Spherium von Yuugii (Kaiba/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 29: Kapitel 29 ---------------------- Lautes Gemurmel erfüllte den Raum. Erst jetzt fiel Kaiba auf, dass sämtliche Blicke auf ihm lagen. Es wurde getuschelt und hinter seinem Rücken gesprochen. Dieser verdammte drittklassige Duellant hatte es mal wieder geschafft, nicht nur sich selbst sondern auch ihn – Kaiba Seto, einer der meist angesehensten Männer der ganzen Welt – bis auf die Knochen zu blamieren. Ein unangenehmer Knoten bildete sich in seinem Hals und er wusste zum ersten Mal seit langer Zeit nicht, was er sagen sollte. Erst mal Ruhe bewahren, das war das Wichtigste. Bloß nicht noch mehr Aufsehen erregen und die Situation irgendwie entschärfen. Mokuba durfte auf keinen Fall in dieses Krisengebiet reinkommen. Es war das letzte, was Kaiba wollte, dass ausgerechnet sein Bruder ihn in so einer Situation sah. Er hob seine Hand und rieb sich instinktiv sein Nasenbein, um irgendwie das Rauschen in seinem Kopf abzudämpfen und wieder klare Gedanken fassen zu können, doch selbstverständlich – was hatte er bei einem Kerl wie Jounouchi auch anderes erwartet – kam es ganz anders. Der Blonde wurde nur noch ungehaltener. Auch Yuugis Versuch zu schlichten, half da gar nichts. „Siehst du, Yuugi?!“, rief er plötzlich so laut aus, dass nicht nur Yuugi und Kaiba sondern auch alle anderen im Saal leicht zusammenfuhren. „Selbst jetzt sieht er es nicht für nötig, dir überhaupt zuzuhören! Einmal ein Arsch, immer ein Arsch. Bei dem sind Hopfen und Malz verloren!“, knurrte der Blonde und zeigte Schuld zuweisend auf den Brünetten. Dieser stieß seinen Atem aus, von dem er nicht mal gewusst hatte, ihn gehalten zu haben. Dieser Kerl war das Chaos selbst. Kein Wunder, dass Kaiba ihn nicht ausstehen konnte. Kaiba hasste Unordnung. Chaos. Planlosigkeit. Menschen, die nicht einmal merkten, wann man am besten den Mund halten sollte. Dass Jounouchi ihre Umgebung nicht in Betracht zog und die Menge auch noch ignorierte und auch noch fütterte, indem er ihnen eine noch größere Show bot, war ja schon Beweis genug, dass in seinem Oberstübchen ein Vakuum herrschen musste. Allem voran ärgerte es Kaiba, dass er sich das schlechte Verhalten dieser ungezogenen Pavians auch noch in seiner eigenen Villa gefallen lassen musste. Dabei ging es ihm nicht mal darum, sich ernsthaft mit diesem zu streiten, sondern ihn auf sein Fehlverhalten hinzuweisen. Kaiba ging sämtliche möglichen Szenarien und Antworten im Kopf rasch durch und entschied, dass es jetzt am besten war Dominanz zu zeigen und irgend möglich die Situation zu entschärfen. Warum nur musste Yuugi ausgerechnet ihn mitbringen? Jounouchi hatte absolut keine Ahnung von Etikette. Vermutlich kannte er das Wort nicht einmal! „Jou-nou-chi“, brachte Kaiba nun hervor. Er machte zwischen jeder Silbe eine Pause und seine Stimmlage verriet, dass er keine Lust hatte, sich noch weiter mit diesem kindischen Getue zu befassen. Nicht nur sein tiefer Tonfall, auch sein finsterer alles vernichtender Blick verriet, dass er nicht die Absicht hegte, vor seinen Gästen noch weiter zu diskutieren. Mit Jounouchis Starrsinn hatte er jedoch nicht gerechnet. Dieser schäumte vor Wut. „Kaiba, ich lasse mir vieles gefallen, aber dass du es wagst, mich aufgrund meiner Kleidung zu beurteilen, geht zu weit. Ich erwarte eine Entschuldigung.“ „Ich soll mich bei dir entschuldigen?“ Kaiba zog amüsiert eine Augenbraue hoch und sah dem Blonden nun direkt in die Augen. Das war das erste mal, dass er Blickkontakt zu Jounouchi aufbaute und dieser länger als fünf Sekunden hielt. „Zu deiner Information, weder habe ich dich eingeladen, noch darum gebeten, dass du dich wie ein Affe im Zirkus aufführst. Würdest du auch nur einen kleinen Funken Grips besitzen, hättest du sofort gemerkt, dass ich dich lediglich auf dein Fehlverhalten hinweisen wollte. Es gehört zur guten Etikette, mit dem Essen zu warten, bis der Ehrengast da ist, doch du bist offensichtlich nur hier, um dir ordentlich den Wanst vollzuschlagen.“ Yuugi wollte dazwischen gehen, doch Kaiba sah nun auch ihn direkt an. „Yuugi.“ Angesprochener fuhr direkt zusammen und sah den Brünetten mit großen, fragenden Augen an. „Vielleicht hättest du dir selbst auch mal Gedanken machen sollen, wen du als Begleitung mitbringst oder zumindest deinen blonden Freund besser aufklären sollen. Es schickt sich nicht, den Teller am Buffet bis zum Rand zu befüllen.“ Kaiba zeigte auf Jounouchis Teller, auf welchem verschiedene Speisen durcheinander aufgeschichtet waren und welcher vollkommen überladen war. „Das Buffet wird vom Partyveranstalter eröffnet. Ich kann mich nicht daran erinnern, es bereits eröffnet zu haben. Sämtliche warme Speisen sind sogar noch abgedeckt und selbst jetzt ist der Küchenchef noch dabei, das Essen anzurichten. Ich habe euch Getränke angeboten, aber niemals gesagt, dass ihr euch schon bedienen sollt. Vielleicht hätte ich mich anders ausdrücken sollen.“ „Trotzdem ist das kein Grund, mich zu beleidigen“, murrte Jounouchi nun etwas leiser, beinahe einsichtig. Niemals würde er sich ausgerechnet bei dem Typen entschuldigen! Selbst wenn er Recht hatte, so würde es seinen Stolz verletzen, ihm die Genugtuung zu geben, tatsächlich im Recht gewesen zu sein. Auf eine Entschuldigung konnte er lange warten. Was bildete er sich überhaupt ein? Es war ja nicht so, dass Jounouchi hier war, weil er Kaiba sehen wollte. Nein, er war nur hier, um auf Yuugi aufzupassen und Mokuba zu begrüßen. Kaiba war nur ein unnötiger Störfaktor. „Kaiba-kun, es tut mir leid“, sagte Yuugi und verbeugte sich vor dem Brünetten. Jounouchi fiel die Kinnlade in den Keller. „Yuugi! Was soll das?“ Panisch hob er seine Hände und er spürte, wie sein Herz bis an seinen Hals schlug. „Schon in Ordnung, Yuugi. Versprich mir nur, dass du auf deine Begleitung etwas besser aufpasst und dass er mir nicht das gesamte Buffet auffrisst.“ Obwohl Jounouchi sich angegriffen fühlen sollte, verwunderte es ihn viel mehr, wie freundlich Kaiba auf einmal war und dass er nun ein leichtes Lächeln auf den Lippen trug. Yuugi gegenüber verhielt er sich weitaus zurückhaltender, beinahe nett und obwohl die Stimmung bis eben noch am Kochen war, schien sich alles bereits beruhigend zu haben. Genau genommen hatte Jounouchi fest damit gerechnet, dass Kaiba ihn nun herauswerfen ließ, stattdessen tat er so, als wäre nie etwas passiert. Er würdigte Jounouchi keines Blickes mehr, stattdessen schenkte er seine gesamte Aufmerksamkeit Yuugi. „Das werde ich“, kam es mit einem warmen Lächeln von Yuugi. Jounouchi sah die beiden abwechselnd an. Irgendetwas ging hier vor sich! Und das gefiel ihm überhaupt nicht. Wie hatte Yuugi es geschafft, Kaiba so schnell zu beruhigen und ihn zur Vernunft zu bringen? Warum verhielt sich Kaiba plötzlich so freundlich und was sollte dieses ekelhafte Lächeln auf seinen Lippen? Vermutlich war das auch wieder eine Falle und er täuschte Yuugi den netten Gastgeber vor und am nächsten Tag würde Yuugi seine Kündigung in der Hand halten. »Fuck... was habe ich nur getan?!«, schoss es ihm durch den Kopf. Was wäre, wenn Kaiba Yuugi tatsächlich wegen ihrer kleinen Streitigkeit kündigen würde? Yuugi war das Projekt Spherium wichtig und Jounouchi hätte es sich niemals verzeihen können, wenn Yuugi seinetwegen die Möglichkeit verlor, seinen Traum zu erfüllen. Er biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick, starrte den Boden an. Über seine Stirn liefen Schweißperlen. Selbst Yuugi verhielt sich unterwürfig, um Kaiba zu gefallen, weil er diese Chance nicht verlieren wollte. »Sich bei dem da entschuldigen? Nein... das kann ich nicht. Eher beiße ich mir die Zunge ab. Aber was, wenn Yuugi deswegen leiden muss? Ich darf Yuugis Zukunft nicht wegen meinem Stolz gefährden und auch wenn ich's ungern zugebe... ein kleines bisschen habe ich mich tatsächlich daneben benommen. Shit...« „Kaiba, ich werde mich benehmen. Wir hatten beide Schuld und es tut mir leid, falls ich dich gekränkt haben sollte.“ Kaiba zog verwundert beide Augenbrauen hoch und konnte seinen Blick nicht mehr von dem Blonden nehmen. Diese Reaktion erstaunte ihn dermaßen, dass er keine Worte fand. Jounouchi entschuldigte sich? Zumindest kam es ihm so vor, als hätte der Blonde seinen Fehler tatsächlich eingesehen und diese Einsicht, dieses ihm völlig unbekannte Verhalten, warf sein ganzes Weltbild durcheinander. Auch Yuugi sah den Blonden an. Yuugi fiel aus allen Wolken. Kaiba starrte den Blonden einfach nur an. Wieso sagte keiner etwas? Auch die anderen Gäste hatten sich wieder in ihren eigenen Gesprächen eingefunden und es kam ihm so vor, als hätte er nun doch etwas Falsches gesagt. Hätte er doch besser den Mund halten sollen? Aber es machte ihn unglaublich zufrieden, Kaiba so zu sehen. Kaiba, der nichts sagte und ihn einfach nur anstarrte und dabei ein ungewohntes Bild abgab. So menschlich. So geistesabwesend. Jounouchis Worte hatten ihn vollkommen aus der Bahn geworfen. So hatte er den Firmenchef noch nie gesehen und diese Reaktion war Gold wert. Zu gerne hätte er ein Foto von diesem Gesichtsausdruck gemacht und es sich eingerahmt, nur um es sich an seine Trophäenwand aufzuhängen – nicht dass er eine gehabt hätte, aber in gewisser weise war das hier ja ein Sieg und durchaus Grund genug, um tatsächlich anzufangen Trophäen zu sammeln. „Jounouchi, auch wenn du es nicht glaubst, aber ich tue viel, um die Armut in Domino zu bekämpfen und es war falsch von mir, mich über dein Aussehen lustig zu machen.“ Kaiba schienen diese Worte ganz leicht über die Lippen zu kommen, doch in Wirklichkeit kostete es ihn sehr viel Beherrschung, dies auszusprechen. Yuugis Anwesenheit beruhigte ihn irgendwie. Nicht, weil Mokuba jeden Moment zurückkommen würde, wollte er dieses Missverständnis aufklären, sondern weil er Yuugi nicht enttäuschen wollte und die Vertrauensbasis, die sich gerade zwischen ihnen aufbaute, nicht unnötig belasten wollte. Yuugis offene und liebenswerte Art war wichtig für ihn und seine Firma. Er konnte nicht zulassen, dass dieser Abend zwischen ihnen stand und ihr zukünftiges Arbeitsverhältnis belastete. Und außerdem... tat es ihm tatsächlich ein klitzekleines wenig Leid, dass er Jounouchi aufgrund seines sozialen Standes beurteilt hatte. Er wusste doch selbst, was es bedeutete, arm zu sein und sein inneres Kind verpasste ihm einen Schlag in die Magengrube, sodass er sich krümmte und seine eigenen Worte hinterfragte. Seit wann hatte er so angefangen zu denken? Was hatte ihn nur geritten, Jounouchis aufgrund seiner Kleidung zu beurteilen? Er wollte vieles sein, aber kein oberflächlicher Mensch, der Menschen nach arm und reich einsortierte. Er strebte eine faire Verteilung an. Genau aus diesem Grund waren die Dueldisks so günstig. Kaiba Corporation gab immer wieder Rabatte auf ihre Produkte und das nur, damit sich auch arme Kinder ihre Spiele leisten konnten. Damit auch arme Kinder in einen Freizeitpark gehen konnten. Das war es doch, was er ursprünglich vorhatte. „Ich weiß...“, kam es noch leiser von Jounouchi, der sich verlegen seinen Hinterkopf rieb. Seine Wangen nahmen einen zarten rosa Farbton an und es war ihm sichtbar peinlich, dass er Kaiba recht geben musste und auch die folgenden Worte, die ihm auf der Zunge lagen, waren alles andere als einfach auszusprechen. „Dank dir sind die allgemeinen Preise von Bus und Bahn gesunken. Ich weiß, dass du viel für unsere Stadt tust und dafür bin auch ich dir dankbar.“ „Kaiba-kun, auch ich möchte dir danken.“ Yuugi war unheimlich froh, dass Kaiba zurückgerudert war und von sich aus die Situation entschärfte. Er war stolz auf Kaiba, der von selbst seinen Fehler eingesehen hatte und er war sich sicher, dass es zukünftig nur noch besser werden konnte. „Was denn...? Mein Bruder und Jounouchi in einem Raum und das Anwesen steht noch? Ich dachte, dass ihr beide euch streiten würdet, sobald ihr euch auf zehn Kilometer riecht.“ Eine vertraute Stimme, die auf der Stelle sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Kaiba seinen kleinen Bruder an. Sein Mund war ein Spalt breit geöffnet und seine Hände zitterten leicht vor Aufregung. Dass Mokuba nun direkt vor ihm stand, war wir ein Traum. Doch er wollte jetzt keine Schwäche zeigen. Nicht vor all den Gästen. Er überlegte, wie er Mokuba entgegentreten sollte und er hob eine Hand. Händeschütteln wäre sicher eine gute Idee. Doch Mokuba warf sich ihm um den Hals und legte seine Arme um ihn, drückte ihn so fest, dass ihm die Luft förmlich wegblieb. Es war ihm unangenehm, dass all diese Menschen ihn so sahen. Trotzdem brachte er nicht die Kraft auf, ihn von sich zu schieben. Irgendwie genoss er diese herzliche Begrüßung und es gab ihm das Gefühl, dass er Mokuba davon überzeugen konnte, dass er immer für ihn da sein würde. Mokuba war viel zu wichtig von ihm und er brachte es nicht übers Herz, ihn von sich zu stoßen. Stattdessen legte er zaghaft seine Arme um seinen kleinen Bruder. Seine Gefühle zuzulassen und somit seinen Bruder zuzulassen und ihm das zu geben, was er tatsächlich brauchte, tat gut. „Willkommen zurück, Moki“, sagte er so leise, dass nur sein Bruder ihn hören konnte. Mokuba schluckte und für einen Moment hielt seine ganze Welt still. Es war viel zu lange her, dass sein Bruder ihn so genannt hatte. Dabei war dieser Spitzname so wichtig für ihn gewesen und ein Teil ihrer Vergangenheit, die Mokuba, im Gegensatz zu seinem Bruder, nicht einfach auslöschen wollte. Auch die Zeit im Waisenhaus war ein wichtiger Bestandteil seines Lebens und er dachte gern daran zurück, wie sie abends in ihrem Zimmer saßen, über ihre Zukunftswünsche sprachen, ihr Leben planten und in Träumen schwelgten, während Kaiba ihm nebenbei Schachspielen beibrachte. Miteinander zu reden war vollkommen normal für sie gewesen, bis Gozaburou sie adoptiert hatte. Und diesen Bruder, der lächelte und offen mit ihm redete, wollte er zurückhaben. Jetzt, wo er so in den Armen seines Bruders lag, hatte er das Gefühl, dass dieser Bruder, den er seit so langer Zeit gesucht hatte, immer noch da war und dass sich nun endlich etwas ändern würde. „Ich bin zurück, Seto.“ Mokuba warf einen kurzen verstohlenen Blick zu Yuugi. Dieser nickte ihm zu. Yuugi hatte sein Versprechen gehalten und die Dankbarkeit, die er ihm gegenüber empfand, war nicht in Worte zu fassen. »Yuugi... du hast mich und Seto schon wieder gerettet. Ich kann dir dafür niemals genug danken.« Als sich die beiden Brüder trennten, sahen sie sich in die Augen. Da war Entschlossenheit in Kaibas Augen und Wärme. „Gut, ich eröffne das Buffet. Bedient euch, meine Damen und Herren“, kam es laut und beinahe fröhlich von Kaiba. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)