Spherium von Yuugii (Kaiba/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Mokuba lag in seinem Bett und ignorierte das Piepen seines Smartphones, das bereits seit mehreren Stunden versuchte, ihn aus seinem erholsamen Schlaf zu reißen. Gestern Abend hatte er sich dazu hinreißen lassen ein wenig zu viel zu trinken. Zumindest hatte er eine guten Grund, der gefeiert werden musste. Drei Jahre hatte er an Capsule Coliseum gearbeitet und so etwas musste doch gebührend gefeiert werden, nicht wahr? Irgendwie hatte er dennoch schlechte Laune. Und der Grund war wie immer derselbe: sein Bruder. Obwohl er sich eigentlich freuen und feiern sollte, war er einfach nur genervt und wütend. Er grummelte vor sich hin, wissend, dass ihn niemand hören konnte. Am Vorabend hatte er sich mit Yuugi getroffen und vielleicht das ein oder andere alkoholische Getränk zu viel zu sich genommen, weshalb er sich heute nicht sonderlich fit fühlte. Musste wohl der Kater sein, der ihm so aufs Gemüt schlug. Sein Bruder hatte, wie jeden Morgen, pünktlich um 7:30 Uhr das Anwesen verlassen und war in Richtung Firmengelände abgebraust. Er hatte gehört, wie Isono mit quietschenden Reifen vorfuhr. Der arme Kerl kam auch nie zur Ruhe. Mokuba konnte sich nicht an alles erinnern, was er gestern gesagt hatte, aber er wusste, dass er den Entschluss gefasst hatte, Seto zu konfrontieren und zur Not sein Zuhause zu verlassen. Es war nicht so, dass er seinen Bruder hasste, aber so wie es momentan zwischen den beiden lief, konnte er nicht sagen, ob das auf Dauer gutging. Viel zu oft erwischte er sich selbst dabei, über seinen Bruder zu schimpfen und dass er sich sogar wünschte, dass er Fehler machte, damit er ordentlich ausrutschte und wieder runterkam. Arbeit hier, Arbeit da und kaum war man am Morgen aufgestanden und saß im Speiseraum, um sein Frühstück zu sich zu nehmen, redete er nur über Duel Monsters, seine Arbeit oder darüber, dass er Yuugi besiegen wollte. Nie fragte er danach, wie es Mokuba ging. Wie weit er mit seinem Projekt war. Dabei hatte er ihm so oft gesagt, dass er seit drei Jahren an Capsule Coliseum arbeitete. Für jemanden wie Kaiba war Zeit scheinbar zu kostbar, als dass man sich mit den Projekten anderer befasste, auch wenn es sich bei dieser anderen Person um den einzigen Bruder handelte. Vor drei Jahren wäre es ihm egal gewesen. Da war er gerade mal 16 und hatte selbst viel zu viel um die Ohren. Immerhin duldete sein Bruder nicht, dass er die Schule einfach abbrach und auch Mokuba war es wichtig gewesen, einen ordentlichen Schulabschluss zu machen, bevor er ins Arbeitsleben einstieg. Bevor er mit seinem größten Wunschprojekt anfing und Capsule Monsters in virtuelle Form brachte. Glaubte sein Bruder etwa nicht an seinen Erfolg? Von Anfang an hatte dieser nicht sonderlich viel Interesse gezeigt. Keine Zeit. Es waren drei Jahre vergangen, in denen die beiden Brüder nur wenig miteinander sprachen. Arbeit hatte für Kaiba immer Vorrang. Es waren diese drei Jahre, in denen Mokuba genügend Zeit hatte, sich selbst weiterzuentwickeln und sich ein eigenes Leben aufzubauen – eines, in dem er seinen Bruder nicht unbedingt brauchte. Ein Leben, an dem sein Bruder scheinbar nicht teilnehmen wollte. Und dieses Gefühl, dass der einzige Verwandte, der einem mehr bedeutete, als alles andere, einen zurückwies, deprimierte ihn und zog ihn mit jedem neuen Tag noch mehr runter. Mittlerweile war sein Entwicklerteam und Rebecca seine Familie. Eine Familie, die ihm zuhörte, seine Visionen teilte und mit denen er aus tiefstem Herzen lachen konnte. Dinge, die in einer Familie selbstverständlich waren. Nicht so für Kaiba. Der lachte nie. Der weinte nie. Er wurde höchstens wütend. Vor allem dann, wenn man ihn kritisierte oder ihm helfen wollte. Mokuba drückte seinen Kopf ins Kissen und brüllte laut, um seinen Ärger Luft zu machen. Dieser Vollidiot! Das alles machte ihn so wütend. Eventuell war er auch nur so wütend, weil er einen Kater hatte und trotz dieser Kopfschmerzen nur über seinen Bruder nachdachte, der selbst nie Interesse an ihm zeigte. Er griff nach seinem Smartphone und öffnete seinen Nachrichtendienst, tippte mit seinen beiden Daumen hastig eine Nachricht an seine Freundin, die genauso schnell antwortete. Er fragte sich, ob sie nur beim Tippen so geschickt mit ihren Fingern war oder ob sie damit noch ganz andere Dinge konnte. „Guten Morgen!“ „Morgen! So 'früh' schon wach? :D“ „Ja, ich war gestern etwas zu lange unterwegs! Bin grad erst wach geworden. XD“ „Zu lang unterwegs? Heißt wohl, hast die ganze Nacht durch gesoffen!“ „Du merkst aber auch alles. ^^;“ „Ich bin nicht blöd, Mokuba. Ich habe dich gestern Abend zweimal angerufen und du gingst nicht dran.“ „Sorry! Aber mal was ganz anderes: Hättest du Lust auf eine Reise?“ „Was ist mit Capsule Coliseum?! Das kommt doch nächsten Monat auf den Markt, sollten wir uns nicht lieber ums Marketing kümmern?“ „Ach, das müssen wir ja nicht von hier, oder? Läuft doch eh alles übers Internet. :D“ „Wo willst du denn hin? Nach Kyūshū ? Dort gibt es ein großes Ressort.“ „Wär' nicht übel, aber ich dachte eher an eine GROSSE Reise. :)“ „Ins Ausland etwa?“ „Wie wär's mit Amerika?“ „Was führst du im Schilde? Irgendetwas stimmt nicht.“ „Ach, ich will Seto eins auswischen und dachte, ich hau einfach Mal ab und schau, wie er reagiert!“ „Was hat er zum Abschluss unseres Projekts gesagt?“ „Kannst du dir doch denken.“ „Na gut, er hat es nicht besser verdient! Wann geht es los?“ „Wie wär's mit nächster Woche?“ Rebecca sagte unnatürlich schnell zu, was ihn irgendwie erleichterte. Sie war sonst so kompliziert und hinterfragte viel zu viel, aber wenn es um Mokubas Problem mit seinem Bruder ging, hatte sie immer ein offenes Ohr. Sie hatten jahrelang zusammengearbeitet und dieses Spiel war auch für sie ein Meilenstein in ihrer Karriere als Entwicklerin. Vermutlich verletzte es ihren Stolz, dass Kaiba, der eigentliche Präsident der Kaiba Corporation, keine Anteilnahme zeigte. Immerhin wollte sie für ihre Arbeit Anerkennung und gehörte bereits jetzt zu den Besten. Dass ausgerechnet jemand wie Kaiba, der sonst seine Konkurrenz ausmerzte – und genau das war sie, da ihr Können und ihre unglaublichen Fähigkeiten einmalig waren – sie nicht einmal wahrnahm, obwohl es offensichtlich war, dass sie genauso wie Kaiba hochbegabt war und sehr viel erreichen würde, musste sie sehr mitnehmen. Mokuba ging davon aus, dass sie sich seine Anerkennung wünschte. Nicht, weil sie mit Mokuba zusammen war, sondern weil sie Verständnis für etwas hatte, das viele Leute überforderte und er von ihr anerkannt werden wollte. Wenn der klügste Mann der Welt einen anerkannte, war das eine große Ehre und sie schien sich nur deswegen bei der KC beworben zu haben, um unter ihm zu arbeiten und ihr Können unter Beweis zu stellen. Ein Glück, dass Kaiba die Bewerbungen gar nicht richtig angesehen hatte und Mokuba zufällig ihre Bewerbung in die Hand bekam. Er erinnerte sich an das Vorsprechen. Sie wirkte erstaunt, hatte damit gerechnet, dass sie den Präsidenten kennenlernen würde, wurde aber nur vom Vize empfangen. Klug wie sie war, sagte sie dies, aber es war ihr deutlich anzusehen, dass sie jemand anders am anderen Ende des Schreibtischs erwartet hatte. In nur wenigen Minuten überzeugte sie nicht nur mit Schlagfertigkeit und guten Argumenten, sonder bewies ihr außergewöhnliches Verständnis für Zahlen und Programme. Mokuba glaubte, dass sie ein eidetisches Gedächtnis hatte, da sie in kürzester Zeit die kleinsten Fehler in den Codierungen erkannte. Ähnlich wie sein Bruder, der so etwas in Sekundenschnelle absolvierte und dabei noch andere Tätigkeiten tun konnte. Für den jüngeren Kaiba stand fest, dass es das Beste war, eine Ruhepause zu nehmen. Weg von seinem Bruder, der seine Fehler niemals einsah und nicht verstand, was es bedeutete eine Familie zu sein. Vielleicht würde dieser dann endlich wieder zur Vernunft kommen, wenn er merkte, dass sein gehorsamer braver Bruder plötzlich nicht mehr da war und nicht mehr nach seiner Pfeife tanzte. Sollte er doch sehen, wie er ohne ihn zurecht kam. Völlig übereilt sprang Mokuba vom Bett und schwankte einige Schritte. Ihm war schwindlig, schlecht und er war sich sicher, dass seine Gehirnzellen gerade Tango tanzten. Jetzt musste er aber seinen Worten Taten folgen lassen und seinen Plan in die Tat umsetzen. Hieß also: schnell ein Hotel buchen, Sachen packen und alles erledigen, was erledigt werden musste. Immerhin war schon Dienstag. Und wenn er am Sonntag los wollte, hatte er noch so eines zu tun. Erstmal seiner Abteilung Bescheid sagen. Den Monatsabschluss durfte er keinesfalls vergessen. Auch wenn er seinem Bruder eins auswischen wollte, wollte er auf keinen Fall, dass ihre Firma darunter litt. Oder gar seine Angestellten. Er torkelte wie benommen die Treppen herunter. »Wenn nur diese Kopfschmerzen nicht wären...«, murrte er in Gedanken und lief in den Speiseraum, wo immer noch sein Frühstück vom Morgen stand. Vermutlich hatten ihre Angestellten noch nicht abgeräumt, da sie davon ausgingen, dass der Jüngere der Kaibas doch noch irgendwann aufstehen würde und dann in alter Gewohnheit nach einer Tasse Kaffee suchen würde. Wenigstens in der Hinsicht waren sich die Brüder ähnlich. Ihre Vorliebe für heißen, schwarzen Kaffee – ohne Milch und Zucker natürlich – war wohl auch so ziemlich das einzige, indem sie die gleiche Ansicht hatten. Als Mokuba sich an seinen Lieblingsplatz setzte, mit Blick auf den riesigen Fernseher an der Wand, stöhnte er gequält und rieb sich seine Schläfen. Gut, dass sein Bruder nicht da war. Kaiba kam nie pünktlich nach Hause. Ein wahrer Widerspruch, wenn man bedachte, wie wichtig diesem die Einhaltung von Terminen war und wie wenig Zeit er doch hatte. Für seine Arbeit hatte er immer Zeit. Am Montag kam sein Bruder erst nach acht Uhr abends. Da war er schon etwas genervt, beschwerte sich aber nicht, da er dieses Verhalten durchaus kannte. Kaiba hatte eben viel zu tun. Da konnte man das Abendessen um Punkt sieben Uhr abends mit dem einzigen Verwandten schon mal sausen lassen. Aber es blieb nicht beim 'mal', sondern wurde eine sich wiederholende Routine, die beinahe normal war. In den letzten drei Jahren hatte Mokuba entweder allein zu Abend gegessen oder mit seinen Kollegen aus seiner Abteilung. Er betrachtete sie gar nicht mehr als Angestellte, immerhin hatte er weitaus mehr Zeit mit ihnen verbracht als mit seinem Bruder. Mokuba reichte es aber endgültig. Ständig diese schlechte Laune zwischen ihnen. Das würde jetzt ein Ende nehmen. Ein Schluck von seinem Kaffee und er fühlte sich wie Popeye der Seemann, voll mit Energie, die ihm die Kraft gab, seine Gedanken abzuschalten, sein Smartphone zu ergreifen und alles zu klären. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)