erschrocken und schuldbewusst erwiderte sein bester Freund den Blick. "Tut mir leid." Seine Stimme war noch immer fast ein Flüstern, doch diesmal blieb es nicht bei den paar Worten. "Mir geht nur seit gestern so vieles im Kopf herum, was du zu mir gesagt hast. Um ehrlich zu sein, hab ich heute Nacht gar nicht geschlafen, Remi." Remus war ein wenig überrascht, aber vor allem verwirrt von dieser Antwort. Sirius, der sonst schlafen konnte, wo er ging und stand, hatte wegen ihrem Gespräch gestern kein Auge zugetan? Er musterte das Gesicht seines Gegenübers und obwohl es immer noch so hübsch wie immer war, konnte er doch leichte Schatten unter den Augen erkennen. Es war nicht gut, wenn man sich so viele Gedanken machte. Remus kannte das aus eigener Erfahrung, auch wenn er nicht genau wusste, worüber sich der andere den Kopf zerbrach. Aber jetzt sollte er seinen besten Freund erst einmal davon ablenken und ein bisschen aufheitern. "Toll, über so was denkst du die ganze Nacht nach, aber wichtige Dinge, zu denen ich dich ermahne, gehen dir zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus. Womit hab ich dich nur verdient?" Theatralisch verdrehte er die Augen und wurde für seine kleine Vorstellung auch Sekunden später mit leisem Lachen belohnt. Sirius lachte wieder, zum Glück. Auch auf seinen Lippen erschien nun ein Lächeln, er konnte den anderen eben einfach nicht deprimiert oder gar traurig sehen. "Danke, Remi!" Sein bester Freund sah ihm tief in die Augen, das Herz schlug Remus fast bis zum Hals, doch er würde es sich nicht anmerken lassen. Sie waren Freunde, da war so ein Blickkontakt normal. "Kein Ursache! Einen tollen Wecker wie dich finde ich schließlich nicht so schnell wieder", grinste er ihm entgegen, er musste seine innere Unruhe überspielen. "Na herzlichen Dank auch, Remi." Sirius schüttelte gespielt empört den Kopf, doch dann funkelte er ihn auch schon wieder schelmisch an. "Aber dann hab ich ja noch eine Remi-Weckung bei dir gut, oder?" und kaum hatte er diese Worte gesagt, stürzte er sich auch schon mit seinem Kissen auf ihn und zwischen ihnen entbrannte eine wilde Kissenschlacht. Beide lachten ausgelassen und erst als Remus Blick auf Sirius Uhr fiel, stoppte er das Ganze. "Mist, ich muss mich beeilen. Gleich geht Zauberkunst los." Erschrocken sprang er auf und zog Sirius Vorhänge auseinander. "Was schon? Na, dann mal los." Und auch Sirius wollte aufspringen, doch Remus hielt ihn zurück. "Nein, du legst dich hin und holst deinen Schlaf nach", befahl er schon fast. Sein bester Freund, der schon halb aus dem Bett gestiegen war, sah ihn verwirrt an. "Aber der Unterricht?" Sein Gegenüber sah jedoch nicht sehr abgeneigt aus den Vorschlag anzunehmen. "Leg dich bitte wieder hin. Ich bin schuld, dass du nicht geschlafen hast, also kümmere ich mich auch um eine Ausrede und schreib für dich mit. Unausgeschlafen bist du im Unterricht eh immer die totale Plage", versuchte sich Remus zu erklären, obwohl der Hauptgrund wohl eher war, dass er sich einfach Sorgen machte und sich ein klein wenig schuldig fühlte. "Na gut, aber nur dir zuliebe." Sirius zwinkerte ihm zu und legte sich wieder aufs Bett. "Da bin ich ja beruhigt, dass du nur mir zuliebe schwänzt und nicht weil du es möchtest", lächelte auch Remus und blickte, vor dem Bett stehend, auf seinen besten Freund herunter, der auf irgendetwas zu warten schien, den Blick zum Fußende des Bettes gerichtet. Langsam folgten seine Augen der Richtung, bis sie an der leicht zerknautschten Bettdecke hängen blieben. "Du erwartest doch jetzt nicht etwa ..." Der Dackelblick aus den wunderschönen, blauen Augen bestätigte seine Vermutung. "Du hast sie mir schließlich weggenommen." Und zum Blick gesellte sich ein astreiner Siriusflunsch. Remus verdrehte die Augen, dann beugte er sich zu der Decke und breitete sie über dem anderen aus. "So, jetzt zufrieden?" Er ahnte schon, dass da sicher noch etwas kommen würde. "Und wo bleibt mein Gute-Nacht-Kuss, Remi?" Remus sah seinen besten Freund sprachlos an, manchmal zweifelte er ernsthaft an dessen Geisteszustand und das Wort Kuss ließ seine Fantasie auch noch zusätzlich Achterbahn fahren. Leichte Röte breitete sich auf seinen Wangen aus, in jemanden wie Sirius verliebt zu sein, war wirklich nicht leicht. Es dauerte einige Augenblicke, bis er sich wieder ausreichend unter Kontrolle hatte. "Seit wann brauchst du denn so was?" Ein klein wenig Unsicherheit war noch immer in seiner Stimme. "Sonst brauche ich so was auch nicht, aber du willst ja unbedingt, dass ich mitten am Tag einschlafe, da brauche ich so was schon." Sirius Augen schienen immer größer zu werden. "Und du meinst, da ich dich dazu bringen will, muss ich das auch ausbaden?" Irgendwie hatte Remus ja schon Lust, aber das könnte ihn doch verraten, oder? "Genau so ist es, also ich warte." Sein bester Freund schloss nun die Augen und spitzte seine Lippen, er musste bei diesem Anblick leicht verträumt anfangen zu lächeln. Es war schon eine verführerische Situation, doch er wollte Sirius Unbekümmertheit auch nicht ausnutzen. Also, was tun? "Du bist echt nicht normal, Sirius Black!", mit diesen Worten beugte sich Remus zu ihm hinunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. "So und jetzt schlaf!" So schnell wie es unauffällig möglich war, zog er den Kopf zurück. Nur kurz kreuzten sich noch ihre Blicke, dann wand Remus Sirius lieber schnell den Rücken zu. Das Blut schoss ihm in die Wangen. "Bis heute Nachmittag!" und mit diesen Worten verließ er schnell ihr Zimmer. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, er hatte das Gefühl ganz Hogwarts musste es hören und noch immer konnte er Sirius' weiche Haut an seinen Lippen spüren. Warum hatte er das nur getan? Jetzt wusste er, wie es war seine Wange zu küssen, wie musste es da erst sein, seine Lippen zu küssen? Er hatte eindeutig einen Fehler gemacht, warum war er so dumm gewesen? So dumm und so verliebt ... Ende Kapitel 3 Kapitel 4: Streit ----------------- Kapitel 4: Streit Beim ersten Quidditchspiel der Saison siegte Gryffindor haushoch gegen Hufflepuff, was zu großen Teilen James und Sirius zu verdanken war. James hatte mit ein paar atemberaubenden Manövern den Schnatz gefangen und Sirius hatte es immer wieder geschafft, ihre Jäger vor den gefährlichen Klatschern zu retten und nebenbei auch noch die Treiber von Hufflepuff und einen ihrer Jäger von den Besen zu holen. Die beiden waren in totaler Topform und die Mädchen rissen sich mehr denn je um sie. Remus hatte nur zwei Tage nach dem Erhalt des Liebesbriefes mit Jessica gesprochen und ihr gesagt, dass er sich zwar sehr über ihr Angebot gefreut hätte, aber es leider nicht annehmen könnte. Das Mädchen hatte nur genickt und war dann gegangen, es tat Remus schon irgendwie leid, doch es wäre falsch gewesen ihr Hoffnung zu machen, wo keine war. Für ihn gab es eben nur eine einzige Person, die er liebte. Nach ihrem Gespräch in der Freistunde lief zwischen Remus und Sirius wieder alles wie immer, worüber er auch mehr als froh war und so vergingen die Tage, bald würde der Mond wieder voll am Himmel stehen. Remus sah mit einem leicht mulmigen Gefühl in den noch azurblauen Himmel. Heute Nacht würde er wieder in die Heulende Hütte müssen, nur noch ein Tag bis zum Vollmond. Er seufzte leise vor sich hin, eigentlich war er in solchen Augenblicken nicht gern allein, doch die anderen waren beschäftigt. James versuchte gerade im Gemeinschaftraum Peter einige Dinge über Zauberkunst zu erklären und Sirius war vorhin mit irgendeinem Mädchen verschwunden. Remus hatte das Ganze mit gemischten Gefühlen betrachtet. Zwar hatte sein bester Freund eine ganze Weile keine Freundin mehr gehabt, jedenfalls waren fast drei Wochen für ihn schon eine ziemlich lange Zeit, aber das hieß ja nichts oder? Es war immer so schwer ihn mit einem Mädchen zu sehen. Er mochte den Anblick einfach nicht, obwohl, es war wohl eher eine ziemliche Eifersucht, die ihn schon manches Mal zu unüberlegten Taten getrieben hatte. Auch am Scheitern von Sirius Beziehung mit Cassandra war er Schuld, hatte ihr einfach einen anonymen Brief mit einem gefälschten Foto geschickt. Das Foto hatte er so manipuliert, dass es aussah als küsse Sirius ein anderes Mädchen und sie schien es ja geglaubt zu haben, sonst hätte sie dem Schwarzhaarigen sicher nicht vor der ganzen Schule eine geklebt. Er war so falsch, aber er konnte einfach nicht gegen seine Gefühle ankommen. Ein erneuter Seufzer auf seinen Lippen, nur noch eine knappe Stunde, dann musste er sich auf den Weg in die Hütte machen. In diesem Moment flog die Tür auf und krachte gegen die Wand. Erschrocken fuhr Remus herum und sah Sirius im Raum stehen. Sein bester Freund knallte die Tür hinter sich wieder ins Schloss und ging zu ihm herüber. Als er vor ihm stand, konnte Remus den wütenden Ausdruck in seinem Gesicht sehen, obwohl wütend war wohl ziemlich untertrieben, da war jemand stocksauer. "Hallo Siri! Was ist denn mit dir los?", fragend sah er zu ihm auf, er hatte keine Ahnung worum es ging. "DAS!", zischte Sirius ihn an und warf ihm etwas vor die Füße. Ein bisschen verwirrt griff Remus danach und ließ es fast augenblicklich wieder fallen. Es war der Brief und das Foto, die er Cassandra geschickt hatte. "Ich will eine Erklärung, Remus. Das ist eindeutig deine Schrift auf dem Brief." Sirius Augen blitzten wütend, enttäuscht und auch irgendwie traurig. "Also ... Ich ... Wie ..." Er fand einfach keine Worte, alles in ihm zog sich zusammen. Die Wahrheit durfte nicht ans Licht, nicht so! "Ich will eine Antwort, Remus. Warum hast du das getan?" Remus hörte die Stimme, wusste das Sirius ganz dicht vor ihm stand, doch er konnte ihm nicht in die Augen sehen. War es jetzt etwa schon vorbei? Warum hatte er das nur getan? Woher kam der Brief auf ein Mal? "Woher...?" Mit zitternden Fingern streifte er das Papier des Briefes, immer mehr Fragen drohten seine Gedanken zu überfluten. Ein kaltes Lachen kam von Sirius. "Woher wohl?! Cassandra hat es mir gegeben, denn sie wollte unbedingt wissen, wer den dieses Mädchen sei. Tja und als sie mir auch noch den Brief gezeigt hat, war alles klar, du hast das getan und dann kommst du auch noch so scheinheilig an und willst mich trösten. Was bist du nur für ein mieser Verräter?!" Sirius Stimme klang anklagend, verächtlich, schmerzhaft. Jedes Wort versetzte ihm einen tiefen Stich ins Herz, das hatte er doch nicht gewollt. Gut, er wollte, dass sie sich trennen, aber doch nur weil er eifersüchtig war. War das eine Entschuldigung? Nein! Es war gemein von ihm, nur weil er ihn nicht haben konnte, wollte er sein Glück zerstören, was war er nur für ein schrecklich schwacher Mensch. Konnte er wirklich von sich behaupten, Sirius zu lieben? "Ich will wissen, warum!" Sirius schlug mit der Faust gegen die steinerne Mauer, in die das Fenster eingelassen war. "Warst du so neidisch auf meinen Erfolg bei den Frauen? War es so schlimm zu sehen, dass sie mich lieber mögen als dich? Oder warst du nur auf Cassandra scharf?" Die Stimme seines besten Freundes war leiser geworden, doch die Kälte schwang in jeder Silbe mit und auch die Trauer über diesen Verrat. In Remus regte sich langsam der Widerstand. Warum glaubte Sirius nur, dass es immer um so was ging? Glaubte er wirklich, dass er aus einem so niederen Motiv wie Neid auf dessen Erfolg bei Frauen gehandelt hatte? Obwohl, war Eifersucht besser? "Sei doch froh, dass du sie los bist. Du hast sie doch eh nicht geliebt." Remus hob nun den Blick und sah seinen besten Freund zum ersten Mal in die Augen. Seine Stimme war leise und zittrig, doch er hatte nicht den Mut sich zu verraten, vielleicht gab es noch einen anderen Weg, einen heuchlerischen zwar, aber einen sicheren. "Mit wem und wie ich eine Beziehung führe, entscheide ich immer noch selbst. Du hast kein Recht, dich da einzumischen." Noch nie war das Blau von Sirius Augen so kalt gewesen, genau wie seine Stimme. "Ach, aber du hast das Recht, mit den Gefühlen der Mädchen zu spielen. Nicht eine von ihnen hast du jemals geliebt." Auch Remus begann sich in Rage zu reden, diese Seite seines besten Freundes hatte er schon immer verabscheut, so sehr, wie er den Rest von ihm geliebt hatte. Die Wut, die ihn mehr und mehr erfasste, war fast, wie eine Art Selbstschutz um sich nicht zu verraten und sie loderte immer höher. "Das ist immer noch meine Sache und du hast dich da nicht einzumischen, besonders nicht so!" Sirius zeigte auf den Brief und das Foto auf dem Boden, seine Stimme wurde lauter und lauter. "Vielleicht verstehst du es aber nicht anders. Du bist ein elender Narzisst, für dich ist es keine Liebe nur Selbstbestätigung. Seht alle her, wie toll ich bin. Ich kann jede haben, die ihr wollt. Aber du hast selbst, nicht eine einzige von ihnen gewollt. Ich frage mich manchmal, ob du überhaupt jemanden außer dir lieben kannst." Es war nicht Remus der da sprach, es war seine Wut und doch waren es Gedanken, die er so manches Mal gehabt hatte, auch wenn er sie bei klarem Verstand schnell wieder verworfen hatte. "Wie kannst du es wagen? Erst hintergehst du mich, auf so eine Art und Weise und dann wirfst du mir so was an den Kopf. So jemanden wie dich, hab ich für meinen besten Freund gehalten. Wie konnte ich nur?" Sirius wand sich von ihm ab, entfernte sich aber nur einen Schritt und blieb dann mit dem Rücken zu ihm gewand stehen. Remus konnte nur fassungslos auf die Rückseite seines Freundes blicken. Hatte er mit so wenigen Worten und seinem unüberlegten, von Eifersucht verblendeten Verhalten ihre Freundschaft zerstört? Tränen begannen in seine Augen zu steigen, er war der größte Idiot unter der Sonne. Warum war er nur zu feige für die Wahrheit? Er hatte solche Angst gehabt, dass er ihn dadurch ganz verlieren würde und jetzt hatte er das geschafft ohne auch nur ein Wort über seinen Gefühlen zu verlieren. Langsam erhob er sich. Unschlüssig stand er hinter Sirius, der ihm immer noch den Rücken zugewandt hatte. War all das wirklich unwiederbringlich verloren? Aber worauf wartete Sirius dann noch? Wollte er vielleicht ihre Freundschaft trotz all dem noch nicht aufgeben? Aber wie hätte er? Doch nicht nach all dem was er getan und gesagt hatte, oder? Tränen liefen langsam über Remus Wangen. Er wollte ... konnte ... durfte Sirius ... seinen Sirius einfach nicht verlieren, nicht jetzt und schon gar nicht so, doch hier konnte nur noch die Wahrheit helfen, nichts anderes. Remus atmete einmal tief durch und fuhr sich mit dem Ärmel des Pullovers über die Augen, wischte die Tränen fort. "Sirius?" Er flüsterte den Namen leise, hatte Angst, dass der andere ihm nicht mehr zuhören wollte. Ein kurzes Zucken ging durch Sirius Körper, war er erschrocken? Aber es kam keine weitere Reaktion von dem anderen. Remus trat einen Schritt vor, er stand nur noch wenige Zentimeter von Sirius entfernt. "Sirius ... Bitte ... Ich ..." Irgendwie klang seine Stimme flehend, oder? Vorsichtig streckte er eine Hand aus und berührte seinen Gegenüber am Oberarm. Sirius zuckte erneut, wie unter einem leichten Stromschlag und drehte sich dann zu Remus um. In seinen wunderschönen, blauen Augen stand Trauer, Wut und Verzweiflung. Er sah so verletzt aus und auch Remus durchfuhr der Schmerz. "Warum?" Das Wort war mehr ein Flüstern, ein Hauch, fast nichts und doch so bedeutungsschwer. Remus spürte die Angst, die ihm die Kehle zuzuschnüren schien, doch er wollte Sirius nicht wegen einer Lüge verlieren. "Ich ...", setzte er gerade zu einer Antwort an, als die Tür zum Zimmer aufging. "Hey Remi, wo bleibst du denn? Wir müssen los, die Sonne geht gleich unter." Peter stand in der Tür und blickte verunsichert zwischen ihm und Sirius hin und her. Erschrocken sah er zur Tür. Warum jetzt? War es vielleicht sogar ein Zeichen, das es noch nicht an der Zeit dafür war? Für Remus bot sich nun die Gelegenheit und der Zwang zur Flucht. Seine Angst und die immer stärker werdende Panik hatten ihn dermaßen im Griff, dass er schnell nach seiner kleinen Tasche, die gepackt auf seinem Bett stand, griff und an Sirius vorbei flüchtete. "Ich komme, Peter" und schon stand er neben dem anderen Jungen. Remus konnte sich nicht umdrehen, doch er spürte Sirius Blick im Rücken. Mit schnellen Schritten war er auch schon aus dem Schlafraum verschwunden. Er hatte die Möglichkeit zur Flucht und er war zu feige, sie nicht zu ergreifen. Sein Herz schrie immer wieder, dass dies der falscheste aller Wege war, doch er konnte im Moment einfach nicht anders, obwohl er wusste, dass er damit vielleicht alles aufs Spiel gesetzt hatte. Es konnte gut sein, dass sie nie wieder miteinander reden würden und er auch nie wieder die Chance bekam, sich wirklich zu erklären. Doch der Vollmond nahte und schließlich wollte er Sirius auch nicht in Gefahr bringen, versuchte er sich als Entschuldigung einzureden, doch es half nichts. Remus hatte soeben aus Feigheit den wahrscheinlich größten Fehler seines Lebens gemacht, der ihn unter Umständen die Freundschaft seines besten Freundes kosten würde oder es schon getan hatte... Ende Kapitel 4 Kapitel 5: Geständnis --------------------- Kapitel 5: Geständnis Mit tränenverschleierten Augen saß Remus auf dem Bett in der zweiten Etage der Heulenden Hütte. Durch das Fenster fielen die letzten rotbrennenden Sonnenstrahlen. Die Nacht würde bald hereinbrechen. Er fühlte sich einsam, verlassen und schuldig. Wie hatte er all das nur tun und sagen können? Alles, nur um die Wahrheit nicht ans Licht zu lassen und sich selbst keine Blöße zu geben. Er war wirklich das Monster, für das er sich vor seiner Bekanntschaft mit Sirius gehalten hatte. Ohne zu Zögern hatte er den Menschen verletzt, der ihm am wichtigsten auf der Welt geworden war. Die Tränen liefen weiter über seine Wangen. Da war einfach kein Vertrauen. Egal wie sehr er es von sich behauptet hatte, er hatte Sirius niemals vollkommen vertraut. Wäre es anders gewesen, dann hätte er ihm doch schon an dem Tag davon erzählt, als er es sich endlich eingestanden hatte, dass er in seinen besten Freund verliebt war. Das Schlimmste war wohl einfach, dass er sich selbst nicht vertrauen konnte. Da war immer dieses Gefühl der Minderwertigkeit gewesen, dass ihn glauben ließ, dass es einfach niemanden geben konnte, der ihn liebte. Aber hatten ihm Peter, James und Sirius nicht das Gegenteil gezeigt? Sie waren extra zu Animagi geworden, nur um in der schweren Zeit seiner Umwandlung bei ihm zu sein. Warum hatte er sogar in sie kein Vertrauen? Vielleicht weil er nicht einmal Vertrauen in sich selbst hatte? Draußen wich nun die Dämmerung und machte der dunklen Nacht Platz. Remus ganzer Körper begann zu schmerzen, es fühlte sich an als wenn seine Knochen schmelzen würden. Irgendwie war er fast froh über die Umwandlung, dann würde er wenigstens bis zum Morgen nicht mehr an den Streit mit Sirius denken müssen, denn der Werwolf verdrängte so etwas komplett, wenn auch vereinzelte Fetzen von Gefühlen blieben. Heute Nacht würde er sich so einsam fühlen, wie schon lange nicht mehr, denn er hatte Peter und James gesagt, dass sie nicht kommen sollten und Sirius würde es ohnehin nicht tun. Es war wieder alles wie vor seiner glücklichen Zeit mit den dreien, als der Werwolf noch die alles beherrschende Finsternis in ihm war und nicht nur ein Schatten auf seiner Seele. Der Schmerz wurde immer stärker und dann kam die lähmende Denkweise des Wolfes, die ihn völlig zu umschließen schien. All seine Gefühle erreichten ein Maximum und doch verschwanden die Gedanken, selbst Sirius Bild, dass ihm die ganze Zeit vor Augen gestanden hatte. Jetzt war er der Werwolf. Am nächsten Morgen erwachte er erst als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Er lag zusammengekugelt auf dem Bett und war wie ein kleines Kind in die Decke verwickelt. Beim Öffnen der Augen sah er auf dem kleinen Tisch nahe der Türe ein Tablett mit Essen stehen, sicher hatte es ihm James gebracht. Sonst war es immer Sirius gewesen, doch das war im Moment undenkbar. Dazu hatte er ihn zu schwer verletzt, sein Vertrauen aufs Tiefste enttäuscht. Remus drehte sich auf die andere Seite, er hatte nicht den geringsten Hunger, egal wie sehr sein Magen schon knurrte. Es ekelte ihn einfach nur an, genau wie er sich selbst. Wie apathisch blickte er aus dem Fenster, nahm wahr wie die Sonne immer tiefer sank und schließlich hinter dem Horizont verschwand. Heute war der wahre Tag des Vollmondes. Dann nur noch ein Mal und er konnte zurück in den Turm, im Augenblick wusste er nicht einmal, ob er das wirklich wollte. Sein Körper schmerzte noch mehr, doch im Vergleich zu den Schmerzen, die sein Herz durchlitt, waren sie gar nichts. Remus hatte immer gedacht, dass es keine schlimmere Qual als die Umwandlung geben konnte, jetzt wusste er es besser. In dem Zwiespalt zweier Schmerzen wurde er erneut zum Werwolf. Es war wohl noch nicht verblasster Instinkt, der Remus am nächsten Morgen aufschrecken ließ. Auch wenn seine Alpträume ebenfalls nicht zu verachten waren. Er saß im Bett und blickte sich in dem vom Morgenlicht noch nicht erreichten Raum um. Draußen war es schon hell, dass sah er durchs Fenster, doch die Schatten im Zimmer waren noch lang und leicht unheimlich. Sein Blick wanderte zu dem kleinen Tisch neben der Tür, es stand schon wieder ein Tablett mit Essen darauf, doch da war noch etwas anderes. Remus musste erst einmal zwinkern, ehe er die Konturen der Person im Schatten erkennen konnte. Das konnte doch nicht sein. Sein Herz machte einen Sprung. Es war Sirius. “Sirius?!” Seine Stimme zitterte, was nicht nur an den Strapazen der Umwandlung lag. Der Schwarzhaarige trat einen Schritt nach vorn, verließ die Schatten und sah ihn an. Kein Gefühl in seinen schönen, blauen Augen, die Arme abwehrend vor dem Körper verschränkt, die personifizierte Ablehnung. Remus schwirrte der Kopf nur so vor Gedanken, doch kein Einziger schien ihm über die Lippen zu gehen. Stille erfüllte den Raum und er wusste, dass er ihn nicht so gehen lassen konnte. Sirius war zu ihm gekommen, nun musste er anfangen zu sprechen. Er würde ehrlich sein, denn er hatte wirklich nichts mehr zu verlieren. Seit ihrem Streit, war schon längst alles fort. Doch wie begann man so ein Gespräch? Eines, das eventuell über den Rest des Lebens entscheiden konnte. “Danke ..., für das Essen”, stotterte Remus leise, würde sein Gegenüber reagieren? Erneut herrschte für einen Augenblick Stille, dann seufzte Sirius. “Nichts zu danken, James hat mich darum gebeten, weil ich eh vor ihm wach bin.” Die Worte versetzten ihm einen Stich, es tat weh zu hören, dass er nicht wegen ihm gekommen war. “Trotzdem danke.” Remus krallte die Finger in die Bettdecke, die Tränen kamen schon wieder. “Bitte, gern geschehen. Wir sehen uns morgen im Turm”, mit diesen Worten wand sich der Schwarzhaarige zum Gehen. Nein, er durfte jetzt nicht gehen. Nicht jetzt und nicht so. “Sirius, warte!” Remus hatte seine Hand nach dem anderen ausgestreckt, obwohl er wusste wie sinnlos das war. Mit verzweifeltem Gesicht sah er ihn an. “Bitte, geh nicht.” Seine Stimme war leise, fast flehend. Sirius blieb stehen, doch er wand sich nicht um. “Wieso sollte ich?”, fragte er, immer noch mit gefühlsleerer, fast schon eisiger Stimme. “Das mit gestern tut mir so schrecklich leid. Ich hatte einfach Angst, dir die Wahrheit zu sagen”, begann er seinen verzweifelten Erklärungsversuch, seine Stimme zitterte unaufhörlich. Nun wand sich der andere doch um, in den Augen konnte man nur bloße Verwirrung sehen, die Arme noch immer vor der Brust verschränkt. “Welche Wahrheit?” Die kalte Stimme schnitt unaufhörlich tiefer in sein Herz, er fragte sich von neuem, warum er das alles nur getan hatte. Aber jetzt war der Moment gekommen, vor dem er sich so lange gefürchtet und auf den er so lange hingefiebert hatte. “Bitte, Sirius. Hör mir bis zum Ende zu. Es soll keine Entschuldigung werden, denn es ist unentschuldbar, was ich dir angetan habe, aber vielleicht verstehst du dann ein bisschen, warum ich es getan habe. Bitte, Sirius.” Flehend und der Verzweiflung nahe, sah er seinen Gegenüber an. Er konnte nicht wissen, ob er ihm diese Bitte erfüllen würde, nicht nach all seinen Fehlern. “Gut, ich werde dir zuhören.” Sirius lehnte sich gegen die Mauer neben der Tür und sah ihn mit unverändert kalter Miene an, doch war da ein kleines Funkeln in den Augen? Remus atmete tief ein. Er sammelte langsam seine Gedanken und brachte sie in die gewünschte Ordnung. Die ersten Worte, würden die schwersten werden. Noch ein tiefer Atemzug. “Ich ... Sirius ... Also ...” Er schämte sich selbst für sein Gestammel, der Moment war da, er musste jetzt stark sein und auf Sirius und sich selbst vertrauen, doch es war so schwer. Seine Finger krampften sich regelrecht in um den weichen Stoff der Decke, es war schon fast ein wenig beruhigend. “Das ich den Brief geschrieben und das Foto manipuliert habe, dass weißt du schon. Doch deine Vermutungen, warum ich es getan habe, sind falsch. Es stimmt, ich war eifersüchtig, sogar rasend eifersüchtig. Ich wollte deine Beziehungen zerstören, ja, es war nicht nur bei Cassandra so.” Kurz brach Remus ab um Luft zu holen. Sirius Stimme schreckte ihn regelrecht auf. “Wie lange schon?” Als er in die blauen Augen sah, schienen sie noch etwas kälter geworden zu sein, doch da musste er jetzt durch, er hatte es schließlich alles selbst verschuldet. “Seit dem 6. Schuljahr”, antwortete er nur knapp, dass war jetzt nicht so wichtig. “Wie schon gesagt, war ich eifersüchtig, ich glaube, auch schon vor dieser Zeit. Doch ab da konnte ich es gar nicht mehr ertragen. Aber ich war nicht eifersüchtig auf deinen Erfolg bei Frauen, mir war es egal, dass sie dich lieber mochten als mich und es ging mir auch nicht um eine von ihnen.” Erneut musste Remus eine Pause machen, denn jetzt würde das wichtigste von allem kommen. “Um was ging es dir dann, Remus?” Beim Klang seines Namen zog sich sein Herz zusammen, wie sehr mochte er es doch, wenn Sirius ihn beim Namen rief. Es war ein warmes, wundervolles Gefühl, selbst noch in diesem Moment. Es zeigte, dass noch nicht alles verloren war. Remus blickte Sirius in die Augen, es stand Verwirrung darin, aber auch Unverständnis. Der alles entscheidende Moment war gekommen. “Es ging mir um dich, Sirius.” Er beobachtet das Gesicht seines Gegenübers ganz genau, keine Gefühlsregung wollte er sich entgehen lassen. “Ich war nicht eifersüchtig auf dich, sondern auf die Mädchen an deiner Seite, wollte so gern an ihrer Stelle sein. Denn ich ... Ich ... Ich liebe dich, Sirius.” Es war heraus, sein wohlgehütetes Geheimnis hatte er nun offenbart, das Blut schoss ihm brennend in die Wangen. In Sirius Gesicht erstarrten zunächst für einen Moment sämtliche Regungen, wie versteinert stand er da und blickte auf Remus herunter. Er spürte, dass schon wieder die Tränen in seine Augen stiegen, es war die Anspannung, die von ihm abfiel. Nun war es für ihn vorbei und damit vielleicht auch alles andere. In Sirius Gesicht begann sich nun der Unglaube, die Verwirrung und wohl auch der Schock auszubreiten. Der Schwarzhaarige schien es nicht fassen zu können und immer wieder schüttelte er den Kopf. Die Stirn in Falten gelegt. “Remi, was erzählst du denn da? Also echt, das war jetzt nicht sehr komisch.” Sirius blaue Augen trafen Remus Blick und als er die Tränen zu bemerken schien, verstummte er. Der Versuch eines Lächelns, der seine Lippen geziert hatte, verschwand. “Das sollte auch nicht komisch sein. Verstehst du mich nicht? Ich liebe dich!” Den letzten Satz schrie er sich regelrecht von der Seele und immer mehr Tränen rollten über seine Wangen. Auch zu Sirius schienen diese Worte nun durchgedrungen zu sein. Völlig verwirrt starrte der Schwarzhaarige ihn an. “Aber ... Wir ... Ich und du ... Also ...” Nun war es an Sirius zu stottern. Tiefe Röte begann sich auf seinen Wangen auszubreiten und die Verwirrung wollte einfach nicht weichen. “Ich weiß, dass auch das keine Entschuldigung für mein Verhalten ist. Ich liebe dich, aber ich war nicht stark genug, dich dein Glück bei jemand anderem finden zu lassen. Ich hatte bei jeder von deinen Freundinnen Angst, dass du vielleicht doch etwas für sie empfinden könntest und sie dich mir wegnehmen würde. Bitte verzeih mir, meine Schwäche und meine Dummheit, Sirius.” Flehend, mit Tränen in den Augen und brüchiger Stimme sah er zu Sirius auf. Sein Gegenüber hatte sich all das ohne ein Wort angehört, doch so langsam begann neben der Verwirrung so etwas wie Panik in dessen Augen zu treten. Panik? “Sirius?” Leise, vorsichtig und traurig sprach er den ihm so vertrauten, geliebten Namen aus. Er wollte aufstehen und zu ihm gehen, doch kaum hatte er einen Fuß auf den Boden gesetzt, als ihn Sirius Stimme aufschreckte. “Remus ... Ich ... Wir ... Es tut mir leid” und kaum hatte er die letzten Worte gestottert, als er auch schon aus dem Zimmer rannte. Voller Entsetzen hörte Remus die Schritte immer leiser werden. Und mit ihnen verhalte auch die Hoffnung in ihm, Sirius hatte ihn zurückgestoßen. Er erwiderte seine Gefühle nicht, anders konnte er sich dieses Verhalten nicht erklären. All die Hoffnung, die sich noch in seinem Herzen versteckt hatte, starb. Nun war es endgültig vorbei. Freunde konnten sie keine mehr sein und Geliebte würden sie niemals werden. Der Schmerz des Verlustes schien ihm das Herz zu zerreißen und der Gedanke daran, Sirius weiter jeden Tag zu begegnen, ließ ihn erneut in Tränen ausbrechen. Nichts würde mehr sein, wie vorher. Es gab keinen Weg mehr zurück und der Weg, der ihn in die Zukunft führte, war so einsam und dunkel, wie der, der ihn einst zu Sirius geführt hatte. War die Zukunft es da noch wert ... Ende Kapitel 5 ENDE? Kapitel 6: Weihnachten ---------------------- Kapitel 6: Weihnachten Die Zeit bis zu den Weihnachtsferien schien in qualvoller, unendlicher Langsamkeit zu vergehen. Nichts war mehr wie vorher, nach dem Streit und dem Geständnis in der Heulenden Hütte. Sirius hatte zwar genau wie Remus, kein einziges Wort mehr darüber verloren, doch es stand wie eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen. Sie sprachen nur noch das Nötigste miteinander, wären James und Peter nicht gewesen, sicher nicht einmal mehr das. Ihren beiden Freunden entging natürlich die Veränderung nicht und James versuchte mehr als einmal den Grund für ihren Streit, denn für mehr hielt er es nicht, zu erfahren, doch keiner von beiden redete darüber. Remus war Sirius für diesen Zug sehr dankbar, aber die Anwesenheit seines ehemalig besten Freundes tat ihm weh. Ihn jeden Tag zu sehen und zu wissen, dass die glückliche Zeit für sie beide endgültig vorüber war, ließ ihn all seine Fröhlichkeit verlieren. Er mied den Schwarzhaarigen wo er nur konnte, setzte sich im Unterricht neben James oder Peter, verbrachte viel mehr Zeit als sonst in der Bibliothek und stellte sich seines Wecker morgens so früh, dass er immer vor Sirius wach wurde und somit schon im Bad verschwand, wenn der andere aufstand. An seinen Gefühlen änderten all diese Dinge nichts, nur seine Sehnsucht wurde weiter geschürt. So sehr es ihn auch schmerzte, Sirius Bild wurde er nicht los. Egal welches Buch er las, mit wem er sprach oder womit er sich auch sonst beschäftigte, immer wieder sah er das Gesicht seines ehemaligen Freundes vor sich und so manches Mal spielte er mit dem Gedanken, allem ein Ende zu setzen. Das dieser Gedanke dumm war, wusste er selbst, aber es tat so schrecklich weh. Immer wieder weinte er sich nachts in den Schlaf. Das Gewissheit so schmerzen konnte, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Aber die Zeit verstrich unaufhörlich, zwei weitere Vollmonde zogen ins Land und dann begannen die Weihnachtsferien. Remus hatte vor dieser Zeit die meiste Angst, denn er würde mit Sirius allein zurückbleiben. James und Peter fuhren zu ihren Familien, obwohl den beiden nicht so wohl bei der Sache zu sein schien. Er hatte aber solange auf sie eingeredet, bis sie dann doch fuhren. Nur weil Sirius und er jetzt nicht mehr wie früher miteinander umgingen, wollte er seinen Freunden nicht das Weihnachtsfest verderben. Am Morgen nach der Abreise von James und Peter, schlief Remus lange. Es war kein Unterricht mehr und wenn er Glück hatte, war Sirius zum Frühstück gegangen, wenn er aufwachte. Früher hätte er ihn geweckt und solange genervt, bis auch er mit ihm in die Große Halle gegangen wäre, doch das würde jetzt ja wohl nicht mehr der Fall sein. Durch die Vorhänge seines Bettes fiel schon helles Sonnenlicht, es musste bald Mittag sein, doch Remus verspürte einfach nicht den Wunsch aufzustehen. Er fühlte sich so müde und doch wollte er nicht schlafen. Es passierte nicht selten, dass er dann von seinem Geständnis träumte und Sirius Reaktion ein ums andere Mal erneut zu erleben, war hart. So lag er einfach weiter auf seinem Bett und starrte an den roten Betthimmel. Das Öffnen der Tür und die Schritte, die darauf folgten, ließen ihn aufschrecken. Sirius war scheinbar zurück. Remus hielt fast unweigerlich die Luft an, es lag wie immer, eine Spannung im Raum, auch wenn sie sich nicht einmal sahen. Es reichte schon, um die Gegenwart des anderen zu wissen. Die Schritte verhalten schnell und das leise Quietschen einer Matratze zeugte davon, dass Sirius es sich wohl gerade auf seinem Bett gemütlich machte. Aber warum? Sonst nutzte er in den Weihnachtsferien doch jede freie Sekunde um Quidditch zu trainieren oder Mädchen anzubaggern. Obwohl letzteres wohl dieses Jahr nicht, denn Sirius hatte keine Freundin mehr gehabt, seit dieser Sache mit Cassandra. Irgendwie hatte Remus das trotz allem gefreut, auch wenn nur wenige Augenblicke später, wieder die Erkenntnis zuschlug, dass das nichts mit ihm zu tun hatte. Sirius interessierte sich nicht für ihn, hatte sogar ihre Freundschaft aufgegeben, weil er nicht damit leben konnte. Obwohl eigentlich waren sie ja beide Schuld. In stillem Einvernehmen war ihre Freundschaft einfach gestorben, ob er darum hätte kämpfen sollen? Es wäre wohl besser gewesen, als sie einfach so aufzugeben. Remus seufzte leise vor sich hin, warum war es nur so schwer? Langsam hielt er es nicht mehr aus, einfach liegen zu bleiben und zu wissen, dass hinter dem Vorhang Sirius war. Er atmete noch einmal tief durch, mit einem Ruck zog er die Vorhänge bei Seite und stand auf. Das erste was er hinter dem roten Stoff wahr nahm, waren Sirius blaue Augen, die ihn fixierten. Das Blau war nicht mehr so schrecklich kalt und doch tat es ihm weh. Es verschwand auch augenblicklich wieder, als Sirius bemerkte, dass Remus seinen Blick erwiderte. Auch eine, von den neuen Angewohnheiten seines ehemals besten Freundes. Immer wieder fiel es Remus auf, dass der Schwarzhaarige ihn heimlich beobachtete und sich dann wie ertappt schnell abwand, wenn er Gewahr wurde, dass Remus ihn ebenfalls ansah. Sicher war es Sirius unangenehm, wenn sie sich in die Augen blickten. Im Moment beugte sich der Schwarzhaarige wieder über das Buch, das er las. Remus verschwand schnurstracks im Bad und schloss die Tür schnell hinter sich. Der Raum war zwar nicht besonders einladend eingerichtet, aber ihm erschien er im Moment wie das reine Paradies, frei von Qualen. Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte er sich sicher besser und dann würde er in die Bibliothek gehen, bis zum Abendessen. So konnte er Sirius für heute aus dem Weg gehen, morgen würde es schwerer werden, denn da war der 25. Dezember, das hieß, es gab Geschenke und die stapelten sich gewöhnlich im Schlafsaal. Doch jetzt wollte Remus nur erst einmal duschen. Am nächsten Morgen wurde er durch das Rascheln von Papier geweckt. Er musste leicht lächeln, Sirius war echt einer der ungeduldigsten Menschen, wenn es um so was wie Geschenke ging. In einem Jahr hatte er sogar den Hauselfen, die pünktlich um Mitternacht die Geschenke brachten, aufgelauert und gleich dann mit der Bescherung begonnen, natürlich nicht, ohne sie alle vorher zu wecken. In solchen Dingen war der Schwarzhaarige einfach unverbesserlich und wirkte dabei doch so süß. Traurig seufzte er, auch diese Erinnerung tat weh, vor allem, weil es nie wieder so werden würde. Eine Weile rang er mit sich, doch dann siegte seine eigene Neugier. Remus zog die Vorhänge bei Seite und sah Sirius schon in einer Unmenge zerknülltem und zerrissenem Geschenkpapier sitzen. “Guten Morgen, Remi!”, lächelte der Schwarzhaarige ihn an. Remus Herz machte einen Sprung, das erste Lächeln nach so langer Zeit, es freute ihn sehr. Aber Sirius schien sich schnell bewusst zu werden, was er da gerade getan hatte und senkte rot werdend den Blick. Da war auch schon wieder der Schmerz. “Kannst du es mir immer noch nicht verzeihen, Sirius? Oder ist es wegen meiner Gefühle für dich?” Die Frage war ihm einfach so herausgeplatzt, doch sie war schon so lange überfällig. Sie hätten schon viel früher darüber reden sollen. Sirius riss ein weiteres Geschenk auf und schien Remus Anwesenheit für einen Moment verdrängen zu wollen. “Bitte, Sirius. Ist dir unsere Freundschaft denn gar nichts wert?” Seine Stimme war schon wieder flehend und erneut traten Tränen in seine Augen. Der Schwarzhaarige ließ das halb geöffnete Geschenk sinken und hob wieder den Blick, doch er sagte nichts. “Es tut mir doch leid, ich weiß, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht habe und das mein Verhalten nicht zu entschuldigen ist. Ich hasse mich doch selbst dafür, aber bitte, ich ertrage nicht, wenn du es tust.” Die ersten Tränen liefen über Remus Gesicht, das er senkte, niemand sollte sie sehen, es war alles so ausweglos. Stille. Bedrückende, schmerzhafte Stille. “Ich hasse dich nicht, Remus.” Sirius Stimme war leise und ruhig, es schwangen keine erkennbaren Gefühle darin, aber sie ließ ihn erstaunt aufblicken. Er hasste ihn nicht? “Nicht?”, kam es ungläubig aus seinem Mund. Aber warum hatte er sonst die ganze Zeit nicht mit ihm gesprochen, ihn wie jemand fast fremdes behandelt? Sirius sah ihn mit immer wärmer werdenden blauen Augen an und seine Tränen hörten unweigerlich auf zu fließen. “Nein! Wie könnte ich das jemals? Ja, ich war erschrocken und enttäuscht über die Sachen, die du hinter meinem Rücken getan hast, aber im Endeffekt hattest du sogar Recht. Ich habe keine von ihnen geliebt und es kann gut sein, dass es nur Selbstbestätigung war. Ich war total wütend am Anfang, aber als du mir dann in der Heulenden Hütte die Wahrheit gesagt hast, da konnte ich dir nicht mehr böse sein, wer weiß, was ich an deiner Stelle getan hätte. Aber ich konnte mit deinem Geständnis auch nicht richtig umgehen, ich meine, dass mir mein bester Freund gesteht, dass er mich liebt, ist selbst mir noch nicht passiert.” Langsam kehrte das alte Lächeln zurück, es tat ihm so gut, es zu sehen und zu wissen, dass es wirklich ihm galt. “Ich war in dem Moment mit der ganzen Situation einfach überfordert und deshalb bin ich weggerannt”, erklärte Sirius weiter. “Und als du dann in den Turm zurückgekommen bist, hatte ich Angst dich darauf anzusprechen. Du sahst so traurig und verletzt aus, aber ich war einfach zu feige. Ich hatte Angst, mich mit deinen Gefühlen auseinander zusetzen. Es tut mir so leid, Remi. Bitte entschuldige.” Mit allem hatte Remus gerechnet, aber nicht mit einer Entschuldigung von Sirius. Völlig ungläubig sah er den Schwarzhaarigen an, dann begannen die frisch getrockneten Tränen erneut zu fließen. “Remi?” Sirius Stimme klang besorgt und nur Sekunden später saß er neben Remus auf dem Bett und nahm ihn in den Arm. “Hab ich was falsches gesagt?”, fragte der Schwarzhaarige vorsichtig und leise. Er konnte in diesem Moment nur den Kopf schütteln, er war so schrecklich erleichtert über Sirius Worte, das ihm einfach die Tränen gekommen waren. “Nein, du hast nichts falsches gesagt. Ganz im Gegenteil.” Remus löste sich aus der Umarmung und sah seinen besten Freund lächelnd an. “Danke, Sirius.” “Gern geschehen. Wir sind schon zwei Sturköpfe, was? Dabei hätten wir das schon viel früher klären können.” Sirius strahlte schon wieder übers ganze Gesicht, der Schmerz der vergangenen Monate schien allein durch diesen Anblick zu verblassen, doch eine Frage war da noch. “Ist es wirklich OK für dich?” Remus rechte Hand griff nach Sirius Pullover und krallte sich in den Stoff. “Was?” Der Schwarzhaarige sah ihn fragend an, doch die blauen Augen waren nach all der Zeit, wieder so wundervoll sanft. “Meine Gefühle, dass ich in dich verliebt bin?” Es kostete Remus immer noch Überwindung es auszusprechen und ihm schoss das Blut in die Wangen. Sirius sah ihn einen Moment stumm an, dann lächelte er wieder und strich ihm mit der Hand über die gerötete Wange. “Es ist doch eigentlich viel schlimmer für dich, nicht wahr? Ich meine, ich mag dich wirklich sehr gern, aber eben nur als Freund.” Irgendwie kam es Remus so vor, als wenn Sirius seinem Blick bei den letzten Worten auswich. “Ja, es ist kein tolles Gefühl, aber ich bin so froh, dass du mich trotzdem noch als einen deiner Freunde haben willst. Denn das Gefühl, dich vollkommen verloren zu haben, war das schrecklichste das ich jemals ertragen musste.” Glücklich lächelte er den Schwarzhaarigen an, es war also nicht alles verloren. In Sirius Gesicht breitete sich nun ebenfalls Röte aus und Remus kicherte leise. “Hey, lach nicht. So was bekomm auch ich nicht jeden Tag zu hören.” Doch die Sicherheit des Anderen kehrte schon zurück. “Danke.” Fügte er noch lächelnd an. Remus fühlte sich in diesem Moment fast schon glücklich. Sicher, Sirius erwiderte seine Gefühle nicht, aber ihre Freundschaft hatte Bestand. Er hätte gelogen, wenn er gesagt hätte, dass das alles war, was er sich wünschte, aber es war mehr als er sich noch vor ein paar Stunden erhoffen konnte. Und irgendwo in seinem Herzen begann aus den toten Überresten seiner Hoffnung wieder ein junges Pflänzchen zu keimen, ein neues, kleines Stück Hoffnung ... Kapitel 6 Ende Kapitel 7: Hoffnung ------------------- Kapitel 7 Hoffnung Heute war der Tag des großen Spiels gegen Slytherin. Gewann Gryffindor, würden sie mit einem so großen Punktevorsprung vor den anderen Häusern im Kampf um den Hauspokal liegen, dass es sogar Sirius und James schwer fallen dürfte, den mit schlechtem Benehmen und fiesen Streichen zu vernichten. Remus musste bei diesem Gedanken unweigerlich schmunzeln. Der Morgen war bereits angebrochen, das knappe Licht dieses Märztages fiel schon durch die Fenster und ließ Muster auf den roten Bettvorhängen tanzen. Er wartete noch, zum einen war heute Samstag, also kein Grund sich schnell aus dem warmen Bett zu erheben und zum anderen wollte er sich lieber von Sirius wecken lassen. Ein wundervoll abstoßender Gedanke. Und da flogen auch schon die Vorhänge auf und mit einem fröhlichen ‘Guten Morgen, Remi!’ saß sein bester Freund auf dem Bett. Auch wenn es weh tat, so sehnte er sich jeden Tag aufs Neue nach dieser Nähe. Für den Augenblick waren sie allein, als gäbe es diese Welt nur für sie. Schmerzlich schöne Illusion. Remus fuhr sich gespielt verschlafen über die Augen. “Will noch schlafen!”, nuschelte er dabei und drehte sich dann zur Seite, weg von Sirius. Gespannt wartete er auf dessen Reaktion. Er spürte, wie sich das Gewicht verlagerte und plötzlich streifte ein warmer Luftzug seine Haut. “Aufstehen! Sonst verpasst du noch das Spiel!”, hörte er Sirius Stimme ganz nah und leise an seinem Ohr. Erneut streifte der Atem sein Gesicht und unweigerlich bekam Remus eine Gänsehaut. Alles in ihm zog sich schmerzlich zusammen, diese Nähe tat weh und weckte eine Sehnsucht, die ihm manchmal selbst Angst machte. Langsam drehte er sich zu dem Schwarzhaarigen, sah ihn aus großen Augen einfach nur stumm an. Sein bester Freund hockte immer noch über ihn gebeugt da. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt und Remus verlor sich in den wundervollen, blauen Augen. Bildete er sich das nur ein oder kam ihm Sirius Gesicht immer näher? Wie zum Versuch hob Remus leicht den Kopf. Ein Mal diese Lippen auf seinen spüren, die Sehnsucht überkam ihn. “SIRIUS! Jetzt mach hin, wir müssen in ‘ner Stunde auf dem Spielfeld sein und ich will noch was essen!” James Stimme riss Remus wie aus einem Traum. Erschrocken sah er zu Sirius, der ihn ebenso ansah, doch bei seinem besten Freund stand auch noch ein gewisser Schock in den Augen, während sich langsam die Röte über seine Wangen zog. “Tschuldigung!”, nuschelte der Schwarzhaarige nur leise, ehe er aufsprang und durch die Vorhänge verschwand. Remus bleib einfach liegen und starrte den sich leicht bewegenden Stoff an, sein Herz raste. Was war hier gerade passiert? Er hätte Sirius fast geküsst, Sirius und er hätten sich fast geküsst! Geküsst! Sein bester Freund schien es nicht abzulehnen, schien es selbst zu wollen. Warum? Was war nur los? Könnte es wirklich sein? Aber das ging doch nicht! Sirius hatte doch selbst gesagt, dass... Doch warum hatte er sich sonst so verhalten? Oder war es nur Wunschdenken? Einbildung? Tausende von Fragen wirbelten in Remus Kopf durcheinander und alle drehten sich wie schon so oft um diesen einen besonderen Menschen in seinem Leben. Aus dem kleinen Pflänzchen der Hoffnung begann ein ganzer Baum zu wachsen. Eine halbe Stunde später saßen alle vier Rumtreiber am Frühstückstisch. James und Sirius bereits in halber Quidditchmontur, belagert vom Großteil der Gryffindors. Sie alle wünschten ihnen Glück. Remus saß ein bisschen abseits. Der Trubel war nichts für ihn, da am nächsten Tag die Vollmondphase begann, war er nicht besonders gesellig. Er aß ein paar Bissen und schob dann den Teller von sich. Sein Appetit war zu dieser Zeit gewohnheitsgemäß eh nicht der beste, doch durch das Erlebnis vorhin war er ihm fast vollends vergangen. Vorsichtig und unauffällig sah er zu Sirius, der stumm inmitten der in Rot und Gold gekleideten Schar saß und völlig teilnahmslos war. Er sah zu Remus. Sein Herz klopfte schon wieder schneller, seit Weihnachten passierte es öfter, dass Sirius dasaß und ihn einfach nur ansah. Sein Blick war dabei eine Mischung aus Verwunderung, Überlegung und etwas anderem, dass Remus nicht deuten konnte. Heute kam allerdings ein Flackern hinzu, dass irgendwie etwas ernsthaft endgültiges hatte, wie ein fester Entschluss. “So, wir machen uns jetzt los!”, verkündete James und die komplette Hausmannschaft von Gryffindor stand auf, bis auf Sirius. Der schreckte erst einige Sekunden später hoch, wie als wäre er mit den Gedanken ganz wo anders gewesen. Der Schwarzhaarige lief leicht rot an, als James ihn fragend musterte. Remus musste lächeln, Sirius sah einfach niedlich aus, wenn er rot wurde, besonders weil er das nicht all zu oft tat. Nun marschierte die Quidditchmannschaft los. Remus saß knapp vorm Ende des Tisches und wünschte nun James viel Glück. “Das ihr mir ja nicht verliert, verstanden?”, lächelte er. “Wir doch nicht und schon gar nicht gegen die Schlangen”, grinste James zurück und ging weiter. Sirius war der Letzte und lief auch ein bisschen langsamer, unschlüssiger, sah immer wieder nervös zu Remus. Der begann nun schon sich ein bisschen Gedanken zu machen, was war nur mit seinem besten Freund los? Nur noch ein Stück, dann waren sie auf gleicher Höhe. Genau da stoppte Sirius und sah Remus an. Er erwiderte den Blick, wollte dem Schwarzhaarigen gerade alles Gute wünschen, als dieser ihm ins Wort fiel. “Ich möchte ... Nein, ich muss nachher unbedingt mit dir reden, Remus, ist ... ist wichtig”, stotterte Sirius, was in Kombination mit der Röte im Gesicht ungemein süß aussah. Was dachte er da nur wieder? Remus nickte schnell. “Worüber denn?”, fragte er. “Das ... das würde ich dir lieber ... dann sagen.” Sirius sah ihn bittend an. “Gut, dann nach dem Spiel in unserem Zimmer, OK?”, lächelte Remus ihn aufmunternd zu. Sein bester Freund erwiderte das Lächeln, nickte. “Danke, ich ...” “SIRIUS, du Schnarchnase! Halt keine Volksreden, sondern komm endlich”, schrie James ungehalten von der Tür her. Der Angesprochene zuckte leicht zusammen, drehte sich dann aber zum Gehen. “Bis nachher!” Sein bester Freund schenkte ihm noch ein wundervolles Lächeln, dann rannte er zur Tür und Remus blieb mit klopfenden Herzen sitzen. Was sollte das denn jetzt? Diese Unsicherheit, diese Röte, konnte er sich wirklich Hoffnung machen? Konnte es wirklich sein, dass Sirius seine Gefühle erwiderte? Oder drehte er jetzt völlig durch? Das Spiel endete nach vier Stunden mit einem überragenden Sieg für Gryffindor. Ein Regen von rotem und gelbem Konfetti lag in der Luft. Auch Remus freute sich, doch wurde seine innere Unruhe immer stärker, was wollte Sirius ihm sagen? Hoffnung und Zweifel fochten in ihm einen erbitterten Kampf. Hastig ging Remus zurück ins Schloss und in ihr Zimmer, zum einen wollte er den Trubel meiden und zum andern hoffte er, dass Sirius bald kam. Nach einer halben Stunde wurde es laut im Gemeinschaftsraum, die Mannschaft wurde bejubelt und Remus wartete. Die Zeit schien nur so dahin zu schleichen, doch sie verging. Nur Sirius kam nicht. Remus wartete fast eine Stunde und mit jeder weiteren Sekunde, die verging, wurde der Schmerz größer, Trauer bemächtigte sich seiner. Der Lärm im Gemeinschaftsraum ebbte immer noch nicht ab, irgendwann reichte es Remus. Zu der Trauer gesellte sich Wut, eine Wut, die tief aus dem Schmerz entsprang. Er stand auf und ging zur Tür. Ob Sirius ihn vergessen hatte? Oder war ihm etwas anderes wichtiger? Remus betrat den Gemeinschaftsraum und sah sich um, überall feierten seine Hausgenossen, doch wo war Sirius? “Hey Remi! Da bist du ja, dachte schon, du wolltest nicht mit uns anstoßen.” James legte ihm den Arm um die Schulter und drückte ihm einen Krug Butterbier in die Hand. “Wo ist Sirius?”, schrie Remus schon fast, wegen der Lautstärke. “Den hat sich Maria vorhin geschnappt, ich glaube, sie will was von ihm.” James grinste übers ganze Gesicht, ahnte nicht einmal wie sehr ihn das schmerzte. Remus drehte sich um, wollte wieder nach oben gehen, als er Maria und Sirius sah. Sein bester Freund saß in einem der gemütlichen, roten Sessel und das Mädchen auf seinem Schoß. Genau in diesem Augenblick beugte sie sich zu ihm und küsste ihn auf die Lippen. Der Bierkrug glitt Remus aus den Händen und zerschellte laut krachend auf den Boden, im gleichen Moment schob Sirius Maria von sich. Beide sahen sich nach der Quelle des Geräusches um. “Hey Siri, du wirst gesucht!”, schrie James, der scheinbar nicht einmal mitbekommen hatte, was Remus passiert war. Sirius sah erst zu James und dann zu Remus. Das Gesicht seines besten Freundes wurde irgendwie blass und regelrechtes Entsetzen stieg in seine Augen. Remus konnte ihn nur noch kurz böse anfunkeln und dann flüchtete er aus dieser Szene, das war zu viel für ihn. Der Schmerz war schlimmer als jemals zuvor. Also war dieses Mädchen Sirius wichtiger als er, seine Hoffnung starb erneut. Dabei hatte er vor dem Spiel doch noch allen Grund gehabt, zu glauben, dass Sirius seine Gefühle erwiderte. Das Gespräch schien dem Schwarzhaarigen noch vor wenigen Stunden so wichtig gewesen zu sein, doch scheinbar hatte er sich mal wieder etwas zusammengereimt, was nicht der Realität entsprach. Wieso sollte es auch so sein? Wieso sollte Sirius jemanden wie ihn lieben können? Seine Sehnsucht hatte ihm einfach etwas eingeflüstert, was nicht da war. Remus knallte die Zimmertür hinter sich zu und warf sich aufs Bett, dieser Idiot! Obwohl er der einzige Idiot hier war, verblendet von Gefühlen und Sehnsüchten. Tränen stiegen in seine Augen, es war so eine ungerechte Welt. Plötzlich öffnete sich die Tür, leise und vorsichtig, doch Remus war es egal. Er drückte sein Gesicht ins Kissen und wollte am liebsten gar nichts mehr wahrnehmen, innerlich zerriss es ihn fast. Da spürte er, wie sich jemand auf sein Bett setzte. “Geh weg!”, zischte er nur leise, er wollte niemanden sehen. “Remus, bitte ich ...” Es war Sirius Stimme! Remus fuhr hoch und funkelte den Schwarzhaarigen an. “WAS? Ist dir eingefallen, dass da doch noch irgend so eine unwichtige Kleinigkeit war, die du mit mir besprechen wolltest?” Die Wut züngelte in ihm, ließ ihn für kurze Zeit den Schmerz nicht ganz so intensiv spüren. Doch noch immer liefen ihm die Tränen übers Gesicht, er konnte sie einfach nicht zurückhalten. “Bitte, Remus, hör doch, ich ...” Sirius sah traurig und schuldbewusst aus. “Wieso sollte ich?”, fuhr Remus ihm ins Wort. “Ich habe über eine Stunde auf dich gewartet, weil du unbedingt mit mir sprechen wolltest. Aber der gnädige Herr sitzt ja lieber unten und amüsiert sich!” Sirius senkte den Blick. “Es tut mir leid, mir ...”, versuchte er sich erneut zu erklären. “Dir war dein Vergnügen eben wichtiger als irgendein Freund. Wie konnte ich nur glauben, dass du was wichtiges mit mir besprechen wolltest? Ich bin dir doch eh total egal ...” Die Tränen wollten einfach nicht versiegen. “Nein, dass bist du nicht!”, widersprach Sirius heftig, sah Remus aus ernst funkelnden Augen an. “Ja klar, es ist eben nur alles andere wichtiger als ich und ich dachte echt, du ...” Es passierte so schnell, dass Remus erst wenige Augenblicke später realisierte, was geschah. Sirius hatte sich mitten im Satz zu ihm gebeugt und jegliche weitere Anschuldigung einfach damit unterbunden, dass er Remus Lippen mit den seinen verschlossen hatte. Sirius küsste ihn zaghaft auf den Mund. Sirius küsste ihn!? Kapitel 7 Ende Kapitel 8: Vollmond ------------------- Kapitel 8: Vollmond Schüchtern erwiderte Remus den Kuss, auch wenn er im ersten Moment völlig überrumpelt davon war und eigentlich noch immer sauer auf Sirius. Doch solch eine Gelegenheit hatte er noch nie und wer wusste, wann sie wieder kam. Langsam schien sein Körper Feuer zu fangen und ein ganzer Schwarm Schmetterlinge flatterte in seinem Bauch umher. Diese Gefühle übertrafen all seine kühnsten Träume. Sirius Lippen waren warm und weich, einfach zum süchtig werden. Die eigentliche Irrationalität verstärkte all die Empfindungen noch zusätzlich. Sirius löste langsam den Kuss. Remus nahm dies mit Bedauern hin und schlug die Augen auf, als er das Gefühl von Sirius Lippen verlor. Lächelnd blickte der Schwarzhaarige ihn an. “Na, hast du dich wieder beruhigt?”, fragte sein bester Freund. Sein Lächeln war umwerfend, die leicht geröteten Wangen verstärkten den Eindruck sogar noch. Remus sah ihn stumm an, er konnte das Geschehen nicht wirklich begreifen, fassen, glauben. Die blauen Augen Sirius’ leuchteten ihn fröhlich und ein bisschen frech an, Remus Gedanken überschlugen sich unaufhörlich. Warum hatte er ihn geküsst? Warum jetzt? Er wollte doch nichts von ihm?! “Hat es dir die Sprache verschlagen?” Sirius Lächeln wurde breiter. Verschmitzter. Verächtlicher? War das nur eine neue Art ihn zum Schweigen zu bringen? Spielte er mit ihm? Nutzte er seine Gefühle aus? War es nur ein Spaß? Panik, Angst, Verzweiflung und Schmerz. All die schrecklichen Gefühle seiner unerwiderten Liebe schlugen mit einem Mal über ihm zusammen und ließen ihn nur das Schlimmste sehen, alles war nur noch grau und falsch. Ohne es wirklich zu realisieren, hob Remus die Hand und schlug Sirius mitten ins Gesicht. Die ganze Verwirrung, all diese konfusen Gefühle! Es schien das einzige Ventil, die einzige Möglichkeit für eine Reaktion zu sein. Seine Zweifel platzten regelrecht aus ihm heraus. “Macht es dir Spaß mit meinen Gefühlen zu spielen? Für dich mag so ein Kuss nichts bedeuten, doch für mich schon. Du kennst meine Gefühle und trotzdem tust du mir das an?!” Remus spürte wie ihm die ersten Tränen übers Gesicht liefen. Er rutschte von Sirius weg. “Ich will nicht ein Opfer deiner Späße oder deiner Neugier werden. Wie kannst du nur so mit mir umgehen? Mir so weh tun?” Remus schluckte, doch die Tränen flossen weiter. “ICH HASSE DICH, SIRIUS!”, schrie Remus dem Schwarzhaarigen ins Gesicht. Der ungläubige, irritierte Blick in den Augen seines besten Freundes verwirrte ihn für einen Moment, doch vielleicht war das nur eine Täuschung seines vor Wut und Angst verzerrtem Verstand. Eine Täuschung, die ihm doch noch ein Licht in der absoluten Finsternis vorgaukeln wollte. Wieso sollte Sirius ihn so anblicken? Wieso hielt er sich die geschlagene Wange und sah ihn mit diesem immer trauriger werdenden Blick an? Das war einfach zu viel für ihn, das war alles zu konfus, zu irreal. Zu hoffnungsvoll?! Ohne einen weiteren Augenblick zu zögern, sprang Remus auf und rannte davon. Erneut suchte er sein Heil in der Flucht, obwohl er es besser wusste, doch er hielt es einfach nicht länger aus. Mit tränenverschleiertem Blick und einen Kopf voller widersprüchlichster Gedanken und Gefühle rannte er einfach los. Raus aus dem Zimmer, weg von all der Verwirrung, der Angst, der Hoffnung. Weg von Sirius! Er nahm nur am Rande wahr wie er sich durch den immer noch mit seinen Hauskameraden gefüllten Gemeinschaftsraum drängelte, die Kühle der abendlichen Gänge ihn aufnahm und er einfach nur weiterlief. Es dauerte eine ganze Weile, ehe seine Schritte langsamer wurden. Allmählich erkannte er die Gänge wieder durch die er lief. Sein Blick klärte sich, seine Gedanken und Gefühle nicht. Remus war zu verwirrt um stehen zu bleiben, zu durcheinander um zurückzukehren, zu feige Sirius gegenüber zutreten und all das zu klären. So verging die Nacht in tiefster Grübelei und endlosem Umherirren, bis Remus irgendwann nicht mehr darüber nachdenken konnte. Es überforderte und schmerzte ihn gleichermaßen einfach keinen Ausweg zu finden, nicht zu wissen, ob er alles zerstört hatte oder dort nie etwas war, was er hätte zerstören können. Der Tag brach an, als er endlich stehen blieb. Mitten im Gang, ohne wirklich zu wissen warum. Sein Blick richtete sich auf das Fenster vor dem er stand und dann auf das, was er dadurch sehen konnte. Die peitschende Weide! Remus wusste nun, wo er hingehen würde, kein anderer Ort kam in Frage. Dort konnte er den heutigen Tag verbringen, am Abend hätte er eh wieder dorthin gemusst, schließlich war schon wieder Vollmond. Irgendwie schien diese Mondphase ihm immer in den schmerzlichsten Momenten beizustehen. Wie von allein lenkte er seine Schritte zu dem alten, knorrigen, doch recht beängstigenden Baum. Ohne einen Zauber zu gebrauchen, näherte er sich diesem Bewacher seines Geheimganges und schon trafen ihn die ersten dünnen Zweige ins Gesicht. Remus empfand es als regelrecht befreiend, denn für kurze Zeit vertrieb dieser neue Schmerz die Gedanken und Gefühle aus seinem Kopf. Immer weiter schlug der Baum mit seinen Zweigen nach ihm, doch selbst dieser Schmerz reichte irgendwann nicht mehr aus um seinen Geist zu betäuben, es kam einfach alles wieder. Nun zog er doch seinen Zauberstab und ließ den Baum erstarren, ging zum Eingang des Tunnels und verschwand darin. Es war später Nachmittag als Remus auf dem Bett in der Heulenden Hütte erwachte, sein Gesicht war immer noch tränennass und wie ein kleines Kind hatte er sich auf dem Bett zusammengerollt, das Kissen eng und haltsuchend umschlungen. Auch in seinen Träumen hatte er keine Ruhe finden können, das Geschehene, der Kuss und auch Sirius traurige, verletzte, blaue Augen ließen ihn einfach nicht mehr los. Hatte er seinem besten Freund Unrecht getan? Hatte er es vielleicht doch ernst gemeint? Aber wieso küsste er dann dieses Mädchen? Und er hatte selbst gesagt, dass er nichts von ihm wollte? Konnte sich das geändert haben? Aber wieso hatte Sirius dann nichts gesagt? Er kannte doch seine Gefühle! Nein, Sirius konnte ihn nicht lieben! Das war alles nur ein Scherz, ein Spaß, eine Beruhigung gewesen. Ein Geräusch ließ Remus aufschrecken. Es war jemand im Haus! Was wenn es Sirius war? Remus versuchte sich im Bett ganz klein zu machen, er wollte nicht, dass Sirius ihn fand und doch hoffte er darauf. Er wollte Klärung und dennoch hatte er Angst davor. Er war so ein jämmerlicher Feigling! Die Stufen der Treppe knarrten leise, dann wurden Schritte auf dem Flur laut, die plötzlich einfach verstummten. Remus starrte wie gebannt zur Tür, er rückte in die davon am weitesten entfernte Ecke des Bettes. Ein kleines, zusammengekrümmtes Häufchen Elend. Leises Reiben von rostigem Metall aufeinander wurde laut, dann quietschte die Tür in ihren Angeln und öffnete sich langsam. Remus hätte am Liebsten sein Gesicht in das Kissen gedrückt, doch sein Blick war wie erstarrt. Er konnte ihn nicht von der Tür nehmen, auch nicht dann als der befürchtete und erhoffte, schwarzhaarige Schopf dort auftauchte. “Remus?!” Es war nicht mehr als ein Flüstern und doch erschreckte es ihn fast mehr als ein lauter Schrei. Sirius betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich, mit den gleichen Geräuschen wie er sie geöffnet hatte, dann kam er langsam auf das Bett zu. Remus wollte sich noch tiefer in den ihn umgebenden Stoff verstecken, doch es ging nicht mehr, außerdem hätte der Schwarzhaarige ihn so oder so gefunden. “Wir müssen darüber reden, Remus.” Sirius setzte sich auf die, der Tür am nahesten, Seite des Bettes, als wollte er ihm diesen Abstand als Sicherheit lassen. “Wieso sollten wir reden? Gestern wolltest du das auch nicht”, platzte es trotzig aus Remus hervor, er war über seine eigene Reaktion verwundert. Leicht hob er den Kopf. “Das war aber...” Sirius stockte mitten im Satz und die blauen Augen sahen bestürzt drein. “Oh mein Gott, Remus, was ist passiert?” Sofort krabbelte sein bester Freund über das Bett und hockte sich neben ihm hin. “Hast du das wegen mir? Ist das meine Schuld?” Die Stimme des Schwarzhaarigen war besorgt und fast schon ein bisschen panisch. Für einen Moment verstand Remus ihn nicht, was war wegen ihm? Was sollte seine Schuld sein? Sein gebrochenes Herz trug er sicher nicht im Gesicht! Sirius streckte langsam die Hand nach ihm aus und strich ihm zaghaft über die Wange. Erst jetzt spürte er sie wieder, die Wunden, die ihm die Peitschende Weide zugefügt hatte. Die so wunderbar schmerzhaft gebrannt hatten, als seine Tränen unablässig darüber gerollt waren. Abrupt drehte Remus sein Gesicht weg, er musste furchtbar aussehen. “Nein”, flüsterte er leise, es war alles nur seine eigene Schuld. Sirius näherte sich ihm jedoch noch weiter. Remus konnte den warmen Körper des anderen neben sich spüren. Langsam legten sich zwei Arme um ihn, doch da begann plötzlich ein pulsierender Schmerz in ihm aufzuflammen. “Wir müssen darüber reden, Remus, vorhin...” Sirius’ Worte nahm er gar nicht mehr richtig zur Kenntnis, er krümmte sich unter Schmerzen, lehnte sich dabei haltsuchend an seinen besten Freund. War es schon so spät? Wie hatte er die Zeit dermaßen vergessen können? Panische Angst um Sirius durchzuckte seine Gedanken. Er versuchte den anderen von sich zu drücken. “Remus, bitte, wir...” Sirius schien es nicht einmal zu bemerken, sah er denn die schrecklich drohende Gefahr nicht? “Geh weg!” Remus brachte all seine Kräfte auf, drückte Sirius hektisch von sich schlug fast um sich, doch das reißende Geräusch von Stoff ließ ihn zusammenschrecken. Augenblicklich zog er seine Hände zurück und blickte wie erstarrt auf seine schon halb zu Klauen transformierten, blutbefleckten Finger. Was hatte er nur getan? Sein Blick löste sich nur langsam von seinen Händen und wanderte voller Entsetzen zur Quelle der roten Flüssigkeit an ihnen. Sirius! Drei lange, blutende Wunden zogen sich über die linke Schulter des Schwarzhaarigen. Dessen Gesicht war erschrocken und beginnend von Schmerz gezeichnet. Die sonst so wundervollen, blauen Augen sahen ihn regelrecht entsetzt an. Nach so langer Zeit schien Sirius endlich zu sehen, was er wirklich war - ein Monster! In Sekundenbruchteilen entschied sich Remus. Ohne zu Zögern sprang er vom Bett auf, ließ Sirius hinter sich und stürmte aus dem Zimmer. Zum ersten Mal war die Flucht der richtige Weg. Er musste die Heulende Hütte verlassen, ehe die Verwandlung abgeschlossen war. Jeder Schritt, jeder Atemzug brannte wie Feuer. Ein alles verschlingendes Feuer, von beängstigenden, allmächtigen Schatten der Furcht begleitet. Remus stolperte in den Geheimgang, sein menschliches Denken war fast vollständig zum Erliegen gekommen. Nur ein einziger Gedanke trieb ihn vorwärts, Sirius nicht noch mehr zu verletzen. Ihn nicht im Blutrausch anzufallen, zu beißen oder vielleicht sogar zu töten. Dann setzte sein Denken aus, sein letzter Gedanke galt Sirius, bevor das Tier in ihm endgültig die Kontrolle übernahm... Ein Farbenspiel aus Licht und Schatten war das Erste was Remus sah, als er die Augen aufschlug. Die Sonnenstrahlen schienen auf den noch laublosen Ästen der Bäume zu tanzen, die ersten kleinen Knospen wurden von dem Spiel umschmeichelt. Nur langsam realisierte er die Situation. Über ihm erstreckten sich die Kronen der Bäume des Verbotenen Waldes. Unter seinem Körper spürte er die kalte, bloße Erde des Waldbodens, einige kleine Wurzeln kämpften sich daraus hervor. Mit jedem Zentimeter seines Körpers konnte er all dies spüren. Der frische Wind und die Kälte von Boden und Luft jagten ihm eine Gänsehaut über den Körper. Erst jetzt bemerkte er, dass er fror und zwar sehr heftig. Was wohl vor allem dem Umstand geschuldet war, dass er nackt hier lag und noch immer die Baumkronen anstarrte. Sein tierischer Teil hatte sich zurückgezogen, jedenfalls für die wenigen Stunden des Tages, bis der Vollmond zurückkehren würde. Remus hob die Hand, das Sonnenlicht begann ihn zu blenden, doch was er da an seinen Fingern erblickte, ließ es ihm siedensheiß den Rücken herunterlaufen. Etwas braunes war an seinen Fingern angetrocknet, nur ein wenig war noch davon übrig, doch es war unverkennbar. Es war Blut! Sirius Blut! Schuldgefühle und Sorgen überschwemmten sogleich Remus Gedanken. Ging es seinem besten Freund gut? Oder hatte alles nun ein Ende? Remus spürte heiße Tränen über seine kalten Wangen fließen. Pure Verzweiflung befiel ihn. Warum war er nur so ein abscheuliches Monstrum? Warum war er überhaupt geboren worden? Wäre nicht alles besser ohne ihn? Ein Rascheln ließ Remus aufschrecken. Was konnte das nur sein? Vielleicht ein anderes Monstrum, das sich seiner erbarmte und ihn fraß? “Remus?!” Beim Klang der menschlichen Stimme blieb ihm fast das Herz stehen und augenblicklich setzte er sich auf. “Sirius?” Remus Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen. Aus ungläubigen Augen starrte er den anderen an, der sich gerade durch die unbelaubten Büsche kämpfte. Was tat dieser hier? Wie hatte er es mit seinen Verletzungen überhaupt geschafft, ihm bis hierher zu folgen? “Was?” Noch immer war es noch nicht wirklich eine Stimme, die sich da aus seiner Kehle wand. Doch zu mehr war er im Augenblick nicht in der Lage. “Du bist nicht zurückgekommen, da bin ich dich suchen gegangen. Hast schließlich nichts zum Anziehen bei dir, das könnte peinlich werden.” Sirius versuchte zu grinsen und nur weil Remus ihn so gut kannte, bemerkte er den kläglichen Versuch. Denn das Gesicht des Schwarzhaarigen war schmerzverzerrt, kalkweiß und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er machte noch einen schwankenden Schritt auf Remus zu, ehe er einfach die Augen schloss und in sich zusammensackte... Ende Kapitel 8 Kapitel 9: Wunden ----------------- Kapitel 9: Wunden Total in sich zusammengesunken saß Remus an dem mit schneeweißen Laken bezogenen Krankenbett, in welchem Sirius lag. Sein bester Freund hatte die Augen geschlossen und atmete langsam und regelmäßig. Ein breiter Verband zog sich über die Schulter des Schwarzhaarigen, der an einigen Stellen leicht bräunlich verfärbt war. Die Farbe von getrocknetem Blut. Blut, dass er selbst jetzt noch an seinen Händen zu sehen glaubte. Seine Finger krallten sich in seine Hose, diese und den Umhang den er trug, hatte Sirius ihm gebracht. Sie waren blutverschmiert. Sein bester Freund hätte in den Krankenflügel gehen sollen und nicht zu ihm in den Wald. Die Verletzung war schwer, sehr schwer sogar, jedenfalls hatte er das aus Madame Pomfreys entsetztem Gesichtsausdruck gelesen, als er Sirius gleich nach dessen Zusammenbruch zu ihr gebracht hatte. Auf dem Weg zum Schloss hatte er Todesängste um seinen besten Freund ausgestanden, immer wieder hatte dieser unter den Schmerzen gestöhnt und seine Stirn hatte fiebrig geglüht. Wie er es geschafft hatte, den Größeren durch den Wald und dann auch noch hoch bis zum Schloss zu bringen, wusste Remus gar nicht mehr, nur an seine Gedanken auf dem Weg konnte er sich all zu gut erinnern. Er hatte Angst, schreckliche Angst alles zerstört zu haben. Sirius Gesundheit, Sirius Zukunft, vielleicht sogar Sirius Leben. Vorwürfe und Selbsthass gaben sich bei ihm die Klinke in die Hand, während er unablässig stumm alle Mächte auf der Welt anflehte Sirius wieder aufwachen zu lassen. Mehrmals war Madame Pomfrey an ihn herangetreten um seine eigenen Wunden, die er immer noch von der Peitschenden Weide hatte, zu versorgen. Doch Remus hatte sie jedes Mal abgewehrt. Sollten doch Narben bleiben. Narben, die ihn jeden einzelnen Tag seines Lebens an seine schreckliche Tat erinnerten. Sein Stigma. Er hatte es verdient und noch viel mehr. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter und als Remus den Kopf hob um die Krankenschwester erneut zu vertreiben, blickte er in das milde Gesicht Dumbledores. “Herr Direktor?” Die Worte kamen nur leise, krächzend über Remus Lippen. “Es tut mir leid, sie daran zu erinnern, doch sie müssen wieder in die Heulende Hütte zurückkehren, Mister Lupin. Nicht mehr lange und der Mond geht auf.” Die blauen Augen Dumbledores blickten mitfühlend. Remus erhob sich einfach nur, warf noch einen letzten Blick auf Sirius. Seinen sonst so quirligen, fröhlichen Freund blass und fast leblos in dem Bett liegen zu sehen, war eine schreckliche Qual für ihn, noch schrecklicher als seine unerwiderten Gefühle und die Streitereien mit Sirius. Er riss seinen Blick los, was wohl auch an dem Druck der Hand auf seiner Schulter lag und drehte sich um, ging zur Tür. Davor blieb er noch einmal kurz zögernd stehen, doch den Mut sich ein letztes Mal umzudrehen und in Sirius blasses Gesicht zu blicken, den hatte er nicht. Schnell griff er nach der Klinke und verließ den Krankenflügel. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, begann Remus zu rennen. Sein Ziel kannte er nur all zu gut, das Gefängnis in das eine Bestie, ein andere verletzendes Monster, wie er gehörte. Eigentlich sollte er immer dort eingesperrt sein und nicht nur zur Zeit des Vollmondes. Wieder näherte er sich der Peitschenden Weide. Er sprach erneut keinen Spruch um sie zu lähmen, doch nicht einmal die auf ihn niederprasselnden Hiebe des Baumes konnten das unbeschreibliche Gefühl von Hilflosigkeit, Schuld und Selbsthass vertreiben. Eines wurde ihm mit all dem klar, er hätte niemals geboren werden dürfen! NIEMALS! Die Vollmondnacht verging und auch die nächste. Keine Sekunde, die Remus bei klarem Verstand war, in der er sich keine Vorwürfe machte, in der er sich nicht all die Möglichkeiten vor Augen hielt, wie er Sirius hätte nicht verletzen können. Langsam schlug er am Morgen die Augen auf, es war der erste Tag nach der Vollmondphase. Augenblicklich stürzten all die ihn quälenden Gefühle wieder auf ihn ein, die ihm in dem wenigen Schlaf seit dem Monduntergang irgendwie irreal erschienen waren. Ob Sirius Wunden gut verheilten? War sein bester Freund vielleicht schon wieder bei Bewusstsein? Hatte dieser starke Schmerzen? Nun konnte er es wieder herausfinden. Doch ob Sirius ihn überhaupt noch sehen wollte? Nach all dem was er ihm angetan hatte? Remus stand auf und zuerst fiel sein Blick auf überall verstreut liegende, kleine, weiße Fetzen. Es war das Laken von seinem Bett, voll mit dem Blut seines besten Freundes. Der Werwolf musste das Blut gewittert haben und als er das dazugehörige Opfer nicht finden konnte, hatte er sich auf den befleckten Stoff gestürzt. Er ging vor den Stücken vor seinem Bett auf die Knie und gleich vor ihm lag ein kleiner Fetzen auf dem ein bräunlicher Fleck war. Getrocknetes Blut! Sirius getrocknetes Blut! Eine Träne stahl sich über Remus Wange, seit diese Gefühle für seinen besten Freund in ihm erwacht waren, hatte er so viele von ihnen vergossen. Sagte man nicht, Liebe mache glücklich? Wieso brachte seine Liebe nur Leid? Sirius, den Mädchen, mit denen er ihn auseinander gebracht hatte und ihm selbst? Weil es die Liebe eines Monsters war? Weil ein Monster nicht lieben konnte und durfte? Wenn es diese Gefühle nie gegeben hätte, wäre dann alles anders gekommen? Sicher hätte er niemals Sirius in dessen Beziehungen gepfuscht. Sie beide hätten sich nie so heftig gestritten. Sie hätten nie so lange nicht miteinander gesprochen und er hätte Sirius niemals verletzt! Seine Gefühle waren an allem Schuld! Er war an allem Schuld! Zaghaft streckte Remus die Hand nach dem Fetzen Stoff aus, doch kaum wurde er sich dessen bewusst, zog er die Hand blitzschnell wieder zurück. Was tat er hier nur? Augenblicklich stand er auf und zog sich an, erneut die Hose und den Umhang, die ihm Sirius in den Wald gebracht hatte. Noch immer klebte Blut an ihnen. Wieso hatte der Werwolf nicht auch sie zerfetzt? Remus ging zur Tür, verließ den Raum. Er musste zurück in die Schule. In den Turm. Zu Sirius?! Langsam schob Remus die Tür zu seinem Zimmer auf, ob die anderen schon weg waren? Leise und vorsichtig durchquerte er den Raum. Er wollte zu seinem Schrank, das Blut an seinen Sachen wurde ihm von Minute zu Minute unerträglicher, als brannte es sich in die Haut. Gerade hatte er seinen Schrank erreicht, als die Zimmertür quietschend aufging. Remus fuhr erschrocken herum und starrte James, der gerade den Raum betrat, verschreckt an. “Hallo Remus.” Der Schwarzhaarige kam auf ihn zu, blieb vor ihm stehen. Nur langsam beruhigte sich Remus Herzschlag, an dem Gesicht seines Freundes konnte er ablesen, dass er sich sorgte. Ganz sicher um Sirius. “Hallo James”, begrüßte er ihn leise. “Wie geht es dir?” James legte ihm eine Hand auf die Schulter, sein Blick wurde noch ein wenig ernster und besorgter. Er schien das Blut bemerkt zu haben. Ein bisschen irritiert sah Remus ihn an. “Alles... Alles O.K.”, versicherte er stotternd, die Lüge konnte nicht offensichtlicher sein. “Das glaube ich dir beim besten Willen nicht, Remus.” Fest sah der Schwarzhaarige ihm in die Augen und Remus spürte, dass erneut Tränen in ihm aufstiegen. Leise schluchzte er, wie hätte es ihm auch gut gehen können? James nahm ihn in den Arm, Remus war ihm dankbar für diese Geste. Sie spendete mehr Trost, als Worte es jemals vermocht hätten. “Wie... Wie geht es Sirius?” Die Tränen rannen Remus schon wieder über die Wangen, doch er musste es einfach wissen. “Gestern Mittag ist er aufgewacht. Es geht ihm schon wieder ganz gut, aber die Wunden verheilen recht langsam, daher wird er noch eine Weile auf der Krankenstation bleiben müssen”, beantwortete James die Frage, während er Remus tröstend über den Rücken strich. Er nickte nur leicht. Ja, Werwolfwunden verheilten langsamer als normale Wunden und auch Tränke zeigten nicht so eine gute Wirkung. “Kann... Kann er seinen Arm bewegen?” Wer wusste schon, welchen Schaden er wirklich angerichtet hatte. “Im Augenblick ist sein Arm noch geschient. Poppy meint, er soll ihn bis zur vollständigen Heilung unbedingt so wenig wie möglich bewegen. Aber er hat auf jeden Fall Gefühl in den Fingern und bewegen kann er den Arm auch. Also keine Angst, Remus.” James löste sich wieder von Remus und lächelte ihn aufmunternd an. “Du weißt doch, so schnell ist Sirius nicht totzukriegen.” Augenblicklich verkrampfte sich etwas in Remus und die Tränen, die schon fast versiegt waren, rollten erneut über seine Wangen. “Ich... Ich hätte ihn fast getötet. Das Blut... An meinen Händen, an seiner Schulter... Alles Rot... Alles meine Schuld!” Remus stotterte nur noch vor sich hin, die Erinnerung überrollte ihn fast. Er konnte die Worte einfach nicht zurückhalten. Wieder spürte er James Umarmung. “Es tut mir leid, das war eine dumme Bemerkung”, entschuldigte sich James. “Du hast keine Schuld daran, bitte rede dir das nicht ein, Remus. Es war ein blöder Unfall und in ein paar Wochen ist alles wieder gut. Dann springen wir alle vier wieder fröhlich und vergnügt über irgendwelche bunten Blumenwiesen, fangen Schmetterlinge und flechten Blumenkränze.” Obwohl Remus so gar nicht danach war, musste er bei dieser Vorstellung leicht lächeln. Er löste sich von James und sah ihn aus großen, rotgeweinten Augen an. “Meinst du wirklich?” Ein kleines bisschen Hoffnung keimte wieder in ihm. “Na ja, vielleicht nicht das mit der Wiese oder mir den Schmetterlingen oder mit den Blumenkränzen, aber ansonsten, ja. Es wird alles wieder gut, Remus.” Der Schwarzhaarige lächelte zuversichtlich und strich Remus über den Kopf. Er nickte nur, die Finsternis in ihm war immer noch da, mit all den schrecklichen Gefühlen, doch ein kleines bisschen Licht fiel auch wieder in sein Leben. “Ach ja, Sirius hat nach dir gefragt. Gleich das erste, was er nach dem Aufwachen wissen wollte, war wie es dir ging und ständig hat er gefragt, wann du ihn denn endlich besuchen kommen kannst. Am Besten du gehst gleich jetzt zu ihm, kannst dich dann auch gleich noch von Poppy untersuchen lassen. Ich entschuldige dich im Unterricht.” Noch ehe Remus protestieren konnte, hatte James ihn einen kleinen Schubs in Richtung Bad gegeben und war zur Tür gegangen. “James?” Remus blickte dem Schwarzhaarigen nach. “Ja?” Noch einmal drehte dieser sich um. “Danke”, lächelte Remus sanft. James hob nur die Hand und verschwand dann aus dem Raum. Remus ging ins Bad, vermied allerdings den Blick in den Spiegel, wenn er nur halb so aussah, wie er sich fühlte, dann bot er einen schrecklichen Anblick. Doch sein Hoffnungskeim begann weiter zu wachsen. Sirius hatte nach ihm gefragt. Vielleicht wurde ja wirklich alles wieder gut, jedenfalls fast alles. Nachdem sich Remus geduscht und neue Sachen angezogen hatte, machte er sich auf den Weg zum Krankenflügel. Irgendwie konnte er es auf der einen Seite kaum erwarten, dorthin zu kommen und auf der anderen Seite graute ihm davor. Was, wenn doch alles ganz schrecklich war? Wenn es Sirius schlechter ging? Remus schlich durch einen Geheimgang, der bis fast zum Krankenflügel führte. Er wollte lieber von keinem Lehrer gesehen werden. Gerade als er durch den Ausgang treten wollte, hielten ihn Stimmen davon ab. Lehrerstimmen! Remus atmete leise, er wollte die Lehrer nicht belauschen, doch in seiner Situation konnte er nicht anders. “Es ist wirklich schrecklich, der arme Junge.” Das war unzweifelhaft Professor McGonegalls Stimme. “Wie Recht du hast, Minerva. Dabei hatte er eine solch glänzende Zukunft vor sich. Er hätte Profi werden können, einer der Besten weltweit”, pflichtete seiner Hauslehrerin eine weibliche Stimme bei, wenn ihn nicht alles täuschte, war es Madame Hooch. “Ja, das weiß ich. Er tut mir so leid, dabei war Fliegen für ihn so wichtig.” Remus verstand nicht, über wen sprachen die beiden Lehrerinnen? “Soweit ich weiß, hatte er doch sogar schon Angebote für nach seinem Abschluss. Dann so ein tragischer Unfall und alles ist aus und vorbei.” Remus beschlich ein schrecklich dumpfes Gefühl in der Magengegend, aber das durfte doch nicht sein. “Ja, als ich vorhin mit ihm darüber sprach, war er sichtlich erschüttert. Wer wäre das auch nicht, wenn plötzlich die ganze, eigene Zukunft in Trümmern liegt.” McGonegalls Stimme klang bedrückt. “Das steckt wohl auch jemand wie Sirius Black nicht so schnell weg.” Die Stimmen der Lehrerinnen wurden langsam leiser. Sie gingen, doch Remus war wie erstarrt. Alles in ihm schrie immer wieder nur ein Wort: NEIN! Das durfte nicht wahr sein! Er hatte Sirius des Fliegens beraubt! Er hatte die Zukunft seines besten Freundes zerstört, dessen ganzes Leben. Er lehnte sich an die kalte Steinmauer und rutschte dann langsam an ihr herunter. Was hatte er nur getan? Alles war nur seine Schuld, allein seine Schuld. Nach dieser Nachricht konnte ihn Sirius nur hassen, egal was früher war. Er wusste nur zu genau, was dem Schwarzhaarigen das Fliegen bedeutete. Einen Menschen, nein ein Monster, das ihm dessen beraubte, das konnte er nur hassen. Remus krallte seine Hände in seine Haare und schluchzte. All seine Hoffnung lag erneut in Scherben und langsam gingen sie im Höllenfeuer der Schuld in Flammen auf. Sein ganzer Körper schmerzte unter der Hitze seines Selbsthasses. Mit erneuter, nie gekannter Intensität wurde er sich den Ausmaßen seiner Monstrosität bewusst. Ein Monster wie er gehörte nicht hierher. Jemand wie er musste verschwinden. Verschwinden für immer... Ende Kapitel 9 Kapitel 10: Abschied -------------------- Kapitel 10: Abschied 'Ich weiß nicht, wie ich dir jemals wieder unter die Augen treten sollte, mit all der Schuld, die ich auf mich geladen habe. Wie könntest du auch je wieder den Anblick des Menschen ertragen, der dir all deine Träume und die Zukunft geraubt hat? Das du mich jetzt hasst, ist nur natürlich und ich habe es auch nicht anders verdient. Doch schon allein mit der Gewissheit deines Hasses habe ich all zu schwer zu kämpfen, dass ich ihn nicht auch noch direkt aus deinen Augen ertragen könnte. Verzeih mir meine Feigheit, denn alles andere, was ich getan... dir angetan habe, ist unentschuldbar. Sei dir aber gewiss, dass ich nichts in meinem Leben jemals so bereut habe, wie die Tatsache dich verletzt zu haben. Ich wünsche dir, dass du dein Glück findest und alles Gute und Wunderbare auf der Welt kennen lernst. Wir werden uns nie wieder sehen, denn so ist es besser für dich. Remus' Mit zitternden Fingern fuhr Remus über die geschriebenen Zeilen. In Relation zu seiner Schuld war der Brief zu kurz, viel zu kurz. Eine Träne rollte über seine Wange und traf das Pergament, verwischte leicht die ersten Buchstaben seiner Unterschrift. Er schniefte einmal leise, drückte seinen Ärmel auf den kleinen Tropfen. Dann faltete er das beschriebene Stück Pergament zusammen und steckte es in einen Umschlag. 'An Sirius' Nur diese zwei Worte schrieb er neutral darauf. Langsam stand er von seinem Schreibtisch auf, während er den Brief verschloss. Mit zögernden Schritten trat er an Sirius Bett. Ihm war schon wieder zum Weinen zumute. Er schob den Umschlag unter Sirius Kopfkissen. Da dieser noch eine Weile auf der Krankenstation verbrachte, würde er diese letzten Worte nicht so schnell finden. Zeit genug für ihn von hier zu verschwinden. Ein leiser, trauriger Seufzer stahl sich über seine Lippen, dann drehte er sich abrupt um. Nichts sollte ihn jetzt aufhalten. Er steckte seine Hand in die Tasche seines Umhangs, tastete vorsichtig neben seinem Zauberstab auch nach seinem kleingezauberten Koffer. Noch einmal sah er sich um, sein Schrank war verschlossen, sein Bett gemacht, ein Buch lag noch auf dem Nachttisch. Je später es auffiel, dass er weg war, um so eher gelang ihm die Flucht. Ja, es war wieder nichts anderes als eine Flucht. Vor seiner Schuld, seiner Reue und einer Angst, die ihm unendlicher als selbst der Sternenhimmel erschien. Er wurde langsam richtig gut darin wegzulaufen, ein trauriges, ironisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen, nur um gleich wieder darauf zu verlöschen. Ohne länger zu Zögern verließ Remus das Zimmer, der Abschied war schneller und schrecklicher gekommen als jemals befürchtet, doch dadurch konnte ihn hier auch nichts mehr halten. Da noch Unterricht war, traf er auf dem Weg niemanden, was wohl auch daran lag, dass er einen Großteil in Geheimgängen zurücklegte. Als er endlich das Schulgebäude verlassen hatte, machte er sich auf den Weg zur Peitschenden Weide, das Tor wäre zu offensichtlich gewesen. Sein Gefängnis verhalf ihm zur Flucht, welche Ironie. Remus ging über den Bahnsteig von Hogsmeade auf den schnaufenden, roten Zug zu, langsam begann es zu regnen. Die ersten, kleinen Tropfen trafen seinen Umhang. Der Himmel war grau, unendlich grau. Ein hoffnungsloser Himmel, für ein noch hoffnungsloseres Leben. Er stieg in den Zug und suchte sich ein Abteil, ziemlich weit hinten. Es war leer und er ließ sich nah am Fenster auf die gepolsterte Bank sinken. Seine Schulkleidung hatte er bereits in der Heulenden Hütte abgelegt. Es wäre zu auffällig gewesen, mitten im Schuljahr. Seinen alten, abgetragenen Umhang zog er noch enger um seinen Körper, die Kapuze tief ins Gesicht. Niemand durfte ihn erkennen, sonst musste er zurück und das hätte er nicht ertragen können. Schwer sank sein Kopf gegen die Glasscheibe des Fensters, immer stärker prasselten die Regentropfen dagegen. Ob der Himmel für ihn weinte, weil er langsam keine Tränen mehr hatte? Nein, wohl kaum. Nicht für ein Monster wie ihn! Ein Monster, das hier nichts mehr zu suchen hatte, hatte es auch nicht verdient, dass irgendjemand wegen ihm traurig war, nicht einmal eine einzige Träne war er wert. Er warf einen letzten Blick auf Hogwarts, was sich vor seinem Abteilfenster majestätisch und wundervoll erhob. Im ersten Schuljahr, als er hierher gekommen war, hatte er nicht glauben können, dass man ihn hier haben wollte und als er dann auch noch James, Peter und Sirius kennen lernte und diese ihn gar akzeptierten, da hatte er sich zum ersten Mal seit dem schrecklichen Vorfall mit dem Werwolf wieder richtig glücklich gefühlt. Doch es war falsch gewesen. Sein Aufenthalt in Hogwarts. Sein friedliches Leben. Seine Hoffnung auf eine glückliche Zukunft. Alles falsch! Der Zug ruckte an und setzte sich dann in Bewegung. Immer weiter entfernte er sich von der Schule und auf eine völlig verquere Art fühlte es sich richtig an, richtig und schrecklich schmerzhaft. Der graue Himmel war sein einziger Trost, die Regentropfen seine einzigen Begleiter und das bedrückte ihn umso mehr. Er war wieder allein, ganz allein. Mit all seinem Selbsthass, seiner Reue, seiner Schuld und einer noch viel schmerzlicheren Sehnsucht. Die Sehnsucht zurückzukehren, zurück zu Sirius. Seine Liebe wollte trotz all dem einfach nicht sterben und sie würde es wohl auch nie. Als der Zug in London einfuhr, hatte der Regen immer noch nicht aufgehört. Der Klang der prasselnden Tropfen drang selbst bis in die überdachten Hallen des Bahnhofs und legte sich mit einer fast unerträglichen Schwere auf Remus Gemüt. Nachdem er aus dem Zug gestiegen war, ging er langsam über den Bahnsteig. Es war fast gespenstisch leer. Zaghaft ging Remus durch die Absperrung, wohl wissend, dass es das letzte Mal sein könnte. Ein Zurück durfte es für ihn eigentlich nicht geben. Dann war er wieder in der Muggelwelt, der einzigen Welt, in der er sich fast sicher fühlen konnte. Langsam schlurfte er durch den Bahnhof, den Kopf gesenkt und immer noch verfolgt vom Prasseln des Regens. Der Zug, der ihn weiter in Richtung Heimat bringen würde, fuhr von einem ganz kleinen Gleis am anderen Ende des Bahnhofes ab. Als er das Fahrkartenhäuschen, das schon fast auf eine witzige Art und Weise zu den kleinen, unbedeutenden Gleisen rundum passte, erreichte, löste er einen Fahrschein und wartete dann auf den Zug. Nur alle zwei Stunden fuhr die kleine Lok mit den kümmerlichen zwei Waggons, alles schien ein Omen für sein weiteres Leben zu sein. Klein, unbedeutend und kümmerlich. Etwas, was die Aufmerksamkeit der Welt, egal welcher, nicht wert war. Schnaufend fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Remus seufzte leise, je weiter er sich von Hogwarts entfernte umso unerträglicher wurde es. Mit jedem weiteren Schritt schien die Kluft zwischen ihm und Sirius weiter zu wachsen, immer weiter, bis sie auf ewig unüberwindlich sein würde. Das war doch gut!? Remus stieg in den Zug. Er wusste sehr wohl, dass er sich von dem einzigen entfernte, das unablässig seine Gedanken beherrschte - Sirius! Er fühlte sich gerade deswegen, erneut schuldig dabei. Hatte er doch eigentlich kein Recht dazu, auch nur an Sirius denken zu dürfen. Nicht nach all dem was er getan hatte. Mit einem Ruck hielt der Zug nach gut zwei Stunden Fahrt im Bahnhof, obwohl man den schmalen Bahnsteig mit dem kleinen Blechhäuschen kaum als einen solchen bezeichnen konnte. Noch immer regnete es, während der Fahrt war es noch heftiger geworden. Remus schlang seinen Umhang um sich, auch wenn er wusste, dass es nichts helfen würde. Bei diesen Regenmassen war er sicher durchnässt, ehe er auch nur die Hälfte des Weges nach Hause hinter sich gebracht hatte. Er ging einfach los. Eigentlich war es ja auch egal, wenn er Glück hatte, holte er sich eine schwere Grippe und starb daran. Dann war es wenigstens alles vorbei. Nie wieder Schmerzen, Selbsthass, Angst und Reue, doch es würde auch heißen, Sirius niemals wieder sehen. Remus stoppte. Er blickte die Straße hinunter, zum Bahnhof zurück. Durch den starken Regen konnte man das kleine Blechhäuschen nur noch verschwommen wahrnehmen. Eigentlich hatte er sich ja schon dagegen entschieden, also wieso klammerte er sich immer noch daran? Das er sich damit noch nicht abgefunden hatte, wurde ihm in diesem Augenblick mehr als nur klar. Sehnsucht begann ihm das Herz zusammen zu drücken, als würde eine eisige, unbarmherzige Hand nach ihm greifen und es zusammenpressen bis es schlussendlich zersprang. Eine schmerzliche Begierde nach absolutem Nichts erfüllte ihn, das war alles so kompliziert, so verworren, so endgültig chancenlos! Mit größter Anstrengung drehte er sich wieder um. Es war vorbei! Er hatte sich so entschieden! Den Weg zurück gab es für ihn nicht mehr! Durfte es nicht mehr geben. So war es besser für alle! Jedenfalls versuchte er sich das einzureden, schließlich war es für ihn nur schmerzhaft, endgültig schmerzhaft! Noch immer war der Himmel grau, seit Tagen schien er keine andere Farbe mehr zu kennen oder war Remus es nicht wert, das wunderschöne Blau jemals wieder zu sehen? Er ließ seinen Kopf gegen die kalte Scheibe sinken. Sechs Tage! Seit sechs Tagen war er nun schon wieder zu Hause. Nicht ein Mal hatte er in dieser Zeit die Sonne gesehen, obwohl er eigentlich den ganzen Tag nur am Fenster saß und hinaus starrte. Hinaus in eine Welt, die er sich selbst versagt hatte. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Langsam wand er den Kopf zur Tür, antwortete aber nicht. „Remus, komm doch bitte essen. Ich hab dir dein Lieblingsessen gekocht.“ Es war seine Mutter, wie besorgt und ängstlich sie klang. Früher hätte er alles dafür getan, damit sie sich nicht sorgte, hätte ihr den Sohn vorgespielt, der trotz seines harten Schicksals nicht am Leben verzweifelt war. Welch eine Lüge. „Bitte Remus, du hast seit Tagen kaum etwas gegessen.“ Erneut diese Stimme. Doch er hatte einfach keine Kraft mehr, er konnte ihr nichts mehr vorspielen, nicht mehr fröhlich tun, es ging einfach nicht mehr. Leise entfernten sich die Schritte wieder, ein kaum hörbares Schluchzen begleitete sie. Es tat ihm weh, seine Mutter so zu verletzen, doch er konnte einfach nicht mehr! Wieder sank sein Kopf gegen die Scheibe, ihre Kälte war schon fast angenehm. Seine Gedanken begannen wieder zu wandern, zu all den Schrecken, die er so vehement aus seinem Kopf verbannen wollte. Doch je mehr er es versuchte, umso genauer, unaufhaltsamer, absoluter kamen sie zurück. Plötzliche, laute Schritte rissen ihn für einen Augenblick aus seiner Lethargie, dass waren nie im Leben die Schritte seiner Mutter. Waren es nicht sogar zwei verschiedene? Flüsternde Stimmen erklangen vor seiner Tür, er verstand nicht was sie sagten, doch es schien ernst zu sein. Dann erneut ein Klopfen. Remus antwortete wieder nicht. „Mister Lupin, bitte öffnen sie die Tür.“ Das war die Stimme von Dumbledore. Zwar wand sich Remus zur Tür, doch er erwiderte nichts. „Mister Lupin, …“ Der Direktor klopfte erneut. Remus Blick wanderte wieder zur Scheibe, es war ja auch egal. „Das bringt doch nichts, Herr Direktor. Lassen sie mich mal!“ Diese Stimme! Remus Kopf drehte sich ruckartig wieder zur Tür, dass war doch nicht wahr?! Es klopfte schon wieder, doch diesmal energischer. Es war fast schon zu typisch. „Remus, jetzt mach doch auf. Lass uns reden! Hörst du mich? Ich bin’s.“ Remus Herz setzte einen Moment aus, hatte er doch verzweifelt befürchtet und reuevoll gehofft diese Stimme nie wieder zu hören. Die Stimme von Sirius… Ende Kapitel 10 Kapitel 11: Dunkelheit ---------------------- Kapitel 11 Dunkelheit Erneut klopfte es an Remus Tür, erneut Sirius fordernde Stimme. Wenn er ganz still war, dann gab der Schwarzhaarige vielleicht auf und ging wieder. Leider kannte er ihn für diese törichte Hoffnung viel zu gut, jemand wie Sirius Black gab nicht schnell auf. Niemals! Wie von seinen Gedanken beschworen, rief Sirius erneut nach ihm. „Remus, jetzt mach endlich auf! Glaub bloß nicht, dass ich verschwinde, nur weil du nicht antwortest.“ Ein leises Rumpeln ertönte, dann Dumbledores Stimme. „Mister Black, was soll denn das? Sie können sich doch nicht einfach auf den Boden setzen.“ Der Direktor klang ein bisschen empört, vor allem aber besorgt. „Ich bleibe solange hier sitzen bis du mir aufmachst, Remus! Hast du gehört? Ich rühre mich nicht von der Stelle bis du mit mir sprichst.“ Dieser Trotz und diese Sturheit, es war so typisch Sirius. Als wären all die schrecklichen Sachen niemals passiert. „Sie sind noch nicht ganz gesund. Sie wissen, dass ich ihnen nur einen kurzen Besuch zugesichert habe. Sie gehören ins Bett, ihre Wunden sind noch nicht verheilt.“ Wie schrecklich, allumfassend und schmerzlich aber die Realität war, offenbarten ihm die Worte Dumbledores all zu deutlich. Die schrecklichen Dinge waren passiert, diese Gewissheit ging nicht auszulöschen. Sirius war hier! Trotz der Wunden, trotz der Schmerzen und wenn er nichts tat, dann riskierte er eine Verschlimmerung des Zustandes des Schwarzhaarigen. Nur langsam rutschte er von der Fensterbank herunter. Schuld, Angst und Sorge schnürten ihm die Kehle zu und schienen ihm alle Geschwindigkeit zu nehmen. Er musste mit Sirius reden. Zum einen, weil es nicht anders ging, obwohl er gerade davor geflohen war. Zum anderen und vor allem, weil er Sirius Unvernunft kannte. Nichts, nicht einmal Dumbledore würden ihn davon abhalten können, vor seiner Tür solange sitzen zu bleiben, bis Remus irgendwann herauskommen musste. Alles in ihm wehrte sich dagegen! Er wollte nicht! Er durfte nicht! Er hatte es nicht verdient! Doch er konnte den Gedanken noch weniger ertragen, dass Sirius wegen ihm seine Gesundheit aufs Spiel setzte, nicht noch einmal. Langsam schob er einen Fuß vor den anderen, der Weg vom Fenster zur Tür war ihm noch nie so lang vorgekommen. Er streckte die Hand aus, obwohl die Türklinke noch viel zu weit entfernt war um sie zu Erreichen. Seine Finger zitterten als sie sich endlich um den kühlen Griff schlossen. Noch einmal atmete Remus tief durch, dann drehte er den Schlüssel im Schloss herum. Erneut ein Poltern auf der anderen Seite, aufgeregte Schritte und Sirius Stimme. „Remus?!“ Langsam zog er die Tür auf, nur einen Spalt breit, genug für einen Menschen. Sein Blick wanderte zum Boden, wie hätte er Sirius auch in die Augen sehen können. „Komm rein“, flüsterte er nur leise, seine Stimme klang so leer wie er sich fühlte. Leise, fast ein bisschen unsichere Schritte hörte er und sobald sie an ihm vorüber waren, schloss er die Tür wieder, drehte den Schlüssel erneut herum. Ohne den Blick zu heben, ging Remus zurück zum Fenster, ließ sich auf seinem Platz nieder. Das leise Quietschen der Matratze sagte ihm, dass Sirius auf seinem Bett Platz genommen hatte. Schweigen erfüllte den Raum, mit einer Dichte, die ihn fast erdrückte. Die Minuten verstrichen oder waren es schon Stunden? In der Stille des Raumes schien die Zeit völlig neue Verläufe zu finden. Ein leises Räuspern erschreckte ihn, er zuckte sogar ein bisschen zusammen, doch zu Sirius sehen würde er nicht, das durfte er einfach nicht. „Warum… warum bist du weggelaufen?“ Es war fast als könnte man die körperliche Versehrtheit in der Stimme mitschwingen hören. Remus wollte nicht antworten, hatte Angst vor einem Gespräch und noch schlimmer, vor dessen Enthüllungen. Er schwieg wieder, vielleicht ging dann alles einfach an ihm vorbei. Welch törichte Hoffnung. „Remus, bitte antworte mir. Erklär es mir, ich versteh dich einfach nicht.“ Sirius Stimme wurde lauter, anklagender, wundervoller. Er atmete langsam tief ein, er musste antworten. „Ich hab dir doch einen Brief geschrieben, reicht das nicht?“ Nur immer weiter nach draußen sehen, er wäre in diesem Augenblick gerne eine Regenwolke gewesen, so weit weg von hier. „Brief? Meinst du den Wisch mit diesem ganzen Unfug? Das ist keine Erklärung, das ist purer Unsinn, Remus!“, kam es sofort aufgeregt von Sirius, die Matratze quietschte gefährlich. Der Schwarzhaarige stand doch nicht etwa auf? Wieder leise Schritte und sie kamen immer näher, mit jedem weiteren stieg die Panik immer mehr in Remus hoch. Er konnte Sirius nicht ansehen, er hatte kein Recht darauf und er hatte schreckliche Angst vor dessen Augen. „Ich könnte dich niemals hassen und schon gar nicht wegen so einem blöden Unfall…“ Die Schritte verstummten. „Unfall?“ Remus Stimme klang fast ein bisschen verächtlich. „Woher willst du wissen, dass es nicht pure Absicht war? Die Absicht eines durchgeknallten Monsters.“ Eine Hand legte sich auf seine Schulter, leicht, warm und zärtlich. Der Schreck durchfuhr seine Glieder, dann folgte eine Gänsehaut. „Weil ich dich kenne, Remi. Jemand wie du könnte einen Menschen niemals absichtlich verletzen.“ Sirius Stimme klang überzeugt und schien wie ein Lichtstrahl im tiefsten Sturm, man war nur zu leicht versucht, an die trügerisch versprechende Hoffnung zu glauben. „Und was war mit deinen Freundinnen? Denen hab ich wehgetan und ich wusste genau was ich tue.“ Warum ließ er ihn nicht in Ruhe? Warum quälte er ihn mit diesen sanften Worten und ließ seine Entschlusskraft schwinden? Gut, dass er ihn noch nicht angesehen hatte, das würde ein Ende wohl besiegeln. Die Hand auf seiner Schulter verschwand. „Aber es tat dir doch auch leid und du hast es aus Eifersucht gemacht, wieso solltest du mich denn dann verletzen?“ Sirius Stimme wurde ein bisschen unsicher, begann er endlich an ihm zu zweifeln? Remus schwieg, diese Frage, die ihn so sehr gefangen hielt, aus Sirius Mund hörte sie sich sogar noch schlimmer an. Sein Blick glitt erneut zu den grauen Wolken am Himmel vor seinem Fenster. „Remus, bitte, komm zurück.“ Es war nur ein Flüstern, ein bittendes Flüstern, aber es war so unendlich verlockend. Er biss sich auf die Unterlippe, klammerte seinen Blick an eine Regenwolke, er durfte jetzt nicht nachgeben, es ging einfach nicht! Er konnte es nicht erneut riskieren. „Nein“, presste er hervor, er hatte sich doch entschieden, endgültig?! „Remus, jetzt hör doch mal auf! Du wirfst deine ganze Zukunft weg!“ Sirius packte ihn an der Schulter und drehte ihn zu sich um. Und da war es wieder, das wunderschöne Blau. Wie es ihn an den Himmel erinnerte, doch wie dieser waren ihm auch diese Augen versagt. Sie sahen traurig aus oder war es nur der schwere, graue Himmel, der sich in ihnen spiegelte? Remus senkte den Blick, blieb an Sirius Umhang mit dem Gryffindorwappen hängen. „Meine Zukunft für deine.“ Das war doch ein gerechter Tausch? „Was? Spinnst du total? Wie kommst du nur auf so eine schwachsinnige Idee?“ Sirius Stimme war schockiert und erschüttert. Nur langsam wanderte sein Blick wieder höher, doch er musste einfach noch einmal in diese Augen sehen, dieses gefühlvolle Blau. Als würden alle Farben hinter dieser einen stehen und ihr so eine unendliche Tiefe verleihen. Wie schön sie diesmal zu Sirius Stimme passten, schoss ihm nur durch den Kopf, als er den Blick des Schwarzhaarigen auffing. Noch immer wartete dieser auf eine Antwort, auf diese so einfach zu beantwortenden Fragen, die doch so unendlich kompliziert waren. „Ich habe dir deine Zukunft genommen, wieso sollte ich dann das Recht auf eine eigene haben?“ Seine Stimme klang fest, obwohl er sich fragte, wie das bei seinem zitternden Körper möglich war. „Meine Zukunft? Was redest du denn da?“ Unverständnis in Sirius Augen, aber auch ein Schimmer, der genau zu wissen schien, was los war. „Du kannst wegen mir nicht mehr fliegen, ich habe es dir genommen.“ Remus Blick glitt wieder tiefer, blieb an seiner sich verkrampfenden rechten Hand hängen. Mit dieser Klaue hatte er es ganz einfach zerstört, ein Menschenleben, das wichtigste Menschenleben was es für ihn überhaupt gab. Selbst jetzt noch, schien das Blut an seiner Hand zu kleben. Abwaschen konnte er es nie wieder! „Na und? Dann kann ich eben nicht mehr fliegen, aber deswegen hast du mir doch nicht meine Zukunft genommen.“ Sirius klang nicht so überzeugend, wie er es vielleicht gerne gewollt hätte und wie es hätte klingen müssen, um Remus zu überzeugen. „Aber du hattest doch schon Profiangebote. Du hättest Karriere machen können, ein Star werden.“ Remus musste einfach aufblicken, um Sirius total überrascht und verwirrt anzusehen. „Und du meinst, außer Quidditch hätte ich eh nichts zustande gebracht?“ Ein zaghaftes, leicht spöttisches Lächeln auf Sirius Lippen, wie sehr einem etwas in nur ein paar Tagen fehlen konnte. „Es… es ist nicht so schlimm für dich?“ Er konnte es einfach nicht glauben, sollte es wirklich dermaßen einfach sein? Oder war es nur eine Lüge, eine, deren sich Sirius nicht einmal selbst bewusst war? „Am Anfang war es schon schlimm, absolut schrecklich“, seufzte Sirius und wand nun seinerseits den Blick kurz von Remus ab. Er konnte ihn nur weiter ansehen, doch welches Gefühl sein Gesicht zeigte, dass vermochte er selbst nicht sagen, dazu war das Chaos in seinem Inneren viel zu groß. „Aber mit der Zeit wurde der Gedanken erträglicher. Dann eben nicht, es gibt noch so viele andere Möglichkeiten. Quidditch wäre einfach nur der bequemste von allen gewesen und du weißt, ich mag es schwierig und kompliziert.“ Wieder fanden sich ihre Augen und dann dieses wunderbar verschmitzte Lächeln. Es war einfach nur traumhaft schön. „Trotzdem… trotzdem hab ich dich verletzt…“ Remus konnte es einfach nicht vergessen, es war allgegenwärtig und drückte ihm das Herz zusammen. Seine rechte Hand drückte er gegen seine Brust, konnte sie nicht auch ihm solche Schmerzen bereiten? „Jetzt hör doch endlich auf. Dieser blöde Unfall! Ich hab einfach nicht aufgepasst, ich bin mindestens genauso Schuld wie du, wenn nicht sogar mehr.“ Die Worte wurden immer leiser, fast wie unsicher. „Schuld? Du bist nicht schuld, nur ich!“, beharrte Remus weiter, dieser Gedanke hatte sich einfach zu tief in seine Gewissheit gefressen, als das er ihn hätte ablegen können. „Ich hab dich ja wohl zuerst geküsst, oder?“ Remus Augen weiteten sich nun, allein die Erinnerung war wunderschön und schmerzhaft zugleich, schließlich hatte damit alles angefangen. Das Blut schoss in seine Wangen. „Und es tut mir so schrecklich leid, dass du es völlig falsch aufgefasst hast. Ich wollte dich damit wirklich nicht ruhig stellen, wie du befürchtet hast…“ Sirius brach ab und Remus Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn. „Wieso dann?“ Diese zwei Worte waren nicht mehr als ein Flüstern, fast nur ein Hauch. Erschreckende Vermutung und freudige Erkenntnis vermischten sich, zu einem undurchschaubaren Knäuel aus Gefühlen. Was sollte das denn jetzt heißen? Röte schoss auch in Sirius Gesicht, er war wieder so, wie vor dem Quidditchspiel, süß! „Weil ich das erste Mal in meinem Leben verliebt bin, Remus!“ Eine kurze Pause. „Verliebt in dich!“ Die Worte waren so bedeutungsschwer und leicht dahin gesagt, dass Remus ihre Botschaft im ersten Moment nicht wirklich entschlüsseln konnte, doch als sie dann wellengleich und bleischwer über ihm zusammenschlug, da konnte er Sirius nur stumm anstarren. Er war in ihn verliebt? Er erwiderte seine Gefühle? Es gab Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft? Das konnte doch nicht wahr sein. Seine innere Finsternis schien für einen Augenblick wie hell erleuchtet zu sein, doch die Dunkelheit hauste schon zu lange in ihm, um sich davon vertreiben zu lassen. Langsam und schleichend kehrte sie zurück. Meinte Sirius das wirklich ernst? Sagte er dass nur, damit er zurückkam? War alles nur falsch? „Ich…“ Remus blickte in Sirius Augen, sah die Hoffnung die darin lag. Wie wunderschön dieses Blau war, dann wanderte sein Blick ein wenig tiefer und am offenen Hemd sah er den Verband der Wunde, seiner Wunde, hervor schimmern. Die Finsternis war vollkommen zurück. Niemals durfte er Sirius einer Gefahr aussetzen, egal welcher und die größte von allen Gefahren für ihn, war er selbst. Denn diese sah Sirius nicht, war sie ihm zuerst doch durch Freundschaft und nun durch Liebe verborgen. „Es ist zu spät!“, war seine einzige Antwort und er konnte sehen, wie in den wundervollen blauen Augen die Hoffnung in Scherben fiel. Wie bei ihm schon so viele Male zuvor… Ende Kapitel 11 Kapitel 12: Rückweg ------------------- Kapitel 12 Rückweg „Aber Remus…?“ Leise und zaghaft kamen die Worte über Sirius Lippen, so vorsichtig als seien sie sich nicht sicher, ob alles vielleicht nicht doch nur ein Traum war. Ein schrecklicher, verlogener Traum. Remus wand sich von ihm ab. Er konnte den Schwarzhaarigen nicht weiter ansehen, diese blauen Augen waren viel zu gefährlich. Sie hätten ihn nur all zu leicht von seinem Weg abbringen können. „Du… du hast doch aber den Kuss erwidert und… und du hast gesagt…“ Sirius Stimme begann fester zu werden, wie hätte er auch erwarten können, dass es einfach werden würde. „Das ist egal!“ Remus starrte stur wieder aus dem Fenster, die Worte kamen ihm so schwer über die Lippen, als würden sie wissen, dass so viel Falschheit eingesperrt gehörte. „Nein, dass ist es nicht!“ Diese Sicherheit in der Stimme, nicht mehr lange und der Schwarzhaarige klang wie immer. „Für mich schon.“ Remus biss sich auf die Unterlippe und versuchte krampfhaft die Tränen zurückzuhalten. „Deine Gefühle für mich können aber nicht so schnell verfliegen, du meintest doch, du liebst mich schon seit dem fünften Schuljahr, ich kann einfach nicht…“ Sirius Stimme war einfach so verlockend, es fehlte nicht mehr viel und Remus fiel ihm weinend um den Hals. Ergab sich in seine Schwäche und brachte den anderen damit erneut in Gefahr. „Hör auf!“, fuhr er Sirius an, seine Stimme war laut, laut genug um die Verzweiflung darin zu übertönen und ohne auf eine weitere Reaktion zu warten, sprang Remus auf. Schnell schritt er an dem Schwarzhaarigen vorbei zur Tür und zerrte hastig an dem Schlüssel. Als dieser sich endlich knarrend im Schloss drehte, zog Remus die Tür ruckartig auf. „Bitte geh jetzt!“ Er konnte Sirius nicht ansehen, wollte das himmlische Blau nicht sehen, jetzt, wo er es doch fast geschafft hatte?! Geschafft das Blau des Himmels gegen das Schwarz der Verzweiflung zu tauschen. Nun war es still im Zimmer und auch im Flur davor, obwohl Remus gesehen hatte, dass Professor Dumbledore immer noch davor stand. Ihre Blicke versuchten sich in ihn zu bohren, obwohl nur die von Sirius ihm Schauer über den Rücken jagten. Die Stille schien immer dichter zu werden, doch dann durchdrangen ein paar Schritte sie. Sirius kam zur Tür, er würde gehen, endlich?! Wie schrecklich traurig ihn dieser Gedanke machte, denn eigentlich wollte er, dass er bei ihm blieb. Sie liebten einander, eigentlich müssten sie zusammen sein. Aber eigentlich sollte Sirius auch fliegen können und er keine blutverschmierten Klauen haben. Immer näher kamen die Schritte, mit jedem weiteren Schritt schlug sein Herz schnell, warum nur? Schließlich würde der Schwarzhaarige gehen, obwohl alles in ihm danach schrie, dass er bleiben sollte. Sirius war nun auf seiner Höhe, gleich war er aus seinem Zimmer verschwunden, doch da verstummten die Schritte. Remus war verwirrt, doch er wagte nicht aufzusehen. „Ich werde auf den Tag warten, an dem auch du mit mir zusammen sein willst. Und wenn ich dafür bis ans Ende meines Lebens warten muss. Ich weiß, was ich für dich fühle und ich weiß auch, was du für mich fühlst.“ Sirius Stimme war leise, traurig und doch so unendlich voller Hoffnung. Die Tränen sammelten sich in Remus Augen, wie konnte er das sagen? Selbst jetzt noch?! Und doch schien ihn eine eisige Erstarrung gefangen zu halten, er konnte sich nicht rühren, konnte nicht aufsehen. „Flieh nicht weiter vor dir selbst, komm zurück und stell dich deinen Ängsten, ich werde bei dir sein. Du bist stark, Remi! Vertrau dir selbst! Und vertrau auch mir!“ Kaum waren Sirius Worte verklungen, da ertönten wieder seine Schritte. Er ging! Remus spürte den unbändigen Drang ihn aufzuhalten, ihn wieder zurückzuholen, doch er stand nur weiter mit gesenktem Kopf da und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die immer stärker gegen die Dämme seiner Selbstbeherrschung anbrandeten. Sie waren kurz davor zu brechen. „Ich warte unten“, hörte Remus Sirius Stimme leise, der Schmerz schien sie zu zügeln. Dann Schritte auf der Treppe und andere, die zu ihm traten. „Mister Lupin?“ Dumbledores besorgte und ruhige Stimme, erst diese Ruhe zeigte ihm seine innere Aufgewühltheit gänzlich auf. Remus hielt den Kopf gesenkt, die erste Träne rann über seine Wange. Eine Hand legte sich fest auf seine Schulter, fast schon tröstlich. „Ich bitte sie, Mister Lupin, werfen sie ihre Zukunft nicht weg. Man kann jedes Problem lösen, wenn man sich nur helfen lässt.“ Wie viel Zuversicht einem solche Worte geben konnten, allein schon wegen der Art, wie sie der Schulleiter sagte. „Auch mein Problem?“ Remus sah immer noch nicht auf, seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt, sie zitterten stark. Genau wie seine Stimme. „Ja, jedes Problem hat seine Lösung. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um ihnen zu helfen“, versicherte Dumbledore mit der für ihn so typischen Art und Remus begann ihm zu glauben. Zaghaft nickte er. „Gut, werden sie also nach Hogwarts zurückkehren?“ Langsam hob Remus den Kopf, sah den Schulleiter mit inzwischen tränennassem Gesicht an. Seine Gedanken überschlugen sich, seine Gefühle waren ein einziges, riesiges Chaos, doch dann formten seine Lippen eine Antwort. Remus saß an seinem Fenster, der blaue Himmel strahlte ihm entgegen. Vor zwei Tagen, kurz nachdem Sirius und Professor Dumbledore gegangen waren, hatte es endlich aufgeklart. Er hatte die Beine eng an den Körper gezogen, die Arme darum geschlungen. Die Sonne wärmte ihn, selbst jetzt waren ihre Strahlen warm, tröstlich. Es klopfte und er seufzte leise. Langsam stand er auf und ging zur Tür, drehte den Schlüssel im Schloss herum. Seine Mutter stand davor, sah ihn traurig lächelnd an. Irgendwie hatte er sie schon lange nicht mehr fröhlich lächeln gesehen, eigentlich seit der Sache mit dem Werwolf nicht mehr. Wieder etwas, was wegen ihm verloren gegangen war. Er schien Menschen Leid zu bringen, besonders denen, die ihm mehr bedeuteten als alles andere auf der Welt. „Kommst du bitte runter, Remus?“, fragte seine Mutter ruhig und leise, war sie überhaupt jemals ihm gegenüber laut geworden? „Ja, ich komme.“ Remus drehte sich noch einmal zu seinem Zimmer um, dann schloss er die Tür hinter sich und ging die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Auf den letzten Stufen sah er auch schon Professor Dumbledore neben seiner Mutter stehen. „Guten Tag, Mister Lupin. Sind sie fertig für ihre Rückkehr?“, fragte der alte Mann mit einem für ihn so typischen Lächeln, mild und freundlich. Remus blieb auf der letzten Stufe stehen und sah den alten Mann an, sollte er es wirklich wagen? Wirklich zurückkehren? Zurück zu Sirius? Zu dem Menschen, nach dem sein Herz schon so lange schrie, den er sich aber immer wieder selbst versagte? Selbst jetzt noch, wo alles gut sein könnte. Wie erfreut, trotz der nicht zu verleugnenden Trauer seine Mutter aussah. Remus ging die letzte Stufe nach unten und trat vor Dumbledore. „Ja, ich bin fertig“, meinte er leise. In den letzten zwei Tagen, nachdem er dies zugesagt hatte, hatte er sich langsam an den Gedanken gewöhnt, aber auch nur, weil er Sirius in all seinen Überlegungen immer wieder raus zuhalten versuchte. Kam dieser schließlich dazu, war klares Denken kaum noch möglich, denn die Liebeserklärung, die ihm der Schwarzhaarige gemacht hatte und auch dessen anderen Worte ließen noch jetzt sein Herz schneller schlagen. Wie sollte es nur werden? Zwischen ihnen?! Er würde es sehen, denn er kehrte nun zurück. Zurück nach Hogwarts! Zurück zu seinem schönen Leben! Zurück zu Sirius?! „Remi!“ Laut seinen Namen schreiend fiel ihm James um den Hals, kaum das Remus ihren Schlafsaal betreten hatte und auch Peter kam gleich zu ihm. „Wir haben uns so Sorgen gemacht, als du plötzlich weg warst. Du kannst doch nicht einfach abhauen, wir haben uns sonst was ausgemalt, was dir passiert sein könnte. Ich für meinen Teil fand die Idee von der Entführung durch Außerirdische sehr gut.“ James löste sich wieder von Remus und lächelte ihn an, diese Fröhlichkeit war so typisch, darauf bedacht ihn aufzumuntern. Man sah ihm an, dass er sich sehr freute ihn wieder zusehen, was Remus noch mehr schlechtes Gewissen machte. „Es tut mir leid, ich wollte euch keine Sorgen machen, ich…“ Er senkte den Kopf, wie konnten sie sich nur so freuen, ihn wieder zusehen? Warum? „Ach, jetzt bist du doch wieder da und damit ist doch alles wieder gut, oder?“ James legte Remus eine Hand auf die Schulter, er sah auf und lächelte schwach. Alles wieder gut? „Ja,…“ Remus hob den Kopf noch ein bisschen mehr, da bemerkte er Sirius, der weiter hinten stand und ihn ansah. Die himmelblauen Augen fixierten ihn so intensiv, dass Remus sich nur davon abwenden konnte. Nein, alles war nicht wieder gut. Wie könnte es auch? Dabei wäre alles so einfach, wenn er ein normaler Mensch wäre und nicht das Monster, dass er nun einmal war. Aber das mit ihm und Sirius war vorbei, er musste sich auf das konzentrieren, was wichtiger war. Wichtiger? Wichtiger als Sirius? Ein leiser Zweifel beschlich ihn, doch schnell wischte er diesen weg. „Was hab ich im Unterricht verpasst?“, fragte er James, es musste einfach weiter gehen. Und wenn es auf dem unehrlichsten aller Wege war, es musste einfach weiter gehen… Ende Kapitel 12 Kapitel 13: Träume ------------------ Kapitel 13: Träume Vor ein paar Tagen war schon wieder ein neuer Vollmond über sie ergangen, nun war es schon Mitte April, der Frühling war in vollem Gange. Überall grünte und blühte es, alles war hell und freundlich, nur die Finsternis in Remus' Innerem mochte selbst das schöne Wetter und die Sonne nicht zu vertreiben. Er saß, wie eigentlich jeden Tag seit seiner Rückkehr in der Bibliothek und lernte beziehungsweise versuchte es. Denn er war nicht allein, seine drei Begleiter rissen ihn immer wieder aus seiner Konzentration. Peter, weil er andauernd zu jeder Kleinigkeit eine Frage hatte. James, der lieber über Lily, Quidditch, Lily, Streiche und noch mal Lily sprach. Und Sirius, der weder sprach noch etwas anderes tat, außer Remus unentwegt schweigend anzusehen, irgendwie war gerade das für ihn das Unerträglichste. Die Blicke des Schwarzhaarigen verfolgten ihn schon seit seiner Rückkehr, es war als wären sie immer da. Zu jeder Zeit und wenn sie widererwarten doch einmal fehlten, dann beunruhigte ihn das auf eine verstörende Art und Weise. Sirius war kein wirklicher Teil seines Lebens mehr, denn sie sprachen kaum noch miteinander, wechselten nur Blicke, ihre Freundschaft war irgendwie eine unreale, nicht mehr wirklich vorhandene Sache geworden und doch war der Schwarzhaarige so präsent in seinen Gedanken wie nie zuvor. Immer wieder fragte sich Remus, was passiert wäre, wenn er es zugelassen hätte. Zugelassen, dass sie einander nahe waren. Zugelassen, dass sie einander liebten. Dass sie einfach nur ihr Glück lebten, doch da flackerte ein Bild vor seinem inneren Auge auf und er schüttelte leicht den Kopf, es durfte nicht sein! Langsam und unaufhaltsam begann sich ein nagender Schmerz hinter seiner Stirn auszubreiten, er hatte oft Kopfschmerzen in letzter Zeit, ob es am vielen Grübeln lag? Remus zog seinen Stuhl zurück und packte seine Sachen zusammen. Alle drei Augenpaare, eigentlich nur zwei, da eines ihn nie verlassen hatte, richteten sich auf ihn. „Was ist, Remi?“, fragte James gleich, der Quidditchkapitän sorgte sich in letzter Zeit ziemlich viel um ihn und auch um Sirius, Remus tat es leid. „Mir ist nicht gut, ich gehe in den Turm und leg mich etwas hin!“, erklärte er kurz und stand auf. Er nahm sich seine Bücher und Notizen und verließ dann die Bibliothek. Sirius Blick, der schon fast angenehm auf seinem Rücken brannte, verfolgte ihn auf seinem Weg hinaus. Es war eine sternenklare Nacht und ein wundervoller Vollmond strahlte warm über allem, doch die Lichter der nahen Stadt nahmen dem Himmel so viel von seiner Schönheit. Remus überlegte nur kurz, dann kletterte er von seinem Fensterbrett hinunter und schlich sich aus dem Zimmer. Es war ein unschuldig erfreutes Gefühl. Langsam und vorsichtig tapsten seine kleinen Füße die Treppe hinunter, bemüht keinen Laut zu erzeugen. Am Fuß der Stufen sah er sich nach der halb offen stehenden Wohnzimmertür um, dahinter hörte er die Stimmen seiner Eltern. Sie hatten ihn nicht bemerkt. In das wohlige Gefühl von Geborgenheit mischte sich der Reiz des Verbotenen und der puren Vorfreude. Schnell schlüpfte er in seine kleinen Schuhe und eine etwas zu große Jacke, bevor er langsam die Haustür öffnete und hinaus huschte. Remus wusste, dass er in der Nacht nicht nach draußen durfte, aber der dunkle Himmel mit all den funkelnden Sternen zog ihn wie magisch an, er wollte ihn so gern in seiner ganzen Pracht sehen, ohne all die störenden Lichter, die die Menschen in die Welt gesetzt hatten. Ein Drang, fast schon ein Zwang, zog ihn weiter. Immer noch darauf bedacht kein Geräusch zu machen, huschte er zum Gartentor, das ihn gleich in den hinter dem Haus beginnenden Wald entlassen würde. Remus zuckte zusammen, als es laut quietschte, während er die Klinke herunter drückte und die Tür nach innen aufzog. Angst vor der Entdeckung, so kurz vor dem Ziel, befiel ihn. Schnell und ohne sie wieder zu schließen, rannte Remus in den Wald hinein. Der Atem ging schnell, das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Gleich war er da! Seine Schritte wurden erst wieder langsamer als er die nahe Lichtung erreicht hatte und im Schutz der fast alles umschließenden Dunkelheit des Waldes, die ganze Pracht des Nachthimmels zu sehen bekam. Erst jetzt spürte er seine ganze Schönheit und es verschlug ihm die Sprache, der Mond war atemberaubend. Plötzlich eine Gänsehaut! Irgendetwas war nicht so wie es sein sollte. Remus wand den Blick von den Sternen ab und sah sich um. Es war genau die gleiche Lichtung wie bei Tag, nur das die Schatten tiefer waren, unendlich viel tiefer und sich in der Finsternis dahinter verloren. Da war plötzlich dieses Gefühl, er drehte sich um und begann zu rennen. Er wusste einfach, dass plötzlich etwas hinter ihm war, etwas das ihm wehtun, ja ihn töten wollte. Remus rannte, doch seine Beine konnten nicht so schnell, wie es nötig war und plötzlich sprang ein gleißender Schmerz von seinem Rücken durch seinen ganzen Körper. Und dann stand er auf ein Mal ganz allein in der Finsternis, nur leise Schritte erklangen in der Ferne. Ein merkwürdiges Kribbeln fuhr durch seine Hände und er hob sie vor sein Gesicht, die Hände eines kleinen Jungen, ganz normal. Die Schritte wurden lauter und als Remus von seinen Fingern aufsah, da blickte er direkt in Sirius blaue Augen. Was tat der Schwarzhaarige hier? Das Kribbeln wurde immer stärker und als Remus seinen Blick senkte, verkrampften sich seine Finger und verwandelten sich urplötzlich in grausame, bluttriefende Klauen. Woher kam dieses Blut? Es kam ihm so rot vor? So bekannt rot? Remus hob seinen Blick wieder und da lag Sirius plötzlich auf dem Boden. Gebrochene Augen, tiefe, blutige Wunden waren über den ganzen Körper verteilt und ein riesiges Loch klaffte da, wo Sirius Herz sitzen sollte. Diesen blutigen Klumpen Fleisch hielt Remus in diesem Moment in seinen Klauen Kalt, rot und leblos. Er hatte getötet! Er hatte Sirius getötet! Er hatte ihm das Herz herausgerissen. Schreiend fuhr Remus hoch, Tränen liefen ihm über die Wangen. Der Schmerz und der Blutgeruch schienen ihn immer noch zu umgeben und die Stelle, wo ihn der Werwolf vor so vielen Jahren gebissen hatte, brannte glühend. Er schlug die Hände vors Gesicht, wollte davon nicht mehr träumen. Warum verfolgte ihn dieser schreckliche Traum nur immer noch? Er hielt sich doch von Sirius fern und dennoch sah er jede Nacht seit seiner Rückkehr diese schrecklichen Bilder. Tiefe Verzweiflung befiel ihn. Remus ertrug sie und die Gefühle, die damit kamen, nicht mehr, es sollte endlich vorbei sein. Konnte es nicht endlich aufhören? Das Rascheln seiner Vorhänge ließ ihn aufschrecken und mit verweintem Gesicht blickte er auf. Da stand plötzlich Sirius vor ihm! Was machte er hier? War es schon so spät? Über das Gesicht des Schwarzhaarigen legte sich in Remus Kopf die vom Tod verzerrte Maske seines Traumes und die Tränen strömten nur noch stärker, obwohl die Sicherheit des Lebens langsam in seine Gedanken kroch. „Remi?!“ Bestürzung und Sorge spiegelten sich in den wunderschönen, blauen Augen und ohne zu Zögern saß der andere plötzlich neben ihm, als wäre all das Schreckliche niemals passiert. Zwei starke Arme legten sich um ihn. Da war nicht die erwartete Kälte eines toten Körpers, sondern nur Wärme. Wundervolle, an Sonnenschein erinnernde Wärme. Zuerst wollte Remus ihn von sich stoßen, doch die starken Arme hielten ihn einfach fest. Sie waren so tröstlich, dass er es auch einfach nicht schaffte sich zu lösen, sondern sich stattdessen lieber noch mehr hineinkuschelte. „Ein Alptraum?“, fragte Sirius, seine Stimme war sanft und zärtlich, wie hatte er sie vermisst. Er konnte als Antwort nur nicken, da seine Worte immer noch in einer Flut von Tränen erstickt waren, doch langsam verebbte diese. „Wovon?“, war die nächste Frage des Schwarzhaarigen. Er schien zu ahnen, dass Remus nicht darüber sprechen wollte und es dennoch tun würde, wenn gerade er ihn fragte. „Von dir!“ Seine Stimme zitterte fast mehr als sein Körper. Die Bilder flackerten wieder auf. Gebrochene Augen! Unzählige, blutige Wunden! Sirius Herz in seinen Klauen! Kalt, rot und leblos! Zärtlich und tröstend fuhren die Hände des Schwarzhaarigen über Remus Rücken. „Was habe ich Schreckliches getan, dass du jetzt so weinst?“ Irrte er sich oder zitterte auch Sirius Stimme leicht? „Du…“ Er brach ab, wie sollte er diese schrecklichen Worte nur aussprechen? „Hab ich dir wehgetan?“, fragte der andere weiter. Er schüttelte den Kopf, wie konnte der andere nur so etwas glauben? Es war doch immer andersherum gewesen, schließlich war Remus das Monster von ihnen beiden. „Du…“ Und diesmal sprach er weiter, als würden die Bilder und Worte es einfach nicht mehr in seinem Körper aushalten. „Du bist gestorben,… nein… du wurdest getötet…“ Sirius zog ihn noch etwas näher zu sich, Remus hörte seinen Herzschlag. Sein Herz. Das Herz, das so blutverschmiert in seinen Klauen gelegen hatte, dass dort nicht mehr geschlagen hatte. „Aber ich lebe, es ist also nicht schlimm. Nur ein Traum. Ich bin bei dir, Remi.“ Das war zu viel! Remus schob Sirius weg. „Das ist es ja gerade!“, schrie er den Schwarzhaarigen an. Verständnislose, blaue Augen. „ICH habe dich in diesem Traum getötet! Das Monster in mir hat dir einfach das Herz aus der Brust gerissen.“ Seine Stimme wurde immer leiser, bis sie in einem Schluchzer endgültig verebbte. Er schlang die Arme um seinen nun wieder zitternden Körper. Stille trat ein, gebrochen nur von leisem Weinen. Dann kehrten die Arme und mit ihnen die Wärme zurück. „Ist schon gut. Jetzt habe ich es verstanden, Remus, keine Angst.“ In seine Verzweiflung und Selbstvorwürfe mischte sich plötzlich Verwirrung. „Was meinst du?“, fragte Remus leise nach, als er sich wieder etwas beruhigt hatte. „Das ich jetzt verstehe, warum du nicht bei mir sein willst, obwohl wir uns beide lieben.“ Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, Sirius wusste es?! „Du hast Angst, Angst mich zu verletzen oder gar zu töten.“ Sirius Stimme war fest und von einem Klang, als würden allein diese Worte all ihre Probleme lösen. Er konnte nur zaghaft nicken, dieser Moment war einfach nicht für Worte gedacht. Stille! Und in dieser Stille ein wunderbar beruhigender Herzschlag. Für Remus gab es im Augenblick kein schöneres Geräusch auf der Welt. Für ihn war es alles im Moment, denn es bewies Leben – Sirius Leben! Eine leise Stimme durchschnitt die Stille dann wieder. „Aber wenn du solche Angst davor hast, wieso verletzt du mich dann trotzdem immer weiter?“ Diese Worte trafen Remus wie einen Schlag ins Gesicht. Erschrocken sah er auf. „Was?“ Er löste sich von dem Schwarzhaarigen, was hatte er getan…? Ende Kapitel 13 Kapitel 14: Licht ----------------- Kapitel 14: Licht Mit einer Mischung aus Unglauben und Verzweiflung blickte Remus zu Sirius auf. Die blauen Augen sahen ihn mit einem seltsamen Ernst an. „Ja, du verletzt mich.“ Die Finger des Schwarzhaarigen schlossen sich um Remus rechte Hand. „Mehr als diese Hand oder die Klauen, die daraus erwachsen, es jemals könnten.“ Zaghaft, wie ein Hauch, küsste Sirius Remus Finger. Ein Kribbeln ging durch seinen Körper, es war zugleich wundervoll und doch schmerzhaft. Wundervoll, weil er die Nähe und die Berührungen des anderen so sehr vermisst hatte. Schmerzhaft, weil ihm dieser Umstand erst in diesem Augenblick in seinem ganzen Ausmaß bewusst wurde. „Glaubst du wirklich du schützt mich, wenn du dich von mir fern hältst und mich dadurch leiden lässt? Lieber sterbe ich durch deine Klauen als ewig diese Distanz zwischen uns ertragen zu müssen.“ Sirius Augen waren entschlossen und traurig auf ihn gerichtet. „Nein!“, protestierte Remus laut, doch gleich ging seine Stimme wieder in einem Schluchzer unter und er löste seine Finger aus dem Griff des Schwarzhaarigen. „Ich will es nicht! Es ist schon schwer genug, fast jede Nacht in meinen Träumen dein totes Gesicht sehen zu müssen, ich will nicht aufwachen und die Gewissheit ertragen müssen, dass es wirklich passiert ist! Ich will dich nicht verlieren, Sirius!“ Erneut rollten Tränen über seine Wangen. „Sind wir nicht trotzdem dabei uns zu verlieren?“ Sirius Stimme war so voller Schmerz, dass bei ihm nur noch mehr Tränen flossen. „Für uns wird es nicht mehr wie früher. Es hat sich verändert, Remus, wir haben uns verändert und auch unsere Gefühle füreinander. Wir hatten schon den Mut sie uns selbst und einander einzugestehen, bitte lass uns jetzt auch den Mut haben, sie auszuleben. Lass uns zusammen sein, Remus. Ich verspreche dir, die Alpträume werden bald verschwinden und wenn dich doch einmal einer quält, dann werde ich bei dir sein und dir beweisen, dass er nur das eine ist – ein böser Traum, der verfliegt, sobald dich der geliebte Mensch in die Arme schließt.“ Mit diesen Worten zog Sirius ihn wieder zu sich. Er senkte den Blick, diese Worte, diese Wärme, diese Nähe! Sie gaben ihm die Hoffnung, dass es vielleicht doch funktionieren könnte. Aber was war mit all seinen Zweifeln, mit seiner Verzweiflung, mit der Angst. Wusste Sirius wirklich worauf er sich einließ? War sein Blick vielleicht viel zu sehr von seinen Gefühlen verblendet? Und warum konnte sein eigener Blick es nicht sein? Remus schloss die Augen. Was sollte er nur tun? Er wollte Sirius nicht weiter wehtun, wollte nicht, dass er litt, aber konnte er einfach so mit ihm zusammen sein? Konnte er dessen Nähe einfach nur genießen, die tiefen Schatten, die in ihm lauerten, ignorieren? All die Ängste einfach über Bord werfen und nur an eine gemeinsame, schöne Zukunft glauben? Remus öffnete die Augen. Durch Sirius Wärme, die wie ein Licht war, konnte die Finsternis in seinem Herz nicht wirklich Fuß fassen, aber ein nagender Zweifel blieb. Konnte er es wirklich riskieren? Konnte er erneute Wunden durch seine Klauen an Sirius ertragen? Zaghaft hob Remus die rechte Hand, folgte ihr mit seinem Blick und schob langsam den Hemdkragen des Schwarzhaarigen beiseite. Immer noch waren die Spuren seiner Tat deutlich sichtbar. Rot und dick zogen sie sich die drei Male seiner Klauen über Sirius immer noch leicht gebräunte Haut. Die daraus entstehenden Narben würden auf ewig bleiben, genau wie sein Stigma. Seine Finger zitterten als sie diese nachzogen. „Tut es noch sehr weh?“, fragte er mit flüsternder Stimme, die Augen wie gebannt auf die späteren Narben gerichtet. „Nein!“ Sirius Stimme war zärtlich, genauso zärtlich wie seine Hand, die er an Remus Wange legte und ihn so sanft zwang, den Blick wieder ihm zuzuwenden. Da waren wieder die geliebten, blauen Augen. Langsam beugte sich Sirius zu ihm hinunter und auch er fühlte, dass es irgendwie richtig war. Wenn diese Gefühle vielleicht auch nur aus seinem egoistischen Selbst erwachsen waren, warum sollte er nicht einmal tun, was er wollte? Er und Sirius? „Möchtest du mit mir zusammen sein, Remus?“ Die Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern und dazu ein Gesichtsausdruck, der sowohl in Freude als auch Enttäuschung umschlagen konnte. Remus senkte den Blick, hätte er weiter in die Augen des Schwarzhaarigen gesehen, hätte er allein wegen dem Ausdruck darin zugestimmt, doch er wollte die Antwort in sich selbst finden, einen Antwort aus seinem Herzen. Er schloss die Augen und ließ die Finsternis zu, Einsamkeit und Verzweiflung griffen nach ihm, doch dann erschien wie ein Licht in endloser Finsternis Sirius Bild vor ihm. Wollte er sein Leben lang Sirius fernbleiben? Nie wieder seine Nähe spüren? Ihn und sich leiden lassen, um es vielleicht irgendwann nicht mehr ertragen zu können, um dann festzustellen, dass ihre Gefühle erloschen waren? Oder wollte er bei Sirius sein? Ihn vielleicht irgendwann verletzen, aber ihnen bis dahin dennoch Augenblicke des Glücks gewähren, die sie sonst niemals erleben würden? Die Dunkelheit verflog als er Sirius Wärme wieder spürte und dann sah Remus auf. „Ich…“ In diesem Augenblick war ihm als wäre er sich einer Antwort noch nie so sicher gewesen. Er wollte kämpfen, kämpfen um das was ihm lieb und teuer war. Vielleicht würde es so manches Mal schmerzen, mehr noch als all der andere Schmerz, aber dafür würde es auch Momente des Glücks geben, Glück, dass er so sonst nie erfahren würde. Der Schwarzhaarige wartete weiter geduldig und als Remus daran dachte, was er ihm durch sein Zögern und die Zurückweisung angetan hatte, kamen ihm wieder die Tränen und mit ihnen wurde auch Sirius Gesicht traurig. „Ich verstehe schon, du…“, begann der andere, doch er legte ihm schnell einen Finger auf die Lippen, nein, keine Missverständnisse mehr. Keine Missverständnisse! Kein Zögern! Keine Distanz! „Lass mich wenigstens ausreden, bevor du verstehen willst.“ Remus begann unter den versiegenden Tränen zu lächeln. „Ja, aber…“ Pure Verwirrung in Sirius Gesicht, so süß! Die letzten Tränen versiegten und sein Entschluss war klar. „Nichts aber! Ich habe in all der Zeit schon zu zu vielem und zu oft Aber gesagt. Diesmal soll es kein Aber geben. Ich will mit dir zusammen sein, Sirius, ohne Wenn und Aber.“ Remus lächelte und fühlte ein lang vermisstes Gefühl wieder in sich aufkeimen – Glück! Sirius erstrahlte richtig und zog ihn zu sich. „Ich liebe dich, Remus!“ und mit diesen Worten beugte er sich zu ihm hinunter, kam ihm immer näher. Nur noch wenige Zentimeter trennten ihre Lippen voneinander und Remus hob den Kopf, um seinem Freund noch ein Stück entgegen zu kommen. Da flog plötzlich die Zimmertür krachend auf und fröhlich lachend stürmten James und Peter herein. Sirius und Remus stoben sofort auseinander, Röte schoss ihm ins Gesicht. „Na ihr beiden, wieder in trauter Zweisamkeit?“, grinste James breit als er zu ihnen kam und sich ebenfalls auf Remus Bett setzte, Peter blieb davor stehen. „Halt die Klappe, James!“, fuhr Sirius ihn nur knurrend an. Der Schwarzhaarige schien sich ziemlich gestört zu fühlen, was Remus zum Lachen brachte – wie süß! „Und du lach nicht, Remi!“, murrte sein Freund ihn an, er sah beleidigt aus. Remus warf einen kurzen Blick auf die Störenfriede, dann auf Sirius und ein Lächeln schlich sich statt dem Lachen auf seine Züge. Ein Teil seines Selbst, den er für tot gehalten hatte, begann wieder aufzuleben. Es war, als wäre sein ganzes Leben plötzlich in warmes Sonnenlicht getaucht, ein Gefühl, dass ihn so sehr an Sirius Nähe erinnerte. „Och jetzt komm schon, Siri, sei wieder lieb. Kriegst dafür auch eine Belohnung.“ Er zwinkerte dem Schwarzhaarigen zu. „Und was, nen Hundekuchen?“, fragte James grinsend nach. Sirius knurrte nur verächtlich, doch Remus ließ sich nicht beirren. „Bist du wieder lieb?“ Er rückte wieder etwas näher zu dem Schwarzhaarigen, sah ihn mit großen Augen an. Leichte Verwirrung und eine Spur Röte zogen sich über Sirius Gesicht. In diesem Augenblick wusste er, dass seine Entscheidung die richtige gewesen war, egal was sie noch mit sich bringen würde, er würde sie niemals bereuen. Und die Finsternis? Remus spürte, dass sie noch immer in ihm lauerte, nur einen Moment suchte, indem sie erneut hervorbrechen konnte. Doch jetzt, war dafür kein Platz, dazu war er einfach zu glücklich. „Gut!“, muffelte sein Freund, lächelte aber gleich darauf wieder. „Brav!“, meinte Remus nur knapp, leichte Röte breitete sich in seinem Gesicht aus, doch dann hob er den Kopf und küsste Sirius auf die Wange. Die Zeit verging wie im Flug und schon war wieder ein Vollmond vorbei. Der Mai hatte begonnen. Die Sonne schien unablässig und mit jedem Tag wurde es wärmer. Remus saß mit Peter am Rande des Quidditchfelds und sah der Mannschaft beim Training zu, eine seiner neuesten Freizeitbeschäftigungen, auch wenn sie ihn immer etwas wehmütig machte. Schließlich verbrachte Sirius so viel Zeit mit seinen Teamkameraden und irgendwie so wenig mit ihm. Zwischen ihnen beiden war es wie immer, es war mehr eine Freundschaft und keine Liebesbeziehung. Fröhlich lachend landeten James und Sirius vor ihnen. „Na, wie war ich?“, fragte sein Freund Remus grinsend, zweideutiger ging es nicht mehr. Eine leichte Röte überzog seine Wangen. „Spinner“, antwortete er nur knapp. „Aber immer“, meinte der Schwarzhaarige und ließ sich neben ihn ins Gras fallen. Die Nähe ließ Remus noch etwas röter werden, denn obwohl sie nun schon seit über einem Monat ein Paar waren, ein heimliches versteht sich, war es bei dem einen Kuss auf die Wange am Tag ihres Zusammenkommens geblieben. Was wohl auch ihren lieben Freunden zu verdanken waren, die scheinbar im Moment kein dringlicheres Hobby hatten, als Sirius und Remus zu belagern, als ahnten sie, dass ihnen das ganz und gar nicht gefiel. Aber auch Sirius machte sich in letzter Zeit auffallend und schmerzhaft rar, ob er doch daran zweifelte eine Beziehung mit einem Jungen führen zu können? Vielleicht hatte er sich darunter nicht wirklich etwas vorgestellt und hatte es einfach mit einer Freundschaft verwechselt. Remus seufzte leise, dabei begann er sich gerade in Situationen wie diesen, in welchen ihm Sirius so nah war, nach einer noch größeren Nähe zu sehnen. „Woran denkst du?“, fragte Sirius plötzlich unvermittelt. „Nichts!“, meinte Remus schnell, konnte aber nicht verhindern, dass ihm Blut in die Wangen schoss. Ein leises Lachen von seinem Freund, lieb nicht verächtlich. „Oh, muss aber ein ganz besonderes Nichts gewesen sein, wenn du dabei so rot wirst“, schlussfolgerte dieser grinsend. „Spinner!“, meinte er nur als Antwort und stand auf. „Wir müssen dann zurück.“ Sirius sah ihn von unten her an. „Schon?“, fragte er mit großen Augen, wie ein kleiner Welpe, einfach süß und fast schon ein bisschen schmerzhaft, schließlich wurde die Sehnsucht nur noch größer. „Ja, die Hausaufgaben machen sich nicht von allein“, antwortete Remus und stapfte los. „Warte, ich komme mit.“ Der Schwarzhaarige sprang sofort auf und rannte ihm nach. „Oh man, Siri, kannst du deinen Schatz nicht mal eine Minute aus den Augen lassen?“, rief James ihnen lachend nach, in letzter Zeit warf er mit solchen Kommentaren ziemlich freigiebig um sich, ob er etwas ahnte? Obwohl, gab es da überhaupt etwas zu ahnen? „Klappe, Potter“, murrte Sirius nur und schloss dann zu Remus auf. „Hast du heute Nacht etwas vor?“, fragte der Schwarzhaarige, kaum das sie außer Hörweite waren. Remus sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Schlafen?“ Er verstand den Sinn der Frage nicht wirklich. „Gut.“ Sirius sprach mal wieder in Rätseln, doch das passierte in den letzten Tagen öfter, da war doch irgendwas im Busch. Es machte Remus noch zusätzlich traurig, wieso sprach er nicht offen mit ihm? „Hey, Remi!“ Zärtlich strich eine Hand über Remus Oberarm. Er murrte nur, war es etwa schon wieder morgen? War er nicht eben erst eingeschlafen? „Lass mich, noch fünf Minuten.“ Er schob die Hand bei Seite. „Aber dann verpasst du das Beste.“ Eine leise Stimme an seinem Ohr und ein warmer Atem der seine Wange streifte. Schlagartig war Remus hellwach und als er sich umwandte, stand wirklich Sirius neben seinem Bett und grinste ihn breit an. „Was soll das?“, fragte er seinen Freund schon ein wenig verwirrt. „Ich will dir was zeigen, es ist endlich fertig.“ Der Schwarzhaarige grinste nur und schnappte sich dann Remus Hand. „Komm mit!“ Er hatte gar keine Zeit zu protestieren und Sirius zog ihn einfach schnurstracks zu seinem Bett, Röte schoss ihm ins Gesicht. Was hatte der andere vor? Ja, er wünschte sich Nähe, aber gleich so schnell so viel? „Dann mal hereinspaziert“, grinste der Schwarzhaarige nur und hielt die Vorhänge zu seinem Bett auf. „Was soll das?“, fragte er erneut, heftige Röte im Gesicht. „Siehst du gleich“, gab sein Freund nur zur Antwort und zog ihn dann mit durch den roten Stoff, hinter dem sich zu Remus Erstaunen, aber nicht das Bett von Sirius befand, sondern ein richtig eingerichteter Raum. „Wann? Wie?“ Er war baff, alles war so eingerichtet, wie er es gerne mochte. Daher also in den letzten Tagen die unzähligen Fragen zu seinen Vorlieben. „Na ja, ich dachte mir, wir sollten auch mal Zeit für uns haben. Ist ein modifizierter Zeltzauber“, grinste der Schwarzhaarige, tja, die Begabung für Magie war ihm wirklich nicht abzusprechen. „Warum?“ „Warum?“ Sirius sah ihn beleidigt an. „Vielleicht weil wir, seit wir zusammen sind, noch überhaupt nicht richtig zusammen waren, als Paar meine ich.“ Remus stockte der Atem und er sah seinen Freund unsicher an. Er wollte doch nicht? Jetzt schon? Irgendwie war er darauf noch gar nicht vorbereitet, wo sie sich doch nicht einmal richtig geküsst hatten, aber was, wenn Sirius wirklich jetzt wollte? Aber? Ein leises Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. „An was denkst du denn grade, Remi? Du wirst noch röter im Gesicht als sonst.“ Der Schwarzhaarige sah ihn lächelnd an und zog ihn dann zu einem gemütlichen Sofa. „Also so weit müssen wir nun wirklich noch nicht gehen.“ „Woher?“ Konnte Sirius etwa seine Gedanken lesen? Remus war es peinlich, es war einfach komisch an so was zu denken und doch löste der Gedanke auch irgendwie ein erwartungsvolles Gefühl in ihm aus. Der Schwarzhaarige nahm auf dem Sofa Platz und zog ihn neben sich. „Dein Gesicht spricht Bände, man muss nur ein bisschen genauer hinschauen.“ Ein liebes Lächeln auf den Lippen, Remus Blick blieb an ihnen hängen. Würden sie sich jetzt wirklich küssen? Richtig? „Ich…“ Sirius legte ihm einen Zeigefinger auf den Mund. „Würde es dir etwas ausmachen, mir das in ein paar Minuten zu sagen? Es gibt da etwas, dass ich seit dem Tag, seit dem wir zusammen sind, tun wollte, aber nie waren die Zeit oder die Umstände passend, ich wollte dir die perfekte Umgebung dafür schaffen. Ist es mir gelungen?“, fragte der Schwarzhaarige und kurz nachdem Remus mit dem Kopf genickt hatte, ersetze seine Freund die Finger durch seine Lippen. Schwärme von Schmetterlingen stoben in Remus Bauch auseinander, dieses Gefühl war einfach unvergleichlich, zaghaft begann er den Kuss zu erwidern. Dieser Moment war einfach pures Glück, all die Schrecken und Ängste der letzten Monate, ja Jahre, fielen einfach von ihm ab, alles war einfach nur wunderschön. Ein bisschen außer Atem lösten sie den Kuss wieder und sahen einander lächelnd an. „Ich liebe dich, Remus!“ Wie oft hatte er sich in all dieser Zeit, diesen Satz gewünscht. Diesen Satz, von diesem Menschen! Und wie sehr hatte er sich in all der Zeit vor allem eines gewünscht. Diese eine Antwort geben zu können. „Ich liebe dich auch, Sirius.“ Ende Kapitel 14 Epilog: Epilog -------------- Epilog „Hallo, mein Name ist Sirius und wer bist du?“, fragte der schwarzhaarige Junge, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. „Remus“, antwortete er nur schüchtern, diese Reaktion auf ihn war er nicht gewohnt. „Dann sind wir ab jetzt Freunde, Remi.“ Allein der Blick aus den himmelblauen Augen verriet Remus, dass dieser andere Junge für ihn noch große Bedeutung erlangen sollte. Das Licht einer einzigen Kerze. Verloren in der Leere und Dämmerung des Raumes. „Ihr habt was getan?!“ Remus sah seine Freunde vorwurfsvoll an, wie hatten sie das nur tun können? „Jetzt reg dich nicht so auf, du tust ja grad so als wäre es was Schlimmes, Remi“, grinste Sirius, so typisch für ihn. „Es ist verboten!“, gab er nur zur Antwort, ein bisschen schnippisch, aber eigentlich schon nicht mehr wütend. „Na und, aber dafür bist du jetzt in den Vollmondnächten nicht mehr so einsam“, meinte sein bester Freund mit einem warmen Lächeln auf den Lippen und Remus konnte ihm einfach nicht mehr böse sein, obwohl sie verbotenerweise zu Animagi geworden waren, für ihn! Nacht vor dem verstaubten Fenster. Die ersten Sterne. Remus stand hinter der Biegung des Ganges und beobachtete wie Sirius gerade seine neue Freundin küsste. Er hatte sich versteckt, wollte nicht gesehen werden. Wieso wusste er nicht, aber in ihm verkrampfte sich alles. Sie sollten sich nicht küssen, sie sollten aufhören. Aber Warum? Dieses Mädchen… war ihm egal, er hatte sie bis vor kurzem nicht einmal bemerkt gehabt. Warum dann diese Gefühle, warum dann dieser Schmerz? Diese Angst? Ein erneuter Blick auf das Pärchen und ihm war es klar. Er war eifersüchtig. Auf das Mädchen. Sie nahm ihm Sirius weg, seinen Sirius. Remus erschrak, seit wann dachte er so über seinen besten Freund? Er war doch nicht etwa verliebt, verliebt in Sirius?! Der Mond, nur eine zaghafte Sichel am Himmel. Alles andere in tiefstem Dunkel, verhüllt von finstren Wolken. Ein bisschen außer Atem lösten sie den Kuss wieder und sahen einander lächelnd an. „Ich liebe dich, Remus!“ Wie oft hatte er sich in all dieser Zeit, diesen Satz gewünscht. Diesen Satz, von diesem Menschen! Und wie sehr hatte er sich in all der Zeit vor allem eines gewünscht. Diese eine Antwort geben zu können. „Ich liebe dich auch, Sirius.“ Die Sterne fanden ihren Weg. Licht, zaghaft und strahlend erhellte das Zimmer. „Nein, lasst ihn los!“ Remus versuchte die Auroren von Sirius zu trennen. „Er hat die Potters an den dunklen Lord verraten, er ist ein Verräter“, zischte einer von diesen nur und schüttelte ihn ab. „Nein, nein, dass ist nicht wahr!“, schrie Remus, dass durfte einfach nicht wahr sein. Tränen begannen über seine Wangen zu laufen, seine Sicht verschwamm, die Wirklichkeit wurde unscharf, alles war so unsinnig real. Die Auroren verschwanden mit Sirius aus dem Haus, aus ihrem Haus. Remus blieb allein zurück und sackte auf die Knie, sein Körper zitterte. Das durfte nicht wahr sein, dass konnte einfach nicht wahr sein. Erneut finstre Wolken vor den Sternen. Die Dunkelheit im Zimmer wurde tiefer. Erschrocken fuhr Remus herum als plötzlich Schritte auf dem Flur laut wurden, niemand außer ihm durfte hier sein, niemand. Langsam stand er vom Fensterbrett in seinem alten Kinderzimmer auf und ging zur Tür, die allerdings schon von außen aufgedrückt wurde. Waren die Auroren bei ihrer Suche nach Sirius schon bis hierher gekommen? Oder war es doch nur ein kleiner Dieb? Remus zog seinen Zauberstab, erstarrte aber gleich in der Bewegung als ihn plötzlich ein paar himmelblaue Augen fixierten. „Sirius?“, fragte er fast lautlos, ehe er dem anderen um den Hals fiel. Eine Lücke zwischen den Wolken. Ein zaghafter Lichtschein. Nur ein leichtes Wehen. Nicht weiter. Der merkwürdige Stoff, der im Innenraum des Toren hing, schien wie von einer leichten Frühlingsbrise erfasst worden zu sein. Kein Anzeichen dafür, dass eben ein Mensch hindurch gefallen war, einfach alles so wie immer. Genau wie der Kampf immer noch um ihn herum tobte. Und unter all dem Lärm, den Schmerzensschreien, den Flüchen, meinte Remus eine leise Stimme zu vernehmen, Sirius Stimme. „Ich liebe dich, Remi“, flüsterte sie ihm leise zu, ehe sie verstummte. Die Wolken verdichteten sich, das Sternenlicht verschwand, wie auch der Mond. Dunkelheit eroberte das Zimmer endgültig, als die kleine Kerze erlosch. Finsternis! Mit einem erstickten Schrei fuhr Remus hoch. Schon wieder dieser Traum, schon wieder! Er war wie so oft an seinem Schreibtisch eingeschlafen, immer noch wie im Traum gefangen wischte er sich über die Wangen. Tränen. Doch er hatte nichts anderes erwartet, diesem Traum folgten immer die Tränen, genau wie das tiefe Gefühl der Verzweiflung und der Leere. Mit einer knappen Handbewegung entzündete er eine Kerze, damit sie das Dunkel um ihn herum wenigstens ein bisschen erhellen konnte. „Du bist eben einfach nicht mehr da.“ Zärtlich griff er nach einem alten, abgenutzten Rahmen mit einem vergilbten Foto darin, das neben ihm auf dem Schreibtisch stand. Er zog das Bild ins Licht und man erkannte zwei junge Männer darauf, die sich fröhlich lachend umarmten, ehe der Schwarzhaarige von den beiden den kleineren Braunhaarigen unvermittelt auf den Mund küsste. Ein leichtes Lächeln huschte über seine Züge, doch verblasste, noch ehe man es als ein solches erkennen konnte. Erneut Tränen. „Warum musstest du sterben? Warum dann, als wir uns endlich wieder hatten? Warum, Sirius?“ Die Stimme nur ein ersticktes, wehmütiges Flüstern. Remus drückte das Bild an sich, es war alles so schrecklich. Die Dunkelheit war immer tiefer in ihn gekrochen, seit diesem verhängnisvollen Tag. Er hatte das Wertvollste verloren, was es für ihn auf dieser Welt gegeben hatte. Nicht einmal ein Grab hatte er, an dem er Sirius betrauern konnte. Ihm war nichts geblieben. Nichts, außer seinen Gefühlen und den Erinnerungen. Gefühle, die so stark waren, die ihn mit einer solchen Sehnsucht erfüllten, dass er es kaum noch aushielt. Erinnerungen, die ihn immer wieder eine Zeit vor Augen führten, die unwiederbringlich verloren war. Wie sollte er so nur weiterleben? Sollte er es überhaupt noch? Remus stand von seinem Schreibtisch auf, das Bild immer noch fest an sich gedrückt. Mit langsamen Schritten entfernte er sich, verschwand in der Dunkelheit, die die einzelne Kerze nicht mehr erleuchten konnte, dann öffnete er knarrend eines der Fenster. Traurig, hoffnungslos und von noch tieferer Dunkelheit als jemals zuvor erfüllt, starrte er hinaus, hinaus in eine Welt, die von ihrer Finsternis befreit worden war, nur seine war geblieben. Wie lange dauerte so ein Leben wohl? Ein Leben ohne Hoffnung. Ohne den geliebten Menschen. Zu lang! Eine scheinbare Ewigkeit und selbst dann gab es nichts, was ihn erwartete. Woher sollte er wissen, ob er Sirius jemals wieder sah? Sein Blick glitt zu den dunklen Wolken, die den Himmel bedeckten, das Licht der Sterne verhüllten. Blieb ihm wirklich nur dieser eine Weg? Weiter zu leben und das Einzige zu bewahren, was ihn noch auf der Welt hielt? Nur sie hielt ihn noch, sie wollte er nicht verlieren. Die Erinnerung. Die Erinnerung an Sirius und an ihre Liebe, doch war sie stark genug? War er stark genug? Und wofür eigentlich? „Ich liebe dich, Siri“, flüsterte er in den leichten Nachtwind, bevor das Glas des Bilderrahmens auf dem harten Holzfußboden zerbrach. ENDE! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)