Games we play von Idris (Tezuka + Fuji) ================================================================================ Kapitel 1: # 1 Lachen verboten ------------------------------ Pairing: Tezuka + Fuji (Hints auf Oishi + Eiji - aber im Moment auch nicht mehr als die Serie ohnhin enthält, ich schwöre es!) Challenge: Lachen verboten! Warnungen für diesen Teil: personeller Erzähler, was echt nicht mein Fall ist, gnadenloses Fuji-worhipping, OOCness (?) viel Dialog, humor, Freude an Sadismus oO Musik beim schreiben: Robbie Williams: "Come Undone" Anmerkungen: Ich hasse normalerweise Fangirlie-japanisch in meinen Fics, aber in dem Fall konnte ich manche Sachen schlecht weglassen. ^^* Kurze Erläuterung einzelner Ausdrücke: - "Mada mada dane" - unübersetzbarer Standardsatz von Ryoma Echizen (Bedeutet so etwas wie "Nein, noch nicht" oder "Noch nicht jetzt", aber er er verwendet ihn auch ihn allen möglichen anderen Situationen) - "Fshhhuu!" = Kaidohs Standardgeräusch, klingt wie ein Zischen oO - "Baka Mamushi" = "blöde Viper" --> Momoshiros Spitzname für Kaidoh - "Hoi", "Nyaa" = Typische Eiji-Laute, die er an die meisten seiner Sätze hängt. "Nya" ist ungefähr mit "Miau" zu übersetzen. ^^ - "-senpai" - Anrede an einen älteren Schüler # Lachen Verboten "Fotos." Tezuka sprach das Wort aus, als sei es etwas Regelwidriges, Illegales und furchtbar Anstößiges. In seinen Augen war es das auch. Zumindest in diesem Moment. Zumindest, wenn man den Fragesteller berücksichtigte, der ihm grade in Tenniskleidung gegenüber stand und verdächtig brav nickte. Aber Fuji sah immer brav aus. Und das bedeutete nichts als Ärger. "Für die ... Schülerzeitung", verdeutliche Tezuka. "Ja." Wenn möglich wurde Fujis Lächeln noch ein wenig breiter. Die Sonne schien auf ihn herab und brachte seine mahagonifarbenen Haare zum Leuchten. Verlieh ihm etwas sehr fragiles. Unschuldiges. Durch und durch Harmloses. Tezuka spürte, wie seine Augen schmal wurden, während er auf ihn hinabblickte. Fragil, harmlos und vor allem unschuldig waren Begriffe, die einfach nicht in einen direkten Zusammenhang mit Fuji Syusuke gehörten. "Wir kommen in die Schülerzeitung, nyaaa! Wir werden berühmt!" Die eine Hälfte von Seigakus goldenem Paar, namentlich Eiji Kikumaru, war grade dabei ekstatisch um ihn herum zu hüpfen - ein Verhalten welches Tezuka unter normalen Umständen höchst tadelnswert gefunden hätte. In diesem Augenblick jedoch würdigte er ihn keines Blickes, sondern hielt eisern dem entwaffnenden Lächeln stand, welches unablässig auf ihn abgefeuert wurde. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Tezuka diesem Ersuchen zustimmt, liegt tatsächlich bei 68 %", mischte sich eine weitere Stimme ein. "Möglicherweise sogar 73 %, wenn der Thunfisch auf seinem Sandwich von ansprechender Qualität war und er dementsprechender guter Stimmung ..." Tezuka spürte, wie sein linkes Augelid begann zu zucken. "Wer sagt überhaupt, dass DU auf die Titelseite kommst? Baka Mamushi!" schallte Momoshiros aufgebrachte Stimme zu ihnen herüber, direkt gefolgt von einem wütenden Zischen. "Sei still! Fshhuu!" "Hey, Echizen - wir beide können uns das Titelbild teilen! Was hältst du davon?" "Mada mada dane." "Nya, Oishi!" Endlich hatte Eiji beschlossen mit dem Hüpfen aufzuhören und seine volle Aufmerksamkeit wieder seinem Partner zu widmen, der das sicher viel eher zu würdigen wusste, als sein Kapitän. "Dein Fanclub wird jeden Preis für diese Sonderausgabe zahlen! Meinst du, wir kriegen etwas von dem Gewinn ab?" "Eiji! Davon kann doch keine Rede ..." "Hoi! Denkst du, sie werden mich aus den Bildern herausschneiden, damit sie Oishi-kun für sich alleine haben? Nyaaa, ich will nicht, dass sie mich von dir wegschneiden!" Prompt hatte Seigakus Vizekapitän seinen verzweifelten Partner in den Armen, der sich lauthals jammernd an ihn klammerte ... und Tezuka platzte der Kragen. "20 Runden! Alle!" "Ja!" ertönte es folgsam und sofort begannen hastige Schritte sich in alle Richtungen zu zerstreuen. Er widerstand der Versuchung, sich die schmerzenden Schläfen zu massieren. Es war immer wieder erstaunlich wie Fuji das anstellte. Ein Wort, ein Blick, ein bestimmtes Lächeln - und alles ging wie auf Kommando im Chaos unter. "Du nicht", befahl er, vielleicht ein wenig schärfer als beabsichtigt. Folgsam blieb Seigakus Nr. 2 stehen und drehte sich wieder zu ihm um, das Lächeln vollkommen ungerührt auf seinem festen Platz. "Wieso?" Tezuka verschränkte abwartend die Arme. "Du bist nicht einmal in der Schülerzeitung." Fuji öffnete die Augen und tangierte ihn einen Moment. Man sah ihm an, dass er in Versuchung war, sich dumm zu stellen. Aber er tat es nicht. "Ich schreibe nicht, aber ich habe schon oft Fotos für sie gemacht. In diesem Fall war es einfach besonders naheliegend, mich darum zu bitten." Lächelnd legte er den Kopf schief. "Ryuzaki-sensei ist damit einverstanden. Sie überlässt dir die Entscheidung", fügte er hilfreich hinzu. "Wie lange?" "Nur einen Nachmittag", kam die folgsame Antwort. "Wann?" "Morgen. Natürlich nur, wenn es dir Recht ist." Tezuka blickte ihn einen Moment lang scharf an. "Wenn das Training dadurch gestört wird, werde ich das sofort unterbinden." Das breite Lächeln, was ihm entgegenstrahlte, zeigte nur allzu deutlich, dass Fuji nie eine andere Antwort erwartete hatte, und ohne es zu wollen, kam Tezuka sich mit einem Mal schrecklich manipuliert und überfahren vor. Oh, wie er das hasste. "Danke, Tezuka." "Hn." "Wie viele Runden soll ich laufen?" erkundigte Fuji sich folgsam, während er seine Tennisjacke auszog und sie mit einer eleganten Handbewegung auf die Bank neben sich warf. ,Hundert', war die Antwort, welche Tezuka auf der Zunge lag und er war sich sicher, dass Fuji das genau wusste. Aber er mochte vieles sein - ungerecht war er nicht. Und Fuji hatte soweit nichts getan, was diese Strafe gerechtfertigt hätte. Zumindest nichts, was man ihm hätte nachweisen können ... "Lauf einfach mit den anderen zu Ende", befahl er schließlich seufzend. Die irritierend blauen Augen wurden sekundenlang geöffnet und direkt auf ihn gerichtet. Dann verschwanden sie wieder, als ein besonders strahlendes Lächeln sich auf seinem Gesicht ausbreitete. "Aah, Tezuka ist zu nett." Mit diesen sonnigen Worten verschwand Seigakus jugendliches Tennisgenie und reihte sich mühelos in die Reihen seiner Teamkameraden ein. Tezuka dagegen verdankte es nur seiner überdurchschnittlichen Disziplin, dass ihm nicht einmal mehr in Fujis Gegenwart die Gesichtszüge entgleisten. Mit kritisch gerunzelter Stirn folgte sein Blick geistesabwesend den schlanken Fesseln in den weißen Turnschuhen, welche mühelos zu Eiji aufgeholt hatten und jetzt ohne erkennbare Anstrengung neben diesem herliefen. Vielleicht wären hundert Runden doch angebrachter gewesen ... Es war ja nicht so, als ob er Fuji nicht leiden konnte. Dieser zählte, neben Oishi, tatsächlich zu seinen engsten Freunden ... sofern Tezuka irgendjemanden zu seinen Freunden zählte. Aber Fuji war ... Fuji. Und genau da lag das ganze Problem. "Du hast ,ja' gesagt, nicht wahr?" Er nickte unwillig und ohne sich dabei zu Inui umzudrehen, der dabei war eifrig etwas in sein Notizbuch zu kritzeln. "Interessant", ertönte es vorhersehbar nach weniger als einer halben Minute - und obwohl er nicht einmal gefragt hatte, wurde auch prompt eine nähere Erläuterung hinzugefügt. "Die Wahrscheinlichkeit, dass du bei etwas zustimmst, liegt um 23 % höher, wenn es Fuji ist, der dich darum bittet." Mit einem zufriedenen Geräusch klappte Inui das Notizbuch zu. Er zog es vor, nicht darauf zu antworten. Das Morgentraining am nächsten Tag lief trotz aller Vorahnungen absolut reibungslos und Tezuka musste nicht einziges Mal jemanden Runden laufen lassen. Er hatte ein scharfes Auge auf die größten Unruhestifter, namentlich Momoshiro, Kikumaru und natürlich Fuji, aber alle drei verhielten sich brav wie die Lämmer. Bei den ersten beiden war das vermutlich nur auf die übliche frühmorgendliche Müdigkeit zurückzuführen - Oishi musste seinem, sich im Halbschlaf befindlichen Partner den Schläger praktisch mit Klebeband an der Hand befestigen und ihn vor das Netz schleifen ... und bei letzterem war es schlichtweg verdächtig. Aber so sehr er ihn auch im Auge behielt, Fuji tat den ganzen Morgen über nichts anderes, als brav und vollkommen einwandfrei seine Bälle zu schlagen. Hin und wieder warf er ein besonders strahlendes Lächeln in Tezukas Richtung, welches in keinster Weise dazu beitrug, dessen Misstrauen abzuschwächen. Es war also nicht weiter verwunderlich, dass Tezuka mit einer Aura von rigider Entschlossenheit zu dem verhängnisvollen Nachmittagstraining ging und innerlich auf das Schlimmste gewappnet war. Er war wie immer zu früh und die Umkleidekabine war noch leer. Nur Oishi war noch früher da gewesen als er, und befand sich schon draußen auf dem Platz, wo er die Erstsemester beaufsichtigte, die dabei waren, die Netze aufzuspannen. Tezuka stellte seine Sporttasche auf den Boden und zog die Jacke seiner Schuluniform aus. Er stand vor seinem Fach und war grade dabei, das weiße Hemd über die Schultern zu streifen, als es plötzlich ,Klick' machte. Klick? Klick ... war nicht gut. Mitten in der Bewegung hielt er inne. Er spürte, wie das altbekannte Kribbeln sich in seinem Nacken ausbreitete und drehte sich mit schmalen Augen um. "Fuji ..." "Ah, alles bestens." Der Angesprochene betrachtete erfreut den Fotoapparat in seinen Händen, ein kleines, handliches Modell. "Ich habe sie schon eine Weile nicht mehr benutzt und war nicht sicher, ob noch alles in Ordnung ist." Mit steifen Bewegungen zog Tezuka das Hemd ganz aus und faltete es ordentlich zusammen, bevor er es in sein Fach schob. Er war nicht sicher, wie er es finden sollte, dass Fuji jetzt ein Bild davon besaß, wie er sich auszog. "Mach dir keine Sorgen - das kommt nicht in die Schülerzeitung", antwortete Fuji, als hätte er seine Gedanken gelesen. Sein beinah belustigter Unterton hatte absolut nichts Beruhigendes an sich. Ungerührt kam er näher, ließ sich unter dem strengen Blick seines Kapitäns auf der kleinen Bank nieder und überkreuzte nachlässig die Knöchel. Er war bereits umgezogen und seine schlanken Beine steckten in Turnschuhen und kurzen Hosen. Seine Augen waren sehr blau und Tezuka ertappte sich dabei, ihn noch irritierender zu finden als sonst, wenn er einen so forschend ansah. "Du bist früh", stellte er fest. Übersetzung: ,Was zum Teufel machst du hier?' "Ich habe auf dich gewartet." Tezukas Augenbraue schnellte nach oben. Die Linke. Es war immer die Linke, wenn Fuji in der Nähe war. Er war in Versuchung, sie nach ihm zu benennen, nachdem es keinen anderen Körperteil an ihm gab, der noch empfindlicher auf diesen Jungen reagierte. Auf ihn gewartet? Das war unerwartet direkt von jemandem, der 99 % der Zeit um den heißen Brei herumredete und sich auf doppeldeutige Andeutungen verließ. Abwartend sah er ihn an. Fuji hatte das Kinn auf eine Handfläche gestützt und lächelte zu ihm hoch. "Um dir das erste Photo zu widmen." "Das du nicht verwenden kannst." Seine Stimme hatte einen warnenden Unterton. Die blauen Augen wanderten hoch zu dem kleinen Fenster, durch das warmes Sonnenlicht in den kleinen Raum strömte. "Ich warte noch auf etwas ...", sagte Fuji mit der vagen, verträumten Qualität in der Stimme, die er meistens hatte, wenn er kurz davor war, etwas Illegales, Unmoralisches zu tun. Die Weltherrschaft an sich zu reißen, oder was er in seiner Freizeit sonst so trieb. Unerwartet direkt hatte sich also schon erledigt. "Lösch es", verlangte Tezuka, während er das T-Shirt in den blau-weißen Mannschaftsfarben überstreifte und begann seine Hose zu öffnen. Es war vermutlich kleinlich, aber irgendetwas an diesem Bild - in Fujis Händen! - wurmte ihn. "Weißt du, ich habe nachgedacht ..." Fuji hatte eine unnachahmliche Art an sich, direkte Befehle zu übergehen, indem er sie als nicht-existent behandelte. Seine Finger spielten geschickt mit den Einstellungen der Kamera herum, sehr professionell und ohne auch nur hinzusehen. "Vielleicht hätten einige persönlichere Bilder einen viel größeren Charme, als die üblichen Mannschaftsporträtphotos." Persönlich. Er mochte nicht, wie das klang. Ganz und gar nicht. Fuji hob den Kopf und lächelte breit. In Tezukas Augen sah es absolut kriminell aus. "Was heißt das genau?" fragte er. Fuji macht eine abwinkende Handbewegung. "Überlass das ruhig mir." Tezuka konnte nicht sagen, dass er diese Antwort besonders beruhigend fand. Er hatte nur das dumpfe Gefühl, dass diese Trainingseinheit sehr ... sehr ... seeeehr lang werden würde. Er spürte Fujis Blick auf sich, während er sich umzog und stellte wie beiläufig fest, dass er sich schon in angenehmeren Situationen befunden hatte. Fuji hatte eine eigene Art jemanden anzusehen, die so vollkommen offen und interessiert war, dass man sie nicht einmal als voyeuristisch bezeichnen konnte. ,Natürliches Interesse an meinen Mitmenschen' hätte er es vermutlich genannt, hätte man ihn direkt darauf angesprochen. Tatsächlich war Tezuka ziemlich sicher, ihn das schon einmal in exakt diesem Wortlaut sagen gehört zu haben. Weitgehend fertig, drehte er sich zu ihm und warf ihm einen scharfen Blick zu, während er nach seiner Sportjacke griff. Fuji lächelte bloß. Gut, das war nicht wirklich neu. Aber das hier war ein selten aufrichtiges Lächeln und Tezuka spürte, wie seine streng gerunzelte Stirn sich beinah gegen seinen Willen wieder glättete. Er war in der ganzen Zeit, in der er Fuji schon kannte, zu einem ziemlich guten Interpreten aller seiner Lächeln geworden ... vermutlich hätte er inzwischen ein Buch darüber schreiben können. Da gab es einmal das abwesende, verträumte Lächeln, das meistens bedeutete, dass Fuji sich langweilte und mit den Gedanken längst wo anders war - besonders gut beobachtbar während dem Unterricht oder bei besonders langweiligen Partien Tennis. Dann gab es das Lächeln im Alltag, was einfach immer irgendwie da war und was Tezuka nicht mochte, weil es den zierlichen Jungen ungefähr so unleserlich machte, wie ägyptische Hieroglyphen. Nicht zu vergessen das besonders höfliche, besonders strahlende Lächeln, dass einen mit einer Wucht zurückschleuderte, die sonst nur Düsenflugzeuge aufbrachten und genauso deutlich sagte ,Komm ja nicht näher!' Und zu guter letzt das echt Furcht einflößende Lächeln, bei dem die Erstsemester sich regelmäßig zusammenkauerten und begannen sich hinter ,Momochan-senpei' zu verstecken - wenn Fuji gefallen daran gefunden hatte, jemanden zu Staub zu zerbröseln. Aber in diesem Augenblick sah Fuji einfach entspannt aus, so wie er die Beine ausgestreckte hatte und den Kopf zurückgelehnt, und Tezuka beim Umziehen zusah. Er ertappte sich dabei, wie er sich langsam ebenfalls entspannte. Dieser ruhige, verträumte Fuji war etwas, mit dem er leben konnte. Wie eine Katze, die ihre Krallen für den Moment eingefahren hatte. Mitten in diesem Moment öffnete sich die Tür zur Umkleidekabine und drei kleine Erstsemester spazierten lauthals schnatternd hinein. Als sie Tezuka sahen, blieben sie so ruckartig stehen, als seien sie gegen eine Wand gelaufen und starrten ihn aus weit aufgerissenen Augen an. "K-Kapitän! Entschuldigung! Wir wollten nicht ... wir haben nicht ... wir dachten ...wir kommen später wieder ...!!" Unter unzähligen Verbeugungen und mit nackter Panik in den Gesichtern, stolperten sie rückwärts wieder nach draußen. Tezuka sah ihnen nach und schob mit erhobenen Augenbrauen den Reisverschluss seiner Sportjacke nach oben. Fujis Lächeln bekam eine amüsierte Note. Er löste seine gekreuzten Beine und lockerte sie ein wenig, bevor er aufstand. "Deine natürliche Autorität ist wirklich beeindruckend, Kapitän", bemerkte er, und Tezuka fragte sich nicht zum ersten Mal in seinem Leben, wieso diese Bezeichnung von jedem anderen so respektvoll klang, und von Fuji kommend so ... neckend. "Solltest du dich nicht aufwärmen?" fragte er, in Ermangelung etwas besseren. Es war nicht grade seine liebste Freizeitbeschäftigung kleine Kinder zu verschrecken, aber sich von Fuji aufziehen zu lassen, gehörte noch weniger dazu. "Wieso?" Es klang interessiert. "Wirst du mich heute so hart ran nehmen?" Seine Finger schafften es grade noch seine Sporttasche festzuhalten, die auf dem besten Wege gewesen war, ihm aus den Händen zu gleiten. Es waren Augenblicke wie dieser, in denen Tezuka froh und dankbar war für die jahrelange Übung zur Kontrolle seiner Gesichtsmuskeln. Zumindest war er sicher, dass er alles perfekt unter Kontrolle gehabt hatte. "Was wird das?" fragte er scharf. Fuji hatte die Kamera gezückt und abwartend auf ihn gerichtet, den Finger dicht über dem Auslöser. Langsam ließ er sie wieder sinken, ein Ausdruck von Konzentration auf dem Gesicht. "Ich warte auf ein Lächeln", erklärte er, als sei das die normalste Sache der Welt. "Schade, hat nicht geklappt." "Fuji ..." Es war einer der Tonfälle, die Tezuka nur sehr selten benutzte. Aber er wirkte. Immer. Und bei jedem. "Ich bin praktisch schon weg." Fuji verstaute die Kamera in seiner Sporttasche und schlang diese über seine Schulter. Das Original Fuji-Lächeln war wieder fest an seinem Platz. "Wie viele Runden?" "Zehn", hörte Tezuka sich praktisch gegen seinen Willen selbst sagen. Einfach weil es schon so fertig auf der Zunge lag und nur darauf wartete, ausgesprochen zu werden ... und er mochte dieses Lächeln kein bisschen. Wäre es nach ihm gegangen, hätten sich sämtliche regulären Spieler einmal kurz in eine Reihe gestellt, Fuji hätte ein paar Bilder gemacht und die ganze Sache wäre sprichwörtlich im Kasten gewesen. Aber nein - Fuji wollte persönliche Bilder. Emotionale, hautnahe, direkt aus dem Leben gegriffene und was noch alles-Bilder, die er natürlich nur erzielen konnte, wenn er während dem Training quer über den Platz lief und alle vom Spielen abhielt. Am liebsten hätte er ihn an die Leine genommen (lag das an ihm, oder war einfach alles an dieser Vorstellung absolut ... falsch?), aber das war schlecht möglich, nachdem es schließlich noch andere Spieler gab, die seine Aufmerksamkeit verdienten. Ein verirrter Ball kullerte in sein Blickfeld und lenkte ihn sekundenlang von diesen hochgradig verstörenden Gedanken ab. Irritiert runzelte Tezuka die Stirn und blickte auf. Aus unerfindlichen Gründen verschlugen Momoshiro und Kaidoh ein Spielfeld weiter grade sämtliche Bälle. Sogar Echizen machte einen etwas unfokussierten Eindruck - war das grade ein Aus? - was höchst ungewöhnlich für den Kleinen war. Augenblick! Seine Augen weiteten sich unmerklich. Das war genau die drei, die Fuji bisher schon in seinen Klauen gehabt hatte ... Oh, er hatte es geahnt. Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Sofort landeten die zu Schlitzen geformten Augen auf dem mahagonifarbenen Haarschopf, der nur einige Meter von ihm entfernt grade mit Eiji und Oishi redete. Irgendetwas stellte Fuji mit seinem Team an ... nur damit er seine ,persönlichen' Bilder bekam! Oh nein, mein Lieber ... das hast du dir so gedacht! Er musste herausfinden was und dem dann sofort ein Ende bereiten. Oder nein - er bereitete dem besser gleich ein Ende, ohne es näher zu wissen. Manchmal war man besser dran, wenn man Fujis Methoden nicht genau kannte. Zielstrebig und mit einem entschlossenen Ausdruck in den Augen ging er auf die drei zu. Rechts und links wichen ihm hastig ein paar der jüngeren Spieler aus, die aus Versehen seinen Weg gekreuzt hatten, und ein paar fehlgeschlagene Bälle machten einen hastigen Bogen um ihn herum. "... das goldene Paar natürlich zusammen auf einem Bild", hörte er Fuji grade sagen, mit einem Lächeln, das so unschuldig war, dass es beinah surreal wirkte. Abrupt blieb Tezuka stehen und sah der ganzen Szene aus sicherer Entfernung zu. Eiji und Oishi, die locker nebeneinander standen, jeder einen Schläger in der Hand, sahen stolz und verlegen zugleich aus. Zumindest so lange, bis Fuji die Kamera hob und anvisierte. "Golden", sinnierte er, "das erinnert mich an die goldene Hochzeit meiner Großeltern. Habt ihr auch vor, so lange zusammen zu bleiben?" "Was?" "Waaas?!" Klick. "Nya, Fuji! Wieso sagst du das? Wir sind nicht ..." Eiji angelte nach seinem Schläger, der mit einem lauten Scheppern auf dem Boden gelandet war. "Das ... äh ... klingt in diesem Zusammenhang etwas missverständlich ..." Oishi räusperte sich heftig und sah überraschend nervös aus. Sein Schläger hing etwas schief auf Halbmast. Klick. "Oh, Entschuldigung." Es klang kein bisschen entschuldigend. "Ihr habt doch nicht vor, euch zu trennen, oder?" "Nyaaaa...!! Nya, Fuji!!" Eiji wedelte hektisch mit den Armen. "Fuji!" Ihre Schläger stießen mit einem metallischen Geräusch zusammen und verhedderten sich. Klick. "Als Paar meine ich", fügte Fuji freundlich hinzu. Seine Finger drehten hastig ein paar Rädchen an der Kamera. "Nein, wir bleiben ..." setzte Eiji in dem Moment an, in dem Oishi sagt: "Nein, wir waren nie ..." "Oishiiii ...!!" "Eiji ..." Klick. "Ihr werdet keine Doppel mehr zusammen spielen? Ihr macht mich traurig." "Nyaa, Oishi ..." Den Tränen nahe klammerte sich der hysterische Rotschopf an seinen Doppelpartner und begann ihn zu schütteln. "Was sagst du da? Du willst doch weiter mit mir spielen, oder? Oder?" "Natürlich, Eiji! Ich meinte doch ..." Der Ausdruck purer Verlegenheit wich aus Oishis Gesicht und seine Züge wurden unwillkürlich weicher. "Denk so was nicht. Wenn es nach mir geht, können wir so lange zusammen Doppel spielen, wie ich einen Schläger halten kann." Er hob eine Hand und fuhr Eiji kurz und liebevoll über den roten, zerzausten Haarschopf. Klick. Klick. Tezuka hatte das mehr als unangenehme Gefühl, Zeuge einer urplötzlich sehr intimen Szene zu werden und hätte sich am liebsten dezent abgewendet. Fuji dagegen schien den halben Film zu verknipsen. "Nyaa ... Oishi ..." Eiji sah milde getröstet aus und auf Oishis Gesicht breitete sich ein erleichtertes Lächeln aus. Klick. "Vielen Dank." Mit einem strahlenden Lächeln ließ Fuji die Kamera sinken. "Ich denke, ich habe euch sehr lebensnah eingefangen." Die beiden zuckten zusammen, als hätte man sie grade bei etwas Verbotenem erwischt. Oishi räusperte sich verlegen und Eiji löste mit hochroten Wangen die Hände von seinem Arm. "K-kein Problem ..." Unwillkürlich traten sie auseinander und brachten beinah synchron einen Schritt Sicherheitsabstand zwischen sich. "Immer wieder gerne, Fuji ...", rang Oishi sich ab. "Wenn es dir irgendwie weiterhilft ..." So war Oishi. Stets hilfsbereit und aufopferungsvoll. Zwei von vielen Eigenschaften, wegen denen Tezuka seinen Vize so sehr schätzte. Umso weniger schätzte er es, wenn Fuji den armen Jungen so durcheinander brachte. Nur für ... für seine persönlichen Fotos! Mit einem deutlichen Ausdruck von Missfallen blickte er Seigakus goldenem Paar hinterher, die über den Platz taumelten, als hätten sie in ihrem Leben noch nie einen Tennisball gesehen oder einen Schläger gehalten. Die dauerhaften seelischen Schäden von Fujis Photosession auf sein gesamtes Team wollte er sich nicht einmal vorstellen. "Fuji ..." "Ah." Mit einem sonnigen Gesichtsausdruck wandte der Angesprochene sich zu ihm um. "Tezuka. Habe ich dich vernachlässigt?" Tezuka blinzelte, sekundenlang überrascht, und räusperte sich. "... ich kam sehr gut zurecht, vielen Dank", erwiderte er in einem seltenen Anflug von trockenem Humor. "Oh, warte! Bleib so!" Fuji hatte die Kamera angehoben und anvisiert, aber keine Sekunden später ließ er sie wieder sinken. "Schade, sie ist weg." "Was?" "Der seltene Ausdruck einer Emotion auf deinem Gesicht." "Ah ..." Da war eine deutliche Warnung in seinem Blick, es nicht zu weit zu treiben - aber Fuji bemerkte sie entweder nicht oder zog es vor sie zu ignorieren. Letzteres kam ihm irgendwie wahrscheinlicher vor. Dabei war Fuji eigentlich niemals respektlos. Zumindest ... nicht direkt. Er hatte lediglich eine Art an sich, ein wenig über allem zu schweben, und einem das Gefühl zu vermitteln, sich in keinster Weise an irgendwelche lächerlichen, menschlichen Vorschriften und Gesetze halten zu müssen. Fuji war Fuji, und er spielte ganz und gar nach seinen eigenen Regeln. "... wollen wir es hier tun?" Tezuka, der lediglich die zweite Hälfte des Satzes mitbekommen hatte, blickte ihn scharf an. "Verzeihung, wie war das?" "Das Licht ist grade perfekt - wollen wir es gleich machen? Das Bild?" Unschuldig hielt Fuji die Kamera hoch. Widerwillig nickte Tezuka. Ihm behagte die Wortwahl nicht, und auch nicht die Tatsache, ein weiteres von Fujis Opfern zu werden. Aber er war niemand, der einen Rückzieher machte, wenn es darauf ankam. "Mach es schnell." Fuji lächelte sonnig und trat einige Schritte zurück. "Schnell wird aber nicht so gut, wie langsam ..." Tezuka verschränkte die Arme und blickte ihn ungeduldig und mit einem Ausdruck eindeutigen Missfallens an. Fuji erwiderte den Blick freundlich, während seine Finger an der Kamera spielten. "Bekomme ich kein Lächeln von dir?" "Nein." Er schob mit den Fingern seine Brille ein Stück höher und versuchte die pulsierenden Kopfschmerzen zu ignorieren, die langsam begannen, sich hinter seinen Schläfen anzustauen. "Du wirst irgendwann Falten kriegen, wenn du die ganze Zeit die Stirn runzelst." " ..." Tezuka hatte keine Ahnung, wann zum Teufel ,Entringe deinem Kapitän eine Emotion' zu Fujis neuem Lieblingsspiel mutiert war. Aber irgendwann im Laufe des Tages musste es passiert sein ... und es wurde langsam wirklich lästig. Der Braunhaarige legte den Kopf schief und lächelte breit. "Lachen ist hier nicht verboten, weißt du?" "Und ich dachte, ich hätte das Schild wieder anbringen lassen ...", rutschte es Tezuka beinah gegen seinen Willen heraus. Fujis Reaktion war es auf jeden Fall wert. Die blauen Augen flogen auf und sahen ihn mit einer Mischung aus Verblüffung und Unglauben an, das sich schnell in ein aufrichtiges Grinsen verwandelte. "Ah, Tezuka hat seinen Humor wieder gefunden ..." Er klang angenehm überrascht, und Tezuka konnte nichts anderes tun, als ihm einen warnenden Blick zuzuwerfen. Es war ganz alleine Fujis Schuld, dass er solche Reaktionen aus einem herauskitzeln konnte. Tennis war eine ernste Sache und sollte als solche behandelt werden. Aber irgendwie war es schwer in seiner Gegenwart ernst zu bleiben, vor allem wenn Ironie die einzige Waffe war, die man gegen ihn in der Hand hatte. Das, und ,Zehn Runden!' "Jetzt musst du nur noch für mich lachen ...", murmelte Fuji, ihn direkt im Visier. Tezuka runzelte die Stirn. "Ich lache doch." Fuji ließ die Kamera sinken. "Tust du nicht ..." Es klang fragend. "Doch." Nun ja ... er versuchte es zumindest. Das musste etwas zählen, richtig? "Tatsächlich ...?" Langsam und mit einem prüfenden Blick in den Augen kam Fuji näher. So nah, bis er schließlich direkt vor Tezuka stand, der ihm unbehaglich dabei zusah. Das jugendliche Genie war ungefähr ein Kopf kleiner als er, so dass er aus reiner Höflichkeit gezwungen war, den Kopf ein wenig zu senken. "Ich lache ...", knurrte er leise. Es gab wirklich überhaupt keinen Anlass, dass Fuji jetzt so nah vor ihm stehen musste. Blaue Augen schwebten direkt vor seinem Gesicht und betrachteten seinen Mund mit einer Art wissenschaftlichem Interesse, welches in Tezuka ein nervöses, ungutes Gefühl verursachte. Fujis Atem war warm und roch nach Pfefferminz, obwohl Tezuka sicher war, dass Kaugummi kauen auf dem Tennisplatz strengstens verboten war. Außerdem war es eine der verdammten Ungerechtigkeiten des Lebens, dass er Augen in der eigenen persönlichen Lieblingsfarbe besitzen musste ... "Ich seh schon ...", wurde schließlich versonnen gemurmelt. "... ?" Dafür sah er gar nichts. Außer blau. Nein, rot! Und der andere Junge war viel zu nah, als dass es noch irgendwie angenehm und vertretbar war. Ein Lächeln zu suchen ... auf so eine Idee konnte auch nur er kommen ... "Das hätte eins sein können ..." Fuji hob eine Hand und tippte zu Tezukas absolutem Horror, mit der Spitze seines Zeigefingers sacht auf seinen Mundwinkel. "Ich fürchte nur, dafür hätte ich ein größeres Objektiv gebraucht ..." Seine Stimme war angenehm hell und leise und wieder streifte sekundenlang eine Brise warmer Atem Tezukas Gesicht. Fuji lächelte, und es war dasselbe echte Lächeln, das er schon in der Umkleidekabine gezeigt hatte, und an welchem Tezuka, zu seinem absoluten Widerwillen, langsam anfing Gefallen zu finden. Ein sanfter, umgänglicher Fuji ... ja sicher. Und morgen würde man Tennis mit Baseballschlägern spielen. Schweine würden fliegen. Und ... "Was macht Fuji-senpai da mit dem Kapitän?" "Waaaah! Halt dir sofort die Augen zu, Echizen! Du bist zu jung, um so was zu sehen." "Mada mada ... Momo-senpai!" "Fshhuuu, lass den Kleinen los." "Baka Mamushi! Irgendjemand muss doch seine Unschuld beschützen!" "Loslassen ... ich habe einen Tennisschläger und werde ihn benutzen!" "Echizen! Au! Das tut doch weh ..." "Fshhuu! Du stehst doch auf die Schmerzen!" "Wer hat dich denn gefragt?!" Tezuka fühlte, wie seine linke Augenbraue begann zu zucken. Mit einem Ruck löste er sich aus seiner Erstarrung und trat endlich den glühend ersehnten Schritt zurück. Er warf einen scharfen Blick über das gesamte Spielfeld. "Momoshiro, Echizen, Kaidoh - dreißig Runden! Sofort!" "Ja, Käpten!" echote es brav zurück. Lachen verboten?! Hier würde nächstens ein "Fuji verboten!"-Schild stehen, wenn das so weiter ging. "Das reicht jetzt!" sagte er scharf und wandte sich dem fraglichen, vor ihm stehenden Subjekt abrupt wieder zu. "Die Photosession ist hiermit offiziell beend- ..." "Ich glaube, ich habe eine Lösung für unser Problem gefunden." Fuji hatte eine Hand an sein Kinn gelegt und schien angestrengt nachzudenken. Es war ganz offensichtlich nur Show, denn das gefährliche Leuchten in seinen Augen verriet, dass er längst eine seiner unheilvollen Pläne ausgeheckt hatte. "Fuji ...", begann Tezuka erschöpft, wurde aber sofort unterbrochen. "Nein, Inui." "... bitte?" Er blinzelte. Manchmal war es schwer Fujis allzu schnellen Gedankensprüngen zu folgen. "Was gibt es?" Als hätte man ihn gerufen, stand der Datenspezialist plötzlich neben ihm und Tezuka musste sich zwingen nicht zusammen zu zucken. Langsam aber sicher bekam er das deutliche und äußerst irritierende Gefühl, dass Fuji irgendwann still und heimlich das Kommando über den gesamten Tennisplatz übernommen hatte. Er meinte sich zu erinnern, vor Jahrzehnten einen Film darüber gesehen zu haben ... Aliens, Zombies ... und sie wollten die Erde übernehmen ... Energisch schob Tezuka diesen Gedanken beiseite. "Mein Name ist gefallen. Ich höre?" Inui schob seine Brille ein Stück nach oben und das reflektierende Licht in den undurchsichtigen Gläsern verlieh ihm ein reichlich gruseliges Aussehen. "Ich wollte dich um einen Gefallen bitten." Fuji lächelte breit, und sah süß und unschuldig aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. "Die Wahrscheinlichkeit, dass du das tun würdest, lag bei ... unter 46 %. Interessant." Inui nickte nachdenklich und kritzelte es in seinen Block. Er gab es offenbar niemals auf, Fuji Daten für seine Statistiken entlocken zu wollen. Wäre er um eine Meinung dazu gefragt worden, hätte Tezuka ihm sagen können, dass das vollkommen vergeblich war. Allein der Gedanke, auch nur einen Teil von Fujis rätselhaftem Wesen und seiner Persönlichkeit, den tausend Nuancen eines Lächelns, und die Bewegungen seines raschen Verstandes einzufangen und in Zahlen zu packen ... Nun, niemand hatte Tezuka je um seine Meinung dazu gefragt. "Ich brauche ein Bild. Vom Kapitän und mir", sagte Fuji entwaffnend ehrlich. "Und das kann ich schlecht selbst machen." Tezuka kam nicht einmal dazu, die Tatsache zu bestaunen, dass es etwas gab, von dem Fuji offen zugab, dass er es nicht konnte. "Wieso von uns beiden?" wiederholte er und verschränkte abwehrend die Arme. Die Kamera wechselte vor seinen Augen den Besitzer und Inui begann einige Schritte zurückzutreten, das Notizbuch immer noch aufgeklappt und nachdenklich, die darin enthaltenden Zahlen betrachtend. "Mir ist ganz entfallen, dass ich ja auch irgendwo drauf sein muss." In einer verlegenen Geste wurden die schmalen Schultern gehoben. "Wie dumm von mir." " ... entfallen." Ja, sicher. Und Ostern fiel dieses Jahr auf Weihnachten. Seine linke Augenbraue flog unwillkürlich nach oben und er warf dem Kleineren einen scharfen Seitenblick zu. "Es macht dir nichts aus, oder?" wurde nach einer kurzen Pause erstaunlich leise gefragt und Tezuka konnte dem abwartenden Blick nicht ausweichen. Warme Sonnenstrahlen umschmeichelten das schmale Gesicht und verliehen den rötlichbraunen Haaren einen honigfarbenen Schimmer. Wie ein Heiligenschein - der vermutlich an niemand anderem so unpassend gewesen wäre. Er seufzte lautlos. Das Licht war tatsächlich perfekt. Nicht, dass er sonderlich viel von Photographie verstand, aber zumindest sah es in diesem Moment ziemlich perfekt aus... an Fuji. Langsam räusperte er sich und wandte den Kopf ab. "Nein ...", sagte er so leise, dass nur Fuji es hören konnte. "Nein, es macht mir nichts aus." Und das tat es komischerweise wirklich nicht. "Ne Tezuka ..." Sie standen ganz dicht nebeneinander, und Tezuka konnte sich nicht einmal erinnern, ob das von Anfang an so gewesen war. Er versuchte ungerührt geradeaus zu sehen und zu ignorieren, dass die untergehende Sonne ihn blendete. Inui visierte an. "Es ist schade, dass du deinen Mund so ungern benutzt ...", flüsterte Fuji sacht. Sein Ellenbogen streifte Tezukas Unterarm, als er sich bewegte, und dieser spürte bloße, aufgewärmte Häut auf seiner eigenen. "Lippen sind nämlich nicht nur zum Lächeln da ..." "...?!?!!" Sein Kopf war herumgeflogen, in derselben Sekunde, als es ,Klick' machte. Mit unnatürlich weiten Augen starrte er Fuji an, der ungerührt zurücklächelte. Er versuchte etwas zu sagen, aber zum ersten Mal heute spürte er, dass ihm schlichtweg die Worte fehlten. "Hm ... das wird ein schönes Bild ..." Mit diesen Worten und einem Lächeln, welches den glühenden Sonnenuntergang daneben schier erblassen ließ, schlenderte Fuji von dannen ... und brachte sich in sichere Entfernung von den ungefähr 100.000 Runden, die auf ihn gewartet hätten, wäre er geblieben. Oder auch nicht. ^Fin^ Nachtrag: Ich bin eine gnadenlose Feedback-Hure und stehe dazu. =) Ich liebe euch für jeden Kommentar, zumal das Fandom auch nicht sonderlich viel gelesen wird. ^_~ Kapitel 2: # 2 Getrennte Wege ----------------------------- Pairing: Tezuka + Fuji Gastauftritte: Kaidoh, Momo, Ryoma Challenge: Getrennte Wege Warnungen für diesen Teil: personeller Erzähler, introspektiv, metaphorisch, seltsam, angepisster Fuji (ja, das verdient eine Warnung *g*), deutlicher Mangel an Handlung Musik beim schreiben: Long Shot Hero: "Getting over it", Johnny Cash: "Walk the Line" Anmerkungen: Okay, diesmal habe ich mich an Fuji vergangen. Irgendwie ist es mir leichter gefallen, ihn im Präsenz zu erwischen, keine Ahnung wieso. Wundert euch also nicht, über den plötzlichen Zeitwechsel. Dieser Teil ist irgendwie komplett anders als der Erste, aber es Spaß gemacht ihn zu schreiben. ^.^ Tezuka von außen zu beschreiben ist allerdings verdammt schwer, weil er in der Regel ungefähr so emotional ist, wie ein Knäckebrot. ^^" Der Teil folgt in der Timeline irgendwann nach dem ersten, nimmt aber keinen Bezug darauf und kann daher auch als vollkommen unabhängig betrachtet werden. # Getrennte Wege Fuji ist wütend. Niemand von den Schülern, die ihm über den Weg laufen, wird es ihm ansehen, denn sein Lächeln sitzt wie üblich perfekt an seinem Platz und seine Schritte sind nur leicht beschleunigt. Aber innerlich brodelt er. "Fuji-senpai ...!" Er lächelt in die Richtung der vage bekannt vorkommenden Stimme und beschleunigt seine Schritte. Nur niemandem über den Weg laufen, der ihn aufhalten kann. Er hat die Ahnung, dass er jeden Moment explodieren wird, so als ob eine ganze Lawine an hässlichen, bösen Gefühlen in ihm steckt, die alle nach draußen wollen. Seit gestern fühlt er sich aus der Bahn geworfen und vollkommen neben der Spur, und er hasst das. Eben hat er Eiji mit einer höflichen Entschuldigung stehen gelassen und nachträglich tut es ihm beinah leid. Aber so nah er und Eiji sich auch stehen und wie viel er auch für ihn tun würde - die Mittagspause mit Oishi und Eiji zu verbringen ist nur manchmal amüsant. Und definitiv nicht heute, wenn er es absolut nicht ertragen kann, so durch und durch liebevolle und harmonische Menschen um sich zu haben. Fuji fühlt sich destruktiv und gehässig, und wenn er in dieser Stimmung ist, ist es besser, niemanden von seinen Freunden in seiner Nähe haben. "Ich darf wohl sagen, dass ich deine Leistungen mehr als enttäuschend finde." < Enttäuschend. Natürlich. Er steht in den meisten Fächern auf einer glatten Eins und nur in den wirklich langweiligen haben sich ein paar Zweier eingeschlichen. Er kennt genug Leute, die mit wesentlich weniger absolut zufrieden wären. Aber nein ... es ist enttäuschend. "Bei deinem Potential hättest du längst Jahrgangsbester sein müssen. Aber du bewegst dich immer nur im oberen Durchschnitt. Hast du denn keinerlei Ambitionen?" < Ambitionen ... Nein, die hat er nicht. Er will nicht Schulsprecher werden und nicht Klassensprecher, nicht im Schülerrat sitzen und nicht Leiter von irgendetwas sein. Er muss nicht Jahrgangsbester sein und nicht einmal Klassenbester. Es reicht ihm. Es reicht ihm voll und ganz irgendwo im oberen Durchschnitt zu schwimmen, grade so gut, dass er keine Probleme hat, aber eben nicht überragend genug, als dass irgendetwas von ihm verlangt wird. Nicht, dass sein Vater das versteht ... "Wie schamlos du dein Leistungsvermögen verschwendest, kann ich nur noch als persönlichen Angriff verstehen. Ich finde es sehr bedauerlich, dass du dich all unsere Anstrengungen, dich angemessen zu fördern immer wieder widersetzt." < Fuji hat es nie gemocht, ein Genie zu sein. Es hat viele angenehme Seiten, wie die Tatsache, dass er sich mit nichts außerordentlich viel Mühe geben muss, um gut zu sein. Aber es macht ihn fremd und seltsam und entfernt ihn von Menschen, die er liebte. Es macht so vieles selbstverständlich und so viele von seinen Leistungen nebensächlich. Sollte er sich jemals erlauben, in etwas wirklich schlecht oder nur durchschnittlich zu sein, dann kann er sicher sein, einen Haufen Erwartungen zu enttäuschen. Und ist er gut, dann überrascht es niemanden, weil das ohnehin jeder von ihm erwartet hat. "Es ist doch nicht zu viel verlangt, dass du dein Potential angemessen nutzt?" < Wie er dieses Wort hasst. Potential. Er hasst es, Potential zu sein, manchmal hasst er es Potential zu haben, und am meisten hasst er es, als nichts als eine Ansammlung von Potential angesehen zu werden. Potential für etwas zu haben, scheint eine gleichzeitige Verpflichtung dazu zu sein, dieses Potential auch zu nutzen. Er bahnt sich seinen Weg durch seine herumeilenden, schnatternden und lachenden Mitschüler und lächelt ihnen zu, ohne sie wirklich zu sehen. Eine Hand hat er in die Hosentasche geschoben und seine Sporttasche lässig über eine Schulter geschlungen. Seine verräterischen Augen sind fast geschlossen und geben nichts von seinen Emotionen preis. Mit schnellen Schritten läuft er die Treppe zum Dach hoch. Hier ist weniger Betrieb, die meisten ziehen es vor, ihre Pause auf dem Schulhof oder in den Klassenräumen zu verbringen. Aber er braucht jetzt Luft, denn er hat das Gefühl zu ersticken. Als er endlich die Tür öffnet und die leichte, sommerliche Brise ihm entgegenweht, kann er förmlich spüren, wie seine erstarrten Mundwinkel sich langsam entspannen. Seine Schritte hallen auf den Steinen, als er über das Dach läuft. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen und er ist mehr als dankbar dafür. Langsam lässt er seine Sporttasche zu Boden sinken und angelt nach seinem Tennisschläger. Die meisten Menschen, deren Väter so selten zu Hause sind, wie sein eigener wünschen sich, dass sie öfter da sind. Fuji dagegen empfindet es jedes Mal beinah als körperliche Erleichterung, wenn sein Vater wieder aus seinem Leben verschwindet. Er sollte sich schuldig fühlen, aber er tut es nicht. Nicht im Geringsten. "Es liegt am Tennis, nicht wahr? Diesen Unsinn sehe ich mir jetzt lange genug mit an. Zweimal am Tag zum Training zu rennen und fast jedes Wochenende auf ein Turnier ... Zwing mich nicht, dich aus dem Club austreten zu lassen." < Er legt den Kopf in den Nacken und atmet tief durch. Ohne hinzusehen wirft er einen Tennisball in die Luft, holt aus und schlägt zu. Er prallt mit einem hellen Geräusch gegen die gegenüberliegende Wand und fliegt zu ihm zurück. Er kann das mit geschlossenen Augen. So gut kennt er seine präzisen Schläge, so genau hört den heransausenden Ball und so unglaublich befriedigend ist das Gefühl seinen ganzen Frust an etwas auszulassen, dass immer wieder ankommt und dass so robust und widerstandsfähig ist, dass man nie Angst haben muss, es kaputt zu machen. Es hat keinen Sinn mit seinem Vater zu diskutieren. Mit jemandem, der nur seine eigene Meinung als die einzig richtige akzeptiert. Also ist Fuji ein vorbildlicher Sohn, der immerzu lächelt ... und schweigt. "Du hättest Potential für so viele Dinge ... Es ist enttäuschend, wie wenig du aus deinen Talenten machst. Enttäuschend und beschämend." < Der Ball hämmert in rasantem Tempo gegen die Wand vor ihm, jedes Mal auf dieselbe Stelle. Wieder und wieder und wieder ... und wieder ... Die Jacke seiner Schuluniform liegt längst achtlos am Boden. Er stellt sich vor, so viel Kraft hinter seinen Schlägen zu haben wie Taka-san oder Momo, und in der Lage zu sein, diese Wand zu durchbrechen. Diese Wand Risse bekommen und zerbröseln zu sehen, ist plötzlich ein unglaublich befriedigender Gedanke. Zu erleben, wie sie einfach zusammenbricht ... "Wenn du nicht an deine Zukunft denken willst, muss ich es wohl tun. Was stellst du dir denn vor? Dass ihr bis in alle Ewigkeit in euren kleinen Seifenblasenträumen von den Nationalen leben könnt? Über kurz oder lang geht ihr ohnehin alle getrennte Wege!" < Getrennte Wege ... Sekundenlang hält er inne und lässt den Schläger sinken. Lässt den Ball einfach an sich vorbeisausen, so dicht, dass er einige Haarsträhnen in dem Prozess streift. Er atmet tief durch und versucht sich zu beruhigen. "Fuji." Überrascht dreht er sich um. Er hat nicht einmal gehört, dass jemand gekommen ist. Es ist Tezuka, der in der Tür steht und den Tennisball in der Hand hält. Seine Reflexe sind bewundernswert. "Tezuka ..." Seine Haare fallen Fuji tief ins Gesicht und verbergen seine Augen. Er lächelt. "Entschuldige." Sein Kapitän hält den Ball einen Moment lang prüfend fest, und seine analytischen Augen wandern unbewegt zu Fuji und wieder zurück zu dem Ball, bevor er ihn zurückwirft. "Das war ein guter Schlag", stellt er fest. "Ah ... danke." Fuji fängt ihn mit einer Hand. "Besser als heute morgen im Training." Wie üblich direkt auf den Punkt. Fuji hätte beinah gelacht. Aber stattdessen hebt er nur in einer beiläufigen, eleganten Bewegung die Schultern. "Ja." Wozu etwas zugeben, wenn es keine Beweise gibt? Er balanciert den Ball auf dem Schläger und wirft einen kurzen, abschätzenden Seitenblick auf Tezukas Sporttasche. "Lust auf ein Spiel, Tezuka?" "Hier ist kein Tennisplatz." Übersetzung: ,Es verstößt gegen die Schulregeln.' Fuji versucht sich ein Lächeln zu verkneifen angesichts dieser ordnungsgemäßen Haltung. Das ist so ... so typisch Tezuka. "Du spielst nur nach den Regeln, nicht wahr?" Fuji lässt den Ball ein wenig hüpfen. Mit einer Hand hält er den Schläger, locker und ein wenig herausfordernd. "Anders macht es wenig Sinn zu Spielen", stellt Tezuka mit unbestechlicher Logik fest. "Wieso?" Eine Augenbraue wird gehoben. "Weil es sonst keinen Sieger gibt." "Ah ..." Fuji hält inne. "Verstehe." Er lächelt und senkt den Kopf. Alles was Tezuka sagt, ist immer logisch. Vermutlich führt Tezuka keinen privaten Kleinkrieg mit seinem Vater. Vermutlich ist Tezuka nie eine Enttäuschung für irgendjemanden. Und sehr vermutlich ist Tezuka immer bemüht allen Erwartungen, die ihnen gesteckt werden gerecht zu werden, ohne sich zu fragen, ob er das überhaupt will. Fuji hebt den Schläger und mit einer leichten Bewegung aus dem Handgelenk lässt er den Ball erneut gegen die Wand sausen. Er fliegt zurück und Fuji schlägt ihn zurück. "Wenn ich ihn verfehle ..." fragt er beiläufig, "... wirst du ihn jedes Mal fangen?" Darauf kommt keine Antwort und eigentlich hat er auch keine erwartet. Fuji verfehlt keine Bälle. Wenn dann nur mit 40° Grad Fieber ... oder mit Absicht. Er ist wütend und er ist ungerecht, und er weiß, dass er es ist. Er möchte, dass Tezuka geht. Menschen sind so verletzlich ... Menschen sind keine Tennisbälle, nach denen man ausschlagen kann, und die trotzdem nie kaputt gehen und immer wieder zurückkommen. Der Ball hämmerte gegen die Wand, schnell wie ein schlagendes Herz. Er landet millimeterpräzise auf immer derselben Stelle und hinterlässt langsam, aber sicher einen dunklen Fleck auf dem weißen Verputz. Das ist sicher Beschädigung von Schuleigentum. Er wendet den Kopf und spielt den Ball, ohne hinzusehen, ein liebenswürdiges Lächeln auf den Lippen. "Verstoße ich grade gegen die Regeln?" Tezuka hat die Arme verschränkt und nickt. "Lässt du mich dafür Runden laufen?" "Wir sind nicht im Training." "Möchtest du denn niemals ohne Regeln mit mir spielen?" fragt Fuji, diesmal ohne sich umzudrehen. Er wollte das schon lange fragen und jetzt grade ist er wütend genug, es zu tun. "Nein." "Wieso nicht? In manchen Spielen gibt es vielleicht einfach keinen Gewinner ..." "Jemand wie du hat es nicht einmal verdient, ein Genie zu sein." < Eine kleine Bewegung aus dem Handgelenk und er fängt den Ball auf dem Schläger, lässt ihn in kleinen, abgehackten Kreisen darauf rotieren. Genie ... Was für ein schreckliches Wort ist das, wenn alles was es bedeutet, ist: ,Du hast Potential und du musst Erwartungen erfüllen'. Wenn es einem nichts weiter als ein Preisschild anheftet, auf dem ein Wert steht, dem man gerecht werden muss. Das ist, was du leisten kannst - also, ist es das, was wir von dir verlangen. Fuji Syusuke - das Potential. "Hey ... Tezuka?" Seine Stimme klingt seltsam verträumt und abwesend. "Wenn du mich in einem Wort beschreiben müsstest ... was für ein Wort wäre das?" Er erwartet nicht, dass Tezuka überhaupt darauf antwortet. Tezuka ist nicht der Typ für hypothetische "Was wäre wenn..."-Fragen. Tezuka ist nicht der Typ für seine Spielchen. Genauso wie er nicht damit rechnet, dass die Antwort so prompt und ohne das geringste Zögern kommt. Aber sie kommt und es ist nur ein einziges Wort. "Rom." "Was?" Ehrlich erstaunt hebt Fuji den Kopf und lässt den Schläger sinken. Seine so schrecklich ausdrucksstarken, verräterischen Augen sind weit offen. Der Ball hüpft auf den Boden und kullert langsam vor Tezukas Füße. Er weiß, was die meisten anderen Menschen antworten würden, sollte er sie das fragen. Potential. Das ist er für seinen Vater. Mein bester Freund. Das würde Eiji sagen und sich nicht darum kümmern, dass das drei Worte sind und nicht nur eins. Sprungbrett. Pragmatisch und vermutlich von Ryoma. Datensatz. Natürlich Inui. Gruselig. Sehr wahrscheinlich von Momo. Und für Tezuka ... Rom. Tezuka hebt den Ball auf. "Was machst du hier, Fuji?" Seine Stimme klingt ganz ruhig, und nur wer genau hinhört, erkennt den beinah behutsamen Unterton. Sekundenlang ist Fuji still und schluckt. Sein Puls rast und er bemüht sich seinen beschleunigten Atem zu kontrollieren. Was macht er hier ... außer Bälle zu schlagen und gegen Regeln zu verstoßen. Er fühlt sich plötzlich nackt und entblößt und er schämt sich für die Dinge, die er grade gesagt hat. Auf einmal ist er derjenige, der sich in einem Spiel befindet, dessen Regeln er nicht mehr kennt und der vielleicht schon längst verloren hat ... "Fuji?" Er spürt eine Hand auf seiner angespannten Schulter und bemerkt plötzlich, dass Tezuka direkt vor ihm steht. Er sieht ernst aus und seine dunkle, tiefe Stimme lässt Fuji Schauer über den Rücken laufen. Tief atmete er aus und spürt, wie etwas von dem wütenden, hilflosen Gefühl in ihm nachlässt. Fuji schließt die Augen. Als er sie wieder öffnet, breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und er legt den Kopf schief. "Du hast dir Sorgen um mich gemacht ... du bist zu lieb." Tezuka linke Augenbraue zuckt nach oben. "Habe ich?" Fujis Lächeln wird breiter und er versucht sich zu erinnern, ob Tezuka ihm heute im Morgentraining ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit gewidmet hat. Aber er weiß es nicht mehr. Er ist zu beschäftigt gewesen, zu lächeln, sich fernzuhalten und Bälle zu schlagen ... in der wütenden Hoffnung, dass sie irgendetwas treffen. "Ich hatte eigentlich vor, hier meine Mittagspause zu verbringen ... leistest du mir Gesellschaft?" fragt er und beugt sich vor um den Schläger wieder in seiner Tasche zu verstauen. Tezuka nickt und nimmt die Hand von seiner Schulter. Fuji kann seine forschenden Augen auf sich spüren, aber er zieht es vor, sie nicht zu bemerken. Mit einem breiten Lächeln zieht er das Bento hervor, das seine Schwester ihm heute Morgen gemacht hat und lässt sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder. Auch wenn er nicht Inui ist, hätte Fuji mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 85 % vorhersagen können, dass Tezuka nichts weiter als ein Sandwich dabei hat. Und er hat Recht. Er schiebt das Bento zwischen sich und Tezuka. "Bedien dich. Und keine Sorge, ich habe nichts davon selbst gemacht", fügt er hinzu, als er den skeptischen Gesichtsausdruck bemerkt. Überraschenderweise scheinen die meisten Menschen seine Vorliebe für den übermäßigen Gebrauch von Wasabi, oder andere exotische Geschmackskombinationen nicht zu teilen. "Danke." Tezuka lässt sich neben ihm nieder und überkreuzt ebenfalls die Beine. Er betrachtet das zweite Paar Stäbchen mit einer deutlichen Frage in den Augen. "Normalerweise ist es für Eiji", erklärt Fuji. "Aber wenn er mit Oishi zusammen isst, muss ich mir keine Gedanken machen, dass er verhungert." Tezuka nickt wortlos und greift danach. Sie essen in Stille, aber es ist ein angenehmes Schweigen. Fuji spürt den warmen Sonnenschein auf seiner Haut und seinen Haaren und den noch kühlen Boden unter sich und sekundenlang will er einfach nur die Augen schließen und tief durchatmen. Es bringt sein empfindliches seelisches Gleichgewicht durcheinander so schrecklich wütend zu sein und es ist so eine Erleichterung, als dieses Gefühl endlich nachlässt. Tezukas übermächtige Präsenz neben sich hat es unglaublich Beruhigendes an sich ... zuverlässiger, stoischer Kapitän von Seigaku. "... werden wir ja SEHEN!" ertönt es im selben Augenblick in ziemlicher Lautstärke vom Treppenhaus und Fuji wendet überrascht den Kopf. "Fssshuu - sei still!" "Baka Mamushi ...!" "Momochan-senpei ... warum muss ich mitkommen?" "Weil du mein Adjutant bist, Echizen! Ist doch klar! Hey, du bist auf meiner Seite, oder nicht?" " ... mada mada dane." "Fssshuu! Du wirst deine Worte gleich bereuen ..." Schwungvoll wird die Tür aufgerissen ... und Fuji versucht nicht zu lachen angesichts der drei schockierten Gesichter. Stattdessen beißt er sich hastig auf die Unterlippe. "Ka-kapitän...!" Momo stottert verlegen herum und kratzt sich am Hinterkopf. "Äh ... wir wollten nur ... ha ha ... schönes Wetter hier draußen, nicht wahr?" Echizen schweigt und zieht die obligatorische Basketballkappe tiefer ins Gesicht. Kaidoh dagegen sieht angefressen und verlegen zugleich aus und verschränkt die Arme. Alle drei sehen so schuldig und ertappt aus, wie nur möglich. "Fuji-senpai ...", wird einträchtig verlegen gemurmelt und Fuji hebt eine Hand und lächelt sonnig. Aber es ist Tezuka, der zuerst spricht. "Zwanzig Runden." "Aber Käpten ... wir haben doch gar nicht ..." Natürlich ist es Momo, der versucht zu verhandeln. Ein Blick von Tezuka bringt ihn zum Schweigen. "Sofort, Käpten." "Das ist alles nur deine Schuld ...", wird leise gezischt, bevor die Tür zugeht. "Wessen Idee war das denn...?!" "Mada mada ..." Dann ist die Tür wieder zu und Fuji lacht leise. "Du bist zu streng mit ihnen", stellt er fest. "Sie sind nicht einmal dazu gekommen gegen die Regeln zu verstoßen. Wie enttäuschend." "Sie waren dabei." "Ich dachte, wir sind grade nicht im Training ..." "Hn." Tezuka hebt eine Hand und schiebt seine Brille dezent ein Stück nach oben. Aber er kommentiert es nicht. Fuji stützt einen Ellenbogen auf die Knie und betrachtet ihn interessiert. Jetzt wo er wieder bei klarem Verstand ist, kann er nicht fassen, dass Tezuka tatsächlich die Listen für das nächste Ranking Match liegen gelassen hat, die heute fällig gewesen wären. Dass er Oishi abgesagt hat und dass er ihm nachgegangen ist. Und dass er kein Wort darüber verliert, dass er sich Sorgen gemacht hat ... nur weil Fuji heute morgen einen Ball so heftig ins Aus geschlagen hat, dass er vermutlich immer noch in der Umzäunung feststeckt ... Stockfisch, denkt Fuji und es ist ein liebevoller Gedanke. Er hat das Gefühl, dass Tezuka alles weiß, obwohl das dumm ist, denn wie sollte er. Aber vielleicht liegt es nur an der Tatsache, dass Fuji nach jedem ersten Wochenende im Monat so schlecht spielt und Tezuka einfach nicht mehr Informationen braucht, um sich einen Reim darauf zu machen. "Hast du ...", beginnt er leise und ohne nachzudenken, "... jemals daran gedacht, mit dem Tennis spielen aufzuhören?" Seine Finger spielen mit den Stäbchen, ohne etwas damit aufzuheben. Getrennte Wege. Das ist das, was ihm im Kopf herumspukt. Sind das wirklich alles nur Seifenblasenträume, die zerplatzen werden, sobald das Jahr vorbei ist ... wenn sie erst einmal alle auf eine andere Schule gehen? Er hasst den Gedanken, dass sein Vater Recht hat. Dass es Verschwendung ist für jemanden wie ihn, sein Herz ausgerechnet daran zu hängen ... Sein Potential für andere Sachen steht ihm manchmal im Weg wie eine Mauer. Es dauert einen Moment, bis Tezuka antwortet. Er lässt die Stäbchen sinken und sein Blick ist ungewohnt nachdenklich. "Nein", sagt er schließlich. "Nie." Nein, natürlich nicht. Tezuka ohne Tennis ist eine Vorstellung, die sogar über Fujis lebhafte Phantasie geht. "Ich auch nickt ..." "Gut." Tezuka nickt und nimmt sich ein Reisbällchen. "Ich hatte vor, noch einmal gegen dich zu spielen." Fuji öffnet die Augen. "Mit oder ohne Regeln?" Ein tadelnder Seitenblick. "Es macht keinen Sinn ohne." Stockfisch. "In Ordnung." Fuji hebt in einer nonchalanten Bewegung die Schultern, auch wenn allein der Gedanke an ein Re-Match seinen Puls in die Höhe schnellen lässt. Mit oder ohne Regeln ... nichts ist aufregender als mit Tezuka zu spielen. "Auch wenn ich fürchte, dass meine Chancen, dich zu besiegen mit jedem Jahr geringer werden ..." Er hebt einen Arm und streckt ihn neben Tezukas aus, betrachtet sie beide mit einer distanzierten, wissenschaftlichen Neugier, als gehört dieser Arm nicht zu ihm. Fuji hat immer gewusst, dass es im Sport nur von Nachteil sein kann schmal und zierlich zu sein. Er hat dieses Hindernis überwunden, so wie er alle Hindernisse überwindet, und seine Art zu spielen darauf angepasst, so dass er die Stärke seines Gegners zu seiner eigenen verwandeln und sie gegen ihn verwenden kann. Aber alles hat seine Grenzen. Und diese werden bald erreicht sein. Tezukas Handgelenke sind knochig, aber beruhigend stark und sehnig. Seine eigenen sehen zerbrechlich daneben aus, und er weiß ... er hat immer gewusst, dass es das ist, worüber er eines Tages stolpern wird. Er wird nicht mithalten können mit Tezuka, und irgendwann nicht einmal mehr mit Ryoma, dem Wunderkind, dem er jetzt noch überlegen ist. Seifenblasenträume. Es ist beinah paradox. Sein Potential für so viele andere Dinge verbaut ihm diesen Weg, den Tezuka gehen wird ... genauso wie sein Körper, der nicht so ist, wie er sich das vorstellt. Er hat zu viel und gleichzeitig zu wenig ... und es ist nicht einmal sein Vater, der ihm im Weg steht. Zu seiner Überraschung schlingen sich plötzlich lange, schlanke Finger um sein Handgelenk und er sieht auf. Tezukas Blick ruht auf ihm. Sein Gesicht ist so nah, dass Fuji die kleinen grün-goldenen Pünktchen in den braunen Augen sehen kann. "Du wirst mich besiegen", sagt Tezuka in einem Tonfall, der keinen Zweifel zulässt. "Ich warte auf diesen Tag." "Nachdem ich ein schrecklich schlechter Verlierer bin, hoffe ich das auch." Fuji grinst ein wenig gequält. "Das ... setzt allerdings voraus, dass wir uns in den nächsten Jahren immer noch über den Weg laufen." "Natürlich", sagt Tezuka und er klingt beinah irritiert, dass irgendjemand daran zweifeln könnte. Behutsam lässt er Fujis Handgelenk los. "Wer weiß ..." "Ich weiß es." Tezuka klingt so sicher, dass Fuji überrascht den Kopf hebt. Verwirrt sieht er ihn an, bemerkt Tezukas Blick, der ihm ausweicht, als ob das grade etwas sehr persönliches gewesen wäre. Und mit einem Mal versteht Fuji. Die Sonne scheint warm auf sein Gesicht und ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus ... als er in dieser Sekunde plötzlich versteht, wieso er Tezukas Rom ist. "Wir sollten uns beeilen. Wir kommen zu spät in den Unterricht, wenn wir länger hier bleiben." Tezuka wirft einen Blick auf die Uhr und steht auf. "Danke für das Essen." Schrecklich rational und vernünftig. Aber das sind Dinge, die Fuji an ihm mag. Irgendwie. Wenn sie ihn nicht grade reizen oder frustrieren heißt das. Fuji winkt mit einer beiläufigen Handbewegung ab und verstaut das Bento mit wenigen sicheren Handgriffen in seiner Tasche. Als er fertig ist, hält Tezuka ihm eine Hand hin. Fuji ergreift sie und lässt sich von ihm hochziehen. "Weißt du, was das wirklich Schlimme daran ist, dass du so viel größer bist ...?" Er verzieht in einem Ausdruck von Bedauern das Gesicht und legt den Kopf zurück. "Das macht es so schrecklich schwer, dich überraschend zu küssen." Tezukas Hand, mit der er grade dabei ist Fuji loszulassen, erstarrt mitten in der Bewegung. Er blinzelt überrascht, seine Augen millisekundenlang beinah komisch geweitet. "... tatsächlich." "Ja. Leider." Mit diesen Worten und einem Lächeln schlingt Fuji seine Sporttasche über die Schulter und schlendert zur Treppe. Er wird nachher im Training so was von Runden laufen müssen dafür ... "FUJI!" Aber das macht nichts, denn schließlich ... führen alle Wege irgendwann nach Rom ... ^Fin^ Kapitel 3: #3 Orange-Minze -------------------------- Pairing: Tezuka x Fuji Challenge: Orange-Minze Genre: pre-slash Anmerkung: Anders als die beiden anderen Teile ... sehr experimenteller Stil. Entstanden: März 2006 Sollte ihn jemals jemand danach fragen, würde Tezuka sagen Rom. Er würde sich keine Mühe mit Erklärungen geben und es einfach in den Raum stellen, kühl und gefasst, wie er alles tut. Aber es fragt ihn niemand, und vielleicht ist es ganz gut so. Denn Rom ist von allen Metaphern, die er in seinem Leben schon für Fuji gefunden hat, die Allerpersönlichste. Und die Zweitpeinlichste. Tezuka ist elf und ein guter Schüler, schon immer gewesen. Er ist brav und zielstrebig, seine Hefte sind immer ordentlich geführt und er hat stets die Hausaufgaben. Er ist in allen Fächern gleichbleibend gut und immer der Klassenbeste. Es ist begabt und fleißig, und diese Kombination sollte ihn beliebt machen bei allen Lehrern. Nur tut sie es nicht, weil sie ihn beunruhigend und seltsam finden. Das einzige Fach, mit dem er immer zu kämpfen hat, ist Literatur. Er ist kein Mensch, dem Worte viel bedeuten und er findet es ermüdend, sich so lange mit etwas zu befassen, das aus nichts als Worten besteht. Worte sind für ihn dazu da, um etwas mitzuteilen. Schriftsteller und Dichter sind ihm suspekt, weil sie niemals klar hinschreiben können, was sie ihm sagen wollen. ‚Das Meer in ihrem Herz schlägt schwarze Wellen.’ „In einem Herzen ist kein Meer“, sagt Tezuka praktisch. Wo kein Meer ist, gibt es auch keine Wellen. Dieser Satz ist in sich so vollkommen sinnlos, dass es ihn beinah körperlich frustriert, sich damit näher beschäftigen zu müssen. Seine Mutter lächelt liebevoll und fährt ihm über die Haare. Ihre Hände sind sanft und ihr Lächeln ist voller Verständnis. „Das bedeutet, dass sie aufgewühlt ist, mein Schatz.“ Er mag die ganze Geschichte nicht. Und es bereitet ihm Kopfschmerzen, bei jedem Satz und jedem Wort darüber nachzugrübeln, wie es gemeint ist. Wenn etwas nicht so gemeint ist, wie man es sagt, dann ist das eine Lüge. So hat man es ihm beigebracht und das ist das, wonach er sich richtet. „Metapher nennt man das“, erklärt seine Mutter. Metaphern sind auch nur Lügen, denkt Tezuka, aber er sagt es nicht, denn die Hand seiner Mutter ist weich und liebevoll und er mag sie in seinen Haaren. „Stell dir vor, es ist ein Spiel“, sagt sie. Aber Tezuka stellt fest, dass er dieses Spiel, Dinge anders zu nennen, als sie wirklich sind, nicht mag. Erst Monate später, als er die Dame und das schwarze Meer in ihrem Herzen schon längst wieder vergessen hat, versteht er, was der Unterschied zwischen Metaphern und Lügen sind. Als er Fuji Syusuke kennen lernt. Fuji besteht aus tausend Metaphern. Alles, was man über ihn denkt und weiß, könnte in der nächsten Sekunde eine Lüge und schon längst nicht mehr wahr sein, und das macht Tezuka Angst. Fuji ist Quecksilber, nicht flüssig und nicht fest und mit bloßen Händen einfach nicht greifbar. Als sie sich das erste Mal begegnen, sieht er ihn nur von weitem. Eine kleine, zierliche Gestalt, die mit einem sonnigen Lächeln auf den Platz am anderen Ende marschiert. Tezuka ist damit beschäftigt, auf einem anderen Platz Bälle aufzusammeln, und hat keine Zeit ihm seine Aufmerksamkeit zu widmen. Er hört, wie die Achtklässler neben ihm hämische Bemerkungen über den Neuen machen. „Sieht aus wie ein Mädchen.“ „Wie eine Ballettmaus.“ „…hat keine Chance…“ „Könnte witzig werden. Vielleicht sollte schon mal jemand die Krankenstation verständigen.“ Tezuka sammelt weiter Bälle auf. Die Sonne brennt auf ihn hinab und unzählige, kleine, gelbe Kugeln liegen noch vor ihm. Das Murmeln in seinen Ohren ist wie ein Meeresrauschen, ein gleichförmiges, eintöniges Geräusch, das er schon längst gelernt hat auszublenden. So wie eine Autobahn vor dem Fenster, an die man sich schon so gewöhnt hat, dass man das Rauschen und Dröhnen irgendwann nicht einmal mehr wahrnimmt. Als er nach einigen Minuten den Kopf hebt, ist alles totenstill. Niemand spricht und das Gemurmel ist so abrupt abgestorben, als hätte es jemand niedergeschossen. Tezuka wendet den Kopf zu Spielfeld A und sieht, wie die schmale Gestalt mit den hellen Haaren beschwingt vom Platz trippelt. Die Menge teilt sich vor ihm, wie das Meer vor Moses. Niemand in dieser Schule wird es je wieder wagen, über Fuji Syusuke zu lachen. Totenstille. Das ist sein erster Eindruck von Fuji. Fuji ist neu und spannend, und für einige Wochen ist er das Gesprächsthema in der Mannschaft. Aber Tezuka interessiert sich nicht für ‚neu und spannend’, und nicht für Klatsch; er interessiert sich für Tennis. Fuji interessiert sich auch nicht für ihn, was Tezuka nur positiv findet. Nur dann und wann kann er Fujis Blick auf sich spüren, während sie am Trainieren sind. Aber jedes Mal wenn er zurückblickt, sind die Augen geschlossen und er sieht nichts als ein freundliches Lächeln. Es beginnt ihn zu beschäftigen. Er weiß nicht einmal, welche Farbe Fujis Augen haben. „Bist du gut?“ fragt Fuji eines Tages und steht plötzlich neben ihm. Tezuka hat ihn nicht einmal kommen hören. Er runzelt die Stirn. „Im Tennis, meine ich“, präzisiert Fuji und lehnt sich neben ihm an das Gitter. Seine Augen sind geschlossen und er lächelt freundlich. „Ja“, erwidert Tezuka, der lieber in Ruhe gelassen werden möchte. Fuji nickt versonnen. „Habe ich gehört. Spielst du mal mit mir?“ „Nein.“ Fujis Finger schieben sich durch die Maschen und umschließen sie. Er hat schmale, weiße Hände und Tezuka fragt sich im Stillen, wie er damit den Ball so schlagen kann. „Hast du Angst?“ „Nein.“ Danach ist es still und sie sehen gemeinsam dem Ballwechsel vor ihnen zu. Tezuka fühlt die ununterbrochenen Blicke auf seinem Gesicht, forschend, suchend, interessiert, und es lässt seine Haut kribbeln. Er spielt doch gegen ihn. Er spielt und verliert, so demütigend, wie er noch nie gegen jemanden verloren hat. So schlimm, dass er am Ende am Boden kniet, keuchend, verschwitzt und geschlagen. Aber dafür weiß er jetzt, dass Fujis Augen blau sind. Fujis Augen, das lernt er schnell, sind eine Metapher in sich. Augen sind Fenster zur Seele, sagt man – aber Fujis Rollläden sind immer unten. „Hier. Bitte.“ Als Tezuka sich umdreht, steht Fuji hinter ihm und hält ihm mit einem Lächeln seine Trinkflasche vors Gesicht. Im Gegensatz zu allen anderen sieht er noch erstaunlich frisch aus und nicht als hätten sie grade zwei Stunden Intensivtraining hinter sich. Tezuka schüttelt den Kopf. Er schwitzt und ist müde und seine eigene Trinkflasche ist längst ausgeleert. Aber er nimmt nichts von Leuten an, die er nicht kennt. Und er kennt Fuji Syusuke nicht, auch wenn sie inzwischen beide zu den regulären Spielern von Seigaku gehören und sich zweimal am Tag beim Training sehen. „Ich bin nicht ansteckend“, versichert Fuji. „Ich weiß“, sagt Tezuka und fühlt sich dumm. Die Flasche schwebt immer noch einladend vor ihm in der Luft. Schließlich nimmt er sie, weil er weiß, dass Fuji sonst nicht weggehen wird, und setzt sie an die Lippen. Er trinkt einen kurzen, steifen Schluck. Die Öffnung ist warm und feucht. Das Wasser ist nicht mehr kalt und die Kohlensäure ist beinah verschwunden, aber es tut gut, viel besser, als er zugeben mag. „Danke“, sagt er und gibt sie zurück. „Jetzt weißt du, wie ich schmecke“, erwidert Fuji. Danach ertappt sich Tezuka wochenlang dabei, zu überlegen, ob er das wirklich weiß. Eines Tages bekommt Tezuka in der Schule Schokolade geschenkt und ihm wird klar, dass Valentinstag ist. Er ist verwirrt, denn das Jahr zuvor hat ihm niemand etwas geschenkt. Er weiß nicht, was für einen Unterschied ein Jahr auf einen mageren, bebrillten Jungen haben kann, und niemand kommt auf die Idee, es ihm zu sagen. Er mag Schokolade nicht wirklich, und spätestens, als er in seiner Schultasche keinen Platz mehr dafür hat und anfangen muss, sie in den bloßen Händen mit sich zu tragen, wird es zu einer Belästigung. Als er auf dem Weg ins Training ist, saust etwas auf ihn zu. Rein aus Reflex hebt er die Arme und fängt es auf, und die gesamte Schokolade fällt zu Boden. „Tut mir leid“, sagt Fuji lächelnd, als er ihm hilft, sie wieder aufzusammeln. Seine Haare leuchten in der Sonne wie ein Heiligenschein und sind mehr blond als mahagonifarben. Tezuka fragt sich, wieso auf ihn geworfen wird. Er kniet auf dem Boden und runzelt die Stirn, als er das Objekt betrachtet, was Fuji nach ihm geworfen hat. „Oh, das ist mein Geschenk für dich.“ Es ist ein flauschiger, pinker Tennisball mit einem roten Herz darauf, und mit Leichtigkeit das Scheußlichste, was Tezuka je gesehen hatte. „Entschuldige?“ Er fragt sich, wofür DAS eine Metapher sein könnte. Fuji ist ein pinker, flauschiger Tennisball. Absurd und geradezu obszön. Aber gleichzeitig kann man seinen Blick auch nicht abwenden, ähnlich wie bei einem Autounfall in Zeitlupe. Er passt nirgendwohin und es ist peinlich mit ihm gesehen zu werden. An diesem Tag bringt er Tezuka nach Hause und hilft ihm die Berge an Schokolade zu tragen. Tezuka weiß, dass seine Mutter Fuji mögen würde, denn sie sind sich ähnlich. Beide verwirren ihn und sie tun es gerne, und er schafft es doch nicht jemals unfreundlich zu ihnen zu sein. Sie sehen sich sogar ein wenig ähnlich, denn die Haare seiner Mutter sind heller als seine eigenen, und sie ist schmal und zierlich. Tezuka ist jetzt schon drauf und dran, größer zu werden als sie. Aber Fuji verabschiedet sich vor seiner Haustür, bevor Tezuka in die unangenehme Verlegenheit kommt, sich überlegen zu müssen, ob er ihn hereinbitten soll oder nicht. Er lächelt sanft, drückt ihm die restliche Schokolade in die Arme und bedankt sich für den schönen Tag, von dem Tezuka nicht einmal wusste, dass sie ihn hatten. Wenn er Jahre später seine Sachen ausräumt, weil er von zu Hause auszieht, wird er den absurd pinken, flauschigen Tennisball wieder finden. Er hat all die Jahre überlebt, im Gegensatz zu der Schokolade, die geschmolzen ist, die er seiner Mutter geschenkt oder sie weggeworfen hat. Fuji macht sich immer unvergesslich. Das alles, aber das weiß er erst später, sind nur Schritte auf seinem Weg. Tezuka duscht nicht gerne vor anderen. Seine Familie ist sehr traditionell und nicht einmal seine Eltern haben ihn nach seinem fünften Lebensjahr ohne ordnungsgemäße Bekleidung gesehen. Nicht viele Spieler duschen in der Schule, die meisten fahren dazu lieber nach Hause. Tezuka ist einer davon. In seinem ersten Jahr in Seigaku kann er es vermeiden. Aber in seinem zweiten Jahr wird er zum Vorsitzenden des Schülerrats gewählt und die Sitzungen sind meistens direkt nach dem Training. Er kann nicht verschwitzt bei einer Sitzung erscheinen. Also geht er das Duschen in der Umkleidekabine an, so wie er alles in seinem Leben angeht - mit einer Aura rigider Entschlossenheit. Als er den Duschraum betritt, sind nur noch zwei Leute darin. Es sind Neuntklässler und sie nicken und ignorieren ihn. Er ist auch jetzt nicht wirklich beliebt bei den Älteren, aber sie haben gelernt ihn zu tolerieren, weil er es ist, der ihrer Mannschaft die Siege bringt. Tezuka stellt sich mit dem Gesicht zur Wand unter eine Dusche und schließt die Augen. Als er sie wieder öffnet und zur Seite blickt, sind seine Senpais fort und er ist allein. Er streckt die Hand aus und greift nach seinem Shampoo, nur um festzustellen, dass er es in der Umkleidekabine vergessen hat. „Hier, bitte.“ Er fährt zusammen und sein Kopf fliegt herum. Wassertropfen fallen in beinah komischer Zeitlupe zu Boden. Fuji steht auf der anderen Seite neben ihm, ebenfalls mit dem Gesicht zur Wand und schäumt sich die Haare ein. Mit einer Hand hält er ihm eine Flasche Shampoo hin. Er sieht ihn nicht an, sondern lächelt in Richtung Wand. „Nimm ruhig“, bietet er an. Tezuka schluckt und streckt die Hand aus. „Danke.“ Stur richtet er den Kopf nach vorne, versucht den weißen, nassen Körper neben sich zu ignorieren. Mit brennendem Gesicht starrt er an die Wand, während seine nassen Hände ungeschickt versuchen, die Flasche zu öffnen. Fuji wird niemals braun, egal wie heiß der Sommer ist und wie viele Stunden er unter der glühenden Sonne verbringt. Seine Haut ist immer hell, und in diesem Moment ist sie kaum zu unterscheiden von dem weißen Schaum, der schwer und glitschig über seine Schultern tropft. Sie sind jetzt beide dreizehn, eigentlich noch Kinder, und doch schon eine ganze Weile nicht mehr wirklich. Tezuka atmet ein und riecht etwas, das süß und scharf zugleich ist, genau wie Fuji selbst. „Orange-Minze“, sagt Fuji sanft. „Was …?“ Seine eigene Stimme hallt ungewohnt laut in dem gefliesten Raum wieder. „Das Shampoo.“ Danach schweigen sie und sehen sich nicht an. Wasser rauscht in Tezukas Ohren und hämmert auf seinen Kopf und seine Schultern. Die Kacheln vor ihm sind in zartem Minzgrün gehalten und schon abgenutzt von dem jahrelangen Gebrauch; die Ränder zwischen ihnen sind braun. Fruchtige Seifenblasen tropfen über seinen Körper, hinterlassen eine scharfe, kühle Spur auf seiner bloßen Haut, als er sich die Haare ausspült. Der intensive Duft hängt in der Luft. Direkt neben ihm sind schlanke, feuchte Gliedmaßen und honigfarbene Haare, die jetzt dunkel und schwer sind vom Wasser. Er ahnt Fuji neben sich mehr als dass er ihn sieht. Er atmet ein und atmet aus. Ihr Atem und das Rauschen des Wassers ist das Einzige, was man hört in diesem Raum. Dicker, schwerer Schaum läuft über seinen Rücken und seine Hüften, macht ihm seinen Körper bewusst, der genauso nackt und entblößt ist, wie Fuji neben ihm. Und das Meer in seinem Herzen schlägt so hohe Wellen, dass er weiß, er wird darin ertrinken. Er spürt den Schaum noch, als er abends im Bett liegt. Sein Herzschlag ist schwer und dumpf, wie ein träger Fluss, und der zarte Duft nach Orange klebt an seinem Körper. Wenn er die Augen schließt, sieht er weiße Haut und einen schlanken, feuchten Körper, den er nicht einmal angeschaut hat und von dem trotzdem jede Einzelheit in sein Gedächtnis eingraviert ist. Alles an Fuji ist weich und zart … zumindest solange man die scharfen Kanten nicht zu spüren bekommt, von denen Tezuka weiß, dass sie unter der Oberfläche sind. Er kann nicht schlafen. Die Worte seiner Mutter fallen ihm wieder ein, dass Metaphern nur ein Spiel sind. Also versucht er Metaphern zu finden, für das, was in ihm vorgeht, während er sich ruhelos auf seiner Matratze herumwälzt. Fuji ist das Meer und die Nacht, minzgrüne Kacheln und der Duft von Orange … Fuji ist ein flauschig-pinker Tennisball und die Todesstille auf dem Platz, wenn er geht. Fuji ist jeder Wassertropfen, der über seinen Körper läuft …Fuji ist süß und scharf und brennt auf seiner Haut … und Fuji ist Rom … weil jeder Weg zu ihm führt … und Tezuka nicht mehr davor weglaufen kann. Und es ist kein Spiel … es ist kein Spiel mehr … Tezuka ist so jung und sein Körper wird so schnell erwachsen, dass er kaum noch mithalten kann. Er tut Dinge, die er nicht tun will und doch nicht aufhalten kann … und er atmet und atmet … und er denkt die ganze Zeit an Metaphern, an alles was Fuji ist, jede Facette, die ihn ausmacht, wie ein riesiges Puzzle aus Glassplittern, das er im Geiste zusammensetzt, so lange, bis seine Finger bluten. Danach ist ihm schlecht und er zittert, und als er etwas Feuchtes auf seinen Wangen spürt, sind es kein süß duftender Schaum und keine Wasserperlen mehr … es ist salzig und bitter. Und Tezuka weint und denkt an schwarze Wellen. Inzwischen ist Tezuka älter und weint nicht mehr. Er ist jetzt einen Kopf größer als seine Mutter und zum Valentinstag bekommt er immer noch tonnenweise Schokolade von den Mädchen - und von Fuji eine rare, meist pinke Scheußlichkeit. Er mag immer noch keine Metaphern. Als Fuji ihn eines Tages fragt, mit welchem einen Wort er ihn beschreiben würde, sagt Tezuka Rom. Und das ist die Wahrheit. Aber es ist nicht peinlichste Metapher, die er je für Fuji hatte. Die eine Metapher, die er Fuji nie erzählen wird. Orange-Minze. Das Shampoo – er hat es sich gekauft, aber nie benutzt - ist immer noch unter seinem Bett, in einer Schachtel versteckt. Und wann immer er daran riecht und die Augen schließt, denkt er an grüne Kacheln und weiße Haut … und an das Meer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)