Sensitively von Jonnella ================================================================================ Kapitel 1: Not a word --------------------- Also wirklich. Da denkt man einmal er hätte es verstanden, hätte mich verstanden, und dann entreißt die Erkenntnis, dass vielmehr das Gegenteil der Fall ist, mir die trügerisch lächelnde Illusion ganz einfach wieder. Trügerisch lächeln, ja. Es gibt nicht viel was der kleine Idiot kann, der Idiot, der da so unruhig vor mir auf dem Sofa hin- und herrutscht. Aber seinen Mund zu allen möglichen Grimassen verziehen, wenn wieder etwas nicht so läuft, wie er es gern hätte, das kann er. Ich atme tief ein, er rutscht weiter hin und her, seine Lider flackern, er traut sich wohl nicht zu mir aufzuschauen. Der Sofastoff gibt bei jeder seiner Bewegungen ein nervtötendes Ritsch von sich und verleiht mir die nötige Distanz, mich wegzudrehen und seinem Schuldbewusstsein zu entkommen. Ich sitze am Schreibtisch, zünde mir mit fahrigen Fingern eine Zigarette an und inhaliere ein wenig zu tief; meine Lunge sticht, aber ein Husten kann ich mir gerade noch verkneifen. Würde von dem Trottel im Nebenzimmer ohnehin wahrscheinlich schon wieder als ein ermutigendes Signal fehlinterpretiert werden. Ich hauche den Rauch aus, rutsche an den Schreibtisch heran und fahre den Laptop hoch. Einige klickende Geräusche, und schon bin ich wieder in einer Welt, in der ich die Fäden ziehe. So, wie ich es eigentlich ja auch in der Realität tue, würde Shuichi nur endlich begreifen, dass gewisse Dinge im Leben einfach gegeben sind. Würde, hätte, wäre, könnte... er tut es ja doch nicht. Dieser Trotz, diese Blauäugigkeit, diese- Dummheit! Diese Dreistigkeit, mir immer wieder dieselben Dinge vorzuwerfen und mich dabei mit dieser Mischung aus Nachsicht und Ernst anzuschauen, die mich heute einmal mehr die Beherrschung hat verlieren lassen. Die Tür des Arbeitszimmers klappt leise auf und ein paar Sekunden später wieder zu. Leichte Schritte nähern sich etwas zögernd von hinten, dann spüre ich, wie mein Stuhl sanft, aber unwiderstehlich herumgedreht wird und blicke in ein paar amethystfarbene Augen. "Was willst du?" Meine Stimme ist kalt und schneidend, und ich fühle auch nichts, als ich in das flehende Gesicht vor mir blicke. Er atmet heftig ein und aus, und kurzzeitig bilde ich mir ein das Wummern seines Herzschlags hören zu können. Idiot. "Ich... mit dir reden. Yuki, du weißt doch, dass ich Recht habe... du musst ihn vergessen, du gehst sonst noch daran kaputt. Ich hab dich beobachtet, du isst fast gar nichts mehr, und ich... ich mache mir doch nur..." Er unterbricht sich. Mein starrer Blick macht ihn nervös. So dumm, so naiv, so leicht zu manipulieren. Im krassen Gegensatz dazu jedoch mit einer Ignoranz und Arroganz gesegnet, die die jedes anderen Menschen im Umkreis dieser Wohnung bei weitem übertrifft. Dabei kann er mich nicht verstehen, niemand kann das. "Hättest du damals.... an deiner Stelle würde ich... du könntest heute doch ganz einfach.... wäre das Vergessen wirklich so schlimm..." Mit Sprüchen wie diesen werde ich tagtäglich zugedröhnt wie ein Diktiergerät. Und? Bewirken sie irgendetwas? Warum kapiert dieser Trottel nicht endlich, dass nichts gut wird, gut ist in dieser Welt? Benutzen oder benutzt werden, you get what you give, fressen oder gefressen werden... "Yuki?" Die kleine Stimme unterbricht meinen Gedankenfluss jäh. Ich bin wieder in der Realität, mit einem kleinen heulenden Idioten an meiner Seite, der sich mittlerweile auf meinen Schoß breit gemacht und die Arme um mich geschlungen hat. Er presst mich so dicht an sich, dass es beinahe schmerzhaft ist. Ein rhythmisches Pumpen dringt an mein Ohr... sein Herz klopft wirklich sehr schnell. Und vielleicht ist es das, was anders als sein Gewinsel und Geheule, etwas in mir berührt... was mich die Arme um ihn schlingen, mich meinen Kopf heben lässt und seinem Gesicht erlaubt, sich gegen meines zu lehnen. Einige Minuten verweilen wir so. Schließlich jedoch richtet er sich wieder auf, schnieft einmal kurz und wischt sich mit seinem Ärmel den Rotz und die Tränen ab... also wirklich. Ein kleines Kind ist er, und er wird es immer bleiben. Kinder stellen immer diese unangenehmen Fragen, schleudern dir ungefragt jede ihrer Emotionen ins Gesicht, sind nicht einmal in der Lage, sich selbst zu beschützen, bis sie erwachsen werden und sich in jenem Netz der Lügen und Heuchelei verstricken, das uns alle noch eines Tages erwürgen wird. Und nur Kinder haben diesen gewissen Blick... als schauten sie tief in dein Innerstes, legten den hässlichen Kern, der dir innewohnt bloß... so dass dir deine Lügen im Halse stecken bleiben. Ich hasse diesen Blick, den Shuichi meisterlich beherrscht und der in mir etwas aufweckt, was nicht aufgeweckt werden darf. Ich richte mich in dem Ledersessel auf. Es fällt etwas schwer, schließlich sitzt der Kerl mit seinem ganzen Gewicht auf mir, aber dann schwebt sein Gesicht genau vor meinem und wir schauen uns in die Augen. Eine leichte Röte macht sich auf seinen Wangen bemerkbar, und lässt mich innerlich aufseufzen. Kinder sind eine Pest. Eine Plage. Laut, lästig und anstrengend. Aber sie haben etwas an sich, dass dich die Wut auf sie immer wieder vergessen lässt, egal, was sie angestellt haben... "Nun guck nicht so. Ich werd dich schon nicht auffressen." Spöttisch verziehe ich meine Lippen zu einem schmalen Lächeln und nehme gleichzeitig erleichtert wahr, wie auch seine Mundwinkel Richtung Ohren wandern, und sein Mund sich ebenfalls zu einem Lächeln formt, jedoch zu einem viel breiteren und schönerem Lächeln. "Nein, das nicht. Aber du warst vorhin wieder so sauer, und da dachte ich..." Erschrocken schnappt er nach Luft, als meine Lippen seine verschließen, während ich ihm innerlich möglichst viele (und möglichst grausame) Tode an den Hals wünsche. Warum muss er jetzt denn nur wieder damit anfangen? Wieso kann er diese ganzen beschissenen Themen nicht einfach ruhen lassen? Daran wird er arbeiten müssen, wenn er nicht will, dass ich ihn und sein elektrisches Heizkissen mitsamt penetranten Summtönen vor die Tür setze... aber nicht jetzt. Jetzt werde ich fürs Erste nachgeben, denn aus irgendeinem Grund lässt auch mich die Nähe... deine Nähe... nicht völlig kalt. Stoff raschelt, als wir vom Sessel hinunter auf den Boden gleiten. Ich fahre fort dich zu küssen. Alles, deine Wangen, deine Nasenspitze, schließlich wieder deine Mundwinkel. Eine Strähne ist dir ins Gesicht gefallen, und als ich sie vorsichtig wegstreiche, seufzt du leise auf. Du zitterst leicht, hast aber immer noch dieses glückliche Lächeln auf den Lippen, das dein Gesicht so viel schöner erscheinen lässt, als das endlose Gejammer, auf das deine Mimik normalerweise abonniert ist. Wie du da so vor mir auf dem Boden liegst und langsam deine Augen schließt, bereit, alles mit dir machen zu lassen, wonach mir der Sinn steht, wirkst du so verletzlich, so zerbrechlich, dass mir für einen Moment ganz anders wird. Hastig presse ich meine Lippen zuerst auf deine, lasse sie dann langsam deinen Hals hinunterwandern, bevor ich mit meinen Händen unter dein T- Shirt fahre und es dir über den Kopf ziehe. Deine nackte Brust hebt und senkt sich gefährlich schnell. Du stöhnst auf, als ich deinen Bauch mit einer Spur Küssen bedecke, vergräbst deine Finger in meinen Haaren. Nun, nicht so hastig. Du wirst ein bisschen leiden müssen heute Abend, auch wenn ich unseren Streit von vorhin schon fast vergessen habe. Wüssten Seguchi oder meine Schwester davon, hätte ich innerhalb eines Augenblickes wieder eine Million Fragen am Hals, alle auf meine ungewohnte Nachgiebigkeit dir gegenüber bezogen... Alle diese Überlegungen zerplatzen in dem Moment, als ich deine kleine Hand unter mein Hemd schlüpfen spüre, fühle, wie sie ganz langsam über meine Haut fährt, so ruhig, so bedächtig, wie ich es dir niemals zugetraut hätte. Eine feine Gänsehaut überzieht meine Wirbelsäule. Du fährst fort mich zu streicheln, richtest dich auf, legst die andere Hand an meine Wange und leckst mit deiner Zunge zuerst über meine Lippen, bevor du mit ihr in meinen Mundraum eindringst, die meine berührst und sie zärtlich umschlingst. Für einen Moment... einen winzigkleinen Moment lasse ich mich in diese Berührung, in diesen Augenblick fallen. Dann habe ich mich wieder in der Gewalt. Während deine Hände mir das Hemd aufknöpfen, stütze ich mich links und rechts von dir ab und blicke dir in die Augen. Der Stoff fließt von meinen Schultern und ich lasse ihn zu Boden gleiten, dann ergreife ich deine Hand, mit der du mir wohl gerade wieder über die Brust streicheln wolltest , und lege meine Lippen auf sie. Ich küsse jeden deiner Finger, sauge ein wenig an ihnen. Die ganze Zeit blickst du mit leicht geöffnetem Mund von deiner liegenden Position zu mir hoch und atmest in leisen, zischenden Lauten aus. Ein Blick auf deine Hose bestätigt meinen Verdacht, sie spannt verdächtig über deinem Schritt. Als ich deine Hand loslasse und mit den Fingern deinen Gürtel zu öffnen beginne, weichst du meinem Blick aus und deine Wangen werden noch röter. Ich muss grinsen, ziehe deine Jeans herunter und beuge mich dann wieder über dich, meine Lippen sind an deinem Ohr. Sanft lecke ich über deine Ohrmuschel, eigentlich ein Trick von dir, aber jetzt kommt er mir sehr gut zupass. Ich merke, wie du unter mir erzitterst, als ich dir meinen warmen Atem ins Ohr hauche, und schließlich meine Hand auf deine Shorts lege. "Yuki..." Immer tust du das. Immer stöhnst du währenddessen meinen Namen, so als wäre er das einzige, was für dich noch präsent ist. "Yuki..." Immer wieder. Du windest dich leise stöhnend auf dem Boden hin und her, wirfst deinen Kopf von einer Seite auf die andere. "Yuki..." Du schlingst die Arme um meinen Hals, als ich dein Becken leicht anhebe und in dich gleite. Klammerst dich an meine Schultern wie ein Ertrinkender, stemmst dich meinen Stößen entgegen, dein Blick verklärt sich, wird immer entrückter. Als du das erste Mal heiser aufschreist und dich eng um mich zusammen ziehst, muss auch ich unwillkürlich stöhnen. Der Anblick, wie du dich an mich klammerst und meinen Namen aus dir herauskeuchst, während dein zarter Körper immer noch von der abwellenden Erregung zittert und du deine Nägel schon schmerzhaft in meine Schultern krallst... es würgt mich in meiner Kehle, und ich ziehe dich unwillkürlich an mich. Deine Augen öffnen sich langsam, deine Wimpern sind noch ganz verklebt von Schweiß und dein Blick immer noch glasig, aber du lächelst mich an. "Yuki..." Du fasst mich bestimmend bei den Schultern, und ehe ich realisiere was du vorhast, liege ich bereits auf dem Rücken, und fühle die Kälte der Fliesen an meinem schweißüberströmten Rücken. Du setzt dich auf mich und nimmst mich erneut in dich auf. Ich suche deinen Blick, überrascht von deiner plötzlichen Initiative, wo du dich doch sonst so beherrschen lässt, aber du hast den Kopf in den Nacken gelegt und beginnst dich langsam zu bewegen. Eine Hitze steigt in mir auf, die ich so noch nie gespürt habe. Ich sehe nur noch dich, spüre deine weiche Haut, höre nur noch deinen schnellen Atem, der sich mit meinem vermischt.... und in diesem Moment wünsche ich mir, diesen Augenblick für immer festhalten zu können... dich für immer festhalten zu können... Du intensivierst deine Bewegungen immer mehr, jagst Wellen der Erregung durch mich durch. Jagst Stromstöße durch mich durch. Ich sehe nichts mehr von dieser Welt, keine Farben, Formen mehr, nichts, nur noch dich, nur dich... "Yuki...ich bin für dich da..." Deine Stimme ist überall, überall um mich herum, rauscht in meinen Ohren. Oben und unten fühle ich nicht mehr. "Ich lasse dich niemals allein, hörst du..." Sie vernebelt alles. Bohrt sich direkt in mein Herz. "Ich liebe dich... ich liebe dich so sehr..." Sie dringt in mich ein, füllt alles aus, meinen ganzen Körper... bringt ihn zum Überlaufen... Etwas in mir lässt los. Ich spüre, wie es mir langsam heiß die Wange hinunterläuft, und während die Wellen des Höhepunktes über uns schwappen, greifen meine Finger nach deinen und verschränken sich mit ihnen. Dann vergrabe ich meine Finger in deinen Haaren, drücke dich an mich, damit du mein Gesicht nicht siehst. Lächle leise unter Tränen. ***** Es ist schon spät in der Nacht, als ich wieder aufwache. Der Mond scheint hell ins Zimmer, beleuchtet den Pink gefärbten Haarschopf, der ruhig neben mir auf dem Kissen liegt. Ich habe dich heute Nacht hergetragen, als die Muskeln in meinem Rücken sich von den harten Bodenfliesen schon schmerzhaft zusammenkrampften. Du hast dich kaum geregt, nur deine Arme in deiner üblichen besitzergreifenden Art fest um mich geschlungen und dein Gesicht mit einem Lächeln an meine Brust geschmiegt. Warum nur habe ich dich heute in mein Bett getragen, anstatt dich wie sonst auf dein Lager auf der Couch zu schicken? Diese Frage verdränge ich lieber schnell, drehe mich stattdessen zum Nachtschränkchen um und entnehme ihm eine Flasche Mineralwasser. Die Tropfen laufen kühlend über meine Lippen, machen meinen Kopf wieder etwas klarer, der von den Ereignissen dieses Abends noch immer wie betäubt ist. Schweigend betrachte ich dich. Blicke in dein ruhiges Gesicht, lausche den gleichmäßigen Atemzügen. Beuge mich über dich, dein Atem kitzelt meine Haut. Halb im Schlaf streckst du mechanisch die Hand nach mir aus, lässt sie wieder sinken. Ich setze mich auf, hebe deinen Kopf leicht an, lege ihn auf meine Beine. Streife dir ein paar Strähnen aus der Stirn. Mein Blick schweift zur Tür, die zum Arbeitszimmer führt. Die noch nicht redigierten Manuskriptseiten stapeln sich auf meinem Schreibtisch, eigentlich müsste ich weiter an meiner Geschichte schreiben. An meiner Welt schreiben. Die mir gehört, in der ich die Fäden ziehe. Eine vertraute Welt. Aber zum ersten Mal... möchte ich lieber hier bleiben. Ich lehne mich nach hinten, lasse jedoch meinen Blick nicht von deinem Gesicht. Meine kleine Nervensäge. Du bist kindlich. Naiv. Anstrengend. Morgen früh wirst du mir wieder mit deinem endlosen Geplapper auf die Nerven fallen, wirst mich vollkommen für dich beanspruchen, meine Nerven zum Reißen bringen und wieder in endlose Streitereien mit mir geraten. Ich werde dich so kalt behandeln wie immer, deine Gefühle von mir weisen. Dir sagen, dass du verschwinden sollst. Das Gegenteil meinen. Aber irgendetwas hat sich heute Abend in mir gewandelt. Vielleicht kann ich dir deine Beteuerungen eines Tages glauben. Ich glaube fast, ich will es. Ich spüre, wie meine Lider immer schwerer werden. Das Letzte, was ich sehe, bevor ich mich in die Dunkelheit sinken lasse, ist dein Gesicht. Und zum zweiten Mal an diesem Abend lächle ich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)