Spherium von Yuugii (Kaiba/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 13: Kapitel 13 ---------------------- Eine ereignislose Woche verging. Yuugi hatte weder Kaiba noch Mokuba nochmal kontaktiert. Am Abend zuvor bekam er eine Nachricht von Mokuba, wo er ihm ganz schlicht nur berichtete, dass er nun am Flughafen sei und dass er Yuugi viel Glück und Erfolg wünschte. Ganz schön frech, wie Yuugi fand. Dabei wusste der Schwarzhaarige genau, dass es mehr als Glück und Erfolg brauchte, um jemanden wie Kaiba von seinen Fehlern zu überzeugen. Was er brauchte, war ein Wunder. Heute war Montag. Yuugi fragte sich, ob Kaiba davon Wind bekommen hatte, dass sein kleiner Bruder einfach das Anwesen und ihn hinter sich gelassen hatte und nun vermutlich irgendwo in Amerika genüsslich Wein trank und sich eine schöne Zeit mit seiner Freundin machte? Kaiba hatte ihm gesagt, er würde sich noch einmal melden und dass Yuugi dann zum Firmengelände kommen würde. Grummelnd warf er einen Blick auf die Uhr. Da er davon ausging, dass Kaiba ihn früh morgens anrufen und in sein Büro zitieren würde, war er extra früher aufgestanden. Und jetzt saß er hier auf seinem Bett und wartete darauf, dass das Telefon endlich klingelte. Da Kaiba seine Unordnung angesprochen hatte, hatte er sogar aufgeräumt. Immerhin schämte er sich, dass ausgerechnet Kaiba, zu dem er hoch sah und ihn unglaublich respektierte, dieses Chaos gesehen hatte. Seine Mutter hatte längst aufgegeben, ihn zur Ordnung zu ermahnen und ihn auszuschimpfen, wenn sein Zimmer mal wieder in Wäschehaufen und Müll ertrank, da sie der Meinung war, dass ein erwachsener Mann durchaus in der Lage sein sollte, von selbst auf die Idee zu kommen, aufzuräumen und zwischendurch mal den Staubsauger in die Hand zu nehmen. Da hatte sie natürlich Recht. Trotzdem war Yuugi zu sehr beschäftigt gewesen, um auf seine Umgebung zu achten. Weder sein Großvater noch Katsuya sagten etwas zu seinem zugemüllten Zimmer. Katsuya meinte lediglich, dass man sofort spürte, dass hier jemand lebte, wodurch er sich direkt wohler fühlte. Er wackelte mit einem Bein und faltete dann die Hände. Noch immer keine Reaktion. Kein Anruf. Da Kaiba ja ein vielbeschäftigter Mann war, wollte Yuugi glauben, dass dieser vielleicht gerade in einem Meeting saß oder irgendwelche anderen Arbeiten erledigen musste. Wohl kaum würde ein gewissenhafter Mann wie Kaiba vergessen, dass er ihn anrufen wollte... oder doch? Übereilt sprang er von seinem Bett auf und lief nervös in seinem Zimmer hin und her. Was wenn Kaiba ihn doch vergessen hatte? Nein, das würde er nicht. Viel zu lang zermarterte er seinen Kopf mit diesen Gedanken und lenkte sich selbst ab, sodass er gar nicht mehr mitbekam, dass das Telefon klingelte. Da Yuugi so panisch war und alles um sich herum vergaß, musste sein Großvater extra die Treppen hochkommen, um ihm den Hörer in die Hand zu drücken. „Ich habe dich mehrmals gerufen, aber du hast mich einfach nicht gehört!“, erklärte der Ältere und verschwand wieder. „Yuugi.“ Kaibas tiefe und wohlklingende Stimme ließ ihn hart schlucken. Mist, der erste Tag und ihr erstes gemeinsames richtiges Meeting und er hatte bereits versagt. „Ich werde nur ungern warten gelassen. Ich habe dir Isono geschickt. Er sollte gleich da sein. Mach dich fertig und bring deine Entwürfe noch mal mit.“ „Es tut mir Leid...“, hauchte Yuugi in den Hörer. „Entschuldige dich nicht ständig. So nimmt dich niemand ernst.“ „V-verstanden, Kaiba-kun!“ Kaiba raunte genervt ins Telefon und legte einfach auf. Schon wieder Mist gebaut. Jetzt war Kaiba schlecht gelaunt und der Tag hatte noch nicht einmal angefangen. Ob das gut gehen konnte? Er hörte das Brummen des Motors. Isono wartete bereits auf ihn. Auf einmal fühlte sich Yuugi wieder unwohl und er wäre am liebsten wieder unter die Bettdecke gekrochen. Aber Schwanzeinziehen galt nicht! In der großen Limousine fühlte sich Yuugi irgendwie fehl am Platz. Die Sitze waren aus rotem Satin und der Sitzbereich so geräumig, dass man locker einen Billardtisch in der Mitte hätte aufstellen können und immer noch genügend Platz gehabt hätte, um diesen herum zu laufen. Es verwunderte ihn, dass Kaiba ihn so eine Limousine schickte. Extravagant und auffallend. Nicht, dass er von dem Präsidenten der meist gefragtesten Firma der Welt etwas anderes erwartet hätte. Wenn Kaiba etwas tat, dann immer im großen Stil. Wäre ja nicht auszudenken, wenn irgendjemand ihn überbot und auch nur ansatzweise an ihn herankam. Isono sprach während der ganzen Fahrt kein Wort mit ihm. Der arme Kerl sah so aus, als würde er jeden Moment vor dem Steuer einschlafen. Die Augenringe verrieten viel darüber, wie sehr er sich anstrengte und wie schwierig es sein musste als Chauffeur für die Kaiba Brüder zu arbeiten. Da war keine Zeit für Pausen oder Privatleben. Gerne hätte Yuugi seinem Fahrer ein paar Fragen gestellt und mehr über diesen erfahren. Er kannte nur seinen Nachnamen und wusste, dass er während des Battle City Turniers als Schiedsrichter dabei gewesen war. Dieser Mann war ein loyaler Angestellter von Kaiba und schien mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein. Yuugi staunte nicht schlecht, als Isono endlich den Mund öffnete. Fast hätte er geglaubt, dass dieser Mann seine Stimme verloren hätte. „Wir sind da. Mutou-san, lassen Sie Kaiba-sama nicht zu lange warten, ansonsten wird er ungehalten.“ „Vielen Dank fürs Fahren.“, kam es Yuugi aus Gewohnheit über die Lippen. Isono hob fragend eine Augenbraue. „Kein Problem. Und viel Glück!“ Isono schien es nicht gewohnt zu sein, für seine Arbeit gelobt zu werden und gar ein Dankeschön für seinen Einsatz zu hören. Kaiba lobte seine Angestellten nicht. Für ihn war es selbstverständlich, dass diese ihre Aufgaben ohne Widerworte erledigten. Schließlich waren sie dafür ja eingestellt worden und es wäre ja äußerst dumm so etwas wie Anerkennung zu erwarten. Dennoch freute er sich über die netten Worte seines Gastes und ohne es zu merken, hatte er fast den ganzen Tag vor sich hin gelächelt und immer wieder an diesem Moment gedacht, wo dieser junge Mann ihn wie einen ganz normalen Menschen behandelt hatte. In der Kaiba Corporation gab es klare Positionen und Rangordnungen. Isono war der private Chauffeur von Kaiba und hatte hauptsächlich mit diesem und manchmal auch mit dessen jüngeren Bruder zu tun. Ab und zu sprach er mit den Bediensteten in der Villa, nichts Besonderes, mal übers Wetter oder kurzer, unbedeutender Smalltalk. Genau die Art von Smalltalk, die entstand, wenn man sich in einer unbehaglichen Situation befand und irgendwie versuchte die schlechte Atmosphäre aufzulockern. Mokuba sprach zwar normal mit ihm, aber da er hauptsächlich den Älteren der beiden fuhr, war sein Arbeitstag meist erfüllt von Stille und dem Gefühl überhaupt nicht wahrgenommen zu werden. »Habe ich etwas Komisches gesagt?«, fragte sich Yuugi gedanklich. Er konnte die Reaktion des Fahrers nicht wirklich einordnen. Wieso war er so verwundert, dass er sich bedankt hatte? Das war doch das Natürlichste auf der Welt. Mit zügigen Schritten näherte er sich dem Firmengelände. Die Security beäugte ihn eingehend und stellte mehrere Fragen und verlangte nach seinem Ausweis, ließ ihn jedoch ohne größere weitere Probleme durch. Dennoch hatte er das Gefühl mehrere Minuten vor dem Eingang gestanden zu haben. Vielleicht hätte er seinen Personalausweis eher herausholen sollen, denn so hatte er unnötig in seiner Umhängetasche herumkramen müssen. Diese Hünen am Eingang waren jedes Mal aufs Neue einschüchternd. Zumindest ging es Yuugi so. Vielleicht kam ihm das auch nur so vor, weil er selbst so klein und zierlich war, im Gegensatz zu diesen gigantischen Muskelprotzen, deren Gesichter von den getönten Scheiben ihrer Sonnenbrillen umrahmt wurden und es ihm unmöglich machten, in ihre Augen zu sehen. Mit seinen knapp 1,60m war er ja nichts weiter als ein Krümmel. Kaiba war auch riesig. Aber dieser war weniger beängstigend als die Security und obwohl Kaiba zu ihm runter gucken musste, fühlte es sich nicht so an, als würde dieser auf ihn herabblicken. „Yuugi, du hast schon wieder getrödelt. Du musst die Sache ernster angehen.“ „Ich hab nicht getrödelt!“, verteidigte sich Yuugi. „Du hast erst mit Isono ein Gespräch begonnen und dann noch mit der Security gequatscht und dann bist du einmal mehr vor meiner Tür stehengeblieben und hast gezögert zu klopfen. Denkst du wirklich, dass du mich anlügen kannst?“ „Kaiba-kun, das sind menschliche Interaktionen. Man redet mit den Leuten um sich herum. Hätte ich den beiden Typen von der Security sagen sollen, dass sie mich gefälligst durchlassen sollen, weil ich sonst böse werde?“ „Genau. Du musst mehr Dominanz zeigen und dich nicht direkt so einschüchtern lassen.“ „Klar, weil ich auch aussehe wie Hulk. Eher hätten die beiden mich im hohen Bogen rausgeworfen oder vielleicht zusammengeschlagen!“ „Siehst du! Du kannst ja doch den Mund aufmachen, wenn du willst!“ Yuugi gab nur einen fragenden Laut von sich, um so sein Unverständnis kund zu tun. „Das heißt 'wie bitte' und nicht 'hä'.“ Kaiba verdrehte genervt die Augen und notierte sich etwas auf einem kleinen Block vor sich. Wieder fiel Yuugi der hübsche Kugelschreiber auf, den Kaiba sehr gern zu benutzen schien. Dass es sich hierbei um ein Geschenk von dessen Bruder handelte, wusste er nicht. An Yuugis Aussprache musste er feilen. Solche unzivilisierten und kindischen Laute musste er ihm dringend abgewöhnen. Auch dieses Stottern und dieses genierte 'Ehm' durften während echten Verhandlungen niemals fallen, ansonsten sagte man den anderen ja direkt: 'Hey, ich bin schwach und kann nichts! Nutzt mich ruhig aus!' und genau diesen Eindruck erweckte Yuugi auch jetzt auf Kaiba. Bedröppelt stand er mitten im Raum und warf ihn einfach nur verwirrte Blicke zu, anstatt den Mund aufzumachen und näher zu kommen. „Willst du den ganzen Tag da stehen bleiben? Mach schon! Setz dich gefälligst hin!“, wies er ihn harsch zurecht. „Tut mir -“ „Wenn du den Satz zu Ende sprichst, werfe ich dich hochkant aus meinem Büro.“ Das war ein Versprechen, keine Drohung. Yuugi schluckte hart und verharrte in seiner Position. Stimmt, Kaiba hatte ihn bereits einmal ermahnt. Nein, mehrmals. „Ehm... wegen Spherium...“, murmelte er und zog einen Umschlag aus seiner Tragetasche, die er achtlos neben sich abgelegt hatte. Kaibas Raunen machte ihn noch unsicherer. Schon wieder dieses 'Ehm' und diese langen Denkpausen zwischen den Wörtern. Yuugi vermittelte alles andere als Selbstbewusstsein. So langsam wagte Kaiba zu bezweifeln, ob er seinen Rivalen überhaupt helfen konnte. Würde er diesen zurückhaltenden und schüchternen Kerl dazu bringen können, über seinen Schatten zu springen und sich mehr zuzutrauen? Nach all den Jahren sollte man meinen, dass Yuugi kein Problem damit haben würde, mit dem Firmenleiter zu sprechen ohne dabei ein so jämmerliches Bild abzugeben. Dass Yuugi momentan ganz andere Sorgen hatte, konnte er ja nicht ahnen. Immerhin fungierte er als Vermittler zwischen den Brüder und dieser Druck war es letztendlich, der ihn so sehr belastete, dass er heute erst recht keinen klaren Gedanken fassen konnte. Aber das durfte er Kaiba unter keinen Umständen erzählen. So langsam verstand Yuugi aber, warum Mokuba so sauer war und was ihn an Kaibas Art störte. Bei ihrem letzten Treffen war Kaiba vergleichsweise nett. Doch das war eine Woche her. Vermutlich war er an diesem Tag nur so offen und freundlich, weil er sich vorher mit Mokuba zerstritten hatte. Heute war Kaiba wie immer. Eiskalt und distanziert. Ein absoluter Profi auf seinem Metier, der keine Fehler duldete. „Yuugi. Spherium kann erst mal warten. Ich habe das Gefühl, dass du weder hinter deinem eigenen Spiel noch hinter deiner Person stehst. Denkst du wirklich, dass du weniger wert bist als ich und dass du dich deswegen mir gegenüber so verhalten musst?“ „Ich verstehe nicht, was du meinst, Kaiba-kun. Ich bin doch wie immer oder nicht?“ „Nein, während unserer Duelle bist du ganz anders. Ernster. Du bist fokussiert und konzentrierst dich nur auf das, was wichtig ist, aber jetzt erinnerst du an ein Häschen, das in der Höhle des Löwen sitzt.“ Yuugi wollte etwas sagen, sich verteidigen, da er diese Kritik sehr persönlich nahm und es unheimlich schmerzte, dass ausgerechnet Kaiba – den Mann, den er so sehr für seine Ausstrahlung und Stärke bewunderte – ihn auf diese Weise kritisierte. Doch Kaiba ließ keine Widerworte zu und schlug mit einem Rundumschlag nochmal zu. „Das brauchst du auch nicht zu verleugnen. Du weißt, dass ich Recht habe. Yuugi, ich schätze dich als Duellant und es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche, als dich in einem fairen Kampf um den Titel zu besiegen. Doch der Mensch Mutou Yuugi ist ein völlig anderer. Jemand, der sich selbst zurückhält. Nie den Mund aufmacht. Sich versteckt. Und das müssen wir ändern.“ „Ich weiß... ich bemühe mich ja, aber du durchschaust mich wohl sofort. Dabei...“ Yuugi hinderte sich selbst daran seinen folgenden Satz zu beenden und biss sich auf die Unterlippe. Er wollte, dass Kaiba ihn genauso ansah wie er einst Atem angesehen hatte. Nichts mehr wollte er auf der Welt als seine Anerkennung. Er hatte genug davon, immer nur mit Atem verglichen zu werden und trotzdem war es Yuugi, der sich selbst die größten Steine in den Weg legte, da er sich selbst am meisten versuchte zu ändern. Yuugi selbst eiferte seinem Schatten nach. Dieser Vergleich gab ihm das Gefühl weniger wert zu sein und Kaiba schien das erkannt zu haben. „Hör auf wie Atem sein zu wollen. Du bist nicht er und ich habe das akzeptiert. Und du musst das auch akzeptieren.“ „Kaiba-kun... ich weiß, dass ich nicht sein kann wie er. Und ich möchte das auch gar nicht! Aber... jeder sagt mir, wie anders ich doch wäre. Dass ich anders bin als er und vielleicht...“ Yuugi senkte den Blick und er fühlte sich schuldig. Dies auszusprechen tat weh. „Vielleicht wollte ich unbewusst so werden wie er und ihn imitieren, weil ich gehofft habe, dass ich dann mit mir selbst zufrieden sein kann. Dass ich so keine Angst mehr haben muss, andere zu enttäuschen.“ Kaiba sagte nichts. „Ganz schön dumm von mir, was?“ Yuugi zwang sich zu einem Lachen. Er wollte seine Unsicherheit überspielen. Kaiba fragte sich, wen Yuugi meinte. Seine Freunde? Wohl kaum. All seine Freunde standen immer hinter ihm und selbst wenn Yuugi etwas unsagbar Dummes tun würde und dabei aus Versehen die Welt in Gefahr brachte, würden diese immer noch hinter ihm stehen. Der blonde Möchtegern Komödiant hätte ihn vermutlich noch stolz auf die Schulter geklopft. Auch wenn Kaiba nicht ganz verstand, warum diese Verbindung zwischen ihnen so stark war, so wusste er doch, dass Yuugi Kraft aus seiner Freundschaft zu dem erbärmlichen Haufen schöpfte, der ihn damals während des Battle City Turniers begleitete. Also musste es irgendwen in Yuugis Leben geben, den er auf keinen Fall enttäuschen wurde. Kaiba kannte dieses Gefühl. „Seto! Das muss schneller gehen! Schneller!“ Die Angst davor zu versagen und der Wunsch andere nicht zu enttäuschen, weil man sonst schlimme Konsequenzen zu erwarten hatte. Die Zweifel, die man durchlitt, wenn man nicht den ersten Platz erreichte und das, was man sich vorgenommen hatte, einfach nicht erfüllen konnte. Wenn der Wunsch andere nicht zu enttäuschen und selbst an der Spitze zu stehen, einem so sehr in Fleisch und Blut überging, dass es vollkommen normal wurde, diese Gier zu empfinden und man selbst glaubte, dass es richtig war, anderen gefallen zu wollen. „Du bist ein Versager! Denkst du, dass du so das Imperium der Kaiba Corporation übernehmen kannst?!“ Kaiba verengte seine Augen zu Spitzen. Für Sentimentalität hatte er nun wirklich keine Zeit. Yuugi musste zu einem ernstzunehmenden Geschäftsmann werden. Ein Mann, der seine Visionen und Ideale ohne Probleme in Worte fassen und hinter diesen stehen konnte. „Nein, das ist nicht dämlich.“, kam es dann nach einer gefühlten Ewigkeit von Kaiba. Der König der Spiele hatte schon befürchtet, dass sein Gegenüber den Rest des Tages schweigend ihm gegenüber sitzen und ihn einfach nur anstarren wollte. Als dieser endlich seinen Mund bewegte und seine Aussage sogar recht freundlich oder keinster Weise abwertend war, fühlte er sich unglaublich erleichtert. Kaiba lachte ihn nicht aus. Genau genommen hatte er damit gerechnet, dass Kaiba ihn auslachte. Er hatte das hysterische und abgehobene Lachen erwartet oder einen alles vernichtenden Blick. Nichts dergleichen geschah, was Yuugi einerseits verwirrte, andererseits beruhigte. „Hör zu, Yuugi. Genau da liegt dein Problem. Du solltest nicht versuchen anderen zu gefallen. Sei selbstbewusst. Weder ich noch sonst irgendjemand erwartet von dir, dass du so wirst wie Atem. Er war ein großartiger und talentierter Duellant, der es verdiente, dass man zu ihm hoch sah. Aber kein Mensch gleicht dem anderen. Du bist du. Und er ist er.“ „Kaiba-kun...“, flüsterte Yuugi und versuchte den Blickkontakt mit diesem herzustellen, doch jedes Mal, wenn er ihm direkt in die Augen sah, schlug sein Herz schneller vor Aufregung. „Ich möchte mit Mutou Yuugi zusammenarbeiten und ein Spiel schaffen, das das Potential hat, die Welt zu erobern. Also hebe deinen Kopf und sieh mir auch in die Augen, wenn ich mit dir rede.“ „Ja.“, war Yuugis rasche Antwort. Kaibas eisblaue Augen schienen ihn zu durchbohren. Sein Gesicht wurde umrahmt von den dunklen Ponysträhnen, die auch heute seinen Blick verfinsterten. Es war ungewohnt so viel Wärme – war das Wärme oder einfach nur Yuugis Einbildung, so genau konnte er das gar nicht sagen – zu sehen. „Gut, dann weiter im Text. Ich möchte, dass du eine Rede vorbereitest, um deinen zukünftigen Mitarbeitern einen ungefähren Plan dessen zu geben, was du dir vorstellst.“ Am liebsten hätte Yuugi ihn unterbrochen und ihm gesagt, dass er genau darin sein Problem sah, doch er traute sich nicht, dies offen auszusprechen, da er befürchtete, dass Kaiba ihn direkt wieder ermahnte und seine Gründe nicht verstand. Immerhin war Spherium noch im Anfangsstadium. Er hatte einen groben Plan und viele Ideen, aber wie genau man diese am besten verwirklichte , bereitete ihm Schwierigkeiten. „Keine Sorge. Du wirst das nicht allein machen. Ich werde dabei sein und dich zur Not unterstützen. So ein Meeting ist nicht einfach und ich verlange von dir nicht, dass du das direkt perfekt machst. Trotzdem muss ich dich vorbereiten und dir von Anfang an klar machen, was kleine Fehler und mangelnde Autorität für Folgen haben werden. Also habe ich einen Termin für ein Seminar angesetzt, das dir helfen wird, mehr aus dir herauszukommen und zu lernen dich besser zu artikulieren.“ Jetzt fehlten Yuugi die Worte. „Was guckst du mich so an?“, wollte Kaiba wissen. Yuugi sah ihn mit großen Augen an, sagte immer noch kein Wort. Was hatte er denn erwartet? Dass er einen so schüchternen Kerl, der ständig stotterte und keinen ganzen Satz herausbrachte, direkt in ein ernstes Meeting mitbrachte, wo die Abteilungsleiter nur darauf warteten, sich auf ihre neue Beute zu stürzen? Das wäre zu viel für den frischgebackenen Geschäftsmann, der genau genommen nicht mal einer war, da er keinerlei Erfahrungen hatte und man ihn so gesehen einfach nur ins unbekannte Wasser geschubst hatte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll...“, murmelte Yuugi und ließ seinen Mund sperrangelweit offen. Hätte Kaiba so etwas wie Ungeziefer in seinem Büro geduldet, wäre ihm sicher eine Fliege in den Mund geflogen. Der Brünette räusperte sich und nahm einmal mehr den Kugelschreiber in die Hand, welcher rasant über das Papier des Notizblocks flitzte. Yuugi fragte sich, was er da aufschrieb und ob diese Notizen etwas mit ihm zu tun hatten. Um ein Tagebuch handelte es sich wohl kaum, wobei Yuugi das gerne mal gelesen hätte, einfach um mehr über die Gefühle des Firmenchefs zu erfahren. „Wie wäre es mit 'Danke'? Jemand wie du, der so viel Wert darauf legt, sich ständig unbegründet zu entschuldigen, wird doch wenigstens dieses Wort kennen.“ Da war sie wieder. Kaibas sarkastische und fiese Art. Normalerweise hätte sich Yuugi über diesen Kommentar geärgert, aber heute machte ihm das nichts aus. Immerhin hatte Kaiba so viel Verständnis gezeigt und war bemüht darum ihm zu helfen. Kaiba hätte ihn genauso gut beleidigen können und Yuugi hätte es nicht gestört. „Danke.“, kam es ehrlich von dem jungen Mann und er faltete die Hände, wie bei einem Gebet, legte sie vor die Brust und bedankte sich gedanklich bei Gott, der dieses Wunder geschehen ließ. „Und wann findet der Termin statt?“, kam es dann von ihm. „In zwei Stunden.“ Skeptisch hob Yuugi eine Augenbraue. Hatte Mokuba ihn angelogen oder einfach nur übertrieben? Irgendwie hatte Kaiba nun zwei mal mehr als genügend Zeit für Yuugi. Lag es daran, dass Yuugi einen Termin hatte oder hatte Kaiba sich extra für ihn Zeit genommen? „Ich komme selbstverständlich mit, um zu sehen, wie du dich machst.“ „Was?“, sprudelte es empört aus Yuugi. „Das ist nicht nötig! Ich schaffe das auch allein!“ „Als würde ich mir die Vorstellung entgehen lassen.“ Kaibas Lippen zierte ein breites Grinsen. Verdammt! Wie peinlich! Ausgerechnet Kaiba bei so einem Seminar als Aufpasser zu haben war das schlimmste, das sich Yuugi vorstellen konnte. 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