2133 von Tyra-Leonar (The year of machine) ================================================================================ Kapitel 1: Erste Schritte ------------------------- Joeal ging wie jeden Morgen aus dem Haus und zur Schule. Auch Earl verschwand urplötzlich. Doch Sorgen machte sich Everose keine. Mit den Jahren hatte sie an Sanftmut gewonnen und sich ihre Hörner an ihrem Mann abgestoßen. Dieser war zwar nun schon lange verstorben aber trotzdem zeugte das ganze Haus davon, dass er einmal hier gewesen war. Bilder und Gegenstände von ihm, für ihn oder durch ihn erbaut waren überall im Haus verstreut. Doch was Everose nicht wusste war, dass Joeal bei der Maschina und Earl nicht einmal in der Nähe war. „Ach, nun komm schon. Lauf endlich!“ Wütend tritt Joeal gegen den Fuß der Maschina und schreit vor Schmerz auf. So ein Maschinafuß ist eben nicht aus Pappe. „Gibt es denn gar nichts, was dich zum gehen bewegt?“ Er erwartete keine Antwort aber interessieren würde es ihn schon. Seine Mutter wurde langsam ungeduldig, was bei ihr sehr selten vorkam, doch trotzdem musste sich Joeal langsam etwas Besseres einfallen lassen. Sonst würde diese Maschina direkt vor ihm bald nicht mehr sein. Er strich sich über seinen Streifen auf der rechten Wange und dachte an seinen Vater. Was wäre wenn er jetzt hier wäre? „Er würde bestimmt alles daran setzten dieses Ding wieder zum laufen zu bewegen! Vater, so hilf mir doch!“ Joeal schüttelte den Kopf. Auch sein Vater konnte ihm jetzt nicht helfen. Niemand konnte ihm helfen. Er war allein, und das wurde ihm jetzt erst richtig schmerzlich bewusst. Von Kummer geplagt erklomm er die Maschina bis zu ihrer rechten Schulter und setzte sich darauf nieder. Ein Blatt war durch eine undichte Stelle im Dach auf die Maschina gefallen und nun ergriff Joeal es. Er hielt es mit zwei Fingern fest und presste es sich auf den Mund. Dann fing er an eine sonderbare Melodie auf dem Blatt zu spielen und schloss die Augen. Dieses Lied hatte ihm sein Vater oft vorgespielt. Er hatte gesagt, dass er, Joeal, es spielen solle, sobald er den Mut verlor. Rrrrraaaaatttttteeeeerrrrr. Etwas bewegte sich unter Joeal. „Aaaaaahhhhhh“ Er konnte sich gerade noch festhalten als die Maschina begann sich in Bewegung zu setzten. Everose, vom Schrecken vollkommen erbleicht, kam angerannt um nachzusehen, woher dieses Geräusch stammte. Doch was sie dann sah, ließ sie ihn Ohnmacht fallen. Die Maschina, mitsamt Joeal im Gepäck, bewegte sich aus der Scheune heraus und auf die Wiese zu. Gleich dahinter war ein Fluss, der vollkommen weiß schimmerte. „Oh nein! Halt! Hey, halt! Nicht da rein!“ Es half nichts, die Maschina war zu laut, als dass sie ihn hören könnte. Joeal pfiff auf den Fingern, so laut wie er konnte. Die Maschina stoppte und neigte den Kopf zu ihm. „Puh, bin ich froh, dass du angehalten hast!“ Nichts geschah. Die Maschina starrte ihn nur an und er starrte zurück. Doch dann... schnippte die Maschina ihn mit ihren großen Fingern weg. Joeal konnte gegen diese Kraft nicht ankommen und wurde davon geschleudert. Doch hatte die Maschina nicht mal ein 1/100 ihrer Kraft gebraucht um ihn fort zujagen. Ihr Fehler, denn Joeal landete wieder einmal weich und spurtete zurück. Und wieder erklomm er die Maschina, wieder pfiff er. Doch die Maschina beachtete ihn nicht weiter. Der weiße Fluss kam immer näher und die Maschina wollte und wollte nicht aufhören zu laufen. Joeals Angst wurde immer größer. Was wäre wenn diese schöne Maschina in den Fluss ging? „Oh nein!“ Nur noch ein Schritt. Die Maschina hob den Fuß und.... fiel hinten um. Joeal hinterher. Wieder schrie er wie am Spieß und landete diesmal unsanft auf dem Gesicht der Maschina. „Uiuiui“ In Joeals Kopf drehte sich alles. Doch dieses Gefühl weichte schnell der Angst um die Maschina. „Hallo! Geht es dir gut? Bitte sei nicht kaputt!“ Ein Blick auf ein Knie der Maschina verriet ihm, dass das Kreuzgelenk schon wieder rausgesprungen war. Sein und der Maschina´s Glück. Die Welt begann sich wieder für Joeal zu drehen. Er wusste jetzt, dass seine Maschina nicht schrottreif war, sondern sehr gut funktionieren konnte. Leider wusste er immer noch nicht woher sie kam. Und vor allem, warum sie auf das Lied reagierte, dass sein Vater ihm beigebracht hatte. Joeal wusste nur eins: Sein Vater hatte ihm dieses Lied beigebracht, als er endlich einmal Urlaub gehabt hatte und nach Hause gekommen war. Sein Gesicht war ausgezehrt gewesen und seine Augen unendlich müde. Joeals Vater zeigte ihm, wie man auf Blättern musizierte und brachte ihm dieses Lied bei, auf das er auf ewig etwas hätte, was ihn an sich erinnern sollte. Joeal wusste damals nicht, was sein Vater meinte. Er dachte immer, er bleibt auf ewig an seiner Seite und beschützt ihn. Mit der Zeit wusste er es besser. „Er meinte, es erinnert ihn an seinen Sohn...“ Hä? Merchendise? Nichts als Stille. Es war Abend als Earl sich wieder entschied nach Hause zu kommen. Doch was er vorfand, hatte er ganz und gar nicht erwartet. Die Scheune leer, genau wie das Haus und hinten beim Fluss ein großes Feuer und etwas Großes und schwarzes am Boden liegend. Langsam ergab das alles einen Sinn für ihn und so ging er auf das Feuer zu. Dort traf er auf Everose, Joeal und auf die Maschina. „Was ist denn hier passiert?“ „Nun ja, die Maschina hat sich plötzlich bewegt und....“ Joeal erzählte Earl die Geschichte und auch Everose lauschte gebannt, denn sie war ja Ohnmächtig gewesen. „....tja und dann habe ich mich gefragt, was wohl passiert wenn diese Maschina in den Fluss geht....?“ „....dumme Frage, dumme Antwort! Das stark säurehaltige Wasser hätte sie sofort zerfressen.... ach und dich ebenso!“ fügte Earl mit einem schelmischen Grinsen hinzu. Joeal schluckte heftig und beugte sich schnell wieder über die Maschina. Sie war noch online und das wusste er. Sie wartete nur darauf, repariert zu werden. Was er bald tun würde. „....Keine Sorge..... Ich helfe dir....“ flüsterte er ihr noch zu bevor er Earl half, das Feuer zu löschen und nach Hause ging. Am nächsten Tag war Joeals Kopf leer.... so leer wie Vakuum. Aber ein Gedanke sauste ihm immer und immer wieder im Kopf herum. Die Maschina! Everose sah ein, dass Schule jetzt auch nichts brachte und schickte Earl und Joeal mit Essen und zu Trinken, zurück zur Maschina. Sie hätte es sich auch sparen können irgendetwas mitzugeben. Das einzige was sie brauchen würden, war Werkzeug. Nicht mehr und nicht weniger. „Warum gebe ich mir nur solche Mühe?“ sie seufzte als sie den beiden immer kleiner werdenden Rücken hinterher sah. „Vielleicht weil er dir so ähnlich sieht.... oder genau dein Wesen besitzt.“ Sagte sie anschließend zu sich selbst und ging wieder zurück ins Haus. „Schraubenschlüssel 24“ „Hier“ „Mutter 90“ „Hier“ „Schraubenschlüssel 56“ „Hier“ „Aus was besteht eigentlich der Fluss?“ „Hier.... äh der Fluss? Eine starke Säure... der Fluss fließt von den großen Fabriken quer durchs Land“ „Und wie kommt es, dass das Land nicht zerfressen wird?“ „Das liegt am Glas“ „Am Glas?“ „Ja. Das Flussbett wurde mit Glas ausgekleidet. Spezial-Glas versteht sich.“ „Ob die Maschina wirklich...?“ „Hm....“ Earl überlegte kurz „...kann schon sein, dass sie zerfressen wird. Wir probieren es nachher mit einem Stück von ihr aus.“ „Nein! Sag mal spinnst du? Dann hat sie ja eine Fehlstelle!“ „Na und, wir kleben halt was drüber. Jetzt stell dich nicht so an!“ Joeal gefiel der Gedanke gar nicht, seine Maschina zu verunstalten. Seine Sorge war ohne Grund, wie sich bald herausstellt. Earl schnitt ein Stück aus der Maschina. Missmutig sah Joeal zu und grummelte ständig vor sich hin. Mit dem Stück Metal ging Earl auf den Fluss zu. Vorsichtig legte er es in den Fluss. Und siehe da, nichts geschah. „Ähm?! Das ist jetzt aber merkwürdig“ „...“ Joeal sagte nichts sondern freute sich nur. Lautes Rauschen lenkte beider Aufmerksamkeit von dem Metallstück ab. „Oh oh“ Eine riesige Flutwelle strömte auf sie zu. „Hol es raus! Earl!! Hol es raus!“ Earl fischte vorsichtig das Metallstück aus dem Wasser und hielt es fest, während Joeal ihn zurückzog. „Puh. Das war knapp gewesen“ „Ja“ „Da muss jemand das Wasser aufgedreht haben. Was wohl los ist?“ „Ist mir doch egal!“ Joeal schnappte sich das Stück von der Maschina und legte es auf diese. Immer im Blick, war er beruhigt und ging wieder seiner Arbeit nach. Das Kniegelenk war kein Problem. Nur die Maschina wollte sich nicht mehr bewegen. „Komisch“ „Was hast du gestern gemacht, damit sie lief?“ „Ich? Nichts... außer....“ Joeal ging ein Licht auf. Er rannte zu einem umstehenden Baum und ergriff ein Blatt. Schnell rannte er wieder zurück und fing an zu spielen, sobald er wieder Atem hatte. Die Augen der Maschina leuchteten einmal kurz auf und schon saß diese aufrecht. Total überwältigt ließ Joeal das Blatt fallen. Die Maschina sah ihn an. So schien es zumindest. Die Maschina streckte die Hand nach Joeal aus. Doch sie ergriff nicht ihn, sondern das Metallstück, das neben ihn gefallen war, als sie sich aufgesetzt hatte. Die Maschina schaute es sich kurz an und wieder leuchteten einmal ihre Augen. Ohne hinzusehen was sie tat, legte sie sich das Metallstück auf einen Finger und drückte es sich auf die Stelle, wo es vorher gewesen war. Lange dünne Metallstreifen, die komisch wabberten, umschlossen es. Als die Maschina ihren Finger wieder wegnahm, war nichts mehr zu sehen. „Alles wieder heil?!“ „Boahaha. Schon cool diese Maschina“ ein breites Grinsen erscheint auf Earl´s Gesicht und er kann gar nicht mehr aufhören. „Ja, sie ist etwas Besonderes. Das wusste ich von Anfang an.“ „Ja, ja. Ich weiß: Ich hab´s dir doch gesagt, Earl!“ äffte Earl. Joeal hörte aber nicht zu. „Los, wir setzen uns rein. Mal sehen, was das Ding auf dem Kasten hat.“ „Das ist kein Ding! Das ist Merchendise!“ Joeal war empört. Wie konnte man etwas so schönes nur als Ding bezeichnen. „Merschen... was für´n Ding? Egal, los jetzt. Bevor sie wieder wegläuft.“ Earl legte seine Hände ineinander und verbreiterte seinen Stand. Joeal hingegen nahm Anlauf, setze einen Fuß auf Earl´s Hände und wurde in die Luft geworfen. „Das geht.... Es geht...“ Joeal und Earl waren außer sich. Alle Funktionen waren vollkommen in Takt. Diese Maschina besaß ein außerordentliches Reparaturprogramm. „Boah ist das geil, ich kann es noch immer nicht fassen. Sag mir bitte nicht, dass ich Träume, Joeal!“ „Nie im Leben möchte ich uns aus diesem Traum wecken, niemals.“ Ein gelber Knopf leuchtete über Joeal auf. „Biete ziel diesmal richtig, sonst bringt uns deine Mutter um.“ „Is gebongt.“ Joeal streckte den Daumen in die Höhe, sodass Earl ihn sehen konnte, ohne sich umzudrehen. Er legte die Hände anschließend in einander und ließ sie knacken. Earl setzte sich etwas Merkwürdiges auf den Kopf, welches einer Brille mit angebauten Kopfhörern glich. „So, etwas leichtes zum Aufwärmen... Sekunde... ich hab da was.“ „Was denn?“ Die Brille erhellte sich und Earl´s Augen waren zu sehen. „Schau mal da... unter dem Sitz...“ Joeal musste sich weit hinunter beugen um ein Pedal zu ertasten. „Such nach einem Schalter. Die müssen bestimmt hoch.“ „Was wenn ich dich dadurch einquetsche?“ „Keine Sorge, das wird schon.“ Ermunterte Earl Joeal. „Ein Hebel, ein Hebel... aber welcher?“ fiebrig schaute der Junge sich um. „Joeal...“ Eine Stimme erhallte in seinem Kopf. Joeals Pupillen verschwanden und sein Geist ließ eine leblose Hülle zurück. „Joeal...“ Ein helles Licht holte ihn aus der Dunkelheit, die ihn vollends umschloss. Er schwebte, einfach so. „Joeal... hab keine Angst...“ Eine sanfte und ruhige Stimme sprach auf ihn ein. „Mer... Merchendise?“ „Ja... du kennst meinen alten Namen... ich werde dir dienen... solange du es wünschts...“ Joeal öffnete den Mund um etwas zu erwidern doch die Frau, die nun erschienen war, legte einen schmalen, weißen Finger auf seine Lippen. Ihre Haare waren von einem tiefen lila und schimmerten geheimnisvoll. Joeal wusste nicht was er zuerst betrachten sollte, die Haare, die so tief zu sein schienen, wie die Unendlichkeit selbst, oder diese türkisenen Augen, die ihn beruhigend anschauten. Ihre ohrlangen Haare wurden immer länger und umschlossen ihn schließlich ganz. „Ich werde dir dienen...“ wiederholte sie nur ruhig. Joeal wollte etwas sagen und versuchte ihre Hand zu packen, doch da waren nur Haare. Als er etwas erwischte und daran zog musste er enttäuscht feststellen, dass es nur eine dicke Haarsträne war. Alles um ihn herum wurde hell. Die dunklen Haare wurden Türkis und dann heller als das Licht. Joeal erwachte im Cockpit als er heftig an den Schultern geschüttelt wurde. „Hey! Joeal! Wach auf! Was ist denn mit dir? Joeal!“ Ein harter Schlag traf Joeal mitten im Gesicht und brachte ihn vollends zurück. Earl versuchte in sein Gesicht zu sehen, doch Joeal hielt den Kopf gesenkt. Der Mann hätte sich sowieso sehr bemühen müssen um ihn vom hinteren Sitz aus ins Gesicht zu sehen. „Der Schalter... da ist er...“ Joeal strich mit der Hand unter sein Ohr. Ein zischendes Geräusch kündigte eine Veränderung an. Luft strömte aus verschiedenen Öffnungen und Joeals Sitz fuhr nach unten. „Geh raus Earl!“ „Was?“ „Geh raus, sofort!!“ Joeal hatte sich umgedreht und schaute Earl wütend an. „Mach schon, sonst stirbst du!“ „Wa...Was?“ Earl verstand nicht. Direkt hinter ihm öffnete sich eine Luke, doch sie schien von braun-goldenes Wasser versperrt zu sein, welches nur leicht wabberte. Joeal warf Earl in hohem Bogen hinaus. Gerade rechtzeitig, denn Blitze durchzuckten die Flüssigkeit und tasteten Joeals Körper ab. „Joeal Sulian... mit Zusatz: Junior. Akzeptiert.“ Joeal versteifte sich, die Blitze suchten nach mehr als nur Haut und Knochen. „Keine Implantate... Akzeptiert...“ Joeal warf den Kopf in den Nacken und schrie vor Schmerz auf. „Blutgruppe..... undefiniert.... ich prüfe noch einmal.... Blutgruppe....“ lange ertönte keine mechanische Stimme. Nur Joeal zerriss die Leere. „.... un... definiert.... akzeptiert...“ Die Blitze erloschen und Joeal sank zusammen. Sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Er versuchte zu schlucken, doch sein Mund war noch trockener als die Wüste. Er hielt seine Hand hoch um sie zu betrachten. Etwas Langes und Dünnes schimmerte. Er öffnete leicht die Hand und betrachtete die lilane Strähne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)