Perfect Girlfriend von abgemeldet (ItaDei, inc. Sidepairings) ================================================================================ Kapitel 1: (Prolog) Perfect Morning ----------------------------------- Titel: Perfect Girlfriend Untertitel: Bohemian Like Me! Genre: Humor/Romanze Altersempfehlung: 12 Kapitel: 1/? Musikempfehlung (Okay, wer hat da gesagt 'Was soll bitte der Scheiß'?!) Gleichnamiges Lied 'Bohemian Like Me', das mich indirekt auf die Idee gebracht hat. Vorwort: Wie schon erwähnt, mit diesem mysteriösen Mädchen ist nichts so, wie es scheint. Ich hoffe, das wird richtig gedeutet. Diese FF ist aufgrund einer leider verlorenen Wette geschrieben. Sollte sie keinen Erfolg haben, darf ich sie löschen, was mir besonderes Vergnügen sein dürfte. Das soll keine Aufforderung zum Reviewen sein. Ich bitte die Leute, die den 'Wink' nicht verstanden haben, mir nicht böse zu sein und den weiteren Verlauf abzuwarten. Es war ein üblicher Morgen in Konoha: heiß, geschäftig, laut. Der Autoverkehr verpestete schon tatkräftig die Luft und wurde glücklicherweise von den zahlreichen Laubbäumen abgefangen, bevor er die etwas abgelegene Schule erreichte. Die Highschool von Konoha war die einzige in der ganzen Stadt und entsprechend groß. Von außen sah sie nur aus wie ein großer, weißer Klotz mit vielen Anbauten und sauber geputzten Fenstern, die den klaren, blauen Himmel wiederspiegelten. Es war Sommer, also wurden gerade in diesem Moment jedes erreichbare Fenster aufgerissen und durchgelüftet. Die Lehrer waren zwar dagegen, weil die Klimaanlagen dadurch wie wild arbeiten mussten und angeblich kaputtgingen, aber in diesem Fall hatten sie nichts zu melden. Was übrigens Ausnahme war, denn als einzige Hochschule hatte man Disziplin zu halten. In den hellen Gängen an den Schließfächern brummte ebenfalls der Verkehr. Schüler aller Art gingen mehr oder weniger eilig daran vorbei oder kramten ihre Sachen heraus, lehnten sich dagegen, was eigentlich auch nicht gestattet war, Pärchen knutschten herum oder schwankten zwischen dem und der 'nächsten Stufe', usw... Provokation stand bei frisch Verliebten hoch im Kurs, vielleicht, um den braven Eindruck durch den Kakao zu ziehen oder unabsichtlich. Warum sie dazu allerdings nicht nach Hause gehen konnten, war einem gewissen Jungen unbegreiflich. 'Junge' traf es nicht mehr exakt. Er war mindestens sechzehn, doch sein Alter nutzte ihm nicht das Mindeste dagegen, dass er entweder für älter oder viel jünger gehalten wurde. Dabei war er nicht mal sonderlich klein oder unausgereift. Das einzig Ungewöhnliche an ihm waren die langen, blonden Haare, die einem Mädchen hätten gehören können. Sie waren immer tadellos gewaschen und gekämmt, spalten nicht auf und bildeten keine auffälligen Strähnen. Ein dringend nötiges Haarband hielt die Ponyhaare aus dem Gesicht, und ohne das verschwand das Gesicht schon mal und verdeckte das Paar saphirblauer Augen, die, obwohl die dunklen Wimpern durchaus einen femininen Touch gaben, einen recht männlichen Ausdruck hatten. Da es keine Schuluniform gab, trug der Schüler einfache, dunkelblaue Jeans und ein weißes T-Shirt mit einer einzelnen, roten Wolke. Ursprünglich hatte darauf mal sein Name in schwarzen Kanji gestanden, doch das war beim Waschen verblasst. Nicht zu erwähnen, dass nicht wasserfester Edding bei Wasser keine erwähnenswerte Haftung hatte. Wenn man sich dennoch anstrengte, das zu entziffern, kam man bei guter Sehkraft darauf, dass der Junge Deidara hieß. Und bei mittelmäßiger Beobachtungsgabe kam man darauf, dass er in Eile war. Es war ihm zuwider, sich ständig an knutschenden und fummelnden Leuten vorbeiquetschen zu müssen, und so hatte er bei den zweien, die unglücklicherweise gerade vor seinem Schließfach standen, einfach gewartet, bis sie sich bequemten, wegzugehen. Es war zu vermuten, dass sein äußerst gereizter Blick dabei etwas nachgeholfen hatte. Deidara war große Klasse darin, anderen mit seinen Blicken gewisse Botschaften zu übermitteln. Jedenfalls hatte er damit so viel Zeit verplempert, dass er spät dran war. Im Ausreden dafür finden war er auch große Klasse, nur war sein bester Freund bedauernswerter Weise nicht sonderlich gut darin, sich das anzuhören und Verständnis dafür aufzubringen. Da Warten ebenfalls nicht seine Stärke war, musste Deidara sich sputen. Grummelnd zog er seinen Stundenplan heraus und suchte nach dem nächsten Fach, während er so schnell wie möglich durch den nun etwas weniger belebten Flur ging und um die Ecke bog. Ausgerechnet heute, wo er mal pünktlich gewesen wäre, mussten diese flirtenden Idioten ihn aufhalten. Nicht, dass er etwas gegen Liebe und Beziehungen in der Schule hatte. Da war nur das kleine Problem, dass er... >> BATSCH << Irgendetwas stieß leise und flüchtig einen überraschten Ruf aus, bevor Deidara ziemlich unsanft auf den Boden geworfen wurde. Seine Bücher landeten kurz nach ihm, und es waren leider nicht nur seine. Das wurde ihm klar, nachdem er 'Die Faszination des alten Japan' einige Momente fassungslos angestarrt hatte. Mit dem Buch in den Händen hob er den Blick, als eine scharfe Stimme ihn zusammenzucken ließ. "Du Idiot! Kannst du nicht aufpassen?!" Die ruppige Anfuhr erhöhte Deidaras Bluttemperatur merklich. Was fiel diesem Typ ein, ihn zu beleidigen?! Immerhin war der nicht der einzige, der hier auf dem Boden saß und seine Sachen wieder einsammeln durfte. Gut, vielleicht hatte er gerade nicht hingesehen, aber das war doch noch lange kein Grund... Seine Gedanken blieben mittendrin stecken, als er sein Gegenüber ansah. Das war definitiv kein Kerl, was da auf den Knien saß. Und da nicht viele Auswahlmöglichkeiten übrig blieben und die Erscheinung recht eindeutig feminin war, musste es, o Wunder, ein Mädchen sein. Sie war recht zierlich gebaut und trug eine lavendelfarbene Bluse und einen kurzen, hellblauen Rock aus Jeansstoff. Ihre feingliedrigen Finger wurden nur durch klaren Nagellack und ein schmales Metallarmband am rechten Handgelenk geschmückt. Ganz nebenbei bemerkte Deidara, dass sie eine ziemlich beneidenswerte Figur besaß. Nicht nur die Proportionen, sondern auch der schlanke Hals und die blasse, makellose Haut betonten ihre Schönheit. Unter den nachtschwarzen, mysteriösen Augen zeichneten sich leichte Striche ab, die bei näherem Hinsehen überschminkt worden waren. Deidara fand allgemein, Schminke täte Mädchen nicht sonderlich gut. Er nahm es zurück, weil er zustimmen musste, dass pinker Lipgloss und Ähnliches der Erscheinung durchaus gut taten. Zum Unterstreichen, wohlgemerkt, unter dem Make-up sah es sicherlich nicht schlimm aus. Das Gesicht wurde umrahmt von tiefschwarzen, glänzenden Haaren, die von mehreren weißen Bändern davon abgehalten wurden, ins Gesicht zu fallen. Genau wie bei Deidara war der Pony lang gewachsen, doch er hing bei ihr mehr zu den Schläfen hin, so als würde er oft hinters Ohr gestrichen. Wie lang die Haare waren, konnte er nicht sehen, da der Pferdeschwanz auf dem Rücken lag. Seine Intuition sagte, dass sie lang waren. Er hatte dafür ein ganz gutes Gespür. Eine der fein geschwungenen Augenbrauen hob sich leicht, als nichts geschah. "Was starrst du mich so an?!" Ihr Ton klang immer noch missgelaunt, doch die angenehme Stimme reichte, um Deidara aus seiner Tagträumerei zu holen. Sein Gesicht wurde heiß. Er hatte dieses Mädchen noch nie hier gesehen. War sie neu? Hatte sie wohl einen Freund? Und warum kam ihm jetzt diese absolut unpassende Frage in den Sinn?! "Ich, äh... Tut mir leid, un..." Das Mädchen schnaubte und stapelte ihre Bücher vor sich auf. Es waren eine ganze Menge, zumindest für so zierliche Arme. Geistesgegenwärtig hielt Deidara ihr das Buch über Japan hin, das er eisern festgehalten hatte. Sie sah kurz auf, dann riss sie es ihm ungehalten aus der Hand und richtete sich samt ihrem Bücherstapel auf. Ohne ein weiteres Wort stapfte sie an ihm vorbei und verschwand. Der Blonde stand auf und blieb lange so, sah ihr nach. Sein Herz klopfte wie wild und in seinem Bauch musste sich geschätzt eine ganze Legion hyperaktiver Schmetterlinge befinden, so wie es sich anfühlte. Erst das durchdringende Schellen der Klingel zum Unterricht riss ihn aus seiner Erstarrung. Hastig machte er auf dem Absatz Kehrt und rannte zu seinem Klassenraum. Er würde wieder mal zu spät kommen, ganz klar. Er hatte das Treffen ganz versäumt und würde sich wohl einen Eintrag ins Klassenbuch wegen akuter Verspätung und fehlenden Hausaufgaben einhandeln. Die hätte er noch abschreiben müssen. Trotzdem war es ihm egal. Er konnte die Pause noch gar nicht abwarten. Das musste Sasori wissen. Er war verliebt. Das allererste Mal in das hübschste Mädchen der Welt. Er könnte Luftsprünge machen. Und dafür würde er sicherlich noch Gelegenheit haben. Kapitel 2: Perfect Lesson ------------------------- "SETZEN, ABER SOFORT! ICH BIN SEHR ENTTÄUSCHT! WO BLEIBT IHR ANSTAND?! DAS WIRD IM KLASSENBUCH VERMERKT! LOS, SETZEN!!!" donnerte die kräftige Stimme der zwar ergrauten, aber durchaus ausdrucksstarken, rüstigen Biolehrerin. Sie war voluminös gebaut und hatte eine gewisse dominante Ausstrahlung, über die sich ein Großteil der Schüler hinter ihrem Rücken bestens amüsierte. Wer allerdings dabei erwischt wurde, konnte sich auf etwas gefasst machen. Im Laufe der Zeit war das ausgeartet, sodass sie ständig nach Schülern suchte, die sie dafür vor den Rektor zerren konnte. Heute erhielt sie den zusätzlichen Frust, dass ihre vorherigen Drohungen nicht auf Deidara wirkten. Der Junge stand einfach da und schwebte in rosa Wölkchen der Glückseligkeit. So lief der Hase nicht. Grummelnd schickte sie ihn samt einer Strafarbeit auf seinen Platz, auf dem er sich mit seinem Honigkuchenpferdgrinsen niederließ und seine Biosachen auspackte. Erst, als der Habichtblick der Lehrerin von ihm zur Tafel gewandert war, stieß er seinen Freund neben sich in die Rippen. Sasori reagierte darauf mit einem empfindlichen Zusammenzucken. Mit einem vorsichtigen Ausdruck in den Augen sah er zum Blonden, der immer noch stumm und starr vor übersprühender Fröhlichkeit war. Sasori hob eine seiner Augenbrauen, die genauso kaminrot waren wie seine sonstigen kurzen Haare. Seit Deidara ihn kannte, hatte er ihm nie geglaubt, dass das Rot nicht gefärbt war. Das tat jetzt lediglich weniger zur Sache als der Fakt, dass Deidara nach seinem Eintrag ins Klassenbuch keinen Grund hatte, vor Glück überzuschäumen. "Du... hast nicht zufällig einen schweren Krampf in den Gesichtsmuskeln?" fragte er leise und so bedächtig, als könnte Deidara von dieser Frage einen Psycho-Schock erleiden. Was wohl definitiv nicht der Fall war. Jedenfalls dessen Miene nach. "Ich muss dir was erzählen, un!" "Seite 41, Bild und Text bearbeiten, Aufgaben 2-5 lösen." erwiderte Sasori routiniert und beschäftigte sich mit besagtem Arbeitsauftrag. Es war ein schlechter Anfang, wenn Deidara ihm etwas erzählen wollte und sich dabei aufführte wie ein Grundschüler. Nach einem kurzen Blick auf 'Die Anatomie der Zikade', gesehen hatte, die er ohnehin aufs Blut hasste, weil sie im Sommer immer unheimlichen Krach machten, entschied er sich spontan doch dafür, zuzuhören. "Findet in absehbarer Zeit eine Motorradrallye statt?" "Äh... keine Ahnung. Du hast noch zwei Versuche, un." Obwohl keiner der beiden gesagt hatte, dass Sasori jetzt raten musste, fingen sie damit an. Das war so eine Art Gesprächstradition bei ihnen, wenn Deidara mit der Einleitung 'Ich muss dir was erzählen!' anfing. Vielleicht würde es ein Bestseller werden, über diese Freundschaft ein Buch zu schreiben. "Deine Kanarienvögel haben herausgefunden, dass dein Name nicht mit 'ai' geschrieben wird?" "Nein. Letzter Versuch, un." "Hm..." Sasori war kurz davor, aufzugeben, als knapp neben ihm ein Zeigestock auf die Tischplatte knallte. Erschrocken zuckte er zusammen, bis er merkte, dass er nicht das Ziel des Angriffs war. Die Biolehrerin hatte sich vor Deidara aufgebaut und brodelte vor Wut. In ihrer anderen Hand hielt sie, gleichbedeutend mit einem Streitkolben, die alte Plastiknachbildung einer Zikade. Deidara ekelte sich vor Insekten. Seine Hand zuckte verdächtig zu seinem Buch, bereit, es zu packten und draufzuschlagen, wie er es bei den meisten Insekten tat, die sich in seine Nähe begaben und nicht zufällig stechen konnten. "Da Ihre Unterhaltung ja so unglaublich wichtig war, dass mein bescheidener Unterricht in den Hintergrund rücken musste, wüsste ich gerne, was denn derart kompliziert zu beantworten war, dass Sie Mr. Akioshi davon ablenken mussten..." Ihre Augen funkelten bösartig, als Deidara darauf keine Antwort wusste. Die erhoffte Rache kam also doch noch. Dachte sie. Bis der Blonde respektlos grinste und herablassend begann: "Ich habe Sasori gefragt, ob es bei Zikaden auch eine gewisse Zeit gibt, die weiter im Alter liegt und in der sie senil und paranoid werden. Da wir zu dem Schluss kamen, dass sie den Menschen dann ziemlich ähnlich wären, hege ich die Vermutung, dass ein paar Leute unter uns nichts weiter als mutierte Zikaden sind, un." In der Klasse brach allgemeines Gelächter aus. Ein dezenter Wink auf die Auswirkungen des Alters und den Charakter der Lehrerin am nicht oft, es sei denn, jemand wollte unbedingt Ärger haben. Diesmal gab es leider keinen direkten Anlass, Deidara für diese unverblümte Aussage zu steinigen. Wie eine alte Dampflok schnaufend bewegte sich die Biolehrerin zurück zu ihrem Pult und kritzelte irgendeine Skizze der Stimmorgane der Zikade an. Hinter ihr ertönte kaum verborgenes Getuschel. "Gute Finte. Du könntest mir allmählich verraten, was dich so bewegt hat." Sasori hob beide Augenbrauen, als Deidara verträumt lächelte und die Hände faltete. "Ich bin verliebt, un." In Sasoris Gesicht regte sich nichts. "Erzähl keinen Scheiß. Soll ich weiterraten?" Ungeduldig trommelte der andere mit den Fingern auf sein geschlossenes Biobuch. "Naaaaa... Warum glaubt mir keiner, dass ich mich genauso in ein Mädchen verlieben kann wie jeder Mensch, un?!" Er sah kurz zu Kisame und fand keine Einordnung, weswegen er nuschelnd hinzufügte: "Und auch jeder, der da irgendwie den Rahmen sprengt, un..." Immer noch fest davon überzeugt, dass Deidara einen sehr verspäteten Aprilscherz machte, sah Sasori sich in der Klasse um. Was völlig sinnlos war, denn dies war, o zweitens Wunder an diesem Tag, der Biokurs der Jungen. Die Chancen, hier ein Mädchen zu finden, standen schlecht. Sasori ging zumindest davon aus, dass Deidara nicht derart an Geschmacksverirrung litt, dass er es auf die Lehrerin abgesehen hatte. Allerdings ließe sich dann die Antwort vorhin erklären, die eigentlich keiner so offen äußerte... 'Was sich liebt, das neckt sich'... Bevor Sasori wirklich in den Glauben verfiel, fing der Blonde an zu schwärmen: "Ich hab sie vorhin im Gang getroffen ('getroffen' klingt gut, ja? *hust*)... Sie sieht viel besser aus als alle anderen Mädchen, un... So schöne schwarze Haare, und..." "Ich dachte, du hasst schwarze Haare?" unterbrach Sasori ungeniert und grinste vor sich hin, als er sich daran erinnerte. Deidara verdrehte hingebungsvoll die Augen. "Das war nur ein einziges Mal. Nicht alle Frauen sind wie Andy Lau, un." "Freut mich, dass du das endlich eingesehen hast." "Danke. Kann ich jetzt fortfahren, un?" Der verträumte Ausdruck kehrte in Deidaras Augen zurück. "Sie hatte Augen, dunkel wie ein Sternenhimmel im Winter, un..." Sasori filterte seinen Register von bekannten Mädchen durch, die dunkle Augen hatten. Es blieb nicht viel übrig. Genaugenommen fiel ihm keine ein. "Redest du nicht doch von Andy Lau?" Der Blonde schnaubte ärgerlich und blies sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. So trug er übrigens unbewusst dazu bei, dass er aussah wie ein Mädchen. "Vergiss es. Ich zeig sie dir in der Pause, un." Sasori zuckte gleichgültig mit den Schultern und schrieb den Stuss von der Tafel ab, den ihre Lehrerin inzwischen mit lautem Quietschen und mehrmals gebrochener Kreide angekritzelt hatte. Deidara beschwerte sich halbherzig über die grausige Lesbarkeit, bevor er ebenfalls abschrieb. Dem folgenden Vortrag hörte er überhaupt nicht mehr zu. Stattdessen nahm er seinen Bleistift und zeichnete auf einem seiner Collageblockblätter. Bald schaltete sowieso die ganze Klasse ab. Das Kommentar über die Alterung hatte ihre Schabrackenlehrerin so aus der Bahn gebracht, dass sie selbst nicht mehr mitbekam, dass sie gerade von dem Flug der Zikaden in den Süden erzählte. Es war vielleicht besser so. "... Du glaubst mir immer noch nicht, dass es sie wirklich gibt, oder, un?" fragte Deidara zögerlich, während sie draußen unter einem Baum saßen. Die Bänke waren meist dauerbesetzt mit alten Frauen, die noch nicht mitbekommen hatten, dass das hier ein Schulhof und keine Parkanlage war. Also hatten sie sich, wie jedes Mal im Sommer, unter dem kräftigen Ginko niedergelassen. Von hier aus war man nicht nur vor der Sonne geschützt, sondern konnte auch den Hof gut überblickten. Zu seinem großen Verdruss war sie nirgendwo hier zu sehen, weshalb Sasori sich weigerte, an ihre Existenz zu glauben. Dafür hatte er sich in der zweiten Stunde wiederholt Sätze wie 'Du kannst es mir auch sagen, wenn es ein Junge ist...' oder 'Ich reiß dir schon nicht den Kopf ab, wenn sie in Wirklichkeit...' anhören müssen. Der Rothaarige seufzte schwer und ließ seinen Blick schweifen. Viele Mädchen, auch viele mit schwarzen Haaren und Augen. Aber keine, bei der Deidara zustimmte. So langsam gingen die in Frage kommenden aus. "Wir müssen gleich Dodgeball gegen die Mädchen spielen. Sie könnte ja da sein." murmelte er müde, ohne wirklich daran zu glauben. "Meinst du wirklich, un?" "Äh... klar." Gedankenverloren betrachteten sie einen Jungen mit schwarzen Haaren. Er war jünger als sie, drei bis vier Jahre eventuell. Seine Frisur war recht kurz und 'stachelig', wie Deidara es ausdrückte. Er trug ein T-Shirt mit einem ungewöhnlich hohem Kragen. Mit Deidaras untrüglichem Gespür für gehetzte Blicke erkannte er, dass der Junge auf der Flucht war. Vor einem Mädchen. Die Langeweile für diese Pause war vorüber. Interessiert verfolgten die beiden die Jagd quer über den Schulhof vor einem Mädchen mit pinken Haaren. "Sie sieht böse aus..." bemerkte Sasori beiläufig. "Er auch, un." Damit schwiegen sie wieder und der Junge verbarrikadierte sich im Männerklo. Deidara packte sich schnell die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. "Gut gekontert... Was hat er wohl ausgefressen, un?" "Tod wegen Ablehnen eines Dates." mutmaßte Sasori. Kurz danach klingelte die Schulglocke. Murrend standen sie auf und nahmen ihre Sportsachen. An einem heißen Sommertag gab es Schöneres, als auf einem aufgeheizten Aschenplatz Dodgeball zu spielen. Und dann auch noch gegen Mädchen. Erfahrungsgemäß gab es Krieg wegen jedem Treffer, der irgendwie in Frage gestellt werden konnte. Was sich am negativsten auswirkte, denn Kakashi-sensei stand permanent auf der Seite der Mädchen. Es war zwiespältig mit ihm. Er war pervers, ein Spanner, und trotzdem schwul. Das war allgemein bekannt. Und ebenso bekannt war, dass es Iruka halb wahnsinnig vor Eifersucht machte, wenn er den Mädchen nachstarrte. Deidara nahm sich vor, das auch zu werden, falls Kakashi es wagte, seiner... Wie hieß sie eigentlich? Wieder ein Geheimnis zu lüften... Es gab zwar keine Schuluniformen, dafür aber Sportuniformen. Unlogisch und wahr. Damit auch ja keiner übersah, dass die Schüler zu Konoha gehörten, war ein großes Konoha-Symbol auf den weißen Stoff gestickt. Und auch kurze, weiße Hosen eigneten sich wunderbar zum dreckig werden auf der roten Asche. "Ich will zurück in die Vergangenheit... Damals, als wir noch Yondaime-sensei hatten. Da war der Sportunterricht wenigstens ernstzunehmend, un." beschwerte sich Deidara beharrlich und stopfte seine normale Kleidung in das dafür vorgesehene Fach. "Warum musste er unbedingt die Schule wechseln?!" Sasori wusste darauf keine Erwiderung, er ging wortlos nach draußen und stellte sich mental auf den Trubel auf dem Sportplatz ein. Mit einiger Mühe schob er die alte Drehtür der Jungenumkleide auf und fragte sich nebenbei, warum es ausgerechnet eine Drehtür sein musste. Er fragte es sich ein zweites Mal, als das Ding plötzlich zu rotieren anfing und Deidara die Stufen herunterkatapultierte. Sasori rannte ihm nach, mehr um nicht den Anschluss zu verlieren als um nachzusehen, ob er sich etwas getan hatte. Deidara hielt viel aus. Motorradfahren hatte wenige gute Seiten, doch zumindest das konnte es garantieren. "Aua... War das die Bahnschranke, un?" "Nein, das war die dir verhasste Umkleiden-Drehtür." Mit seinem immer noch maulenden Freund im Schlepptau erreichte er die Jungenseite des Dodgeballfeldes. Es war das weit weg vom Schiedsrichterstuhl. Sonst konnte ihr Lehrer die Mädchen ja nicht sehen. Die blöderweise Röcke als Sportuniform vorgeschrieben hatten. Im Winter durften sowohl Mädchen als auch Jungen Jogginganzüge anziehen, aber die Winter in Konoha waren... kurz, wenn man es so sah. Das erste Dodgeballspiel nach den Ferien hatte jedes Mal besondere Bedeutung. Wer es gewann, hatte das ganze Jahr einen ganz passablen Vorsprung. Deshalb hatten sie sogar freiwillig und privat dafür trainiert, was bei Deidara nicht allzu oft vorkam. Bei Sasori auch nicht. Sport war und blieb Mord. Die Hitze flimmerte wie erwartet über dem Feld. Der betonierte Platz war glücklicherweise belegt, denn dort war es noch heißer. "Siehst du sie irgendwo?" Sasori meinte das eigentlich rhetorisch. Sie war sicher nicht da. Außerdem... Eine Freundin hatten beide noch nie gehabt. Deswegen hatten sie in ihrer Freundschaft auch keinen Stress. Es würde nie so bleiben, wenn Deidara tatsächlich sich in eine verliebte. Plötzlich zupfte ihn der Blonde entgeistert am Ärmel und zeigte auf eine kleine Ansammlung Mädchen. "Die hat doch blonde Haare." "Nein! Die daneben! Die ist es, un!" Sasori verlegte seinen Blickpunkt etwas weiter. In der Tat. Schwarze Augen, schwarze Haare. Erfülltes Kriterium. Ganz hübsch, auch wenn Sasori dafür kaum einen Sinn hatte. Nichts Besonderes. Aber Deidara führte sich auf, als sei soeben eine Fee zur Erde gestiegen. Dieses Mädchen und keine andere. Andy Lau: Schauspielerin aus 'House Of The Flying Daggers' Ich weiß nicht, warum ich plötzlich den Drang verspürte, Sasuke und Sakura über den Schulhof zu scheuchen. Sasuke kriegt in dieser Fic eine süße Rolle. 'Süß' ist gleich zu definieren mit 'OoC'. Ich mag ihn trotzdem. Den KakashixIruka-Wink hatte ich in diesem Kapitel noch nicht geplant, weil ich ihn mir als Überraschung für spätere aufheben wollte. Sei's drum, ist Tatze jetzt eben etwas glücklicher ô-.-ô EDIT: Jouki. Mann, ich hasse Animexx -.- Kapitel 3: Perfect Victory -------------------------- Steckbriefe kommen bald... Nicht mehr heute. So, tatze, bist du glücklich? Nein? Dann bin ich glücklich *ugly* Scherz... "Ich verstehe, dass du dich freust, Deidara... Aber hör verdammt noch mal auf, meinen Arm deswegen auszureißen. Ich..." Den letzten Teil der Aussage verkniff er sich gerade noch. Wenn ihm etwas nicht geheuer war, machte er es schlecht. Diesmal würde Deidara ihm dafür höchstwahrscheinlich sogar beide Arme rausreißen, wenn er den Satz mit '... finde sie auch nicht sooo umwerfend toll...' beendete. Die Mahnung kam bei besagtem Blondschopf nicht mal an. Er hielt Sasoris Hand immer noch umklammert und zog hektisch daran. Glücklicherweise hatten die Mädchen das nicht bemerkt, sonst würde Sasori jetzt das tun, was er immer tat, wenn Deidara ihm peinlich war - er tat so, als kannte er ihn nicht. Bei anderen, die ihn nicht kannten, hatte das auch noch geringe Chancen auf Erfolg. "Oh... die kenn' ich." "WAS, UN?!" Im Bruchteil einer Sekunde hatte Deidara sich aus seiner Sabberstarre gelöst und sah seinen Freund mit übergroßen Augen an. Sein Atem ging bereits schnell von der Aufregung. Mit beiden Händen umklammerte er jetzt Sasoris, weil letzterer kein Gefühl mehr darin hatte, sodass er sie nicht hatte wegziehen können. "Woher, un?" Sasori verdrehte die Augen und forschte aus den Augenwinkeln, ob sie schon allzu befremdlich angestarrt wurden. Wenn Deidara sich jetzt noch hinkniete, dachte wirklich noch jemand, er würde ihm gerade einen Antrag machen. "Äh... 'die' doch nicht. Ihre blonde Freundin... Die mit der altmodischen Strumpfhose, die anscheinend so nach Mottenkugeln riecht, dass Kakashi-sensei zurückweicht." Deidara fand, dass die Beschreibung ganz gut auf die Situation passte. Kakashi nahm Abstand, stand aber dennoch neben dem schwarzhaarigen Mädchen. Sie sagte nichts, wippte dafür mit sichtlichem Desinteresse auf den Fußspitzen. Ihre Freundin übergoss den Sportlehrer mit einer Wucht von Gequassel, das offenbar völlig ungeniert war. Ihre Strumpfhose bestand aus schwarzem, verhältnismäßig großmaschigem Netz und endete am linken Bein knapp oberhalb des Knies, während es beim rechten Bein kurz unterhalb des Knies anfing. Netze wie diese waren in Konoha in, und es mochte auch sexy aussehen... Deidara fand, dass es schlichtweg nuttig aussah. Zumindest an den Beinen. Sowieso schien das ganze Aussehen dieser Person auf 'außergewöhnlich' eingestellt zu sein. Anstatt von zweien hatte sie vier stachelig aussehende Pferdeschwänze am Hinterkopf, was Deidara irgendwie mehr an ein Insekt erinnerte. Nur sah das Mädchen nicht danach aus, als ließe sie sich das einfach sagen. "Erinnerst du dich an Kankuro? Das ist seine große Schwester." Deidara legte den Kopf schief und suchte sein Gedächtnis durch. Schließlich benutzte er auf Verdacht hin seine Metapher. "Der aus dem Kunstclub? Mr. Kitty alias Mr. Katzenöhrchen, un?" Sasori zog geräuschvoll die Luft ein. "Er heißt nicht Mr. Kitty oder Mr. Katzenöhrchen. Es ist nicht meine Schuld, dass er... diese Art von Kopfbedeckung bevorzugt." "Ach, du meinst diese unglaublich beknackte Mütze mit den unglaublich beknackten Dingern dran, die wie unglaublich beknackte und unglaublich schlecht gemachte, primitive Katzenohren aussehen, un?" Sasori antwortete darauf lieber nicht und nahm das ursprüngliche Thema wieder auf: "Jedenfalls... scheint 'sie' Temaris Freundin zu sein." "Was sagt mir das? Ach ja... Frag Mr. Katzenohren doch einfach nach der Freundin seiner Schwester!" Auf diese geistige Leistung war Deidara stolz. Er hielt sich auf diesem niedrigen Level, weil sein Geist momentan etwas verlangsamt arbeitete. Bevor er eine weitere Aussage hinzufügen konnte, verpasste jemand seinem Blickziel einen kräftigen Schubs nach vorne. Normalerweise nichts Bewegendes, aber da sie nicht mit beiden Füßen fest auf dem Boden stand, stolperte sie unbeholfen nach vorne und wäre wahrscheinlich ziemlich unsanft auf den Boden geknallt, hätte sie nicht ein starker Arm aus dem Nichts aufgefangen... Deidaras Augen verengten sich. Ja klar, ein männlicher Arm. Und da Mädchen keine männlichen Arme zu besitzen pflegen, musste es, o drittes Wunder an diesem Tag... "Jetzt guck dir das an! Dieser perverse alte Bock, un!" "Sieh halt weg, wenn dir das zu unaltersgemäß ist." Was Sasori damit ansprach, war der Fakt, dass Kakashi sie natürlich nicht, wie jeder anständige Lehrer, sie etwas oberhalb der Hüfte abgefangen hatte, sondern vor der Brust. Deidara lief bei dem Anblick dunkelrot vor Wut an. Sasori fand die Farbzusammenstellung im Kontrast mit seinen Haaren ganz schön, nur das behielt er besser für sich. Ein Mädchen mit einer orangeroten Haarfarbe und derselben Sportaufmachung wie die anderen kehrte soeben aus ihrem Fluchtwinkel zurück und grinste offenherzig. Eine ihrer Haarsträhnen hing ihr mitten im Gesicht und endete etwas unterhalb des Kinns. Zwei kastanienbraue Augen funkelten verschmitzt, als sie die Finger hinter ihrem Rücken ineinander verflocht und den Anblick ihrer erstarrten Klassenkameradin und dem freiwillig erstarrten Sportlehrer genoss. "Vielen Dank, Sensei..." flötete sie und warf ihre orangeroten Haare lässig über die Schulter. "Was wohl mit Yuzuka-chan passiert wäre, wenn nicht gerade so ein starker Mann in der Nähe gewesen wäre, der sie davor rettet, sich dort womöglich wehzutun..." Um ihre Aussage noch zu unterstreichen klimperte sie ein Mal bezaubernd mit den Wimpern und lächelte der Schwarzhaarigen zu, als wäre sie gerade in einer Position, um die sie besonders zu beneiden wäre. Kakashi lachte leicht verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. "Ja, man tut was man kann..." "Wie wäre es dann, wenn er seine Dreckspfoten mal von ihr wegnimmt, un?!" raunte Deidara seinem Freund aufgebracht zu und bombardierte Kakashi mit tödlichen Blicken. Er durfte nicht auf ihn losgehen, sonst minimierten sich ihre Gewinnchancen auf null. Amtsmissbrauch war in diesem Rahmen leider noch nicht strafbar. Sasori drehte währenddessen den Kopf und schätzte die Hörweite und Entfernung einer gewissen Person zu dem rothaarigen Mädchen ab. Besagte Person schien noch nichts gemerkt zu haben. Gut so. Das brauchte sich gar nicht zu ändern. "Freu dich doch, dass du 'ihren' Namen endlich weißt." Beide sahen zurück zum Ort des Geschehens. Yuzuka, oder wie sie hieß, stand inzwischen wieder auf beiden Beinen und sah aus, als würde sie nichts lieber tun, als dem Mädchen, das sie angeblich in das höchste Glück auf Erden geschubst hatte, an die Kehle zu springen. Und anscheinend war sie dem auch sehr nahe. Bedrohlich langsam näherte sie sich ihrem Opfer, das inzwischen nervös wurde. Temari stand daneben und sah zu. Nächstenliebe war vielleicht löblich, aber um ihr eigenes Wohl sorgte sie sich doch etwas mehr. Die Rothaarige hatte nun das Ausmaß der Bedrohung erfasst. In dieser Situation konnte sie zweierlei tun: entweder so dumm sein, stehen zu bleiben oder wegzurennen. Kam beides auf dasselbe raus, nämlich auf einen Tritt sonst wohin. Zweitens konnte sie eine gewisse Person kontaktieren. Was auch nicht risikofrei war. Unschlüssig blieb sie stehen, während Yuzuka ihre Mordlust auf sie konzentrierte. Flehentlich sah sie zu Temari und gab Handzeichen. Was das hieß, würde niemals der Allgemeinheit zugänglich sein. Immerhin bewegte das die andere, der Rächerin auf die Schulter zu klopfen und so ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ein Paar blutrot angelaufener Augen, das unwissende Individuen nicht als Sharingan bezeichneten, richtete sich augenblicklich auf sie. Es hätte nur noch das Fadenkreuz gefehlt, um die Stimmung perfekt zu machen. "Wenn du Tayuya schlägst, petzt sie das wieder Kimimaro. Euer Kleinkrieg war das letzte Mal schon unerträglich. Sei erwachsen und sieh das Ganze locker." 'Locker' war etwas viel verlangt. Dennoch beruhigte Yuzuka sich blitzartig und warf Tayuya lediglich einen wütenden Blick zu. "Willst du dir keine... Zartere suchen?" fragte Sasori spontan und wandte den Blick ab. Diese Mädchen interessierten ihn nach wie vor nicht. Hauptsache war, dass Kimimaro nichts davon mitbekam. Eigentlich war er ein ruhiger, berechnender Mensch, zu dem eine Freundin wie Tayuya nicht im Geringsten passte, aber... die Liebe fiel immer irgendwo hin, und sei es auf einen Eisblock und eine Feuerwand. Kimimaro konnte sehr unangenehm werden, wenn man ihr allzu nahe kam. Deidaras Meinung nach tat er das nur, um Kisames kleiner Schwester zu entkommen, die ihn irgendwie unheimlich toll fand. Was keiner nachvollziehen konnte, was hirnrissig war wie nichts, was... leider der Realität entsprach. Es sah einfach schräg aus, wenn er ein Opfer modernen Stalkings wurde. Deshalb lag die Vermutung nun mal nahe, dass Tayuya, dominant und selbstbewusst, sein Alibi war. "Hörst du? Ich dachte immer, Frauen hätten einen Blick für das wahre Ich... Jemand, der sich dauernd diese blöden, nutzlosen Magnetpflaster ins Gesicht klebt, kann nicht ernsthaft..." "Das dachte ich auch." unterbrach Sasori ihn ärgerlich und warf Kimimaro, der im spärlichen Schatten des hohen Maschendrahtzauns stand, einen kurzen Blick zu. Er hatte schon immer eine Abneigung gegen Hitze gehabt, letzten Sommer war er deswegen zusammengebrochen. Es gingen Gerüchte um, dass er krank war. Es sprach einiges dafür - mit seinen jadegrünen Augen, den weißen Haaren und den roten Strichen unter den Augen. Nicht zu vergessen die zwei roten Punkte über seinen Augenbrauen in der Mitte der Stirn und seinem stechenden Blick, seiner apathischen Art, mit anderen umzugehen. Er war ein geborener Einzelgänger und bemühte sich kaum um Freundschaft. Schon gar nicht um ein gewöhnliches Aussehen. Sein Kleidungsstil war immer ausgefallen und möglichst deckend. Selbst in dieser Hitze trug er lange, aufgeschlitzte Ärmel, grundsätzlich in Weiß. "Un?" Verdutzt sah Deidara den anderen an. Sasori erwiderte seinen Blick nicht. "Jetzt hat er doch eine Freundin, oder? Kaum zu glauben..." Sasoris Stimme war trocken und klang seltsam gepresst. Deidara wollte nachbohren, als ein schriller Pfiff über den Platz hallte und sie dazu veranlasste, sich mehr oder weniger zu verteilen. Wer den Ball zuerst bekam, war keine Frage. Zögerlich, da er noch beunruhigt war von Sasoris plötzlicher Verhaltensänderung, suchte Deidara nach Yuzuka. Sie stand weit am Rand, ganz offensichtlich nicht angetan von diesem Spiel. Sie war blass und tastete sich immer wieder nervös unter die Augen. Zwei schräge Striche zeichneten sich immer deutlicher ab. Vermutlich wusch ihr Schweiß langsam den Puder ab, sodass sie wieder sichtbarer wurden. Ein geringer Schönheitsfehler, fand Deidara. Warum machte sie daraus so ein Drama? Oder regte sie sich über etwas Anderes auf? Grübelnd herumstehend wurde er fast von einem Ball getroffen. Hätte Sakon ihn nicht am Kragen gepackt und weggezogen, hätte ihn der harte Ball ziemlich unflätig ins Gesicht getroffen (Anmerkung: Sakon hat hier nur einen Kopf, und zwar den, der wach ist und ihm gehört. Danke.). "Hör auf vor dich hinzuträumen, Blondie!" fuhr der Blauhaarige ihn an und ließ - ohne hinzusehen - den Ball auf dem Zeigefinger kreisen. "Dann lass du mein Shirt los und wir kommen ins Geschäft, un!" schnappte Deidara zurück und machte einen großen Schritt weg. Sakon und sein Zwilling gehörten zu den Menschen in Konoha, die er nur unter Zwang ertrug. Vor allem, weil Sakon nicht zu kapieren schien, dass er ein Junge war und seine bescheuerten Anmachsprüche und dümmlichen Namen wie z.B. 'Blondie' bei ihm nicht zogen. Das hieß, vielleicht wusste er Ersteres, nur es kümmerte ihn nicht. Was Deidara sich lieber nicht ausmalen wollte. Sakon grinste sein Die-überlegene-Intelligenz-ist-irgendwo-in-meiner-Rübe-und-ich-finde-sie-nicht-aber-das-weißt-du-nicht-Grinsen und holte mit dem Ball aus wie mit einer Bowlingkugel. Mit ziemlicher Wucht ließ er den Ball los. Wie immer zu schnell, um es zu verfolgen. Ein Protestschrei erklang, und Rin flog vom Platz. Bevor dagegen Revision eingelegt werden konnte, schnappte Sakon den zurückgeprallten Ball vom Boden und zielte auf Tayuya - großer Fehler. Gut, er traf sie. Weil sie nicht auswich. Theatralisch ließ sie sich auf den Boden sinken und jammerte los. "Aua! Du Grobian... Du hast mir mit deinem bestialischen Wurf die Kniescheibe aus dem Gelenk gesprengt!" Anklagend zeigte sie auf ihr Knie, an dem zwar nur rote Asche klebte, doch das wurde nicht ernst genommen. Ein wildes Gezeter brach aus, bei dem keiner zuhörte und einfach losbrüllte, bis Kakashi, nachdem schon keiner auf ihn hörte, als er mit seiner Trillerpfeife ein halbes Volkskonzert veranstaltete, ganz still war. Tayuya nutzte den Moment und knallte Sakon den Ball ins Gesicht, oder ganz offen ausgedrückt, in die Fresse. Das hatte den Effekt, dass er erstens die Klappe hielt und zweitens auch vom Platz flog. Ein guter Sportler weniger. "Das ist deine Schuld!" Ukon sah knapp zu seinem jüngeren Bruder und zeigte mit einem strafenden Blick auf Kimimaro. "Du hast deine Freundin nicht im Griff!" Bevor der Weißhaarige sich in irgendeiner Weise rechtfertigen konnte, was eh nicht seine Stärke war, da er gewohnt alles hinnahm, unterbrach sie eine ruhige, scharfe Stimme: "Soll er sie moderner Leibeigenschaft unterziehen?! Halt einfach dein Maul und gib mir den Ball, Ukon!" Deidara blinzelte entsetzt und sah zu Sasori, der mit ausgestrecktem Arm dastand und - mit Verlaub - extrem angepisst aussah. Für Unwissende sah er lediglich etwas gereizter aus als sonst. Deidara jedoch kannte die feinen Unterschiede in Sasoris Mimik. Es geschah selten, dass er tatsächlich ärgerlich wurde, und selbst dann... so drückte er sich sonst nie aus... Das war einfach nicht er. Selbst, wenn einer der Brüder noch so nervte oder ihm irgendetwas passierte, wobei jeder Normalsterbliche frustriert aufschreien würde, Sasori behielt sonst immer die Ruhe... Musste die Hitze sein. Oder seine Oma. Mit einem etwas unbeholfenen Wurf holte der junge Mann aus und zielte, ohne Rücksicht auf Verluste, auf Yuzuka. Vorher fing jedoch Anko das Geschoss ab und grinste triumphierend. Sakon auf der Zuschauerbank stöhnte und vergrub das Gesicht in den Händen. Deidara war jetzt auch geneigt, ihm sein Maul zu stopfen, aber das beanspruchte Zeit, die er nicht hatte. Von sechzehn Jungen waren noch fünfzehn übrig, die Mädchen hatten ebenfalls einen Verlust. Mit dem Unterschied, dass Sakon wesentlich besser war als Rin. So gesehen wurde es jetzt schon eng. Ein Grund mehr, alle Regeln in den Wind zu schlagen und erbittert Krieg zu führen. Fouls gab es nicht mehr. Genauso wenig wie Rücksicht auf Verletzte und Erbarmen... Fünfzehn Minuten später glich das Spielfeld einem Schlachtfeld. Das Volleyballnetz vom nebengelegenen Platz war zerrissen. Einer der Schiedsrichterstühle hatte dran glauben müssen. Kakashi las dennoch sein perverses Buch, als sei nichts passiert. Die Bank für die ausgeschiedenen Spieler war längst zertrümmert. Ihre ursprünglichen Benutzer waren zwar nicht aufs Feld zurückgekehrt, warfen aber trotzdem andere ab. Sakon und Ukon tauschten gelegentlich die Positionen, weil eh keiner den Unterschied merkte. Temari hatte wegen einer Laufmasche freiwillig das Feld verlassen und versuchte mit nicht ganz gewaltfreien Mitteln, ein paar Gegner aus dem Weg zu räumen. Tayuya machte behindernden Krach und befand sich von Zeit zu Zeit auf dem Feld der Jungen, wo sie zwar nicht hingehörte, es dafür nur als legales 'Ball wiederbeschaffen' bezeichnete. Deidara beschränkte sich aufs Ausweichen und kam Sasori lieber nicht zu nahe, falls dieser noch ärgerlich war. Die restliche Mannschaft, die von der Autorin jetzt nicht ganz namentlich erwähnt werden muss, obwohl sie jede Menge kranker Fantasien hat, was sie tun könnten, hampelte so rum und gekriegte sich halt. Bis auf einen. Kimimaro war nach Sasoris missglücktem Wurf getroffen worden und hatte sich wortlos auf die Bank gesetzt. Nachdem diese zerstört war, setzte er sich beharrlich auf den Teil, der halbwegs hoch war, und sah teilnahmslos zu. Hin und wieder wischte er sich Schweiß von der Stirn oder fächelte sich etwas Luft zu, das war alles. Auf Tayuyas Zurufe reagierte er gar nicht. Deidara setzte die Hitze inzwischen so zu, dass er keine Lust mehr hatte, sich zu bewegen. Allein, dass zum Abwerfen nicht mehr allein der Ball, sondern auch Personen benutzt wurden, schreckte ihn beträchtlich ab. Stattdessen fragte er sich, ob Yuzuka immer noch wütend auf ihn war, wegen dem Crash am Morgen. Wie war es möglich, dass er sie vorher nie gesehen hatte? Er wusste, dass er nicht mit ihr sprechen können würde, wenn die Jungen gewannen. Dann war sie vermutlich, wie alle Mädchen, eingeschnappt. Sollte das jetzt heißen, er sollte seine eigene Mannschaft sabotieren? Das wäre denkbar schlecht. Ganz abgesehen davon, dass Deidara nicht zu Unrecht fähig war. Wenn die Autorin einen bescheuerten Wortwitz einbringen dürfte, höchstens zu Un-Recht. Das tut trotzdem nichts zur Sache. In diesem Moment traf ihn ein Ball hart an der Schläfe. Er verlor das Gleichgewicht und fiel wie ein Käfer auf den Rücken. Vor seinen Augen drehte sich eh alles. Wer ihn genau abgeworfen hatte, wusste er nicht mal. Vielleicht sogar Sakon in seiner Dusseligkeit. Tatsache war, dass er hier nicht ewig rumliegen wollte, nachher trat noch wer in seiner Visage rum. Eine lädierte Fresse für den Rest des Monats war nicht sein Traum. Tatsache war dafür ebenfalls, dass er gerade zu perplex war, um sich zu rühren. Jemand, Deidara vermutete, dass es Sasori war, zog ihn an den Spielfeldrand und rannte zurück. Der Blonde setzte sich benommen auf und strich sich über die schmerzende Stirn. Kimimaro musterte ihn hinter einer seiner weißen, zusammengebundenen Haarsträhnen. "Alles in Ordnung?" fragte er leise. Kimimaro sprach nie laut. Es war ihm unangenehm. Abgesehen davon, dass er sowieso nicht viel sprach. Deidara klopfte sich seitlich gegen den Kopf, nur für den Fall, dass er Asche in die Ohren bekommen hatte, und klopfte sich den Staub von den Sachen. "Welche Idiotin hat mich abgeworfen, un?!" schnaubte er und strich seine Haare glatt. Kimimaro sah mit seinem undefinierbaren Blick aufs Feld, ohne dass es auszumachen wäre, worauf er schaute. "Das Mädchen mit den schwarzen Haaren." Deidara machte ein Geräusch, dass sich anhörte wie eine Mischung aus einem unverständlichen Murmeln und einer Art Miauen. Der andere blinzelte kaum merklich daraufhin und sagte nichts mehr. Sie schwiegen beide und betrachteten das Durcheinander auf dem Feld. Hin und wieder brüllte jemand ein Kommentar zu ihnen herüber, sie sollten sich einmischen. Deidara tat so, als hätte er nichts gehört. Bei Kimimaro war er sich ziemlich sicher, dass er aus Rücksicht auf seine Freundin nicht ging. An einem der Fenster der Schule, das diesem Teil des Sportplatzes zugewandt war, entdeckte Deidara Irukas Gesicht. Der Lehrer starrte verbissen in das Gewimmel, doch Deidara war schon so, als hörte er seine Zähne im Ringen um Selbstbeherrschung knirschen. Gedankenverloren kritzelte er mit einem kleinen Stöckchen in der Asche herum. Wie war es wohl, nicht geliebt zu werden? Zumindest sich nicht sicher zu sein, dass man nicht bloß ein Objekt war? Deidara hoffte, dieses Gefühl nicht kennen lernen zu müssen. Aber für Iruka musste es schlimm sein, Tag für Tag jemanden zu sehen, der Tag für Tag locker dahinlebte, während er ihn liebte, und dieser jemand zeigte nicht, dass er es irgendwie erwiderte. Stattdessen flirtete er mit seinen eigenen Schülerinnen, gelegentlich auch mit hübschen Lehrerinnen oder der Schulleiterin. "Du gehst nicht wieder rein?" Deidara war so überrascht, dass Kimimaro ihn ansprach, dass er wie elektrisiert zusammenfuhr und einige Sekunden brauchte, um den Sinn der Worte zu verstehen. "Äh... nein. Warum, un?" Kimimaro schwieg einen Moment und fuhr dann mit einer Stimme fort, die völlig beiläufig klang. "Ich dachte, du lässt deinen Freund nicht allein." Die folgenden Minuten wurden dazu gebraucht, besagten Freund zu finden. Er war tatsächlich noch auf dem Spielfeld. Normalerweise ließ er sich nicht auf diese Ebene herunter und machte dieses barbarische Spiel nicht mit. Warum er heute Kampfgeist hatte, war Deidara schleierhaft. "Sasori wird da eh nicht lange mitmischen, denke ich, un." Sie waren wieder still. Deidara war dieses Schweigen nicht gewohnt. Nicht, dass er nichts zu sagen hätte. Und wenn er sich, nur weil er mit einer Person nicht viel zu tun hatte, selbst eine Maulsperre erteilen würde, wären einige Leute möglicherweise glücklich. Mit Kimimaro war das anders. Er hatte schlicht das Gefühl, nichts sagen zu müssen. Warum, das konnte er nicht erklären. Es wäe nicht das erste Mal an diesem Tag, dass er etwas nicht verstand. Der Rest der Stunde verstrich für die beiden Jungen auf der Bank mit Dasitzen und dem Spektakel zusehen. Deidaras Vorstellung eines zarten, schüchternen Mädchens wurde in dieser Zeit schwer durcheinandergeworfen. Er hatte nie gewusst, dass Wesen, die Stunden mit Schminken, Tratschen und Kichern zubrachten und darüber hinaus immer eine negative Seite zu haben schienen, derart brutal sein konnten. Yuzuka schien einige Erfahrungen mit Kampfsport zu haben. Dem gezielten Kniestoß in den Magen, den sie Kabuto verpasste nach zu urteilen. Als der erlösende Pfiff ertönte, erhob Deidara sich und sah nach, ob Sasori ernsthafte Schäden davongetragen hatte. Außer einer merkwürdig aussehenden Kratzspur am linken Oberarm und ein paar Schrammen an den Ellenbogen war ihm nichts passiert. Sein Gesicht war wieder ruhig und entspannt, als sei nie etwas gewesen, dass ihn in irgendeiner Weise hätte aufregen können. Deidara beruhigte dieser Anblick ungemein. "Äh... Der Punktestand..." Kakashi räusperte sich geräuschvoll und blickte bedeutungsvoll in die Runde. Der Clou an dem ersten Spiel nach den Ferien war, dass die Spieler danach nicht so aussahen, als hätten sie gerade eine Schlacht auf Leben und Tod geschlagen. Hier und da bröckelte etwas Schminke oder eine Nase blutete, sonst passierte nichts. Auch jetzt standen alle aufgereiht wie die Zinnsoldaten, perfekt aufgesetzt grinsend. Deidara schielte unauffällig zu den Mädchen. Tayuya schien sehr glücklich, der Rest ihrer Clique weniger. Ob sie das Ergebnis schon wussten? "Wetten, er lässt uns noch die Schulhymne singen, damit wir noch ein bisschen länger warten müssen?" flüsterte Aoi ihnen von hinten zu. Ein paar schluckten betroffen und falteten vorsorglich die Hände zum Beten. Die Schulhymne war derart altmodisch, dass sie schon keiner mehr auch nur lesen mochte. Geschweige denn singen. "Es freut mich, verkünden zu dürfen, dass die... äh, ja, die Mädels gewonnen haben. Sorry Jungs." Ein missgünstiges Raunen ging durch die Jungenmannschaft. Bei der anderen Seite brach mehr oder weniger die Begeisterung aus. Deidara hatte keine Lust zum Beschweren, er wartete, dass sie sich endlich umziehen gehen durften. Kakashi schien das ankündigen zu wollen, als ein gewisses Mädchen mit orangeroten Haaren zu ihm herübermarschierte und sich mit strahlendem Lächeln vor ihm aufbaute. "Vielen Dank, Kakashi-sensei! Ohne Ihren Beistand hätten wir das nie geschafft!" Sie klimperte einige Male mit den Wimpern und setzte ihren mädchenhaftesten Ausdruck aus. "Wir stehen tief in Ihrer Schuld! Wie sollen wir uns da jemals revanchieren?!" "Sie trägt ein bisschen sehr dick auf..." kommentierte Sakon und sah, genau wie alle anderen, zu Kimimaro. Er stand lediglich mit verschränkten Armen und ausdruckslosem Gesicht da, als kümmerte ihn alles nichts. Auch, als Tayuya ihrem Lehrer einen etwas zu langen Kuss auf die Wange drückte, dort einen Lippenstiftabdruck hinterließ und ihm zur Krönung um den Hals fiel, zuckte kein Muskel in seinem Gesicht. Deidara bemitleidete ihn aufrichtig. Er konnte auch nicht verstehen, warum sie sich als seine Freundin so aufführte. In diesem Moment fiel geräuschvoll die Tür des Maschendrahtzauns um den Platz ins Schloss. Alle Köpfe schossen hinüber. Ein junger Mann hatte das Tor so geknallt. Er hielt einen Klemmrücken mit einigen handbeschriebenen Blättern in der Hand. Mit einer steifen Wucht warf er ihn auf den Boden und starrte Kakashi mit namenloser Wut an. Tayuya ließ ihn inzwischen trotzdem nicht los. Ohne ein Wort machte Iruka auf dem Absatz Kehrt und rannte zurück zur Schule. Aufgeregtes Getuschel brach aus. Deidara beobachtete, wie Kakashi sich von den Schülern verabschiedete und den Platz ebenfalls verließ. Mit hängendem Kopf und ohne Tayuya im Schlepptau, wohlgemerkt. Diese gesellte sich wieder zu ihren Freundinnen, mit einem etwas konfusen Grinsen. Ebenfalls wohlgemerkt, nicht zu ihrem Freund. Deidara hatte das Bedürfnis, ihm irgendetwas Tröstendes zu sagen, doch ihm fiel nichts ein. Als er näher an den Weißhaarigen trat, machte dieser sogleich einen Schritt weg. Verwirrt ging er zurück zu Sasori, der seine Hose abstaubte und dabei stumm vor sich hinstarrte. Deidara kam sich recht nutzlos vor und vergrub die Hände in den Taschen. Wie aus weiter Ferne hörte er Tayuyas Gequietsche. "Die Siege werden richtig einfach. Schade, es macht nicht mehr so viel Spaß. Früher, als Itachi noch da war..." Ihre Stimme wurde verträumt. Deidara verdrehte innerlich die Augen. Dieses Mädel schmiss sich tatsächlich jedem an den Hals. Er war dabei, gedanklich eine Liste ihrer Zielobjekte anzulegen, als eine schneidende Stimme Tayuya unterbrach. "Aber Itachi kommt nicht zurück. Nie mehr." Verwirrt sah er Yuzuka an. Sie hatte den Kopf gesenkt und die Haare vors Gesicht fallen lassen. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten. "Er bleibt für immer weg. Immer und ewig." Kapitel 4: Perfect Meeting -------------------------- Notiz: Ich hasse es, ich hasse es, SIEBENHUNDERTACHTUNDFÜNFZIGMAL ICH HASSE ES! Wie kann man eigentlich in den ersten Kapiteln vergessen, dass Deidara immer 'un' sagt?! So, uncooler Ausbruch beendet. Zu Tatzes (ich weigere mich, jemals einen anderen Namen zu benutzen...) Beschwerde: ich hatte nicht gedacht, dass du für voll nimmst, dass die Story für immer abgebrochen ist. Das mache ich eher selten. Meistens ist das nur eine Phase, je nach Stimmungsschwankung geht die vorrüber. Für dieses Kapitel darfst du dann endlich mal deins von Lemon Tree schreiben. Ich hab den Anfang gemacht -.- Zu den Steckbriefen: Bitte keine Flames. Zu eventuellen späteren Lemons zwischen wem auch immer: ist mehr oder weniger geplant... Wunderbar, dass jeder begriffen hat, dass Yuzuka kein OC ist. Es wird auch bald bekannt, aber Lemon lässt auf sich warten. Ganz einfach, weil es mir zu primitiv und oberflächlich ist, wenn es damit anfängt. "Ich hasse es, ich hasse es, SIEBENHUNDERTACHTUNDFÜNFZIGMAL ICH HASSE ES!" Deidara war kurz davor, seinen Kopf frustriert gegen einen Torpfosten zu schlagen. Der Tag war doch komplett im Eimer. Also eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse: er traf ein supersüßes Mädchen, das ihm endlich das gute Gefühl gab, 'normal' zu sein. Ihre erste Begegnung verlief eher schlecht. Doch dieses Mädchen war unantastbar und dazu machte es sich nicht besonders gut, wenn ein Junge ein Mädchen nach einem wichtigen, verlorenen Match fragte, ob sie mit ihm ausgehen wollte. Sasori, sonst ein wandelndes Allwetter-Lexikon, konnte ihm da nicht helfen, sondern kommentierte das mit 'Wir sehen uns später', bevor er zu seinem dämlichen Kunstkurs ging. Deidara hatte den nicht mitbelegt, weil er Bildhauerei nicht mochte. Und jetzt saß er in einem abgrundtief schlechten Sozialwissenschaftskurs, mit einem Lehrer, der vor nicht allzu langer Zeit in Tränen ausgebrochen sein musste. Oder kurzum, das war Iruka. "Der Typ ist ja komplett am Arsch." Kisame konnte sich immer so einfühlsam ausdrücken. Da lief der Enthusiasmus ja gleich über. Deidara ignorierte das ausnahmsweise. Er hatte den Kopf auf die Arme gelegt und betete, dass die Stunde endlich vorüber war. Seine Haare verdeckten dabei den Großteil seines Gesichts, sodass er nicht mal die Uhr sah. Das machte die ganze Sache ja so 'toll'. "Ich will nach Hause, uuuuun..." "Wer will das nicht?" Deidara murmelte das 'u' kläglich vor sich hin und sah Kisame aus den Augenwinkeln an. "Sakon. Er sagt, er geht nicht eher, bis er sich an den Mädchen gerächt hat. Und Ukon findet, dazu schlägt man am besten eins zusammen, un." Kisame kicherte, was irgendwie klang wie eine Mischung aus einem erstickenden Fisch und einem Waschbrett. Bitte nicht Zuhause vorstellen, liebe Kinder, und wer's nachmacht, ist selber Schuld. "Wie letztes Jahr. Wen trifft's diesmal?" Deidara plante, nicht darauf zu antworten, als sein auf Standyby geschaltetes Denken sich eine Frage stellte... Was, wenn dieses Mädchen Yuzuka war? Der Blonde riss den Kopf hoch. Noch fünf Minuten bis zum Gong. Die Sport-AG, in der die Zwillinge 80% ihrer Zeit verplem... verbrachten, hatte immer etwas früher Schluss. Weil Sakon sich ja noch schminken musste, nur das sagte ihm keiner, der nicht zufällig lebensmüde war. Man musste schon komisch sein, um als Mann dauernd Lippenstift zu tragen, und dann auch noch die Farbe... Er warf einen unruhigen Blick zur Tafel. Iruka sprach sehr leise und mit gesenktem Kopf, es war kaum zu sagen, was er mitbekam. Unfähig, sich still zu verhalten, zappelte Deidara gequält auf seinem Stuhl herum. Was musste die Zeit so kriechen?! "Was bist du denn plötzlich so hibbelig?! Same-sama... (Ja, lacht nur. Aber ich habe einen Vokabeltrainer, und da bin ich jetzt mal stolz drauf. Und 'same' heißt Hai. Also dürfen wir jetzt alle mal scharf nachdenken, was 'Kisame' und 'Samehada' heißt.)" "Ich muss dringend wo hin, un..." Kisame hob eine Augenbraue, die wohlgetarnt war. Man durfte sie allerdings nicht für eine seiner... Kiemen... halten. "Aufs Klo? Dann meld dich doch. Oder geh einfach, der merkt's eh nicht." Deidara drückte nervös seinen Kugelschreiber ins Papier seines Collageblocks. "Und wenn doch? Ich hab heute schon einen Eintrag bekommen, un..." Kisame zuckte mit den Schultern. Das war offensichtlich nicht mehr seine Angelegenheit. Genau deswegen konnte Deidara ihn nicht über längeren Zeitraum in seiner Nähe ertragen - Sasoris Sarkasmus war nichts gegen Kisames Gleichgültigkeit. Wie wild mit den Fingern trommelnd spähte der Blonde nach draußen. Der Sportplatz leerte sich. Er hatte keine Ahnung, in welchem Raum die Mädchen waren und wo sie hingingen. Sakon würde im Gebäude niemanden schlagen, doch außerhalb war genug, fand er. Auch auf dem Schulhof. Den sah er zwar von hier, dennoch dauerte es, bis er unten ankam und irgendetwas tun konnte. Was wollte er überhaupt tun? Sich heroisch kreischend aus dem Fenster werfen und hoffen, dass er auf Sakon drauffiel?! Die Taktik war nicht empfehlenswert. Außerdem mochten Frauen so was wohl kaum. Bis auf Tayuya, und die wollte er tunlichst nicht beeindrucken. Iruka schien gar nicht daran zu denken, den Unterricht zu beenden. Das war echt zum Auswachsen. Dieser Keks von einem Lehrer (Nein, das ist kein Genitiv, das ist Ala-Ausdrucksweise. Ich hätte auch Terrorkrümel oder Terrorkeks sagen können...), der sein Privatleben nicht in den Griff bekam und das unbewusst an seinen Schülern auslebte, konnte jetzt gefälligst Schluss machen! Sowohl mit dem Unterricht als auch mit Kakashi, wenn ihn das so betrübte! Deidara sah erneut aus dem Fenster. Noch zwei Minuten. Da unten waren die Zwillinge. Sakon sah nicht wirklich entspannt aus. War auch nicht zu erwarten gewesen, der Blauhaarige hatte ein Gedächtnis wie ein alter Drache. Die Gestalt hinter ihnen erregte Deidaras Aufmerksamkeit. Neugierig beugte er sich weiter zum Fenster. Iruka blieb das nicht verborgen. "Was ist da so interessant, sodass du dich nicht auf den Unterricht konzentrieren kannst?" Er schien sich wieder im Griff zu haben, zur allgemeinen Verwunderung. Vielleicht doch nicht, immerhin war er einiges gewohnt. "Ich denke... da ist Kakashi-sensei, un..." Im selben Augenblick wollte Deidara das wieder zurücknehmen, aus dem einfachen Grund, dass es nicht stimmte, aber dieser Name war genug, um Iruka wieder in Panik zu versetzen. Seine Lehrbücher vom Pult reißend, verschwand er mit einem 'ich bin nicht da!' im Nebenraum. Der Schlüssel klickte. "Neeeein, das war er gar nicht, ich hab mich geirrt, uuuuun! Das war ein Versehen! Un! Un! UN!" zeterte Deidara, ohne damit Erfolg zu haben. Kisame fand das urkomisch, der Rest der Klasse war noch völlig vom Hocker. Sonst hätten sie wahrscheinlich gelacht. So lachte nur Kisame einsam sein blechernes Lachen vor sich hin. Und das war auch schon genug. Wortlos packten die anderen ein. Deidara hatte sich von seinem verschmerzbaren Schock erholt. Normalerweise log er überhaupt nicht gerne und hätte das aufgeklärt, doch diesmal verschob er das. Erst mal sichergehen, dass Sakon keinen Unfug machte. Zumindest nicht mit Yuzuka. Tayuya durfte er ruhig mal schlagen, damit sie ihr freches Maul hielt, fand er. Ohne den geringsten Plan zu haben, wohin er zu rennen hatte, drängelte Deidara sich durch den Gang, und ja, schon wieder durch knutschende Pärchen. Hatten die nie Unterricht oder so?! Standen die hier den ganzen Tag?! Wenn ja, konnten sie am besten Zuhause bleiben und das tun, wozu sie Lust hatten. Weiter wollte er darauf nicht eingehen. Orientierungslos wie immer stellte er fest, dass er in der Nähe der Kunsträume war. Umso besser, konnte er Sasori mitnehmen. Besagter stand seelenruhig plaudernd gegen die Schließfächer gelehnt. Die Paare neben sich ignorierte er bewundernswert. Sein Gesprächspartner war, nach Deidaras Meinung, ein Freak. Wer schmierte sich außerhalb der Festzeit lila Farbe ins Gesicht?! Richtig, Mr. Katzenöhrchen. (A-ha, und da wissen wir doch gleich, das ist Kankuro.) "'Tschuldigung. Ich brauch ihn mal, un." Unverblümt wie immer packte Deidara Sasori am Arm und zog ihn Richtung Ausgang. Letzterer leistete zwar keinen aktiven Widerstand, zog jedoch auch nicht gerade ein zustimmendes Gesicht. "Du kannst mich nicht immer aus jeder Unterhaltung rauszerren und ausleihen wie ein Küchengerät." Deidara sah verständnislos über die Schulter, während er 'Hindernisse' zur Seite schob. "Kann ich nicht? Wie gut, dass ich so toll Vorschriften ignorieren kann, un." Sasori verdrehte die Augen und ließ die verspannten Fingerknöchel seiner freien Hand knacken. Man kam manchmal zu nichts, wenn Deidara das nicht plante. Eigentlich ließ Sasori sich das nicht gefallen. Wenn jemand so mit ihm umsprang, pflegte er keinen Kontakt mehr. Nachdem, wie Deidara das machte, hatten das schon mehrere versucht, mit der Begründung 'Er darf auch...'. Warum 'er das eben durfte', wusste der Rothaarige selbst nicht. Es war einfach so, und damit war alles geregelt. "Wo gehen wir hin?" "Auf den Schulhof. Sakons alljähriges Wutablassen verhindern, un." Der Schulhof war um diese Zeit für gewöhnlich leergefegt. Wer Schluss hatte, verschwand sang- und klanglos, wer Pause hatte, trampelte nicht in der prallen Sonne rum, und wer blau machte... tat irgendwas, das keinen interessierte. Nur heute war das anders. Schon, als Deidara mit Sasori im Schlepptau das Gebäude verließ, hatte sich ein kleiner Pulk neben dem Basketballplatz gebildet. Solche, die es bei Schlägereien immer gab, weil Wetten abgeschlossen wurden. Es gab keinen Lehrer, der da ernsthaft eingriff. Soviel zur rechtlich korrekten Situation. Im Kern dieser Menschenansammlung war, wie sollte es anders sein, Sakon. Ukon hielt sich im Hintergrund, er schien nicht ganz einverstanden zu sein. Deidara hatte vergessen, sich zu merken, ob das jedes Jahr so war, wenn sie verloren. Machte so oder so keinen Unterschied. Sasori immer noch nicht loslassend benutzte Deidara seinen freien Ellbogen, um so weit wie möglich vorzukommen. Probeweise stellte er sich auf die Zehenspitzen und spähte über die restlichen Köpfe hinweg. Das gestaltete sich nicht wirklich einfach, da Temaris Frisur einige Standkraft hatte. Dennoch lag er richtig mit seiner Vermutung, mit wem Sakon sich zankte. Wie konnte es auch anders sein. Yuzuka. Welch Zufall. Und Tayuya war natürlich mit dabei, sonst gäbe es keinen Grund, gerade sie ins Auge zu fassen. Fand Deidara jedenfalls. "Ich versteh kein Wort. Was reden die da, un?!" "Was schon." Sasori verdrehte die Augen, offensichtlich nicht willig, sich hier herumzutreiben. "Das, was Sakon halt so redet, wenn er Streit sucht. Zwing mich nicht, mir hier eine primitive Straßenschlägerei anzusehen." Er drehte sich unmissverständlich weg und machte Anstalten, sich wieder einen Ausweg zu bahnen, als Deidara sich erneut seinen Arm schnappte, der langsam Druckstellen haben musste, und hielt ihn fest. "Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen! Ich kann das nicht, uuun..." "Sonst kannst du auch nonstop reden, also wird das wohl kein Problem sein. Die beißt dir nichts ab. Und jetzt lass meinen Arm los, den brauch ich noch." Deidara setzte zu einer verlegenen Erwiderung an, das mit den Männlein und den Weiblein und den Schmetterlingen im Bauch war immerhin so einfach auch nicht, als um ihn herum das Geschrei losging. Schlimmer als beim Pferderennen, und das bei so einer kleinen Ansammlung. Gut, so klein war sie inzwischen nicht mehr. Und das trug maßgeblich dazu bei, dass Deidara gar nichts mehr sah. Rufen hatte sowieso keinen Zweck, da brauchte er ein Megafon, um sich bemerkbar zu machen. So blieb ihm nichts Anderes übrig, als 'irgendwie so' zuzusehen. Eine Zeit, die Sasori nutzte, um unauffällig zu verschwinden. "Uuurgh..." Die gesamte männliche Ansammlung fuhr zusammen. Sie kannten dieses Geräusch. Es war angeboren und das rührte von uralten Trieben her. Jeder kannte das Gefühl, und mit Sakon wollte so recht keiner tauschen. Denn das Gefühl war so abgrundtief kalt und erniedrigend, so niederschmetternd und... äußerst schmerzhaft. Irritierter Applaus von weiblicher Seite. Deidara hatte noch nie ein Mädchen gesehen, das einen Jungen 'dahin wo es wehtat' trat. Sakon krümmte sich. Eins zu null für Yuzuka. Game Over. Deidara schaffte es endlich, nach vorne zu kommen, weil sich der Pulk auflöste. Keine spannende Schlägerei heute. Ukon sammelte seinen Bruder auf und schleppte ihn ins Krankenzimmer. Eine Runde Mitleid. Och ne, vielleicht später. Yuzuka hatte eine himmelblaue Puderdose aus ihrer Tasche geholt und war dabei, mit der Puderquaste die Striche unter ihren Augen zu überschminken. Je mehr sie verschwanden, desto mehr sah sie anders aus, fand Deidara. "Angeblich ist das schlecht für die Haut..." murmelte Tayuya und spielte damit auf den Tritt an. Ihre Freundin reagierte nicht darauf, sondern widmete sich mit Hingabe dem anderen Auge. "Aber das ist dir ja völlig egal, was?!" Volltreffer. Wer brauchte so was wie weiblichen Stolz?! Yuzuka packte ungerührt ihren Puder weg, nachdem sie sich prüfend im Spiegel betrachtet hatte. Eitel war sie jedenfalls, so schrecklich sah das nun auch nicht aus. Tayuya erspähte in greifbarer Nähe Kakashi, woraufhin sie sofort zum Angriff überging. Nach dem Motto 'Wer braucht schon Anstand und Zurückhaltung?' positionierte sie sich neben dem Lehrer, der sie nicht richtig wahrzunehmen schien, selig grinsend. Außer ihrer Freundin und Deidara war jetzt niemand mehr auf dem Schulhof. "Ähm... Wird einer von euch zufällig von Iruka-sensei unterrichtet?" fragte er langsam. Deidara hob eine Augenbraue. Soso, daher wehte der Wind. Er hatte schon ernsthaft geglaubt, jemand wollte der Freizeitbeschäftigung Schulhofprügelei Einhalt gebieten. Idiotisch, aber wenn es sonst nichts gab... "Fällt der Geschichtskurs aus?" Yuzuka schien die erneute Krise auch nicht entgangen zu sein. Tayuya bekam die Frage gar nicht erst mit, sie war zu beschäftigt damit, ihm auf die Pelle zu rücken. Dieses Mädchen war der geborene Groupie. "Äh... Scheint so. Iruka-sensei hat sich entschuldigen lassen, er... ist... unglücklicherweise etwas krank geworden." Deidara verdrehte erneut die Augen. Hieß im Klartext, er hatte jetzt frei. Geschichtskurs und Konsorten, die er gewählt hatte, waren Irukas Fächer. Wenigstens Geschichte hätte er mit Yuzuka zusammen gehabt. In solchen Stunden konnte man wenigstens Zettel schreiben. Und da Sasori sich so wahnsinnig zuvorkommend verzogen hatte, konnte er nicht einfach mit ihr sprechen. Wunderbar, der war sicher wieder bei Mr. Katzenohren und plauschte mit dem. Ausgerechnet mit einem Freak wie dem. Freaks waren allerdings ohnehin der Normalfall in Konoha, seien sie körperlich ausgefreakt, Bsp Kisame, oder psychisch, Bsp. Orochimaru. Und irgendwie war Deidara auch ein spezieller Freak. Gut, lassen wir das. Was momentan interessanter war, war dass dieses Weib nicht eine Sekunde an ihre noch bestehende Beziehung dachte. Typisch. "Was ist mit Kimimaro? Soll der darüber hinwegsehen, un?!" Deidara war eigentlich überrascht, dass er gerade von diesem Eisblock sprach. Vor allem mit jemandem, der keine Ahnung davon hatte. Zumindest registrierte Tayuya jetzt, dass sie nicht allein waren, und ließ unabsichtlich Kakashi los, der so verschwinden konnte. Wohin, sollte besser noch verschwiegen werden. "Nanu? Kenn ich dich? Du hast doch heute gegen uns im Dodgeball verloren, oder?" Für einen Moment suchte die Rothaarige ihr Gehirn nach seinem Gesicht durch, fand es und marschierte freudestrahlend auf ihn zu. Opfer eins war geflohen, also Angriff auf neuerwähltes Opfer zwei. "Du bist ja süß! Bist du Yuzukas Freund?" trällerte sie vergnügt und näherte sich auf eine Weite, die Deidara als seine persönliche Raumblase auffasste und die nicht von fremden Menschen betreten werden durfte. Diese Regel war zwar eher für Mädchen gedacht, aber Deidara als... gewissenermaßenes Mittelglied... durfte das. Der Blonde warf einen zweifelnden Seitenblick auf das Mädchen mehr oder weniger neben ihm. Sie schien nicht sonderlich verlegen. Schlechtes Anzeichen. "Was redest du da?! Er hat mich heute morgen umgerannt. Ich kenne ihn nicht mal." Ihre Stimme klang nebensächlich, uninteressiert. Das schien der Normalzustand zu sein, also keine Chance, ihr irgendetwas nachzuweisen. Das schien Tayuya auch zu merken, ihr Grinsen wurde breiter. "Nicht? Dann kann ich ihn haben?" "Nur zu." "NEIN, UN!" Deidara fühlte sich... versteigert. Er blieb nur, damit Tayuya endlich ging und ihn mit Yuzuka alleine ließ, und wurde von der Person angegraben, mit der er ganz sicher nichts anfangen wollte. Warum war die bitte so direkt?! Er hatte sie nicht absichtlich umgerannt. Bei ihr war nichts kaputtgegangen. Musste er sich hier den Kopf kahl scheren, um Vergebung zu bekommen?! Allerdings... So eine einfache Entschuldigung hatte auch was. "Das war keine Absicht, es tut mir..." "AAAH! Das ist ja galant! Wie niedlich! Bist du sicher, dass du ihn nicht willst? So was findest du nicht alle Tage!" Yuzuka seufzte und tastete vorsichtig mit dem Zeigefinger unter ihrem Auge. Weißer Puder blieb an der Fingerspitze kleben. Bei diesen Temperaturen hatte Schminke keine besondere Haltkraft. "Tu, was du nicht lassen kannst. Ich hab jetzt frei." Deidara, der sich immer noch über 'so was' ärgerte, kehrte wieder in die Realität zurück, als Tayuya die Eingebung empfing, dass sie nicht frei hatte und tunlichst zu ihrem Kurs zurückkehren sollte. Er atmete befreit aus. Diese Type war unmöglich. Es war ihm unbegreiflich, wie Kimimaro sie in Schutz nehmen konnte. Gelegenheit für die Philosophie der Liebe. "Gehst du jetzt nach Hause, un?" fragte Deidara vorsichtig. Theoretisch gab es Aufenthaltsräume für Freistunden, bloß war es auf Dauer langweilig dort. Wer nicht weit weg wohnte, ging nach Möglichkeit. Deidara hatte ein Motorrad, ergo konnte es ihm egal sein, wie weit seine Wohnung weg war. "Ja." Yuzuka zog eine Armbanduhr aus ihrer Rocktasche und überlegte einen Moment. Die Situation schien sie nicht annähernd so nervös zu machen wie Deidara. Er war schon froh, wenn sie seinen Herzschlag nicht hörte. Was nun kam, forderte seinen verbleibenden Mut. Normalerweise war er nicht schüchtern. Es blieb nur zu wiederholen, dass diesmal alles anders war. Er war noch nie verliebt gewesen, und er hatte Filme über Teenieliebe nie begriffen. Dass er das inzwischen tat, nützte ihm nicht wahnsinnig viel. "Soll... ich dich mitnehmen, un?" Sie stutzte für einen Moment und ließ ihre Uhr wieder verschwinden. Für einen Moment sah sie so aus, als wollte sie eine unfreundliche Abfuhr geben, dann wandte sie den Blick ab. "Nein, danke. Ich kenn' dich nicht." Deidara trat von einem Fuß auf den anderen. Schon besser, keine bissige Antwort. Trotzdem würde er sich wesentlich besser fühlen, wenn er nicht allein wäre. Sasori konnte so gemein sein. "Es ist aber ziemlich warm... Äh, zum zu Fuß gehen, meine ich, un..." Yuzuka hob eine Augenbraue. Deidara hätte sich ohrfeigen können. Was für ein beispiellos blöder Satz. Noch so was, und sie hielt ihn für einen Spinner. "Ich wohne eh nicht weit. Außerdem lässt es sich noch ertragen." Was für ein romantisches Gespräch. Smalltalk. Man diskutierte über die Hitze des Tages, dämlicher ging's nicht. Wenn es etwas gab, was Deidara wusste, dann dass man nicht damit anfing: 'Willst du mit mir gehen?' Gut, fing er also mit Kleinigkeiten an. Das war sowieso einfacher. "Würdest du mit mir was trinken gehen, un?" "Sorry, ich hab's eilig. Mein Bruder wartet auf mich." Damit verschwand sie. In dem Tempo, wie es 'eilig' nun mal entsprach. Erst, als sie ihm den Rücken zudrehte und er somit nicht mehr ihren Blick ertragen musste, bequemte sein Herzschlag sich auf das Normalniveau. Die Hitze auf seinem Gesicht nahm ab, und sein Magen beruhigte sich. Lief das ab jetzt immer so? Wie ätzend! Davon hatte ihm keiner was gesagt! Es war lediglich die Rede von 'Schmetterlingen im Bauch, Träumen, rot werden, Herzklopfen'. Und das fühlte sich so an? Deidara wusste instinktiv, dass ihm Sasori die Frage wohl nicht beantworten würde. Also selber rausfinden, wie er das liebte. Das glich einem Sprung ins kalte Wasser. Umwerfend. Ein kleiner Metallgegenstand auf dem Stein reflektierte Sonnenlicht und blendet den Jungen damit. Verwundert hob er den aufgeheizten Gegenstand auf. Diese seltsame Puderdose von vorhin. Hatte Yuzuka sie verloren? Hohe Erfolgsquote, immerhin hatte sie das Teil benutzt. Von wegen, Frauen waren ordentlich. Die hier war es nicht. Umso besser, wie in einer Soap. Frau vergaß persönlichen Gebrauchsgegenstand, Mann nutzt Umstand aus, um sie zu besuchen. Auch, wenn sie nicht mal seinen Namen kannte und ihn für wunderlich hielt. Ihm doch egal, da war sie nicht die einzige. Kapitel 5: Perfect Invitation ----------------------------- Notiz: Jaaa, so dreckige Sachen kann ja nur Tatze denken. Du denkst so was für den Rest der Welt mit xD Und aus dem Grund sollte ich dir besser nichts verraten. Aber Glückwunsch zu Lemon Tree. Ich bin neidisch -.- Itachi ist so toll notgeil (Was ich alles toll finde). Und Iruka... Äh, dafür fehlt mir das Vokabular. Ich wette, dafür hast du 'Hide and Seek' gelesen xD Einziges Minus: Du hast Kiba/Shino vergessen =.= Ich plane dafür ernsthaft Sasori/Deidara aufzunehmen. Als kleine Sequel. Was meinst du? (Spam beendet) Ach ja, die eine Szene hat mich inspiriert. Etwas in der Art wird noch vorkommen, im nächsten Kapitel. Ich hab einen tollen neuen Musiktipp: "Put Your Records On" von Corrine Bailey Rae passt irgendwie ziemlich zu 'Yuzuka'. Die Mittagshitze schwoll an. Deidara schwitzte ziemlich, der Schweiß tropfte ihm über die Wimpern in die Augen und brannte. Von wegen, sie wohnte nicht weit. Bei den Temperaturen war das wohl weit. Ein paar mal hielt Yuzuka im Schatten der engstehenden Häuser an, um zu verschnaufen. Aufs Gesicht pudern kam sie nicht, wäre auch sinnlos. Auch, wenn dieses Mädchen anscheinend besessen davon war. Ein paar Mal drehte sie sich um, doch es war keine Schwierigkeit, sich hier zu verstecken. Dieser Bereich von Konoha gehörte den kleineren Einzelwohnungen, und es herrschte immer reger Betrieb. Deidara hatte keine Ahnung, warum selbst heute der ganze Block draußen sein musste, und es war ihm auch egal. Er wohnte eh ganz woanders, fast am anderen Ende der Stadt. Ihm reichte die Beschreibung 'ein paar Straßen von Sasori'. Aber gut, bisher hatte ihn auch noch niemand nach seiner Adresse gefragt, somit wurde diese Antwort noch jedem erspart. Endlich kam Yuzuka zum Stehen. Hastig kramte sie in ihrer Tasche, nicht willens, noch länger zu bleiben. Dafür brauchte sie eine ganze Zeit. Seltsam, dass dieses Mädchen alle Klischees einer typischen Frau erfüllte, unter anderem auch, dass sie den Autoschlüssel bzw. Hausschlüssel nie fanden, obwohl sie den halben Hausrat in ihrer Handtasche hatten. Hoffentlich telefonierte sie nicht auch so gerne stundenlang (Worum er sich schon wieder Sorgen macht...). Nachdem sie, o Wunder, den Schlüssel doch mal fand, sah sie sich unsicher um. Deidara drückte sich gegen eine weiß gestrichene Hauswand und hielt unbewusst die Luft an. Der Stein hinter ihm war wunderbar kühl und er war stark versucht, einfach stehen zu bleiben. Das Zuschlagen der Haustür hinderte ihn daran. Zögerlich musterte er seinen Zielort. Eine ganz normale Wohnung, wirklich gar nichts besonderes. Man konnte sie locker mit den anderen im sie herum verwechseln. Einer der Gründe, warum Deidara hier nicht leben wollte. Er gehörte zu den Leuten, die erst mal Stunden rumrannten, bevor sie ihre Wohnung mal fanden. Allerdings schaffte er es auch, an seiner eigenen vorbeizurennen, was sich nicht mal ändern würde, wenn er sie signalrot anstrich. Oder 'die wichtigen Fakten (in diesem Fall das Haus) mit einem Textmarker kennzeichnen und in ein Schaudiagramm eintragen', wie man es im Methodentraining ans Herz gelegt bekam. Schließlich kam er doch in Bewegung, nachdem ein LKW wie Atemluft um ihn bestens verpestet hatte. Auf dem Klingelschild des Hauses, dass er als Richtiges verdächtigte, stand 'Uchiha' in dunkelblauen Kanji. Wenn das nicht das Richtige war, stand er kurz davor, sich mächtig zu blamieren. Glücklicherweise schaltete sein Kopf diese Zweifel ab und er drückte kurzerhand auf ie Klingel. Der durchdringende Ton war bis nach draußen zu hören. Deidara fragte sich, wie das wohl lief, wenn Sonntag morgens jemand klingelte. Unerwartet öffnete sich die Tür einen Spalt und das Gesicht eines wohl ungefähr zwölfjährigen Jungen lugte aufmerksam hinaus. Deidara unterdrückte nur mit Mühe den Impuls, loszulachen. Ausgerechnet der Junge, der sich heute auf dem Jungenklo verbarrikadiert hatte, um einem Mädchen zu entkommen. Er ließ es besser weg, danach zu fragen. "Ist... deine Schwester da, un?" Die Augen des Jüngeren verengten sich misstrauisch. "Warum?" Warum, warum, warum war der Himmel blau?! Weil das nun mal so war, der Knirps war ja nicht gerade frühreif. Deidara verkniff sich mühsam, ihn deswegen 'Kleiner' zu nennen. "Weil sie etwas verloren hat, un." Den Jungen beeindruckte das nicht im geringsten. Er öffnete auch die Tür nicht wenigstens einen kleinen Spalt. "Danke. Aber das kann ich ihr auch geben." "Äh... Er ist aber wegen der Schule... Der... der Geschichtskurs und das Japanprojekt, un..." Deidara hätte schwören können, dass das jetzt gerade nicht sehr glaubhaft klang. Dass sie einen der Geschichtskurse belegte, wusste er eh nur durch Zufall und musste ins Blaue hineinraten. Allerdings... ihre ganze Begegnung basierte auf Zufällen. Wenn daraus tatsächlich eine Beziehung würde, schwor er im Stillen, würde einen dieser grausamen Romantikschinken lesen, die in letzter Zeit so reißenden Absatz bei den Mädchen fanden (Anm.: Ich sehe diese Romane bei jedem Büchereibesuch. Das Deckblatt besteht aus einem muskulösen Mann mit oben ohne, einer wahlweise mehr oder weniger bekleideten Frau mit wehendem Haar, die versucht, eine sinnliche/erotische/schlichtweg alberne Pose einzunehmen und noch irgendwie jugendfrei zu bleiben. Ich hab es mir noch nie angetan, das auszuleihen, und vielleicht sollte ich mir überlegen, ob Deidara mit diesem Mädchen zusammenkommen und damit den Mist lesen soll). Wie auch immer... Der Junge schien ihm das abzukaufen. Unglaublich aber wahr. Dafür schien ihn inzwischen etwas Anderes zu beschäftigen. "Es ist gerade etwas schlecht, sie..." In diesem Moment klingelte das Telefon. Ein nervtötender, mechanischer Ton, so spröde, wie es nur menschenfeindliche Maschinen konnten. Hastig rannte der Schwarzhaarige zurück in einen anderen Raum, Deidara völlig links liegen lassend. Bevor er abhob, das Gesicht zu einem beträchtlichen Rot-Ton angelaufen, rannte er wieder zurück und schrie dem Blonden zu, es wäre die Treppe hoch das letzte Zimmer im Gang links. Danach widmete er sich seinem Telefongespräch. Wahrscheinlich seine Freundin oder so. Deidara grinste bei dem Gedanken und betrat vorsichtig die Wohnung. Seine Schuhe ließ er neben der Tür zurück, wie es sich gehörte. Im Nebenzimmer wurde angeregt telefoniert. Vielleicht mit der Pinkhaarigen von heute morgen. Obwohl... das passte nicht. Beziehungskrise. Oder auch nicht. Ach egal. Die Wohnung bestand nur aus Erdgeschoss und erstem Stock. Darüber lag auch eine Wohnung, doch die hatte einen anderen Eingang. Insgesamt gab es sechs Zimmer oben, drei auf jeder Seite. "Äh... welches Zimmer, un?" fragte Deidara sich laut. Die Dose mit einer Hand fest umklammert, machte er einen Schritt vorwärts. Das war ihm mehr als unangenehm. Er konnte den Jungen, Yuzukas kleinen Bruder, nicht mehr fragen, genauso wenig wie er jede Tür aufreißen konnte. Eventuell gab es ja Namenplaketten an den Zimmertüren. Gab es auch. Aber jemand hatte den Namen darauf mit schwarzem Edding und ohne Sorgfalt übergekritzelt. Das Zimmer mit dem lesbaren Namen gehörte Sasuke. Da war er schon mal ein Stück schlauer. Also nahm er das Zimmer mit dem unlesbaren Namen und klopfte dagegen. Es klang dumpf, die Tür musste einen Hohlraum haben. Innen polterte es und die Tür flog auf. "Otouto-san, du..." Entgeisterte Stille. Deidara starrte ungläubig das Mädchen vor sich an. Sie hatte ihre Schminke abgewaschen, was ihrem Gesicht einen völlig anderen Ausdruck verlieh. Die zwei Striche unter ihren Augen machten sie fast zu einer anderen Person. Auch die Bluse und den Rock hatte sie gegen völlig ordinäre Jeans und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift 'AkaHt TsUki' (ô-.-"ô) ausgetauscht. Deidara hatte zwar nicht darauf geachtet, das ziemte sich immerhin nicht, doch... ihre Brust war verdammt flach für ein Mädchen. Heute morgen war das anders gewesen, meinte er sich zu erinnern (Aha, hat also doch geguckt). Vielleicht trieb sie viel Sport. Was allerdings auch nur begrenzt plausibel war. "Wa... Was machst du hier?!" Mit einem Satz verschwand sie hinter der Tür, das Gesicht knallrot. "Ich beiße nicht... Ich wollte dir bloß deine Dose zurückgeben, un!" Was machte sie so ein Drama daraus, dass er gesehen hatte, wie sie ein einziges Mal nicht perfekt aufgedonnert war?! War das neuerdings eine Schande?! Yuzuka sah ihn misstrauisch an und musterte das kleine, silberne Ding in seiner Handfläche, die er ihr entgegenstreckte. Vorsichtig, als könnte er ihr gleich die Hand abreißen, nahm sie den Gegenstand entgegen und drückte ihn gegen die Brust. Sie war so ganz anders als in der Schule. Da hatte sie so souverän und selbstsicher gewirkt. Was brachte sie dermaßen in Verlegenheit? Frauen waren eben ein Rätsel... "Äh... Mein Name ist Deidara Takamichi, freut mich. Ich wollte dich noch fragen, ob du... mit mir ausgehen möchtest, zum... zum Schulball, un." Hölle, wo war das jetzt hergekommen? Wahrscheinlich hatte Sasori im Unterricht eine Voodoopuppe gebastelt, mit der er rumspielte. Wenigstens war es jetzt raus. "Ich weiß, wir kennen uns nicht, und... du denkst, dass ich ein Idiot bin... Würdest du trotzdem mit mir gehen, un?" Die Tür knallte zu. Deidara zuckte zusammen. Langsam hob er eine seiner zitternden Hände und berührte damit seine Wange. Sie fühlte sich verdächtig warm an. Das war auch wieder eine tolle Formulierung gewesen. 'Mit ihm gehen'. Wahrscheinlich hatte sie das falsch verstanden. Großartig, er hatte nur diesen blöden Schulball, auf dem er nicht mit einem x-beliebigen Mädchen tanzen wollte, gemeint. In den letzten Tagen hatte er kaum daran gedacht, weil er nicht hingehen wollte. Inzwischen ging er dennoch, weil der Kunstkurs eine Ausstellung machte. Eigentlich wäre es angenehm, jemanden dorthin mitzunehmen, der sich vielleicht dafür interessierte und mit dem man Meinungen austauschen konnte. Sasori mochte keine Kunst außer Puppen. Er war kurz davor, die Treppen wieder hinunter zu steigen, als Yuzuka die Zimmertür wieder öffnete und nervös am Türrahmen stehen blieb, den Körper dahinter versteckt. "Okay... Aber nur, weil ich nichts zu tun hab!" Deidara drehte sich um. Sie sah ihn nicht an, sondern starrte verlegen auf den Boden. Er grinste übers ganze Gesicht. "Ich hol dich dann ab, un!" "Was?" Yuzuka machte ein entgeistertes Gesicht. "Abholen?" wiederholte sie erschrocken. Deidara verstand zwar nicht, warum sie das so übernatürlich fand, blieb äußerlich jedoch ganz ruhig. Wenn sie wieder absagte, würde er diesen verdammten Ball sabotieren. "Ja. Mit dem Motorrad. Keine Angst, ich hab zwei Helme, un." Ihr Gesicht entspannte sich schlagartig, was auch immer sie so aufgeregt hatte. "Gut. Ach ja, und noch was." "Ja, un?" Yuzuka biss sich verkrampft auf die Lippen und mied weiterhin seinen Blick. "Können wir da... als Freunde hingehen? Nicht als Liebespaar, meine ich." Deidara wusste nicht recht, ob er enttäuscht sein sollte. Immerhin war sie sein Crush. 'Freunde bleiben' gestaltete sich da recht schwierig. Wenn er allerdings ablehnte, würden sie nicht hingehen und das Ganze fiel ins Wasser. In Soaps kam es auch immer anders, da verliebten sich die 'Freunde' auch ständig ineinander. Also okay. "Klar, un! Bis morgen!" Damit rannte er die Treppen herunter und aus der Wohnung. Wunderbar. Der Tag hätte nicht besser werden können. Jetzt musste er nur noch zurück nach Hause, seine paar Hausaufgaben machen, und... Sasori anrufen und ihm alles sehr detailliert erzählen, ob er es nun hören wollte oder nicht. Glücklich vor sich hinsummend rannte er den Weg zurück zur Schule, sein Motorrad holen. "Did you happen to see the most beautiful girl in the world? Standing next to me well She's my girlfriend, long legs and perfect hair Well she's my girlfriend and I'm the only one to touch her there..." "Sie hat gesagt, dass wir da als Freunde hingehen, aber ich bin ganz sicher, dass wir ein Paar werden! Waiii... ich bin so glücklich, un!" Sasori hielt sich den Hörer ein Stück vom Kopf weg und rieb sich die Ohrmuschel. "Hättest du trotzdem die Güte, nicht so zu schreien? Ich versteh' dich auch so ganz gut." "Es ist trotzdem so! Ist das nicht fantastisch? Sie ist so ein tolles Mädchen, un!" "Ja, und wahrscheinlich mit schlechten Erfahrungen." Deidara stutzte und hörte auf, sich auf dem Bett herumzukugeln. Zum Glück war sein Telefon schnurlos, sonst hätte er jetzt ein Problem. "Warum, un?" Seufzen am anderen Ende der Leitung. "Hast du dir keine Gedanken darüber gemacht, warum sie so erschrocken aufs 'Abholen' reagiert hat?" "Nein, un." "Sie hat an ein Auto gedacht." "Und, un?" Großes Seufzen am anderen Ende der Leitung. "Hast du nie mitgekriegt, was manchen Mädchen bei ihrem ersten Date passiert, wenn sie zu einem fremden Jungen ins Auto steigen?" "Nein, un." Sehr großes Seufzen am anderen Ende der Leitung. "Deidara, sie werden vergewaltigt, wenn sie das Pech haben, so einen zu treffen. Und weil ihr das möglicherweise schon passiert ist, will sie so einen Fehler nicht mehr machen. Immerhin kennt sie dich nicht und will keine unangenehmen Überraschungen." "Ach so, un..." Für einen Moment herrschte Schweigen. Deidara drehte sich auf den Rücken und starrte die Decke an. "Warum bist du dir da so sicher, un?" "Ich bin mir nicht sicher, ich stelle lediglich Vermutungen an." Resigniertes Seufzen, diesmal von Deidara. "Bist du schlecht drauf, un?" "Nein." "Also ja, un." "Nein." "Ist es meine Schuld, un?" "Nein." "Sicher, un?" "Nein." "..." Deidara wünschte sich, Sasoris Gesichtsausdruck sehen zu können. Irgendetwas war wieder los, und er hatte den schweren Verdacht, dass es an ihm lag. "Sasori, un?" "..." "sAsOrI, uN!" "..." "Bist du traurig? Ist es wegen deiner Großmutter? Der Schule? Irgendwem aus der Schule, un?" "..." "Also doch wegen mir..." Deidara seufzte, was heute die Hauptkommunikationssprache zu sein schien. Er hasste es, wenn jemand auf ihn sauer war. Vielleicht fühlte Sasori sich einfach vernachlässigt oder war eifersüchtig, obwohl das schwer vorzustellen war. Jedenfalls bekam er es so nicht aus ihm heraus. "Sasori, un?" "..." "Egal, was kommt, du bleibst mein Freund. Ich hab dich lieb, un." Damit legte er auf. Kein Grund zur Panik, Sasori kannte diesen Satz. Deidara hatte schon im Kindergarten angefangen, das zu sagen, mit oder ohne Grund. Er meinte es trotzdem ernst. Sasori war ihm wichtig, aber eben anders als Yuzuka. Sie war ja auch ein Mädchen. Mit einem gewissen Gefühl der Rastlosigkeit stand der Blonde auf, um seine Kanarienvögel zu füttern. Er hatte sie Vega und Atair getauft, weil ihm Romeo und Julia zu abgedroschen war. Die beiden waren seit ihrer Geburt aus dem Ei unzertrennlich. War nicht schwer zu erkennen. Deidara warf ihnen einen beleidigten Blick zu, während er die Schale aus dem Käfig mit neuem Futter auffüllte. "Ihr braucht bloß nicht so anzugeben, weil ihr euch schon gefunden habt. Bei euch ist eh schon längst die Luft raus, un." Die Vögel, die sich eng aneinandergeschmiegt auf ihre Stange gesetzt hatten, sahen ihn unbeeindruckt an. "Seid ehrlich, wann hattet ihr das letzte Mal Sex? Na also. Ihr solltet da mal wieder etwas Bewegung reinbringen, anstatt da dumm rumzusitzen." Damit schloss er die Käfigtür wieder und zog die Decke darüber. Der Ball konnte kommen. Zum ersten mal in seinem Leben war er auf dieses dusselige Event vorbereitet. Kapitel 6: Perfect Date ----------------------- Hey, ich bin zurück... Mit einem neuen gestörten Kapitel. Und Deidara weiß immer noch nicht, was er sich da geangelt hat. Schon scheiße. Am nächsten Morgen stellte er zufrieden fest, dass Vega und Atair ein Stück weiter auseinander saßen. Irgendwo hier stand doch noch der Beziehungsratgeber, den ihm seine Mutter geschenkt hatte... Der Erste, der seine Ich-könnte-die-ganze-Welt-umarmen-und-ihr-könnt-mir-nicht-den-Tag-versauen-Stimmung zu ertragen hatte, war natürlich Sasori. Und das in voller Länge. Auf dem Schulweg, vor dem Unterricht, nach dem Gong, und auch während der Stunde. Er summte die ganze Zeit, hatte seine Hausaufgaben in Schönschrift gemacht und hatte selbst an der Anatomie der Zikade Spaß. Im Gegensatz zu Sasori war Kisame daraufhin vollends überzeugt, dass er verliebt war, und hielt sich nach besten Möglichkeiten von ihm fern. Verliebte waren so... unberechenbar. Und nachdem er Sasori eine originalgetreue Beschreibung entlockt hatte (Deidara benutzte beim Beschreiben derart blumige Wörter, das nicht mal ein Sprachspezialist das hätte übersetzen können), war alles, was er dazu sagen konnte: "Diese Schlägerbraut? Dass sie Sakon voll in die... (setzt euch da eure Vokabel ein) getreten hat, weiß inzwischen die ganze Schule." Sasori zuckte nur mit den Schultern. Wahrscheinlich konnte er sich nicht vorstellen, dass ein Mädchen, das so wenig zimperlich damit war, auf die Schwachstellen zu zielen, tatsächlich schlechte Erfahrungen damit hatte, mit fremden Kerlen in einem Auto zu sein. Vor allem sah Deidara nicht aus wie so einer. "Wann haben wir endlich Chemie, un?!" Diese Frage kam jetzt zum hundersten Mal. Denn Chemie würden sie zusammen mit den Mädchen haben. Was Deidara so glücklich machte, dass er es alle paar Minuten fragen musste. Und damit seinem Umfeld unsäglich auf die Nerven ging. Selbst Sasori, fast die Verkörperung der Ruhe, sah so aus, als würde er bei der nächsten Frage einen Anfall bekommen. Doch dazu kam es nicht. Denn Deidara hatte SIE gesichtet. Und SIE war allein. SIE war... die gekühlte Getränkemaschine. Es war heiß. Die ganze Schule ächzte. Deidara schob die Münze in den Schlitz und holte eine Dose heraus, von der er nicht mal wusste, was darin war. Hauptsache kalt. Er legte sie sich gegen die Wange und stand ganz still, während sein Gesicht endlich abkühlte. Dabei war er so konzentriert, dass er eine aufgeregte, weibliche Stimme hörte. Sie war ein gutes Stück weg und klang verdächtig bekannt. "Du hast ein Date? Für den Ball? Ich fass' es nicht! Der erste weibliche Zug, seit du auf die Schule gekommen bist!" Zweifellos, das war Tayuya. "Na und, ich werd' das ja wohl noch dürfen... Gehst du denn nicht mit Kimimaro?" Die zweite Stimme klang neidergeschlagen, als sei sie nicht wirklich glücklich mit ihrer Zukunft. "Ach... Nö, außerdem ist er heute nicht da. In der Nacht schnapp' ich mir Kakashi-sensei, du wirst schon sehen! Ich hol' ihn von der anderen Seite!" Deidara schielte über die Schulter. Tayuya war offensichtlich ganz begeistert von ihren Plan, und vor ihr stand, in einem unschlagbar niedlichen, indigofarbenen Minirock und einer weißen Bluse... Yuzuka. Deidaras Herz machte einen Sprung, fast hätte er seine Dose fallen gelassen. Er hätte schon wieder anfangen können zu summen vor Glück, verbiss es sich jedoch noch gerade. Stattdessen lauschte er unauffällig. Nur so zur Sicherheit... "Glaubst du, dass das eine gute Idee ist? Iruka-sensei ist ohnehin mehr als schlecht auf ihn zu sprechen..." "Gerade deswegen! Einen so tollen Mann kann man doch nicht der Einsamkeit überlassen! Apropos... Wen hast du dir denn geangelt? Wenn du jetzt Sakon sagst, brech' ich zusammen." Yuzuka kratzte sich verlegen an der Wange. "Nein... Warte... De... Dei... Deidre oder so..." "Deidara. Der Freund von dem Freund von Temaris Bruder." antwortete Tayuya wie aus der Pistole geschossen. Sie hatte ein gutes Gedächtnis für so was. Yuzuka schien sehr peinlich berührt. "Ja... Oder so." "Und gestern noch war er dir egal!" "Wir sind nicht zusammen oder so! Aber so langweile ich mich wenigstens nicht..." "Langweilen, spinnst du! Scheiß auf 'Freunde werden', den musst du dir schnappen, bevor ihn dir wer wegschnappt!" Yuzuka schien sich eine geeignete Stelle zum Versinken zu suchen. Ihre Ohren waren ganz rot, und sie scharrte mit ihren Sandalen auf dem Flurboden. Deidara versuchte gerade, sich vorzustellen, wie sie jemanden anbaggern würde. Bisher hatte sie nur entschieden abgewehrt. Siehe Sakon (tut mir leid, ich mag ihn eigentlich... Kein Plan, warum er die Deppen-Rolle hat. Bei Gelegenheit rette ich seine Ehre). "Ich..." "Nichts da! Heute gehen wir shoppen und suchen dir eine umwerfende Abendgarderobe, vielleicht ein dunkles Spitzenkleid... Und wir pudern dein Gesicht, wegen deinen zwei Strichen da, tuschen dir die Augen mit schwarzem Lidschatten und tragen dunkelroten Lippenstift auf. Die Haare... da lass' ich mir noch was einfallen. Und du brauchst High-Heels. Hast du silberne Ohrringe? Egal, ich leih dir welche. Und die Nägel..." Yuzuka war damit offiziell ihres Stimmungsrechts enthoben. Tayuya schwärmte weiter (sie hatte ihr erstes Date schon lange hinter sich, umso aufregender war es für sie, das Ganze wenigstens für jemand anders zu planen) und zog die Schwarzhaarige mit. Deidara grinste. Er kam sich irgendwie vor wie... ein Bräutigam. Nur wegen dem Aufzug, den er nicht sehen durfte. Er war ganz sicher, dass sie ganz wundervoll aussehen würde, selbst wenn sie in Jeans und Pulli kam, doch die spezielle Vorbereitung feuerte seine Vorfreude noch an. Von jetzt an würde er die verbleibenden Sekunden zählen. Der große Tag war ein Freitag, ergo noch ein Schultag. Und an diesem Tag erreichte Deidaras Vorfreude ihren Höhepunkt. Sasori bot den Anblick der personifizierten überstrapazierten Geduld. Er zuckte bei jedem Wort zusammen und schien auf jedes weibliche Wesen allmählich aggressiv zu reagieren. Sogar auf ihre Biolehrerin. Nach Unterrichtsende schien er geradezu erleichtert, obwohl er kein Wort über den Schulball verlor. Das war auch gar nicht nötig, denn Deidara sprach selber auf das Thema an. "Mit wem gehst du eigentlich, un?" "Mit niemandem, das habe ich dir schon gestern gesagt." Deidara ignorierte das letzte, während er seine Bücher in seinen Spind stopfte. "Ich dachte, du gehst wegen der Ausstellung." Sasori zuckte mit dem Schultern. Das war ihm immer noch lieber als die Frage 'Sasori, wenn du ein Mädchen wärst, was würdest du dann auf einem Schulball anziehen, un?' "Ich besuche meine Großmutter übers Wochenende." "Kann ich dich dann um fünf Uhr morgens anrufen und dir erzählen, wie's war, un?" fragte Deidara grinsend und beobachtete, wie Sasori mit dem letzten Rest seiner Contenance eine Panikreaktion unterdrückte. Wenn er etwas hasste, war es in aller Herrgottsfrühe angerufen zu werden, und das auch noch bei seiner Großmutter, und zugetextet zu werden. Seine Großmutter war ein wenig... neugierig. Als sie Deidara das erste Mal gesehen hatte, hatte sie ihn mit 'junges Fräulein' angesprochen. Und das Schlimmste: Sie wusste genau, dass er kein Mädchen war. Sie wollte nur genau testen, ob ihr Enkel vielleicht einen festen Freund hatte. Und wenn Deidara ihn morgens anrief, erweckte das bestimmt falsche Eindrücke. "Keine Sorge, war ein Scherz... Ich riskier's doch nicht, dass deine Kampfoma da drangeht, un." Sasori schien erleichtert. Deidara nahm ihm scherzhaft das Versprechen ab, sich das Ganze am nächsten Schultag anzuhören, und er willigte ein. Deidara war froh, dass er nicht mehr eifersüchtig zu sein schien, und begleitete ihn auch zum Bahnhof (anfangs war das immer umgekehrt nötig gewesen, weil Deidara mit dem Fahrkartenautomaten partout nicht zurecht kam). Irgendwie war er enttäuscht, dass sein bester Freund gerade an diesem Wochenende unerreichbar war. Irgendwem musste er sich einfach mitteilen. Vega und Atair fielen raus. Die würden sich bloß darüber amüsieren, dass er mit Yuzuka seit ihrer Verabredung nicht mehr gesprochen hatte. Wie vereinbart holte Deidara sie ab. Ihr Bruder schien schon zu schlafen, und Yuzuka hatte ihn durch die Tür (typisch Frau, wenn es losgehen sollte, waren sie nicht fertig) gebeten, leise zu sein. In ihrem Zimmer polterte es ein wenig, das konnte er sogar auf der Straße hören. Wenig später öffnete sie die Haustür und trat nach draußen. Ihre hochhackigen Sandalen machten klackernde Geräusche auf dem Asphalt. Die Straßenlaterne beleuchtete ihre Figur kaum, doch als Deidara sein Motorrad anließ, wurde sie vom Scheinwerfer angestrahlt. Er musste lächeln. Seiner Meinung nach hatte ein Mädchen nie perfekter ausgesehen. Ihre langen, schwarzen Haare waren offen und wurden ihr von zwei gläsernen Spangen aus dem Gesicht gehalten. Ihr Gesicht war gepudert, aber nicht wirklich geschminkt. Alles in allem wirkte sie sehr naturell. Sie trug ein schwarzes Trägerkleid mit eingenähten Rockfalten, das ihr bis zu den Knien ging und manchmal leise raschelte. Um die Taille war nach hinten eine große Schleife gebunden. Schmuck trug sie kaum, bis auf die silberne Ohrringe, von denen Tayuya gesprochen hatte. Yuzuka lächelte scheu und machte ein wenig den Eindruck, als wüsste sie nicht ganz, was sie tun sollte. Deidara hatte sich Mühe mit sich selbst gegeben, nur das sah man nicht, wie immer. Genauso gut hätte er gar nichts tun können. Hoffentlich war das nicht allzu offensichtlich. Sie nahm hinter ihm auf dem Motorrad Platz und musste dabei beide Beine auf eine Seite bringen. Es musste kompliziert sein, so als Mädchen. Deidara fragte sich, ob sie seinen Namen inzwischen konnte oder ganz vergessen hatte. Auf jeden Fall wirkte sie nervös. Wie mit... Lampenfieber? Deidara schüttelte den Gedanken entschieden ab, als er vor einer Ampel hielt. Aus welchem Grund sollte Yuzuka sich schon verstellen? Der Schulhof war hell mit Lichterketten erleuchtet und geschmückt. Vom Mittelpunkt dröhnte Musik, und überall waren schon Schülerinnen und Schüler versammelt. Yuzuka sah sich hektisch um. "Äh... Lass uns zu den Ausstellungen gehen." Deidara nickte nur und bot ihr seinen Arm an. Weil man das so machte auf Dates, auch in der Schule. Jedenfalls in Soaps. Yuzuka betrachtete die Geste kritisch, entschied dann aber, das es sonst keinen Hinweis gab, dass sie zusammen hier waren und nicht nur zufällig nebeneinander hergingen. Denn bisher hatten sie sich nicht nennenswert unterhalten. Also akzeptierte sie seinen Arm und hielt in der Menge Ausschau nach ihren Freunden, während sie sich durchschoben. Zumindest vermutete Deidara, dass sie das tat. Und er betete, dass sie nicht gerade Tayuya fand. Dieses Mädchen war ihm etwas zu... offen. Außerdem wollte er nicht wissen, mit wem sie hier aufgekreuzt war. Als sie den Haupteingang erreichten, bekamen sie einige seltsame Blicke zugeworfen. Mit etwas Improvisation konnte man sie immerhin als Paar auffassen. Was sie also gerade in der sterbenslangweiligen Ausstellung wollten, war Normalsterblichen schleierhaft. Deidara ignorierte sie. Er fand die Ausstellung interessant, auch wenn er keine Lust hatte, hier den ganzen Abend zu bleiben. Vielleicht, wenn er allein wäre, aber so, niemals. Sobald sie drinnen waren, ließ Yuzuka seinen Arm los und konzentrierte sich übertrieben auf das Bild vor ihr. Es bestand praktisch nur aus ein paar Strichen und Farbklecksen. Deidara ertrug diesen Anblick nicht. Wie unkreativ... "Lass uns weitergehen, un." "Warum?" "Ich hasse die Kunst aus der Romantikepoche, un." Yuzuka zuckte mit den Schultern und sah sich nach etwas Geeigneterem um. Sie holte Luft, um etwas zu sagen, als sie von jemandem erkannt wurde. Ein blonder Tornado fegte heran, und Deidara hatte fast Angst, er würde sie überrennen. "Hah! Was macht ihr zwei hier drinnen?! Ihr solltet draußen sein!" Das Mädchen, das er mit einem plötzlichen Erinnerungsblitz dem Namen Temari zuordnete, stemmte ärgerlich die Hände in die Hüften. Hinter sich zerrte sie ihren älteren Bruder her, der nichts lieber zu wollen schien, als hier zu bleiben. Armer Mr. Katzenohr. Yuzuka scharrte verlegen mit den Füßen. "Aber wir sind nur..." "Keine Ausreden! Du hast einen Freund, du wirst ihn benutzen! Los, raus mit euch!" Deidara formte einen eher merkwürdigen Gesichtsausdruck. 'Benutzen', ja? Männer waren eben auch bloß Werkzeuge. "Das ist kein..." "Ja, erzähl mir nichts. Genauso schlimm wie Kankuro. Wir werden jetzt rausgehen, und ihr kommt mit. Und ich suche meinem kleinen Bruder eine nette Tanzpartnerin!" Der letzte Satz klang auf erschreckende Weise entzückt. Kankuro zuckte zusammen. Deidara empfand ehrliches Mitleid. Allerdings nicht lange, denn für sich brauchte er auch noch welches. Temari schob mit Urkräften alle drei nach draußen, ohne sich dabei auch nur eine Laufmasche in ihre kennzeichnende Strumpfhose zu reißen. Yuzuka hatte keine Chance, ihr etwas zu erklären. Wie auch: Sie kam mit einem fremden Typ her, der sie abholte, hatte sich bei ihm untergehakt, aufgedonnert und behauptete dann, sie wären so zum Vergnügen hier. "Gebt ihr einfach immer Recht und wartet den Moment zur Flucht ab..." murmelte Kankuro gequält. "Wo ist eigentlich Sasori?" Es geschahen doch noch Zeichen und Wunder. Deidara hatte nicht damit gerechnet, erkannt zu werden. Er erkannte Kankuro sowieso sonst nur an seiner Mütze, und heute an seiner Schwester. Er trug nämlich weder Kabuki-Bemalung noch seine seltsame Kopfbedeckung. So sah er eigentlich viel besser aus (my POV -.-). "Besucht seine Großmutter, un." "Was gibt's da hinten zu tuscheln?!" Temari fuhr herum und beobachtete die beiden Jungen vernichtend. Die Frau war ja schlimmer als ein ganzes Heer tollwütiger Mütter. Deidara stöhnte. "Warum sucht ihr nicht Kisame? Der hat doch so eine liebenswerte Schwester, un..." Liebenswert? Mannstoll wäre wohl besser. Nur leider wusste Temari das nicht und hielt es für einen Vorschlag. Kankuro starrte ihn panisch an, als sie ihn loszerrte mit den Worten 'Kanki-chan, die suchen wir!'. Yuzuka sah ihnen kopfschüttelnd nach. "An Kisames Schwester vermittelt... Das ist echt gemein." "Ach, du kennst sie, un?" "Was? Äh... Ach nein, bloß gehört..." Yuzuka hüstelte verlegen, obwohl Deidara nicht ganz kapierte, was sie hatte. War es neuerdings ein Verbrechen, dieses Weib zu kennen? Gut, er wollte sie gar nicht näher kennen, aber... "Ähm... Lass uns tanzen gehen... bevor Temari wiederkommt!" Diesmal musste Yuzuka ihn ziehen. Allein schon von einem Anflug der Musik bekam er Kreislaufprobleme. Candysongs! Überall! Butterfly von Aqua! Das musste die Hölle sein! "A... Aber da ist echt furchtbare Musik! Ich hasse Candies, un!" "Ich auch. Nur... haben wir eine Wahl? Tayuya muss das überall rumerzählt haben..." Der letzte Satz war mehr zu sich selbst als zu ihm. Und obwohl Deidara diese Musik als grobe Beleidigung für die Ohren empfand und nicht aufgepasst hatte, als im Sportunterricht Tanzen dran gewesen war... 'Freunde' tanzten nicht miteinander. So was machten Verliebte. Und das brachte seinen Optimismus zurück. "Lass uns einfach warten, bis das vorüber ist, un..." quengelte Deidara. Er fand den Gedanken, abends zu Aqua auf dem Schulhof rumzutanzen, trotzdem scheußlich. Sogar mit einem Mädchen wie Yuzuka. Sie nickte und hatte gerade noch Zeit, sich wieder bei ihm einzuhaken, als erneut etwas herangerauscht kam, das sie kannte. Deidara hätte am liebsten den Kopf eingezogen. Oh nein, jetzt kam's. Tayuya. Mit ihrem Date, das da wäre... SAKON?! Der Blauhaarige grinste lässig. Seinen Arm hatte er locker um Tayuyas Schultern gelegt. Deidara hasste es, dass gerade dieser Macho besser mit seinem Date zurechtkam als er. Allerdings war das ihr geringstes Problem. Yuzuka hatte ihn vor der ganzen Schule blamiert, und dafür würde er sich sicherlich rächen. "Na wenn das nicht das Mannweib ist... Da hast du dir ja ein tolles Ei gelegt, Deidara. Pass auf, dass sie dich später nicht kastriert!" "Ach halt's Maul! Im übrigen find ich's schade, dass du schon derart verzweifelt nach einem Date gesucht hast, dass du die Freundin von 'nem anderen fragen musstest, un!" Sakon grinste bloß, und Tayuya lächelte aufreizend. "Wieso? Ich bin... ich war single..." Konnte er sich gut vorstellen. Und er hatte auch noch nie einen kürzeren Rock gesehen. Tayuya lächelte ihre Freundin kurz an und wandte sich danach an ihren neuen Freund: "Wenn ihr euch unbedingt anfeinden müsst, warum macht ihr das dann nicht mit Niveau? So... mit einem Wetttanzen? Und der Verlierer muss jemanden küssen!" Kapitel 7: Perfect Exposure --------------------------- Deidara fiel erst mal gar keine Reaktion ein. Erstens hasste er diese Musik und konnte unmöglich zu ihr tanzen, zweitens konnte er überhaupt zu gar nichts tanzen, weil er weder gut aufgepasst noch je mit einem echten Mädchen getanzt hatte, drittens hatte er keine Lust, 'irgendwen' zu küssen, weil 'irgendwer' ein dehnbarer Begriff war. Hinterher war es dann noch ein Junge... Nicht auszudenken, wenn sein erster Kuss ein Kerl war. Bevor er den Mund zum Protest aufmachen konnte wurde ihm die Gelegenheit schon genommen. "Was soll der Scheiß, Tayuya? Du weißt, dass ich nicht tanzen kann, und er kann's auch nicht. Ihr könnt nur gewinnen!" Tayuya grinste munter. "Ihr schafft das schon. Ich meine, es ist doch fair, oder? Sakon hatte auch keine Gelegenheit, sich zu wehren, als du..." "Er hat angefangen!" "Total egal! Das ist Revanche! Jedes Mädchen kann tanzen, du kriegst das schon hin." Deidara sah sein Date hilfesuchend an. Yuzuka war blass und unübersehbar sehr wütend. Sie würden beide ihr Gesicht verlieren, und spätestens morgen würde das die ganze Schule wissen, auch ohne Unterricht. Ihre Zähne knirschten, und sie zischte mühevoll: "Auf ein Wort." Sie packte Deidara mit einer Kraft am Arm, die er ihr überhaupt nicht zugetraut hätte, und zerrte ihn in Richtung Haupteingang. Tayuya rief ihnen vergnügt nach, sie würden eine Viertelstunde warten, wenn sie bis dahin nicht kämen, wäre die Wette schon verloren. Deidara war so perplex und hilflos, dass er sich einfach ziehen ließ. Yuzuka zog ihn durch die Eingangshalle und in einen Flur. In diesem Moment nahm sein Gehirn die Arbeit wieder auf. "Äääh... Yuzuka-chan, das ist..." "Ich weiß, dass das ein Männerklo ist, ich bin nicht blind!" fuhr sie ihn ein, riss die Tür auf und schob ihn rein. Glücklicherweise waren sie allein. Zu Deidaras großer Verwunderung schien sie überhaupt keine Probleme damit zu haben, in diese Tabuzone einzudringen. Er beobachtete, wie sie unhörbar eine Reihe von lästerlichen Flüchen ausstieß, während sie ihm den Rücken zudrehte. Schließlich drehte sie sich wieder um. Ihr Gesicht war noch blasser geworden, und sie biss sich unsicher auf die Unterlippe. "Hör zu, ich vertraue dir nicht, aber ich habe überhaupt keine andere Wahl. Versprich mir, dass du von diesem Gespräch kein Wort verrätst. An niemanden. Verstanden?" Ihre Stimme war zwar scheidend, doch die Angst war deutlich herauszuhören. Deidara nickte benommen. Yuzuka atmete tief aus. "Liest du Zeitung?" "Was? Ähm... Ab und zu, un." "Hast du von einem ungeklärten Fall kurz nach Beginn des Schuljahrs gehört?" "Mag sein, un..." Yuzuka lehnte sich gegen die weißgekachelte Wand. Ihre Haut hatte inzwischen fast denselben Farbton erreicht. Dennoch wirkte sie entschlossen. Deidara hoffte nur, dass jetzt keiner hereinkam. "Ein Junge ist auf dem Weg zur Schule verschwunden. Er kam nie dort an und war wie vom Erdboden verschluckt. Nichts deutete auf eine Entführung oder eine geplante Flucht hin. Er war einfach weg. Das war vor ca. einem halben Jahr. Sagt es dir etwas?" "Ein wenig... Ich hab den Namen vergessen, un." Yuzuka atmete erneut tief aus. "Du hast mich gefragt, weil du mich in irgendeiner Weise attraktiv fandest, oder? Du hattest nicht vor, mit mir als gewöhnliche 'Freundin' hinzugehen, nicht wahr?" Deidara fühlte sich ertappt. War es so offensichtlich gewesen? Och nee... "Eigentlich..." "Ich wollte genau das vermeiden, Deidara! Du kannst dich nicht in mich verlieben!" "A... Aber warum? Ich habe schon..." Deidara fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Mit einer solchen Abfuhr hatte er nicht gerechnet. Bevor ihm noch der Rest des Satzes herausrutschte, zog Yuzuka die dünnen Träger von beiden Schultern. Deidara war zu verwirrt, um peinlich berührt wegzusehen. Fassungslos beobachtete er, wie das Mädchen einen wenig ausgestopften BH herunterzog und ihn verzweifelt ansah. "Kapierst du das endlich? Ich bin dieser Junge, der verschwunden ist! Ich bin Itachi Uchiha!" Tayuya wartete ungeduldig auf die Rückkehr der beiden. Sie war sicher, dass sie nicht abhauen würden. Und deshalb machte sie sich schon mal Gedanken, wer wen küssen durfte. Natürlich ohne Vorwarnung, mit wäre ja witzlos. Sie ließ ihren Blick über die versammelte Schüler- und Lehrerschaft schweifen, wobei ihr auffiel, dass ihr Lieblingslehrer auch zugegen war. Sakon hatte von Anfang an gesagt, dass es ihm egal war, mit wem sie flirtete (schwer zu sagen, ob er in sie verliebt war, jedenfalls schien Untreue für ihn nicht ganz so schlimm zu sein), also machte sie sich diesbezüglich keine Sorgen. Sich der Tatsache bewusst, dass ihr kurzer Rock ein Blickfang für den größten Teil der männlichen Wesen um sie herum war, stolzierte sie zielstrebig auf Kakashi zu, der gerade seinen Smalltalk mit einer Kollegin beendete. Sie näherte sich ihm unauffällig von der Seite. "Guten Abend, Kakashi-sensei..." Besagter Sensei fuhr erschrocken zusammen. Tayuya lächelte unschuldig. "Tanzen Sie?" "Tja weißt du..." "Wunderbar! Würden Sie mir die Ehre erweisen?" Kakashi kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Tayuya ließ sich davon nicht stören, sie klimperte bezaubernd mit den Wimpern. "Bitte, nur ein einziges, kurzes Mal..." Immer noch schien der Lehrer zu überlegen. Tayuya sicherte aus den Augenwinkeln, wie belebt es um sie war, bevor sie theatralisch die Hände faltete und sich abwandte. "Ich weiß, es darf nicht sein! Immerhin sind Sie mein Lehrer und würden sich vielleicht in Schwierigkeiten bringen... Wie dumm von mir..." Tayuya wusste, dass sie eine gute Schauspielerin war, obwohl ihr Text ein wenig veraltet war. Außerdem machte Kakashi Mädchen äußerst ungern traurig. Und Tayuya war große Klasse darin, wenn nötig die unschuldige Lolita zu spielen. Um den Effekt noch zu verstärken, ließ sie Schultern und Stimme ein wenig zittern, um schwächlicher zu erscheinen. "Diese Liebe kann niemals Erfüllung finden, und doch... können Sie nur für ein paar Minuten vergessen, dass ich Ihre Schülerin bin?" Sie drehte sich wieder um und machte ihre Augen wässrig. Weinen konnte sie auf Kommando. Dabei passte sie auf, dass es nicht zu viel wurde, sonst verschmierte ihre Schminke. Kakashi legte ihr vorsichtig die Hand auf die Schulter. "Tayuya-chan, ich bin ganz sicher, du findest auch einen netten..." "Sie würden also mit mir tanzen? Nur dieses eine Mal? Sonst... habe ich nichts, das mich an Sie erinnert..." Sie trug wieder etwas zu dick auf, denn das klang, als würde sie auf unbestimmte Zeit verreisen. Trotzdem beseitigte ihre Aufgelöstheit offensichtlich Kakashis letzte Zurückhaltung. "Es... also gut..." "Sie würden das für mich tun, Kakashi-sensei? Danke!" hauchte Tayuya als letztes Glanzstück ihrer Überredung und nahm sich mit einem Anflug von gespielter Schüchternheit seine Hand. Sie hatte den (eigens von der Schule engagierten) DJ zuvor mithilfe ihres Charmes gebeten, auf ihr Zeichen die romantischste Scheibe, die sein Plattendeck zu bieten hatte, aufzulegen. Kakashi sah sich zwar beunruhigt um, letztendlich sagte er jedoch nichts dagegen und tanzte tatsächlich mit ihr. Fünf Minuten. So lang war das Lied. Tayuya genoss das in vollen Zügen, und als die letzten Akkorde verklangen, lächelte sie ihn fröhlich an. "Vergessen Sie mich nicht, Kakashi-sensei." Damit zog sie seine Maske herunter und küsste ihn. Lange genug, um es jedermann sehen zu lassen. Lange genug, um etwas von ihrem Lippenstift, den sie bewusst nicht wasserfest aufgetragen hatte, auf seinem Mund zu hinterlassen. Lange genug, um Iruka alles sehen zu lassen. Und nicht nur ihn. Deidara nickte schwerfällig und schloss mit einiger Mühe seinen Mund. Er hätte sich fast in einen Jungen verliebt. Ohne es zu wissen, trotzdem wäre es passiert. Er bewegte sich nicht. Yuzuka oder... Itachi arrangierte ihr... sein Kleid wieder, ohne ihn dabei anzusehen. Er wirkte ganz entspannt, als ob die Situation nicht mehr in seinen Händen wäre. Was sie Deidaras Meinung nach sehr wohl noch war. "Und... und jetzt, un?" brachte er heraus. Itachi warf sein Haar zurück und zauberte aus einer Rocktasche seine Puderdose zu Tage und übertönte die Striche unter seinen Augen seelenruhig. "Das liegt bei dir. Willst du dein Versprechen jetzt brechen oder da rausgehen und so tun als ob nichts wäre?" Deidara schwieg. Er schwieg lange. So lange, dass Itachi mit seiner Gesichtsveränderung fertig war und nichts außer warten tun konnte. Seine Ruhe bröckelte wieder, während er sich mit einer hand über den Oberarm strich. Seine Haut war kalt und seine Finger feucht von der Aufregung. Plötzlich grinste Deidara. "Sag mal was, un." "Wie bitte?" Itachi sah ihn verdattert an. "Hmmm... Als ich dich besucht habe, hattest du dich wieder angezogen wie ein Junge. Da fiel dir das Stimmeverstellen viel schwerer. Aber deine ganz normale Stimme... hab ich noch nie gehört, un." Es entstand die sogenannte peinliche Stille. Schließlich war Itachi verblüfft genug, um der Aufforderung einfach zu folgen. "So?" fragte er dumpf und versuchte anscheinend, den Sinn dieser Bitte zu begreifen. Seine Stimme klang anders, aber Deidara musste zugeben, dass sie von Natur aus einen femininen Touch hatte. Ansonsten wäre es wohl nie möglich gewesen, irgendjemandem weiszumachen, er sei ein Mädchen. Er mochte diese Stimme lieber. Sie klang so... ungezwungen. Itachi musste dabei nicht auf jedes Wort achten, wenngleich er gerade sowieso nur eins gesagt hatte. Deidara grinste breiter und packte das, was er vor kurzem noch für seine Flamme gehalten hatte, am Arm. "Lass uns tanzen gehen, un!" Im selben Moment, in dem Tayuya von hinten von einem wütenden Blick durchbohrt wurde, entdeckte Kakashi Iruka. Die aufeinanderstürzenden Ereignisse verwirrten ihn so sehr, dass er einfach stehen blieb und wartete, bis Tayuya ihren Kopf zurückzog, den Blick auf Iruka gerichtet. Genaugenommen beobachtete jeder im Umkreis die drei. Was jetzt erwartet wurde, war ein furioser Wutausbruch von Iruka. Er kam nicht. Alles, was der Lehrer tat, war sich umzudrehen und den Schulhof zu verlassen. Seine Augen waren völlig trocken, und auch sonst zeigte er keinerlei Schwäche. Kakashi löste sich endlich aus seiner Starre. Ohne sich weiter um Tayuya zu kümmern, rannte er Iruka hinterher, der inzwischen schon zwischen den parkenden Autos verschwand. Gemurmel breitete sich überall aus, kurz darauf setzte die Musik wieder ein. Niemandem war aufgefallen, dass sie nach dem Stück, das Tayuya sich erbeten hatte, verstummt war. Besagtes Mädchen drehte sich zwar leicht konfus, ansonsten aber ganz wie vorher nach demjenigen um, der sie so böse angestarrt hatte. Da brauchte sie nicht lange zu suchen. Das helle Metallicblau in den Haaren war auf der Konoha High ausgesprochen selten. Genaugenommen gab es eine solche Farbe nur zwei mal. "Sakon?" Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck war finster. "Zum Glück nicht. Aber der Unterschied wär' dir eh nicht aufgefallen." Tayuya blinzelte. Der Sinneswandel des normalerweise mehr oder weniger ruhigen Jungen, der viel Zeit damit verbrachte, alles wieder auszubügeln, was sein jüngerer Zwilling angerichtet hatte, verhinderte eine ärgerliche Reaktion. Zumindest für kurze Zeit. Gereizt fragte sie: "Warum 'zum Glück'?" "Weil der deinen Auftritt vorhin sonst gesehen hätte." Tayuya schnaubte und warf sich ihr feuerrotes Haar über die Schulter. "Das kratzt den nicht. Trotzdem ganz reizend, wie du auf deinen kleinen Bruder aufpasst." Ukon sah aus, als läge ihm etwas ziemlich Beleidigendes auf der Zunge. Doch er sagte nichts und beließ es bei einem noch finsteren Blick. Tayuya grinste. "Wieso regst du dich überhaupt auf, bin ich deiner Meinung nach die falsche Partie für ihn?" Ukons Gesicht wurde noch eine Spur dunkler. Inzwischen war ihm anzusehen, dass er sich am Riemen reißen musste. "Gratuliere, du hast es erfasst. Denn genauer gesagt bist du ein echt beschissener Umgang." Sobald sie sich der Tanzfläche näherten, holte Deidara die Wirklichkeit wieder ein. Er konnte immer noch nicht tanzen. Woher auch? Es machte ihm nicht so viel aus, mit einem Jungen zu tanzen, da er im Unterricht auch immer Sasori als Partner genommen hatte. Gut, da hatten sie auch nicht so einen... Alltagstanz gemacht, sondern waren sinnlos zu schlechtem Hip-Hop herumgehüpft (exakte Kopie meines Empfindens, als wir im Unterricht besagten Tanz gemacht haben). Das hier war etwas Anderes. Er war gerade dabei, Yuzuka... Itachi darauf hinzuweisen, als Tayuya aus dem Nichts auftauchte und Sakon energisch hinter sich herzerrte. Er schien die Lust verloren zu haben. Ukon folgte ihnen in einigem Abstand und mit einer Gewitterwolkenmiene. Deidara hatte keine Ahnung, warum er hier war. In der Schule blieben sie zwar fast immer zusammen, aber er hatte erwartet, dass sich auf einem Schulball ihre Wege trennten, wenn Sakon schon mit jemand anders hier war. Viel Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, hatte er nicht. Tayuya lächelte süßlich, doch es wirkte irgendwie unecht, als sei ihr ebenfalls der Spaß an der Sache vergangen. Trotzdem war sie sicherlich nicht gewillt zu verlieren. Sie nahm Sakons Hand und trat ungeduldig auf der Stelle. "Fertig?" Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern trällerte unschuldig: "Dann kann's ja losgehen!" Das Nächste war ein Song in einer Lautstärke, die Deidara beinahe die Ohren abriss. Tayuya schien sich wieder zu amüsieren, sie zerrte Sakon ein Stück weg und begann, sich absolut synchron mit ihm zu bewegen. Ihr Tanz sah sehr lebhaft aus. Deidara war sehr sicher, dass er so etwas nicht bieten konnte. Und mit russischem Volkstanz würde er keine Wette gewinnen. "Ich... Ich kann das nicht, un!" schrie er gegen die Musik an. Um sie herum war alles in Bewegung. Itachi schüttelte den Kopf. "Ich kann tanzen. Mach einfach, was ich dir sage." "Wie bitte, un?" Itachi stöhnte und verwarf diesen Plan wieder. Stattdessen packte er Deidara an den Schultern und arrangierte seine Position wie bei einer Schaufensterpuppe. Deidara amte seine Schritte und Bewegungen nach bestem Können nach, auch wenn es ihm einigermaßen schwer fiel, so ganz ohne Spiegel und passende Musik. Er hatte nie so getan, als würde er Candies mögen. Für einen Moment war er versucht, Itachi wieder für ein Mädchen zu halten. Er verfügte von Natur aus über ein gewisses Maß an Weiblichkeit, selbst seine Stimme ließ sich nicht genau identifizieren, wenn er sie verstellte und nicht allzu laut sprach. Eigentlich war das Jungen nach dem Stimmbruch absolut unmöglich. Trotzdem verstand er eines nicht... Warum verschwand Itachi nach den Ferien, offensichtlich sehr darum bemüht, seine Spuren zu verwischen, und tauchte dann als Mädchen wieder auf, obwohl ihm das mehr Schwierigkeiten einbrachte, als es vermeiden konnte? Dieses Kapitel ist der erste Schritt zu Sakons/Ukons Ehrenrettung. Anscheinend war mir das so wichtig, dass ich mich tatsächlich mal mit einem Update beeilt habe... Kapitel 8: Perfect Question --------------------------- Seit dem Dodgeballspiel hatte Deidara schon keine Ahnung mehr, wie er sich ein Mädchen vorstellen sollte. Seit Beginn dieses 'Tanzes' hatte er auch keine Ahnung mehr, wie er sich einen Jungen vorstellen sollte, der ein Mädchen spielte. Itachi hatte offenbar genaue Vorstellungen, wie Deidara sich bewegen sollte, und er setzte sich durch. Deidara hatte überhaupt keine Zeit, nach Tayuya und Sakon zu schauen. Er war außerdem viel zu beschäftigt, stumm im Kopf zu wiederholen: Mach dir keine Sorgen, dass ist ein Junge wie Sasori auch, und mit dem hast du auch getanzt... Mehr schlecht als recht jedenfalls. Deidara erinnerte sich grinsend, wie viel Gezeter es jedes Mal gegeben hatte, weil Sakon und sein Zwillingsbruder dieselben Sportsachen angezogen hatten und so permanent verwechselt wurden. Das war wenigstens witzig gewesen, doch damit hatte es vermutlich nun ein Ende. Wie kam Sakon bloß an ein Mädchen wie Tayuya? In diesem Moment herrschte ein Moment Stille. Das Lied war offensichtlich zu Ende. "Äh... Wie lange geht diese... Wette, un?" Itachi zuckte ratlos mit den Schultern. "Wahrscheinlich so lange, bis sie das Ende einläuten." Deidara seufzte und versuchte vergeblich, seine angespannten Muskeln zu lockern. Sein Gehirn hatte sich so lange darauf eingestellt, mit einem Mädchen auszugehen, dass es auch beim momentanen Anblick überhaupt keinen Grund sah, die Einstellung zu ändern. Äußerlich war das immer noch ein Mädchen. Die Musik setzte wieder ein. Diesmal in einer völlig anderen Tonart. Deidara grinste übers ganze Gesicht. "YMCA, UN!" "Pardon?" Itachi sah ihn verwirrt an. Offensichtlich konnte er damit nichts anfangen. Deidara war zwar schleierhaft, wie man YMCA nicht kennen konnte, doch es war entschieden zu laut, um ihm das noch zu erklären. Und jetzt hatten sie ein Problem – Itachi wusste nicht weiter, und Deidara war ein miserabler Tänzer. Und was tut man da? Man improvisiert... zwangsweise. Deidara kannte noch einige Figuren aus YMCA, und Itachi arrangierte den Rest so, dass es wenigstens aussah, als hätten sie einen Plan von irgendetwas. Deidara machte das Ganze schon immens Spaß. It's fun to stay at the YMCA They have everything for young men to enjoy You can hang out with all the boys YMCA… Itachi machte ihn mit hilflosem Gesichtsausdruck nach, bis die Musik wieder wechselte. Und diesmal mussten sie eine Kompromisslösung finden. Für 'Bohemian Like You'?! Deidara, der seine Scheu etwas verloren hatte, seit sie ihren 'Schrotttanz' zu YMCA aufgeführt hatten, grinste bloß. "Sei ein Mädchen, un!" Itachi holte Luft, um ihn dafür zurechtzuweisen, als Deidara seine Arme genauso arrangierte wie Itachi vorhin bei ihm. Der Schwarzhaarige blinzelte und lief dann leuchtend rot an. "Das... das..." "Betrachte es einfach als modernen Tango, un..." Und genau so sah es auch aus. Wildes Herumkreiseln, bei dem Deidara langsam aber sicher die Orientierung verlor. Trotzdem machte es ihm großen Spaß. So musste Tanzen sein. Intuitiv, energiegeladen, unernst. Und dass er es nicht mit einem Mädchen machte, entspannte die ganze Sache noch mehr. I'm getting wise and I'm feeling so bohemian like you it's you that I want so please just a casual casual easy thing is it, is for me and I like you yeah I like you I like you I like you… Schließlich verstummte der Song. Deidara blieb keuchend stehen, und Itachi versuchte, wieder Ordnung in seine Haare zu bringen. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, sie offen zu tragen. In diesem Moment pflügte sich Tayuya durch die Menge und zerrte Sakon hinter sich her. Die Rothaarige strahlte siegessicher. "Wir haben vergessen zu sagen, dass wir eine Jury engagiert haben. Okay!" Deidara hatte ein absolut ungutes Gefühl, wer diese Jury war. Und er brauchte auch nicht lange zu warten, bis er es erfuhr. Temari und ihr Bruder Kankuro wühlten sich aus der Menge, und mit einer Aura der Glückseligkeit umgeben schwebte Kin heran – Ukons Arm hatte sie fest umklammert. Deidara wunderte das ein wenig. Er wusste zwar, dass sie für ihn schwärmte, seit er beim Baseball den Karren seiner Mannschaft ganz alleine aus dem Dreck gezogen hatte, doch dass Ukon mehr darauf erwiderte als ein gezwungenes Lächeln und manchmal eine coole Bemerkung, war ihm neu. "Ich bezweifle, dass eure Schiedsrichter besonders unparteiisch sind." kommentierte Itachi trocken. Tayuya winkte ab. "Passt schon. Also, Jungs... und Mädels?" Ukon räusperte sich und grinste die Freundin seines Zwillingsbruders gehässig an. "Mag ja sein, dass die Meinungen sich da scheiden... Aber ich finde, Deidara und seine Freundin haben wesentlich besser getanzt." Tayuya sah ihn fassungslos an. Sakon schien ebenfalls einigermaßen erstaunt, doch er schien eher verständnislos als wütend. Kin räusperte sich auch. Wenn Ukon das machte, dann sie erstrecht. "Ich auch!" "Hey, Tayuya und Sakon waren gut... fand ich." wandte Temari ein. Alle Augen richteten sich auf Kankuro. Der zog dasselbe dreckige Grinsen wie Ukon. "Ich bin auch für Deidara und seine Freundin." Ganz klar, alles, was nicht Temaris Meinung war, war jetzt gut, sogar absolut super. Wahrscheinlich hatte er nicht mal hingeguckt, allein die Rachsucht gegen den krankhaften Verkupplungsdrang seiner Schwester hatten ihn zu seiner nicht ganz verzweifelten Verzweiflungstat getrieben. Tayuya stampfte wütend mit dem Fuß auf und durchbohrte Ukon mit einem bitterbösen Blick. "Das ist nicht fair! Du hast doch keine Ahnung vom Tanzen!" "Das mag sein, da hättest du mich vielleicht nicht für die Jury auswählen sollen." gestand der Blauhaarige freimütig. Deidara verwirrte die ganze Sache. Die Zwillinge stritten sich seit Menschengedenken nicht und waren fast immer zusammen. Er hatte es für ganz natürlich gehalten, dass er seinen Bruder nicht eine blöde kleine Wette verlieren ließ. Stattdessen setzte er es offensichtlich genau darauf an. Sonst hätte er nicht Kin mitgenommen. Denn dass sie seine Meinung infrage stellen würde, war völlig unmöglich. Während Deidara noch über diesen sinnlosen Fall nachsann, wandte sich Kankuro an sie: "Und wen... habt ihr in eure persönliche Auswahl gezogen?" Ach ja... Das auch noch. Deidara sah sich planlos um. Es gab grausame Wahlen, wie z.B. anzuordnen, dass Sakon Kisames Schwester küssen sollte. Sakon war fair, er würde das über sich bringen, obwohl er wahrscheinlich die nächsten Tage der Schule fernbleiben würde. Wer würde das nach diesem Schreckenserlebnis auch nicht? Man konnte natürlich auch gemein sein und ein gleichgeschlechtliches Opfer aussuchen. Da würden sie sich beide lieber die Zunge abbeißen, doch das stand nicht zur Auswahl. Kompliziert. "Wir können die ganze Aktion auch lassen..." murmelte Itachi abwehrend. Ihm schien die ganze Angelegenheit wesentlich weniger Vergnügen zu bereiten. Genau wie alles, das Aufmerksamkeit auf ihn zog. Und wenn Deidara mit all seiner Kreativität ein Zielobjekt aussuchte, war ihm das verständlicherweise sehr unangenehm. "Nichts da. Los, ihr zwei." kommandierte Temari unerbittlich und klopfte Itachi auf den Rücken. Dieser dachte überhaupt nicht daran, seine Passivität aufzugeben. "Mach du das, Deidara." So einfach war das. Aber immerhin hatte er sich inzwischen den Namen gemerkt. Deidara sah sich hilfesuchend um. Tayuya stand zähneknirschend still und wartete auf das Todesurteil. Sakon versuchte immer noch, einen Blick seines Zwillings aufzufangen, um sich dessen uncharakteristisches Verhalten zu erklären. Doch Ukon sah beharrlich weg, als sie da nichts zu gucken. Deidara ließ seinen Blick schweifen. Da war zum Beispiel Professor Orochimaru... der würde mit Sicherheit ausschlagen, wenn Tayuya angerauscht kam und ihm einen Kuss aufdrückte. Er war nämlich mit ihrem Betragen im Unterricht nicht einverstanden. Mit Sakon wäre es dasselbe, wenn nicht noch schlimmer. Und da stand Hayate Gekko... Ganz schlechte Idee, der war in Begleitung seiner Freundin. Das würde eine Krise geben. Und da war noch Hidan... Besser nicht, der würde einen Kreislaufzusammenbruch kriegen, weil sein enthaltsames Leben verschmutzt worden war. Ein wenig abseits ortete er Kidoumaru, Sakons Freund. Kam wahrscheinlich nicht so toll, wenn er ausgerechnet den auserkor. Da war noch Haku, einer von denen, die auch als Mädchen zur Schule kommen konnten und keiner würde den Unterschied merken. Weil es keinen gab. Allerdings war er in Zabuzas Begleitung, und sich ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis auch nur zu nähern war schon mal eine ganz schlechte Idee. Deidara war ratlos. Kimimaro war gar nicht erst anwesend, er konnte die Sache also bloß falsch machen. Es sei denn, er fand einen ganz bestimmten Menschen, der Verständnis hatte und die Angelegenheit in Ordnung hielt... Eine ganz bestimmte Person, die keine Wut zu kennen schien und immer höflich und freundlich war... Eine Person wie... "Aoi, un!" Der Schwarzhaarige drehte sich um. Offensichtlich hatte er seinen Namen gehört. Deidara winkte ihm und betete innerlich, er möge sich nicht beleidigt fühlen. Aoi hatte normalerweise eine buddhagleiche Geduld mit allem, besonders als Kummerkasten. Auch bei Fällen, bei denen jeder andere das nächste greifbare Objekt ergriffen hätte, um der betreffenden Person schnellstmöglich das Maul zu stopfen. Mit seiner üblichen Unbekümmertheit schloss er zu ihnen auf und lächelte. "Was gibt's?" Deidara gestikulierte hilflos, doch Tayuya nahm die Sache bereits in die Hand. Sie stellte sich vor ihn, warf sich ihr chaotisches Haar über die Schulter und grinste ein wenig schief. "Sorry." Damit umfasste sie sein Gesicht, indem sie ihre Finger in seinem Haar vergrub und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Es hinterließ keinen Abdruck, und für einen Moment sah Aoi vollkommen perplex aus. Allerdings bekam er den Ausdruck schnell in den Griff und ersetzte ihn durch seinen üblichen. Tayuya ließ ihn wieder los und lächelte noch einmal. "Kein Problem." Dann verschwand er. Deidara war es unbegreiflich, wie ein Mensch sich so im Griff haben konnte. Er bewunderte Aoi unverhohlen dafür. Er machte sich gar nichts aus Tayuyas Launen und ihrer Zickigkeit. Vielleicht war er ja der Richtige für sie? Sie drehte sich um und verschränkte die Arme. "Ich hab nur 'küssen' gesagt, aber nicht wohin." "Bei Kakashi hättest du dich vorhin auch ruhig entschuldigen können, un." kommentierte Deidara ironisch. Sie funkelte ihn böse an und stolzierte zurück an Sakons Seite. Dieser wirkte nicht im mindesten eifersüchtig. "Und ich?" fragte er desinteressiert. Temari klatschte vergnügt in die Hände. "Wie wär's mit einem aus der Runde?" "Wieso 'einem' und nicht 'einer'?!" knurrte Sakon und sah sie missbilligend an. Offenbar gestand er ihr nicht das Recht zu, sich einzumischen, auch wenn sie für Tayuya und ihn gestimmt hatte. Temari grinste bedeutungsvoll. "Na ja, Yuzuka-chan und Deidara stehen nicht zur Debatte, weil sie gewonnen haben, Tayuya wäre witzlos, Kin würde dir die Augen auskratzen, an Kanki-chan lass' ich dich nicht ran, an mich sowieso nicht, und sonst sind hier nicht mehr so viele..." Sakon zog beide Augenbrauen hoch und verzog den Mund. Das drückte wahrscheinlich seine extreme Ungläubigkeit aus. "Schwuleninzest? Ich soll Ukon küssen, meinst du das?" "War nur'n Scherz..." "Ulkiger Humor..." murmelte Itachi und rieb sich die Augen. Sakon zuckte mit den Schultern. "Andererseits... Ich steck' dir ja nicht die Zunge in den Hals." Aha, so einfach war das also für jemand wie Sakon, der ausgefallene Dinge liebte. Ukon sah ihn verwirrt an und bewegte sich kein Stück, als sein jüngerer Bruder auf ihn zumarschierte und ihm geräuschlos seine Lippen auf die Wange drückte. Kin schnaubte protestierend und durchbohrte ihn mit mörderischen Blicken. Ukon war sowieso zu verblüfft für eine Reaktion. Deidara erkannte seine Chance. "Tja, da das alles geregelt ist... Lass uns gehen, Yuzuka-chan, un." Ohne darauf zu achten, ob Itachi damit nicht einverstanden war, zog er ihn mit sich und tauchte mit ihm in der Schülermenge unter. Erst, als er völlig sicher war, außer Sichtweite zu sein, ließ er Itachis Arm los. Es war ihm ein wenig unangenehm, einen fast fremden Menschen durch die Gegend zu zerren, doch rückgängig machen konnte er es eh nicht. "Lass uns gehen." sagte der Schwarzhaarige leise. Deidara bemühte sich, seinen Enttäuschung zu verbergen. Sicher, er war nicht mit einem Mädchen hier... Trotzdem hätten sie noch bleiben können. Vermutlich sah Itachi das genau umgekehrt. Deidara musste daran denken, wie verschreckt er auf das 'Auto' reagiert hatte und musste lächeln. Da war die ganze Angelegenheit auch noch anders gewesen. Er hatte zwar immer noch einen Rest dieses nervtötenden Kribbelns im Magen, wenn er ihn ansah, doch das lag mit Sicherheit daran, dass Itachi als Mädchen aufgemacht war. In das Mädchen, in das er sich beinahe verliebt hätte. Er nickte, und Itachi hakte sich wieder bei ihm unter. Zusammen wühlten sie sich durch die anderen Schüler und gingen in Richtung Parkplatz. Deidara fiel ein, dass das erste Date sonst immer mit einem Kuss oder wenigstens mit Austausch der Handynummer endete. Nun ja, heute nicht. Er ließ den Motor an und fuhr los. Irgendwie enttäuschte ihn jeder Gedanke daran, wie fröhlich und erwartungsvoll er in den letzten Tagen und besonders beim Ankommen gewesen war, noch mehr. Deidara bremste, als er das Haus wiedererkannte, in dem Itachi wohnte. Damals hatte er auch ein Mädchen verfolgt wie ein Staatsspion. Sein Date ging zielstrebig an ihm vorbei zur Haustür und suchte nach seinem Schlüssel. Deidara wartete einfach, nicht wirklich wissend, worauf. Er hatte schlichtweg das Gefühl, dass noch nicht alles gesagt war. "Was wirst du jetzt machen, un?" fragte er möglichst unbefangen. Itachi sah nicht auf. "Ich mache weiter wie bisher. Was soll ich auch ändern?" Seine Stimme klang neutral, trotzdem stach hervor, wie er es vermisste, nicht jeden Tag Theater spielen zu müssen. Für ihn bedeutete jeder Schultag eine Quälerei, ein Risiko, eine Anstrengung. Es ließ sich nun mal nicht ändern, dass er hübsch war. Er würde immer wieder die Aufmerksamkeit von anderen Jungen auf sich ziehen, und er konnte sein Geheimnis nicht mit jedem teilen. Itachi hatte den Türschlüssel gefunden und steckte ihn ins Schloss. Erstaunt sah er über die Schulter. "Fährst du nicht nach Hause?" Deidara grinste verlegen. "Ich hab mich nur gefragt... was wirst du in Zukunft gegen Typen wie mich tun, un?" Er zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Irgendwie muss es eben klappen." "Und wenn sie alle so hartnäckig sind wie ich, un?" fragte er weiter und lachte leise. Itachi seufzte. "Dann muss ich ein paar Morde begehen, um mein Geheimnis zu wahren." "Willst du mich umbringen, un?" Itachi zuckte zusammen, doch er erholte sich schnell und drehte sich um. "Was meinst du damit?!" Seine dunklen Augen blitzten unsicher. Genauso wie im Waschraum, als er nicht gewusst hatte, ob seine Tarnung jetzt komplett aufflog. Deidara erinnerte sich wieder an Ausschnitte aus Soaps, was in diesem Moment alles passieren konnte, und fragte unvermittelt: "Was ist, wenn wir bloß weiter Theater spielen? Wenn wir so tun, als wäre alles glatt gegangen, als wären wir jetzt zusammen und du wärst einfach nicht mehr zu haben, un?" Dies ist übrigens mein letztes Update. Danach bin ich drei Wochen abwesend. Nur für den Fall, dass jemand in diesem Zeitraum auf Fortsetzungen wartet. Kapitel 9: Perfect Decidation ----------------------------- "Theater spielen?" wiederholte Itachi unsicher. Deidara sah, wie fest er den Haustürschlüssel umklammerte. Einerseits bot der Vorschlag eine gewisse Sicherheit für die Zukunft. Andererseits war die Verhaltensmode für Verliebte zur Zeit recht... freigiebig. Deidara wurde erst jetzt die volle Tragweite seines Vorschlags bewusst. "Äh... ich muss darüber nachdenken." stammelte Itachi hastig und verbarg seine Hände hinter dem Rücken. Deidara hielt es für besser, ihn jetzt alleine zu lassen. Ihn... Wie ironisch. Und er hätte sich fast in ihn verliebt. "Äh... Aber meine Telefonnummer, un..." "Tayuya hat sie mir gegeben. Gute Nacht." Die Tür fiel mit einem Krachen ins Schloss. Deidara konnte nur die Augen verdrehen. Ja klar... Dieses Weibsstück hatte überall seine neugierige Nase drin! Am nächsten Morgen wachte Deidara später als sonst auf. Seine Kanarienvögel waren bereits wach und machten Krach, weil sich ihr Frühstück verzögerte, und draußen fuhr ein Laster vorbei. Träge wie immer stand Deidara auf und öffnete das Fenster. Es würde heute genauso heiß werden wie gestern. Noch war kein Ende in Sicht. Und übermorgen in der Schule... Ihm fiel ein, dass Yuzuka... Itachi ihn anrufen wollte. Er warf einen Blick auf seinen Anrufbeantworter. Tatsächlich blinkte die rote Lampe – und die Nachricht war wohl kaum von seinen Eltern. Interessiert und irgendwie aufgeregt kniete er sich vor das Gerät und drückte auf 'Abspielen'. Sie haben 1 neue Nachricht. 23:55 pm: Uhm... Deidara? Ich weiß, es ist schon spät... Hast du morgen, also Samstag, Zeit? Ich warte am 'Blue Shell' auf dich. Um 10.30, in Ordnung? Deidara überlegte einen Moment. Das 'Blue Shell' war Ein Café in der Nähe... Ach ja, es hatte immer sehr ausgefallen und aufwendig dressiertes Eis dort. Nur... 10.30? Also... Eine schlappe Viertelstunde noch. Deidara sprang auf und rannte ins Bad. Ausgerechnet heute musste er natürlich verschlafen! Ausgerechnet heute musste Itachi so früh eine Verabredung festsetzen. Ausgerechnet heute... war einfach alles daneben! Obwohl es bereits zu warm zum Rennen war, er keine Zeit mehr zum Frühstücken oder zum ordentlich Aussehen gehabt hatte, wetzte Deidara sich fast die Seele aus dem Leib, um halbwegs pünktlich zu sein. Das Blue Shell kam in Sicht. Itachi lehnte im Schatten, da Haare zusammengebunden und unter einer Basketballkappe verborgen. Da enge Hosen bei den Mädchen momentan in Mode waren, konnte er auf den Rock allerdings nicht verzichten. Deidara kam keuchend vor ihm zum Stehen. "Bin... ich... zu spät, un...?" "Nicht wirklich... ich hätte dich nicht so früh herbestellen sollen, aber..." Er biss sich auf die Unterlippe. Seine Augen lagen im Schatten und huschten nervös hin und her. Deidara selbst konnte mit der Situation auch nicht viel mehr anfangen. Dafür fing etwas Anderes seine Aufmerksamkeit. "Oh! Kakashi-sensei und Iruka-sensei, un (der wahre Grund, warum sie auf dem Schulball zu kurz gekommen sind)!" Diesmal täuschte er sich nicht. Der Anblick, der sich ihnen bot, wäre unter anderen Umständen erheiternd gewesen: Kakashi versuchte vehement, Iruka mit seinem eigenen Körper daran zu hindern, an ihm vorbeizugehen. "Jetzt lass uns doch darüber reden!" "Ich wüsste nicht, was es zu reden gäbe. Für Problemfälle innerhalb Ihrer Klasse wenden Sie sich bitte an den Schulleiter." erwiderte Iruka in neutralem Tonfall und schob Kakashi einfach zur Seite. "Iruka..." Kakashis Stimme klang bereits verzweifelt. Iruka schien das nicht zu beeinflussen. Er hob lediglich eine Augenbraue. "Ich könnte mich nicht erinnern, dass ich Ihnen erlaubt hätte, meinen Vornamen zu benutzen, Hatake-sensei.. Und ich würde es begrüßen, wenn Sie mich nicht weiter behelligen würden, ich habe noch zu tun." "Ich hab dir schon gesagt, das war nur so ein dummer Mädchenstreich!" Kakashi gab noch nicht auf und stellte sich wieder vor den anderen. Iruka sah ihn erstaunt an. "Ich weiß nicht, wovon Sie reden." "Gestern..." "Das gestern war keine reine Schulveranstaltung, ich bin nicht lange geblieben." schnitt ihm Iruka das Wort ab. Er schien einen Moment zu überlegen und fügte dann hinzu: "Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, lassen Sie das Mädchen in Ruhe. Sonst machen Sie sich strafbar." Kakashi starrte ihn ungläubig aus. Seine Maske verhinderte, dass sich die Kinnlade aushakte. "Ich habe mit diesem Mädchen nichts zu schaffen!" "Das würde ich an Ihrer Stelle zurücknehmen. Doch es ist gänzlich nicht mein Problem, ich will Sie nur auf Ihre Sittsamkeit hinweisen!" Das vorletzte Wort betonte er sarkastisch und winkte dem Busfahrer, der ihnen entgegenkam. Sobald der Bus hielt, schob er sich hinein und drängte sich so schnell wie möglich in den verspiegelten Teil. Zurück blieb sein ehemaliger Liebhaber mit verzweifelter Grabesmiene. "Iruka-sensei fährt eigentlich nie in die Richtung, oder, un?" Itachi nickte langsam. Ihnen ging beiden dasselbe durch den Kopf: diesmal war es ernst. "Tayuya hätte nicht so übertreiben sollen, un." "Vielleicht ist sie wirklich in ihn verliebt." "Wenn sie jedes Mal verliebt wäre, wenn sie irgendwen küssen würde-" "Wie auch immer." unterbrach Itachi ihn unwirsch und sah zur Seite. "Wegen deinem Vorschlag..." "Äh... Das war eine dumme Idee, ich wollte dir nicht zu nahe treten, un!" Itachi seufzte, schubste ihn auf einen freien Stuhl (unnötig zu sagen an einem freien Tisch, das geht ja nicht ganz Konoha was an) und setzte sich ihm gegenüber. Deidara sah das als Methode, ihm die Sache schonend beizubringen und geriet noch mehr in Panik. "Ich weiß, du denkst jetzt, ich hab das aus Eigennutz vorgeschlagen, aber-" "Ist ja gut, verdammt!" Itachi hatte jetzt gewisse Ähnlichkeit mit Sasori nach einer ganzen Woche, die er einen nonstop-schwärmenden Deidara ertragen hatte. Unnötig zu sagen, dass es dir vergangene Woche war. Deidara schwieg einen Moment, bevor er geradeheraus sagte: "Mädchen fluchen nicht so, un." Itachi seufzte wieder, diesmal so entnervt, dass sich ein paar sehr neugierig aussehende Mädchen am Nachbartisch umdrehten. Es hieß also leise sein. Itachi stand so abrupt auf, dass sein Stuhl fast nach hinten fiel, und beugte sich zu Deidara vor. Er roch nach Kamelienöl und etwas nach dem Puder, den er ständig zu benutzen schien, um seine Striche zu übertünchen. Deidara war es ein wenig unangenehm, wie interessiert sie angestarrt wurden. Glücklicherweise konnte er Itachi kaum in den Ausschnitt sehen. Einfache T-Shirts hatten auch ihre Vorteile, obwohl dunkelblau heute höllisch heiß sein musste. "Gegen deinen Vorschlag ist nichts zu sagen. Aber woher soll ich wissen, ob ich dir vertrauen kann?!" raunte er ihm ins Ohr. "Äh... Weil du mich liebst, un?" fragte Deidara absichtlich so laut, dass ihr Nachbartisch es hörte. An Hysterie grenzendes Gekicher brach aus. Itachi starrte ihn fassungslos an. "Wie bitte?!" "Spiel einfach mit, un..." murmelte er und nickte mit dem Kopf ein wenig in Richtung der Mädchen. Ihr Gekicher übertönte seine Worte, doch sobald sie merkten, dass sich seine Lippen bewegt hatten (was äußerst schnell ging), waren sie sofort wieder still, um nichts zu verpassen. Glücklicherweise schien Itachi ihn verstanden zu haben. "Und... wenn du mich betrügst?" brachte er absichtlich stockend hervor und ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Er mimte die betrogene Freundin gut, fand Deidara. Neben ihnen wurde furios geflüstert, und Deidara fühlte sich teils von strafenden, teils von begehrlichen Blicken durchbohrt. Jetzt saß er auch in der Tinte – wenn Itachi ihn 'abblitzen' ließ, hatte er diese Weiber am Hals. "Aber Yuzuka-chan, das war ein Missverständnis, un! Ich habe nie-" deklamierte er, wobei er absichtlich Itachis Mädchennamen nannte, doch der Schwarzhaarige unterbrach ihn. "Würdest du mir denn helfen oder nicht?" fragte er direkt. Deidara war ungemein erleichtert, dass er nicht weiter improvisieren musste. "Ja, würde ich, un." Itachi lehnte sich zurück und starrte auf die Straße. Er würde seine Entscheidung gleich treffen. Der Nachbartisch hielt vor Spannung die Luft an. Deidara gingen diese Mädchen unsäglich auf die Nerven. "Uhm... In Ordnung." Er setzte sich wieder und krallte seine Finger nervös in beide Ränder seines Stuhls. "Dann... lass uns..." "Eis essen, un!" Itachi sah mindestens so verwirrt aus wie die Mädchen neben ihnen. "Eis essen?!" "Für alles Andere ist es mir hier zu öffentlich, weißt du, un?" Er warf dein Mädchen einen vernichtenden Blick zu, was sie überhaupt nicht zu stören schien. Stattdessen ging ein verträumtes Seufzen durch den ganzen Tisch. Itachi musste davon spontan husten. Mittendrin murmelte er zerknirscht: "Ich mag kein Eis." "Aber das Eis hier musst selbst du mal probieren, un!" "JA, MUSST DU!" ertönte ein lauter Sprechchor aus dem Brustton der Überzeugung. Sowohl Itachi als auch Deidara sahen ihr Publikum genervt an. War ein Meter Privatsphäre eigentlich schon zu viel verlangt? Und eine von diesen Tussen telefonierte schon eifrig. Sie wollten gar nicht wissen, wem Konohas neuestes 'Traumpaar' verkündet wurde. Aber so mussten sie sich wenigstens nicht um die Verbreitung der Neuigkeiten kümmern. "Sind die von der Schülerzeitung, un?" flüsterte Deidara ärgerlich, sobald der Geräuschpegel genug angestiegen war, um es außer Itachi niemanden hören zu lassen. "Sieht so aus..." Deidara grinste wie ein Honigkuchenpferd und wedelte eine Kellnerin her. "Gut, dann musst du auch mit mir Eis essen, un!" Da Itachi schon Luft hatte, um sich aus der Affäre zu ziehen, fügte er hinzu: "Mädchen lieben Süßes, un." Damit war die Debatte vom Tisch. Von nun an wurden sie genau und ganz offenkundig beobachtet, und alles Auffällige wurde notiert. Deidara fand das ziemlich unangenehm, und Itachi schien am liebsten gleich im Boden versinken zu wollen. "Wenn mein Bruder das rauskriegt..." "Die Liebe kann man nicht aufhalten! Liebe ist wunderschön! Liebe ist in allen Herzen!" So, jetzt war langsam wirklich der Gipfel eines verkackten Dates erreicht. Zu Salzsäulen mit dem Gesichtsausdruck 'Wie viele Sprünge hast du eigentlich in der Schüssel?' saßen Deidara und Itachi da. Eins der Mädchen vom Nachbartisch war aufgesprungen und baute sich vor ihnen auf. Sie war die Inkarnation des Pinks und wurde von zwei anderen flankiert, eine mit Notizblock, eine mit Fotohandy. Sie seufzte theatralisch. "Liebe ist ja so schön. Ach, und jetzt zu euch. Wir bekamen zufällig ein paar Fetzen eures Gesprächs mit und sind der Meinung, dass ihr zwei vielleicht das Paar des Monats auf ganz Konoha High sein könntet! Die Leser werden euch lieben! So, du da. Das Mädchen. Nimm mal deine Kappe ab, wir brauchen ein Foto von dir. Samy-chan, hilf ihr beim Stylen!" Itachi zuckte erschrocken zurück, als die Inkarnation des Lila auf ihn zusteuerte, mit allen erdenklichen Schminkutensilien bewaffnet. "Ääh... Wieso schminken?!" "Hast Recht, naturell ist viel besser. Samy-chan, zurück." Mit beleidigtem Gesichtsausdruck rauschte Samy zurück in die Reihe. Die Wortführerin lächelte extrem liebenswürdig. "Aber die Kappe muss ab." Itachi machte den Eindruck, als würde er seine Kopfbedeckung mit Klauen und Zähnen verteidigen wollen, doch Samy war sofort zur Stelle, rupfte sie ihm vom Kopf, zog das Haarband heraus und verteilte die langen, schwarzen Strähnen nach ihren Vorstellungen. Itachi zuckte bei jeder Berührung zusammen. Er schien das Ganze nur mit äußerster Selbstbeherrschung durchzuhalten. Deidara betete, ihr Eis möge bald kommen. Allerdings war er jetzt erst mal dran. Die Pinke wandte sich an ihn: "So, und du bist...?" "Deidara-kun!" kreischte jemand von hinten. Deidara unterdrückte seinen Fluchtdrang. Oh nein... SIE war ja auch bei der Schülerzeitung... Mit der Gewalt eines Bulldozers fegte besagtes Mädchen alle anderen, sogar die Reporterin, zur Seite und kam vor ihm zum Stehen. Hier kam sie... Die Inkarnation des Neonblau... Kisames kleine Schwester! "Ich kann's gar nicht glauben, dass du jetzt eine Freundin hast! Aber an mich denkst du natürlich nicht, das sieht dir ähnlich, Oji-chan!" Deidara zog ein gequältes Lächeln auf. "Nasame-chan..." "Hattet ihr etwas miteinander?" fragte die Pinke interessiert. Bevor Deidara das vehement bestreiten konnte, kam ihm Nasame zuvor. Sie zeigte mit Daumen und Zeigefinger den Abstand von einem Millimeter und grinste. "Nein... Aber es hat nur noch sooo viel gefehlt! Und jetzt muss ich warten, bis du wieder frei bist..." Aus den Augenwinkeln sah Deidara, dass Itachi mit fotografiert werden dran war und seine Personalien abgeben musste. Er schien wirklich zu einem Schwarzen Loch zu beten, es möge ihn verschlucken. Das Schwarze Loch kam nicht, dafür jemand anders. Die Kellnerin. Sie stellte den Eisbecher ungerührt auf den Tisch und tippelte davon. Völlig egal, Hauptsache, sie hatten einen Grund, sich nicht weiter ausfragen zu lassen. Und so nervlich am Ende, wie sie es in der ersten Stunde ihrer 'Beziehung' waren, konnte ihnen das nur Recht sein. Das Kapitel hat Spaß gemacht. Die Ocs haben alle kaum Bedeutung, es müssen sich also keine Mary-Sue-Hasser melden. Momentan bin ich hochmotiviert, das hier fortzusetzen, weil mir eine gute neue Szene eingefallen ist... die ich unbedingt mal zeichnen müsste. Ich überarbeitete gerade die Steckbriefe... Aber viel ist es noch nicht. Kapitel 10: Perfect Plan ------------------------ Itachi beäugte den Eisbrecher angeekelt. Das Blue Shell hatte seinem Ruf natürlich alle Ehre gemacht und eine außergewöhnliche Kreation zusammengestellt. Doch eins dieser Zeitungsmädchen musste in die Küche gerannt sein und dort jemanden überzeugt haben, einen 'romantischen' Eisbecher zu kreieren. Was nicht zu übersehen war. Um eine möglichst nahe Beschreibung zu machen: die Eiskugeln waren natürlich pink, rosa und rot. Deidara fand es faszinierend, dass sie Herzform hatten. Das musste man erst mal hinkriegen. Mit rotem Sirup hatte jemand kleine Herzchen aufgeträufelt, und die Sahne hatte auch so eine Art Herzform. Und die Löffel (nein, sagt es nicht!) waren vorne und hinten mit Herzen verziert. Mit extra viel Liebe hatte der Hersteller Erdbeeren in dünne Scheiben geschnitten... in Herzform. Kurzum: alles war irgendwie zum Herz geformt. Ach ja, die Servietten waren außerdem noch kreischrosa. Itachi rückte unauffällig ein Stück rückwärts. "Zwing mich nicht, das da zu essen..." flüsterte er angewidert. Deidara zuckte mit den Schultern. "Haben wir eine Wahl, un?" raunte er zurück. Dabei warf er einen Blick auf ihr Publikum. Sie beobachteten sie ganz unverhohlen. Itachi seufzte und fasste widerwillig einen der Löffel an. Deidara fand dieses ganze Pink zwar nicht weniger furchteinflößend, hatte jedoch wesentlich weniger Hemmungen mit Süßigkeiten. "Du kannst einfach die Augen zumachen, un..." "Ich weiß trotzdem, dass das süß ist!" "Aber wenn du dich konzentrierst, nicht daran zu denken, un?" Itachi machte einen unterdrückten Laut, der verdächtig wie 'Bäääh...' klang und kniff die Augen zu. Nein, er würde das garantiert nicht ohne fremde Hilfe schaffen. Deidara hatte genug Soaps gesehen, er wusste, wie so etwas laufen musste. Es war ihm nur unsäglich peinlich. In 'Augen zu und durch'-Manier entfernte er vorsichtig (das Ganze konnte seiner Meinung nach gleich zusammenbrechen) einen Löffelvoll rotes Eis. Da gruselte er sich wenigstens nicht vor der Farbe. "Augen zu, un." "Ich denk' gar nicht dran." "I... Yuzuka-chan, bitte, un!" "Nein!" Die Schülerzeitungscrew begann misstrauisch zu tuscheln. Deidara lächelte gequält. "Sie macht sich Sorgen um ihre Figur, un..." Das Getuschel verstummte beruhigt. "Nur Mut, du wirst es lieben!" flötete die Pinke zweideutig und zwinkerte Itachi so heftig zu, dass es wirkte, als müsste sie ein sehr hartnäckiges Sandkorn wegblinzeln. Itachi versteifte sich und sah weg. Die Mädchen kicherten, offensichtlich deuteten sie das als Geste der Schüchternheit. Deidara seufzte. "Hör auf, Theater zu machen. Auch, wenn dir etwas so Privates in aller Öffentlichkeit peinlich ist, un..." Der letzte Satz war ein mehr als dezenter Seitenwink. Auf den Befehl ihrer Anführerin rauschte der kleine Pulk ein paar Tische weiter und beobachteten genau jede Handlung. Wenigstens waren sie außer Hörweite. "Komm schon... Am Valentinstag muss man doch auch Schokolade essen, wenn man seine Gunst beweisen will, un..." "Treib's nicht zu weit, Deidara..." knurrte Itachi in definitiv warnendem Tonfall. Mit weit weniger Feingefühl als Deidara rammte er seinen Löffel in das Gebilde aus Eis und Dekoration. Mit verkniffenem Gesicht würgte er es herunter und verzog den Mund. "Urgh... Igitt..." (diese Szene erinnert mich an Erementar Gerad, als Ren sich vor ihrem Eisbecher ekelt... Ist aber nicht geklaut) "Lächeln, immer lächeln. Wir sind ein Paar, schon vergessen, un?" "Ich habe den Verdacht, dass du bei der ganzen Sache besser wegkommst als ich..." murmelte Itachi missmutig und begann mit neugierigem Ausdruck, den Sirup herunterzukratzen. "Was wird das, un?" Itachi ließ sich zeit mit der Antwort, bis er die Sahne vollständig freigelegt hatte. Deidara meinte, den Hauch eines vergnügten Grinsens auf seinem blassen Gesicht zu sehen. "Ich hasse Süßigkeiten..." Mit bemerkenswertem Geschick balancierte er einen Sahneturm auf seinem dünnen Löffel. "... aber ich liebe Sahne." Sie haben 1 neue Nachricht, 22:45 pm: Whoa... Sasori, du glaubst nicht, was heute passiert ist, un... Ich weiß, du bist nicht zu Hause und es ist erst Samstag Abend, aber... wenn ich dir erzähle, was heute alles los war, glaubst du mir garantiert nicht, un. Montag morgen... warte nicht auf mich, okay? Ich glaube, es wird... verdammt turbulent. Den Rest erzähl' ich dir in der Kunst AG... wenn ich hoffentlich Gelegenheit dazu habe, un... Am Sonntagmorgen kam Deidara nicht mal auf die Idee, ausschlafen zu wollen. Er stellte sich sogar einen Wecker. Denn an diesem letzten Tag vor der Schule war hartes Training angesagt. Er hatte sich das wesentlich beschaulicher vorgestellt. Nützte aber alles nichts, jetzt musste er das Beste daraus machen. Itachi hatte ihm gestern noch seine Nummer gegeben, und Deidara fragte sich, woher der Schwarzhaarige seine hatte. Freitagabend hatte er daran natürlich nicht gedacht... Vega und Atair beobachteten ihn amüsiert, nun auch wieder ein Herz und eine Seele. Deidara hatte nicht den Nerv, sich mit ihnen zu streiten. Zu einseitig. Hochkonzentriert wählte er Itachis Nummer und wartete. Das brauchte er nicht lange zu tun. Itachi schien einer der Menschen zu sein, die immer zufällig in der Nähe des Telefons sind, wenn es klingelt. "Deidara?" "Mhmmm... Wirst du schon belagert, un?" "Nein. Aber ich hab' Sasuke davor gewarnt, heute rauszugehen." "Meinst du, sie würden ihn interviewen, un?" "Keine Ahnung, aber Sasuke kriegt Panik, wenn mehrere Mädchen auf ihn zurennen. Kindheitstrauma." Angesichts dem Fakt, dass sich dieser Junge schon mal in der Jungentoilette verbarrikadiert hatte, erschien Deidara das sehr glaubhaft. "Und jetzt, un?" "Das Informationsnetz dieser Weiber geht verdammt weit... (Deidara fiel auf, dass Itachi ziemlich oft 'verdammt' sagte, wenn ihn etwas nervte) Wissen viele Leute, wo du wohnst?" "Nein... Eigentlich nur Sasori, und der erzählt selten etwas weiter, un." "... Okay. Wie passt es dir jetzt?" "Ist in Ordnung... Aber woher kennst du meine Adresse, un?!" Am anderen Ende der Leitung herrschte für einen Moment Stille. "Ich bin ein Mädchen, ich weiß so was, okay?" Jetzt klang er wirklich exakt wie ein Mädchen, das sich kritisiert fühlte und zickig wurde. Deidara grinste und beschloss, die Sache erst mal ruhen zu lassen. "Nur noch eine Frage... Falls du doch belagert wirst, wie kommst du dann raus, ohne dass es diese Redaktionscrew schon vorher weiß, un?" "Ach, Sasuke hat für besondere Anlässe wie seinem Geburtstag oder dem Valentinstag einen Sonderfluchtweg, den kann ich benutzen." erwiderte Itachi nun wieder völlig bedenkenlos. "... Dann bis gleich, un." Zwanzig Minuten später war Itachi da. Er sah ein wenig gehetzt aus, doch ihm schien niemand gefolgt zu sein. Sobald er über die Türschwelle trat, wurde Deidara wieder bewusst, wie schnell man ihn mit einem Mädchen verwechseln konnte – und dass er eigentlich nervös sein müsste, weil seine 'Freundin' das erste Mal in seiner Wohnung war. Itachi war das offensichtlich weniger unangenehm. Er war aus der Sonne raus und konnte von keiner neugierigen Reporterin mehr verfolgt werden. Aufmerksam betrachtete er den Hausflur. "Wohnen hier viele Menschen außer dir?" fragte er. Deidara war etwas verwirrt davon, beschloss jedoch, es zu ignorieren. "Nicht viele... und zu Gesicht bekommt man eh nur die Haushälterin. So eine ältere Dame, die alles mitkriegt und nichts sagt, un." Itachi sah sich leicht beunruhigt um. "Sie kriegt alles mit? Wirklich alles?" Deidara grinste und winkte ab. "Nein, keine Sorge. Sie liest viel Zeitung und so, du könntest sie morgens um sechs fragen, was es Neues gibt, und bist erst mal für 'ne halbe Stunde beschäftigt mit Zuhören, un. Besonders die Neuigkeiten aus der Stadt. Und sie vergisst nie etwas, un!" Itachi drehte ihm den Rücken zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Er war wirklich seltsam, fand Deidara. "Ich bin im dritten Stock, aber es gibt einen Fahrstuhl, da vorne, un." wechselte er einfach das Thema und schob Itachi darauf zu. Die Metalltüren öffneten sich synchron – und enthüllten, dass die Fahrstuhlkabine nicht leer war. Deidara lächelte vergnügt. "Hi, Baa-san, un." Die alte Frau bot das klassische Beispiel ihrer Spezies: ihr Haar war ergraut und in einem strengen Haarknoten aufgesteckt, und ihre Haut faltig. Trotzdem waren ihre braunen Augen nach wie vor intelligent und kein bisschen senil. Sie erwiderte Deidaras Lächeln gutmütig. "Hallo, Takamichi-kun. Wen hast du da mitgebracht?" Deidara bemerkte erst jetzt, dass Itachi einen kleinen Schritt zurück gemacht hatte und hinter dem Rücken nervös die Hände rang. Die alte Dame musterte ihn sehr genau und viel kritischer als irgendjemand, dem sie bis jetzt begegnet waren. "Meine... Freundin, Yuzuka-chan, un." "So? Das freut mich sehr für dich." sagte sie langsam, doch ihr Blick wich nicht von Itachi. Die beiden standen noch einen Moment starr, dann machte sie den Fahrstuhl frei. "Ich wünsche euch noch viel Spaß." Es klang nicht zweideutig. Deidara verwunderte das Verhalten seiner Haushälterin ein wenig. Sie war sonst viel herzlicher, besonders mit jungen Mädchen. Und Deidara konnte sie ohnehin gut leiden. Wieso behandelte sie 'Yuzuka' so wortkarg? Hatte er zu lange gezögert, als er 'sie' seine Freundin genannt hatte? Itachi lehnte sich gegen die Holzverkleidung der Kabine und biss sich auf die Unterlippe. "Wir waren nicht besonders überzeugend, oder?" Deidara schob sich hastig in den Fahrstuhl, bevor die Türen sich schlossen, und ließ entmutigt seine Schultern sacken. "Na ja... Es ist nicht jeder so argwöhnisch wie sie, un..." Itachi zögerte einen Augenblick, bevor er geradeheraus fragte: "Du weißt schon, dass wir uns in der Schule anders beweisen müssen, oder?" Ach... ja. Wie hätte er das vergessen können? Vorausgesetzt, für das 'Traumpaar' galten nicht dieselben Trendregeln, mussten sie in der Schule ziemlich rummachen, um glaubhaft zu sein. Itachi schien ihm allerdings eher die Augen auskratzen zu wollen, wenn er sich ohne ausdrückliche Erlaubnis in irgendeiner Weise annäherte... Deidara hatte übrigens auch keine Lust, seinen ersten Kuss an einen Jungen zu verlieren. In dem Bezug war er altmodisch. "Hast du eigentlich schon mal geküsst, un?" Itachi versteifte sich für einen Moment, als erwartete er, dass Deidara ihm gleich in bestimmter Weise zu nahe kam. Nachdem besagter Moment vorüber war und er sich von seinem Paranoiaanfall erholt hatte, antwortete er schulterzuckend: "Klar." Nur, um danach mit scharfer Stimme hinzuzufügen: "Was nicht heißt, dass ich es tun möchte." Er zögerte einen Moment und musterte Deidara prüfend. "Du nicht?" "Äh... Nein, nicht so richtig, un." "Ah." Itachi wirkte ein wenig erleichtert, als sich die Fahrstuhltüren öffneten und den Weg auf einen kurzen Korridor freigaben. Es gab bloß eine Wohnung auf dieser Etage, und Deidara erwähnte, auf den anderen seien immer mehr. Es war ein komisches Gefühl, die eigene Wohnung für jemanden aufzuschließen, der äußerlich recht genau einem Mädchen gleich, aber keins war. Deidara fand es nach wie vor schwer, damit sachlich umzugehen. Er wusste nichts über Itachi, er hatte ihn sogar gerade ein einziges Mal ohne Verkleidung gesehen. Alles, was er bisher beobachtet hatte, konnte ebenso gut nur zu den Wesenszügen gehören, die Itachi mimte. Er selbst war gänzlich unerforschbar. Die Tür sprang mit einem Klicken auf und ihnen schlug ein Schwall warmer Luft entgegen. Deidara fluchte leise und rannte hinein. "Schei... benkleister, ich hab das Fenster offen gelassen, un!" Hastig knallte er das geöffnete Fenster in der Küche zu, um wenigstens den Rest der Hitze draußen zu lassen. Und trotz allem war er gut erzogen – in der Gegenwart von Mädchen fluchte man nicht. Obwohl das da... keins war. Er bekam diesen Mist wirklich nicht auf die Reihe! Itachi sah sich um. Es war etwas unordentlich, die typische Singlewohnung. An mehreren Wänden klebten Zettel mit Dingen, die er gefälligst nicht zu vergessen hatte, Blätter mit halbfertigen Skizzen waren fast überall verteilt. Es roch leicht nach Acrylfarbe. Itachi nutzte die Zeit, die Deidara noch mit dem Regler für die Klimaanlage beschäftigt war, um sich ein wenig umzuschauen. Normalerweise machte er das nicht, aber er musste wenigstens so tun, als wüsste er etwas über Deidara. Und was das betraf, war die Wohnung sehr aussagekräftig. Reinlich, unordentlich, etwas vergesslich, kunstorientiert, lebensfroh, nicht besonders neugierig. Er mochte Motorräder, liebte Kunst und hatte kein übermäßiges Interesse an sonstigem Sport. Außerdem war er es gewohnt, viel allein zu sein. Daraus sprach schon allein sein hibbeliges Verhalten, obwohl Itachi nur ein Junge wie jeder andere war. Na ja, vielleicht nicht ganz wie die anderen Jungen. Fast alle Türen standen auf – bis auf eine. Wahrscheinlich das Bad. Itachi legte die Hand auf die Klinke und wollte sie herunterdrücken, als Deidara plötzlich wie aus dem Nichts hinter ihm auftauchte. Der Schwarzhaarige fuhr vor Schreck zusammen. Memo an Hirn: er bewegte sich auch ziemlich leise. "Ähm... Nicht aufmachen, das ist ganz unordentlich da, un..." Itachi hob eine Augenbraue. "So schlimm wird's nicht sein." "Doch, äh... Das ist ganz extrem unordentlich, du kommst keine drei Schritte weit, un." Itachi hörte sich noch kurz an, wie Deidara ihn vehement beschwichtigte, dass dieser Raum wirklich völlig unwichtig sei, bis er fragte: "Du willst einfach nicht, dass ich da reingehe, weil es dir zu persönlich ist, hab ich Recht?" Deidara ließ den Kopf hängen. "Ich dachte, es kränkt dich, wenn ich das sage, un..." Eine Überlegung, die heutzutage schon keiner mehr machte. Itachi musste sich zu seiner Schande eingestehen, dass er es auch nicht tat. Eigentlich tat es gut, jemanden zu kennen, der sich tatsächlich darum Sorgen machte. "Schon okay, du kennst mich ja nicht..." "Nein, so ist es nicht... Ich meine, diesen Raum hat bisher nur Sasori gesehen. Und er hat nie drüber gelacht. Aber wenn das jemand sieht, der das so lächerlich findet, dass er sich darüber lustig macht, würde mich das wirklich deprimieren, und deswegen-" "... Es kränkt mich nicht, schon in Ordnung." unterbrach Itachi Deidaras eilige Rechtfertigung, da Besagter ohnehin schon aus Luftmangel rot anlief. Deidara atmete tief aus und warf einen flüchtigen Blick zur Tür. "Das ist so, als würde man mein Tagebuch lesen, un." schloss er seine Erklärung und schob Itachi in ein anderes Zimmer. "So, und jetzt stelle ich dir Vega und Atair vor, un." "Und der eigentliche Grund, warum ich hier bin?" "Willst du dir Text für morgen aufschreiben? Du kannst doch improvisieren, und das macht's natürlicher, un." "Meinst du?" "Meine ich. Und jetzt versuch' mal, ein bisschen weniger verkrampft zu sein, un." Hm... Wenn ich jede andere Story hierfür links liegen lassen würde, wäre ich ziemlich schnell... Aber das geht dann doch zu weit. Mehr oder weniger gewidmet ist dieses Kapitel übrigens dem Kommentator, der 'mutiviert' geschrieben hat. Das war eine schöne Stilblüte, da war ich gleich noch mal so motiviert. Nächstes Kapitel (ich versuche, mir ein Preview anzugewöhnen, um meiner Spontaneität Steine in den Weg zu legen. Klingt dumm, is' aber so.) : Perfect Couple - Der erste Schultag als enthaltsames Traumpaar... Wie gut können sich Itachi und Deidara behaupten? Und wie nimmt Sasori die Neuigkeiten auf? Und was bringt es mit sich, 'Paar des Monats' zu sein? Kapitel 11: Perfect Couple -------------------------- "Itachi, un?" "Hm." "Ich hol dich ab, okay, un?" "Warum?" "Willst du etwa mit dem Bus fahren, un?" "... Nicht wirklich." "Gut, un." "Aber nicht klingeln." "Wieso, un?!" "Wegen Sasuke." "Himmelherrgott, der kriegt keine Krise, wenn er sich mal alleine sein Frühstück machen muss, un!" Eisiges Schweigen. Memo an Hirn: Itachi verstand keinen Spaß, wenn es um seinen kleinen Bruder ging. Wichtig für die Zukunft. "Sorry, un." Itachi überging die Entschuldigung einfach. "Nasame hat angekündigt, dass sie uns auf die Titelseite setzen wird." "Ja... Davon müssen wir ausgehen. Warum beunruhigt dich das, un?" Deidara konnte bildlich sehen, wie Itachi verlegen eine Haarsträhne um den Finger drehte. Vermutlich fragte er sich, ob er dermaßen leicht zu durchschauen war. Bevor Deidara das allerdings als reine Behauptung abtun konnte, kam Itachi hm zuvor. "Wegen Tayuya. Seit dem Schulball habe ich nichts mehr von ihr gehört. Nasame weiß doch alles, sie hat bestimmt versucht, ihr darüber Fragen zu stellen." "Sie könnte krank sein, un." "Eher nicht. Vielleicht ist sie wirklich in Kakashi-sensei verliebt." "Wenn sie jedes Mal verliebt wäre, wenn sie jemanden küssen würde-" "Schon gut, das Thema hatten wir bereits. Bis gleich." Deidara legte auf und seufzte. Wie umständlich... Und dabei waren sie gerade am Anfang. Den Mittelweg zwischen Klischee und eigenem Willen zu finden war gar nicht so leicht. Vor allem, weil ihre Meinungen diesbezüglich ziemlich auseinander gingen. Gut, Hände halten musste drin sein, und bei zu extremem Abstand würden sie ebenfalls auffallen. Aber Itachi weigerte sich, ein verliebtes Lächeln aufzusetzen. Deidara war erst dann überstimmt, als der Schwarzhaarige eine schreckenerregende Grimasse zog, die unmöglich als 'frisch verliebt' durchgehen konnte. Also beließen sie es bei Deidaras planlosem Grinsen und Itachis üblicher, scheuer Miene. Bei den Namen gab es Einigkeit. Bloß keine Spitznamen und keine Verniedlichungssuffixe. Dafür waren sie ansonsten fast ständig verschiedener Meinung. Deidara wollte improvisieren, es würde schon irgendwie klappen. Itachi fand das reichlich leichtfertig, er wollte es auf keinen Fall darauf ankommen lassen. Letztendlich setzte sich der 'weibliche' Teil durch. Deidara bezweifelte zwar, dass Itachi wesentlich mehr Erfahrung mit dieser seltsamen Art von Popularität hatte, doch... was sollten sie schon machen?! Diese Frage stellte sich allgemein und besonders eindringlich, als sie an der Schule stoppten. Deidara ließ Itachi absteigen und machte sich daran, sein Motorrad zu sichern, als der andere sich sichtlich versteifte. "Da sind sie." flüsterte er und kniete sich neben Deidara. Seine Finger fuhren nervös durch eine Haarsträhne. "Und was jetzt?" Deidara zuckte mit den Schultern und wischte ein wenig Staub vom Metall. "Jetzt führen wir uns auf wie ein unsicheres, kamerascheues Pärchen, das eigentlich nichts weiter will als harmonisch einen Schultag hinter sich zu bringen, un." Itachi nickte und kratzte gedankenverloren ein vertrocknetes Blatt ab, das sich auf dem Motorrad festgesetzt hatte. Dabei berührten sich zufällig ihre Hände. Deidara fiel auf, wie kalt Itachis Haut im Gegensatz zu seiner war, und legte vorsichtig seine Hand auf die andere. Sie mussten sowieso Händchen halten, also war das völlig egal. Die Magie des Moments währte nur einen Herzschlag. "Daaaaaaa sind sie ja! Oh, scheint, als hätten wir gleich eine Szene, um die Leser vor Rührung seufzen zu lassen! Schnell, Foto!" Deidara konnte lediglich für sich stellen, doch er machte ein ziemlich dämliches Gesicht, als aus heiterem Himmel wieder diese Mädchen auftauchten. Sicher, Itachi hatte ihn gewarnt... aber konnten diese Weiber sich denn teleportieren?! Sie waren beide mit einem Satz auf den Beinen, als hätten sie gerade etwas Unanständiges getan. Itachi zog ihn am T-Shirt-Ärmel und versuchte so, ihn zur Schule zu dirigieren. Was Deidara liebend gerne getan hätte, wenn diese Reporterin (deren Namen er immer noch nicht wusste und nicht wissen wollte) es nicht gerade wieder geschafft hätte, das falsch zu deuten. "Ist das süß! Das ist wahre Liebe, in der der Mann die Beschützerrolle hat! Schnell, Foto!" Itachi warf Deidara einen empörten Blick zu und ließ seinen Ärmel los. Der Blonde hob hilflos die Schultern. Gegen diese pinke Furie war schon jeder Gedanke machtlos. "So... Wann hattet ihr euer erstes Date?" fragte sie unverhohlen neugierig. Eins der Mädchen vom Samstag hatte ihren Notizblock im Anschlag, wobei ihre langen, feuermelderroten Fingernägel sie nicht zu behindern schienen. Bewundernswert. Deidara kratzte sich verlegen am Kopf. "Eigentlich-" "Ach sooo, wie dumm von mir! Natürlich ist heute euer erstes Date, hab ich Recht?" Mit einem resignierten Seitenblick auf Itachi nickte Deidara. Die Reporterin machte einen kurzen, sehr mädchenhaften Kreischton, bei dem wahrscheinlich selbst eine Panzerglasscheibe zersprungen wäre, und ihre Assistentin schrieb sich hastig etwas auf. Dabei hatte Deidara das ungute Gefühl, dass sie noch wesentlich mehr als den Dialog notierte. "Sooo, und wo soll's hingehen?" "Ins Kino." antwortete Itachi knapp. Sein Händedruck war so fest, dass Deidara es nicht wagte, irgendwelche Einwände zu erheben. Die Pinke wedelte grinsend mit der Hand und kicherte. "So weit seid ihr zwei schon? Mutig, mutig..." "Wir werden da nicht rummachen oder so!" fuhr Itachi sie heftig an, während ein drittes Mädchen schon wieder ein Foto machte. Deidara war ein wenig überrascht von der ungehaltenen Reaktion. Ihm wäre diese Zweideutigkeit allein so peinlich gewesen, dass er eine bestimmte Antwort nicht wirklich fertiggebracht hätte. Die Reporterin blinzelte kurz überrascht, dann konzentrierte sich ihr volles Interesse auf Itachi. "Sooo (dieses 'sooo' ging Deidara allmählich auf die Nerven)? Und was dann?" Itachi sah sie an, als sei sie völlig bescheuert. "Einen Film ansehen, was sonst? Und jetzt müssen wir zum Unterricht." Ohne sich umzuschauen zerrte Itachi Deidara hinter sich her, der ohnehin keinen nennenswerten Widerstand leistete. Zweite Memo an Hirn: Itachi konnte sehr energisch sein, wenn man versuchte, ihm etwas Unsittliches zu unterstellen. Die nächste Hürde ließ nicht lange auf sich warten – auf dem Weg durch die Halle mussten sie so überzeugend wirken, dass ihnen die anderen Schüler das abkauften. Es gab wirklich Einfacheres als Menschen, die nicht von Grund auf völlig sicher waren, dass sie ein perfektes Paar waren, selbes zu vermitteln. Und für Deidara gesellte sich die nächste Schwierigkeit dazu: Sasori die Sache schonend beizubringen. Obwohl er weder gut noch gerne log, erstrecht Sasori gegenüber, konnte er ihm schwerlich die Wahrheit sagen. Zumal er damit sein Versprechen zu Itachi brechen würde. Wunderbar, was für eine Zwickmühle. Er konnte weder vor noch zurück. Viele neugierige Blicke nagelten sich an ihnen fest. Deidara war absolut nicht wohl in seiner Haut – und Itachi auch nicht, das sagte ihm ein Seitenblick. Er wusste, er müsste sich anders fühlen, wenn das wirklich ein Mädchen wäre, sie verliebt wären... dann wäre so vieles einfacher. Eigentlich fehlte nichts. Er hielt 'ihre' Hand, er nahm 'sie' aus den Augenwinkeln wahr, 'ihren' Kopf nah seiner Schulter, er roch sogar den Kamelienduft 'ihres' Haars. Was fehlte, war die Einstellung. Sie waren nur Jungen, und Deidara stand, genau wie die meisten anderen Jungen, auf Mädchen. Yuzuka wäre genau sein Typ, aber sie war nicht real. Sie war lediglich ein Theaterstück. Romeo und Julia auf Konoha-High. Deidara schob die Gedanken beiseite und sah sich um. Er hatte fest mit Tayuya gerechnet. Vielleicht war tatsächlich etwas nicht in Ordnung mit ihr, immerhin hatte sie viel lebhafter reagiert, als Deidara den ersten Versuch gemacht hatte, mit 'Yuzuka' zu sprechen. Demnach müsste sie jetzt hier sein. Deidara entdeckte Tayuya nirgends, dafür eine andere, sehr ungewöhnliche Szene: Ukon und Kimimaro zusammen. Sakons Zwillingsbruder schien abnorm schlechte Laune zu haben, jedenfalls dafür, dass er sonst fast alles wegsteckte. Sein Gesichtsausdruck war genauso finster wie auf dem Schulball. Deidara sah dennoch keine Anzeichen, dass er mit Kimimaro stritt – sie hielten sogar Blickkontakt. Kimimaro mied das sonst, wo er konnte. Was hatten die beiden so Wichtiges zu bereden, dass sie sogar ihren sonstigen Zwist beilegten? Viel Zeit zum Grübeln hatte er nicht – Temari rauschte an, wobei sie sich rücksichtslos durch die anderen Pärchen pflügte. Ungläubig auf ihrem Kaugummi herumkauend beäugte sie die beiden, dann stemmte sie die Hände in die Hüften. "Ich fass'es nicht, ihr seid tatsächlich zusammen... Das ist doch sonst nicht so dein Typ, oder, Yuzu-chan?" Itachi verzog säuerlich das Gesicht. "Wenn du das meinst." Temari zuckte mit den Schultern und musterte Deidara kritisch. Unvermittelt bohrte sie ihm den Zeigefinger in die Brust. Ihre Nägel taten ziemlich weh. Hoffentlich kratzte sie ihn nicht. "Mach' sie nicht unglücklich, ja?" Deidara konnte nicht verhindern, dass seine Wangen einen sanften Rot-Ton annahmen. Das zu bekräftigen wäre ihm nicht mal leicht gefallen, wenn es ein echtes Mädchen wäre. Es war einfach so... peinlich. "Ähm... Ich hab' Tayuya noch gar nicht gesehen. Hat sie verschlafen?" Temari runzelte die Stirn und zog einen ihrer stacheligen Pferdeschwänze fester. "Ehrlich gesagt... Ich glaube, sie kommt heute nicht. Sie hat das ganze Wochenende nichts von sich hören lassen, ist nicht mal ans Handy gegangen... Und sie macht auch nicht auf." Entschlossen schlug sie ihre Faust auf die flache Hand, dass es klatschte. "Wenn Sakon daran Schuld ist, bring' ich ihn um!" "Wen bringst du um?" Alle drei fuhren vor Schreck zusammen. Temari wirbelte zu Sakon herum. Der jüngere Zwilling stand mit verschränkten Armen hinter ihr. Sein eines Auge verschwand komplett hinter seinem Haar, das andere richtete sich fragend auf Temari. Besagte Blondine ließ sich nicht lange bitten. "Dich, wenn Tayuya wegen dir heute nicht zur Schule kommt!" "Wieso, ich hab' nichts gemacht." Es klang so gelangweilt, dass Deidara ihm schon wieder glaubte. Temari verengte ärgerlich die Augen – offensichtlich war für sie das Gegenteil der Fall. "Du bist immerhin mit ihr ausgegangen!" Sakon durchbohrte sie förmlich mit seinem Desinteresse. "Na und? Nicht meine Schuld, ihr Weiber seid alle so." Temari war drauf und dran, ihm auch ihren spitzen Finger in die Brust zu bohren, als Itachi sich einmischte: "Das heißt, du weißt es nicht, oder?" Sakon sah sie an und hob eine Augenbraue. Sein Blick wanderte zu Deidara, und er schüttelte den Kopf. "Mal aus reiner Neugier... Wie groß ist deine Todessehnsucht, dass du dich mit diesem Mädel einlässt?" Deidara holte tief Luft. Bloß Ruhe bewahren, Sakon hatte nur ebenso schlechte Laune wie sein Bruder. Ganz ruhig, das ging vorbei. Nicht darum kümmern. Keine blöden Antworten. Keine- "So, genug Scheiß erzählt. Hör auf zu trödeln, kleiner Bruder, und benimm dich endlich." Ukon tauchte schier aus dem Nichts aus, legte Sakon seinen kräftigen Arm um den Hals und zerrte ihn ein Stück nach hinten. Auf Sakons Proteste achtete er gar nicht – cool wie eh und je. So einen Auftritt der unzertrennlichen Zwillinge hatte die Schule noch nicht gesehen. Deidara hatte das ungute Gefühl, an diesem Wochenende war wirklich viel Zwietracht gesät worden. Selbes wurde ihm gleich in der ersten Stunde bestätigt. Irukas Aufmerksamkeit war allgegenwärtig. Wer nicht vorbereitet war, hatte schlechte Karten. Und Deidara war schon immer nicht übermäßig an Geschichte interessiert gewesen. Dazu kam, dass er ständig beobachtet wurde. Itachi und er saßen ziemlich weit auseinander, und diese Klatschreporterinnen, die anscheinend ihre Verbindungen überall hatten, waren fest entschlossen, die Entfernung zu 'überbrücken'. Iruka schien dagegen wieder in die gute alte Zeit zurückgekehrt zu sein. Er war freundlich, erklärte schwierige Passagen so anschaulich, dass jeder Depp es kapierte, maßregelte unaufmerksame Schüler, ohne laut oder verletzend zu werden und... Tja, er war einfach wieder obenauf, wenn nicht noch besser. Keine Spur mehr von Liebeskummer, doch Deidara glaubte nicht, dass er sich mit Kakashi ausgesöhnt hatte. Im Gegenteil, jede Erinnerung war von ihm abgeglitten, und offenbar fühlte er sich gut damit (Nein, hier wird nicht auf Tayuya herumgehackt. Näheres kommt später). Deidara versetzte das in Stimmung, wieder mit Itachi über Tayuya zu diskutieren. Dementsprechend zuckte er zusammen, als er ihren Namen hörte. "...yuya, Tayuya Monooto (monooto = 'Geräusch' ich fand das passend für eine der Sound Five)? Was ist mir ihr, weiß das jemand?" Deidara sah sich um. Weder die Zwillinge, noch Aoi, noch Kimimaro belegten gerade den Geschichtskurs. Die Zwillinge machten eh wieder mal Sport, Aoi hatte Philosophie gewählt und Kimimaro... Deidara versuchte sich zu erinnern, ob er heute auch fehlte. Er hatte bisher nie auf den Weißhaarigen geachtet, und Kimimaro war auch (sein Äußeres ausgeschlossen) nicht besonders auffällig. Wenn die beiden gleichzeitig fehlten, war das schon seltsam... (Deidara ist sehr vergesslich) Nach dem Geschichtskurs mussten sich Itachi und Deidara trennen – und da lag die nächste Schwierigkeit. Alles wartete auf einen Kuss, 'am besten lange und mit Zunge', wie das pinke Klatschweib es unverblümt ausdrückte. Itachi beäugte sie angewidert. "Und warum?" fragte er scharf und mied dabei Deidaras Blick. "Die Leser wollen Beweise für eure tiefgründige Liebe!" "Ah ja, okay..." Er räusperte sich und warf sein Haar über die Schulter. "Und warum gerade küssen?" "Weil das alle machen! Wenn wir alles auf Tonband aufnehmen, was ihr ROMANTISCHES (Sie betonte das Wort so übertrieben, dass Itachi zusammenzuckte) zueinander sagt, berührt das die Leser nicht so sehr wie ein leidenschaftlicher, zärtlicher-" "Und wenn wir das nicht wollen?" Stille. Die Reporterin musterte Itachi irritiert. "Was heißt das... wenn ihr nicht wollt?" Bevor Itachi direkt die Wahrheit sagen konnte, legte ihm Deidara hastig den Arm um die Schultern und schob ihn ein Stück rückwärts. "Das heißt, äh... dass uns das hier viel zu öffentlich ist. Liebe ist doch nicht dazu da, um sich in den Vordergrund zu spielen, un." Wenigstens der letzte Satz war ungekünstelt. Deidara hörte das schmachtende Seufzen um sich herum. Aha, da hatte er mal was richtig gemacht. Dritte Memo an Hirn: Itachi wurde nicht nur energisch, sondern auch sehr direkt, wenn man ihn zu etwas annähernd Unsittlichem zwingen wollte. "Wie... wie... wie romantisch! Das ist wahre Liebe! Unglaublich, und das an dieser gewöhnlichen Schule... Auf geht's, Mädels! Wir müssen den Artikel vorbereiten!" Auf ihren Wink machte sich das Heer der Schülerzeitung kichernd und kreischend auf den Weg zu ihrer nächsten Klasse, um wahrscheinlich da mit besagtem Artikel anzufangen. Als sie ganz sicher außer Sichtweite waren, ließ Deidara Itachi los. "Sorry, un." Itachi antwortete nicht. Er starrte zur Seite, auf etwas, das nicht da war. Er rührte sich erst, als Deidara gegangen war, um nicht zu spät zu kommen. Wie erwartet zeigte Sasori kein auffälliges Interesse an 'Yuzuka', als sie nebeneinander im Kunstraum saßen und sich mit ihren jeweiligen Projekten beschäftigten. Deidara fragte nach dem Wochenende bei seiner Großmutter, und für wenige Momente herrschte wieder die alte Vertrautheit zwischen ihnen. Dann brach Sasori dieses Gefühl ab, wie er seinen kurzen Bericht abbrach. Er kam stets mit wenigen Worten aus, ohne trocken oder missverständlich zu erzählen. Diesmal klang es wie ein nüchterner Erlebnisbericht. Deidara schwieg, sein Pinsel stoppte mitten auf dem Papier und hinterließ einen hässlichen Fleck. Er knüllte das Blatt zusammen und warf es weg. Seine Gedanken von vorher kamen ihm wieder in den Sinn. Zwietracht. Er hatte nicht daran geglaubt, dass Sasori und er sich wirklich mal auseinanderleben würden, doch genau das kam gerade ins Rollen. Und Sasori machte es deutlich, wenn er jemanden nicht mehr um sich haben wollte, das hatte Deidara schon oft gesehen. Er hatte es ignoriert, und er war manchmal eifersüchtig auf Kankuro, weil Sasori in ihm einen Gleichgesinnten gefunden hatte. Und Sasori war nicht unbedingt eifersüchtig. Er hatte sich wohl lediglich damit abgefunden, dass die unbeschwerte Zeit vorbei war und Deidara eigene Wege ging. Mit einem Mal wurde Deidara ganz schlecht bei dem Gedanken, wie sich sein wohlgeordnetes Leben gerade änderte. Er entschuldigte sich beim AG-Leiter und verließ den Raum unter dem Vorwand, aufs Klo zu müssen. Irgendetwas musste passieren. Sonst verlor er nicht nur einen wichtigen Teil seiner ganzen Fantasie, sondern auch seinen besten Freund. Er hätte jetzt gerne mit jemandem über seine Angst gesprochen. Aber da war niemand, zu dem er hätte gehen können. Das Kapitel ist kurz und (mal wieder) nicht gerade aussagekräftig. Eigentlich wollte ich das Date noch mit reinpacken, aber dann verliert diese Entfremdung von Sasori ihr Gewicht. Eigentlich hatte ich den Prolog zu 'Perfect Girlfriend' als Doujinshi on gestellt, aber da mir jemant mitteilte, nicht mal Deidara sei zu erkennen, habe ich es wieder gelöscht. Tja, wenn es dermaßen übel ist, kann man es wohl nicht auf die Öffentlichkeit loslassen. Schade um die verschwendete Zeit. Kapitel 12: Perfect Date ------------------------ "Warte mal... Deidara!" Der Blonde drehte sich überrascht um und versuchte, seine Niedergeschlagenheit zu kaschieren. Er hatte wirklich genug von diesem Theater. In den vergangenen Unterrichtsstunden hatte Sasori nicht mehr als nötig mit ihm geredet, dafür mit diesem verblödeten Kankuro. Das würde sicher eine wunderbare Freundschaft. Itachi tauchte aus der Schülermasse auf, mit Anko im Schlepptau. Die schien sich glücklicherweise gar nicht für das 'Paar des Monats'-Getratsche zu interessieren, sondern wedelte mit einem Formular. "Ich nehme an, du weißt auch nicht, wo Tayuya steckt?" fragte sie forschend. Deidara schüttelte nur den Kopf. Wieso sollte er auch?! Anko fuhr sich ärgerlich durch den Pony und seufzte frustriert. "So läuft das nicht! Die kann doch nicht wegbleiben, wann es ihr passt! Was wird denn aus dem Theater?!" Sie drehte sich kurz zu Itachi um. "Ich zähl' übrigens auf dich als Kostümbildnerin. Rin hat mal wieder abgesagt, wegen ihrem Freund, glaube ich. Kann ich damit rechnen, dass du nicht das Gleiche machst?" Das war schon kaum mehr eine Frage, aber Itachi nickte lediglich. Anko schien zufrieden und wandte sich wieder an Deidara. "Du bist Sasoris Freund, oder? Kannst du ihm das Formular geben? Ob er vielleicht Interesse an unserem Theaterstück hat? Uns fehlt noch die männliche Hauptrolle!" "Äh... und wer hat die Weibliche, un?" Deidara stellte die Frage eher, um die Sache mit der Freundschaft übergehen zu können. Anko stemmte die Hände in die Hüften und sah aus, als wollte sie sich gleich wieder aufregen. "Tayuya! Wenn dieses Weib denn mal käme! Und das, wo wir so wenig Zeit haben!" Itachi bemerkte offenbar, dass Deidara keine Ahnung hatte, und erklärte: "Der Theaterclub spielt am Herbstball 'Deidre von den Schmerzen', ein... irisches Märchen, wenn ich mich nicht irre. Ohne Happy End." Deidara nickte ebenfalls, und Anko fügte hinzu: "In irischen Märchen haben die Helden oft rotes Haar, deshalb brauchen wir Tayuya und Sasori. Oder fällt dir sonst jemand ein?" Diesmal schüttelte er den Kopf. "Ich... denke nicht, dass Sasori das macht, un." Anko schnaubte wütend und stampfte mit dem Fuß auf. "Was sind das alles für erbärmliche Memmen?! Ist es zu viel verlangt, Naoise zu besetzen?! Wir brauchen bloß irgendeinen Trottel, der gut aussieht, auch wenn man ihm die Haare färbt. Es liegt nicht an Tayuya, die Typen, die bisher vorgesprochen haben, sind schlichtweg nur Vollidioten! Damit blamieren wir uns total!" Sie fluchte vernehmlich und machte Kehrt. "Fang trotzdem mit Deidres Kostüm an, Yuzu, okay?" rief sie über die Schulter, bevor sie verschwand. Itachi seufzte. "Wenn Tayuya fehlt, geht alles drunter und drüber..." Deidara hörte ihm gar nicht zu. Er war viel zu sehr in Gedanken wegen Sasori. Alles, was er entfernt mitbekam, war ein 'Wir... treffen uns dann nach der Schule.', als er schon fast die Spinde erreicht hatte. Ach ja, dachte er bitter. Heute hatte er ja noch ein 'Date'. Seine Hausaufgaben machte er nach besten Möglichkeiten im Philosophieunterricht. Das war sonst völlig unmöglich, doch Orochimaru hatte sich wegen irgendeiner Fortbildung vertreten lassen. Das Los war auf einen dämlichen Referendar gefallen, der von nichts Ahnung hatte und sich sowieso keinen Respekt verschaffen konnte. Deidara hatte eh keine Lust, deswegen vorbildlich zu sein und wenigstens so zu tun, als ob er zuhörte. Der Tag war im Eimer, also konnte er ihn ruhig noch etwas verkappter machen. Sasori sah er wenig. Offenbar hatte sich heute jede Instanz gegen ihn verschworen – sein ehemals bester Freund bekam frei, weil Kakashi seinen Unterricht eher weniger gut auf die Reihe kriegte. Quizfrage: Wer belegte wohl denselben Kurs? Kankuro, welch Überraschung. Wie er diesen Freak... Nein, er hasste ihn nicht, das war das falsche Wort. Er war einfach wütend darüber, wie schnell er ersetzt wurde. Ein fließender Wechsel, sozusagen. Deidara musste daran denken, was Kimimaro im Sport zu ihm gesagt hatte. "Ich dachte, du lässt deinen Freund nicht allein." Natürlich wollte er das nicht. Er musste Itachi dringend fragen, ob er Sasori einweihen durfte. Sonst stand ihre Freundschaft wirklich vor dem Aus. Bevor man jemandem verrückte Vorschläge unterbreitet, sollte man immer über die Konsequenzen nachdenken. Da war er gleich ein Stück schlauer. Es klang vielleicht komisch, doch Deidara fühlte sich wesentlich besser, nachdem er diesen Entschluss gefasst hatte. Wenn Sasori ihn noch nicht entgültig abgeschrieben hatte, würde er ihm glauben. Deidara besaß da einen unerschütterlichen Optimismus. Besagter Optimismus irritierte Itachi schon von weitem. Er wartete an der Bushaltestelle vor der Schule. Seine Schulsachen hatte er Sasuke mitgegeben, da er nicht vorhatte, sie die ganze Zeit mitzuschleppen. "Ich muss mit dir reden, un!" Das war das Erste, was er zu hören bekam. Itachi hob eine Augenbraue. Unnötig zu sagen war er nicht allein an der Haltestelle, und Deidaras Begrüßungssatz weckte schon jetzt das Interesse gelangweilter, wartender Passanten. Deidara grinste und rieb sich den Nacken. "Wenn wir allein sind, meine ich, un." Itachi zog erstaunt die Augenbrauen hoch. "Wo brennt's denn?" "Vorläufig nirgends... Äh, hast du eigentlich einen Film ausgesucht, un?" Itachi seufzte und zog einen Flyer aus seiner Rocktasche, den er Deidara reichte. "Wir hätten uns keinen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen können, um ins Kino zu gehen. Du hast die Wahl zwischen schlecht bewerteten Actionfilmen, Groschenromanzen und Splattern." "Und was davon würdest du empfehlen, un?" Itachi zögerte einen Moment, dann sagte er kurz: "Splatter." "Äääh..." "Ich wusste es." Am Kino wartete die nächste unangenehme Überraschung: Nasame und ihre pinke Reporterfreundin. "Ich hab' ihnen nicht gesagt, wohin wir gehen..." raunte Itachi Deidara zerknirscht zu und verhakte hastig ihre Finger ineinander. Nasame winkte aufgeregt. "Süß seht ihr aus! Wohin soll's denn gehen?" Wohin schon, in einen der Säle. Deidara zog sich allerdings mit einem 'Ich hol Popcorn!' aus der Affäre und ließ Itachi mit dem Verhör allein. "Sag mir bitte nicht, dass du uns gefolgt bist." "Ach... Völlig nebensächlich. Welchen Film wollt ihr sehen?" "Warum willst du das wissen?!" "Weil die Leser auf neue, ergreifende Details aus eurer Beziehung warten!" schaltete sich die Pinke begeistert ein und beobachtete Itachi erwartungsvoll. "Es ist nur ein Film. Da sitzt man anderthalb Stunden nur nebeneinander und starrt nach vorne. So etwas nennt sich nicht 'Detail'." Er beäugte sie so warnend, dass keine von beiden noch einmal auf die Zweideutigkeit eines Kinobesuchs zu sprechen kam. "Und was macht ihr nach dem Kino?" Itachi zuckte nur mit den Schultern. Er konnte schlecht über Deidaras Kopf hinweg entscheiden. "Geht ihr zu ihm nach Hause?" Der Schwarzhaarige zog einen Mundwinkel hoch. "Zum Hausaufgaben machen vielleicht." In diesem Moment kam eine besonders günstige Reisegruppe, die sich zwischen ihnen hindurchquetschte. Itachi nutzte die Gelegenheit, um zu verschwinden. Das nächste Mal konnte Deidara das Verhör machen. "Wir haben ein Problem, un." Deidara drückte ihm einen Becher Popcorn in die Hand und wies mit der dadurch freien Hand auf den Eingang zum Saal 4. "In dem Saal läuft gleich einer der neuen Romantikstreifen... 'Liebe raucht keine Ferien' oder so. Und deswegen bewachen sie den Eingang, un." "Und was ist mit den anderen Sälen?" "In denen hat es überall schon angefangen. Okay, bis auf..." Itachi hob den Kopf zur Anzeigetafel. In Saal 9 war die nächstbeste Vorstellung. Allerdings nicht mit Deidaras bevorzugtem Genre, wie sich herausstellte. "Ich hasse Splatter, un!" "Du kannst ja die Augen zumachen." "Wie sieht'n das aus, un?!" Itachi seufzte und strich sich sein Haar hinters Ohr. "Also offen gesagt... Wir haben gar keine Wahl." Damit war es beschlossen. Deidara hatte ein ausgesprochen ungutes Gefühl dabei, sich einen Splatter mit dem Namen 'Spilling Blood Vessel' anzusehen. In der Preview stand, dass sich die Adern einer Testperson bei einem zwielichtigen Versuch 'selbstständig' machten. Uh... Ekelhaft. Er bekam schon das Würgen, wenn er nur daran dachte. Es interessierte ihn überhaupt nicht, ob der Film gute Kritiken hatte – er gruselte sich sowieso schnell. Und jetzt musste er 90 Minuten diesen Horrorstreifen ertragen. Sie suchten sich einen Platz, der weiter hinten gelegen war. Die Vorstellung war nicht besonders gut besucht, da der Film erstens schon lange lief und zweitens das warme Wetter zu anderen Dingen als Gruselfilmen in einem dunklen Kinosaal aufrief. "Wenn es dich anekelt, halt' dir die Ohren zu. Hören ist schlimmer als sehen." Deidara nickte schwach. Sein Puls war schon auf 180, bevor der Film überhaupt anfing. Und dem Programm entsprechend war die Werbung auch nicht viel freundlicher. "Wenn wir hier durch sind, hab' ich was gut bei dir, un." murmelte er gedämpft. Zum Glück bekam das kaum jemand mit. Die anderen Zuschauer saßen weiter vorne, die einzigen in ihrer Nähe waren zwei nonstop flirtende und kichernde Verliebte. Idioten. Itachi Erwiderung ging in dem gewaltigen Donnerschlag unter, mit dem der Film eingeleitet wurde. Deidara zuckte erschrocken zusammen. Kurz darauf ging das Licht im Saal aus. Er begann, unruhig auf seinem Sitz herumzurutschen. "Ich glaube, das war keine gute Idee, un..." Anstatt ihn zu beruhigen, legte Itachi die Hand auf seine Lehne. "Drück' zu, wenn es dir zuviel wird." "Danke, ich pack das schon, un..." Zehn Minuten später wusste er, dass er sich mal wieder zu cool gegeben hatte. Er fand es schlichtweg widerlich, wie das Blut (mit Blick auf das Rating beschreibe ich das nicht näher) spritzte und die Menschen schrieen. Itachi schien das weit weniger auszumachen. Er hatte sogar den Nerv, Popcorn dabei zu essen. Seine Hand lag immer noch geduldig auf der Lehne. Deidara war zwar versucht, sie tatsächlich zu nehmen, doch schlussendlich war es ihm zu peinlich. Gut, Itachi war ein Junge wie Sasori auch, nur hatte er sich mit Sasori nie Splatter angesehen. Er wollte es nicht derart offensichtlich machen, wie unangenehm ihm dieser Kinofilm war. Damit verdarb er Itachi allenfalls noch das Ganze. Obwohl er ihm seine Hand selbst angeboten hatte, trug es wohl kaum zum Vergnügen bei. Immerhin tat es ziemlich weh, wenn ein halb panischer Sechzehnjähriger einem fast die Finger brach. Weitere zehn Minuten später wurde Deidaras Aufmerksamkeit von etwas Anderem abgelenkt. Auf der Leinwand hatte sich die Szene gerade ein wenig beruhigt, die Sonderkräfte der Polizei waren allesamt ins Krankenhaus gebracht worden. Dafür tobte hinter ihnen jetzt das Leben. Diese Reporterin hatte vermutlich keinen Geheimtipp gegeben, als sie meinte, im Kino würde viel herumgemacht. Dieses Pärchen hinter ihnen war über die Flirterei hinweg und ging jetzt zum nächsten Teil der Veranstaltung über. Und das nicht gerade leise. Deidara drehte sich um und setzte sich auf die Knie, um über die Sitze hinwegsehen zu können. "Entschuldigung, können Sie bitte still sein, un?" fragte er so beherrscht wie möglich. Hatten die denn kein Schamgefühl?! Offensichtlich fehlte ihnen nicht bloß das, denn sie schienen ihn gar nicht gehört zu haben. Itachi drehte sich ebenfalls um. "Würden Sie sich bitte benehmen wie anständige Besucher?!" knurrte er, bekam jedoch ebenfalls keine Reaktion. Itachi hasste es, ignoriert zu werden. Was dann geschah, konnte Deidara erst nach einigen Sekunden fassen. Itachi schnappte sich seinen Popcornbecher und entleerte ihn über den beiden. Nicht besonders ästhetisch, aber sehr effektiv. Itachi bemerkte seinen schrägen Blick, nachdem er wieder auf seinem Platz saß. "Hab' ich übertrieben?" "Hm... Nein, un." Deidara hielt ihm seinen Becher hin. "Popcorn, un?" Auf die Krankenhausszene folgte eine relativ ruhige Jagd durch ein verfallenes Kanalsystem. Deidaras Nerven waren trotzdem zu überreizt, um sich zu entspannen. Er fuhr bei jeder neuen Salve der Polizistenwaffen zusammen. Dann wurde es entschieden gruselig. Der Hauptheld rannte mit schweißüberströmtem Gesicht und blutigen Schrammen an den Händen durch einen Tunnel, getrennt von den anderen. Sein rasender Herzschlag ließ den ganzen Saal vibrieren. Ständig drehte er sich um, und seine Taschenlampe malte schaurige Bilder an die moosbewachsenen Wände. Ein schlürfendes, gurgelndes Geräusch, das langsam näher kam, war zu hören. Deidara wurde augenblicklich kalt. Das Geräusch war scheußlich, zudem verstärkten der panische Herzschlag und der rasselnde Atem des Helden den Effekt. Deidara fühlte sich in dem dunklen Kinosaal nicht unbedingt besser, sein eigenes Herz hämmerte sosehr, dass der Stoff seines T-Shirts sich schon bewegte. Das Geräusch kam immer näher. Deidara kniff die Augen zu, doch er konnte es nicht ausblenden, nicht mal wenn er sich die Ohren zugehalten hätte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Itachi ihn musterte. Seine Hand lag immer noch auf der Lehne. Er schien nicht im geringsten nervös zu sein. Im dämmrigen Licht des Tunnels wurde eine unförmige, schwankende Gestalt sichtbar. Ihre furchteinflößenden Laute übertönten den Herzschlag des Helden, der nach Luft ringend zurückwich. Sein Atem bildete weiße Wölkchen. Ein zahnloses Maul öffnete sich und stieß einen grellen, leiernden Ton aus. Deidara zuckte zusammen und stöhnte. Wie konnte man sich so was nur in seiner Freizeit ansehen?! Itachi hatte den Kopf wieder nach vorn gedreht und beobachtete ohne Wimpernzucken, wie kleine, schleimige Adern sich auf dem Boden des Tunnels festsetzten und auf den Helden zukrochen. Dieser stolperte entsetzt rückwärts und feuerte mit seiner Maschinenpistole auf sie und das Wesen, von dem sie kamen. Das Herzgeräusch wurde noch schneller. Währenddessen wurde Itachi auf einen Popcornkrümel auf seinem Arm aufmerksam und krümmte seinen Zeigefinger, um ihn wegzuschnippen (für mich hat dieser Satz nach der Beschreibung des Horrorfilms eine enorm beruhigende Wirkung). Und in just diesem Moment entschied Deidara, dass es ihm wirklich zuviel wurde und er ohne menschlichen Beistand einen Nervenzusammenbruch erleiden würde. Dann war er eben schreckhaft, er hasste Splatter einfach! Seine Hand schnellte vor und umfasste Itachis, der ihn daraufhin verwirrt ansah. Deidara bemerkte das nicht. Er hatte die Augen fest geschlossen. Seine Finger waren feucht und kalt, ganz im Gegensatz zu Itachis. Es war einfach schleierhaft, wie man dabei so ruhig bleiben konnte. Der Schwarzhaarige reagierte nicht, als Deidara zudrückte. Entweder, es tat noch nicht weh, oder er wollte Deidara das nicht merken lassen. Der Held brüllte markerschütternd, als die Adern an ihm hoch krochen und sein Gesicht erreichten. Seine MP feuerte immer noch wirkungslos, und das Wesen war inzwischen nur noch einen Meter entfernt. Es stieß noch einmal den hohen Ton aus, bevor es seinen formlosen Arm ausstreckte und nach dem Kopf des Helden tastete. Deidara drückte noch fester. Itachi versteifte sich ein wenig. Die MP fiel krachend auf den Steinboden und wurde sofort überwuchert. Das Geschrei wurde noch lauter. Blut spritzte. Deidaras Fingernägel gruben sich in Itachis Handinnenfläche. Das Sondereinsatzkommando stürmte aus einer der Abzweigungen und feuerte wie wild. Die Gestalt löste sich in lauter dünne Adern auf, die schnell auf die Menschen zukrochen. Ein Mann im verdreckten, weißen Kittel sprühte ätzende Flüssigkeit auf die Bedrohung. Deidaras Nägel kratzten ein kleines Stück nach außen. Der Held stürzte hin wie ein gefällter Baum. Der Mann im weißen Kittel wurde von den Adern ergriffen, sprühte jedoch unbeirrt weiter, während das Sondereinsatzkommando furchtsam zurückwich. Eine Ader zerbrach das Brillenglas. "Igitt..." Deidara stöhnte und wandte den Blick ab. Sein Griff lockerte sich etwas. Sanitäter sammelten den Helden auf und rannten mit ihm raus. Die Sonderpolizisten folgten und ließen den Mann mit dem Monster alleine. Von dem sah man nur noch den Schatten an der Wand. Mit einem ekelerregenden Knacken brach er zusammen, und das Monster kreischte. Ohne Vorwarnung drückte Deidara wieder zu. Itachi, offenbar unvorbereitet, zog erschrocken die Luft ein und spannte die Muskeln an. Später saß der Held in einem grünlichen Krankenzimmer. Sein Gesicht war vernarbt und schauerlich. Er starrte ausdruckslos auf seine Hände, an denen die Adern hervortraten wie bei einem alten Mann. Ein recht gruseliges Orgelspiel beendete den Film. Deidara atmete erleichtert aus und ließ sich zurücksinken. "Wow, ich hab echt was gut bei dir, un." Itachi zuckte nur mit den Schultern und erhob sich. Prompt klappte die Sitzfläche seines Sessels nach oben. Deidara zuckte wieder zusammen und ließ seinen Kopf erschöpft nach hinten fallen. So entging ihm wenigstens, dass der Sessel Itachis Rock einklemmte und erst wieder befreit werden musste. "Meinetwegen." "Siehst du, du lebst noch." "Ja, noch, un!" "Es war bloß ein Film." "Es war ekelhaft, un!" "Mittelmäßig." "Bah, es war scheußlich, un." "Wenn du meinst." Deidara seufzte. Kaum war die entspannte Atmosphäre aus dem Saal verflogen, fingen sie wieder an zu diskutieren. Wirklich sehr professionell. Deidara ließ sich auf eine der plüschbezogenen Bänke fallen und starrte nachdenklich auf die Filmreklamen. Jetzt kam der noch schwierigere Teil des Dates: Itachi davon überzeugen, das Versprechen, das er Deidara abgenommen hatte, etwas zu lockern. Er klopfte auf den freien Platz neben sich. Itachi zögerte und setzte sich, allerdings ein wenig weiter weg, als es nötig gewesen wäre. Ein Moment der Stille folgte, den jeder mit seinen eigenen Gedanken verbrachte. Deidara grübelte, wie er am besten anfing, und Itachi fragte sich, ob er Deidaras guten Willen nicht etwas überspannt hatte. Immerhin hätten sie das Kino auch verlassen und in ein anderes gehen können. In eins mit harmlosen Filmen. Schließlich fing Deidara an. "Wegen dieser Maskerade, un..." Er fühlte fast körperlich, wie Itachi noch ein Stück abrückte. Das mit Abstand schlechteste Thema. Aber es war nun mal notwendig, sonst bekam er Sasori morgen gar nicht mehr zu Gesicht. Deidara biss sich auf die Unterlippe und lehnte sich vor, sodass er die Ellbogen auf den Knien abstützen konnte. Der rote Teppichboden der Halle interessierte ihn zwar nicht, doch er war allemal besser als Itachis abweisender Blick. Wahrscheinlich glaubte er, Deidara hielt es schon jetzt nicht mehr aus und suchte einen Weg, ihm das schonend beizubringen. "Seit heute meidet mich Sasori. Ich denke, er ist irgendwie... enttäuscht, dass er nicht mehr der Mensch ist, mit dem ich in der Schule oder irgendwo anders meine Zeit verbringe, un..." Er drückte die Fingerspitzen gegeneinander. Hoffentlich war dieser dusselige Liebesfilm noch nicht zuende – wenn Nasame und ihre Freundin wiederkamen, würden sie die Krise drei Meilen gegen den Wind riechen. War ihnen ja auch nicht ganz zu verdenken. Hilflos presste Deidara so fest, dass seine Fingerspitzen weiß wurden. "Sasori bedeutet mir wirklich viel, und ich will nicht, dass er den Kontakt abbricht. Weil er mich entgültig abschreibt, wenn er ein Mal-" "Und deshalb möchtest du, dass wir dieses Theater hier und jetzt beenden. Deswegen bist du erst in diesen Film gegangen, obwohl du Splatter hasst." unterbrach ihn Itachi kühl. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte Deidara mit verhaltenem Ärger. Er schien sich zum hundertsten Mal dafür zu verfluchen, dass er Freitag die Nerven verloren hatte. Deidara hatte die Szene noch lebhaft vor Augen. "Nein! Aber es muss einen Weg geben, wie ich mein Wort halten kann, ohne mir dabei mein Leben zu ruinieren! Kann ich Sasori nicht einfach sagen, dass es eine schlichte Zweckbeziehung ist, un?!" "Er wird dir nicht glauben." "Du kennst Sasori doch gar nicht, un!" Der Ausdruck in Itachis Augen wurde hart. "Ich kenne diesen Charakterzug, und zwar besser als du." Er stand schwungvoll auf, die Arme immer noch verschränkt. "Ich zwinge dich zu nichts." "Das weiß ich, es... Wo willst du hin, un?!" Itachi sah nicht einmal über die Schulter. "Nach Hause." "Wir sind noch gar nicht fertig, un!" "Ach nein? Du hast doch alles gesagt." Deidara sprang auf und rannte hinter ihm her. "Du verstehst das nicht! Ich meine nicht, dass ich-" Itachi fuhr herum und drückte ihm die Hand senkrecht auf den Mund. Seine Augen funkelten halb wütend, halb unsicher, ob Deidara sein Geheimnis tatsächlich laut gesagt hätte. Er reckte sich, um mit dem Gesicht auf die Höhe von Deidaras Ohr zu kommen, und flüsterte: "Für dich mag das Theater sein, aber für mich ist das bitterer Ernst." Er nahm seine Hand wieder weg, und Deidara erwiderte mürrisch: "Woher soll ich das wissen, du erzählst mir ja nichts, un!" Für einen Sekundenbruchteil wurde Itachi unsicher, dann entgegnete er passiv: "Ich habe meine Gründe." Deidara bemühte sich redlich, seine Lautstärke zu dämpfen. Allerdings irritierte ihn die Nähe zu Itachis Gesicht sehr – Junge oder nicht. "Keine Ahnung, die kenne ich auch nicht, un!" Itachi seufzte kurz und resigniert. "Erzähl' deinem Freund, was du willst. Ich schulde dir was für den Film." Deidaras missmutige Miene verwandelte sich in ein Honigkuchenpferdlächeln. "Gotcha! Sank yuu, I... Yuzuka-chan, un (ausnahmsweise ist 'sank yuu' nicht nur aus meinem Vokabular abgeleitet, sondern symbolisiert Deidaras schlechte englische Aussprache)!" Mit der Macht der Gewohnheit schlang er Itachi die Arme um die Schultern und drückte ihn an sich. Itachi erstarrte zur Salzsäule. Glücklicherweise verhinderte diese Reaktion, dass er Deidara das Knie in den Magen rammte... Oder wie auch immer seine Abwehrreaktion aussah. Ebenso glücklicherweise wurde Deidara schnell bewusst, dass er gerade einen mehr oder weniger fremden Jungen umarmte, der außerdem ziemlich berührungsscheu war. Hastig ließ er wieder los. Auf seine Wangen malte sich ein farbdeckender Rot-Ton. "Woh... S... Sorry, un..." "ROMANTIK PUR!!!" Beide fuhren zusammen. Die Inkarnation des Pink hielt auf sie zu, wobei sie sich rücksichtslos durch andere Menschen pflügte und einzig Pärchen verschonte. "EINE KEUSCHE ZÄRTLICHKEIT IN DER ANONYMITÄT DER ÖFFENTLICHKEIT! TRAUTE WÄRME IN DER SANFTEN UMHÜLLUNG DER LIEBE! ZWEI HIBISKUSBLÜTEN-" Ohne langes Überlegen packte Deidara Itachi an der Hand und rannte mit ihm aus dem Kino. "Auf eine lyrisch angehauchte Reporterin hab' ich keine Lust! Lass uns essen gehen, un!" "Äh... 'kay..." Danke für die Reviews, in denen es ernsthaft als schade bezeichnet wurde, dass der Doujinshi weg ist. Es ist wirklich besser so, aber ich fühle mich wenigstens nicht mehr als komplette Versagerin. Ich bin wehleidig, ich weiß. Steht mir aber gut. Kapitel 13: Perfect Bet ----------------------- "Und wohin gehen wir?" Das 'Traumpaar von Konoha High' schlenderte, befreit von jeglichen Presse- und Farbinkarnationen, durch eine der Einkaufsstraßen. Angesichts der Tatsache, dass sie ihre Verfolgerinnen abgehängt hatten und Deidara Itachi nach der spontanen Umarmung vorhin nicht unnötig nah kommen wollte, kümmerten sie sich momentan nicht um den Schein. Aber wenigstens sahen sie nicht mehr aus wie zwei wildfremde Menschen, die zufällig nebeneinander hergingen. Deidara zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung... Ich wollte bloß nicht den Verdacht wecken, dass dieses Date nicht absolut 100%ig durchgeplant ist, un." Er zog eine Grimasse und legte den Kopf in den Nacken. Der Himmel färbte sich langsam orangerot. Die Mittagshitze verebbte und machte einer gut erträglichen Mischung aus Wärme und Wind Platz. Deidara streckte sich. Kaum zu glauben, dieser so beschissene Tag nahm noch ein gutes Ende. Hoffentlich nahm der nächste auch einen guten Anfang. Er warf einen Blick auf eine der Schaufensteruhren und zuckte zusammen. Schon so spät! "Hey... Was hältst du davon, wenn wir bei mir essen, un?" "Kannst du denn kochen?" Deidara grinste und rieb sich den Nacken. "Geht so... Aber dein Bruder wäre vermutlich nicht erfreut, wenn ich bei euch auftauchen würde, un." Itachi nickte langsam und gestattete sich, etwas weniger genau mit seinem Auftreten zu sein. "Wie weit sind wir von deiner Wohnung weg?" "Nicht so weit... Es gibt jedenfalls eine Buslinie, un." Er sah erneut auf die Uhr. "Der nächste kommt in fünf Minuten, un." "Ich versteh' nicht, warum du es so eilig hast..." Itachi wischte sich eine Wimper von der Wange, die im Widerschein des Sonnenuntergangs einen orangen Glanz bekam. Er hatte es vorgezogen, sich an den 'Spielfeldrand' zu verziehen, solange Deidara ohne erkennbaren Grund für seine Hetze herumrannte. "Gleich, Moment..., un..." Zischend schwappte Wasser aus dem Topf und verdampfte auf der Herdplatte. Deidara errötete, offensichtlich verlegen über seine Planlosigkeit. "Ähm... Geh doch schon mal ins Wohnzimmer, un." Itachi akzeptierte den Vorschlag wortlos und verließ die Küche. Die meisten Türen standen einen Spalt offen – bis auf die zu Deidaras gehütetem Privatraum. Itachi fragte sich, was ein harmloser Oberschüler ohne erkennbare unanständige Vorlieben schon verstecken sollte. Er widerstand der Versuchung, sich die Tür näher anzusehen, und setzte sich auf die Couch. Die Wohnung war ihm sympathisch, so... ungezwungen. Nur dämlich, dass er sich nicht recht fühlen konnte wie ein gewöhnlicher Junge. er zögerte, dann rieb er sich übers Gesicht, bis weißer Puder an seinen Händen klebte. Zufrieden wischte er sie an seinem Rock ab. Besser. Innerhalb der Küche schepperte etwas, und er konnte fast bildlich vor sich sehen, wie Deidara das, was er heruntergeworfen hatte, mit einer Hand aufsammelte und mit der anderen schon wieder etwas Anderes tat. Fünf Minuten später beendete Deidara endlich seinen Krieg mit den Küchengeräten und ließ sich neben Itachi auf die Couch fallen. "Du willst nicht wissen, was drin ist, aber erfahrungsgemäß kann man's essen, un." Mit dieser wenig beruhigenden Prognose beugte er sich vor und schaltete den Fernseher an. "Du kannst mich nachher für verrückt erklären, irgendwie ist es lustig, un." "Was ist lustig?" Itachi zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. Werbung. "Kommt gleich, un." Itachi nickte und wartete. Deidara verschwand noch mal, um mit seiner ominösen essbaren Substanz abzurechnen. In diesem Moment kam ES. "Deidara, äh... Ist das... der falsche Kanal?", stammelte er, gerade laut genug, um es Deidara hören zu lassen, der daraufhin den Kopf aus der Küche steckte. "Hat's schon angefangen, un?" "Ja, aber das Programm..." "Ich erklär's dir gleich, der Herd..." Damit zog er den Kopf zurück und fuhr fort, da Gott-weiß-was zu tun. Itachi wandte sich wieder in Richtung Fernseher. Das musste ihm definitiv erklärt werden. Warum sollten sich zwei Jungen bitte eine... Soap reinziehen? Das war grobe Körperverletzung! Schon allein der Titelsong und dieses hirnlose Gegrinse... "Okay, was hab' ich verpasst, un?" Deidara wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und warf sich wieder neben Itachi auf die Couch. Seine 'Freundin' beobachtete ihn befremdlich. "Du willst das allen Ernstes..." "Naaa... Es ist anspruchslos, und wenn man weiß, wie man es betrachten muss, un..." "Ah ja." Itachi schien sich bereit zum Ohren auf Durchzug stellen zu machen. Deidara hatte auch nicht erwartet, dass er ohne weiteres diese missverständliche Art von Unterhaltung begriff. "Hey... Die da, mit den blonden Haaren, die sich da grade an den mit dem grünen T-Shirt ranschmeißt... Glaubst du, sie kriegt ihn, un?" "Woher soll ich das wissen?" Itachi war offenbar vollends irritiert und konnte auch mit Deidaras Grinsen nichts anfangen. "Na jaaa, die da mit dem Gothic-Look steht auch noch auf ihn. Welcher räumst du größere Chancen ein, un?" Itachi zögerte kurz und wog ernsthaft die Chancen ab. "... Der Zweiten." "Ich wette nicht, un!" Der Schwarzhaarige hob die Augenbrauen. Ihm blieb der Sinn dieser Sendung immer noch verborgen. "Du wettest?" "Yup! Wie steht's mit Wetteinsatz, un?" Also gut... Itachi war kein Feigling. Wenn sie schon dabei waren, konnten sie auch genauso gut weitermachen. "Ich lade dich ins Kino ein, in einen Film deiner Wahl." In einer durchaus weiblich anmutenden Geste strich er sich sein offenes Haar hinters Ohr und versetzte Deidara damit beinahe in die alte Schwärmerei. "Und wenn ich gewinne, hilfst du mir mit den Kostümen für das Schultheater." "Einverstanden, un!" "Und wie es weitergeht, seht ihr nach der Werbung!" Deidara grinste. Trotz des fehlenden Plots und der unbestreitbar schlechten Schauspieler hatten sie tatsächlich die erste Hälfte geschafft, ohne zwischendurch wegzuschalten – keine unehrbare Leistung. Zeit, Itachi mit seiner Kochkreation bekannt zu machen. Obwohl dieses Gericht abenteuerlicher aussah als es eigentlich war und man kaum glaubte, dass es ohne üble Chemikalien produziert war, konnte er beschwören, dass es weder gesundheitsgefährdend noch ekelhaft war. Das Ganze basierte auf der Tatsache, dass seine Mutter, wenn er schon nicht bei ihnen lebte, darauf bestanden hatte, dass er Kochen lernte. Einem geborenen Chaoten wie Deidara konnte man das nicht ohne strenges Training beibringen, deshalb hatte sie das schärfstens kontrolliert. So weit, so gut. Nur hatte Deidara nach dieser erbitterten Lernphase wieder andere Dinge im Kopf, wodurch die auswendig gelernten Rezepte ein wenig... durcheinander gerieten. Als er das nächste Mal gekocht hatte, war diese bemerkenswerte Eigenkreation herausgekommen. Es wäre Selbstmord gewesen, das seiner Mutter zu erzählen, und er war sowieso zu faul, um es wieder zu versuchen. Der Selbstversuch ergab, dass es essbar war, und damit gab er sich zufrieden. Inzwischen hatte er die eher unappetitlichen Elemente ausrangiert und es sozusagen perfektioniert. Seitdem war er stolz auf seine kulinarische Leistung, die leider noch nicht in den Genuss eines Namens gekommen war. "Sieht aus wie Curry." Na ja, so konnte man das natürlich auch nennen. Deidara war froh, dass Itachi keine kränkenden Bemerkungen gemacht hatte. "Äh... unter Anderem, un." Er warf Itachi einen kritischen Seitenblick zu. "Bist du gegen irgendwas allergisch, un?" "Gegen Guasaft, aber der ist da hoffentlich nicht drin." Itachi hatte das anscheinend nicht ernst gemeint, dennoch beäugte Deidara das Curry misstrauisch. "Ich hoff' es nicht, un..." Bevor Itachi es sich anders überlegen konnte, klatschte er mehr oder weniger schwungvoll eine Ladung selbstkreiertes Curry auf den Reis. Seinen Erfahrungen nach schmeckte es ganz okay – man musste den Betreffenden nur dazu zwingen, es zu probieren. Hatte bei Sasori auch geklappt. Wenige Minuten später war der Moment der Wahrheit gekommen. Sie waren zurück auf ihren Platz auf der Couch zurückgekehrt. Die Werbung lief immer noch, sie schenkten ihr jedoch keine Beachtung. Itachi war offenbar noch unschlüssig, ob er das Curry probieren sollte, und dass er nicht mal die Gabel (für Curry benutzt man im Allgemeinen keine Stäbchen) in die Hand nahm. Deidara hatte nicht mal eine konkrete Vorstellung von Guasaft – woher sollte er wissen, ob das Zeug da nicht unter einem anderen Namen drin war? Schließlich beschloss er, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Ihm war noch nie etwas passiert, und er fand auch nicht, dass es heute großartig anders schmeckte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Itachi zögerlich seine Gabel versenkte und es testete. Er verzog schon mal nicht das Gesicht. Deidara konnte nicht widerstehen. "Und, un?" "... vielseitig. Was ist da drin?" Die Frage war einfach unvermeidlich. Sogar Sasori hatte sie gestellt. "Ich sagte schon, das willst du nicht wissen, un.", zirpte Deidara heiter und setzte sein Abendessen fort. Zu seiner großen Erleichterung fragte Itachi nicht weiter und tat es ihm gleich. Es herrschte eine Zeitlang beschäftigte Stille. "Deidara?" "Mmh?" (Satzanhängsel aus akustischen Gründen weggelassen) "Was willst du deinem Freund eigentlich erzählen?" Entweder hatte Itachi Schwierigkeiten damit, sich Namen zu merken, oder er weigerte sich standhaft, Sasori als etwas Anderes als 'dein Freund' zu bezeichnen. Deidara zuckte mit den Schultern und trommelte mit seiner Gabel auf den Tellerrand. "Na ja... So was Ähnliches wie dass ich dein Alibifreund bin, damit dein Ex dir nicht mehr hinterher rennt, un." Itachi nickte gedankenverloren und kaute auf dem Reis herum. "Und wenn er einen Namen haben will?" "... Dann sag' ich, ich weiß es nicht, das wolltest du nicht verraten, un.", trällerte Deidara gutgelaunt und wurde hinterrücks von zwei ärgerlichen Blicken durchbohrt. Hastig stellte er seinen Teller weg und erhob sich von der Couch. Itachi sah ihm schweigend nach und versuchte, die einzelnen Bestandteile des Currys anhand des Geschmacks zu ermitteln. Deidara öffnete die Tür des Vogelkäfigs und streckte Vega und Atair zur Begrüßung die Zunge raus – sie mussten ja nicht wissen, dass diese ganze Szene nur Theater war. Außerdem waren sie über ihre Beziehungskrise noch nicht ganz hinweg. Atair flatterte, sobald sich die Tür öffnete, sofort von der Stange – weg von Vega, der fast rückwärts kippte – und flatterte auf Deidaras Schulter, um sich vertrauensvoll an seinem Haar zu reiben. Deidara grinste, während er das Vogelfutter einfüllte. Ganz Dame, bevor sie ihm verzieh, machte sie ihn eifersüchtig. Vorsichtig hob er Vega von der Stange und zupfte ihn so lange am Flügel, bis er ihm damit auf die Nerven ging und der Kanarienvogel ihn anhob. In diesem Fall dachte er immer sehr praktisch: wenn ein Flügel schon mal oben war, konnte er auch gleich etwas fliegen. Zeit, die Tiefe der Beziehungskrise zu testen. "Ih! Was ist das?!" Deidara grinste breit und schlenderte zurück zur Couch. "Nicht draufhauen, es lebt, un." Itachi zog eine 'Sag bloß'-Grimasse und betastete das Ding, das in seinen Haaren herumflatterte. Offensichtlich war ihm nicht wohl dabei, ein quirliges, lebendiges Ding auf dem Kopf zu haben. "Würde es dir etwas ausmachen, es wegzunehmen?" "Er mag dich eben, un." Deidara grinste noch breiter und befreite Itachi von Vega, bevor dieses eifersüchtige Federvieh auf die Idee kam, sich da mithilfe der Haare ein Nest zu bauen. Seit er mal die Käfigtür offen gelassen hatte und die beiden ein Riesenchaos mit einer Packung Watte angerichtet hatten, traute er ihnen solche Dinge problemlos zu. Atair betrachtete ihren Exmann leidenschaftslos und schmiegte sich an Deidaras Hals. Vega setzte er Itachi auf den Handrücken, wo der Kanarienvogel sofort begann, aufmerksam die Haut zu untersuchen. Itachi behielt ihn misstrauisch im Auge, während er murmelte: "Ich dachte, Kanarienvögel sind gesellig." "Sind sie auch, aber die beiden haben eine Krise, weil bei ihnen die Luft raus ist, un." Itachi fuhr zusammen, als Vega auf und ab hüpfte und stolz sein zitronengelbes Gefieder präsentierte. Hastig fügte Deidara hinzu: "Und sie machen sich gerade gegenseitig eifersüchtig. Er will, dass du seine Federn bewunderst, un." Itachi biss sich verwirrt auf die Unterlippe. "Ja... Ganz toll." "Du kannst ihn ruhig anfassen, er ist stubenrein und kneift dich nicht, un." Deidara kicherte, als Vega aufflog und sich daran machte, auf Itachis Rücken durch die Haare zu klettern. Der Schwarzhaarige versteifte sich immer wieder, wenn er an einer Strähne gezogen wurde. "Ich glaube, er hat einen Narren an deinem Shampoo gefressen, un." Na gut, es war auch ein schöner Duft, das musste er zugeben. Es war nicht das erste Mal, dass er sich wünschte, Itachi wäre wirklich ein Mädchen. Dann läge die Sache ganz anders. "Es geht weiter." Auf dem Fernsehbildschirm lief jetzt der Rückblick, der bei einem derart großen Werbeblock auch dringend nötig war. Atair war beleidigt, dass Deidara ihr weniger Aufmerksamkeit zollte als Itachi Vega (wenn auch aus anderen Gründen, denn Itachi zeigte sich nicht gerade empfänglich für das Spiel 'Such den Vogel'). Sie flatterte ebenfalls auf und positionierte sich mit herausgeschobener Brust auf seinem Handgelenk. Dabei bombardierte sie Itachi mit bösen Blicken, weil er Vega damit ruhig hielt, ihn ausgesprochen vorsichtig zu streicheln. So schnell schenkte er kein Vertrauen. Im Stillen feuerte Deidara 'die Blonde mit dem grünen T-Shirt' an. Er war nicht begabt, was Handarbeit betraf, und wenn er versuchte, ein Kostüm zu produzieren, war es vermutlich schon so unerkennbar, dass es schon eher moderne Kunst war. Atair zwitscherte beleidigt und schwirrte ihm um den Kopf. Vega beobachtete sie mit größter Genugtuung und plusterte seine Federn auf, damit Itachi sie glatt streichen konnte. Zehn Minuten später war Deidara frustriert. 'Die Blonde' hatte 'dem Kerl' einen Liebesbrief geschrieben und in seine Mappe gesteckt, doch der Dussel lieh die besagte Mappe seinem Freund, der den Brief fand, las und wegwarf, weil er die beiden nicht zusammenkommen lassen wollte. Wirklich, wie unrealistisch konnte man werden? Warum sagte er nicht gleich: 'Jo, warum bin ich eigentlich dein Freund, wenn ich dir sowieso nix gönne?' Da sollte der sich mal ganz dringend Gedanken machen. 'Die Gothicerin' stöckelte geradewegs auf 'den Kerl' zu, während sich 'der Freund' seiner vereitelten Liebeserklärung erfreute. 'Die Blonde' hatte den Faden verloren und beobachtete ängstlich 'den Kerl'. 'Die Gothicerin' hatte 'den Kerl' erreicht. "Dreißig Sekunden noch, un..." murmelte Deidara, und Itachi nickte. 'Die Gothicerin' setzte sich neben 'den Kerl' auf einen Hocker an der Bar. Itachis Zuversicht stieg. 'Die Blonde' begriff endlich die Situation und bequemte sich zur Aktion, indem sie sich auf seine andere Seite setzte. Die Lage war wieder ausgeglichen. Die beiden Rivalinnen musterten sich mit mordlustigen Blicken. Vega und Atair tauschten dieselbe Sorte Blick, da sie gerade gleichwenig beachtet wurden. Beide Schauspielerinnen holten tief Luft. Mit einem wütenden Kreischen gingen die beiden Kanarienvögel aufeinander los. Dabei hatten sie den kleinen Tisch vor der Couch als Kampfplatz erwählt. Der Moment der Entscheidung... "Lemminge legen Tausende von Kilometern zurück, wobei sie sich ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben den tödlichsten Gefahren aussetzen. Auch hier stellt der Mensch mit seiner Technologie ein entscheidendes Hindernis für die Wanderung der Lemminge dar-" Offensichtlich konnte Atair nicht verstehen, was sie gerade vom Tisch geworfen hatte. und aus Deidaras ärgerlichem Gemurmel wurde sie auch nicht schlau. "Das war wieder sehr spannend (Wer's glaubt ist doof)! Schaltet wieder ein!" Ein Moment der Stille. "Das war wohl nichts." kommentierte Itachi trocken und fuhr sich durch die Haare, um sich zu versichern, dass noch die meisten dran waren. Deidara grinste und zog die Schultern hoch. "Na jaaa... Hat doch Spaß gemacht, un." Er schob seine flache Hand zwischen die streitenden Vögel und seufzte. "Definitiv eine Krise, un..." Vega kehrte zurück auf Itachis Schulter und sah beleidigt weg, auch als Atair sich auf die andere setzte. Deidara lachte über Itachis suspekten Gesichtsausdruck. "Sie mögen dich, un." Schon wieder Stille. Auf das Plaudern des Fernsehers achteten sie nicht. "Hilfst du mir trotzdem?" "Un?" Itachi strich sich sein Haar hinters Ohr. "Bei den Kostümen." "Nnnh... Handarbeit ist ganz, ganz schlecht, uuun..." Deidara warf sich gegen die Lehne und legte den Kopf in den Nacken. Schon der Gedanke an hoffnungslos zerstochene Finger jagte ihm kalte Schauer über den Rücken. "Du sollst sie nur entwerfen. Zeichnen ist ganz, ganz schlecht..." Beim letzten Satz ahmte Itachi Deidaras jammernden Ton nach. Mit einem Ruck saß der Blonde wieder gerade. "Wow..." "Was?" "Wir haben uns schon die ganze Zeit normal unterhalten, nicht so wie auf dem Schulball, un..." Itachi nickte und sah ihn erwartungsvoll an. "Gehst du mit mir ins Kino, un?" "Meinetwegen." "Auch in einen Actionfilm un?" "Meinet... wegen." "Okay, un!" Dabei war dieses Theaterstück erst der Anfang von etwas viel Wichtigerem... Kurz und mit wenig Handlung. Aber im nächsten Kapitel fängt ENDLICH die Theatervorbereitung an... Ich werde versuchen, mich mit dem Update zu beeilen. Kapitel 14: Perfect Friendship ------------------------------ Obwohl er Anko gruselig fand, wenn sie in ihrem Element (aka den Obermotz spielen) war, war Deidara hochzufrieden mit den Entwürfen, die sie gestern Abend ausgearbeitet hatten. Die keltische Mode bot eine ungekannte Abwechselung, außerdem war er neugierig, wer Naoise spielen würde. Der Herbstball trug seinen Namen eigentlich zu Unrecht, denn da es Open Air war und der Herbst in Konoha in der Regel sehr unangenehmes Wetter mit sich brachte, fand das Event im Spätsommer statt. Normalerweise stand die Theater-AG unter Kakashis Kommando, doch der hatte nach seiner Krise mit Iruka seine Pflicht auf Orochimaru übertragen. Der wiederum hatte weder Zeit noch Lust (was er offenkundig zugab) und betraute Anko mit der Führung. Also waren alle glücklich. Bis auf Kakashi. Deidara hatte nicht gewusst, dass Freundlichkeit auch verletzend sein konnte. Wenn Iruka auch über jede negative Reaktion erhaben zu sein schien, sein unantastbares Lächeln war offensichtlich viel unangenehmer als eine schroffe Abfuhr. Der einzige Wehmutstropfen war der Fakt, dass er Sasori vor dem Unterricht nicht zu sehen bekam. Anko ließ man besser nicht warten, und er musste sich vom Unterricht abmelden, bevor er sich bei einer möglicherweise externen AG einschrieb. Die Schulaula war ein einziges Gewimmel. Die Planungsphase war immer am schlimmsten, da sich alle Mitwirkenden auf einem Fleck befinden mussten, um das Nötige miteinander abzusprechen. Später arbeitete dann jeder an seiner eigenen Aufgabe. Anko hatte die Lage bewundernswert mühelos im Griff. Ihr entging nichts, und deshalb winkte sie Itachi und Deidara ungeduldig herüber, sobald sie die Aula betraten. Sie kommentierte Deidaras Mitarbeit kaum, dafür schien sie andere Sorgen zu haben. "Endlich. Schlechte Nachrichten, wir sind jetzt noch mehr unter Zeitdruck. Und es sind nicht mal alle Rollen besetzt!" Sie fuhr herum, und ihr strafender Blick war schnell und zielsicher wie eine Harpune. "Borach, das ist doch eine simple Rolle! Du hast nicht mal viel Text, Himmel noch mal!" fauchte sie Kisame aufgebracht an, der das ebenso giftig erwiderte. "Es ist ekelhaft, Same-sama! Dein sogenannter Text beschränkt sich darauf, dem König meine Liebe zu gestehen und anderen Leuten unschuldige, brutal ermordete Haie vorzusetzen!" Anko stöhnte ärgerlich und fuchtelte mit ihren Instruktionen herum. "Diese 'Liebe' ist nur ein Zeichen deiner Treue zu ihm, du wirst dich da nicht lächerlich machen. Außerdem hast du die ideale Statur!" Deidara kicherte, als Anko geflissentlich das Argument mit den Haien ausließ. "Ich mach' dir auch ein süßes Kostüm, Bora-chan, un..." "Wahnsinnig witzig.", knurrte Kisame und versuchte, Ankos Schwall aus Überzeugungsversuchen auszuweichen. Deidara war froh, nun offiziell zum Staff zu gehören – sonst wäre er auch dran. "Yuzu-chan, Congratulations! Ihr seid ein tolles Paar!" Verblüfft stellte Deidara fest, dass Tayuya wieder in der Schule war. Sie schien gesundheitlich nicht angeschlagen zu sein und küsste Itachi strahlend auf beide Wangen. Der Schwarzhaarige räusperte sich verlegen und wechselte leise einige Worte mit ihr. Tayuya grinste und warf sich ihr Haar über die Schulter. Vorteilhaft gekleidet und kaum geschminkt, wie sie war, machte sie nicht den Eindruck, irgendein Wässerchen trüben zu können. "Schade, dass ihr beide nicht mitspielt. Deidara würde einen wun-der-baren Ardan abgeben!", zirpte sie fröhlich. Deidara suchte nach Untertönen von Spott in ihrer Stimme, konnte jedoch keine entdecken. Offenbar war ihr momentan alles ernst. "Ist Naoise eigentlich schon besetzt?", fragte Itachi, mehr um das Thema zu wechseln als aus Interesse. Tayuya grinste und nickte. "Die ganz wichtigen Rollen sind fast alle weg... Nur Conachùr fehlt uns noch." Sie zuckte mit den Schultern. "Dazu bräuchten wir einen Älteren, sonst können wir den Effekt vergessen." Itachi interessierte sich daraufhin nicht weiter für das Thema und holte ein Maßband aus ihrer Tasche, um Tayuyas ungefähre Maße aufzuschreiben. Deidara beobachtete die beiden vom Bühnenrand aus, auf den er sich gesetzt hatte, um ein paar Entwürfe zu machen, welche Farben an Tayuya welche Wirkung erzielten. Auf ihn wirkte das Verhalten der Hauptdarstellerin etwas zu locker. Sie hatte einen Tag ohne ersichtlichen Grund gefehlt, war in der ganzen Zeit unerreichbar für ihre Freundinnen gewesen, und jetzt tauchte sie wieder auf, als sei nichts gewesen. Seltsam. Sehr, sehr seltsam. Nach dem fruchtlosen Versuch, 'Naoises' Identität herauszufinden war Deidara fast wieder zu spät gekommen. Erste Stunde Sozialwissenschaften, es gab Schöneres - und vor allem Einfacheres, als in Professor Orochimarus Stunde ein klärendes Gespräch mit Sasori zu führen. "Ich muss mit dir reden, un!" Sasori zog eine Braue hoch, während er sein Unterrichtsmaterial auspackte und Orochimaru mit kaum zu erahnenden Bewegungen das heutige Thema an die Tafel schrieb. Er war einer der wenigen Menschen, deren Handschrift immer gleich blieb, ganz egal, wie schnell oder worauf er schrieb, in welchem Gemütszustand er sich befand und was er zum Schreiben benutzte. "Du hast da etwas falsch verstanden, das heißt, nicht falsch, bloß, es ist nicht so, wie du vielleicht... wahrscheinlich denkst, eigentlich-" "Stellen Sie bitte Ihre Privatgespräche ein und schlagen Sie die Bücher auf." Orochimaru hatte ihn zwar nicht direkt angesprochen, doch die ungefähre Herkunft der Worte hatte er auch mit dem Rücken zur Klasse geortet. Deidara seufzte und holte sein Buch heraus. 'Privatgespräche'! Das hier war absolut ernst und möglicherweise seine einzige Chance. So zuversichtlich, wie er sich gestern Abend gegeben hatte, war er insgeheim nicht. Immerhin konnte er sich nur darauf verlassen, dass Sasori den Glauben an seine Ehrlichkeit erhalten hatte und ihm glaubte. Leider war Deidara sowieso kein guter Lügner, und so eine windige Erklärung verbesserte seine Lage nicht wirklich. "Ich weiß, du denkst, dass ich jetzt wie der Rest der Welt den Erwachsenen spielen muss und nur noch mit meiner Freundin vor den Schließfächern rumhänge... Aber ich liebe sie nicht, un!" "Mhm.", machte Sasori ohne ersichtliches Interesse, und Deidara fuhr hastig fort: "Das ist eine Zweckbeziehung, weil sie... einen gewalttätigen Exfreund hat, un." Orochimaru zog seinen Schlussstrich mit einem grellen Quietschen und drehte sich allmählich ungehalten zur Klasse um. "Dürfte ich um Ruhe bitten?", fragte er gereizt und wandte sich an einen der Schüler, der das an der Tafel beschriebene Schema erklären sollte. Bei so was passte man besser auf, doch Deidara konnte keine Zeit mehr verlieren. "Bitte, Sasori! Sie ist eine ganz gewöhnliche Freundin und... kein Ersatz für dich, un!" Sasori verfolgte ausdruckslos die fieberhaften Erklärungsversuche des Schülers. Deidara verlor langsam den Mut. "Hör mir endlich zu! Ich tue ihr lediglich einen Gefallen, damit er sie nicht mehr belästigt, un! Dieser ganze... Trubel, der war ungewollt! Du bist-" Ein Lineal knallte vor ihm auf den Tisch, und Deidara fuhr zusammen. Irgendjemand, dem er gerade die Pest an den Hals wünschte, musste Orochimaru heute schon gewaltig auf die Nerven gegangen sein. Entsprechend empfindlich reagierte er auf Unterrichtsstörungen. "Wenn diese Ausführung so wenig Ihr Interesse findet, erklären Sie uns bitte die Entwicklung des Sozialismus im 19. Jahrhundert (das ist deutsche Geschichte, aber ich fand es unpassend, mir extra für Konoha etwas auszudenken). Das sollte Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten, schließlich war es Thema der gestrigen Stunde." Klar, nur wer hatte da schon zugehört? Dieser dämliche Referendar hatte es nicht mal geschafft, eins seiner Worte zu Deidara vordringen zu lassen. Allerdings war Professor Orochimaru alles Andere als ein dämlicher Referendar und konnte es partout nicht leiden, wenn man sich respektlos zeigte. Und heute, wo man ihn bereits genervt hatte, drückte er mit Sicherheit kein Auge zu. "Ich... ich..." Deidara war komplett aufgeschmissen. Bei all dem persönlichen Stress hatte er es versäumt, sich auf die Stunde vorzubereiten. Wie er es hasste, wenn er die Schwankungen in seinem Leben nicht unter Kontrolle hatte! Wenn er Pech hatte, ließ Orochimaru ihn nachsitzen, und dann konnte er die Theater-AG für heute vergessen. Dabei durfte er in der Planungsphase auf keinen Fall fehlen. Er würde Itachi hängen lassen, und seine 'Alibifreundin' würde eine Menge Ärger kriegen (Ankos Laune war nicht viel besser einzuschätzen als Orochimarus, wenn nicht sogar schlechter). Konzentrieren... Wo war der Geistesblitz, wenn man ihn brauchte?! Sasori hob die Hand. "Er kann es nicht wissen." Orochimaru gönnte ihm kaum einen Blick. Derlei Ausreden kannte er zur Genüge. "Warum nicht?" "Es ging ihm gestern nicht gut." Eine derart platte Entschuldigung von Sasori zu hören war schon außergewöhnlich. Doch in diesem Fall kam ihm der Fakt zur Hilfe, dass er sich bisher als absolut zuverlässig und ehrlich erwiesen hatte. Es gab also eine gewisse Chance, Orochimaru zu überzeugen. "Warum ist er dann nicht rausgegangen?" "Ist er, und deswegen hat er die Erklärung verpasst." Orochimaru musterte Deidara missbilligend. "Warum haben Sie das nicht nachgeholt?" Der Blonde zog hilflos die Schultern hoch. "Weil es... menschlich ist, un?" Als Orochimaru sich endlich umdrehte, um andere Schüler mit messerscharfen Fragen zu traktieren, lehnte Deidara sich seufzend ein Stück zurück. In seinem Magen explodierte ein Gefühl tiefster Erleichterung. Okay... Er hatte die Sache wieder ungefähr im Griff. Nachdem er Sasori in der Pause mit einem Redeschwall übergossen hatte, um ihn über die vergangenen Tage aufzuklären, hatte sich das Ganze wieder halbwegs eingerenkt. Sasoris Oma hatte für ihn am Wochenende ein ganzes Seminar über frevelhafte Schwiegerenkeltöchter abgehalten und einige Grundsätze über die Laster des weiblichen Charakters eingeschärft. Entweder, sie vermutete hier eine geheimgehaltene Freundin, oder sie wollte unbedingt sein Interesse am anderen Geschlecht ersticken. Glücklicherweise schien Sasori sich nicht an Deidaras Mitarbeit bei der Theater-AG zu stören. Momentan war er sowieso damit beschäftigt, sich auf ein externes Rechtspraktikum vorzubereiten und zog es vor, die Nachmittage allein zu verbringen. Was natürlich nicht hieß, dass Deidara es sich nehmen lassen würde, ihn abends anzurufen und zuzuquatschen. Das gehörte eben dazu. Kakashi fand, was den Unterricht betraf, halbwegs seinen Faden wieder. Trotzdem war er ziemlich aus der Bahn, als Kimimaro nach Unterrichtsbeginn auftauchte und eine schriftliche Entschuldigung von Iruka mitbrachte. Deidara hörte nicht zu, worum es sich handelte, doch Kakashi brauchte unübersehbar einige Minuten, um sich wieder hineinzufinden. Irgendetwas hatte dieser Mann vor. (Timeskip... der sonstige Unterricht ist ziemlich langweilig) Heute kam er wirklich überall zu spät, stellte Deidara frustriert fest. Seine Geschichtsstunde hatte er tätlich dazu benutzt, Kisame nach dem Unterricht in die Aula zu lotsen und sich eben eine andere Rolle zu suchen. Nach diesem rhetorischen Kraftakt hatte er seine Skizzen aus seinem Spind geholt, wo sich wieder nervtötende Pärchen aufhielten. Bis er freie Bahn hatte, war die Zeit knapp geworden, was dazu führte, dass er die Aula erstens nach Luft ringend und zweitens fünf Minuten zu spät erreichte. Innen war es ungewöhnlich still. "Ach, mein Ehemann!", deklamierte Tayuya mit kummervoller Stimme. "Weh und Weh über alle von uns! Sei nicht böse mit mir. Erspare mir dieses letzte Unglück. Ich bin deine Frau, Naoise. Von mir aus kann alles Böse dieser Welt geschehen, wenn damit das kleinste Unglück von dir abgewendet wird." Sie senkte den Kopf und ließ ihre ganze Haltung in sich zusammensacken. "Ich bin nicht mehr Deirdre. Mein Name ist Elend." Au! Sei vorsichtig mit der Nadel!" "Halt still, dann passiert auch nichts." Itachi biss sich auf die Oberlippe und befestigte ein langes Stück dunkelgrünen Stoffes mit Sicherheitsnadeln um Tayuyas Hüfte. Die Rothaarige stand gehorsam still, deshalb bemerkte sie Deidara als Erster. "Ah, wir sind vollzählig." Sie grinste Itachi an, als erwartete sie jetzt einen Begrüßungskuss. Er ging darauf nicht ein und maß den Stoff für den Torso ab. Anko winkte Deidara herüber. "Du kümmerst dich um die männlichen Kostüme. Die können ruhig ausgefreakt sein, Hauptsache, sie sind originell. Danke übrigens für Borach." O-oh, das würde Kisame ihm nie verzeihen. Na ja, wenigstens war Anko milde gestimmt. Allerdings hielt das bei dieser Frau nicht lange an. "Diese blöden Zwillinge und ihre Sport-AG! Keinen Sinn für Theater! Wir brauchen noch ein paar Kerle, sonst fällt alles ins Wasser!" Deidara nickte und war froh, dass Sasori noch kein Opfer der Theaterpflicht geworden war. "Ich brauche noch die Charakterdaten der Personen, un." Anko reichte ihm wortlos einen dünnen Stapel Blätter und machte sich wieder daran, die anderen herumzukommandieren. "Das Bühnenbild kommt da nach rechts, sonst erkennt man die Einzelheiten nicht. Okay. Jetzt Szene 5 aus dem ersten Buch. Mit Emotionen, Tayuya! Bist du endlich fertig, Yuzuka?!" Itachi ließ sich nicht hetzen. "Für das erste Buch braucht sie ein anderes, viel schlichteres Kleid. Rostrot oder Braun." Anko knurrte vor sich hin und beließ es dabei. Deidara nutzte den Moment ihrer Unaufmerksamkeit und verdrückte sich in die erste Sitzreihe. Wenn es ein Wort gab, das Anko treffend beschrieb, war es 'unberechenbar'. Außerdem war an ihr eine Preisboxerin verloren gegangen. Seit drei Jahren verteidigte sie ihren Titel als Schulmeisterin. Zurück zum Thema. Laut der Charakterangaben war Naoise ein ruhiger, loyaler Mensch. Also nichts Ausgeflipptes. Siedend heiß fiel ihm ein, dass er den Schauspieler bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Wahrscheinlich hatte Anko dafür nAOIse drangekriegt. Der arme Junge. Für die restlichen, weniger bedeutenden Schauspieler würde er zweckorientierte Kostüme machen, Rüstungen aus Leder oder Kunststoff. Das wirklich Peinliche an diesem Stück war eher der Text. Obwohl Tayuya das bemerkenswert auf die Reihe bekam. Er mochte sie nicht, aber ein gewisses schauspielerisches Talent war unbestreitbar. Sie schaffte es mit ihrem Auftritt sogar, von den ständig umkippenden Kulissen und Ankos barschen Zwischenrufen abzulenken. Deidara konzentrierte sich darauf, das besagte schlichte Kleid für die ersten Szenen zu entwerfen (allzu früh konnten sie sowieso nicht beginnen, Talent hin oder her, Tayuya konnte sich schwer in eine Zehnjährige verwandeln), als Anko sich schon wieder beschwerte, und diesmal nicht über Tayuya oder die Kulissen. "Nicht so steif! Das muss überzeugt klingen! Du glaubst das ja nicht mal selbst..." "Es gibt Dinge, die ein Mann andere nicht lehren kann, selbst wenn er wollte. Es ist, als wäre Fergus im Kampf geboren, und allein Conachùr könnte ihn töten." "Sie würden niemals kämpfen, ich weiß. Sie lieben sich." Ohne dass es Deidara aufgefallen war, hatte die Szene gewechselt. Er verbiss sich ein Grinsen. Er wollte nicht wissen, wie Anko es geschafft hatte, Kimimaro in ihr Theaterstück zu bekommen. Allerdings mangelte es ihm eindeutig an Enthusiasmus. Aoi hingegen (zweite Aussage) gab sich redlich Mühe, überzeugt zu klingen, auch wenn er nicht recht in das Raster eines irischen Ritters passte. Dazu war er entschieden zu freundlich. "Mehr Betonung, Naoise!" Deidara runzelte verwirrt die Stirn. Sie sprach nicht mit Aoi, sonst würde er sich nicht gerade so eingehend damit beschäftigen, in seinem Text herumzublättern und seinen nächsten Auftritt zu suchen. Das hieß... "Kimimaro spielt Naoise, un?!" murmelte er entgeistert. Itachi setzte sich neben ihn in die erste Reihe und nickte. "Scheint so." Für ihn schien das keine große Sache zu sein. Er schloss die von ihm markierten Stoffbahnen mit Sicherheitsnadeln zusammen und verfolgte unbeteiligt die ersten, unbeholfenen Anfänge des Theaterstücks. "Haben deine Vögel sich wieder eingekriegt?" fragte Itachi nach einer Weile, während Anko irgendeinen namenlosen Strohmann zusammenstauchte. Deidara grinste. "Nicht wirklich. Gestern Nacht hat sie ihm eine Höllenszene gemacht, un." "Wirklich?" "Jup. Ich hatte schon Angst, sie würden das ganze Haus aufwecken, un." Deidara zögerte einen Moment... dann sprach er aus, was ihn seit gestern Abend bewegte. "Sag mal... Wie kam diese Reporterin gestern auf Hibiskusblüten, un?" "Keine Ahnung. Na ja... Hibiskustee wurde früher als... Bestandteil für Aphrodisiakum benutzt. Es kann auch rein auf die Blüten bezogen sein." Den letzten Satz fügte Itachi hastig hinzu, als Deidara erschrocken zusammenzuckte. "Warum-" "Kann ich eure traute Zweisamkeit kurz stören?" Tayuya grinste und drückte Itachi ein kleines, hellblau bedrucktes Kärtchen in die Hand. Deidara beäugte sie misstrauisch. Eine Einladung zu einer Geburtstagsfeier. "Eigentlich wollte ich das mit der Aftershowparty kombinieren... Aber meine Eltern sind nächstes Wochenende nicht zu Hause. Habt ihr Zeit?" Itachi zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich." "Gut! Ihr kommt doch hoffentlich zu zweit...?" Sie zwinkerte ihrer 'Freundin' schelmisch zu und kehrte zur Bühne zurück. Deidara ließ sich in den Stuhl sinken. "Hey... Muss das sein, un?" "Ich glaube kaum, dass wir ein zweites Tanzduell zu befürchten haben." kommentierte Itachi trocken und ließ die Einladung in seiner Rocktasche verschwinden. Deidara rutschte unbehaglich auf der Sitzfläche herum. "Nein... Bloß, auf solchen Partys besteht der Hauptzweck darin, sich dermaßen zuzuknallen, dass man am nächsten Tag wieder alles vergessen hat, un." "Klingt, als sprächest du aus Erfahrung." Itachi hatte das nicht ernst gemeint, doch als Deidara nicht antwortete, sah er ihn mit erstaunt hochgezogenen Brauen an. "Du sprichst aus Erfahrung." Deidara ließ den Kopf hängen. "Hör auf, das war der schlimmste Abend meines Lebens, außerdem hätte Nasame mich fast geküsst... Gott sie Dank hat sie's nicht geschafft, un." "Wie auch immer, jetzt ist es zu spät." Damit war die Debatte geschlossen. Deidara fragte sich unterdessen, ob das freie Wochenende tatsächlich der einzige Grund war, warum Tayuya ihren Geburtstag früher als geplant feiern wollte. Vielleicht passte ihr auch irgendjemand an der Theatercrew nicht. Allemal plausibler als ihre Erklärung. Würde sie wirklich das Verbot ihrer Eltern fürchten, hätte sie erstrecht die Party in der Schule gewählt. Nächstes Wochenende blühte ihm also eine Geburtstagsparty. Und irgendwie hatte er das unangenehme Gefühl, wenn Itachi und er dort als Paar auftraten, würden sie ihre gewohnten Ausreden nicht benutzen können. Tut mir leid, wenn das Kapitel handlungsmäßig hinter den Erwartungen zurückblieb. Aber ich muss erst mal die Vorarbeit machen. Kapitel 15: Perfect Preparation ------------------------------- Deidara begleitete Itachi aus der Schulaula. Eigentlich hatte er vorgehabt, diese unselige Party noch mal zur Sprache zu bringen, doch ihm fiel einfach nichts ein. Wahrscheinlich hatte Itachi Recht und sie sollten als ganz normales Paar hingehen, als wäre nichts dabei. Dennoch beunruhigte es ihn. Was, wenn einer von ihnen sich verplapperte? Itachi schien sich darum keine Sorgen zu machen. Beziehungsweise, er schien ganz andere Sorgen zu haben. "Schon wieder Einkaufen gehen..." "Un?" Itachi seufzte und faltete seine Requisitenliste zusammen. "Meine Garderobe ist noch nicht sonderlich umfangreich, und jetzt das." "Du gehst Einkaufen, un?" "Ja-haaa, das sagte ich." Im Bruchteil einer Sekunde stellte Deidaras Laune sich wieder her. "Kann ich mitkommen, un?" Itachi legte verwirrt die Stirn in Falten und spielte mit dem Tragegurt seiner Tasche. "Meinetwegen, aber-" "Dann lass uns Einkaufen gehen, un!" Deidara packte sein Handgelenk und zerrte ihn nach draußen. Für ihn war das ein absoluter Traum. Er fand Einkaufen toll, und Mode hatte ihn schon immer interessiert. In Ermangelung einer Schwester war er ebenfalls nie mit einem Mädchen Einkaufen gegangen. Und Sasori war nicht recht dafür zu begeistern. Wie auch immer, das war die Wende. Itachi brauchte sowieso ein paar weibliche Eigenschaften, und Deidara wollte wesentlich lieber mit ihm shoppen als mit Nasame. Mit diesem Mädchen einzukaufen war ein Vorgeschmack auf die Hölle. Deidara erwies sich als äußerst kreativ und unerschöpflich energiegeladen, was das Einkaufen anbelangte. Er zerrte Itachi im Einkaufszentrum durch jedes Bekleidungsgeschäft, und er war nicht im geringsten bereit, sich von irgendjemand reinreden zu lassen. Jede noch so tüchtige Verkäuferin fand, was Beratung betraf, unerwartet ihren Meister. Deidara hatte an allem etwas auszusetzen. Itachi hatte es aufgegeben, seine Meinung einbringen zu wollen, und irgendwann hörte er auch auf, sich zu beschweren. Stillschweigend sammelte er seine Kräfte, um die Füße in den Boden zu stemmen und keinen Schritt mehr zu tun. Und, wohlgemerkt, Deidaras Versuchen zu widerstehen, ihn vom Fleck zu bewegen. Ihre stolze Ausbeute belief sich bisher auf zwei versilberte Haarnadeln, weil Deidara darauf bestand, dass Itachi sein Haar aufsteckte, und ordinären Halbsandalen, die so nichtssagend waren, dass sie zu allem passten. Deidara hatte sich in den Kopf gesetzt, etwas Zweiteiliges zu finden, konnte sich aber sonst nicht richtig entscheiden und fand die Kompositionen jedes Mal schlecht. Für ihn war das ein Riesenspaß. Mädchen hatten so viel weniger Tabus zu beachten als Jungen! Sie konnten eng geschnittene Hosen tragen, ohne gleich als schwul bzw. lesbisch zu gelten, und es gab keine wirklich unweiblichen Farben. Die Schnitte waren allgemein wesentlich vielfältiger. In seinem nächsten Leben wollte er ein Mädchen werden! Kritisch musterte er eine neue Auslage. Itachi nutzte den Moment der Freiheit und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Sein Handgelenk hatte rote Druckstellen, wo Deidara ihn durch die Läden gezerrt hatte. Seine Füße taten weh, und er war müde. Im Gegensatz zu Deidara wollte er weder in diesem noch in irgendeinem Leben ein Mädchen sein. Dieser dämliche Fummel brachte ihn um! Jungen konnten sich glücklich schätzen, so verhältnismäßig wenig Auswahl zu haben. "Wie lange willst du-" Deidara hörte gar nicht zu. Er hatte schon wieder etwas gefunden. Hochzufrieden hielt er Itachi ein zusammengefaltetes Oberteil entgegen. Missmutig verzog Itachi das Gesicht. "Rot ist nicht meine Farbe." "Es passt per-fekt. Probier's an, un." Itachi seufzte und stand widerwillig auf. Kannte Deidara denn gar keine Erschöpfung? Sie rannten hier schon seit Ewigkeiten rum! Dennoch stellte er fest, dass der Schnitt günstig war. Der kirschrote Baumwollstoff war um die Zwerchfellregion etwas enger und dafür oben weiter. Das kaschierte Itachis fehlende Proportionen. Die Ärmel bestanden aus zwei sehr grob zusammengenähten Stoffstreifen, die noch vor den Armbeugen endeten. Deidara präsentierte ihm wenig später einen schlichten, knielangen Faltenrock in Schwarz und eine zusätzliche Strumpfhose in derselben Farbe. Itachi fühlte sich nicht recht wohl, doch das tat er in Mädchenkleidung generell nie. Sasuke würde tot umfallen, wenn er wüsste... Die Preise hielten sich glücklicherweise in Grenzen, auch wenn Itachi darauf nicht achtete. Geld war das mindeste Problem. Er war unruhig, selbst hier, wo ihm nichts passieren konnte. Diese alte Frau, Deidaras Vermieterin... Sie hatte ihn daran erinnert, wie dünn das Eis unter seinen Füßen war. Es war von Anfang viel zu riskant gewesen, und jetzt musste er mindestens bis zum Halbjahrsende durchhalten. Und dann? Der Gedanke erfüllte ihn mit Verzweifelung. Er stand mit dem Rücken zur Wand, und dieses verwünschte Theaterprojekt kam ihm überhaupt nicht recht. Noch hatte er Glück, nicht einmal Deidara ahnte etwas. Trotzdem, selbst wenn er das außer Acht ließ... Sein Gewissen bereitete ihm Höllenqualen. "Itachi? Huhu, Itachi, un!" Itachi zuckte zusammen und sah sich hastig um. "Bist du wahnsinnig?! Wir sind nicht allein!", fuhr er ihn an. Deidara war sichtlich überrascht darüber. "Auf den anderen Namen hast du nicht reagiert, un...", murmelte er verlegen und blickte schuldbewusst zu Boden. Itachi erkannte, dass heute nichts mehr mit ihm selbst anzufangen war. Er kannte die Launen, die ihm sein Gewissen bescherte, und sie an Deidara auszulassen war weder besonders intelligent noch besonders fair. "Ich muss gehen..." Itachi ließ seinen Blick unstet umherschweifen. Sein Herz hämmerte, und seine Handflächen waren schweißnass. "Okay, ich bring' dich nach Hause, un." Nach Hause... Itachis Kopf ruckte hoch. "Nein!" Deidara musterte ihn verwirrt. Was war so plötzlich in Itachi gefahren? "Ich... ich muss noch..." "Wenn du noch woanders hin willst, kann ich dich fahren, oder nicht, un?", erbot sich Deidara. "Nein, schon okay..." "Wieso, du hast dich vorhin beschwert, dass du müde bist, un." "Das war nicht... Bis morgen." Ohne ein weiteres Wort drehte Itachi sich um und verschwand im nächstbesten Bus, bevor sich die Türen schlossen. Deidara erwog, ob er hinterher rennen sollte, ließ es jedoch. Warum war Itachi so aufgekratzt gewesen? Gerade so, als erwartete er, von jemandem verfolgt zu werden. Er nahm sich vor, später bei Itachi anzurufen und nachzufragen. Auch, wenn er nicht das Gefühl hatte, dabei irgendetwas zu erfahren. Bei besagtem Anruf meldete sich Itachis kleiner Bruder. Er sagte, Itachi sei noch nicht zurückgekommen, und er wisse nicht, wo er noch sei. Dabei klang er ein wenig zu... locker. Itachi hatte nicht den Eindruck eines Menschen gemacht, der gern allein durch die Stadt streifte, außerdem wurde es allmählich dunkel. Es war etwas seltsam, so lässig zu klingen, wenn der eigene Bruder (selbst, wenn es der ältere war) nach der Dämmerung irgendwo in Konoha herumrannte und nicht mal die Person, mit der er zuletzt zusammengewesen war, eine Ahnung hatte, wo er sich herumtrieb. Sasuke log, aber Deidara hakte nicht nach und beendete das Telefonat. Itachi war so seltsam. Er machte den Eindruck eines Menschen, der unter großen psychischem Druck stand, deshalb seine panischen Reaktionen zu manchen Dingen. Er hatte Deidara eine Erklärung für seine Maskerade geliefert, die fast noch unbefriedigender war als gar keine. Seine Handlungen ergaben keinen Sinn. Wieso hatte er diese Entführung vorgetäuscht, und warum war er sosehr darum bemüht, unauffällig zu sein? Deidara konnte sich nicht vorstellen, dass Itachi irgendein Verbrechen begangen hatte. Vielleicht war er vor jemandem auf der Flucht. Was allerdings nicht erklärte, warum er dann nicht von Konoha wegzog und stattdessen seine Identität wechselte. Deidara seufzte. Itachi würde ihm darauf keine Antwort geben. Er konnte Baa-san fragen, ob sie etwas über den Fall wusste. Das barg allerdings das Risiko, Itachi ziemlich zu verärgern, wenn er ihn damit konfrontierte. 'Damit', falls er überhaupt etwas herausfand. Deidara schüttelte entschieden den Kopf. Nein, keine Hinter-dem-Rücken-Aktionen, das war einfach nicht fair. Er würde Itachi bei Gelegenheit fragen. Bestimmt gab es für alles eine ganz simple Erklärung. Die Gelegenheit ließ auf sich warten. Deidara hatte es nicht wirklich eilig, das Thema so unverblümt anzuschneiden, und er verbrachte die Pausen mit Sasori. Apropos, letzterer und Itachi schienen sich zu meiden wie die Pest. Bis jetzt hatten sie sich kein einziges Mal wirklich in Deidaras Gegenwart getroffen (dieses Dodgeballspiel zählte nicht), und das lag wohl kaum daran, dass sie die Gerüchteküche nicht inspirieren wollten oder Sasoris Oma es tatsächlich geschafft hatte, ihrem Enkel die Frau als personifiziertes Übel zu prägen. Später bot sich kein Moment mehr an. Itachi brachte wegen gestern keine Erklärung vor, und er schien sich fast davor zu fürchten, dass Deidara fragte. Also tat er es nicht. Unter Ankos Anleitung entwickelte sich die Planung des Schultheaters gut. Sie zwang einige Schüler, sich zu beteiligen, und verwandelte mit ihren ständigen gebrüllten Instruktionen von der Bühne aus die ganze Aula in einen Bienenstock. Kisame verpasste ihr daraufhin hinter ihrem Rücken einen neuen Slogan: Der Teufel trägt Jeans. Und ein integriertes Megaphon, fand Deidara. Anko hatte jeden irgendwie drangekriegt. Orochimaru tauchte zwischenzeitlich auf und hämmerte jedem unwissenden Schüler mit unerbittlicher Härte ein, wie die irischen Namen auszusprechen waren. Das hieß, dass sich jeder alle Namen zu merken hatte, ob er nun Schauspieler oder Bühnenbildner war. Für Deidara war es immer noch präsent... 'Daredra, nicht Deide! Du wirst es lernen, Tayuya!' Mann, jemand musste diesen Menschen genervt haben. Letztendlich schaffte Anko es auch, die Zwillinge aus ihrem Sportkurs zu zerren, und zwang ihnen wenig textreiche Rollen auf, damit es keinen Fluchtweg mehr gab. Nicht zu vergessen Rollen, in denen man sie nicht dauernd miteinander verwechseln konnte, denn das war die folgende Rache. Die Schülerzeitung war natürlich anwesend und überwachte die Aula mit Argusaugen. Da Anko keine Zeit für ein Interview fand und es sich keiner traute, darauf näher einzugehen, wuselten die Reporterinnen überall herum. Itachi verzog sich daraufhin in den Umkleideraum und schloss die Tür hinter sich ab. Feigling, elender. "Uh, wie bescheuert! Ich bin der Typ, der sich freut, wenn seine Soldaten verrecken und den König anzickt!", beschwerte sich Sakon, während er mit weit ausgebreiteten Armen und säuerlichem Gesichtsausdruck vor der Bühne stand. Deidara zog eine Grimasse, während er mit einem weißen Stift die Rüstung auf den Stoff skizzierte, den er Sakon umgehängt hatte. In der Tat, der Text war zum Schießen (beim letzten Wort keine Tippfehler erlaubt). "Das ist nichts gegen 'Mein Herz' als Anrede für Kimimaro und 'süße kleine Deirdre' für Tayuya!" Kidoumaru blätterte in seinem Textbuch herum und grinste. "Hey, warum konnten wir nicht die zweite Wahl nehmen und 'Persephone und Hades' performen?! Das ist einfach, Orochimaru-sensei nimmt Tayuya und kickt sie ins nächstbeste Höllenloch, um sie da für ein Drittel des Jahres rauszulassen und sein Leben wieder zu genießen." Deidara sah sich verstohlen um. Wenn Orochimaru das gehört hatte, würde er hier wen anders kicken... "So ist es doch auch nicht schlecht...", murmelte Aoi bei dem sinnlosen Versuch, die Atmosphäre zu entspannen. Irgendwie schien es hier Aggressionen gegen Tayuya zu geben. Deidara war dieser Klatsch herrlich egal, er mochte Tayuya nicht mal besonders. Offensichtlich hatte sie sich nach dem Schulball mit Sakon verkracht, letzterer danach noch mit seinem Bruder, was dazu führte, dass sie nicht in der Schule erschien und Ukon eine erzwungene Allianz zu Kimimaro aufbaute. Überhaupt... Wie hatte Anko es geschafft, Kimimaro die Hauptrolle als Geliebter seiner Exfreundin anzudrehen? Und das, obwohl der Kaguya... nicht gerade aussah wie ein irischer Kriegsheld, um es mal schonend zu formulieren. Und Naoises leidenschaftliche Liebensbeteuerungen wollten so gar nicht zu dem in sich gekehrten Jungen passen. Wo war in diesem Mist die Logik?! "Hier wird nicht getratscht, ihr Tussen! Und was soll das Geheule, ihr sollt ja nur so tun, als hättet ihr einen Funken Talent." Anko baute sich vor den Jungen auf und musterte sie mit dem Blick, den sie immer hatte, wenn es hieß 'Und in der roten Ecke für die Konoha High kämpft...'. Das war der Punkt, an dem einer ihrer zahlreichen Spitznamen genannt wurde, die irgendein pflichtbewusster Amateurkommentator irgendwo backstage aufgeschnappt hatte. Dieser Moment war stets kritisch – ein unschmeichelhafter Name, und Anko nahm bittere Rache. "Niemand erwartet von euch, dass ihr die Bühne aufmischt und 'Sex In The Club' singt, und der Rest eurer Handlungsoptionen ist ja schon annähernd sinnvoll. Und kommt ja nicht auf den Gedanken, euren Text bei der Aufführung zu kürzen..." Ihre Stimme glich einem tieften Donnergrollen. Dann warf sie frustriert die Hände in die Luft. "Sakon, Ukon, wer auch immer du bist, pfeif' deinen dämlichen Bruder ran. Ihr Knalltüten habt Asuma-sensei nicht mitgebracht." Sie funkelte Sakon vernichtend an. Dieser duckte sich bloß ein winziges bisschen... was genug war, um Deidaras Stift verrutschen zu lassen. "Halt' still, verdammt, un!" Anko grinste spöttisch, und Sakon setzte eine finstere Miene auf. Jetzt konnte Anko sich ein Ei drauf pellen, dass sie einen der Zwillinge eingeschüchtert hatte, egal welchen. "Ist doch beschissen, warum sollte Asuma-sensei schon freiwillig Tayuyas Groupie spielen? Da kann er sich seine Flamme ja gleich abschminken!" Ein wahres Wort, aber Anko hatte momentan sehr wenig übrig für die Wahrheit. Sie bedachte Sakon mit einem mörderischen Blick. "Ergo soll ich Kakashi-sensei einspannen, damit hier irgendein wechseljährig pubertierender Kettenraucher Spaß mit seiner Importschlampe haben kann, ja?" Okay, so hatte das noch keiner ausgedrückt. Anko mochte Asuma nicht, und sie kannte seine Flamme nicht, sonst hätte sie sich etwas gewählter ausgedrückt. Mit Kurenai war nicht zu Spaßen, und nach Ankos Meinung brauchte die Welt dringend mehr Frauen von diesem Typ. Deidara seufzte und klemmte sich den Stift hinters Ohr. Das würde eine ganz bezaubernde Party geben, wenn sich alle so anfeindeten. Und Kakashi würde so schnell keine Ordnung in sein Privatleben kriegen. Zum Teufel, wenn Kakashi tatsächlich Conachùr spielte, mussten sie dringend etwas am Drehbuch ändern. Hatten sich je so viele Ereignisse auf eine so blöde Party konzentriert? Sicher nicht. Dieses Kapitel ist der letzte Funke eines schlechten Gewissens, so was funktioniert nie wieder. Die betreffende Person fühlt sich hoffentlich angesprochen... Aber die Rache ist, dass in diesem Kapitel so gut wie nichts Interessantes passiert und nur zum Teil Probe gelesen ist. Dafür geht es im nächsten endlich mit dieser ach-so-verheißungsvollen Party los. Kapitel 16: Perfect Saturday ---------------------------- "Wir sind zu spät. Ganze zwanzig Minuten. Und du könntest wenigstens diesen leidenden Gesichtsausdruck absetzen, wenn du dich schon nicht freust." Freuen? Deidara seufzte resigniert. Er hatte sich den Mund fusselig geredet, aber Itachi war nicht zu erweichen. Und jetzt durfte er nicht mal mehr trödeln, um das Ganze etwas zu verkürzen. Allmählich gingen ihm die Steine aus, die er dieser Party in den Weg legen konnte! Er beneidete Sasori um den gesegneten, ruhigen Abend, den sein Freund Zuhause verbringen durfte, während er sich auf eine Party schleppen musste, und das mit einem Mädchen, das keins war. Das Problem dieser Begebenheit: bei Pärchen ging es erfahrungsgemäß auf solchen Partys meist recht... unanständig zu. So weit, so gut. Itachi würde ihn köpfen, wenn er ihm zu nah kam. Ihr Farce würde auffliegen. Und das war ziemlich schlecht. Itachi schimpfte ihn für seine Bedenken einen Pessimisten. Deidara bereute zum hundertsten Mal, Tayuya bei den Theatervorbereitungen die Einladung nicht aus der Hand gerissen und verschluckt zu haben. Er hatte eine niedrige Toleranz für Alkohol. Er wollte auf keinen Fall wieder in dieselbe Situation kommen wie mit Nasame. Warum begriff Itachi das partout nicht?! Deidaras einziger Trost war, dass er es geschafft hatte, Itachi für die Party ein Outfit aufzuzwingen. Und das war ziemlich dürftig. Er selbst hatte ohne jeglichen Enthusiasmus ein gebügeltes, orangefarbenes Hemd mit Nadelstreifen (à Fanart) und eine Jeans aus seinem Schrank gekramt, wobei er nicht den eindringlichen Rat seiner Mutter befolgt hatte, sich das Hemd in die Hose zu stecken und sich eine Krawatte zu binden. Letzteres beherrschte er sowieso nicht. Eltern kannten die Grenze zwischen Mode und Spießigkeit nicht. Er hörte die Musik, bevor er das Gebäude ausgemacht hatte. Der Bass vibrierte in seinem Brustkorb und weckte unangenehme Erinnerungen. "Müssen wir wirklich-" "Wollt ihr da festwachsen?! Ihr müsst hintenrum gehen!" Temari stand auf dem Balkon, ihr weißer Rock flatterte im Wind. Anscheinend war sie abkommandiert, die Gäste auf den rechten Weg zu bringen. Und das allein Kraft ihrer Stimme. Dem Lautstärkepegel nach musste das ganze Viertel unbewohnt sein! Deidara zwang sich, es Itachi nachzutun und zu winken, bevor sie die Seitengasse betraten, aus der die Musik kam. Das große, altmodische Haus aus weißem Kalkstein war beeindruckend, und der Garten stand dem in nichts nach. Der Abend war sternenklar, vom Pavillon aus spannten sich bunte Lichterketten über die weitläufige Grünfläche. Weiches, federndes Gras bedeckte den Boden. Der Garten selbst führte ums ganze, nicht gerade kleine Haus und wurde von Blumenbeeten gesäumt. Der Pavillon war die Nachbildung eines alten Baus aus der Landschaftsgärtnerei – ein schmuckloses, weißes Ding mit schwarzem Pagodendach, wobei die Schlichtheit den besonderen Reiz ausmachte. Nach Deidaras Schätzung war die halbe Schule anwesend, und es war trotzdem nicht zu eng. Überall tummelten sich lachende und über Belanglosigkeiten palavernde Schüler in farbenfrohen Kleidern. Auf beiden Seiten des Pavillons stand ein einfaches Buffet, dem bisher kaum jemand Beachtung schenkte. Deidara blickte sich bewundernd um. Er hätte Tayuya nicht so viel Geschmack und Organisationstalent zugetraut. Ihre Eltern hatten offenbar eine Menge Geld, dennoch wirkte das Ganze eher dezent als protzig und hatte durchaus Stil. Während Deidara sich mit den Sehenswürdigkeiten beschäftigte, hatte Itachi Tayuya ausgemacht und zog seinen Alibifreund in ihre Richtung. Tayuya trug ein hübsches, champagnerfarbenes Cocktailkleid mit einem Reißverschluss vom Ausschnitt bis zum Saum und einem weißen Seidenschal. Widerwillig gab Deidara zu, dass sie aus der Menge herausstach, ohne dafür billige Maschen zu brauchen. Vielleicht war er mit ihr ein wenig voreilig gewesen... was das Äußere anging. Itachi entschuldigte sich für die Verspätung, und Tayuya winkte nur gutgelaunt ab und bedankte sich für das mitgebrachte Geschenk. Dabei musterte sie verschmitzt grinsend die Aufmachung ihrer 'Freundin'. "Das hat was, wie hast du das zusammengestellt? Gar nicht so brav wie sonst..." Deidara wünschte sich, Itachi möge eine Notlüge erfinden, doch selbiger blieb schonungslos bei der Wahrheit und bekannte verlegen, es sei nicht seine Kreation. Daraufhin begegnete Tayuya Deidara mit neu erwachtem Interesse. "Du warst mit ihr Einkaufen? Wow, ich... Tut mir leid, wenn ich mich geirrt habe." Sie klopfte ihm auf die Schulter, und Deidara hob erstaunt eine Augenbraue. "Geirrt, un?" "Du kamst mir etwas komisch vor, weil du Yuzu-chan so nachgerannt bist... Sorry, ich dachte du wärst so einer von denen..." Sie sprach nicht weiter und hob entwaffnend die Hände. "Also dann, amüsiert euch bitte!", summte sie und machte sich daran, neue Gäste zu begrüßen. Deidara sah Itachi schräg von der Seite an. "Dir nachgerannt, un...?" "Nicht so wichtig, nur... Schulmädchenparanoia." Itachi vermied es, ihm dabei in die Augen zu schauen. Stattdessen machte sich Kidoumaru an den Soundboxen zu schaffen und legte andere Musik auf. Sakon assistierte ihm dabei. Von seinem älteren Zwilling war nichts zu entdecken. "Sie hat Sakon eingeladen, un?", wunderte Deidara sich laut, und Itachi zuckte mit den Schultern und zupfte sein Haar zurecht. Wieder einer seiner sehr femininen Momente. "Die ganze Theatergruppe ist da... Bis auf Kimimaro und Ukon, die haben abgesagt." Sie schwiegen ratlos. Deidara schickte Stoßgebete zum Himmel, er möge bei dieser Party glimpflich davonkommen. Bitte keine Nasame, keinen Alkohol, kein Tanzen, keine Reporterinnen! Seine Gebete wurden nicht erhört. Nach einem ziemlich schiefen Geburtstagsständchen und einem traditionellen Kerzen auspusten wurde die Musik aufgedreht und das Gras plattgetanzt oder besser getrampelt. Itachi hatte erfreulicherweise ebenso wenig Lust dazu wie Deidara und verzog sich mit einem Plastikbecher unter einen der Zierkirschbäume, wo er gespannt den Auflösungsvorgang seiner Eiswürfel verfolgte. Nasame wuselte irgendwo mit ihren Reporterfreundinnen herum und Deidara hoffte inständig, sie möge ihn übersehen. Ansonsten war das Bild recht ausgewogen: Tayuya lehnte Aufforderungen höflich ab und kommentierte mit einigen anderen den 'Tanzpulk'. Kidoumaru spielte ständig an den Boxen herum und zankte etwas mit Sakon. Der Zwilling und die Gastgeberin schienen sich gänzlich zu ignorieren, nicht mal ihre Blicke kreuzten sich. Temari dirigierte ihren unglücksseligen Bruder herum und klebte ihm ständig irgendein Mädchen an den Arm, Anko sammelte neue Rekruten fürs Theater und schleifte Aoi dabei mit, sozusagen als lebender Airbag. Kisame versuchte, mit einer Pinie zu verschmelzen, weil seine Schwester tödlich peinlich war. Insgesamt jedem das seine. Itachis Eiswürfel hatten sich aufgelöst. Mit missmutiger Miene würgte er das Zeug herunter und verzog das Gesicht. Deidara entschied, dass er noch gar nicht wissen wollte, warum. Er hatte selbst so einen unsäglichen Becher mit dunkelroter Flüssigkeit in die Hand gedrückt bekommen und es wäre nicht sehr anständig, es in die Blumen zu kippen. Augen zu und durch. Danach hatte er ein Alibi. Gleichzeitig verfluchte er sich, dass er sein Motorrad nicht als solches mitgenommen hatte. Mit geschlossenen Augen schluckte er das Gemisch herunter. Sein Rachen brannte wie verrückt. Wie viel hatte Tayuya in diesen Mist gekippt?! Das war ja mehr Alkohol als Flüssigkeit, verdammt! Itachi klopfte ihm auf den Rücken, obwohl er sich alle Mühe gab, nicht zu husten oder nach Luft zu ringen. Schluss, aus. Das trank er nicht noch mal. Mit aller Macht blendete er jegliches positive Gefühl aus, das der Alkohol hervorrief. Ihm war zu warm, was bis vorhin nicht der Fall gewesen war. Warum hatte Tayuya nicht weniger hochprozentige Getränke?! Itachi hatte sich als neue Beschäftigung einen dunkelgrünen Cocktail geholt und vergnügte sich damit, die Limettenscheibe mit einem Zahnstocher zu durchlöchern. Deidara dachte gar nicht daran, hier irgendein Getränk wieder anzufassen. So was auf nüchternen Magen... das musste ungesund sein. Wegen besagtem nüchternen Magen beschloss er, das Buffet zu probieren. Da hatte sich auf jeden Fall jemand Mühe gegeben. Grinsend betrachtete er, wie ein Stück Geburtstagskuchen in einer Schale Punsch versank. Moment, er grinste? Von manchen Dingen ließ man besser die Finger... zum Beispiel von undefinierbaren Alkoholmischungen. Letztendlich entschied er sich für eine kleine, ausgehöhlte und halbierte Honigmelone, die einfach zu niedlich und unschuldig aussah, um Alkohol zu beinhalten. Er suchte sich dazu einen langstieligen Löffel und den Strohhalm mit den schönsten Accessoires (wir erinnern uns an den Schuh des Manitu, falls da die Kreativität fehlt) und kehrte zu Itachi zurück. Dieser hielt inne mit seiner Beschäftigung. Inzwischen traktierte er ein Stück Kiwi. "Das würde ich nicht-" "Igitt, was ist das?!" Deidara hustete und zog sich angewidert den Strohhalm zwischen den Lippen hervor. Das Zeug war pappsüß und brannte fast so sehr wie das andere. Die Melone war dadurch ebenfalls ungenießbar. "Kins Spezialität. Und du hast übrigens das für Ukon bestimmte Exemplar." Itachi sprach das so aus, als wüsste er das nicht von sich aus. War Tayuya denn allwissend?! Deidara leckte sich über die Lippen und versuchte, die Süße von seiner Zunge zu vertreiben. Seine Geschmacksnerven waren halb taub von diesem Zuckerschock. Itachi trank seinen Cocktail aus und setzte sich auf einen der Klappstühle. Als Deidara es ihm gleichtat, musste er feststellen, dass die Musik nicht mehr so unangenehm wie vorher in seinen Ohren dröhnte und die Farben der Lichterketten ihm intensiver vorkamen als vorher. Unauffällig stellte er die Melone auf einen anderen Stuhl und beobachtete die anderen. Vor ihm schwebten langsam rosafarbene Kirschblüten zu Boden, und die Blätter raschelten. Eigentlich keine so schlechte Nacht... "Yuzu-chan, Deidara! Los, steht auf!" Tayuya schälte sich aus der Menge, begleitet von Anko. Sie strahlte unheimlich, und auch Anko feixte. Deidara hatte mal gehört, dass Nashörner auch wesentlich gefährlicher wurden, wenn man ihnen Alkohol gab... Itachi stand auf und glättete die Falten in seinem Rock. Deidara warf ihm einen ratsuchenden Blick zu, doch der Schwarzhaarige zuckte nur mit den Schultern. Deidara erhob sich widerwillig – kurz darauf krachte hinter ihnen etwas zu Boden... oder jemand. "Kidou, du bist so ein Idiot!" Tayuya kicherte, während Kidoumaru sich aufrappelte und seine Hose abklopfte. Er grinste ebenfalls und tauschte eine verschwörerische Geste mit Tayuya. "Was ist?" Trotz einer Art alkoholischen Nebels hörte Deidara die Spannung in Itachis Stimme. Tayuya war mit einem Satz hinter Itachi, packte seine Schultern und drehte ihn zu Deidara. "Zwei Personen unter einer Mistel müssen sich leidenschaftlich küssen, also zeig's uns, Deidara!" Es gab Situationen, in die sollte man gar nicht erst kommen. Ein Kuss, und Itachi würde zwei Dinge vom Angesicht dieser Welt tilgen... Ihn und Alkohol. Noch verstand Itachi die Brisanz der Situation nicht ganz. Es wäre leicht gewesen, sich von Tayuya loszumachen, es ging wohl mehr darum, sie nicht zu kränken. Aber als Anko hinter Deidara auftauchte und ihn ein Stück nach vorne drückte, wurde ihnen beiden endlich bewusst, wie prekär die Lage war. Sie hatten hier einige Aufmerksamkeit, und, um es banal auszudrücken, auf solchen Partys steckten sich immer irgendwelche Pärchen die Zunge in den Hals. Es wäre allzu seltsam, wenn sie da aus der Reihe fallen würden. Diesmal würde die übliche Ausrede nicht helfen, außerdem hatte Anko nicht bloß für ein Mädchen viel Kraft. Ihr Griff war fest wie ein Schraubstock. Itachis Mimik war eindeutig. Wage es nicht, mir zu nah zu kommen. Hilflos hob Deidara den Kopf. Über ihnen baumelte schadenfroh ein kleiner, mickriger Strauß Ilexblätter vom letzten Weihnachtsfest. Kidoumaru musste das vorhin da angebracht haben. Wollte Tayuya, nachdem sie ihn als Nicht-Yakuza erkannt hatte, testen, ob er überhaupt in seine 'Freundin' verliebt war? Das würde das Problem etwas schmälern. Irgendein Mädchen, zudem noch ein hübsches, zu küssen, war notfalls in Ordnung. Doch seinen ersten Kuss an einen Jungen zu verlieren, den er nicht mal richtig kannte, weil Itachi ein großes Geheimnis aus sich selbst machte... Tayuya trat zurück und beobachtete sie erwartungsvoll. Anko folgte ihrem Beispiel nach kurzem Zögern. Wenn einer von beiden jetzt ablehnte, war es sowieso klar. Deidara wagte einen Blick in Itachis Gesicht. Der andere erwiderte ihn nicht und starrte fieberhaft in die Luft über Deidaras Schulter. War das eine Art indirekte Erlaubnis? Sollte er es wirklich tun? Es war nicht sein erster Kuss, redet er sich ein. Dieser würde nicht zählen. Der erste Kuss gehörte dem Mädchen, das man liebte. Das hier war ein flüchtiger Lippenkontakt, begründet durch eine Notlage auf beiden Seiten. Das war seine Begründung an sich selbst und alle Menschen, die von diesem Ereignis erfahren würden, allen voran seine Eltern. Wenn seine Eltern je erfuhren, dass er auf einer Saufparty freiwillig einen Jungen geküsst hatte... Oh Mann, hätte er sich nie auf dieses Farce eingelassen, wäre das nicht passiert! Jammern half nicht. Deidara vergewisserte sich, dass er richtig zielte und kniff die Augen. Im Hintergrund lief ein Song mit dem für ihn wahnsinnig deprimierenden Refrain 'This could be the lovesong'. Er atmete tief durch, blendete den Begriff 'leidenschaftlich' aus und drückte seine Lippen vorsichtig auf Itachis. Sie waren warm und sowohl süß als auch sauer, wahrscheinlich von diesem seltsamen Cocktail vorhin. Deidara öffnete seine Augen einen Spalt, um zu erfahren, ob Itachi wütend auf ihn war... Aber alles um sie war dunkel, und die Musik war verstummt. Er sah Itachis helle Haut, konnte jedoch seinen Gesichtsausdruck nicht lesen. Vereinzelte erschrockene Schreie gingen durch die Gäste, und die pinke Reporterin kreischte enttäuscht auf. "Das Foto ist nichts geworden! Warum musste gerade jetzt der Strom ausfallen, Tayu-chan?!" Tayuya hob ahnungslos die Schultern. Einige Jungen inspizierten den Sicherungskasten. Kurz darauf leuchteten die Lichterketten auf, und die Musik setzte wieder ein. Itachi riss sich los und wischte sich fahrig über den Mund. Deidara widerstand der Versuchung, es ihm gleichzutun. Das war wirklich der dümmste Pseudo-Erstkuss der Geschichte. Und nebenbei... Was hatte er eigentlich den ganzen Abend gemacht? Das war die Frage, mit der er aufwachte. Er war zu Hause, in seinem Bett, und das Gott sei Dank allein. Sein Kopf schmerzte, allerdings nicht so schlimm wie beim letzten Mal, und ihm war auch nicht so schlecht, dass er glaubte, sich gleich übergeben zu müssen. Es war alles relativ in Ordnung... bis auf seinen Filmriss. Außer ein paar Bruchstücken konnte er sich an nichts erinnern. Sie waren auf diese dämliche Party gegangen. Einige ausgesprochen widerliche Getränke waren ihm im Gedächtnis geblieben. Ein kleines, stacheliges, rot-grünes Ding, im Volksmund Mistel genannt. Wenn man zusammen unter einer Mistel stand, musste man sich küssen. Irgendjemand hatte dafür gesorgt, dass Itachi und er diese Personen waren. Die Einzelheiten darüber waren Deidara verloren gegangen. Er erinnerte sich noch an einen süß-sauren Geschmack, an sich drehende Lichter und einen Satz... 'Kann ich mich darauf verlassen, dass du das alles morgen vergessen hast?' Deidara stöhnte, setzte sich auf und massierte seine Schläfen. War sein Alptraum mit Nasame wahr geworden? Nein, sonst wäre er garantiert nicht allein hier. Ein fremdes Mädchen, das ihr One-Night-Stand kaschieren wollte? O-oh... Bevor er sich aus lauter Entsetzen darüber doch noch übergeben konnte, fiel ihm etwas ein. Der süß-saure Geschmack stammte von Itachis Cocktail. Dieser Geschmack war in seinem Mund. Hieß das, sie hatten sich geküsst? Und auch noch auf Französisch? Deidara war hundertprozentig sicher, das er so etwas nicht beherrschte, nicht mal in seinen Gedanken. Und was, wenn diese Party im wahrsten Sinne des Wortes seine Zunge gelöst hatte...? Seine Sachen waren völlig zerknittert. Mürrisch zerrte er sie sich vom Leib, bevor er richtig aufgestanden war, und knallte die Badezimmertür hinter sich zu. Ohne einen Blick in den Spiegel, der ihn allenfalls deprimiert hätte, verschwand er in der Dusche und drehte das kalte Wasser voll auf. Noch mal von vorn. Er hatte jemanden geküsst, aller Wahrscheinlichkeit nach Itachi, und das nicht gerade zaghaft. Glücklicherweise war es nicht weiter gekommen – wenn er sein erstes Mal auch noch an einen Jungen verlor, würde er sich die Kugel geben. Nach dieser Eskapade würde er nie eine Freundin finden... Wie war er überhaupt nach Hause gekommen? Hatte Itachi ihn hergebracht? Kein Ruhmesblatt. Und wo war Itachi dann? Zuhause? Und wie war er da hingekommen? Na ja, vorzugsweise mit seinen Füßen, aber... Stop, Itachi war kein Mädchen, und um ihn musste man sich selten Sorgen machen. Insgesamt war diese Party zwar unangenehm, doch nicht so schlimm verlaufen, wie er gedacht hatte. Sie waren nicht aufgeflogen, er war nicht wirklich verkatert (dank eines guten Immunsystems klang das Meiste sowieso schnell ab), und er hatte nicht, wie viele andere, irgendeine wildfremde Tussi an den Hacken. Das war schon mehr, als man erwarten durfte. Mit seiner guten Laune kehrte auch sein Kälteempfinden zurück, und er drehte das Wasser ab. Wenn er schon nichts zu tun hatte, weil Sasori seine Freizeit momentan fast nur zum außerschulischen Lernen benutzte, konnte er Itachi ebenso gut einen Besuch abstatten und ihn mit besagter guter Laune nerven. Vielleicht konnte er ihm dabei auch ein paar persönliche Details entlocken. Für besagtes Nerven hatte er schon genaue Pläne. Itachi war schon seit gefühlt geraumer Zeit wach, obwohl es ihm nicht schien, als hätte er viel geschlafen. Einer der weniger schönen Effekte des Alkohols. Doch abgesehen von einer bereits schwindenden Taubheit im Kopf hatte er keine Beschwerden. Zumindest nicht körperlich. Denn Itachis Alkoholtoleranz war höher als Deidaras, und er hatte den letzten Abend noch gut im Gedächtnis. Grummelnd drehte er sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kissen. Das war mit Sicherheit ein Malheur, das nicht hätte passieren dürfen. Itachi schalt sich einen verdammten Idioten und beschloss, den heutigen Tag im Bett zu verbringen. Etwas, das er eigentlich sehr selten tat, doch in letzter Zeit... immer öfter. Weil ihm einfach fehlte, was er ansonsten getan hätte, und er langweilte sich. Mit einer Hand wühlte er unter dem Bett herum, ohne den Rest des Körpers unnötig anzustrengen. Langsam wälzte er sich auf den Rücken, die Haare überall im Gesicht, und schlug das Jahrbuch auf. Sein eigenes Gesicht erschien ihm völlig fremd. Er konnte nicht mehr einfach gehen und Basketball spielen oder wonach ihm auch immer der Sinn stand. Er konnte gar nichts. Außer seinem Bruder sah er niemanden regelmäßig, und selbst bei Telefongesprächen gebärdete er sich. Die Schule war ein einziger Spießrutenlauf. Das war kein Leben mehr. Es war eine Flucht. Irgendjemand klingelte da unten wie ein Bescheuerter. Wahrscheinlich wieder diese blonde Knalltüte aus Sasukes Jahrgang. Itachi seufzte und ließ das Jahrbuch auf den Boden fallen. Warum klammerte er sich noch sosehr an einem Leben fest, dass er nicht zurückbekommen konnte? Er hatte außer seinem Gesicht keine Gemeinsamkeiten mehr mit sich selbst. Er konnte Sasuke nicht mal in die Augen sehen, geschweige denn mit ihm reden. Dabei hatte seine Mutter ihn gebeten, auf ihn aufzupassen. Früher hatte sie ihm das ständig gesagt. Heute wusste er nicht mal mehr, wann das letzte Mal gewesen war. Er konnte nicht auf sich selbst aufpassen, das allein sprach Bände. Das Sturmklingeln hielt an. Bald würden sich die Nachbarn beschweren. Wo steckte Sasuke schon wieder?! Mürrisch schwang Itachi die Beine über die Bettkante und stand auf. Er war ein eingefleischter Jeans-und-T-Shirt-Typ, und zum Schminken hatte er jetzt erstrecht keine Zeit. Das hier musste genügen. Kaum hatte er die Tür geöffnet, flog sie ihm fast ins Gesicht. Itachi zuckte zusammen und durchbohrte Deidara mit einem Hast-du-mich-erschreckt-Blick. Der Blonde grinste bloß. "Ohayu, Itachi, un!" Itachi zischte einen Fluch, zog ihn am Arm in die Wohnung und knallte die Tür zu. "Bist du des Wahnsinns, einfach so-" "Es hat keiner gehört, es hat keinen interessiert, und wie schaffst du es, bei dem Wetter drinnen zu bleiben, un?!" Itachi gähnte hinter vorgehaltener Hand und rieb sich die Augen. "Bist du nur gekommen, um mich aufs Wetter aufmerksam zu machen?" Deidara feixte und streckte sich, als wollte er die Decke berühren. "Ah... Sei mal nicht so empfindlich. Lass uns rausgehen, un!" Itachi verschränkte die Arme vor der Brust und stemmte seine nackten Füße in die Holzdielen. "Nein." "Bitte, un!" "Nein." "Warum nicht, un?" "Hast du mir nicht kürzlich eine Szene gemacht, dein Freund fühle sich vernachlässigt?" Deidara kratzte sich verlegen am Hinterkopf. 1:0 für Itachi. "Naaa... Er hat momentan auch keine Zeit für mich, un..." Ihm kam eine brillante Idee. "Hilfst du mir bei den Hausaufgaben, un?" "Samstags? Hat das nicht Zeit bis morgen?" "Dann hilf mir bei den Kostümen, un." "Ich-" "Danke, ich weiß wirklich nicht weiter, un!" Deidara grinste und zog Itachi zur Tür. Dieser reagierte beinahe panisch. "Moment, so kann ich nicht-" "Was regst du dich auf, du musst dich nicht immer aufdonnern, un." Obwohl Itachi da anderer Meinung war und sich wand wie ein inzwischen vollständig Panischer, schaffte Deidara es, die Tür zu öffnen und ihn nach draußen zu zerren. Geistesgegenwärtig schnappte Itachi sich seine Sandalen, sonst hätte er die nächsten Stunden barfuß laufen dürfen. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Itachi funkelte Deidara finster an. "Ich hab keinen Schlüssel." "Den brauchst du auch nicht, un." Deidara geduldete sich, bis Itachi sich seine Sandalen angezogen hatte, und schob ihn zu dem kleinen Parkplatz, auf dem sein Motorrad im Schatten geparkt war. In Itachi kochten unangenehme Erinnerungen bei der Erkenntnis hoch, dass er sich gerade nicht freiwillig bewegte. "Willst du mich schon wieder durch die halbe Stadt schleifen?" Eine Aussicht, die ihm ganz und gar nicht behagte, denn momentan mutete nichts an ihm direkt weiblich an, bis auf seine angeborenen Makel (viele andere Fünfzehnjährige hätten es als Makel betrachtet, eine so schlanke Statur und feminin angehauchte Züge zu haben). So konnte er sich unmöglich zeigen! Deidara winkte lediglich ab. "Itachi, du bist unauffällig. Du siehst aus wie jeder andere. Als Mädchen erregst du viel mehr Aufmerksamkeit, und w-" "Ich hätte dir meinen Namen gar nicht erst verraten, wenn ich gewusst hätte, dass du dich damit entweder verplapperst oder ihn ständig benutzt!" Um die Demonstration seines Grolls zu unterstreichen, schnaubte Itachi und fischte ein Haarband aus der Tasche seiner Jeans. Es war eine wahre Wohltat, seine lästige, leider aber notwendige Haarpracht mal aus dem Gesicht zu bekommen. Darüber hinaus hatte er sein ganzes Leben lang nie kurze Haare gehabt (Säuglingszeit ausgenommen). Deidara seufzte theatralisch. "Itachi, niemand hört uns zu, niemand beachtet uns. Wir sind zwei Teenager unter Tausend in Konoha. Und jetzt setz' dich hin, wenn du schon solche Panik vor dem Laufen hast, un." Widerwillig stieg Itachi hinter ihm auf das Motorrad. Ohne Rock war das wesentlich einfacher. Seine Augen huschten hin und her, doch die anderen Menschen schienen sie nicht mal wahrzunehmen. Deidara hielt offensichtlich nichts von Helmen (wie wir alle wissen, ist das natürlich ganz unvorbildlich, aber das ist AU, und somit räume ich das mal aus), und Itachi musste heftig blinzeln, als ihn eine kräftige Windböe ins Gesicht traf. Unter ihm ließ der Motor das ganze Fahrgestell vibrieren. Die Vibration breitete sich überall aus, kroch seine Beine hoch, durch seine Brust und in seinen Kopf. Es war ein völlig neues Gefühl, bei den letzten Motorradfahrten war Itachi immer mit Nebensächlichkeiten beschäftigt. Nun hatte er nichts, mit dem sich sein Verstand beschäftigen konnte. Zögerlich blickte er über Deidaras Schulter. Die Straße war größtenteils frei, über dem Asphalt flimmerte bereits die Sommerhitze. Der Wind kühlte sein Gesicht, bevor er davon etwas bemerkte. Es war wirklich eigenartig, diese Anonymität nach so vielen Jahren wieder zu spüren. Wie lange war es her? Fünf? Sechs? Oder nur drei oder vier? Es war ihm nicht mal wieder eingefallen, als er das Jahrbuch betrachtet hatte. Deidara bestand darauf, dass sie im Blue Shell frühstücken gingen. Erfreulicherweise waren keine auffälligen Mädchenpulks in Sicht, und keiner interessierte sich dafür, dass Itachi schon wieder durch das halbe Café gezerrt wurde, weil das Blue Shell auf dem Dach ebenfalls Tische hatte und Deidara sich weigerte, drinnen zu sitzen. Noch hielt es sich mit der Wärme in Grenzen, Itachi fand es sogar zu kalt. Er beschwerte sie nur deswegen nicht, weil sie hier allein waren, und beschränkte sich darauf, Deidara finster anzustarren und einen Rekord im 'steif und regungslos auf dem Stuhl sitzen' aufzustellen. Deidara überging Itachis Unmut einfach und las die Karte durch. Dass bisher noch niemand die Sprache auf den gestrigen Abend gebracht hatte, wertete er als gutes Zeichen. "Hast du keinen Hunger, un?" Itachi starrte noch finsterer. "Glaubst du, deine Figur verkraftet das nicht, un?" Und noch finsterer. "Wenn du den Kellner fragst, sagt er dir bestimmt, ob es hier irgendwo Guasaft gibt, un." Itachis Blick fing an, die Sonne zu verdecken. "Oder... wo es ihn nicht gibt, un...?" Deidara bildete sich ein, einen kalten Wind zu spüren. Vielleicht war es keine so brillante Idee gewesen, allein mit Itachi aufs Dach zu steigen. Und das unbewaffnet. Itachi starrte ihn unverwandt an. Bald würde nur noch ein Häufchen Asche an ihn erinnern... Ob er wohl das Schlimmste abfangen konnte, wenn er sich unter den Tisch warf? Ein Moment des bedrohlichen Schweigens folgte, bevor Itachi ihm die Karte aus den Händen zog und lustlos darin herumblätterte. Die Wolke zog von der Sonne, und der Wind legte sich. X-te Memo an Hirn: Itachi konnte sehr, sehr unheimlich werden. Wichtig für das zukünftige Überleben in seiner Gegenwart. Sie waren beide normalerweise zu faul für ausgiebige Frühstücks, also bestellte Itachi sich einen Milchkaffee mit Sahne, die er mithilfe seines Löffels und des beigelegten Kekses aus den Fluten rettete, bevor sie überhaupt ans Auflösen denken konnte, und Deidara eine andere Sorte Kekse und einen merkwürdig aussehenden Drink, der laut der Karte keinen Alkohol beinhaltete. Die besagte andere Sorte Kekse war ein wahrer Berg, weshalb Itachi ihm die klaute, die keine Ähnlichkeit mit einem Herz hatten (und das war im Blue Shell eine respektable Aufgabe). Der besagte merkwürdig aussehende Drink benötigte eine gründliche Untersuchung, bevor man den Strohhalm ausgemacht hatte. Hätte man versucht, ihn so zu trinken, hätte man ein halbes Supermarktangebot an Früchten eingeatmet, und darauf war Deidara nicht scharf. Während sie in friedlicher Eintracht mit ihren Bestellungen kämpften (was Itachi anging, es war eine wirklich große Tasse und wirklich viel Sahne, die zu retten war), hatte Deidara das Gefühl, beobachtet zu werden. Er saß mit dem Rücken zur Treppe nach unten, doch als er sich umdrehte, war niemand dort. Itachi schien nichts bemerkt zu haben, er war sowieso viel zu beschäftigt mit dem Wettlauf gegen die Zeit und die unaufhaltsame Auflösung der Sahne. "Itachi, un?" "Mmmh?" Mehr ist nicht herauszubekommen, wenn man sich den Löffel zwischen die Lippen klemmt und mit einem widerrechtlich erworbenen Keks in seinem Milchkaffee herumrührt. "G... Gestern, da... bei Tayuya, ich..." "Sie muss es selber ausbaden, abgesehen davon war es ein echter Stimmungskiller." Deidara blinzelte verwirrt. Erstens, weil er gar nicht das Tayuya hatte fragen wollen, zweitens, weil es ihn interessierte, was diese femme fatale wieder angestellt hatte, und drittens, weil 'Stimmungskiller' im Bezug auf das, woran er sich erinnerte, ziemlich zweideutig war. "Pardon, un?" "Sakon war so wütend, dass er nicht mal etwas sagen konnte. Er ist einfach abgehauen." Vor dem Sprechen hatte Itachi nachvollziehbarerweise seinen Löffel wieder auf die Untertasse gelegt und sah einem Keks beim Durchweichen zu. Deidara klopfte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. "Was denn, was denn, un?" Itachi zog die Augenbrauen hoch, fragte jedoch Gott sei Dank nicht nach, warum Deidara das vergessen hatte. "Tayuya hat gestern Nacht vor Sakons Augen mit seinem besten Freund herumgemacht." Deidara verschluckte sich nachträglich an einem Stück Erdbeere, das er von seinem Drink abgezupft hatte, und hustete krampfhaft. Er brauchte einige Minuten, bis er wieder richtig sprechen konnte. "Sie hat mit Kidoumaru rumgemacht?! Wie geschmacklos ist die Nummer, un?!" Itachi zuckte mit den Schultern und fischte seinen Keks mit dem Löffel aus der Tasse, bevor er versank. "Danach sind alle gegangen, das weißt du doch." Er hielt inne und blickte Deidara scharf an. "Oder?" Großartig. Zwickmühle auf Bestellung. Diesmal entging Deidara die Regung hinter ihm, da er gerade mit seiner genannten Zwickmühle rang. Ein leises Klicken meldete, dass das Foto einwandfrei gespeichert war. Nasame kicherte und wechselte über in das MMS-Menü. Dort verschickte sie das Foto mit dem Untertitel 'Enthüllungen aus dem Blue S.' und setzte sich auf die Treppen, um vom Dach aus nicht mehr gesehen zu werden. Ihr Bruder würde Augen machen... Dieser Junge mit den schwarzen Haaren war derselbe wie der stoische Kerl mit seiner Katze... Derselbe Kerl, der vor wenigen Jahren einfach aus dem Blickfeld ihres Bruders verschwunden war. Und es gab in Konoha nur einen Jungen, der so aussah und heftige allergische Reaktionen auf Guasaft zeigte. Kapitel 17: Perfect Movie ------------------------- "Nun ja, eigentlich... un...?" Itachi zog die Augenbrauen hoch und ließ von seinem Milchkaffee ab. "... muss mir das... entfallen sein, un..." Das klang besser als 'Ich hab keine Ahnung, was wir gestern noch gemacht haben. Erklärst du's mir?'. "Vielleicht hat Kin irgendetwas für Ukon in diese Melone gemischt, un..." Im Zweifelsfall immer auf die anderen, schon klar. Allerdings ging diese Vermutung schon gefährlich nahe an die Fakten. "Du hast dich-" "N... nein, nur dieser Satz, den du gesagt hast... Dass ich... das vergessen soll, un..." Erst denken und danach reden. Das wäre mal einen Versuch wert. Wenigstens konnte er sich hinter seiner Verlegenheit verstecken. Und er konnte Itachi damit anstecken, damit er nicht weiter nachfragte. Es wurde still. Der Verkehr unter ihnen nahm zu, bald würden sie hier nicht mehr allein sein. Deidara starrte hilflos auf die Tischplatte und wagte nicht den Kopf zu heben. Das war kein höfliches Schweigen. Das war wortringendes Schweigen. Schließlich beendete Itachi die Funkstille, indem er weiter in seiner Tasse herumrührte und murmelte: "Es ist nichts passiert, also lass es uns einfach vergessen." Er hielt einen Moment inne und fügte hinzu: "Dann hast du eben noch was gut bei mir." Deidara fragte nicht wofür, und er war ohnehin allzu glücklich, nicht näher auf seine Wissenslücke eingehen zu müssen. Grinsend wartete er, bis Itachi ansetzte, seinen Milchkaffee zu trinken, anstatt ständig darin herumzurühren, und fragte scheinheilig: "Gehen wir Einkaufen, un?" Itachi bekam beinahe einen Erstickungsanfall und hustete krampfhaft. "Muss das sein?! Wir waren gerade erst!" "Mädchen gehen immer einkaufen. Außerdem hast du versprochen, mit mir in einen Actionfilm zu gehen, un!" Itachi sah nicht besonders glücklich aus und trank düster seinen Milchkaffee. "Oh, oder du könntest mit mir zu einem Motorcross-Rennen gehen und wie die anderen Freundinnen kreischend in der ersten Reihe stehen, un..." Der Schwarzhaarige hüstelte dezent und funkelte Deidara über den Rand seiner Tasse drohend an. "Oder du gibst mir Nachhilfe in Sozialwissenschaft. Orochimaru-sensei köpft mich, wenn ich den Faden nicht wiederfinde, un..." Itachi maß ihn mit misstrauischen Blicken und nickte, als er das Letzte als das kleinere Übel erkannte. Es entstand wieder ein unbequemes Schweigen. Itachi war in Gedanken zweifellos immer noch bei Tayuyas Geburtstagsparty. Deidara war einen Moment ratlos, bis es ihm endlich dämmerte. Itachi hatte niemanden außer ihm, vor dem er sich nicht verstellen musste. Nicht mal mit seinem Bruder schien er viel Kontakt zu haben. Möglich, dass das mal anders gewesen war, aber hier und jetzt war Itachi allein. Selbst, wenn Deidara den Mund hielt, er konnte ihn nicht zwingen, seine Freizeit mit ihm zu verbringen. Deidara hatte das ungute Gefühl, plötzlich viel mehr Verantwortung in dieser Sache zu tragen als vorher. Itachi wurde 'schwächer'. Er war nicht mehr so zielstrebig wie am Anfang ihres Plans, als er noch alles kontrolliert hatte. "Uhm... Itachi, un?" Zögernd sah der andere auf. In seinen Augen schien sich Angst mit jener Verstörtheit zu mischen, die seit dieser seltsamen Aktion im Einkaufszentrum in ihnen geblieben war. Deidara räusperte sich und fuhr fort: "Was auch immer aus deiner Sicht gestern... passiert ist, es ändert nichts. Ich hab dir versprochen, dir zu helfen, und na ja... Es wäre dämlich, jetzt aufzugeben, richtig, un?" Er lächelte ein wenig hilflos. "Hey, wir sind gar nicht mal so schlecht, oder? Wir haben bis jetzt jede Krise überstanden und waren sogar auf einer Party, ohne aufzufliegen, un. Also... Mach' dir keine Sorgen, dass ich dir abspringe oder so. Ich meine... wir sind doch Freunde, oder, un?" Einen Augenblick lang starrte Itachi auf den Betonboden neben sich. Eine sanfte Windböe erfasste sein Haar und machte es Deidara unmöglich, seinen Gesichtsausdruck zu erkennen. Itachis Mundwinkel zuckten nach oben, was ebenso ironisch wie ehrlich gemeint sein konnte. War er nun etwas zu offen gewesen und hatte sich aus Itachis Sicht lächerlich gemacht? Itachi stützte seinen Kopf mit einer Hand auf und schnaubte. Seine Mundwinkel hoben sich noch etwas. "Du bist echt ein netter Kerl, weißt du?" Deidara grinste zurück. "Bin ich, un?" Nachdem sie ihr Frühstück beendet hatten, bestand Deidara auf einen Rundgang in der Stadt, um Itachi durch potenzielle Boutiquen zu schleifen und das Kinoprogramm zu checken. Sie hielten sich an den Händen, größtenteils weil Deidara seine 'Freundin' ständig herumzerrte und schob. Bald ließ sich durch Itachis vertrautes Gemaule erkennen, dass er aufgehört hatte, das Für und Wider abzuwägen, für den Fall, dass man sie hier zusammen sah. Deidara zog daraufhin noch ein wenig unbeschwerter und wechselte die Richtungen so abrupt, dass sein Opfer mehr als einmal einem Hindernis oder einer gefährlichen Häuserecke ausweichen musste. Deidara war in ausgesprochen guter Stimmung. Ihm hatte noch nie jemand gesagt, dass er ein netter Kerl war, weil er sich selten mit anderen Personen außer Sasori abgab, und der machte seine Komplimente anders, wenn er welche zu machen hatte. Und eine simple Aussage war ihm allemal lieber als Nasames verträumte Kommentare über seine hinteren Körperregionen. Vielleicht machte es die Abwechselung, dass er sich in Itachis Gegenwart so wohl fühlte. Auf den ersten Blick unterschied er sich nicht groß von Sasori, doch Itachi hatte ganz andere Facetten. Deidara hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, Itachi sei kein Ersatz für seinen besten Freund. Dennoch... Sie teilten so vieles, nach dem Deidara sich unbewusst sein ganzes Leben gesehnt hatte. Sasori wäre allenfalls mit ihm ins Kino gegangen, um ihm einen Gefallen zu tun, und hätte sich zu Tode gelangweilt. Trotz ihrer langen Bekanntschaft hätte Deidara sich geniert, seine Hand festzuhalten, wenn ihm ein Horrorfilm zu viel wurde. Es war undenkbar, sich mit Sasori eine tödlich primitive Soap reinzuziehen und darüber auch noch zu lachen. Erstens, weil Sasori trotz aller Rücksicht diese geistige Unterforderung keine zwei Minuten ausgehalten hätte, und zweitens, weil er grundsätzlich viel zu reserviert war, um wirklich zu lachen. Mit Itachi war das so viel... ungezwungener. Deidara brauchte beides, und mit seinem momentanen Privatleben war er trotz seinen momentan düsteren Aussichten auf eine echte Freundin hochzufrieden. Während sie die Einkaufsstraße zur Abwechselung mal einfach nur durchquerten, plauderten sie ein wenig über Gott und die Welt. Itachi hatte zu Deidaras großer Begeisterung noch keine festgelegten Ideale von Kunst. Sasori hatte zwar großes Fachwissen, aber leider felsenfeste Ansichten. Es nahm Diskussionen eine ganze Menge von ihrem Reiz, wenn man wusste, dass der andere seine Meinung sowieso kein bisschen ändern würde. Deidara riss sich am Riemen, um Itachi nicht in einem atemlosen Redeschwall zu ertränken. Stattdessen tastete er sich behutsam vor und fragte Itachi nach seinen Visionen von Schönheit, woraus eine neue Diskussion über Schönheit erwuchs. Itachi mochte keine Oberflächlichkeit, hatte nichts übrig für aufgedonnerte Frauen in sündhaft teuren Kleidern, die mit einem aufgesetzten Lächeln vor ihrem Werbeplakat posierten. In diesem Punkt gab es absolute Einigkeit. "Zeichnest du das, was dir gefällt?", fragte der Schwarzhaarige schließlich. Deidara wusste, dass er damit auf das verschlossene Zimmer in seiner Wohnung anspielte. "Na ja... Nicht nur, un. Wenn man nur das zeichnet, was man hübsch findet – völlig egal, was das ist – ist das, als würde man so tun, als gäbe es nichts Anderes, un..." Er vergrub die Hände in den Hosentaschen. "Schönheit gibt es nicht ohne ihr Gegenteil, also hätte ich einen Raum voller bleibeschmierter Blätter, un." Itachi nickte, erwiderte jedoch nichts. Deidara zögerte einen Moment. Itachi hatte kein einziges Mal etwas von sich erzählt, und er wich den Fragen kompromisslos aus. Normalerweise nicht so verwunderlich. Wenn er es nicht wollte – Sasori hatte das zunächst auch nicht gewollt – gab es keinen Grund, überneugierig zu sein. Allerdings hatte Itachi so einige Kuriositäten hinter sich, und es schien immer noch etwas zu geben, das er vor allen verbergen wollte, vielleicht sogar vor sich selbst. "Was machen eigentlich deine Eltern, un?" Itachi zuckte zusammen. Offenbar traf die Frage ihn völlig unvorbereitet. Er warf Deidara einen verunsicherten Blick zu, und der andere erwiderte ihn mit einer gewissen fragenden Unnachgiebigkeit. "Meine Mutter lebt ein paar Autostunden von hier. Mein Vater ist gestorben, als ich acht war.", sagte er kurz. Sein Tonfall machte unmissverständlich klar, dass er nicht mehr erzählen wollte. Doch Deidara ignorierte das. "Warum hast du deine Identität gewechselt, un?" Itachi biss sich auf die Unterlippe. Seine Hände ballten sich unschlüssig zusammen. Sie glitzerten feucht. "Es war besser so." "Warum, un?" Itachi warf ihm einen zweiten Blick zu, diesmal unverhohlen verärgert. Und hinter diesem Ärger lag unübersehbar Angst. "Das ist eine Familienangelegenheit." Das war keine Erklärung, die das Thema aus der Welt schaffte. Deidara ging es allmählich auf die Nerven, sich ständig mit windigen Begründungen zufrieden geben zu müssen. "Und deshalb bist du so nervös und machst diese ganze Maskerade, un?" "Schon vergessen, dass du mir helfen wolltest?" "Ich helfe dir ja, ich will bloß mal wissen, wofür das Ganze, un!" Itachi blieb stehen und baute sich vor Deidara auf. Er war ein Stück kleiner, dennoch hatte er etwas Bedrohliches an sich. Wie ein Attentäter kurz vor einer Verzweiflungstat. Deidara schob den Vergleich schnell beiseite. Itachi mochte ein wenig seltsam sein, aber er war niemals ein Verbrecher. "Du hilfst mir, wenn du mir vertraust. Ich kann es dir nicht sagen, verstehst du?" Seine dunklen Augen musterten sein Gegenüber eindringlich. Deidara seufzte. "Nein, ich verstehe es nicht. Aber ich hab' es dir versprochen, un." Es schien, als entspannte Itachi sich etwas. Die ernste Falte zwischen seinen Brauen verschwand. "Gut. Dann lass uns gehen." Itachi ließ sich zu einem Actionfilm überreden. Deidara hatte den Verdacht, dass er kaum etwas entgegensetzte, weil er erleichtert war, dass deine Beweggründe nicht weiter hinterfragt wurden. Deidara ging davon aus, dass ihm etwas daran sehr unangenehm war, und er fand es stumpfsinnig, hartnäckig auf Einweihung zu bestehen. Es konnte sich kaum um etwas Gravierendes handeln, wenn Itachi sich nicht mal die Mühe machte, die Schule oder den Wohnort zu wechseln. Darüber hinaus trug Deidara ungern Verantwortung für etwas, das er nicht abschätzen konnte. Also blieb es bei ihrer Übereinkunft. Itachi fand, beharrlich wie eh und je, in der kleinen Empfangshalle des Kinos noch Zeit, seine Striche mit Puder zu überdecken. Deidara gab es auf, sich darüber zu beschweren. Letztendlich veränderte sich Itachis Gesicht auf diese Weise eine ganze Menge. Seine Züge erschienen weicher, femininer, und seine schmale Kopfform kam mehr zur Geltung. Kein Wunder, dass er so verhältnismäßig mühelos als Mädchen durchging. "So... Welches dieser Wunderwerke hättest du gern?" Itachi betrachtete missmutig ein riesiges Werbeplakat über den Kartenschaltern. Es vereinte so gut wie alle Klischees eines Actionfilms: ein großer, muskulöser Mann mit obligatorischer Sonnenbrille, in einer von der rasanten Fahrt lädierten Businesssuit, einem geöffnetem Hemd auf einem wahren Monstrum eines Motorrads, in einer seiner kräftigen Pranken eine Schusswaffe und in der anderen eine junge Frau im sicher wahnsinnig praktischen Rock und lädierter Bluse, die sich wie verrückt an seinen Arm klammerte. Hinter ihnen explodierten ebenfalls obligatorische brennende Autowracks. Allein mit diesem Bild war die schmale Handlung des Films zusammengefasst. Deidara schnaubte nur. Über dem Ausgang hing ein nicht weniger großes Plakat seines besonderen Lieblingsfilms, 'Spilling Blood Vessel' – und laut der Anzeige durfte man sich bald auf 'Spilling Blood Vessel 2 – Das Grauen in den eigenen Adern' freuen. Na, da kam Freude auf. Auf dem Plakat starrte der ehemalige Held mit irrem Blick ins Nichts. Seine Augen waren zu nicht identifizierbaren Auswüchsen geworden, genau wie der Rest seines Gesichts. Dort, wo sich mal der Mund befunden hatte, prangten weißgrüne, mit Schleim überzogene Angelhakenzähne. Deidara und Itachi schüttelten sich unisono angewidert. Jeder drehte den Kopf in die Richtung des jeweils anderen, mit der stummen Botschaft: Bloß nicht DAS. Nur leider hatte Deidara den Vorteil, dass Itachi ihm das zweifelhafte Vergnügen eines Actionfilms versprochen hatte. Starr vor Widerwillen schob Itachi sich in Richtung Schalter, um Eintrittskarten für 'Hellburner Reloaded' zu kaufen – was ein kreativer Name. Deidara sah ihm dabei mit einer Zufriedenheit zu, die andere Menschen vielleicht nach einem wirklich harten Tag oder einem gewonnenen Marathonlauf empfanden. Wie lange hatte er schon keinen Actionfilm mehr im Kino gesehen? Es musste Ewigkeiten her sein... "DEIDARA-KUUUN!" Seine Zufriedenheit zerbrach mit einem enormen Klirren. Diese Reporterinnen waren schlimmer als eine sommerliche Grippewelle! Er beneidete Itachi um den sicheren Boden hinter der Absperrung. In diesem Moment wäre er sogar schon wieder in einen Horrorstreifen gegangen, nur um dieser Schreckenscrew zu entkommen. Immerhin... So gruselig war es mit menschlichem Beistand nicht gewesen. Vielleicht doch ganz gut, dass Itachi kein Mädchen war. Mit ihm machten so undenkbare Unternehmungen sogar Spaß. Er hatte keine Zeit, eine Ausrede zu erfinden. Die pinke Reporterin knallte ihm geradezu den Abzug eines Farbfotos ins Gesicht. "Gut, dass ich dich treffe. Gerüchten zufolge steckt ihr beiden wegen gestern Abend in einer Beziehungskrise. Ist die Person auf dem Foto am Ende gar nicht Yuzuka? Hast du sie betrogen? Ist sie für dich bloß eine von vielen, weil du auf ihren Typ stehst? Was haben diese vertrauten Blicke zu sagen?" Völlig verdattert machte Deidara einen Schritt zurück, um das Bild erkennen zu können. Oh, der Moment der Erklärungsnot. Wie zur Hölle kam sie an das Foto?! "Es fielen viele Namen. Unter anderem Tayuyas. Hast du mit ihr gestern, hinter dem Rücken deiner Freundin-" "Gar nichts hab' ich hinter irgendwessen Rücken gemacht, un!" Peinlicherweise konnte er das nicht allzu genau belegen. Trotzdem, wie sehr Itachi sich auch über sein mangelndes Vertrauen beschwerte, in diesem Punkt hatte er die volle Portion. "Verstehe... Ihre Liebe ist groß genug, um dir alles zu vergeben. Dennoch muss sie sich jede Sekunde vor sich selbst rechtfertigen... Hast du keine Angst, dass sie unter dieser Last zusammenbricht?" Deidara seufzte. Er konnte sich den Mund fusselig reden und sie würde nichtsdestotrotz noch mehr an den Haaren herbeigezogene Thesen aufstellen. Die Veröffentlichung der Schülerzeitung stand für morgen an. Er konnte nur hoffen, dass es für Itachi und ihn nicht allzu blamabel wurde. "Sie bricht nicht zusammen und wird das in Zukunft nicht tun. Wir werden wie zwei gewöhnliche Menschen ins Kino gehen, wie gewöhnliche Menschen nach Hause kommen und einer gewöhnlichen Tätigkeit, landläufig als 'rumhängen' bekannt, nachgehen. Vielen Dank für Ihre Geduld, un." Wohl eher für seine Geduld. Itachi winkte ihm zu, und Deidara war nur zu froh, dem nachkommen zu können. Er wurde fotografiert und duckte sich hinter seine 'Freundin'. Itachi zuckte überrascht zusammen und tat dann etwas ganz und gar Unerwartetes... Er lachte darüber. Wenn er lachte, machte sein Gesicht die nächste Verwandlung durch. Alles an ihm schien irgendwie zum Leben zu erwachen. Gut, das war ungeschickt formuliert. Für die Dauer seines Lachens wirkte er viel sorgloser und attraktiver. Deidara spürte, wie eine Welle alter, längst vergangener Schwärmerei über ihn hinwegrollte. Herrgott, Itachi wäre das ideale Mädchen für ihn! Er würde sich wirklich gern in ihn verlieben, wenn er dem anderen Geschlecht angehören würde. Er mochte Itachis Nähe, seine Sicht der Dinge, sein teilweise sehr unkonventionelles Denken, seine Art, alles Mögliche zu tun... Und eine perfekte Freundin sollte diese Kriterien erfüllen! Sie reihten sich in den Strom der Kinobesucher ein, um den Fotoapparaten zu entkommen. Itachi lachte nicht mehr, doch er verströmte eine unbestimmte Heiterkeit und wirkte trotz seines absolut nicht aufgedonnerten Kleidungsstils noch graziler als sonst. Es war verblüffend, wie viele Facetten sich in einem Menschen verbargen... Und momentan war Deidara glücklich damit, die Sonnenseiten zu entdecken. Der Saal war genau wie bei ihrem letzten Kinobesuch nicht sonderlich voll. Deidara hätte gerne vorgeschlagen, ins Schwimmbad zu gehen, aber das ging beim besten Willen nicht. Itachi mochte zierlich gebaut sein, dennoch gab es eindeutig einen männlichen und weiblichen Körperbau, der nicht allein von den Proportionen abhing. Itachi drückte ihm einen Becher Popcorn in die Hand, der als Gratisbeigabe für das Ticket angezeigt war. Es war nicht übermäßig viel und schmeckte kreischsüß, doch das gehörte einfach dazu. Sie suchten sich Plätze weiter entfernt von den anderen, mehr unbewusst als absichtlich. Itachi brauchte wohl kaum seelischen Beistand für einen seichten Actionfilm. Die Sitze hatten keine Lehnen und waren mehr wie Bänke konstruiert. Das hatte den Vorteil, dass man sich beim Aufstehen nicht an der Lehne stoßen konnte, allerdings hatte Deidara es lieber, wenn die Sitzplätze etwas deutlicher getrennt waren. Solche Anordnungen förderten mehr Aktivitäten wie... die des Paares bei ihrem letzten Besuch. Itachi hielt Ausschau nach der Reporterin und ihren Freundinnen. Er war unschlüssig, ob sie wieder Händchenhalten mussten, obwohl man das in der Dunkelheit eh nicht sah. Außerdem brauchte er seine ganze Konzentration, um sich nicht allzu offensichtlich vor dem Helden und seiner pseudocoolen Poserei zu ekeln. Ein ohrenbetäubendes Gitarrenkonzert leitete diesmal den Film ein. Der Hauptheld saß in seinem natürlich ultraseriösen Büro und tippte ultraprofessionell auf seinem Laptop herum, als hätte er kapiert, was man mit so einem Ding machte. Zumindest war das Itachis Sicht der Dinge. An der Bürotür stolzierte eine blonde Sekretärin vorbei, erkennbar als die Frau vom Werbeposter. Sie war überauffällig auf unauffällig getrimmt, um es gelinde auszudrücken. Dass es für ein unauffälliges Äußeres nicht reichte, sich die Haare hochzustecken und eine Brille zu tragen, hatte denen wohl noch keiner gesagt. Die Frau war lückenlos geschminkt und trug schwarze Stöckelschuhe. Sie warf dem Hauptheld einen schmachtenden Blick zu und tippelte dann weiter. Was folgte, war der obligatorisch durchgeknallte Bösewicht, der alle Menschen in lebende Bomben verwandeln wollte und nebenbei die Erdoberfläche durch das Erdinnere erhitzen. Sein Gesicht war ebenfalls obligatorisch von einem Feuer entstellt worden. Der Teil erinnerte ein wenig an Splatter und machte Itachi am meisten Spaß. Für die oben genannten Handlungen brauchte der Film fünfzehn bis maximal zwanzig Minuten. Danach kam das, worauf jeder im Saal, Itachi ausgenommen, gewartet hatte – die Verfolgungsjagden, brutalen Schießereien, actiongeladenen Mann-Gegen-Mann-Kämpfe, und die dezent eingestreuten Liebesszenen. Itachi konnte sich nicht erklären, wie Deidara daran Spaß hatte. Gerade raste der Held mit seinem Motorrad, das bei genauer Betrachtung fast 1:1 bei Final Fantasy geklaut war, eine Rampe hinauf um die Sekretärin zu retten, die sich panisch an eine Abrissbirne klammerte, um nicht in eine Teergrube zu fallen. Überraschend, wie viele Teergruben unter dem Asphalt waren, und wie lahm die Feuerwehr im Anmarsch war, um sie zu retten. Da die Normalsterblichen es nicht auf die Reihe bekamen, holte der Hauptheld alles aus seinem Motorrad heraus, um das Retten zu übernehmen. Dabei fiel ihm siedend heiß ein, dass er ihren Vornamen nicht kannte und brüllte wie ein Mantra 'Miss Stevens!' gegen den Fahrtwind. Als er nah genug gekommen war, glitten Miss Stevens Hände von der glatten Abrissbirne. In einem spektakulären Manöver in Zeitlupe sprang der Hauptheld mit seinem Motorrad über die Teergrube und fing sie auf. Er setzte federleicht auf – Deidara sog bewundernd die Luft ein – lächelte sein Macholächeln und sonderte einen 0815-Spruch der Sonderklasse ab, bei dem Itachi das Würgen bekam. 'Wissen Sie, Miss Stevens... (dramatische Pause) Ohne diese Brühe sind Sie mir doch lieber, oder ist das eine neue Hautcreme?' Er sprach es und starrte ihr in den Ausschnitt und auf die Stellen, an denen ihr Rock praktischerweise aufgerissen war. Und diesem Weib fiel tatsächlich nichts Besseres ein, als 'Nennen Sie mich Grace...' zu hauchen! Es folgte der dramatische Filmkuss, bei dem 'Grace' plötzlich nicht mehr so schüchtern war. Um seine Echter-Kerl-Gene unter Beweis zu stellen, fuhr der Hauptheld vom Tatort weg, ohne nach vorne sehen zu müssen. Itachi wünschte sich, dass er dabei von der Straßenbahn überfahren wurde, denn das war für ein so imposantes Motorrad bestimmt ein Armutszeugnis. Sie hielten in einer schmalen Gasse, und Itachi verdrehte die Augen. Na, die Frau war ja nicht gerade wählerisch. Jede andere hätte diesem Kerl eine runtergehauen. Die beiden ließen sich von der Örtlichkeit nicht stören und vergnügten sich weiter. Itachi war diese zur Schau gestellte 'Romantik' peinlich. Ein Seitenblick sagte ihm, dass Deidara immer noch das Motorrad bestaunte und die Stunts Revue passieren ließ. Da gefiel ihm 'Spilling Blood Vessel' wirklich besser. Da kam keiner auf die Idee, in eine Seitengasse zu fahren und auf einem Motorrad Sex haben zu wollen, Gott sei Dank. Dieses Unternehmen war mehr als vulgär. Ein echter Männerfilm. Itachi lehnte sich gegen seinen Sitz, verschränkte die Arme und schloss die Augen. Er beschloss ganz einfach, seine Ohren auf Durchzug zu stellen, bis diese (mit Rücksicht auf das Rating nicht zweideutig beschriebenen) Aktivitäten vorüber waren. Ganz davon ab wurde das von einer Freundin erwartet, die nicht zufällig vorhatte, die Szene mit ihrem Freund im Kino nachzuspielen, wie das so beliebt war. Itachi projizierte sich angesichts des unerfreulichen Programms den Trailer von 'Spilling Blood Vessel 2' hinter die Lider, als hinter ihm hysterisches Gekicher ausbrach, kurz gefolgt von erwartungsvoller Stille. Die Schülerzeitungs-AG. Zwar waren Fotoapparate und Handys im Kinosaal verboten, doch das geschriebene Wort hatte seine Macht nicht eingebüßt. Itachi räusperte sich und tat so, als würde er nichts bemerken. Inzwischen hatte der Held die Sekretärin an einem Hotel abgesetzt, da er ihre Wohnung für zu gefährlich hielt und raspelte sein unwiderstehliches Süßholz. Es dämmerte bereits, trotzdem versprach er, nachts zurückzukommen. Reife Leistung, laut der Anzeige hatte er jetzt dreieinhalb Stunden Zeit dazu. Schwungvoll sprang er auf sein Motorrad, ließ den Motor horrorfilmreif aufheulen und drehte die Räder durch, die überflüssigerweise noch Funken schlugen. Im halsbrecherischen Tempo raste er durch die Straßen, während der Asphalt immer heißer wurde. Das Ganze war mit einer Menge aufwändigen Effekten verbunden. Der Bösewicht war wie erwähnt auf die geniale Idee gekommen, die Erdwärme an die Oberfläche zu leiten und die äußerste Erdschicht zu erhitzen. Dreieinhalb Stunden waren bei näherer Betrachtung der drohenden Umweltkatastrophen also durchaus ein Höchstmaß... da der Plan natürlich schon fortgeschritten war, um Dramatik zu erzeugen. Das Gekicher hielt an, und Itachi war froh, dass Deidara immer noch völlig von den Nahaufnahmen der Maschine und deren Manövern gefangen war. So brauchte er sich nicht der unangenehmen Situation auszuliefern, ihn auf ihr Publikum und deren Erwartungen aufmerksam zu machen. Der Held kurvte im Höchsttempo über den Highway auf die kennzeichnende Brücke zu. Der Film war Made In Iwa, und das schien Deidara ganz besonders zu begeistern. Da der Asphalt allmählich zerschmolz, bretterte das Motorrad über eine provisorische Sprungschanze aus Bauteilen, vollführte Saltos, die jeder Motocrossshow Ehre gemacht hätten, und landete schließlich auf einem der Stahlseile, das parallel zur Brücke lief. So viel überflüssige Poserei... Itachi verdrehte geringschätzig die Augen und widerstand der Versuchung zu gähnen. Deidara hatte sich auch durch den Splatter gequält. Jemand schoss mit einem Maschinengewehr auf den Helden, der sich mit einem rasanten Ausweichmanöver verschätzte und abstürzte. Itachi hätte fast geklatscht. Dann kam das wahrhaft Unmögliche. Das Hinterrad drehte sich auf der Wasseroberfläche, und die Maschine machte einen Satz vorwärts. Zeit genug, um es nochmals anzuheben, mit beiden Rädern gegen einen Ausflugsdampfer zu prallen und von dort aus zu einem der Brückenpfeiler. So futuristisch die Technik dort auch sein mochte, das war reiner Humbug. Er konnte nicht verstehen, warum jeder um ihn überwältigt die Luft einsog. Wahrscheinlich fehlte ihm das Einfühlungsvermögen. Gelangweilt beobachtete er, wie der Held sich ans Ende der Brücke kämpfte und dort verschnaufte. Zugleich gingen seine Widersacher hinter ihm in einem flammenden Inferno auf. Der Held blutete aus einem langen Kratzer an der Schläfe und zahlreichen Schnitten durch seine schwarze Lederweste. Er hustete vom Qualm des Feuers. Seine Handschuhe hingen in Fetzen, seine Handinnenflächen waren voller Blut aus unzähligen, winzigen Wunden. Eine Frau schrie auf. Sie war jung und hübsch, zierlich und mit dem perfekt sitzenden, schwarzen Kostüm einer Office Lady bekleidet. Hastig kramte sie ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und rannte mit ihren hohen Absätzen auf das qualmende Motorrad zu, ohne sich um den weichen Asphalt zu kümmern oder ein Wort zu sagen. Vor ihm blieb sie stehen, betrachtete ihn ehrfürchtig und hob langsam seine zersplitterte Sonnenbrille auf, die vor ihr zu Boden gefallen war. Itachis Magen presste sich so heftig zusammen, dass er zusammenfuhr. Übelkeit stieg in seiner Kehle hoch, und sein Gehirn schien ihm das Bild der jungen Frau im schwarzen Kostüm gegen die Schädelwände zu hämmern. "Hast du das geseh-... Was hast du, un?" Deidara beugte sich zu ihm vor, doch Itachi achtete nicht auf ihn. "Mir ist schlecht." Damit sprang er von seinem Sitz auf und rannte durch die Reihen aus dem Saal. Dank der Sitzanordnung ging das recht leicht. Itachi war froh, dass keiner ihn beachtete, als er in der Männertoilette verschwand und sich gegen die hellblauen Kacheln lehnte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Die Frau... Das war irgendeine Frau, aber für einen Moment... seine Mutter, wie sie vor ihm stand und ihn anstarrte, sich bückte und etwas aufhob wie die andere Frau die Sonnenbrille... Was hatte sie aufgehoben? Er hatte die Ahnung, es zu wissen, ohne sich daran zu erinnern. Warum hatte sie ihn so angestarrt? Er konnte das nicht wirklich vergessen haben... Trotzdem fiel ihm keine Antwort ein. Er hatte nicht mehr daran gedacht, und wegen dieser Szene in einem Kinofilm meinte er plötzlich, selbst in dieser Situation gewesen zu sein. Warum starrte sie ihn nur so an? Die Übelkeit wallte noch einmal auf, dann beruhigte sein Magen sich. Schluss, er hatte das vergessen und es war wohl kaum wichtig. Wer sollte ihn schon danach fragen? Itachi atmete tief durch, wusch sich die schweißnassen Hände und rieb sich die Wangen, bis sie nicht mehr so blass waren und sein Kopf wieder klar wurde. Ein kleiner Aussetzer, das gab es manchmal. Wortlos kehrte er in den Kinosaal zurück und setzte sich an seinen Platz. Deidara musterte ihn verständnislos und vielleicht etwas besorgt, dennoch schien er dem Vorfall keine allzu große Bedeutung beizumessen. "Alles in Ordnung, un?", flüsterte er, und eine Detonation auf der Leinwand erleuchtete sein Gesicht. Itachi lächelte schwach und nickte. "Aus unerfindlichen Gründen konnte ich heute Morgen nicht frühstücken..." Deidara schnaubte und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Programm zu. Der Rest des Films zog belanglos an Itachi vorbei. Die Frau im schwarzen Kostüm war in Wirklichkeit eine Attentäterin, doch sie erfüllte ihren Job nicht, da sie sich – Überraschung! – in den Helden verliebt hatte. Stattdessen starb sie bei der Rettung seiner Freundin, die von einer Kugel durchbohrt werden sollte, wobei die Reporterinnen unisono aufseufzten. Die Selbstlosigkeit war ziemlich praktisch, wenn der Mann kein Bigamist werden sollte. Die Welt war gerettet, alles wunderbar. Und Fortsetzung würde es ebenfalls geben. Itachis Freude hielt sich in Grenzen, Deidaras nicht. Sie beschlossen, ihr Mittagessen in der Kinokantine einzunehmen. Itachi gab sich Mühe, die Sinnentleertheit von 'Hellburner Reloaded' nicht allzu explizit auszuführen. "Ich hoffe, sie drehen die Fortsetzung auch in Iwa, un." "Warum?" Itachi observierte aus den Augenwinkeln die Kinohalle und betete, die Schülerzeitungs-AG möge endlich verschwinden. "Weil ich dann nach Hause fahren und dabei zusehen kann, un." Deidara grinste enthusiastisch und faltete an seiner Serviette herum. Bisher war da noch keine logische Form zu erkennen. "Du kommst aus Iwa?" Itachi musste ziemlich erstaunt geklungen haben, denn Deidara betrachtete verlegen seine Serviette. "Schon... Aber meine Eltern haben mich schon hier zur Grundschule geschickt, weil Iwa so abgeschottet ist, dass man als Eingeborener im Ausland kaum Aussichten hat, un." Durchaus einleuchtend. Itachi schwieg und wartete auf seine Bestellung, während Lautsprecherdurchsagen Werbung für den nächsten Film machten. Er hatte Deidara nichts von seiner wirren Erinnerung gesagt. Es hätte unnötige Fragen nach sich gezogen, die er nicht mal sich selbst stellen wollte. Warum er dieses Farce betrieb, das war so... damit beschäftigte er sich nicht. "Ai-yah, es hat geklappt! Los, los, anstecken, un!" Itachi erschrak halb zu Tode, als Deidara ihm das Produkt aus seiner Serviette präsentierte. "Eine Papierrose?" "Das ist eine Kamelie, und sie passt zu deinem Haaröl. Bitte, steck sie dir mal an, un!" Schicksalsergeben nahm Itachi das kleine Kunstwerk entgegen. Sie war offensichtlich ohne System und Plan gefaltet worden und war dafür bemerkenswert originalgetreu. Deidara hatte unbestreitbares Talent für Improvisation. Da man eine Serviette nicht an ein T-Shirt anstecken konnte, klemmte er sie sich hinters Ohr. Solange er damit nicht den ganzen Tag herumlief, war das vertretbar, obwohl es etwas zu kitschig für seinen Geschmack war. Deidara beobachtete ihn mit derart lebhaftem Interesse, dass es Itachi unangenehm war. Er hatte das Gefühl, die Hände nicht still halten zu können. Nicht, dass ihn noch nie ein Junge beobachtet hätte. Und Deidara war nicht der Erste gewesen, der ihn (irrtümlich ein Mädchen) um ein Date gebeten hatte. Seine Reaktion verwirrte ihn, und er mochte es nicht, wenn er sich auf seine eigenen Gedankengänge keinen Reim machen konnte. "Ich-" Deidara kam mit seinem Satz nicht zuende. Wie ein pinkes Phantom hatte diese nervtötende Chefredakteurin sich genähert, samt ihrem mobilen Diktiergerät. Ungefragt schnappte sie sich einen Stuhl, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf. Deidara und Itachi sahen peinlich berührt zur anderen Seite. "Sooo (da war es wieder, dieses unerträgliche 'sooo'), war das nicht romantisch? Wie soll das denn bei euch laufen?", begann sie im vertraulichen Plauderton. Deidara begriff nicht, worauf sie hinauswollte, Itachi dagegen schon. "Auf jeden Fall nicht auf einem Motorrad.", knurrte er mit einem unverkennbaren Das-ist-privat-Unterton und verschränkte die Arme vor der Brust. Auf diese Weise zog er keine neugierigen Blicke an. Die Reporterin kicherte und überging die Warnung. "Sooo, und wie? Romantisch mit Kerzenlicht und Rosenblättern? Oder unter dem Sternenhimmel am Meer, oder-" "Äh...wie im Film, im Hotel, un?" Itachi starrte ihn entgeistert dafür an, und Deidara wäre liebend gern im Boden versunken, da er es ihm nicht sofort erläutern konnte. Das Mädchen rieb sich mit ihren rosarot lackierten Fingernägeln das Kinn, und ihre Assistentin hörte auf, ständig ihren Block voll zu kritzeln und wartete auf deren Reaktion. "Faszinierend... Dadurch erlangt die 'eigene Welt durch Liebe' eine ganz neue Bedeutung... Ohne Firlefanz und Zubehör, einfach ein Hotelzimmer in andächtiger, seriöser Abgeschiedenheit... Ein stummes Einverständnis der ewigen, reinen Liebe..." Mit einer Handbewegung, bei der ihre zahlreichen Armbänder schepperten, gebot sie der anderen, das nicht weiter mitzuschreiben. Ein Wunder ward geschehen, allerdings konnte Deidara sich nicht so recht freuen, solange Itachi wirkte, als wolle er ihn gleich massakrieren. Selbst die Serviettenblume schien eine tödliche Waffe zu werden. Leider hielt die erholsame Ruhe nicht lange. Die pinke Reporterin hatte wohl noch mehr Fragen. "Sooo, und wann soll's passieren?" "Na ja, das... haben wir nicht so genau geplant... nächstes Wochenende vielleicht, un?" Deidara lächelte gequält und hoffte, dass Itachi ihm nicht gleich unter dem Tisch den Fuß brach. "Und wo?" "Geheim, un." Die Reporterin beäugte Itachi, um sicherzugehen, ob die Antwort seine Zustimmung hatte. Itachis bitterböse Miene brachte sie dabei völlig aus dem Konzept. Deidara fand sich zwar absolut im Recht – irgendwer musste ja eine Ausrede finden – doch da musste er sich einmischen und diese Mädchen so schnell wie möglich loswerden. "Äh... Sie möchte nicht, dass ich darüber rede... Das ist immerhin der Rest Freizeit, der bei den Theatervorbereitungen noch bleibt, un..." Er wurde langsam gut im Lügen. Und er konnte nicht behaupten, dass er darauf stolz war. Die Pinke zögerte, bevor sie ihrer Crew das Zeichen zum Abflug gab. Das hatte sie also eingesehen, sehr schön. Deidara ertrug ihre blumigen Abschiedsformeln und unheilverkündenden Previews auf die nächste Ausgabe mit erzwungenem Lächeln und winkte ein wenig. Sobald das letzte Mädchen über die Schwelle der Drehtür gekommen war, fuhr Itachi in die Höhe und funkelte ihn halb fassungslos, halb verärgert an. "Was sollte denn diese Ankündigung?! Ich werde-" "Schschsch, setz dich um Himmels Willen hin, un!" Widerwillig ließ Itachi sich wieder auf seinen Stuhl sinken und seufzte. "Ich werde nicht mit einem Jungen schlafen." "Da sind wir schon zwei. Aber wer soll das schon kontrollieren, un? Ich musste etwas sagen, sonst wäre die mit ihren Vorschlägen aufgefahren... Und ewig glaubt sie das mit dem 'Nicht in der Öffentlichkeit' sowieso nicht, un." Itachi warf ihm einen zweifelnden Blick zu. "Glaubst du, dass das reicht?" Deidara zuckte mit den Schultern. "Wir lassen es wie ein romantisches Getaway aussehen, in dem Fall wundert sich keiner über die Heimlichtuerei, un." Itachi lehnte sich zurück und dachte offenbar nach. Dabei biss er sich ständig auf die Unterlippe. "... Mir ist das unangenehm." "Mir auch... Wenn du willst, kannst du das Bett haben, un." Itachis Mundwinkel zuckten nach oben. "Das planst du jetzt schon?" Den Rest des Tages war von den Reporterinnen der Schülerzeitung nichts mehr zu spüren, und Itachi entspannte sich wieder. Anschließend war er es, der Deidara nach Hause schleifte und sich mit eiserner Unnachgiebigkeit daran machte, das besagte Defizit in Sozialwissenschaft aufzuholen. Dabei ließ er sich weder von Vega noch von Atair stören, die ihre Krise inzwischen überwunden hatten und verliebt wie am ersten Tag die ganze Wohnung unsicher machten. Deidara hatte den Eindruck, dass Itachi ein sehr guter Schüler war, denn er gab sich nicht mit den abgehackten Antworten zufrieden, die man normalerweise bei Tests hinschrieb. Und er war gnadenlos bei der Bewertung. Ansonsten begann sich ein festgelegter Ablauf zu entwickeln. Während Deidara die Stoffbahnen für die Kostüme sortierte, fragte Itachi ihn wiederholt ab – nebensächlich, ob es sterbenslangweiliges Unterrichtsmaterial war. Irgendwann schaffte Deidara es, eine Pause einzuschieben und zu kochen (was zwar klingt, als würden sie außer essen nichts tun, doch der Arbeitsvorgang ist wirklich nicht übermäßig spannend). Sie redeten nicht viel miteinander, zumindest über nichts Wichtiges. Nachdem Itachi seine Nachhilfe eingestellt hatte, hing er mehr seinen eigenen Gedanken nach. Deidara hakte da nicht nach. Manchen Menschen wurde vom Krach im Kino schlecht, oder es war etwas mit dem Kreislauf... Nur seltsam, dass es gerade in dieser vergleichsweise harmlosen Szene passiert war, und dass ihm danach gar nichts mehr zu fehlen schien. Er und seine seltsamen Theorien. Nicht alles in der Welt ließ sich erklären. Am nächsten Tag, ergo Sonntag, herrschte Funkstille. Itachi erschien nicht wie vereinbart, und bei einem Anruf am Vormittag war lediglich Sasuke zu erreichen. Er meinte, sein Bruder sei nicht zu Hause. Deidara war nicht sicher, ob das stimmte. Und Sasuke schien es ebenso wenig zu sein. Deidara ließ es notgedrungen auf sich beruhen und beschloss, Itachi später zur Rede zu stellen. Im Einkaufszentrum oder im Kino Panikanfälle zu bekommen war eine Sache, andere schonungslos zu versetzen eine andere. Echt wenig Handlung in echt viel Text. Aber ich muss das endlich voranbringen, solange ich noch Ferien habe. Kapitel 18: Perfect Sleepover ----------------------------- Angesichts des freien Sonntagnachmittags hatte Deidara es zumindest geschafft, die Rohformen einiger Kostüme fertig zu stellen. Ohne Heimarbeit kamen sie nicht aus, denn allzu viel Zeit hatten sie nicht mehr bis zur Aufführung. Das Argument beeindruckte Itachi anscheinend nicht. Sein Ressort waren vor allem die weiblichen Kostüme, und laut dem Drehbuch gab es nur zwei wichtige Frauenrollen. Der Echtheit und Gleichberechtigung halber waren ein paar dazugedichtet worden. Jungen hegten keine große Begeisterung für Theater, deshalb waren einige Soldaten ebenfalls mit Mädchen besetzt. Dazu kam, dass Anko kein Risiko einging. Bei Blackouts mussten (ebenfalls kostümierte) Regieassistenten zur Stelle sein. Manchmal wünschte Deidara sich, das Theaterstück wäre nicht die Hauptattraktion auf dem Schulfest. "Warum bist du gestern nicht gekommen, un?" Itachi quittierte die unumwundene Begrüßung mit einem verständnislosen Augenbrauenheben. Um sie herum flimmerte bereits die Luft. Deidara hoffte, dass sie Hitzefrei bekommen würden, obwohl das sowieso in den Theatervorbereitungen untergehen würde. "Du hättest wenigstens Bescheid sagen können, un." "Hm.", machte Itachi nichtssagend. Es interessierte ihn offensichtlich nicht. Deidara war gekränkt. "Ein paar Kostüme sind trotzdem so gut wie fertig, un." Itachi überhörte den bissigen Unterton. "Tayuya kommt heute ohnehin nicht." "Schon wieder, un?!" Wortlos zog Itachi eine Ausgabe der Schülerzeitung aus seiner Umhängetasche. Dort, wo normalerweise Sportereignisse oder Bilder der Woche das Deckblatt bedeckten, war diesmal ein großes Farbfoto von Tayuyas Geburtstagsparty – sie und Kidoumaru. Deidaras Stirn furchte sich. "Der Skandal: Konohas gefragteste Dreamgirl auf Abwegen, un." Itachi nickte und betrachtete das Foto einen Moment. "Für gewöhnlich macht sich die Klatschspalte nicht so wichtig... Vielleicht haben sie es besonders auf Tayuya abgesehen, oder sie wollen die Theater-AG sabotieren... Oder sie wissen wirklich nicht, dass sie ihr damit den Ruf ruinieren." Dass eine solche Schlagzeile negativ auf das Stück zurückfiel, hatte Deidara noch nicht bedacht. Na ja, immerhin war Tayuya die Hauptdarstellerin, und bei einer keltischen Romeo-und-Julia-Geschichte machte sich ein loses Image nicht so gut. Darüber hinaus las letztendlich jeder auf der Konoha High die Schülerzeitung. Spätestens nach Unterrichtsschluss hatte jeder wenigstens die Titelstory gelesen oder gehört. Bei so was konnte Deidara sich nicht mal freuen, dass Itachi und er als 'Paar des Monats' von diesem Rampenlicht verschont geblieben waren. "Wieso machen sie so einen Wirbel? Das war eine Flatrate-Party, da passiert das eben, un. Außerdem müsste sich eigentlich ein Vertrauenslehrer einschalten, un." Itachi seufzte und zog die Schultern hoch. "Für unsere Jahrgangsstufe ist das Kakashi-sensei, und der wird den Teufel tun." Die Zeitung war sowieso schon überall in Umlauf. Deidara seufzte schwer und entschied, dass er lieber nicht weiter darüber nachdenken wollte. Anko würde sie so oder so in der Luft zerreißen, allein schon deswegen, weil sie auf dieser Party gewesen waren. "Was war denn gestern, un?" Itachi rollte ärgerlich mit den Augen. "Ich hatte Geburtstag." Damit schob er sich an ihm vorbei und steuerte auf den Haupteingang zu. Deidara rannte ihm perplex nach. "Nicht wirklich, un..." "Doch." "Warum hast du nicht-" Itachi sah ihn über die Schulter hinweg resigniert an. "Es gibt mich nicht mehr, also..." "Das ist unlogisch, I-... Das ist unlogisch, un." Itachis Lippen kräuselten sich, als Deidara erneut beinahe seinen Namen aussprach. "Das machst du absichtlich." Er klang nicht mehr ganz so resigniert, und Deidara beschloss, seine geplantes Schmollen bezüglich gestern aufzugeben. Er gehörte nicht zu den Personen, die sadistischen Spaß daran hatten, andere unter ihrer schlechten Laune leiden zu lassen. Grinsend warf er die Arme hoch und ließ sie dort, was die Geste parodierte, sie jetzt über Itachis Schulter fallen zu lassen. "Wie soll ich dich denn nennen?! Soll ich auch mit Namen wie 'Hasi' oder 'Liebling' um mich werfen, damit ich stilecht bin, un?!" "'Grace' wär' ein guter Anfang. Immerhin-" "Ihr zwei kommt in der Pause in die Aula, und wagt es nicht, das zu versäumen!" Anko rauchte vor Wut. Und diese Beschreibung spottete noch der Wahrheit. Die Schülerzeitungs-AG tat gut daran, sich bis zum Unterrichtsbeginn in ihrer Redaktion einzuschließen. Und danach blieb ihnen zu hoffen, dass für diesen Montag weder Philosophie noch Sozialwissenschaft angesagt war. Orochimaru und Anko waren ein furchtbares Duo. Die Schwarzhaarige stemmte die Hände in die Hüften und schwang energisch ihren Pony aus dem Gesicht. "Ihr habt die Schlagzeile gelesen?" Zweistimmiges Nicken. Man stimmte Anko sowieso besser zu, wenn sie zornig war. "Ihr habt einen dieser degenerierten Zwillinge gesehen?" Zweistimmiges Kopfschütteln. Deidara rang sich dazu durch, eine Frage zu stellen. "Was haben die damit zu tun, un?" Ankos eisige Antwort durchbohrte ihn wie ein Bolzen. "Die stopfen sonst die Titelseite mit Sport voll, weil das ihr Gebiet ist – dumm aber harmlos. Seit sie das Kommando haben, war nie so ein... Schultratsch da." Sie knurrte wie ein genervter Grizzly und knackte unheilverkündend mit den Fingerknöcheln. "Die können was erleben." Damit verschwand sie im Schulgebäude und tauchte zwischen den Schülern unter. Da würde den Zwillingen ihre zahlenmäßige Überlegenheit nichts nützen... Itachi fächelte sich mit seiner Ausgabe der Schülerzeitung Luft zu. Bei der stehenden Hitze nicht unbedingt wirkungsvoll. "Das heißt, wir brauchen wieder zwei neue Schauspieler." Deidara zwinkerte ihm zu. "Ich bin überzeugt, dir wird etwas einfallen, Liebling, un." Itachi warf ihn mit der Zeitung ab und zog die Tür des Haupteingangs hinter sich zu. Dank des letzten tätlichen Angriffs hatte Deidara in der ersten Doppelstunde Zeit, die Rubrik 'Paar des Monats' zu lesen. Glücklicherweise waren diese Fotos nicht in Farbe. Der Artikel war lang und völlig dämlich – wann hatten Itachi und er schon lange Blicke ausgetauscht, aus denen Achtung, Liebe und Leidenschaft sprach? Aber wenigstens hatten sie nicht allzu viel dazuerfunden. Jedenfalls nicht so viel, dass jemand den ganzen Quatsch geglaubt hätte. "Erholsames Wochenende gehabt?", fragte Sasori mit Seitenblick auf diese wenig unterrichtsgemäße Lektüre. Kakashi war nach allen regeln der Kunst zu spät, zumindest das hatte sich demnach wieder eingerenkt. "Wahnsinnig. Und diese dämliche Party war das Erholsamste von allem, un." "Diesmal ohne Zwischenfälle?" Deidara war froh, statt einer Antwort den Artikel zitieren zu können. Eleganter Themenwechsel. "In der Backstage der Öffentlichkeit ist dennoch Zeit für bedingungslose Liebe, wie wir sie aus 'Genji Monogatari' kennen. Trotz seiner angeborenen Mängel ist es ihm – Das bin ich, un – gelungen, die enthaltsame Musterschülerin für sich zu gewinnen. Was heißt hier 'angeborene Mängel, un?!" Sasori zuckte mit den Schultern, während Kakashi seine Klasse mit dem üblichen Türknallen begrüßte. Der ließ sich auch nichts mehr anmerken. Deidara gähnte und legte die Zeitung in das Fach unter der Tischplatte. Das hieß, man konnte in seinem Unterricht nicht lesen. Die Doppelstunde schleppte sich dahin. Deidara fand ihn sterbenslangweilig, und ungewöhnlicherweise schien es Kakashi ganz egal zu sein, ob das die allgemeine Meinung war. Das fing an, gruselig zu werden. Deidara las unter der Tischplatte weiter und erfuhr, dass der Lehrer besonders gestresst war, weil sich im Lehrerzimmer ein neues Paar gefunden hatte. Natürlich mit Fotos. Der Clou war, dass es zwei Männer waren. Die leicht homophobische Autorin des Artikels merkte an, das sei ja fast eine Seuche. Und wie frisch Verliebte nun so sind, terrorisierten sie ihren Arbeitsplatz mit nervtötend guter Laune. Deidara dachte daran zurück, dass sein Umfeld vor nicht allzu langer Zeit dasselbe zu erleiden gehabt hatte. Im Fall von Izumo und Kotetsu (dem Vize-Traumpaar, wie die Crew entschieden hatte) wirkte sich das noch schlimmer aus, da sie doppelt so viel gute Laune versprühten. Nicht das Richtige für eine frisch beendete Beziehung. Die nächste Seite befasste sich wieder mit Sport. Der Alltagstrott stellte sich ein... Nach einer gefühlten Ewigkeit entließ Kakashi sie endlich. Deidara beeilte sich, nicht zu spät in die Aula zu kommen (nachdem Ankos Name gefallen war, brauchte er Sasori nichts zu erklären) und drückte Kisame auf dem Weg dorthin sein Kostüm in die Hände. "Damit kannst du heute schon proben, un." Kisame betrachtete das Werk mit hochgezogenen Brauen. "Oh... Entzückend..." "Das wird I-... Yuzuka sicher freuen, un." Dafür fing er sich einen verwirrten Blick. "Wie viele Freundinnen hast du, dass du dir nicht mal ihren Namen merken kannst?" "Kann ich, un!", blaffte Deidara beleidigt und stellte trocken fest, dass er wirklich nicht sehr professionell war. Zum Glück hatte Itachi den Ausrutscher nicht gehört, sonst würde er nächstes Wochenende die Fußmatte zugewiesen bekommen. Was war das Leben kompliziert. Kisame grinste und verstaute das Kostüm in seinem Rucksack. "Solltest du sie nicht überall herumzeigen und vorstellen? Das machen Kerle mit einem guten Fang normalerweise." "Guter Fang, un?!" Wenn er das tat, ruinierte er sich eventuelle Ambitionen auf andere Mädchen schon von vornherein. Nein danke, da spielte er lieber weiter den in seiner Schüchternheit gekränkten Loverboy. "Kleiner Reaktionstest." Anko stemmte die Tür der Aula auf und winkte sie ungeduldig herein. Dann zog sie die bordeauxroten Vorhänge zu, um unnötiges Publikum zu vermeiden. Außer den Zwillingen hatte sich bereits die gesamte Truppe versammelt. Stilecht hatte Anko auf einem Tisch die Schülerzeitung deponiert und wies jetzt drohend mit einem Kugelschreiber darauf. "Ich glaube, jeder von euch hat kapiert, wie scheiße das für uns ist." Deidara blickte sich suchend nach Itachi um. Seine 'Freundin' hatte ihn anscheinend nicht bemerkt und beobachtete Temaris fruchtlose Versuche, Tayuya telefonisch zu erreichen. Anko stöhnte missmutig und umrundete mit verschränkten Armen den Tisch. "Wir haben kaum noch Zeit, nicht mal die Bühnenbilder sind fertig, die Schauspieler erscheinen nicht regelmäßig, und zu guter Letzt das. Kidoumaru spielt einen der Söhne der Uisennac – für die, die das Drehbuch mal wieder nicht gelesen haben, einer von Naoises treuen Freunden. Das kommt nicht besonders gut, egal, unter welchen Umständen dieses blöde Foto gemacht wurde." Neben ihm legte Kisame den Kopf schief. "Welche von denen ist deine Freundin?" "Du willst bloß hören, ob ich sie immer noch so blumig beschreibe. Lies die Schülerzeitung, un." Hatte Kisame Itachi tatsächlich nie zu Gesicht bekommen? Gut, während der Vorbereitungen hatte der Uchiha sich meist in der Umkleide aufgehalten, und Kisame kümmerte sich selten um sein Umfeld. Durchaus möglich, dass sie sich nicht mal vom Sehen kannten. "Wozu? Ich kriege den Mist ja sowieso brandheiß mit." Auch wieder wahr. "Ich stell' sie dir gleich vor, un." Anko funkelte sie vernichtend an. "Euren Kaffeeklatsch könnt ihr später austauschen! Und kommt in die Gänge, sonst sind wir bis zum Termin nicht mal halb fertig!" "Wir haben Pause...", warf Aoi vorsichtig ein und wurde mit dem Wurf des Kugelschreibers belohnt. "Na und?! Das ist nicht mein Problem, und solange wir hier sind... Wer von euch hat das Bühnenbild falsch aufgehängt?! Kankuro!" Damit verfiel alles wieder in chaotische Geschäftigkeit. Kankuro musste sich einen Vortrag zum Thema Sicherheit auf der Bühne anhören, und ein paar jüngere Schüler projizierten den Text auf eine Leinwand, wobei alle zwei Minuten der Spiegel des Projektors herunterklappte. Anko stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch und verfluchte ihre Unterbesetzung und den blonden Jungen, der es wagte, sich ihren Kommandos zu widersetzen. Kinder... "Okay, wir fangen an, Kostüme hin oder her. Jemand muss Tayuya vertreten. Temari?" "Schon besetzt, ich kann kein Selbstgespräch führen." Kankuros ältere Schwester löste gerade ihre aufwendige Frisur und verbarg ihr hellblondes Haar grummelnd unter einem grauen Tuch. Eine in die Jahre gekommene Beraterin zu spielen war nicht die Rolle des Jahrhunderts. "So kann ich nicht arbeiten! Warum bin ich hier nur von Männern und kleinen Bälgern umgeben?!", tobte Anko. Prompt flackerte die Beleuchtung und ließ Lichtkegel über die leeren Zuschauerreihen irren. "Wow, 'tschuldigung." "Wenn dir das noch mal passiert, hänge ich dich an den Füßen da oben auf! Yuzuka, dann musst du Deirdre spielen." Itachi starrte Anko erschrocken an. "Das... das kann ich nicht!" "Du brauchst den Text nur abzulesen, dafür wird's reichen. NEIN, du kannst dich nicht weigern!" Anko knurrte und drehte lauernd den Kopf. "Kakashi-sensei hat heute eine Konferenz, deshalb fehlt uns Conachùr. Ähm... Hey, Kisame, dein Auftritt ist später dran, du machst das." Ihr Ton duldete keinen Widerspruch. Deidara hätte sich angeboten, um seine Position als 'Freund' zu festigen, doch Anko würde das nicht erlauben. Männliche Kostüme gab es viel mehr zu kreieren als weibliche. Nun ja, lernte Kisame Itachi eben ohne nette Vorstellung kennen. Genaugenommen durfte er in aller Form seiner Anbetung Ausdruck verleihen. Itachi schlug sein Textbuch auf und wirkte ganz und gar nicht angetan. Während Kisame auf die Bühne kletterte, begann Temari mit ihrem Einsatz. "Ihr sollt wissen, dass ich es unter keinen Umständen erwägen würde, Euch zu belügen, mein König. Ich beschrieb Euch das herrlichste Weib auf Erden, und sie-" Das Spotlicht wurde grellrot und blendend. Gleichzeitig spielte der Rekorder in voller Lautstärke ein Kinderlied. Anko war im Bruchteil einer Sekunde auf den Beinen und kletterte durch die Sitzreihen ins Technikzentrum. "Dir werd' ich helfen, Uzumaki Naruto! Mach das sofort aus! Und ihr da hinten probt weiter!" Kisame hatte seinen Platz in der Zwischenzeit erreicht und las mit zusammengekniffenen Augen seinen Text vor. Das stellte sich mit dieser Beleuchtung als recht schwierig heraus. "Nicht... Du versprachst mir... ein Mädchen von der Anmut eines Rehs, wie ich sie schon zu oft sah... Niemals erblickte ich eine Frau wie diese, seit die Prinzessin mich verließ, und mit ihr... Kannst du erst das Licht ausschalten und dann den Jungen umbringen?!" Ein unheilvolles Klirren ertönte, und das Licht fiel komplett aus. Aus der Kabine kam immer noch reger Krach, ansonsten war es still. "Äh... Können wir die Probe damit knicken und unsere Pause zurückhaben?" Zum ersten Mal war Kankuro Deidara wirklich sympathisch. Zwar kam von Anko keine Antwort, allerdings waren von der Pause noch zwanzig Minuten zu retten, da sie nicht wirklich zu etwas gekommen waren. Geordneter Rückzug. "Und... Mitarashi will dieses Stück wirklich noch pünktlich auf die Beine stellen." Sasori bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick, nachdem Deidara von dem Desaster in der Aula erzählt hatte. Die dritte Stunde hatte noch nicht begonnen, was verständlich war, wenn Orochimaru gerade versuchte, besagtes Stück zu retten. Wobei er sich einiges vorgenommen hatte, und nicht mal freiwillig. Die Welt war hart. Deidara nickte achtlos und trommelte mit seinem Bleistift auf die Tischplatte. Eigentlich wollte er sich nicht ständig über die Theater-AG unterhalten. Sie hatte ihn nie interessiert, und seit er an dieser Schule gewesen war, hatte er jede einzelne Aufführung sterbenslangweilig gefunden. Allerdings war die Leitung erst dieses Schuljahr an Anko gegangen. "Warst du im Kino? Es gibt-" Deidara kam mit seiner begeisterten Hymne auf den Actionfilm, den Itachi so hasste, nicht mal ansatzweise zuende. Genauer wurde er von einem Handyklingeln unterbrochen. Sasoris Handy. "Du lässt das Ding während der Schule an, un?!" Fassungslos beobachtete er seinen Freund dabei, wie er das lärmende Gerät aus seiner Tasche fischte. Sasori benutzte ein Handy nur, wenn er es wirklich musste, was bedeutete, dass seins neunzig Prozent der Zeit ausgeschaltet war. Völlig undenkbar, dass die verbleibenden zehn Prozent in der Schulzeit lagen. Sasori runzelte verwirrt die Stirn, dann drehte er den Display zu ihm. "Ich nehme an, das ist für dich." Deidara kniff die Augen zusammen. Eine MMS mit dem dämlichen Titel 'Der Fürst und das Mädchen'. Kein Wunder, dass Sasori sich darüber wunderte, selbst wenn es der abgebrochenen Probe von vorhin nachempfunden war. Das Foto war reichlich verwackelt, dennoch waren die Personen zu erkennen. Itachi und Kisame. Na und?! Zwar fiel Deidara im Nachhinein auf, dass der Hintergrund nicht die Bühne, sondern der abgelegene Flur der Sammelräume war, doch das war immer noch nichts Weltbewegendes. Vielleicht hatte Itachi Kisames improvisierte Rolle so charmant gefunden, dass er darüber reden wollte. War nicht so gut für ihr Perfektes-Paar-Image, wenn man es übertrieb. Deidara schüttelte den Kopf und gab Sasori das Handy zurück. "Seit wann hat Nasame oder wer-auch-immer deine Handynummer, un?" "Weiß ich nicht." "Du hast sie nicht mal mir gegeben, un!" Deidara verschränkte gekränkt die Arme. "Es wird natürlich ungemein logischer, wenn sie die aus Mr. Kittyears rausgequetscht hat, un." Sasori seufzte und schaltete das Handy ab. "Und was ist daran so schlimm?" Deidara funkelte ihn empört an. Möglich, dass er krankhaft eifersüchtig war. Es war schlichtweg nicht fair, dass er Sasori so plötzlich mit jemandem teilen musste. "Dass... Du hast mich nicht mal gefragt, ob ich sie haben möchte, un!" "Wen?" "Die Nummer, un!" Großes Seufzen seitens Sasori. Ganz ähnlich wie bei ihrem letzten aktiven Telefonat, bloß dass diesmal der Spieß umgedreht war. Deidara war eifersüchtig und Sasori hatte damit umzugehen. "Du hast gedroht, was du damit alles tun könntest." "Hat doch damit gar nichts zu tun, un!" Deidara legte den Kopf auf die verschränkten Arme und starrte wütend die Wand an, die am weitesten von Sasori entfernt war. Nicht nur möglich, sondern sehr wahrscheinlich, dass er sich wahnsinnig kindisch benahm. Aber Sasori war ungerecht. Kaum wurde er Opfer einer neuen Erfahrung alias der ersten Liebe, schrieb Sasori ihn ab und freundete sich mit diesem blöden Kankuro an. Er tat sein Bestes, um Sasori wieder zu versöhnen, obwohl er ihm gar nichts getan hatte, und zum Dank bewies er ihm, wie unendlich viel toller Kankuro war. Wie viele Beine sollte er sich denn noch ausreißen?! Er erfuhr nicht, ob Sasori zur Abwechselung noch irgendetwas unternommen hätte, um ihm seinen Ärger auszureden, denn Orochimaru begann seinen Unterricht. Deidara war richtiggehend froh, dass Itachi es mit der Nachhilfe so ernst genommen hatte. So brauchte er Sasoris Hilfe nicht, um die Fragen zu beantworten. In der nächsten Pause suchte er Itachi auf, mit der Ansage, dass er nach der Schule sehr, sehr dringend ein beruhigendes Gespräch brauchte. In sicherer Distanz zu allen Katzenohren, Reporterinnen, Handys und irischen Theaterstücken. Itachi akzeptierte die Ankündigung bemerkenswert fraglos. "Ich meine... Du weißt selbst, was für einen Terz ich gemacht habe, um ihm die Sache schmackhaft zu machen, und er... er schwört diesem Kerl gleich die ewige Treue, un!" Dafür, dass Itachi es vermutlich hasste, ein Kummerkasten zu sein und sich schon in seiner Schulzeit damit herumplagen musste, selbes für Mädchen darzustellen, war er bemerkenswert cool. Wegen Deidaras paranoiden Andeutungen hatten sie ihr beruhigendes Gespräch in Itachis Küche verlegt. Seit der Viertelstunde, die sie hier waren, hatte Itachi geschwiegen und Tee aufgegossen. Jetzt stellte er das Tablett auf den Tisch und setzte sich Deidara gegenüber. "Vielleicht hat er es einfach vergessen." "Sasori vergisst nie irgendwas, un!" "Und was macht dich so sicher, dass er nicht auf einen Anruf wartet, der gar nichts mit Temaris Bruder zu tun hat?" Deidara bombardierte ihn mit einem indignierten Blick. "Warum sollte er, un?" Itachi seufzte und erinnerte damit stark an Sasori, wenn er versuchte, gegen eine von Deidaras felsenfesten Überzeugungen anzureden. Oder gleich mehrere. Und zwar nicht solche wie 'Es gibt keinen Weihnachtsmann' oder 'Wenn man Blau und Gelb mischt, gibt es Grün' sondern 'Wenn der Reifen ein Loch hat, muss man ihn unter Wasser halten, ganz egal, ob es ein Fahrradreifen oder ein Traktorreifen ist'. "Woher soll ich das wissen? Du bist sein bester Freund, ich kenne ihn nicht mal." "Und was macht dich so sicher, dass er für den Posten nicht jetzt Kankuro auserwählt hat, un?" Itachi setzte zu einer Antwort an, die wahrscheinlich mit einem großen Seufzen eingeleitet wurde, da dieser Trieb bei Gesprächen mit Deidara übermächtig zu sein schien. Unterbrochen wurde er dabei vom Knallen der Haustür. Deidara hielt in seinem unverständlichen Schmollen inne. Jemand polterte grußlos und ziemlich lautstark die Treppe hoch, verschwand in einem Zimmer und schlug diese Tür ebenfalls lautstark zu. Itachi goss mit aller Gemütsruhe hellgrünen Tee ein. Deidara verschob die Frage, ob er sich mit der Teezeremonie auskannte (es machte nämlich den Anschein), und betrachtete durch die offene Küchentür den leeren Flur. "Dein Bruder, un?" Itachi nickte. "Ist der immer so, un?" Den Eindruck hatte er bei ihrer ersten Begegnung nicht gemacht. Etwas patzig und merkwürdig, ansonsten wie jeder Junge in seinem Alter. Itachi nickte wieder. Auf Deidaras neugierige Miene hin fügte er hinzu: "Er hat es nicht leicht." "Stimmt, er schließt sich auf dem Jungenklo ein, um einem Mädchen zu entkommen, un." Der Kommentar hatte nicht die gewünschte erheiternde Wirkung. Der Schwarzhaarige faltete seine Hände unschlüssig um den Becher und tippte mit den Fingerspitzen dagegen. Es entstand eine unangenehme Stille, in der Deidara zu erraten versuchte, was Itachi so bedrückte. Sasuke war wie jeder pubertierende Teenager mit seinen Stimmungsschwankungen, da war nichts Schlimmes dabei. Gut, es nervte, genauso wie dieses betont lässige Gehabe, ansonsten war es etwas, von dem niemand verschont blieb. "Ist er unglücklich verliebt? Das Kind, das Anko heute massakriert hat, hatte ungefähr seine Größe, un..." Die Probe heute war wegen Schauspielermangel ausgefallen. Anko hatte das überhaupt nicht gepasst, doch Menschen konnten sich nicht zweiteilen. Also hatte sie allen nur dringend geraten, sich für Heimarbeit zu begeistern. Wenigstens hatte Kankuro da etwas zu tun und konnte die vermaledeite Handynummer nicht benutzen. Itachi zuckte lediglich mit den Schultern, worauf Deidara sich ebenso wenig einen Reim machen konnte. "Ich dachte, du passt so streng auf ihn auf, un?" Allein der unschuldige Ton verhinderte wohl, dass Itachi ihn böse anfunkelte. So kam ein unwilliges Schnauben dabei heraus. "Das verstehst du nicht." "Irgendwie verstehe ich nichts, was mit deiner Familie zu tun hat, un." Daraufhin äußerte Itachi sich nicht und starrte in seinen Tee. Großartig, die Kommunikation zwischen ihnen klappte bei elementaren Themen so gut wie gar nicht. "Kennst du Kisame, un?" "Wieso?" Die Frage kam prompt, sodass Deidara nicht anders konnte als sich zu wundern. "Weil eine dieser paranoiden Reporterinnen euch zusammen fotografiert hat, un." "Oh." Sie schwiegen wieder. Sasuke ließ nichts mehr von sich hören, und außer Motorgeräuschen von draußen und dem Brummen der Klimaanlage schien es in dieser Küche keine Geräusche zu geben. Deidara vermisste bereits den leisen, stetigen Lärmpegel in seiner eigenen Wohnung. Stille war dort praktisch unmöglich, und das hatte ihn noch nie gestört. "Itachi, un?" "Hm?" "Findest du mich kindisch, un?" Der andere stellte überrascht seinen Becher ab. "Wie kommst du jetzt darauf?" Deidara stöhnte und legte den Kopf wieder auf die Arme. "Sasori ärgert sich immer darüber, wenn ich... ähm, mich nicht altersentsprechend benehme. Kankuro tut das nicht, und deshalb-" "... denkst du, er hat jemanden ohne diesen Makel lieber in seiner Nähe." Deidara nickte kläglich. Für einen Moment schien Itachi zum wiederholten Mal seufzen zu wollen. Doch so ähnlich war er Sasori anscheinend nicht. "Ich nehme nicht an, dass er die gesamte Dauer euer Freundschaft einen Ersatz für dich gesucht hat, und du tätest besser daran, das auch zu tun." Deidara machte Anstalten zu einem deprimierten Widerspruch, ohne von Itachi zu Wort gelassen zu werden. "Ich bin kein Psychologe. Wenn du wirklich sein Freund bist, hör mit deinen Beschwerden auf. Sonst sucht er sich tatsächlich einen Ersatz." Die nächsten Tage zogen sich hin. Tayuya kam nicht zur Schule, deshalb hielten es manche Schauspieler nicht für nötig, nach dem Unterricht zu erscheinen. Pures Gift für Ankos Nerven, und somit für diejenigen, die erschienen waren. Deidara hatte keine Anwesenheitspflicht und machte die Kostüme (ob sie nun jemand anziehen würde oder nicht) zu Hause. Von Kisame wusste er, dass das Theaterstück auf dem besten Weg war, zu einem Desaster zu werden. Großartig, das nächste Jahr würde er da nicht mehr mitmachen. Die Wahl wurde ihm voraussichtlich sowieso erspart, denn mit einer Aufführung, bei der schon mal die Hauptperson fehlt, kommt bei potenziellen oder interessierten Mitschülerin nicht besonders gut an. Mit Sasori redete er nicht viel. Genaugenommen saßen sie im Unterricht stupide nebeneinander und unterhielten sich, wenn sie zur Partnerarbeit gezwungen wurden. Der Medienrummel konzentrierte sich jetzt eh auf Tayuya und Sakon. Deidara erinnerte sich später nicht mal daran, was sie eventuell besprochen hatten. In den Pausen sah er bei den Proben zu, und Sasori verzog sich in die Bibliothek. Leider nur, um sich dort unsäglich komplizierte Bücher über Rechtswissenschaft auszusuchen und zu lesen. Am Rande nahm Deidara wahr, dass Kankuro mit der Situation Schwierigkeiten hatte. Wenn er halbwegs clever war, war ihm auch aufgegangen, dass der Blonde ihn nicht mochte und ihn mied, was mit der Funkstille zwischen ihm und Sasori zu tun haben konnte. Nur hatte Sasori es nicht gern, wenn man ihn auf sein Privatleben ansprach, und Kankuro hatte noch viel über die hohe Kunst der Kommunikation mit diesem speziellen Menschen zu lernen. Wenigstens da hatte Deidara ihm etwas voraus. Deidara sah in seinem Jahrbuch nach und fand heraus, dass Itachi tatsächlich Geburtstag gehabt hatte und beschloss, ihm deshalb fürs Wochenende ein Geschenk zu kaufen. Nichts Großes, aber er hatte eine Idee, die er unbedingt umsetzen wollte. Zwar war das etwas, das er eigentlich mal für den Fall einer ersten Freundin geplant hatte... Sei's drum, musste er sich eben etwas Neues ausdenken, wenn es jemals dazu kam. Der Gedanke war hochdeprimierend. Er wurde dieses Jahr noch siebzehn, und jeder beendete die Schule mit einer Freundin! Das musste einfach so sein, sonst war man ein Loser. Deidara waren solche Weisheiten eigentlich herzlich egal, doch wenn man als gar nicht mal so übel aussehender Kerl mit sechzehn immer noch keine abgekriegt hatte, musste man sich schlichtweg Sorgen machen. Bis zum Freitag war Itachi zu nichts zu bewegen. Entweder er hatte zu lernen oder etwas vorzubereiten (Wie konnte man das so exzessiv betreiben, dass man zum Abfragen kein Buch mehr brauchte?! Itachi war unheimlich.), und das tat er generell in seinem Zimmer, daran war nicht zu rütteln. Infolgedessen langweilte Deidara sich recht viel unter der Woche und zeichnete mehr, als er es gewöhnlich tat. Freitag war kein spektakulärer Tag gewesen. Ankos Wut ging allmählich in Resignation über, trotzdem feuerte sie die dezimierte Truppe zu bemerkenswerten Höchstleistungen an. Tayuyas Platz blieb unbesetzt, obwohl Temari sie jeden Tag besuchte und einen Bericht über die Fortschritte, Änderungen am Textscript, ihre verschiedenen Kostüme oder Fotos vom Geschehen in der Aula in den Briefkasten warf. Mit der Technik klappte es nach wie vor nicht richtig. Deidara bekam Sasuke ab und zu zu Gesicht, jedoch nie lange. Freitag Nachmittag schien die Zeit überhaupt nicht zu vergehen. Deidara starrte ständig die Uhr an, deren Zeiger sich wie festgeklebt nur millimeterweit bewegten. Noch zwei Stunden, bis er Itachi abholen sollte. Seine Sachen hatte er schon lange gepackt. Inzwischen hatte er sich auf der Couch zusammengerollt, die Wange auf der Lehne, und beobachtete abwechselnd die Wanduhr und die Tapete. Eins so spannend wie das andere. Wieder eine Minute rum. Was tat man, wenn man sich nicht bewegen wollte und keine Lust zum Fernsehen hatte?! Na ja... telefonieren. Allerdings wollte er nicht mit Sasori reden, und der wahrscheinlich auch nicht mit ihm. Nicht mal Itachi mit seiner Workaholic-Ader lernte so ununterbrochen wie Sasori. Und das am Wochenende. Er konnte ja Itachi fragen, was er gerade tat. Schlimmstenfalls ging er ihm damit auf die Nerven, und das tat er sowieso ständig. Sogar sich selbst. Mit der linken Hand versuchte er, das Telefon auf dem Kaffeetischchen zu erreichen. Irgendetwas fiel herunter und Ankos Textbuch bekam einen Knick bis er es in die Finger bekam. Unbedeutende Opfer in der allgemeinen Unordnung. Die zuletzt gewählte Nummer war Itachis, zur täglichen Sozialwissenschaftsabfrage. Wirklich unheimlich. Deidara drückte die Wahlwiederholung und wartete, den Blick an den dahinkriechenden Minutenzeiger geheftet. Itachi nahm nach dem dritten Klingeln ab. "Hm?" "Meldest du dich immer so, un?!" Es knisterte am anderen Ende der Leitung. "Ach, du bist das." "Wer sonst, un?" Itachi zögerte und kaute vermutlich auf seiner Unterlippe herum. "Sasukes Freundin. Einer seiner Freunde. Keine Ahnung." "Er hat eine Freundin, un?!" Wie peinlich. Ein Knirps von zwölf, dreizehn Jahren bekam das besser hin als er. "Wo brennt's?", wechselte Itachi unvermittelt das Thema. Vielleicht wollte er sich nicht festlegen. Deidara hielt das nicht für wichtig. "Mir ist langweilig, un." "Ah." Itachi schwieg eine kurze Weile. "Mir auch." Es gab immer noch Überraschungen auf dieser Welt. Er hätte erwartet, dass Itachi nonstop etwas Sinnvolles tat, anders als er. "Itachi, un?" "Hm?" "Glaubst du, dass Sasori mich hasst, un?" "Nein." "Warum, un?" "Weil man niemanden hasst, nur weil er eine Woche lang keine Zeit für einen hat." Itachi klang sehr bestimmt, und es schwang ein gewisser Unterton von Abneigung darin mit, den Deidara nicht ganz verstand. "Und Kankuro, un?" "Kankuro wäre gern Sasoris Freund. Das sagt selbst Temari. Aber vom besten Freund war nie die Rede." "Haarspalterei, un.", knurrte Deidara und rollte sich auf den Rücken. "Itachi, un?" "Hm?" Diese Passage wiederholte sich langsam. "Ich könnte dich früher abholen. Wir könnten zur Videothek fahren und Filme ausleihen... sogar Horrorfilme, un." Deidara ahnte, dass Itachi lächelte. Bloß kurz und nicht übermäßig breit. Gerade mal so viel, dass er es würdigte, dieses Zugeständnis trotz Deidaras Angst und Ekel vor Horrorfilmen zu bekommen. "Okay. Bis gleich." Damit legte er auf. Deidara drehte sich erstaunt zur Uhr um. Irrte er sich, oder war die Zeit viel schneller vergangen, während er telefoniert hatte? Das Zugeständnis war ein wenig provisorisch. Deidara kontrollierte alle Filme, die Itachi in die nähere Auswahl zog, und konnte nicht anders als, das Gesicht zu verziehen. Itachis Geschmack war furchtbar, hoffnungslos verirrt. Entweder Splatter (und der diensthabende Videothekar hatte nicht den geringsten Skrupel, Filme ab achtzehn an Minderjährige abzugeben) oder Historikdramen. So ziemlich das letzte, womit Deidara sich die Zeit vertreiben wollte. Und Itachi wollte sich ebenso wenig den nächsten Actionthriller anschauen. Letztendlich einigten sie sich auf ein Mittelding zwischen beidem: historische Kung-Fu-Filme. Da gab es zwar keine futuristischen Motorräder, aber dafür auch keine gruseligen Adermonster. Deidara fragte Itachi nach seinem Geburtstag, war dabei allerdings nicht besonders erfolgreich. Itachi wollte das Thema nicht behandeln und wich nach allen Regeln der Kunst aus. Daran änderte sich nach einer halben Stunde in der Videothek nichts. Deidara war nicht gerade erfreut, kontrollierte trotzdem alle zwei Minuten, ob das kleine Päckchen in seiner Hosentasche noch da war und nicht beschädigt worden war. Itachi zog ein zusammengefaltetes Blatt hervor und erregte damit die Aufmerksamkeit des anderen. "Was ist das, un?" "Eine Wegbeschreibung." Itachi studierte die genannte Beschreibung, während Deidara die Kette von seinem Vorderrad löste, die er um ein Straßenschild befestigt hatte. Mit den Sicherheitsmaßnahmen war er immer äußerst penibel. "Wofür?" "... Ich wollte vorbereitet sein." Deidara zog eine Grimasse und wischte etwas Staub von der Windschutzscheibe. "Keine Angst, ich entführe dich nicht in ein Stundenhotel, un." Itachi murmelte leise 'Idiot' und nahm hinter ihm auf dem Sattel Platz. Wie die Memo schon erinnerte: Er konnte sowohl energisch als auch direkt werden, wenn man ihm etwas Unsittliches unterstellen wollte. "Festhalten, un!" Mit einem Satz jagte das Motorrad vom Parkplatz auf die Straße und raste die Spur entlang. Itachis Hände krallten sich schmerzhaft in seine Schultern. "Du fährst viel zu schnell." Deidara hätte das mit einem Achselzucken abgetan, wenn das nicht momentan unmöglich gewesen wäre. Zudem klang Itachis Stimme nicht nur mahnend, sondern ebenfalls unüberhörbar erschrocken. Offensichtlich war er Motorradfahren nicht gewohnt, und schon gar nicht so. "Okay... Und wohin muss ich jetzt, un?" Er meinte, ein genervtes 'Das fällt dir früh ein' wahrzunehmen und grinste. Offiziell kam lediglich ein 'Links.' gegen den Fahrtwind an. Die Kurve warf Itachi fast ab. Er schien es noch nicht ganz drauf zu haben, wann man sich zu ducken hatte. Na ja... Woher sollte er? "Musst du unbedingt so fahren?!" "Wie 'so', un?" Deidara verstand nicht, warum Itachi sich so anstellte. Er war ein guter Fahrer (wir ignorieren geflissentlich, dass er dabei völlig unverantwortlich ist, weil er ohne Helm und Nierenschutz fährt und berufen uns auf das AU-Recht), und an einem so warmen Tag gab es kaum etwas Schöneres als einen kleinen Ausflug. Da Itachi anscheinend nicht dieser Auffassung war, konnte er ihn eben ein wenig schocken. Splatter zu mögen und vor leicht überhöhter (?) Geschwindigkeit Angst zu haben schrie förmlich danach. Eine Zeit lang fuhr er normal und folgte Itachis Anweisungen. Letzterer beruhigte sich langsam. Gut, sollte er nur. Ohne Vorwarnung zog Deidara das Vorderrad hoch und ließ die Maschine das Gewicht aufs Hinterrad verlagern. Itachi schnappte nach Luft, hatte jedoch zum Glück die Geistesgegenwart, sich festzuhalten. Sein Herzschlag gegen Deidaras Rücken ging beinahe schneller als ein Kolibriflügel. Die Augen hatte er fest zugekniffen. Deidara stellte fest, dass er erstaunlich kräftig war, was man ihm auf den ersten Blick nicht zumutete. Elegant ließ er das Vorderrad wieder auf den Asphalt sinken und drosselte sogar das Tempo. "Mach das nicht noch mal." Itachi klang wenig begeistert von dieser Demonstration der Fahrkünste, gleichzeitig schwang eine gewisse Erleichterung mit. Vielleicht sollte er den nächsten Stunt ankündigen, sonst verlor Itachi wirklich den Halt. Fünfzehn Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht, ohne dass Itachi noch einmal Grund zur Panik hatte. "So, da sind wir. Und jetzt, un?" Wie man an einem nüchternen Hotelfoyer so viel Spaß haben konnte, war Itachi schleierhaft. Deidara benahm sich, als sähe er das zum ersten Mal. Wenn dem so war, beneidete Itachi ihn darum. Er hatte diese Örtlichkeiten Hunderte Mal gesehen und sie wurden nicht spannender. Genaugenommen waren sie zermürbend eintönig. "Zur Rezeption." "Kann ich nicht schon mal hoch, un?" Deidara begeisterte offenbar die Idee einer guten Aussicht, auch wenn sie von einem zwölfstöckigen Betonklotz stammte. Ein Businesshotel, wie es im Buche stand. Deshalb nahm niemand Notiz von zwei Teenagern, die nicht das übliche Verliebtengezwitscher austauschten. "Ohne Schlüssel?", fragte Itachi augenverdrehend, doch Deidara hörte ihm gar nicht zu. Er hatte ein großes Aquarium voller Goldfische entdeckt und fand das wesentlich aufmerksamkeitswürdiger als Itachis Informationen zur Hotelroutine. Der Schwarzhaarige seufzte und begab sich allein zur Rezeption. Der Portier musterte ihn abwartend. Itachi ließ sich Zeit, bis der andere begriffen hatte, dass keine ältere Begleitperson auftauchen würde. "Ein normales Doppelzimmer." "Gut. Irgendwelche Wünsche?" Itachi zögerte. "Möglichst viel Aussicht." Der Portier nickte und nahm mit einem leichten Anziehen der Augenbraue Itachis Chipkarte entgegen. Er ließ sie einlesen und bedachte Itachi daraufhin mit einem überraschten Blick. Dieser gab sich Mühe, nicht darauf zu reagieren und nahm seine Karte samt einem Zimmerschlüssel zurück. "Angenehmen Aufenthalt..." Itachi nickte und ließ die Karte in seiner Hosentasche verschwinden. Gott sei Dank hatte dieser Kerl sich die Bemerkung erspart... "Und, wo sind wir, un?" "Elfter Stock, Zimmer 956." Deidara grinste und schubste ihn in den Fahrstuhl. Seine gute Laune schien unerschöpflich. "Dann gehen wir gleich aufs Dach, okay, un?" "Wenn's sein muss..." In all den Hotels, die Itachi irgendwann mal besucht hatte, war er nie aufs Dach gestiegen. Deidaras Energie war unmöglich. Zwar meinte er, dass so eine Aussicht etwas ganz Anderes war als durch die Straßen zu fahren, doch für Itachi war das keine ausreichende Begründung. Er benahm sich, als sähe er Konoha zum ersten Mal. Und das Hotelzimmer bildete keine Ausnahme. Es war geräumig, mit Balkon und einem großen Fernseher – und einem einzigen Kritikpunkt. "Das Bett ist echt klein. Ist das wirklich ein Doppelbett, un?!" Itachi warf seine Tasche auf seine Seite des Bettes und ließ sich daneben fallen. "Das ist ein Businesshotel, da wird nicht viel Wert auf Aussehen gelegt. Du sollst hier lediglich schlafen." Deidara grummelte etwas vom Service heutzutage und Workaholics, bevor er sich daran machte, den Videorekorder zu untersuchen. Frontalangriff auf diese furchtbaren Filme, zu denen sie sich durchgerungen hatten. "Und du bist sicher, dass wir den nicht schon vorhin hatten, un?" Etliche Zeit später bereute Deidara, dass sie nichts als diese Kung-Fu-Filme mitgenommen hatten. Gut, die Kostüme waren schön, die Darsteller noch schöner, die Waffen fantasievoll, die Kampfszenen reichlich und hervorragend animiert... und die Romantikszenen noch reichlicher und von beachtlicher Länge. Noch einen süßholzraspelnden Weltenretter ertrug er nicht, und bei der nächsten Ninja, die aus dem Stand dreizehn Meter hoch über eine brennende Mauer sprang, würde er die Schwerkraft anfeuern. Oh Mann... Das war eine ganz andere Art der Folter. "Mehr oder weniger. Vorhin erinnerte sich der Mönch noch, dass es da so etwas wie ein Keuschheitsgelübde gab... Dieser nicht.", kommentierte Itachi trocken und rückte sein Kissen zurecht. Ein Sofa gab es nicht, also wurde vom Bett aus ferngesehen. Zwischendurch hatten sie etwas aus der Hotelkantine gegessen, und jetzt saßen sie hier seit Ewigkeiten und quälten sich durch diese Filme. Draußen dämmerte es bereits, und die Straßenlaternen sprangen an. "Ich bin müde, un." Itachi starrte noch ein paar Sekunden ausdruckslos auf den Fernsehschirm. "Ich auch." "Können wir das aus machen, un?" "Von mir aus." Mit einem leisen Klicken schaltete sich der Videorekorder aus. Deidara empfand das helle Blau als enorm entspannend, nachdem seine Augen stundenlang mit Kämpfen konfrontiert worden waren, bei denen 'Überschallgeschwindigkeit' noch untertrieben war. Mit einem erleichterten Seufzen lehnte er sich zurück. Er hätte jetzt ohne Probleme sofort einschlafen können – dieser nervlich höchst anstrengende Freitag des Nichtstuns hatte ihn geschafft. Itachi hielt nichts vom Wegdösen. Er verschwand für eine Viertelstunde im Bad und kehrte zurück, ohne dass Deidara wirklich einen Unterschied bemerkte. Gut, er hatte sein Haarband gelöst und gekämmt. Versteh' einer die Frauen und solche, die sich als Besagte ausgaben. Außerdem bestand er auf geschlossene Vorhänge und hatte unverkennbar die Absicht, in Jeans und T-Shirt zu schlafen. Wie unbequem. Außerdem nicht ganz unproblematisch, denn Deidara legte auf derlei Formalitäten eigentlich keinen Wert. Ihm reichten Shorts zum Schlafen. Allerdings hatte er kein separates Bett, und Personen wie Itachi, die es lieber introvertiert hatten, mochte das ziemlich stören. Schwierig, das. Da musste er sich wohl anpassen und sein T-Shirt anbehalten. Und er war froh, dass ihm das noch eingefallen war. Man vergaß so einiges, wenn man lange allein lebte. Itachi setzte sich auf seine Seite des Bettes und verschränkte die Arme. "Sag' Bescheid, wenn ich das Licht ausschalten kann." Es klang ein wenig ungeduldig, als könnte er es nicht erwarten. Deidara machte Anstalten, sich sein T-Shirt auszuziehen, und Itachi drehte ihm den Rücken zu. Der Blonde grinste und prompt wurde das Licht vorwarnungslos abgeschaltet. "... Jetzt seh' ich nichts mehr, un." "Gute Nacht." "Wieso bist du plötzlich beleidigt, un?!" Mit den vorgezogenen Vorhängen war es wirklich stockduster. Deidara beschloss, seine Sachen anzulassen und morgen von denen Gebrauch zu machen, die er als Reserve mitgebracht hatte. Denn er gehörte nicht zu der Gruppe Menschen, die sich im Dunkeln gut zurechtfand. Und dass sich auf seiner Seite des Bettes ebenfalls ein Lichtschalter befand, sollte er erst morgen herausfinden. "Itachi, un?" "Was denn noch." Das war keine Frage, sondern ein unwilliges Knurren. "Bist du immer so verklemmt, un?" "Stellst du immer so dumme Fragen?", kam es unwirsch von der anderen Seite, die gar nicht so weit entfernt lag, wie man es von einem Doppelbett erwartet hätte. "Ich hab' zuerst gefragt. Machst du dir schon wieder um deinen Bruder Sorgen, un?" Es raschelte, als Itachi seine Arme vermutlich noch fester vor seinem Brustkorb verschränkte und die Wand anstarrte. "Nein." "Wo ist dann das Problem, un?" Itachi seufzte ärgerlich und zog mit einem Ruck die Decke zu sich. "Das Problem ist dass ich kotzen könnte bei der Vorstellung, was die hier von uns erwarten." Deidara schnaubte gekränkt und zerrte die Decke zurück. "Sehr rücksichtsvoll von dir, un." "Das verstehst du nicht." "Nein, un." Itachi riss die Decke wiederum zurück. Deidara wurde klar, dass sie auf diese Weise nie zum Schlafen kommen würden. "Entweder, du schläfst ohne Decke, oder du hörst auf, da auf der Bettkante zu balancieren, un." Itachi antwortete nicht, rückte jedoch etwas von der Seite ab. Deidara wusste nicht genau, wo er nun war, und er wollte lieber nicht suchen. Zu viele missverständliche Andeutungen. Nach einer kurzen Weile der Stille fing Itachi an, sich herumzuwälzen. Das hieß, er verschob ständig sein Kopfkissen, zupfte die Decke zurecht, zog die Beine an oder tat was auch immer ein Itachi Uchiha tat, wenn er nicht schlafen konnte. "Was ist, un?" "... Es ist unbequem so." "Sollen wir die Seiten tauschen, un?" "Nein." Itachi grummelte und befreite sich aus einem Knoten in der Decke, wobei sein Ellbogen Deidara in die Rippen stieß, der rücklings nach oben stierte. "Au, un!" Itachi gab ein frustriertes Geräusch von sich und verharrte endlich regungslos. Deidara spürte trotzdem fast körperlich, wie er mit dem Drang kämpfte, sich auf der verzweifelten Suche nach etwas Bequemlichkeit weiter herumzurollen. "Die Löffelstellung ist angeblich eine der komfortabelsten Schlafpositionen überhaupt, un...", murmelte er gedankenverloren und bekam mit, wie Itachi erschrocken zusammenzuckte. "Die was?!" "Wer stellt jetzt die dummen Fragen?! Woran du gleich denkst, un..." "Bei deiner Ausdrucksweise kein Wunder." "Wollte dir ja nur helfen, un." In den folgenden Sekunden wog Itachi höchstwahrscheinlich das Für und Wider dieses Angebots ab und erwiderte schließlich: "Und was muss man da machen?" "Du musst den Kopf anheben, un." "So?" "So, un." Deidara wälzte sich mit dem Gesicht zu Itachi – oder seinem Rücken, über diese ständige Bewegungsmanie hatte er den Überblick verloren – und schob den unteren Arm über sein Kopfkissen. Glattes, offenes Haar kitzelte ihn. "Und wieder runter, un." Sein Unterarm kam in Kontakt mit weicher Haut, die der Logik nach zum Gesicht gehörte und sich beinahe augenblicklich wieder entfernte. Deidara unterdrückte ein Gähnen. "Willst du schlafen oder nicht, un?" Itachi schwieg und senkte den Kopf wieder. Sein Atem war gleichmäßig und warm. Als Deidaras zweiter Arm sich lose über seine Schultern legte, versteifte er sich etwas. Dem anderen war das völlig egal. Er wollte seine Ruhe, und zwar nicht irgendwann nach Mitternacht, sondern jetzt. Wenn man ihn darum brachte, wurde er unangenehm. "Itachi, un?" Keine Antwort. Umso besser. Mit einem erneuten Gähnen schaltete Deidara seine Schäfchenzähl-Angewohnheit ab. Heute würde es wohl auch so klappen. Noch ein paar Wochen Schule, und es sind sowieso wieder Ferien. Ich kämpfe mich durch. Kapitel 19: Perfect Act ----------------------- Itachis Lider zuckten und öffneten sich widerwillig ein Stück. Nicht sein Zuhause. Ein Hotelzimmer, und ein außergewöhnlich Langweiliges noch dazu. Die Funkuhr auf dem Nachttisch zeigte Viertel nach neun am Samstag. Normalerweise schlief er nicht so lange und hatte auch nicht das Bedürfnis, einfach weiterzuschlafen. Er blinzelte mehrmals und rieb sich mit einer Hand die Augen. Und fragte sich dabei, wo sein Kissen war. Denn das unter ihm lebte. Es war ein Arm, es war nicht sein Arm, und er endete in einer Hand, die ebenfalls nicht seine war. Sie kam ihm zumindest nicht bekannt vor. Die Haut war karamellfarben, seine eigene viel blasser. Sie war kräftig, mit Hornhaut an den Fingerspitzen und einer schmalen Narbe am Daumenansatz. Itachi starrte sie eine ganze Zeit an, ohne wirklich etwas zu begreifen. Er war müde, obwohl es gestern nicht übermäßig spät geworden war. Es lag daran, dass er sich beim Schlafen nicht sehr entspannte. Warum er plötzlich damit anfing, war ihm schleierhaft. Itachi bemerkte etwas aus den Augenwinkeln. Eine zweite Hand, deren Finger kurz gezuckt hatten. Eine rechte Hand, die unbestimmt über seinen Torso hing. Eine rechte Hand, die nicht ihm gehörte, denn mit seiner hatte er sich vorhin die Augen gerieben. Dabei war die bereits des öfteren genannte Hand verrutscht. Die Finger der anderen Hand zuckten auch. Itachi spürte die ruckartige Muskelbewegung unter seiner Wange. In gleichmäßigen Abständen war da ein warmer Luftzug in seinem Nacken. Alles in allem nicht allzu unangenehm, doch Itachi mochte keine Dinge, die schlichtweg so waren, ohne dass er wusste, warum. Er hievte sich hoch auf die Ellbogen und schüttelte sich das Haar aus der Stirn. Die rechte Hand rutschte in seinen Schoß. Itachi schob sie zur Seite und gähnte leise. Er hatte wirres Zeug geträumt, von motorradfahrenden Kung-Fu-Kämpfern und extrem seltsamen Fantasien... Fantasien? Moment mal... Itachi warf die Decke zur Seite und sprang auf. Deidara nahm keine Notiz davon. Im Gegenteil, er drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter, offensichtlich zufrieden, die Decke mit niemandem mehr teilen zu müssen. Dass er sie so leicht nicht zurückbekommen würde, war Itachis geringstes Problem. Mit einem lauten Türenknallen verschwand er im Bad. Dort drehte er das heiße Wasser der Dusche auf, damit der Spiegel beschlug. Das war pervers... Das war doch alles völlig pervers! Deidara rollte sich herum und verzog missbilligend das Gesicht. Irgendein viel zu lautes Geräusch hatte ihn aus seiner watteweichen Döserei gerissen, und jetzt versuchte er verzweifelt, die Trümmer wieder zusammenzufügen. Hotels hatten nicht laut zu sein, wenn sie schon sonst kaum Komfort boten! Und dazu dieses Wasserrauschen... Ihm waren wirklich nie ruhige Morgende vergönnt. Er freute sich bereits auf die Ferien, obwohl sie noch in beträchtlicher Ferne lagen. Schlaftrunken setzte er sich auf. Itachi hatte Nerven, soviel stand fest. So ein Tumult am Wochenende, das war ungesund! Schweren Herzens setzte er seine Füße auf den blaugrauen Teppichboden und kam mit einiger Mühe zum Stehen. Die Tempowechsel seines Kreislaufs waren ihm zuweilen selbst unheimlich. Mit einem Ruck zog er die Vorhänge auf und ließ sich mit einer Flut gleißenden Lichts übergießen. Geblendet schloss er die Augen. Oh, wunderbar. Man musste heiße Tage ohne Aussicht auf Abkühlung einfach lieben. Das Wasserrauschen hörte auf. Es war verdächtig still. "Itachi, un?" Keine Antwort. Deidara strich sich einige chaotische Strähnen aus dem Gesicht und gähnte. In dieser Nacht hatte er sich nachweislich kaum bewegt, und trotzdem hatte sein Haar sich gegen ihn verschworen. Vielleicht sollte er sie mal abschneiden, so kurz wie Sasoris. Großartig, Depression am Morgen. Auch nach fünfminütiger depressiver Himmelbeobachtung regte sich im Bad immer noch nichts. Was war das schon wieder für ein Theater? Fakt war, wenn er nicht gleich mit irgendwelchem kalten Wasser in Berührung kam, würde er wieder einschlafen. Wochenend-Syndrom. Wenn Itachi mit dem Duschen fertig war, konnte da ja nichts allzu Peinliches mehr sein. Oder er kam nicht raus, weil er wegen gestern schmollte. Dieser Kerl konnte ihm nur Rätsel aufgeben... Immerhin waren sie beide Männer. Kein Weltuntergang, und schwanger konnte er jetzt sowieso nicht sein. Rechtfertigung abgeschlossen. "Itachi? Kann ich reinkommen, un?" Keine Reaktion. Deidara klopfte gegen die Badezimmertür und drückte probeweise die Klinke herunter. Die Tür war nicht abgeschlossen. Egal, ihre Konversationen schienen eh ausschließlich aus klärenden Gesprächen zu bestehen. Es war kein besonders großes Bad. Die weißen Fliesen machten den Eindruck, bloß auf einen harmlosen Passanten im Halbschlaf zu warten, der auf ihnen ausrutschen konnte. Und angesichts der herrschenden Nässe musste Deidara sich prompt am Türrahmen festhalten, um nicht genau das zu tun. Itachi nahm keine Notiz von ihm. Er wusch sich die Hände, was nicht besonders aufsehenerregend gewesen wäre, wenn er es nicht so rigoros getan hätte. Sein offenes Haar klebte an seiner alabasterfarbenen Haut. Deidara fragte sich, ob Itachi von Natur aus diesen Farbton hatte oder einfach nichts vom Sonnenbaden hielt. "Äh... Itachi, un?" Der andere warf ihm einen kurzen Blick zu, ohne Verärgerung, jedoch ebenfalls ohne das geringste Interesse. Deidara machte einen ausgesprochen vorsichtigen Schritt vom Türrahmen weg. "Deine Hände sind sauber, un." Itachi hielt inne, während kaltes Wasser über seine geröteten Handflächen floss. Er schien tatsächlich abzuwägen, ob das der Wahrheit entsprach. "Oh." Mehr sagte er nicht dazu. Deidara seufzte, bewegte sich an der Wand zum Waschbecken und stellte das Wasser ab. Itachis Hände verharrten unter dem Hahn, die Innenflächen immer noch nach oben. "Gibt es einen Grund für diese Überschwemmung, un?" Itachi wandte ihm das Gesicht zu und starrte ihn gänzlich verständnislos an, als hätte er angefangen, eine völlig fremde Sprache zu benutzen. Deidara starrte zurück. Nun, als er richtig hinsah, waren Itachis Wangen genauso wundgeschrubbt wie seine Hände. Es erschien beinahe unwirklich mit den weißen Kacheln, dem weißen Handtuch um seine Hüften, seiner weißen Haut und der dezenten Röte. Deidara legte den Kopf schief. "Alles in Ordnung mit dir, un?" "Was? Ja..." Itachi erholte sich offenbar von seiner Apathie. "Was willst du hier?" Ja, zweifellos. Und jetzt war er ärgerlich, dass jemand in seine Privatsphäre eingedrungen war. "Hab mich nur gewundert, dass man von dir nichts hörte, un..." Itachi verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine vor Feuchtigkeit triefenden Unterarme überzogen sich allmählich mit einer Gänsehaut. "Keine Angst, ich hätte dir Bescheid gesagt, bevor ich mich in der Toilette herunterspüle. Raus hier." Deidara grinste und deutete eine Verbeugung an, wobei er sich an der Wand festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Glatte, gekachelte Wände waren nicht optimal zum Festhalten. Das nächste, was ihm bewusst wurde, war ein schmerzendes Steißbein und wabernde Dunkelheit an den Rändern seines Blickfeldes. Und das unangenehme Gefühl, dass seine Hose gerade von unten nass und kalt wurde. "Au, un..." "Es täte dir gut, etwas weniger albern zu sein.", stellte Itachi trocken fest und bot ihm seine Hand an. Deidara rieb sich den pochenden Hinterkopf und knurrte. Konnte der Tag bitte noch mal von vorne anfangen? Was so begann, konnte nicht halbwegs akzeptabel enden. Itachis Hand war kalt und eingeweicht vom Wasser. Deidara ließ sich behutsam hochziehen (inzwischen misstraute er der Wand) und legte den Weg zur Tür mit seitlich ausgestreckten Armen wie ein Seiltänzer zurück. Er hasste Hotelbäder... "Deidara?" Der Blonde drehte sich wenig begeistert um. Seine Hose fing an zu kleben, und das war kein Zustand, den Männer über drei Jahre übermäßig gerne hatten. Itachi biss sich auf die Unterlippe und legte seine Fingerspitzen auf seinen Wangenknochen. "Uhm... Da ist doch... etwas, oder?" Deidara wiegte überrascht den Kopf. Natürlich war da etwas, wenn man gerade geduscht hatte, konnte man nicht erwarten, dass Gesichtspuder sich lange hielt. "Meinst du deine... Striche? Klar, wieso nicht, un?" Itachi überhörte den argwöhnischen Unterton in seiner Stimme. Stattdessen huschte die Andeutung eines Lächelns über seine Lippen. "Nichts. Das Bad ist gleich frei." Deidara nickte und schloss die Tür hinter sich. Vor allem, damit Itachi sein idiotisches Grinsen nicht bemerkte. Er hatte zwar keine Ahnung davon und hatte sie nie gehabt, aber er hatte das Gefühl, dass im letzten Satz irgendwo ein Dank für seine Sorge verborgen gewesen war. Letzten Endes war es Deidara, der wirklich lange im Bad brauchte. Man kam nicht wirklich zu etwas, wenn man in den Spiegel stierte und an nichts dachte außer Umkehren und wieder ins Bett gehen. Und er hatte es ohnehin nicht eilig, Itachis stündlichen Abfragen zum Opfer zu fallen – nicht vor dem Frühstück. Andererseits war das seine einzige Chance, weiterhin von Sasori unabhängig zu sein. Deidara war fest entschlossen, seinen besten Freund diesmal den ersten Schritt machen zu lassen, und gleichzeitig hoffte er inständig, nicht das Falsche zu tun. Itachi war der Meinung, wenn ihre Freundschaft tatsächlich bisher alles überstanden hatte, würde dieses ihr keinen Abbruch tun. Und was, wenn er, Deidara, sich die ganzen Jahre über getäuscht hatte? Sasori war undurchschaubar, und es war immerhin möglich, dass er eine Art Pflichtgefühl gegenüber einem ausländischen Jungen hatte und der Kontakt aus Routine bestehen geblieben war. Nicht die beste Aussicht... Außer, er sah mal wieder Gespenster. Ein monotones Telefonklingeln, das gedämpft durch die Badezimmertür drang, störte seine innere Argumentation. Deidara zog sich mit einiger Mühe sein T-Shirt über (auf den Witz, dass die zwei Löcher an den Seiten für die Arme gedacht waren, konnte er getrost verzichten) und strich sein feuchtes Haar hinters Ohr. Zeit, seine Besetzung aufzugeben. Als er das Schlafzimmer wieder betrat, hatte Itachi sein Gespräch bereits beendet und schaltete sein Handy aus. Deidara konnte nicht umhin, beim Anblick dieser verfluchten Technik zusammenzuzucken. Eins, zwei, drei, war es war völlig egal, was sollte Kankuro schon mit einer Nummer, die er meistens gar nicht erreichte... Ein schwacher Trost. "Irgendwas Interessantes, un?" Ging ihn zwar nichts an, aber er musste sich dringend ablenken. Itachi zuckte mit den Schultern und setzte sich aufs Bett. "Temari." Deidara verzog das Gesicht und erntete einen langsam genervten Blick. "Sie meint, es gäbe wieder Lebenszeichen von Tayuya. Sie hätte die ganze Woche an irgendeinem Seminar teilgenommen und käme Montag zurück." "Seminar? Tayuya, un? In hundert Jahren vielleicht…" Ohne sich die Mühe zu machen, die Wäsche vorher zusammenzufalten, stopfte Deidara sie zurück in seine Tasche. Itachi beobachtete ihn nachdenklich dabei und legte die Stirn in Falten. "Was ist das?" "Was ist was... Oh... un..." Er hätte dieses Päckchen besser verstecken sollen. Und da er nicht gewusst hatte, wie er Itachi zurück auf das Thema Geburtstag bringen konnte, hatte er es prompt vergessen. Nervös drehte er es in den Händen. "Na ja, das ist... Ich hab' es selbst gemacht, un..." Itachi verkniff sich offenbar eine Bemerkung, auf die Deidara ohnehin selbst kam: 'So sieht's auch aus.' Er war kein Genie im Verpacken, und um das glänzend rote Seidenpapier waren vermutlich mehr Klebestreifen als irgendetwas Anderes. Um es aufzubekommen, musste man entweder sehr viel Geduld oder sehr scharfe Fingernägel haben. Itachi konnte ihm anscheinend nicht aus dieser Situation helfen. Er wartete auf eine genauere Erläuterung, deshalb hielt Deidara es ihm wortlos hin. Irgendwo da stand Itachis Name drauf, doch bei seinem Talent, ein einfaches Geschenk falsch zu verpacken, war der irgendwo in der Versenkung verschwunden. Itachi interpretierte die Geste so, dass er raten sollte. Genau wie Sasori, wenn er nicht herausfand, was Deidara von ihm wollte. Unruhig auf dem Boden herumrutschend ertrug er, dass Itachi das rote Päckchen schüttelte, wog und abtastete, was bei dieser Masse an Plastikklebeband nicht allzu effektiv war. Und immer noch keine Erkenntnis in Sicht. Der machte ihn wahnsinnig. War Itachi antisozial oder warum verstand er nicht, was es zu bedeuten hatte, wenn man ein mehr oder weniger hübsch verpacktes Ding präsentiert bekam und es nicht sofort weggenommen wurde? Musste er etwa noch ein Geburtstagsständchen bringen? Seine Singstimme war nicht die Beste... Außerdem konnte er den Text nicht. Jeder hatte es bisher vernachlässigt, es ihn zu lehren, und alles, was er zum Üben hatte, war eine alte Karte von seinen Eltern, die beim Öffnen die Melodie spielte. Schließlich sprang er auf, wobei er seine schmerzenden Knöchel ignorierte, und hielt Itachi die eigentliche Vorderseite vors Gesicht. Zu seinem Glück war die Widmung tatsächlich noch zu erkennen. Itachi zog fragend die Augenbrauen zusammen, und Deidara nickte ungeduldig. Was war daran denn so schwer, Himmelherrgott noch mal?! Schicksalsergeben fing Itachi an, die Klebestreifen abzuziehen. Auf diese Weise würde er noch länger brauchen und zu allem Überfluss das Papier ganz kaputt machen, also drückte Deidara ihm die Schere aus dem Hotelbestand in die Hand, um das längliche Paket zu köpfen. Mit akribischer Vorsicht folgte Itachi der Aufforderung. Der Moment der Wahrheit. Unter unzeremoniösem erneutem Schütteln beförderte er das Geschenk heraus und ließ es auf seine offene Hand fallen. Mit verwirrtem Unverständnis betrachtete er es, und Deidara seufzte. Hatte er das wirklich noch nie gesehen? Oder kam er jetzt nicht darauf? Dann musste er dem eben nachhelfen... Mit geübten Bewegungen schob er den kleinen, metallenen Ring weg und klappte die beiden dünnen Stäbe um 180° zusammen. Ein Fächer. Mattschwarz, nicht besonders wertvoll oder aufwendig. An der linken Seite befanden sich ein paar stilisierte Bambuspflanzen aus wasserfesten, rostroten Ölfarbentönen, und daneben Itachis Name, klein und mit simpler Eleganz, um das Bild nicht zu überladen (gemeint ist hier ein Fächer, wie er auf dem Familienwappen der Uchiha zu sehen ist; die Form ist kein Halbkreis, sondern ein ganzer Kreis). Itachi musterte das Geschenk mit einem undefinierbaren Ausdruck in den dunklen Augen. Deidara entschied, dass es nur noch besser werden konnte, kniff die Lippen zusammen und summte eine Geburtstagsmelodie. Mehr schlecht als recht, aber immerhin. Das ersparte ihm das Redenschwingen. Itachi stützte sein Kinn mit einer Hand auf dem Oberschenkel ab und sah aus dem Fenster. "Du bist ja echt ein netter Kerl." Das Kompliment büßte seinen Reiz nicht ein. (es folgt ein Timeskip zum nächsten Schultag, weil gewöhnliche Menschen nicht ständig zusammenhängen und der Rest wenig interessant ist) Wenn die holde Hauptdarstellerin zurück war, hieß das, dass die Theater-AG wieder in Fahrt kam. Und wenn Deidara ehrlich war, begeisterte ihn das wenig. In der wenigen verbleibenden Zeit war es geradezu unmöglich, dieses Stück einigermaßen reibungslos über die Bühne zu bekommen. Dazu war es zu lang, zu kompliziert und zu aufwendig. Und um auf ein Standartstück wie Dornröschen oder – noch schlimmer – Romeo und Julia überzuwechseln, war Anko zu ehrgeizig. Außerdem fehlte es gerade noch, dass sie die Rollen neu besetzen mussten. Jegliche unterrichtsfreie Zeit in der Schule war widerspruchslos in der Aula zu verbringen. Unter Ankos strenger Anwesenheitskontrolle und unbarmherzigem Umgangston, und nicht zu vergessen in greifbarer Nähe zu dem Schüler, den Deidara zu seinem Todfeind erklärt hatte – Kankuro Sabakuno. Bis jetzt war Deidara ihm erfolgreich ausgewichen, und er hoffte, dass sich das nicht ändern würde. Oh, zugegeben – seine Bühnenbilder waren hübsch, und seine Reparaturen machten die bereits uralten Requisiten wesentlich echter. Trotzdem, das rechtfertige gar nichts! "Alle mal herhören! Du auch, Tayuya." Anko stemmte die Hände in die Hüften und funkelte die Rothaarige drohend an. "Es gibt Neuigkeiten, und ja, sie gehen dich ebenfalls an, Sakon, also dreh' dich gefälligst zu mir um!" Anko räusperte sich, rollte ihr Script zusammen und schlug sich damit auf die Handfläche. "Da wir... endlich in der Vollbesetzung sind und die meiste Vorbereitungszeit bereits verplempert haben, müssen wir uns noch mehr beeilen." Der warnende Ausdruck in ihren Augen hielt alle Anwesenden von Unmutsbekundungen ab. "Des weiteren werden wir vermutlich auf dem Schulhof spielen – mit der Openair-Bühne." "Aber die Openair-Bühne ist purer Schrott!", warf Kankuro protestierend ein und bekam dafür einen Schlag mit der Scriptrolle auf den Kopf. Deidara biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu grinsen. Gut, dann war er eben unfair. "Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst, Sabakuno, nur haben wir leider keine Wahl!" "Das heißt, wir laufen permanent Gefahr, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt.", mischte Sakon sich ein, die Füße lässig gegen die Stuhllehne gestemmt und die Hände in den Taschen. Wegen besagter verhinderter Hände war es einem Reflex zu verdanken, dass er sich duckte, bevor Ankos Script ihn erwischte. "Ich diskutiere nicht, und ihr könnt es euch sowieso nicht aussuchen!" Ebenso wenig wie die Sozialwissenschaftsnote, und Deidara wollte sich seinen positiven Aufschwung nicht ruinieren. Orochimaru war erbarmungslos. Wenn Anko Vollbesetzung sagte, hieß das allen Ernstes, dass Kakashi mitspielte. Etwas, das bis vor kurzem völlig unmöglich erschienen war, woran sich nichts geändert hatte. Und er wirkte nicht mal mehr sonderlich befangen. Jemand musste die Gesetze der Logik geändert haben, ohne dass er davon erfahren hatte. Itachi sah an jenem Morgen nicht besonders gut aus. Und mit 'gut' war in diesem Fall gemeint, dass er nicht den Eindruck machte, ausreichend viel geschlafen zu haben. Deidara ließ sich neben ihm in der ersten Reihe nieder, während Anko die Theatergruppe in vertraute Aufruhr brachte. Itachi rieb sich energisch die Augen und zuckte zusammen, als der Blonde ihn begrüßte. Definitiv zu wenig Schlaf. "Alles in Ordnung, un?" Itachi schwieg einen Moment, bis seine Sicht wieder klar war, und schüttelte den Kopf. Sein Blick blieb dabei unbewusst an seiner freien Hand hängen, solange er mit der anderen seine Wange betastete. "... Du bist seltsam, un." Itachi schien ihn nicht zu hören. Gedankenverloren und geradezu mechanisch langsam wandte er ihm den Kopf zu und beobachtete ihn, als wartete er auf irgendetwas. "Du siehst müde aus, un." "Mhmm..." "Schlecht geträumt, un?" Itachi zögerte und biss sich unmerklich auf die Lippe. "Du warst-" "Ich muss dir unbedingt was erzählen, Yuzu-chan! Es geht um..." Tayuya tauchte mit Temari im Schlepptau aus dem Nichts auf, von einem Fuß auf den anderen tänzelnd. Offenbar waren sie Anko entkommen. Ohne die Andeutung von Höflichkeit – Deidara fand es zumindest sehr unhöflich, einfach in ein Gespräch hineinzuplatzen und sich nicht zu entschuldigen – packte sie Itachi am Unterarm und zog ihn von seinem Stuhl. "Wir müssen sie mal ausleihen... Mädchengespräch." Tayuya lächelte kess, und Deidara gab sich keine Mühe, einen Anschein von Verständnis zu erwecken. Konnten die nicht mit ihren 'Mädchengesprächen' warten, an denen Itachi vermutlich sowieso keinen Spaß hatte und auch nicht gehabt hätte, wenn er wirklich ein Mädchen wäre? Erfahrungsgemäß lästerte besagte Spezies unheimlich gerne, und das war nach den bisherigen Einschätzungen nicht Itachis Vorstellung von gelungener Unterhaltung. Itachi schaffte es, das Tempo etwas zu drosseln und blickte über die Schulter. "Du warst tot.", sagte er leise. Das Sozialleben von Mädchen im Alter zwischen sechzehn und achtzehn war nicht halb so simpel, wie es immer schien. Das war Itachis erste Beobachtung, und sie bestätigte sich stets erneut. Jede Schule hatte so ihre High Society, in der man aufsteigen und abstürzen konnte, doch an dieser war es besonders extrem. Ob es daran lag, dass die Schülerzeitung extra Top Ten dafür anlegte, oder dass in einer großen Stadt wie Konoha alles früh anfangen musste, war nicht zu bestimmen. Die drei wichtigsten Kriterien für Männlein und Weiblein: Aussehen, Auftreten und Partner. Nachdem Tayuya nach dem Empfinden der Allgemeinheit ihre Führungsposition an ein anderes Mädchen verloren hatte, hatte Genannte anscheinend keine Lust mehr, alle Kriterien des Schulschwarms zu erfüllen. Ganz nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Itachi hatte nur leider ebenfalls keine Lust, sich deswegen Tayuyas angesammelte Informationen anzuhören. Er war erschöpft, ganz und gar nicht in Bestlaune und im übrigen nicht an den persönlichen Geheimnissen interessiert. Er gönnte Tayuya ihre Rache... wenn er nichts damit zu tun hatte. Tayuya verdrehte die Augen und murmelte etwas, das vermutlich die Antwort auf eine von Temaris Fragen war. "Übergangslösungen. Ich meine, Kimi ist nett und alles, wenn man ihn kennt, aber mal ehrlich... er hat solche Panik davor, dass jemand mitkriegt, in wen er verliebt ist, dass er meinen Freund gespielt hat!" Itachi versuchte vergeblich, die Worte in sein Gehirn vordringen zu lassen. Stattdessen spukte seit seinem Erwachen aus einem äußerst unangenehmen Traum das Bild eines Messers in seinem Kopf herum. Die Mordwaffe, ein Obstmesser. Reichlich morbid, vielleicht sollte er sich tatsächlich ein harmloseres Lieblingsgenre als Horror suchen. Seltsam war bloß, dass er sich an jedes Detail des Messers erinnern konnte. Ein glatter, kalter Griff aus Teakholz, eine sechsundzwanzig Zentimeter lange Klinge aus Edelstahl ohne den geringsten Kratzer... "... nie gedacht. Sag' das noch mal!" Itachi bekam einen unsanften Stoß in die Rippen. Die Wunde war mehr in der Magengrube gewesen, das Messer steckte noch... "... hat sie nicht verdient. Hast du je ihren Freund gesehen?" Seine Hände hingen fest. Er konnte sie nicht lösen, sie umklammerten etwas, während warmes Blut über seine Finger lief... "... so cool! Nicht wahr, Yuzu-chan?" Itachi bekam einen zweiten Stoß in die Rippen, diesmal kräftig genug, um ihn aus seiner Trance zu reißen. Allerdings hörte er nach wie vor nicht richtig zu. "Was?" "Dieser Kerl... Tanzkurs... Konan." Konan (Welch ein wunderbarer Name für eine Frau, nicht meine Erfindung. Offizieller Name von Peins Partnerin) war Tayuyas erklärte Nachfolgerin. Sie war hübsch, elegant, und angeblich eine Trendsetterin. Einen festen Freund hatte sie noch nicht, doch sie hatte es geschafft, Kontakt zu diesem gewissen Typen aufzubauen, der so furchtbar cool war. Fakten, die Itachi nicht weniger hätten interessieren können, obwohl er Konan in gewisser Weise dankbar war – durch ihr 'Debüt' wurde er das Spotlight los, das durch das 'Paar des Monats' auf ihn herumgeschwenkt war. Sein eigener Rang war heruntergestuft, weil Deidara nicht im weiblichen Sinne 'cool' war. Entsetzlich lächerlich und nicht weiter beachtenswert. "Es könnte sein, dass er zusagt, für die Theater-AG aufzutreten und zu singen... Wenn, dann rettet er uns damit!" Tayuya verzog missmutig das Gesicht. "Muss ich mir die Tanzeinlage von einer antun, die den Origamikurs mit Bravour abgeschlossen hat? Der Kerl kommt bestimmt nur aus Mitleid!" "Eifersüchtig? Tu nicht so, als hättest du niemanden." Itachi wurde Opfer eines dritten Stoßes in die Rippen. Gewöhnungsbedürftig, wie Mädchen verdeutlichten, man solle sich am Gespräch beteiligen. "Kann ich wieder gehen...?" Es war eine recht unhöfliche Frage, aber Itachi war eh nicht in der Stimmung für Floskeln. Nach einem Wochenende normaler Gespräche ging es ihm auf die Nerven, ständig seine Stimme verstellen zu müssen und auf einen fremden Namen zu reagieren, von dem er nicht mal mehr wusste, wie er auf ihn gekommen war. Oder war es gar nicht er, der auf ihn gekommen war, sondern... "Was?! Nein! Du hast nicht mal erzählt, wie es war!" Itachi massierte sich vorsichtig die Schläfen. Diese ermüdende Konversation zusammen mit der stickig-heißen Aula verursachte ihm Kopfschmerzen. "Welches 'es'?" Ein kläglicher Versuch, das unvermeidliche Frage-und-Antwort-Spiel herauszuzögern. "Das 'es', wegen dem du anscheinend keinen Schlaf bekommen hast!" Tayuya zwinkerte ihr verschmitzt zu, und Itachi fiel keine halbwegs akzeptable Erwiderung ein. Alles, woran er denken konnte, war ein Obstmesser mit sechsundzwanzig Zentimeter langer Klinge. "Ganz gut." In Frustration und Lustlosigkeit mischte sich jetzt auch noch Ärger. Es war nicht so, als ginge das hier jemanden an! "Klingt nicht begeistert. Wahre Liebe muss ja schön sein..." ... wenn du ihn trotzdem behältst. So sollte der Satz wohl enden. Itachi quittierte das mit einem ungehaltenen Funkeln. Wenn man Liebe mit Sex gleichsetzte, war das in der Tat kein Ausbruch von Euphorie. Allerdings hätte er nie gedacht, dass er jemals mit einem gleichaltrigen Jungen in einem Bett schlief, wirres Zeug träumte und die Illusion hatte, ebendieser wäre mit einem Obstmesser erstochen worden. Der ironische Unterton in Tayuyas Stimme zeugte ebenfalls nicht mehr von dem Elan, den sie früher gezeigt hatte. Temari hatte ihn zweifellos herausgehört, hakte jedoch nicht nach und wechselte das Thema. "Dein Freund scheint Kankuro nicht zu mögen." Eine weitere schwachsinnige Regel: in 75% der Fälle war anstatt des Namens vom 'Freund' die Rede. "Wirklich?" Itachi gab sich Mühe, unbefangen zu klingen. Er hatte beim besten Willen keine Ahnung, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. "Ich wundere mich nur, auf dem Schulball war da noch nichts..." Temari war in der Lage, zwei und zwei zusammenzuzählen, sie wollte wahrscheinlich lediglich Bestätigung. "Sasori sollte etwas unternehmen." "Sasori ist langweilig. Der kann deinen Bruder höchstens ins Koma langweilen.", kommentierte Tayuya trocken. Temari und Itachi tauschten stumm ihr Einverständnis: diese Tayuya war eine viel unangenehmere Zeitgenossin als früher. Während Temari vermutlich erwog, ob sie Sakon von hier aus mit einem Buch am Kopf treffen konnte, fühlte Itachi sich genötigt, etwas zu Sasoris Verteidigung vorzubringen, aus Solidarität Deidara gegenüber. "Ich glaube nicht, dass Kankuro sich mit Sasori langweilt..." Tayuya winkte ab. "Sind die jetzt auch noch schwul?! Herrje, das ist ja schlimmer als 'ne Seuche..." Das war definitiv nicht mehr die Tayuya, die von 'von der anderen Seite holen' gesprochen hatte, ohne mit dem Wort 'homosexuell' irgendwelche Abneigungen zu verbinden. "Sie sind befreundet..." "Ja, so befreundet wie Izumo-sensei und Kotetsu-sensei... Sogar Kimi ist schwul, ist das nicht dämlich?!" Itachi schwieg. Er hatte das nicht gewusst und nicht wissen wollen, und allmählich hatte er keine Lust mehr auf Mädchengespräche. Kein Junge konnte sich vorstellen, wie anstrengend das war, erstrecht, wenn man kaum geschlafen hatte. Tayuya fixierte ihn eindringlich. "Hey... Bist du eigentlich sicher, dass dein Freund nicht auch schwul ist? Der hat sowieso einen an der Klatsche – wer würde schon so rumlaufen – und mal ehrlich... wenn er's nicht mal im Bett drauf hat..." Itachi erhob sich wortlos. Gut, Tayuya war frustriert. Sie würde sich wieder abregen. Aber das hieß nicht, dass er sich das anhören musste. Vielleicht hatte Temari mehr Geduld, obwohl sie es auf den Tod nicht ausstehen konnte, wenn man ihre kleinen Brüder verspottete – und genau das würde Tayuya bei jeder Gelegenheit tun. Itachi gähnte hinter vorgehaltener Hand und verschwand unauffällig durch die Seitentür der Aula nach draußen. Er musste heute noch einen ganzen Schultag überstehen, ohne einzuschlafen, da konnte er seine Energie nicht schon anfangs verpulvern. Unbewusst fing er an, die Geburtstagsmelodie vor sich hin zu summen. Der Tag der Aufführung näherte sich in einem unbarmherzigen Tempo. Die Requisiten kamen voran, mehr oder weniger – die Openair-Bühne war eine Zumutung und eine wandelnde Lebensgefahr. Sie zu reparieren erforderte eine ungeahnte Masse an Ersatzteilen, die nicht vorhanden war. Trotz Ankos ehrlicher Bemühung war das Stück im Kalender vorgemerkt als der Tag, an dem sich die Konoha High aufs Gründlichste blamieren sollte. Ein Wunder, dass das nicht auch auf den Werbeflyern stand, die in der gesamten Stadt verteilt worden waren. Zumindest war die Theatereinlage die Letzte auf dem Programm, damit niemand auf die Idee kam, schon vorher zu gehen. Zum Beispiel deswegen, weil die Schauspieler ihren Text nicht konnten. Deidara war froh, wenn es endlich vorbei war. Das Desaster war abzusehen. Nicht einmal die Beleuchtung funktionierte, und die gesamte Staffabteilung würde mit Textbüchern irgendwo hinter den Bühnenbildern positionieren und die Dialoge diktieren. Das war der Alptraum. Deidara seufzte und beobachtete unruhig das Publikum. Es war ein schöner, sternenklarer Abend, und eine kühle Brise sorgte für angenehmes Klima. Die aufgestellten Sitzreihen waren lückenlos besetzt. Gerade beendete die Chemie-AG ihre Sketche. Welch wunderbare Idee, nach dieser lockeren Unterhaltung eine traurige Sage aufzuführen und so die Stimmung der Zuschauer wieder zu senken. Über ihm knackte die Bühne unheilverkündend. Es war bereits ein Wunder, dass es bisher keine Unfälle gegeben hatte. Umso gefährlicher wurde es jetzt. Das Publikum klatschte, während der auffrischende Wind die entstandenen Rauchschwaden zur Seite trieb, und der dunkelrote Vorhang schloss sich. In den fächerförmig angeordneten Reihen nutzten die Menschen die Zeit, Getränke oder Imbisse zu kaufen, oder sie ließen sich von dem Geschehen auf der Lehrertribüne unterhalten. Mittelpunkt dieses Amüsements war Orochimaru – verständlich, denn es war kein besonderes Vergnügen, ein zum Scheitern verurteiltes Theaterstück auf sein Konto zu schreiben. "Wir haben keine Zeit mehr, stell' die Bühnenbilder da hinten hin. Die fallen schon nicht um." Anko steuerte die Hektik um sich herum. In aller Eile wurde ein halbwegs prunkvoller Thronsaal aufgebaut und die Kostüme angezogen. Tayuya war nicht allzu guter Laune, wie Deidara resigniert zur Kenntnis nahm. Konan hatte eine Rolle bekommen, wie sie einfacher und zugleich prestigeträchtiger nicht sein konnte – sie spielte die wunderschöne Prinzessin, die von Conachùr einst entführt worden war und ihn verlassen hatte. Die Rolle hatte eindeutig etwas Eindrucksvolleres an sich als Deirdre, die ihre Flucht nicht eigenständig bewerkstelligen konnte. Zudem hatte die Rolle der Prinzessin kaum Text und das hübschere Kostüm, schließlich musste eine Adelige etwas hermachen. Mithilfe eines Mikrofons räusperte sich jemand, und der Betrieb auf der Bühne erstarrte. Hastig scheuchte Anko die Helfer und schickte die anderen auf ihre Posten. Deidara verdrehte die Augen und duckte sich samt seinem Textbuch hinter einen gewaltigen Kriegsschild aus Pappmachée in Sakons Hörweite, um ihm helfen zu können. Der jüngere Zwilling hatte einen ummodellierten Eishockeyhelm bekommen, damit die Ähnlichkeit der Brüder das Publikum nicht irritierte. Oder weil er Anko geärgert hatte, das kam auf dasselbe heraus. Was für ein blöder Job. Aber wenigstens stand er sich im Rampenlicht und musste sich zum Idioten machen. Oder zum Vollidioten, weil das Rampenlicht wieder ausgefallen war. "Kommen wir hiermit zum letzten Programmpunkt für heute... Der Theater-AG mit ihrer irischen Sage 'Deirdre von den Schmerzen'." Ein paar lachten bereits, und es lachten noch mehr, als der Wind noch mehr auffrischte und den Vorhang zur Seite wehte, wo andere Bühnenbilder standen. Der Zufall wollte es, dass es ausgerechnet ein zähnefletschender Drache war, dessen Feuer in Orochimarus Richtung zeigte. Der besagte Lehrer wartete in eisigem Schweigen, bis jemand den Vorhang wieder in Ordnung brachte, und fuhr fort: "Die Vorbereitungszeit war leider durch die meteorologischen und personalbezogenen Umstände verkürzt. Doch für eine autonome AG ist es eine respektable Leistung, dass es dennoch zustande kam." Orochimaru bemerkte mit Genugtuung, dass in den Reihen der Anwesenden manche verwirrt die Stirn runzelten, bis sie seine Worte begriffen hatten. "Bitte einen Applaus für 'Deirdre von den Schmerzen'!" Der Vorhang wurde beiseite gezogen, und die Szene im Festssaal begann. Kakashi war zugegebenermaßen nicht schlecht in der Rolle des frustrierten Königs. Iruka saß mit steinernem Gesicht zwischen seinen Kollegen und schien von dem Handlungsverlauf gar keine Notiz zu nehmen. Die erste Szene endete ohne Aussetzer – der Anfang war noch präsent. Der Vorhang wurde zum Umbau vorgezogen, und Konan erklärte den inzwischen andächtig lauschenden Zuschauern mit melodischer Stimme die Vorgeschichte. Deidara fand sie sehr gut in ihrer kurzfristig übernommenen Rolle, und damit war er sicherlich nicht allein – auch, wenn der Großteil jener sowieso alles toll fand, was sie tat. Sie war ungefähr mit drei Vierteln ihrer Erzählung fertig, als sich eine erneute Windböe näherte. Diesmal erwischte es nicht den Vorhang, sondern Konans seidenes Kostüm. Alle Kostüme waren mit Rücksicht auf die Temperaturen recht dünn, und deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass ihr Rock sich aufbauschte und vom Wind angehoben wurde. Der männliche Zuschaueranteil begrüßte diese unerwartete Marilyn-Monroe-Einlage zwar, doch Konan war wenig begeistert. Bevor jemand Fotos machte, verschwand sie hinter dem Vorhang und ließ ihre Erläuterung unbeendet. Im Publikum keimte Unzufriedenheit auf. Schlecht. Ganz, ganz schlecht. Itachi teilte diese Meinung. Konan war in der provisorischen Umkleide verschwunden und nicht mal ein Optimist würde glauben, dass sie zu ihrem zweiten Auftritt erscheinen würde. Und er konnte es ihr nicht einmal verübeln. Sobald sie wieder im Rampenlicht war, würde sie von irgendwelchen anzüglichen Rufen begrüßt werden. Möglich, dass das Publikum zum Großteil aus Menschen bestand, die das Stück wirklich sehen wollten, aber der kleine Teil, der hier war, um es zu boykottieren, war wesentlich auffälliger. Nach der unwillkommenen Einlage war Itachi froh, dass Tayuya unscheinbare Baumwolle trug und hoffte gleichzeitig, dass sie das Kostüm nicht kaputtgemacht hatte – sonst würde es ihr genauso ergehen. Außerdem steckte viel Arbeit darin, und wenn Tayuya sie persönlich zunichte gemacht hatte, würde Itachi tatsächlich aufhören, mit ihr zu sprechen. Mit einiger Anstrengung schleppte die Handlung sich weiter. Kakashi spulte fehlerlos seine poetischen Liebensbekundungen an Deirdre herunter, ohne sich um das Gelächter zu kümmern, das die altmodischen Formulierungen hervorriefen. Eine theatralische Geste, die den Szenenwechsel einläuten sollte, wurde untergraben, weil die Scheinwerfer plötzlich auf einen Pappmarchéebaum schwenkten, von dem aus Anko versuchte, die Schauspieler bereits in Stellung zu bringen. Kimimaros wild entschlossener Plan, mit seinen Waffenbrüdern und Deirdre zu fliehen, wurde genauso lieblos vorgetragen wie bei den Proben – was nicht weiter auffiel, da er ohnehin zu leise sprach. Auf dem Höhepunkt seiner Rede, als er gerade anfing, sich ehrlich zu bemühen, fiel mit einem entmutigen 'Patt' die aufgestellte Klippe neben ihm um. Deidara schlug sich mit dem Textbuch gegen die Stirn und richtete sich wieder auf. Das Publikum hatte sich bis dahin ohnehin nicht wieder eingekriegt. Temari hatte mitten auf der panischen Suche nach ihrem Schützling Deirdre ein Blackout und fand nicht wieder in den Text zurück. Ukons Attrappenschwert brach beim ersten Kampf ab, und ein anderer Schüler riss bei seinem dramatischen Tod im Gefecht Kidoumaru zu Boden. Dieser verhedderte sich in seiner Tunika und konnte sich nur durch eine Seitwärtsrolle davor retten, getreten zu werden. Es war ein Desaster. Orochimaru schaffte es nicht mal in der Pause, das johlende Publikum zum Schweigen zu bringen – eine schmerzhafte Niederlage für jemanden, der sogar Oberstufenklassen in Angst versetzen konnte. Diese Katastrophe zog alle Register. Itachi stöhnte entgeistert auf und vergrub das Gesicht in den Händen. Bei der entscheidenden Schlacht im Haus des Roten Zweigs waren die Zuschauer bereits völlig von der Handlung abgekommen. Das mochte vielversprechend klingen, doch jeder Mitarbeiter dieses Stücks hatte eine tragische Sage aufführen wollen und nicht sich zur Erheiterung von halb Konoha zum Deppen machen. In diesem Sinne war Itachi froh, nicht auf der Bühne zu stehen – obwohl das Attribut 'Theater-AG' demnächst an ihnen allen kleben würde wie Pech. "MAUL HALTEN!" Es wurde sogar still. Anko hatte es aufgegeben, sich aufzuregen. So bekam die Stimme, die geschrieen hatte, die volle Aufmerksamkeit. Naoise stand im Rampenlicht, auf dem Boden Waffen und 'getötete' Krieger. Selbst die Kämpfenden um ihn hielten inne. "Ich kam hierher, um eine Frau als die meinige der Welt zu zeigen! Was ich vorfinde, sind Lügen und Verrat! Ihr, der Abschaum dieser Menschheit, seid es wert, gehasst zu werden!" Itachi runzelte die Stirn und reckte auf seinem Posten den Kopf. Das stand nicht im Script... Naoise machte eine wegwerfende Handbewegung und fuhr fort: "Schmerzen, die ich ihretwegen erduldete, waren letztendlich ergebnislos, jedoch nicht sinnlos... Was ihr nie begreifen werdet." Er schlug sich auf die Brust und warf Schild und Schwert auf den Boden. Diesmal lachte niemand. "Ich liebte diese Frau! Sie brachte Unglück und Entzweiung, und ihr mit eurem höhnischen Gelächter könnt nicht begreifen, dass ich sie immer noch liebe!" Zwei Personen warfen ihre Helme weg. Die Zuschauer begriffen diese Geste wohl kaum, aber hinter der Bühne breitete sich Schweigen aus. Katastrophe. Kapitel 20: Perfect Realisation ------------------------------- Ukon stieß einen Fluch aus, der an 'Was in drei Teufelsnamen...' erinnerte, allerdings mit wesentlich mehr unflätigen Ausdrücken garniert war. Offensichtlich hatte Naoise ungefragt seine Besetzung geändert, denn Kimimaro beobachtete gleichgültig die Szene von dem provisorischen Backstagebereich aus. Deidara staunte darüber, wie unauffällig er getauscht haben musste. Tayuya balancierte am Rand der Bühne auf ihrem halb zerbrochenen Treppengeländer, ein Überbleibsel aus einer früheren Vorführung. Eigentlich hätte sie vor dem prachtvollen Banner des Herrschaftshauses stehen müssen, während ihr Haar dramatisch im Wind flatterte. Momentan hatte der Wind sich gelegt, und die Treppe knackte bedrohlich. Trotzdem lachte niemand. Irgendwie musste es ihnen gelungen sein, die Tragik der Situation zu vermitteln, und Deidara war absolut sicher, dass das mehr eine göttliche Fügung war. Oder Sakon besaß unentdecktes schauspielerisches Talent. Mindestens eins von beidem war nötig, um dieses Theaterstück zu retten. Sakon warf dem Publikum einen vernichtenden Blick zu und wandte sich theatralisch Deirdre zu. Stille. Vielleicht hätte Kimimaro sich nicht gerade Jugo als Ersatz aussuchen sollen. Und vielleicht war es ebenfalls eine göttliche Fügung, dass Sakons ursprüngliche Rolle ausgerechnet die des mehr oder weniger spontanen Verräters war, der Naoise hinterrücks erstechen sollte. "Erstich ihn!" Aoi gab sich Mühe, gleichzeitig tot auszusehen und Jugo Anweisungen zu geben. Die Zuschauer warteten in verwirrtem Schweigen, das wahrscheinlich nicht mehr lange anhalten würde. Bis dahin musste Naoise tot sein. Hoffentlich war Jugo dafür nicht zu gutmütig. Hinter den Kulissen vergrub Anko das Gesicht in den Händen. "Könnt ihr mir erklären, was das soll?" "Wir haben getauscht.", sagte Kimimaro einfach, als wäre das nicht offensichtlich. Itachi fühlte sich wenig getröstet, nur weil er jetzt wusste, warum Ukon ein konspiratives Gespräch mit Tayuyas Exfreund gehabt hatte – er hatte verhindern wollen, dass Sakon die Rolle nahm oder aufgezwungen bekam. Kimimaro hatte das nicht eingehalten. Alles sehr romantisch, aber dafür gab es gleich ein Problem mehr. "Er kann ihn nicht erstechen...", knurrte Anko und fuhr sich durch die aufgesteckten Haare. "Ihr Intelligenzbestien seid nicht darauf gekommen, dass Sakon sein altes Kostüm noch trägt... Das ist nicht dafür geschaffen, mit einem Holzschwertchen durchbohrt zu werden!" Im Klartext: das Schwert würde abbrechen. Damit wäre der dramatische Höhepunkt also auch ruiniert. Itachi seufzte und schüttelte den Kopf. Dieses plötzliche Liebesgeständnis mal ausgeschlossen, was hatte an diesem Abend überhaupt geklappt? Tayuya mochte wie betäubt stehen, aber sie war nicht taub. Der Balkon, ursprünglich eine Requisite für 'Romeo und Julia', würde nicht ewig halten. Dass er marode war, war eingeplant gewesen – eigentlich sollte sie hier ohnehin nicht so lange stehen. Was in ihr vorging, war für einen Beobachter nicht zu erkennen, und so stieß das Publikum überraschte Laute aus, als sie ihre Röcke zusammenraffte und sich über das Geländer schwang, bevor der Balkon unter ihr wegbrach. Die gesamte Bühne bebte, als sie auf den Brettern aufsetzte, und Gott sei Dank fiel kein Scheinwerfer herunter. Es herrschte Stille. Jugo war nicht sicher, ob er Naoise immer noch erstechen sollte, deshalb hielt er sein Kurzschwert unschlüssig in der Hand. Sakon hatte sowieso vergessen, dass es seine Bestimmung war, in diesem Moment zu sterben. Er ging langsam herüber zu Tayuya, die am Boden kniete und hilfesuchend zu allen Seiten blickte. Deidara zog lediglich die Schultern hoch. Er hielt es für keine gute Idee, unvermittelt zum Text zurückzukehren. Die Zuschauer schwiegen, diesmal vermutlich in Erwartung einer romantischen Szene. Leider war an Sakons unruhiger Miene zu erkennen, dass er sein Pulver bereits verschossen hatte – große Reden lagen ihm nicht. Das Licht um sie erlosch allmählich, bis das Rampenlicht auf sie gerichtet war und der Rest im Dunkeln lag. Tayuya schien ebenso wie ihr Mitdarsteller um Worte zu ringen. Ankos Augen huschten zögernd hin und her. Entweder, sie vertraute darauf, dass einer von beiden einen brillanten Einfall hatte... oder sie ließ die Szene auf die klassische Weise beenden. Sie war nicht bereit, den Erfolg des Theaterstücks, in das sie so viel Arbeit gesteckt hatte, dem Zufall zu überlassen. Dennoch... Was für Auswirkungen würde ein tragisches Ende haben, nachdem die Lage sich so entwickelt hatte? Abrupt schaltete sich auch der verbliebene Scheinwerfer aus. Orochimaru zog eine entmutigte Grimasse, als die Zuschauer mit unwilligen Rufen reagierten – das hatte ja so kommen müssen. Sie verstummten jedoch, als die um die Sitzreihen verteilten Boxen mit leisem Brummen Musik ankündigten. Das Licht flimmerte über die Bühne. Tayuya war inzwischen aufgestanden und hatte den Kopf an Sakons Schulter gelegt, was ihr spontane Jubelrufe einbrachte. Unvermeidlich klickten Fotoapparate. Es war mit absoluter Garantie nicht gedacht gewesen, dass das Stück mit einer Gesangseinlage endete, obwohl das Publikum dieses heitere Ende mit Begeisterung aufnahm. Anko rieb sich den Nacken, halb zufrieden, halb genervt. Immer diese überzogenen Auftritte... Eine Prinzessin zu retten reichte. Warum musste Pein eine ganze Theater-AG retten, und das zu allem Überfluss mit 'Let Me Entertain You'? Und das, ohne wie Mr. Nice Guy herüberzukommen... Faszinierend. Offenbar kam Tayuya mit diesem Wechsel wesentlich besser zurecht. Konan stand mitten auf der Bühne, diesmal mit Shorts unter dem Rock, und das mit ihrem entsetzlich coolen Freund, der für ihrer aller Mühen die Lorbeeren einsammelte, die Beleuchtung war mal wieder mies, überall lagen Requisiten herum, die Musik war ganz und gar unromantisch, aber hey – Sakon und sie durften die Tanzeinlage machen. Sie trennte ihr Kostüm mit einem Ruck an den Seiten auf, um etwas mehr Beinfreiheit zu bekommen, und zerrte 'Naoise' ins provisorische Rampenlicht. Das war das richtige Ende für eine Aufführung. Itachi war nicht direkt anwesend, als die Musik begann. Demnach sah er nicht, was sich ereignete, konnte es sich allerdings denken. Wunderbar, die Welt war gerettet – Zeit, sich zu verziehen. Er wollte nicht anwesend sein, wenn die gesamte AG sich auf die Bühne begab. Das Risiko, erkannt zu werden, war ihm zu hoch. Außerdem machte ein Erfolg diese Konstruktion nicht weniger gefährlich. Die kurzfristig angebrachten Seile, die Kulissen und größere Requisiten festhielten, hatten sich so oder so bedrohlich gelockert. Itachi knotete sie auf und fing an, sie haltbarer festzuzurren. Hauptsache, er war beschäftigt. "Itachi." Mit eiserner Selbstdisziplin schaffte er es, nicht zusammenzuzucken. Es war nicht sosehr die Erwähnung seines richtigen Namens. Vielmehr die Person, die ihn aussprach. "Du musst auf die Bühne. Zugabe geben.", zischte er und hielt den Blick starr auf die Knoten gerichtet. Kisame überging seine Anweisungen völlig. "Hat diese Maskerade irgendeinen Sinn oder war dir einfach mal danach?" Itachi presste bei dem betont sarkastischen Tonfall die Lippen aufeinander. "Was geht's dich an? Du hast aufgelegt!" "Aus Versehen! Es ist nicht so, als ob-" "Es ist verdammt egal, warum du es getan hast, du hast es jedenfalls getan!" Mit diesen Worten löste Itachi einen der Knoten und überließ es Kisame, die sich zur Seite neigenden Kulissen festzuhalten. Er kletterte über Kisten von Materialien hinweg und schließlich ganz aus der Bühnenanlage. "Itachi, warte!" Der ärgerliche Ton ließ ihn zusammenfahren. Er könnte tatsächlich warten... doch dazu war es zu spät. Er hatte entgültig genug von diesem Abend. Er wollte nach Hause, sofort. Die Bühne vibrierte unter dem Tumult, der auf ihr herrschte. Wenn es an diesem Abend einen Preis für den blödesten, unelegantesten und zumindest amüsantesten Abschluss einer Tragödie zu verleihen gegeben hätte, wäre er der Theater-AG sicher gewesen. Inzwischen hatte sich so ziemlich alles auf der Bühne versammelt, dem Tanz-Logenplatz. Die Zuschauer bejubelten entweder Peins lückenlose Gesangseinlage oder versuchten einfach, die Sitzreihen zu einer Tanzfläche umzubauen. Vor ungefähr zwanzig Sekunden war Iruka von Kotetsu und Izumo auf die Bühne geschubst worden, und mit dieser wenig freundlich wirkenden Geste war offenbar kurz und schmerzlos der bisher heftigste Streit zwischen ihm und Kakashi begraben worden. Auf ein Neues. Deidara fand, dass das alles nach einem Riesenspaß aussah. Vielleicht würde er Itachi motivieren können, mit ihm zu kommen – als gelungener Abschluss. Das hier war der niemals erwartete Triumph, das musste gefeiert werden. Das Problem war, dass Itachi nicht mehr anwesend war. Anko hatte achselzuckend gemeint, 'sie' sei eben schon verschwunden, und hatte Ukon mit sich gezerrt, bevor er den Ausklang des Stücks sabotieren konnte. Deidara hatte noch nie einen Tanz erlebt, der sosehr an einen Ringkampf erinnerte. Kisame kommentierte seine Frage ohne den üblichen Sarkasmus und damit, dass 'sie' auf dem Weg nach Hause sei. Deidara nahm sich nicht die Zeit, darüber nachzusinnen, woher er das wusste. Er kletterte umständlich von der Bühne herunter und rannte auf den Parkplatz zu. Das war der Weg, den Itachi normalerweise nahm. Die Laternen waren bereits eingeschaltet, deshalb bemerkte er ihn. Itachi stand direkt unter einer Laterne und studierte sein Äußeres mit einem Taschenspiegel. Der Lärm der Herbstfeier drang nur gedämpft herüber. "Itachi, un!" Itachi klappte den Taschenspiegel mit einem energischen Klicken zu und drehte sich zu ihm um. In den fahlen Lichtverhältnissen war das schwer zu erkennen, doch zu seiner Verwirrung erkannte Deidara eine Art Enttäuschung. Hatte Itachi jemand anders erwartet? "Wie oft habe ich dir gesagt, dass du diesen Namen nicht benutzen sollst?!" Die ungewohnte Schärfe in seiner Stimme war erschreckend. Deidara kam allmählich zum Stehen und beäugte ihn verwundert, während er nach Luft schnappte. "Wozu hast du ihn mir sonst verraten, un?" Itachi schnaubte und beließ es bei einem finsteren Blick. "Willst du schon gehen? Ich würde gern noch bleiben, und... kommst du mit, un? Tanzen?" "Warum sollte ich?" Das war nicht Itachis sonstiger, leise ironischer Umgangston, mit dem er solche Vorschläge beantwortete. Deidara war ein wenig eingeschüchtert. War das so eine Art extreme Stimmungsschwankung? "Na ja, es... scheint Spaß zu machen, und immerhin... du bist mein Freund, un!" "Nein." Itachi wandte sich wieder ab und machte Anstalten, das Schulgelände zu verlassen. Deidara hielt ihn reflexartig am Handgelenk fest. Man ging nicht, bevor das Gespräch nicht beendet war. "Schon gut, wir müssen nicht tanzen, können wir nicht trotzdem bleiben? Noch ein bisschen, un?" Itachis dunkle Augen fixierten ihn unwillig, und er versuchte, seinen Arm mit einem Ruck freizubekommen. Deidara reagierte etwas zu spät, umschloss jedoch unbeirrt seine Finger. "Was ist denn los mit dir, un?!" Itachi zog noch einmal, ohne Erfolg. "Lass mich los." "Reg' dich deswegen nicht gleich so auf! Was hast du überhaupt, un?!" Itachis ohnehin blasse Haut fing an, unter dem Druck weiß anzulaufen. Er verzog den Mund, halb aus Schmerz, halb aus Ärger. "Du verstehst es nicht... Ich bin nicht dein Freund." "Haarspalterei, un." Itachi streckte seine freie Hand aus und wand die andere mit ihrer Hilfe frei. Dabei ging er so ruhig und präzise vor wie bei einem Unterrichtsexperiment. Sein Griff war bei weitem nicht so stark wie Deidaras, dennoch warnte den Blonden eine Stimme aus dem Unterbewusstsein davor, ein Kräftemessen daraus zu machen. Er ließ zu, dass Itachi seine Finger löste und die fremde Hand achtlos fallen ließ. "Du verstehst es wirklich nicht. Es reicht mir mit dieser Maskerade." Er rieb sich die immer noch verfärbte Haut an seinem Gelenk und hielt Deidaras Blick ausdruckslos stand. "Noch besser! Warum fängst du dann nicht endlich an, als Junge zur Schule zu gehen, un?!" Itachis Augen verengten sich um ein winziges Stück. Er hatte Recht – Deidara begriff nicht ansatzweise, warum er plötzlich so abweisend war. Nachdem sie die letzte Zeit ständig zusammen verbracht hatten, war er ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie Freunde waren. Und er hatte nie den Eindruck gehabt, dass das Itachi in irgendeiner Weise unangenehm war. "Du bist doch ein netter Kerl, deshalb tue ich dir einen Gefallen und beende diese lächerliche Alibibeziehung." Deidara starrte ihn stumm an. Itachis Stimme klang so höhnisch, als wäre ihr ziemlich kurioser Pakt wirklich nur eine einzige Tortur gewesen. Das war nicht wahr. Und Itachi durfte nicht einfach anfangen, das zu behaupten! "Wieso soll das ein Gefallen sein?! Und warum jetzt, un?! Der Monat ist fast um, Konan und Pein sind sowieso das neue 'Traumpaar', also-" Itachi machte einen Schritt auf ihn zu und legte beide Handflächen auf Deidaras Wangen. Sein Blick war eindringlich. Er zog ihn ein Stück zu sich herunter und küsste ihn auf die Stirn. Seine Stimme war sanft und weich, als er sprach. "Deine Sünden sind dir vergeben." Damit drehte er sich um und verschwand aus dem Licht der Straßenlaterne. Deidara war nicht gefasst genug, um ihm zu folgen. Er verstand die Welt nicht mehr. Nach den neusten Erkenntnissen war Itachi dieses Getues überdrüssig geworden, oder er hatte schlicht... überreagiert. Das war ihm schon mal passiert, und irgendetwas an diesem Abend hatte ihm diese gewisse Sicherung erneut durchknallen lassen. Deidara erleichterte diese Erklärung immens. Itachi konnte ihn leiden, sonst hätte er ihn nicht geküsst. Ein rein platonischer Kuss, den er sich hätte sparen können, wenn er dieses Kapitel wirklich hätte abschließen wollen. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte ihn noch nie jemand auf die Stirn geküsst. Itachi war demnach gleich sein doppelter erster Kuss. Ein Grund mehr, ihn morgen in der Schule zu fragen, welcher Teufel ihn da geritten hatte. "Hm?" Manche Menschen sind zu keiner Zeit ein Ausbund an Höflichkeit. Aber dass Sasori sich mit demselben unartikulierten 'Hm' meldete, das Itachi sonst benutzte, machte Deidara zusätzlich fertig. Und in dieser Nacht war er bereits vollkommen fertig. "Sasoriii! Sasori, Sasori, Sasori! Un!" Niemand ist darauf vorbereitet, um zwei Uhr nachts von einem Mehr-oder-weniger-Freund angerufen zu werden. Auch Sasori nicht. "... Ja?" Am anderen Ende der Leitung polterte es so laut, dass Sasori sich trotz seines kaum halbwachen Zustands Sorgen machte, ob das Haus bei Morgengrauen noch stehen würde. "Vega und Atair... Sie sind..." "Weggeflogen?" Das war eigentlich zu erwarten gewesen. Deidara ließ ständig Türen und Fenster offen und vergaß, sie wieder zu schließen. "Nein, verdammt! Ganz anders, un!" Seit wann gebrauchte Deidara das Wort 'verdammt'? Das musste er sich von jemand anders angewöhnt haben. "Und was?" Deidara stieß einen frustrierten Laut aus und trommelte anscheinend mit den Fäusten auf etwas herum. "Sie sind schwul! Ich habe nie gemerkt, dass Atair ein Männchen ist, un!" Es folgte eine Reihe sehr verschiedenen klingender 'Un's und unverständlichen Gemurmels. Sasori schwieg andächtig und meldete sich erst in einer Atempause. "... Und?" "... Was 'und', un?" "Wo ist das Problem?" Dass Kanarienvögel unter Umständen schwer zu unterscheiden waren, empfand Sasori nicht recht als Anstoß zum Ausflippen. Und schon gar nicht um zwei Uhr nachts. Deidara atmete hörbar ein. "Glaubst du, dass ich auch... schwul bin, un?" Stille. Deidara biss sich auf die zitternden Lippen, sein unregelmäßiger Atem rauschte in der Leitung. Sasori schwieg. Widerspruchslos gab es Meinungen, die Frohnaturen oder Künstler generell als homosexuell einstuften. Sasori selbst war die Idee bisher noch nicht gekommen. Kinder, die ihre Eltern nur in den Ferien trafen, entwickelten zwangsweise andere Kontakte zu ihrem Umfeld. Außerdem war es normal, dass in diesem Alter Panik wegen diesem Thema aufkam. Trotzdem lehnte Sasori es ab, 'Wieso solltest du?' zu erwidern. So unsinnig die Gründe sein mochten – wer richtete seine sexuelle Orientierung schon nach seinen Haustieren aus? – erfahrungsgemäß gab es noch andere Punkte für diesen Verdacht. "Wäre das so schlimm?" "Natürlich ist es schlimm! Es ist... abnormal, un!" Ebenfalls keine ungewöhnliche Angst. Sasori sparte sich weise den Kommentar, dass Deidara so oder so schon einige abnormale Dinge hinter sich hatte. "Hat deine Freundin dir das an den Kopf geworfen?" "Das ist kein... Also... Nein, das hat nichts damit zu tun... Das heißt... un..." Sasori machte einen halbherzigen Versuch, daraus irgendetwas zu folgern, und seufzte schwer. "Können wir das morgen diskutieren?" Seine einzige Antwort war ein gleichmäßiges Tuten in der Telefonleitung. Am nächsten Tag gab es zwei äußerst quälende Fragen für Deidara. Erstens: Hatte Itachi sich von seinem Stimmungsumbruch erholt? Und zweitens: Angenommen, er war tatsächlich homosexuell – Sasori hatte sein Gewissen diesbezüglich nicht gerade beruhigt – war er dann in Itachi verliebt? Eigentlich gänzlich unmöglich. Kitschig gesagt müsste er ganz nervös und rot werden, wenn er ihn sah. Natürlich freute er sich, ihn zu sehen. Man freute sich nun mal, wenn man einen Freund sah. Da war kein... sexuelles Interesse. Itachis Lächeln war zweifellos hübsch und irgendwie anziehend, trotzdem reichte das nicht, um sich zu verlieben. Wäre das so gewesen, hätte er mit ihm im selben Bett nicht geschlafen wie ein Stein und die Akte 'Wir haben uns freiwillig geküsst' nicht einfach beiseite geschoben. Allerdings... Wenn es nicht so wäre, hätte er nicht festgestellt, dass Itachi einen schönen Körper hatte, trotz der nach seinem Geschmack viel zu hellen Haut. Er hätte ich nicht mit zum Tanzen nehmen wollen und seine Hände nicht so stur festgehalten. Und er wäre nicht so aufgekratzt gewesen, nur weil er von ihm auf die Stirn geküsst worden war. Deidara suchte die Umgebung nach Itachi ab. Die Halle war voll von Schülern, doch der Richtige war offensichtlich nicht unter ihnen. Tayuya war bei Sakon und Temari gefangen in einem Interview der Schülerzeitung, deshalb hatte er bei seinen 'Freundinnen' ebenso wenig Erfolg. Deidara erwog, Sasuke zu fragen und ließ es letztendlich, da der Teenager nicht gerade den Eindruck eines fröhlichen, hilfsbereiten Menschen machte. Wenigstens war er nicht der einzige mit einem Scheißtag. Notgedrungen musste Deidara warten, bis die Geschichtsstunde begann. Iruka war im Gegensatz zu ihm noch völlig aufgelöst vor Glück und vergaß meistens mitten im Satz, was er hatte sagen wollen. Deshalb kritzelte er ein Schema an die Tafel und ließ es die Schüler abschreiben, anschließend bezog er Posten neben dem Fenster und beobachtete Kakashi bei seiner Sportstunde. Allmählich ging Deidara diese Schule auf die Nerven. Verliebte hatten seine Laune schon vor dieser ganzen Angelegenheit nicht gebessert, und jetzt wurde er regelrecht allergisch gegen ihren Anblick. Itachi kümmerte sich nicht um ihn. Er übernahm sorgfältig das Tafelbild in sein Heft und hob nicht mal den Kopf. Deidara seufzte und riss ein Blatt aus seinem Block. Nachdenklich drückte er seinen Kugelschreiber gegen den Mundwinkel, unschlüssig, was er schreiben sollte. Er entschied sich für eine simple. unverfängliche Mitteilung: Ich muss mit dir reden. Den Moment, in dem Iruka nicht aufpasste, musste er nicht abwarten, deshalb faltete er den Zettel zusammen und warf ihn in die Reihe vor sich. Itachi hielt kurz inne und betrachtete das Stück Papier. Dann schob er es mit seinem Stift zu Konan. "Post." Das neuernannte 'Dreamgirl der Konoha High' runzelte die Stirn und entfaltete den Zettel. Deidara fiel reichlich spät ein, dass er ihn an Itachi hätte adressieren sollen. Dass Konan inzwischen so etwas wie Fanpost laufend bekam, hätte er wissen müssen. Er zog eine Grimasse in Itachis Richtung – prompt drehte Konan sich nach dem um, der ihr diese Nachricht gesandt hatte. Seine Grimasse quittierte sie mit dem Vertiefen der Falten auf ihrer Stirn und nahm ihre Arbeit wieder auf. Deidara nahm ein neues Blatt und schrieb: Warum hast du das gestern getan? Und diesmal setzte er Itachis Mädchennamen auf die Außenseite. Itachi musste das irgendwie erraten haben. Und er reagierte damit, dass er den Zettel umdrehte und es auf Konan abwälzte, ihn zu lesen. Deidara ließ seinen Kopf auf die Tischplatte knallen. Glücklicherweise verzichtete Konan auf eine sofortige Antwort. Das hieß, er konnte das Missverständnis noch klären. Möglichst bevor er von irgendjemandem – wahrscheinlich Pein – zu einem Fleck auf dem Schulhof verarbeitet wurde. Das war dramatisiert, doch es gab Schöneres, als zu testen, ob die Schülerzeitung das letzte 'Paar des Monats' bereits vergessen hatte. Deidara holte Luft, um Itachi direkt anzusprechen, als dieser die Hand hob. "Kann ich zur Toilette?" Iruka winkte ihn wortlos hinaus und vertiefte sich in das Beiwohnen bei der Reckturnerei. Der soeben versöhnte Freund war vermutlich interessanter als ein Haufen Schüler. Deidara sank enttäuscht auf seinem Platz zusammen. Diese Welt hatte sich gegen ihn verschworen. Diese Überzeugung hielt noch ungefähr bis zum Ende des Schultags an. Er kam Sasori gegenüber nicht auf das Thema der gestrigen Nacht zurück. Sie verbrachten die Pausen schweigend in der Bibliothek. Im Nachhinein konnte Deidara sich nicht erinnern, ob und was er gelesen hatte. Wahrscheinlich hatte er lediglich ein Buch durchgeblättert, ohne ansatzweise zu verstehen, welchen Inhalt es hatte. Sasori hatte die Verschlossenheit seines Freundes ohne erkennbare Proteste akzeptiert. Deidara war froh, dass er nicht unbedingt darauf aus war, ein klärendes Gespräch zu führen, wie das vielleicht bei anderen der Fall gewesen wäre. Das ständige Seufzen übernahm er heute ohnehin selbst. Auch das kommentierte Sasori nicht. Alles, was der Rothaarige tat, war ihm seine vermaledeite Handynummer auf den Unterarm zu schreiben. Deidara lächelte schwach – es kitzelte. Und Sasori konnte es nicht leiden, Dinge mit giftversehenen Stiften auf Haut anstatt auf Papier zu schreiben. Der Tag war die ganze Zeit schwül und bewölkt gewesen. Nun war der Himmel bleigrau und die Luft zäh wie Sirup. Nichts, was Deidara abhielt, den Weg zu rennen, den er schon einmal genommen hatte, jedoch in der irrigen Annahme, Itachi sei ein Mädchen. Gut, das war ausgeräumt, und das Problem war dasselbe. Das hieß, die Situation war am Monatsende ziemlich gleich wie die am Anfang. Na ja, ein Dutzend naiv-romantischer Vorstellungen waren zu Bruch gegangen. So was ließ sich erneuern. Das unangenehme Klima bewirkte, dass Deidara sein T-Shirt am Rücken klebte, als er Itachi einholte. Sie befanden sich irgendwo in diesem Apartmentviertel, in dem für Deidara alles gleich aussah, und in nicht allzu ferner Zukunft würde über ihnen ein Gewitter losbrechen, das die sommerliche Hitzeperiode endlich beendete. Um nicht wieder in den Konflikt zu geraten, Itachis richtigen Namen zu benutzen und ihn damit zu verärgern, schloss Deidara zu ihm auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. Die Schwüle um ihn herum war abartig. Itachi drehte sich um, offensichtlich überrascht, ihn zu treffen. Deidara hatte nach der Geschichtsstunde keine Versuche mehr gemacht, mit ihm allein zu reden, sie waren sich nicht einmal über den Weg gelaufen. "Äh... Hi, un. (wunderbare Aneinanderreihung von Vokalen)" Itachi maß ihn mit einem kurzen Blick und streifte die Hand ab. Die wortlose, brüske Reaktion nahm Deidara ein wenig den Wind aus den Segeln. Er war es nach wie vor nicht gewohnt, und wenn er ehrlich war, hatte er nicht damit gerechnet, dass Itachis Überzeugung sich nicht geändert hatte. "Warum bist du gestern abgehauen, un?" Eine bessere Frage fiel ihm auf die Schnelle nicht ein. Er gehörte nicht zu der Sorte Mensch, die sich auf Gespräche vorbereitet. "Ich hatte keine Lust mehr." "Ist das auch eine von deinen zweideutigen Aussagen, un?" Itachi zog seine Brauen ein winziges Stück hoch. Der Bürgersteig um sie leerte sich bereits. "Wenn du das so verstehen möchtest-" "Ich möchte das aber nicht so verstehen, un!" Deidara stellte frustriert fest, dass er Itachis unbeteiligter Miene nicht gewachsen war. Falls der andere überhaupt etwas dachte, das entfernt mit seinem mehr-oder-weniger-Exfreund zu tun hatte, war es ihm nicht anzumerken. "Und?" "Nichts 'und'! Du bist unfair, un!" Das nahe Donnergrollen ließ ihn zusammenzucken und lenkte ihn von seinen eigenen Worten ab. "Du bist von der Pflicht entbunden, eine Rolle zu spielen, die du eh nicht mochtest. Das ist fair." Itachi klang, als sei er überzeugt von der Richtigkeit dieser Erwiderung. So, wie man aus einem Geschichtsbuch vorliest, etwa. "Und was ist... wenn das gar nicht stimmt, un?" Itachi hob den Kopf, etwas zu ruckartig. Ein großer, warmer Regentropfen zerplatzte unter seinem Auge. Er vermischte sich mit Gesichtspuder und legte ein Stück ursprüngliche Hautfarbe frei, die aus irgendeinem Grund viel besser zu ihm passte. Deidara blinzelte nach besten Möglichkeiten das herabströmende Wasser weg. Der Wolkenbruch begann jetzt erst richtig und prasselte mit ungehinderter Wucht auf den Asphalt – oder worauf er ansonsten auftraf. Itachi war blass. Glücklicherweise hatte er darauf verzichtet, seine Augen zu schminken. Die Farbe war allmählich, verstohlen aus seinen Wangen gewichen. Er biss sich auf die Unterlippe. Deine Sünden sind dir vergeben. Was für ein theatralischer Satz, der so gar nicht zu ihm passte. Deidara wusste nicht und wollte eigentlich nicht wissen, woher er ihn gehabt hatte. Zögernd legte er seine beiden Hände erneut auf Itachis Schultern. Die Muskeln unter dem nassen Stoff zitterten, ob aus Anstrengung oder eines anderen Gefühls, war nicht festzustellen. Würden sie noch mehr zittern, wenn er das vom gestrigen Abend wiederholte? Und wenn er nicht richtig zielte? Der Regen schien in seinen Ohren zu dröhnen, obwohl er in Wahrheit vermutlich nicht so laut war. Der Griff an seinen Handgelenken erschreckte ihn, als sie zu ihm zurückgedrückt wurden wie ein nicht erwünschtes Geschenk. "Du verstehst es nicht.", begann Itachi ruhig, genauso sanft wie gestern. Unvermittelt holte er aus. Seine Ohrfeige war ein unangenehmes, lautes Klatschen, wie ein Pistolenschuss. "Ich bin nicht wie du! Du hast keine Ahnung, du hältst das alles für einen Scherz! Mir macht das keinen Spaß!" Sein ebenmäßiges, anziehendes Gesicht verzerrte sich zu einer rageartig zornigen Grimasse. Diesen Itachi kannte er nicht. "Idiot." "Keine Angst, ich entführe dich nicht in ein Stundenhotel, un." Itachi murmelte leise 'Idiot' und nahm hinter ihm auf dem Sattel Platz. Deidara sah ihm teilnahmslos nach, als er in dem Regenvorhang verschwand. Keine allzu schlimme Beleidigung, wirklich nicht. Unbeteiligt betrachtet. Aber so war es schlimm. Viel schlimmer als jegliche Panik wegen verdrehter Orientierungsprobleme oder verwirkter Chancen auf Normalität. Das hier tat einfach nur weh. Kommentar: Ich weiß nicht, ob das jetzt die Erwartung von 'Sie sollen sich näher kommen' entsprach. Generell höre ich das auch nicht gern, das gebe ich offen zu. Ich gebe mir Mühe, eine Jungenfreundschaft aufzubauen, was mit zwei Charakteren, die sich eigentlich hassen, nicht ganz einfach ist, und das schließt aus, dass 'alles ganz schnell' geht. Zu Deidaras Panikausbruch: Nein, ich habe keine Homophobie. Das ist die erste Rechtfertigung, die leider obligatorisch ist. Es gibt Statistiken, nach denen Menschen, die sich selbst als homosexuell erkennen, zuerst an Selbstmord denken. Für eine diesbezügliche Durchschnittsnatur wie Deidara ist das also ein ziemlicher Weltzusammenbruch und nicht auf eventuelle Abneigungen meinerseits zurückzuführen. Erfahrungsgemäß musste der vorige Absatz sein, weil sich bisher immer jemand ereifert hat. Kapitel 21: Perfect Revealation ------------------------------- Deidara kam am nächsten Tag nicht zur Schule. Bei Schülern, deren Eltern im Ausland lebten, und im Großen und Ganzen als zuverlässig galten, war das nicht weiter schlimm. Es wurde eingetragen, ohne dass sich jemand wunderte – zu den Jahreszeitenwechseln gingen häufig Grippewellen um. Sasori wusste, dass er nicht krank war. Wegen irgendeiner günstigen Genzusammenstellung hatte seine robuste Gesundheit bis jetzt jede Grippewelle überstanden, sodass es unwahrscheinlich war, ein kurzes Sommergewitter hätte ihn niedergestreckt. Trotz des Umwegs nahm Sasori sich die Zeit, ihn zu besuchen. Niemand reagierte auf das Klingeln, und niemand nahm das Telefon ab. Der Rothaarige stopfte mit einiger Mühe einen Papierstapel aus Notizen, Hausaufgaben, Kopien und Arbeitsblättern in den Briefkasten und zögerte. Es wäre sehr einfach, jetzt zu gehen. Bis zu der Aufnahmeprüfung an der Universität, an der er Jura studieren wollte, war es noch eine ganze Weile, und den größten Teil des Stoffes hatte er durchgearbeitet. Kankuro hatte ihm angeboten, bei ihm vorbeizukommen. Das bedeutete das erste anregende Gespräch über Kunst seit Wochen, eine willkommene Horizonterweiterung. Außerdem hatte Kankuro anklingen lassen, dass Temari sich freuen würde, ihn zu sehen und ständig mit ihrem Bruder über ihn reden wollte. Das war quasi eine Einladung in das normale Leben, einen angenehmen, friedlichen Alltag, der nach Deidaras Meinung das wichtigste Fundament für eine wirklich allumfassende künstlerische Schöpfung war. Und mal ehrlich, es war kindisch, immer alles beim Alten belassen zu wollen. Allein der Wandel war beständig. Das Telefon klingelte ein letztes Mal, dann schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Die aufgespielte Stimme klang viel zu fröhlich und sorglos. Es stand in der Schülerzeitung, dass er sich mit seiner Freundin überworfen hatte, allerdings ging das im momentanen Trubel ziemlich unter. Der Signalton kam, und Sasori fiel nichts ein. Die Worte 'Das wird schon wieder' fühlten sich fremd in seinem Mund an, deshalb verbannte er sie. Es gab wenig zu berichten. Das Mädchen war genauso wenig zum Unterricht erschienen, doch das wirkte unpassend zu erwähnen. Nichts wirkte passend, und das nicht nur, weil Sasori keine Erfahrung mit derartigen Stimmungen hatte. "Bis morgen." Er beendete die Aufnahme und ließ das Handy in seine Tasche gleiten. Kurzerhand fischte er das oberste Blatt aus dem Briefkasten und kritzelte seine Nummer darauf. Es war ihm völlig gleich, ob Deidara sie bereits hatte. Er würde heute zu Hause bleiben. Deidara lauschte regungslos der Stille. Der Anrufbeantworter schaltete sich mit einem zufriedenen Piepen ab und schien sich ins allgemeine Schweigen einzureihen. Selbst aus dem Vogelkäfig war nichts zu hören. Hatte er eigentlich daran gedacht, die Tür zu reparieren? In seinem Kopf hatten sich wie in einem Stausee Gedanken angesammelt, die nicht wirklich in sein Denken vordrangen. Zum Beispiel, dass er sich gerade in einem vegetativen Zustand befand, in dem sein Gehirn handelte, ohne persönliche Eindrücke oder Erinnerungen zu sammeln. Oder dass Itachis Ohrfeige nicht richtig wehgetan hatte, trotz ihrer Lautstärke. Sein rationales Denken stellte nüchtern fest, dass er in seinem aktuellen Zustand anfing, Konoha zu hassen. Er hatte sich mit allem hier arrangiert, und trotzdem sehnte er sich mit unerwarteter Heftigkeit nach seiner Heimat, nach dicken, steinernen Mauern, hinter denen man sich verbergen konnte. Eine Mischung aus Heimweh, Verzweiflung und Apathie drückte gewaltsam auf seine Brust und raubte ihm schier den Atem. Es klingelte erneut. Deidara setzte sich auf und holte tief Luft. Zwischen seinen Schläfen pochte es, vermutlich aufgrund von Dehydration. Er sollte etwas trinken. Seufzend richtete er sich auf, wartete, bis die schwarzen Punkte verblassten, und holte sich ein Glas Wasser aus der Leitung. Der Himmel draußen war blass, die ersten Sterne tauchten hier und dort auf. Er verschluckte sich beinahe, als das Klingeln sich wiederholte, diesmal wesentlich ungehaltener. Sasori? Das sah ihm nicht ähnlich. Irgendein Idiot in diesem Haus hatte Besuch und keine Lust darauf. Gedankenverloren betrachtete er über den Flur hinweg die verschlossene Tür zu seinem 'Atelier'. Was, wenn er es Itachi gezeigt hätte? Hätte das etwas geändert? Hätte er selbst dann früher begriffen, was seine linke Gehirnhälfte offenbar schon lange versuchte ihm mitzuteilen? Dass er Itachi dieses Farce eben nicht aus unwissender Hilfsbereitschaft, sondern aus banaler, aus Hoffnung geborener Selbstsucht angeboten hatte? Es wäre immerhin das perfekte Happy End geworden. Deidara konnte gerade noch verhindern, dass er sein Glas fallen ließ, als jemand sichtlich ungeduldig gegen die Wohnungstür klopfte. Hektisch stellte er es irgendwo ab und lugte durch den Türspion. Schwarzes Haar... Aber nicht Itachi. Enttäuscht machte er einen Schritt zurück und schalt sich für seinen offenbar nicht vorhandenen Stolz. Natürlich, warum sollte Itachi herkommen, nachdem er sich solche Mühe gegeben hatte, um ihn loszuwerden? Allmählich baute sich in seinem Inneren eine schwelende Wut auf. Itachi hatte nicht das Recht gehabt, ihn so zu behandeln. Er hatte es sich einfach erlaubt. Das Crescendo ärgerlichen Klopfens schwoll an. Genervt riss Deidara die Tür auf und ruckte reflexartig mit dem Kopf zur Seite, bevor die Faust seine Nase traf. Feindselig musterte er seinen ungebetenen Gast. "Was willst du, Kleiner, un?" Sasukes Brauen zuckten angesichts der unverhohlenen Abwertung. Deidara realisierte zum ersten Mal – zu seiner großen Zufriedenheit – dass er mindestens einen Kopf größer war und das gebührend ausnutzen konnte. Der Jüngere warf betont stirnrunzelnd einen Blick auf das Schild an der Tür, als wollte er sich vergewissern, dass er den Richtigen gefunden hatte. Na ja, die Abneigung beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. "Ich muss mit dir reden.", sagte er widerwillig. Seine Stimme war Itachis unähnlich, und seine Züge waren um die Augen herum nicht so streng. Er hatte etwas Jungenhaftes an sich, das vermutlich tatsächlich sehr anziehend auf Mädchen wirkte. Deidara stemmte den Ellbogen in den Türrahmen und lehnte sich an. Ein unmissverständliches Zeichen, dass dieses Gespräch nicht in die Wohnung verlegt werden würde. "Schieß los, un." Sasuke musterte ihn unbeeindruckt. Er schien sich permanent zu fragen, was seinen Bruder veranlasst hatte, diesem Kerl so etwas wie Freundschaft entgegen zu bringen. "Es geht um Itachi." "Da bin ich aber froh, un.", murmelte Deidara sarkastisch und rieb sich die Augen. "Es gibt ein Problem." Sasuke hatte entschieden, dass es einfacher und schneller war, seine Erwiderungen bloß zu übergehen. Deidara weitete übertrieben überrascht die Augen. "Oh nein... Nicht etwa die Physikhausaufgabe? In der Tat, das ist ernst, un..." "Es geht ihm nicht gut.", fuhr Sasuke ungerührt fort. Deidara schwieg für einen Moment, mehr aus grimmiger Schadenfreude als aus Anteilnahme. "Tragisch. Dafür brauchst du wohl kaum meine Hilfe, un." Er wollte die Tür schließen, allerdings kam Sasukes Reaktion fast in derselben Sekunde. Das Kind war stärker, als er es eingeschätzt hätte. Mit der Ferse blockierte er die Tür, mit beiden Händen verhinderte er, dass sie langsam zugezogen wurde und es in einem Kräftemessen endete. "Doch." Sasuke war höchstwahrscheinlich auch nicht begeistert von diesen Worten, trotzdem presste er sie hervor. Deidara schnaubte missmutig und warf sich sein Haar über die Schulter. "Was denn, hat er sich n seinem Zimmer eingeschlossen oder was, un?!" Sasuke nickte wider Erwarten, und Deidara fragte sich unwillkürlich, was es zu bedeuten hatte, dass Itachi etwas so kindisch Anmutendes tat. Er war zwar etwas seltsam gewesen mit seiner Manie, sich die Haut vom Gesicht waschen zu wollen, dennoch war Itachi der letzte, von dem man erwarten würde, dass er sich wie ein gekränkter Teenager benahm. Und anbei hatte er, Deidara, das Recht auf Kränkung viel eher. "Ruf eben den Schlüsseldienst, un." Sasuke war die Willensanstrengung, nicht wortlos Kehrt zu machen und sofort zu verschwinden, deutlich anzumerken. Es war nicht gerade fair, seine Wut auf Itachi an dessen kleinem Bruder auszulassen, doch Deidara hatte sich vorgenommen, möglichst wenig darüber nachzudenken, was seiner 'Exfreundin' gegenüber fair war und was nicht. Genannter Bruder bemühte sich, Deidara Kraft seiner Blicke klar zu machen, dass das der letzte, unnötige Anstoß gewesen war, ihn für völlig dämlich und unsensibel zu halten. "Du sollst nur kurz vorbeischauen.", erklärte er in einem Tonfall, als würde er mit einem Geistesschwachen sprechen. Was seiner Meinung nach wahrscheinlich nicht ganz aus der Luft gegriffen war. "Wieso sollte ich, un?" Sasuke ertrug seinen Spott mit bemerkenswerter, stoischer Gelassenheit. "Weil er dir allein vertraut." Ein kurzer, klarer Satz ohne überflüssige Emotionen. Sasuke drückte ihm einen Haustürschlüssel in die Hand und verließ abschiedslos das Gebäude. Deidara wog den Schlüssel in der Hand und seufzte schließlich. Dann holte er seinen Motorradhelm von der Garderobe. Seine letzte Tat als 'netter Kerl', so viel stand fest. Dank seines schlechten Orientierungssinns war es fast dunkel, als er endlich die richtige Straße in den ordentlichen, weißen Häuserblocks fand. Straßenlaternen spendeten Neonlicht, und die meisten Menschen waren bereits zu Hause, um den Freitagabend mit der Familie zu verbringen. Deidara zögerte. Sasuke war nicht hierher zurückgekehrt. Er könnte einfach den Schlüssel in den Briefkasten werfen und wieder verschwinden. Es gab Reizvolleres, als kurz vor dem Wochenende verflossenen Bekanntschaften nachzujagen. Darüber hinaus war keines der Fenster erleuchtet. Itachi schlief möglicherweise schon. Was soll's, ihm konnte nichts passieren. Wenn Itachi hm wirklich so vertraute, würde er hoffentlich nicht versuchen, die Polizei zu rufen. Wie er es erwartet hatte, bekam er keine Antwort auf sein Klingeln. Kurzentschlossen drehte er den Schlüssel um. Das Schloss klickte leise, und die Haustür schwang auf. Der Flur war leer und die Stille geradezu erdrückend. Unwillkürlich tastete Deidara nach dem Lichtschalter, legte ihn jedoch nicht um. Das Halbdunkel reichte aus, um die Treppe zu finden. Für den Fall, dass Sasuke ihm keine Märchen erzählt hatte – er machte nicht den Eindruck, allerdings war ein schlechter Sinn für Humor eine unvermeidliche Begleiterscheinung dieses Pubertätsstadiums – Itachi hatte keinen Grund, seine blöde Barrikade seinetwegen aufzulösen. Das hieß, er vergeudete hier nur Zeit. Ganz davon zu schweigen, dass er ein frustrierend geringes Maß an Stolz besaß, wenn er hier auflief. Sollte Itachi die Tür öffnen, brauchte er eine anständige Gardinenpredigt. Un. Trotz seiner Verstimmung konnte er sich nicht des Eindrucks erwehren, dass dieses mit Filzstift übermalte Türschild etwas Trauriges hatte, das ihm vorher nicht aufgefallen war. Worauf hatte er sich da bloß wieder eingelassen?! Deidara atmete tief durch und klopfte zaghaft an die Zimmertür. Kein Laut drang aus dem Inneren, und auch sonst regte sich nichts. "Itachi, un?" Er klopfte noch einmal, energischer und lauter. Nicht zu antworten war unhöflich und anbei ganz Dame. War es zu viel verlangt, kurz 'Idiot' zu sagen? Wenigstens? Immer noch keine Reaktion. Deidara beugte sich vor und linste probeweise durchs Schlüsselloch. Da gab es nicht viel zu sehen, der Schlüssel steckte. Nichts zu machen. Bei diesem letzten Satz blinkte irgendwo in seinem Unterbewusstsein ein kleines, verstaubtes Lämpchen. Das war keine neumodische Tür. Der Abstand zwischen Fußboden und unterer Kante war relativ groß. Wenn er schon mal da war, es gab einen gewissen Trick für kleine Kinder... Von einer kleinen Kommode schnappte er sich wahllos ein Stück Papier und blickte sich suchend um. Er brauchte irgendetwas Schmales, ein Stück Draht oder so... Er konnte unmöglich ein fremdes Haus danach durchwühlen. Ratlos durchwühlte er seine Hosentaschen. Zu seiner großen Überraschung fand r den kaputten Bügel des Vogelkäfigs. Hatte er das Türchen repariert, ohne sich daran zu erinnern? Er wurde langsam senil... Was das Knacken von Schlössern mit simplen Mitteln anging, war Deidara begnadet. In seiner frühen Kindheit hatten verschlossene Türen einen unwiderstehlichen Reiz auf ihn ausgeübt, nicht gerade zur Freude seiner Eltern. Gut, die Marotte hatte er abgelegt. Das hieß nicht, dass ihm seine Erfahrung völlig unnütz war. Vorsichtig schob er das Papier unter der Tür durch und schob mithilfe des Bügels den Schlüssel aus dem Schloss. Dabei betete er, Itachi möge schlafen und ihm nicht gleich die Tür ins Gesicht knallen. Genau, wenn er schlief, konnte er einfach wieder gehen. Ihm fiel auf, dass sich seine Gedanken unaufhörlich um das Verlassen dieses Hauses drehten. Mit einem metallenen Klirren fiel der Schlüssel auf der anderen Seite auf das Papier. Deidara zog es zurück und warf den Schlüssel triumphierend in die Luft. Gott sei Dank, noch hatte sich nicht alles gegen ihn verschworen. Itachis Tür öffnete sich geräuschlos. Genau wie im Flur herrschte das dämmrige Licht der Straßenlaternen. Es war gerade genug, um Gegenstände grob zu identifizieren, solange seine Augen noch nicht völlig daran gewöhnt waren. War das Zimmer leer? Deidara konnte nirgendwo jemanden entdecken. Das Bett war unberührt. Neben der Tür befand sich ein Schalter, dennoch zögerte er erneut, die Lampen einzuschalten. So, wie man es bei Dokumentationen tat, um Tiere nicht mit grellen Scheinwerfern zu verstören. Natürlich war das keine Dokumentation, und es hatte nichts mit Forschung zu tun. Und das änderte nichts daran, dass er nicht wusste, in welcher Verfassung Itachi sich befand. Deidara kniff die Augen ein wenig zusammen. Seine Sicht schärfte sich allmählich. Der Raum war ordentlich aufgeräumt, in gewissem Maße so, wie man es von einem Mädchen erwartete, das lieber nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Ein paar Poster zierten die Wände, von denen Deidara sich nicht vorstellen konnte, dass Itachi sie mochte. Ihm waren Splatter, Historik und Basketball höchstwahrscheinlich lieber als Aufnahmen von Orchideen, Hundewelpen und Popstars. Obwohl er das Zimmer nie richtig gesehen hatte, machte es einen faden, aufgesetzten Eindruck. Zögerlich machte er einen Schritt vorwärts. Das Bett war gemacht, die Laken penibel straff gezogen. Eher zufällig bemerkte Deidara die zusammengekauerte Gestalt auf dem Boden des Fußendes. Itachi. Er trug keine Mädchenkleidung, sondern Jeans und T-Shirt, ganz so wie sonst. Die Knie hatte er an die Brust gezogen, seine Stirn lag auf den ineinander verflochtenen Fingern. Er war zweifellos wach, trotzdem hatte seine Haltung etwas erschreckend... Verzweifeltes. "Itachi, un?" Deidara dämpfte seine Frage zu einem Flüstern. Er war selbst erstaunt, dass ihm die Stimme wegblieb. Vorsichtig kniete er sich vor dem anderen nieder und berührte ihn an der Schulter. Sie fühlte sich kalt an und zitterte. Langsam, ganz langsam, hob Itachi den Kopf. Zuerst dachte Deidara, es wäre etwas Verschämtes dabei. Noch der Ausdruck hinter den unordentlichen, schwarzen Haarsträhnen war ein ganz anderer. Er ließ sich schwer beschreiben. Verwirrt. Stumpf. Hoffnungslos. Oder im weitesten Sinne bis in die Grundfesten verstört. Itachi war leichenblass. Seine ineinander verkrampften Finger waren mit kaltem Schweiß überzogen. Auf seinen blutleeren Lippen waren die Abdrucke seiner Zähne zu erkennen, wo er daraufgebissen hatte. Deidara konnte sich zusammenreimen, dass diese Erschütterung nicht mit dem plötzlichen Ende ihrer 'Beziehung' zu tun hatte. Es war etwas von dem, was Itachi ihm verschwiegen hatte. Er selbst hatte geglaubt, es handele sich um etwas Simples, Unangenehmes, eine Teenagerflucht, eine inszenierte Entführung. Das schloss sich inzwischen aus. Diese Sache nahm ungeahnte Ausmaße an. Es war schwer festzustellen, wie genau er sich in dieser Situation verhalten sollte. Ein 'Was ist passiert?' wäre definitiv zu krass. Darüber hinaus war Deidara noch nicht besänftigt, was das Vergangene betraf. Itachi blickte ihn starr an, als fiele ihm nichts ein, was er sagen könnte. Seine Schultern bebten, und er ließ seine Stirn wortlos zurück auf die Knie sinken. Was auch immer folgen mochte, er schien ihm nichts mehr entgegenzusetzen haben. Deidara rutschte neben ihn, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, und bettete Itachis Kopf behutsam gegen seine Halsbeuge. Die Geste hatte nichts mit der spontanen Fröhlichkeitsbekundung im Kino oder der Sache im Hotelzimmer zu tun. Er hätte für Sasori dasselbe getan. Aber Sasori war es nicht, der Hilfe brauchte. Itachi zeigte nicht seine übliche Zurückhaltung. Vielmehr erleichtert ließ er seinen Kopf zur Seite rollen. Deidara spürte seinen stoßweisen Atem, die heiße Flüssigkeit, die den Halsausschnitt an seiner Haut festklebte. Er strich Itachi beruhigend über die Wirbelsäule und legte sein Kinn auf den zerzausten Haaransatz. Er hatte noch nie jemanden getröstet. Wenn er als Kind geweint hatte, war er auf seinem Zimmer geblieben, bis sein Trotz verflogen war, oder seine Mutter hatte mit einer Engelsgeduld auf ihn eingeredet. Nur, was sollte er Itachi schon erzählen? Er hatte keinen Schimmer, worum es überhaupt ging! Itachi weinte sehr still. Sein abgehacktes Atmen war zu hören, ab und zu verschluckte er sich und hustete. Sonst verhielt er sich disziplinierter als so mancher in seinem Alter, der in Tränen ausbrach. Ganz davon ab, dass jemand wie Itachi solche Tränenausbrüche vermutlich nicht allzu oft erlebte. Nach einer Weile ebbte der besagte Ausbruch ab. Er zitterte unverändert, und wider Erwarten wand er sich nicht aus Deidaras Griff. "Geht's wieder, un?" Zögerliches Nicken. "Willst du mit zu mir kommen, un?" Die Frage war ein reiner Impuls. Er glaubte nicht, dass Itachi in diesem Zimmer Entspannung finden würde. Die Antwort war wieder ein Nicken, diesmal ein wenig sicherer. Deidara zog seine Arme zurück und erhob sich. Er musste Sasuke zumindest eine kurze Nachricht hinterlegen, damit es zu keinen drastischen Trugschlüssen kam. Ohne Tageslicht war das Apartment ein kalter, unfreundlicher Ort. Es gab keine persönliche Note, wirkte nicht einmal bewohnt. Deidara kritzelte ein paar Worte auf die Rückseite eines abgerissenen Kalenderblatts und legte sie vor Sasukes Zimmertür. Soviel dazu. Itachi hatte sich inzwischen Schuhe angezogen und saß auf dem Bett, die Arme um sich selbst geschlungen. Sein Zittern hatte nicht aufgehört. Als Deidara den Raum betrat, stand er nicht auf. Seine Miene war leer und erschöpft. "Was ist deine Mutter für ein Mensch?" Die Frage kam völlig unerwartet. Deidara runzelte die Stirn, während er sich neben ihm niederließ und ihn ratlos betrachtete. "Meine Mutter, un?" Er rollte mit den Augen. "Sie kann furchtbar sein. Sie hält Kochen für ein Ritual, und ihr Putzfimmel ist schon nicht mehr gesund, wenn sie jeden darunter leiden lässt, ob sie ihn mag oder nicht, un..." Itachis Mundwinkel zuckten nach oben. Er starrte ihn unverwandt an. Deidara entschied, dass sie so zu nichts kamen. "Na los, raus hier, un." Kurzerhand schob er Itachi aus dem Zimmer und nach draußen. In der Hektik hatte er seinen Helm vergessen, doch solange er sich nicht dabei erwischen ließ, war es ihm und dem Rest der Welt egal. Inzwischen war es vollständig dunkel und die Straßen leer. Was genau er zu tun gedachte, wenn sie die Fahrt hinter sich hatten, wusste Deidara noch nicht. Und er überlegte auch nicht, denn da gab es andere Probleme. Mit einem knappen Wink bedeutete er Itachi, sich hinter ihn zu setzen, und ließ den Motor an. Diesmal würde er darauf verzichten müssen, auf dem Hinterrad zu fahren. Sie mochten ein paar Minuten gefahren sein, als Itachi den Kopf gegen seinen lehnte, das Ohr an seinem Hinterkopf. Deidara fragte sich, ob er eingeschlafen war. Das Zittern der Hände, die sich an seinem Torso festhielten, sprach dagegen. Es war objektiv betrachtet nicht unangenehm, obwohl Deidara nicht in der Stimmung für unsinnige 'ewig so weiterfahren'-Träumereien war. Der Augenblick endete eh, als sie vor dem großen Wohnhaus hielten. Zum Glück brannte hier ebenfalls kein Licht mehr. Deidara stellte sein Motorrad achtlos neben einer Laterne am Eingang ab und manövrierte Itachi in den Fahrstuhl. Es war dem Schwarzhaarigen anzumerken, dass er müde war und sich nicht mehr groß um die Trivialitäten des Alltags scherte. Die Wohnung war glücklicherweise halbwegs aufgeräumt. Deidara fiel nicht recht ein, was er jetzt tun sollte. Er verschob das Verhör und seine Standpauke auf den nächsten Morgen. Die Konversation war ja schon in Rohform ziemlich schwierig, und er hatte den Verdacht, dass Itachi gerade mal die Hälfte von dem verstand, was er sagte. "Hast du Hunger, un? Kopfschütteln. "Ist dir kalt, un?" Kopfnicken. "Einen Moment... un." Gar keine Reaktion. Deidara seufzte und holte seine Decke aus dem Schlafzimmer. Er war keiner von denen, die solche Sachen überall im Haus deponiert hatten. Zumal er außer Sasori fast nie Besuch hatte. Mit einem erneuten Seufzer (diesmal einem Stoßseufzer) ließ er sich neben Itachi auf die Couch fallen. So weit ganz gut, und nun? Itachi starrte teilnahmslos auf die Glasplatte des Kaffeetischchens, ohne die Decke anzurühren oder mit seiner Problematik herauszurücken. Ab und zu sanken seine Lider herab und öffneten sich ruckartig, was man wohl Sekundenschlaf nannte, dann starrte er weiter den Kaffeetisch an. Deidara war sich da so sicher, weil er wiederum Itachi anstarrte und auf etwas wartete, von dem er nicht die geringste Vorstellung hatte. Im übrigen wurde er allmählich schläfrig. Was hatte diese Frage nach seiner Mutter zu bedeuten? Ein Kriminalpsychologe hätte dafür sofort eine zu 99% zutreffende These aufgestellt, aber Deidara war nun mal keiner und er glaubte nicht, dass jemand wie Itachi große Eskapaden zu verbuchen hatte. Mit einem Mal fiel ihm ein, an wen er sich in diesem Fall definitiv wenden konnte. Morgen... "Itachi, un?" Der Angesprochene riss seine Aufmerksamkeit vom Kaffeetisch los. Na, das war schon mal ein Anfang. "Du kannst das Bett haben, okay? Die Tür da, un." Deidara drückte ihm die zusammengeknüllte Decke (er faltete sie nie zusammen) in die Hände und versuchte heldenhaft, nicht daran zu denken, dass die Couch zum Schlafen verdammt unbequem war. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Itachi aufstand, und konzentrierte sich auf die Verdrängung der Gewissheit, dass er heute Nacht kein Auge zutun würde, ganz zu schweigen von den Gliederschmerzen. Itachi blieb stehen, das chaotische Knäuel Decke vor die Brust gepresst. Sein Zittern übertrug sich auf den weichen Stoff. "Ich wäre jetzt lieber nicht allein." Deidara warf ihm einen überraschten Blick zu, den Itachi nicht auffing, weil er wieder den Kaffeetisch fixierte. Er hatte nicht verlegen geklungen, und er wurde auch nicht rot, wie es den meisten passiert wäre, die so etwas offen aussprachen. Einerseits war das eine Argumentation mit dem menschlichen Schweinehund. Denn anders als eine Couch war ein Bett geradezu dafür gemacht, darin zu schlafen (man wagt gar nicht zu behaupten, dass es der eigentliche Zweck ist). Andererseits schien Itachi wirklich ruhelos zu sein, sein ständiges Zittern wies auf eine schlechte innere Verfassung hin. Außerdem... hatten sie schon ein Mal zusammen im selben Bett geschlafen, ein zweites Mal würde also keinen Weltuntergang heraufbeschwören. Gegenargumente fanden sich hingegen keine, jedenfalls nicht für jemanden, der die ganze 'Männer machen das nicht'-Leier entgültig leid war. Das waren verklemmte Ideale einer verklemmten Gesellschaft und nicht seine Sorge. Deshalb erhob er sich ebenfalls, grinste Itachi aufmunternd an (hoffentlich hatte man ihm seine Erleichterung, der Couch entronnen zu sein, nicht allzu stark angesehen) und bedeutete ihm, sich zu bewegen. Von seinem Schlafzimmer wusste er, dass es nicht aufgeräumt war und man schon viel guten Willen brauchte, um Nichtbemerken vorzutäuschen. Itachi schaffte das mit Bravour, allerdings schien er die Unordnung tatsächlich nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er ließ sich auf das Bett plumpsen und wartete, bis die Sprungfedern unter ihm aufhörten zu wippen. Deidara fand ein normales Bett um Längen besser als ein Futon. Nur wäre die Bemerkung gerade ziemlich dämlich. Anders als beim letzten Mal im Hotel drehte Itachi ihm nicht den Rücken zu. Er legte sich hin, ohne sich umzuziehen (es machte keinen Unterschied, da er sowieso in Jenas und T-Shirt schlief) und ohne das Kissen zu benutzen. Deidara folgte ohne lange Umschweife seinem Beispiel, obwohl seine Mutter das schärfstens verurteilt hätte – sie hatte ihm Pyjamas genäht. Er entfaltete die Decke, breitete sie über Itachi und sich und wälzte sich rücklings aufs Bett. Das hatte eine erneute Erschütterung zur Folge, für die er sich murmelnd entschuldigte. Itachi stierte über Deidara hinweg auf die Vorhänge. Trotz des wenigen Lichts konnte der Blonde erkennen, wie er sich auf die Lippen biss und anscheinend nach Worten suchte. Dabei umklammerte er seine rechte Hand wie einen Talisman. "Itachi, un?" Er zuckte zusammen, als Deidara sich zu ihm drehte und ihm unbeholfen auf die Schulter klopfte. "Das... das wird schon wieder, un." Oh großartig, das half ihm sicher, besonders wenn er wissen musste, dass Deidara nicht die geringste Ahnung von dem hatte, was denn werden sollte. Itachi zeigte dennoch keine Anzeichen von höhnischer Belustigung. Er blickte Deidara durchdringend an, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und schloss ihn tonlos. Stattdessen duckte er den Kopf unter die Decke und zog die Beine an. Deidara seufzte unglücklich und strich ihm vorsichtig über den Rücken. Itachis Finger krallten sich in seine Oberarme. Es begann wehzutun, doch Deidara ignorierte es. Behutsam drückte er Itachi an sich und wartete, bis sein Puls langsamer wurde. Schwarzes Haar kitzelte seine Kehle, und nach einer Weile verebbte endlich das Zittern. Deidara beobachtete ihn, so gut es ging, doch Itachi schien nicht plötzlich wieder aufzuwachen. Mit einem zufriedenen Gähnen zupfte er das Kissen zurecht und lauschte dem gleichmäßigen Atmen des anderen. Es war völlig klar, er sollte nicht zufrieden sein. Er sollte peinlich berührt irgendetwas anstarren und auf den Morgen warten. Allerdings fand er es recht bequem so. Zu der Zeit, als er noch jünger gewesen war und wie jeder Junge seines Alters eine Pfadfindergruppe besuchte, hatte er Dutzende Male mit Sasori auf engerem Raum geschlafen. Sasori wandte sich stets ab, weil er es nicht haben konnte, beim Schlafen überwacht zu werden. Das war okay, und Deidara hatte es ohnehin schnell vergessen. Itachi hingegen hatte er nicht vergessen, ganz im Gegenteil. Er konnte nicht beschreiben, warum das genau so war und warum er sich so besser fühlte, wenn er eigentlich wütend sein müsste. Überhaupt war seine Gefühlslage unlogisch. Er müsste sich den Kopf darüber zerbrechen, was Itachi angestellt hatte und wie er in den verschiedenen Fällen reagieren sollte. Erstaunlicherweise kümmerte es ihn nicht im geringsten. Es war ein absurdes Vertrauen, dass Itachi kein schlechter Mensch war und er ihm irgendwie helfen wollte und konnte, und sei es, ihn so lange zu beruhigen, bis er schlief. Das hatte nichts damit zu tun, dass er sich überlegen vorkam und meinte, sich in alles einmischen zu müssen. Er tat es freiwillig. Seltsam. Noch vor ein paar Stunden war er entschlossen gewesen, Itachi erst zu helfen, wenn dieser ehrlich zu ihm war. Momentan war es so oder so egal und konnte auf später verschoben werden. Deidara atmete tief ein – Itachis Haar roch noch immer ein wenig nach Kamelienöl, und auch das war nicht unangenehm – und schloss die Augen. Er hatte seine Träume über Nacht vergessen, aber sie hatten ihm gefallen. Am nächsten Morgen hatte er ohnehin keine Zeit, über etwas wie Träume nachzudenken. Das regnerische Wetter hatte sich vorerst zurückgezogen, und die Sonne stach gnadenlos durch die weißen Vorhänge. Vega und Atair trugen ihr Scherflein zum Einbruch des Morgens bei, indem sie lautstark kundtaten, wie sträflich wenig Deidara sich um sie gekümmert hatte. Itachi war davon offenbar nicht zu wecken. Deidara benötigte dennoch beträchtliche Zeit, um aus dem Bett zu kommen – und zwar, um eben diesen Zustand zu erhalten. Schließlich wälzte er sich mit übertriebener Vorsicht seitlich herunter und schob ein Kissen an seine Stelle. Itachi akzeptierte den Wechsel schweigend (was sollte er auch tun) und schmiegte seine Wange an den weichen, hellblauen Bezug. Unwillkürlich fragte sich Deidara, ob er das bei ihm genauso getan hatte. Allmählich verdächtigte er sich, aus dieser Situation einen gewissen persönlichen Nutzen zu ziehen. Egal, er musste noch Einkaufen gehen und einen Hausbesuch machen. Und das tat er besser, solange Itachi noch schlief. Sein von Natur aus blasses Gesicht sah nach wie vor gezeichnet und erschöpft aus. Der erste Blick nach draußen zeigte, dass der Sommer tatsächlich ein paar Tage zurückerobert hatte. Der Himmel war strahlend blau, und zahllose Familien nutzten das Wochenende, um Ausflüge zu unternehmen. Zum Glück war der Verkehr in der Fußgängerzone noch mäßig. Das war schon etwas Glück. Und wenn er noch mehr Glück hatte, fand er, wen er suchte. Irgendwo in dieser Gegend gab es einen alten betonierten Sportplatz... Das rhythmische Auftrumpfen eines Basketballs bestätigte seine Ahnung. Deidara zwängte sich durch das eingerostete Tor im Maschendrahtzaun und betrat den Platz. Stellenweise war der Beton von Gras und Unkraut gesprengt worden, und im Hochsommer konnte man sich ohne Schuhe die Fußsohlen verbrennen. Kein Wunder also, dass der Platz vor den meisten Menschen sicher war. "Greetings, Kisame, un!" Der Gerufene drehte sich um und grinste breit. "Sieht man dich auch mal wieder, Mr. Right?" Deidara verdrehte indigniert die Augen und setzte sich auf das Geländer. "Als wäre es eine Katastrophe, wenn ich mal einen Tag schwänze, un..." "Die Schülerzeitung hat eine daraus gemacht." Deidara schwieg unbehaglich. Das fing ja gut an. Hoffentlich gab es bis Montag wichtigere Neuigkeiten. Er beobachtete Kisame beim Körbewerfen und wartete auf den passenden Zeitpunkt. "Kann ich dich mal was fragen, un?" "Schon klar, dass du nicht aus Höflichkeit hier bist... Nur zu." Deidara zögerte kurz und fragte geradeheraus: "Kennst du Itachi Uchiha, un?" Der Basketball prallte quietschend am Rand des Korbs ab. Kisame fing den Absprung auf und fixierte Deidara gleichzeitig aus den Augenwinkeln. Fast... Misstrauisch. Kisame war nie misstrauisch, ohne dabei naiv zu sein. Die meisten Dinge waren ihm egal, aber dieses Thema schien nicht dazuzugehören. "... Ja." Mehr sagte er nicht. Die Atmosphäre spannte sich etwas. "Wann hast du das letzte Mal von ihm gehört, un?" "An dem Nachmittag, bevor er verschwunden ist." Kisame behielt den Ball in den Händen und maß ihn mit argwöhnischen Blicken. Deidara bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall. "Ach ja, und was, un?" Die Blicke wurden schärfer. "Er hat mich angerufen." "Und, un?" Einen Moment herrschte drückendes Schweigen, in dem Kisame vermutlich erwog, ob er zu viel preisgegeben hatte und ob er damit fortfahren sollte. "Nichts. Nasame hat die Leitung unterbrochen, bevor er..." Das war nicht die Art, in der ein ärgerlicher großer Bruder sprach, dessen Schwester ein wichtiges Fußballspiel in den dramatischsten Minuten abgeschaltet hatte. Es klang resigniert, und das auf eine Weise, die untermalte, dass er Itachi nicht bloß flüchtig gekannt hatte. Der Satz sollte wahrscheinlich mit '... mir erzählen konnte, was los war' enden. "Warum interessiert dich das plötzlich?" Die Frage war unvermeidlich gewesen, deshalb hatte Deidara sich eine halbwegs glaubwürdige Antwort überlegt. Und sie war nicht mal aus der Luft gegriffen. "Ich wundere mich, wie ein Schüler einfach verschwinden kann, ohne dass die Schülerzeitung oder irgendwer darüber berichtet, un." Kisame beschränkte sich auf ein Achselzucken. Offenbar hatte er es nicht für nötig gehalten, seiner Schwester von Itachis 'Abwesenheit' zu erzählen und es somit an die große Glocke zu hängen. "Wie gut kanntest du ihn, un?" "Willst du jetzt Detektiv spielen?!" Der Vorwurf war halb scherzhaft, trotzdem sprach der Wunsch daraus, die Sache auf sich beruhen zu lassen. "Ich will's bloß wissen, was ist daran so schlimm, un?!" Kisame seufzte schwer und drehte den Ball auf dem Zeigefinger. "Ja, ganz gut, okay?" Deidara überlegte, weiter zu bohren. Immerhin – es gab eine Verbindung zwischen Itachis Verschwinden und seinem früheren Leben. "Wo sind seine Eltern?" Zwar hatte Itachi behauptet, sein Vater sei tot, doch dieses Detail brauchte er Kisame nicht zu präsentieren. "Im Westblock." Bevor Deidara sein nicht gerade dezentes Verhör fortsetzen konnte, fügte der Größere brüsk hinzu: "Den Rest kannst du ihn selbst fragen, wenn das so 'interessant' für dich ist. Oder mal ein paar hübsche Bilder, das ist noch besser." Damit ließ er ihn ohne Abschiedsformel stehen. Deidara war zu verwirrt, um zu protestieren. Kisame wusste also, dass Itachi sehr wohl in Konoha war, dass er nicht mal die Schule gewechselt hatte? Ahnte er dann auch, dass er diese Sache nicht aus simplem Interesse verfolgte? Und sollte der letzte Satz ihn darauf hinweisen, dass er sich aus diesem Vorfall heraushalten sollte, weil es ihn nichts anging? Er zerbrach sich den Kopf darüber, während er die Einkäufe erledigte, und auch, als er seine Wohnung erreicht hatte, ließ es ihn nicht los. Zeit, Itachi ebenfalls ein paar nette Fragen zu stellen. Überraschenderweise war der Schwarzhaarige wach. Er wirkte noch etwas schläfrig, und sein Haar war zerzaust. Er schien sich darum nicht zu kümmern. Stattdessen betrachtete er eine Skizze auf dem Nachttisch. Deidara lugte ihm über die Schulter. Eine Skizze... von Itachi? Wann sollte er die gezeichnet haben? Etwa gestern? Nicht... wirklich, oder? Allerdings war ihm nicht mal aufgefallen, dass er die Käfigtür repariert hatte, also wäre es nicht mehr weiter verwunderlich. Er setzte sich neben Itachi auf die Matratze. Der Uchiha begrüßte ihn mit einem Nicken und legte das Papier weg. Sein Gesicht war ruhig und abgeklärt. Seine Augen waren klar und durchdringend wie sonst. Deidara räusperte sich, obwohl er zweifellos bereits Itachis Aufmerksamkeit hatte. "Itachi, un?" Er schluckte und fuhr fort: "Was... hast du getan, un?" Itachi war offensichtlich nicht erstaunt, dass er das so kurz und bündig gefragt wurde. Vielmehr schien er das erwartet zu haben. Sein Blick war in der Tat abnorm ruhig. "Ich habe jemanden getötet." Ich habe lange kein Update mehr gemacht, und ausnahmsweise sogar mit einer Begründung – ich hatte Lust, eine Sequel zu schreiben. Über den Inhalt kann ich mich noch nicht auslassen, da es zu viel über das Ende von Perfect Girlfriend verraten würde. Selbem nähern wir uns übrigens, wenn ich in den Weihnachtsferien Zeit zum Schreiben habe. Generelle Frage: Bestände Interesse an dieser Sequel mit bisher hochgeheimem Inhalt? Sie wäre natürlich nicht so lang wie dieses Werk, das – darauf bin ich einigermaßen stolz – mit dieser Seite 100-seitiges Jubiläum feiert. Und bald kommt noch das zweijährige Jubiläum dazu. Yeah. Kapitel 22: Perfect Person -------------------------- Deidara war froh, dass er nicht auf seinen Beinen stehen musste. Seine Knie waren weich geworden, und sein Herz schlug so unregelmäßig, dass er fast glaubte, es habe den Takt verloren. Itachi beobachtete ihn ausdruckslos, als wartete er auf einen Anfall von Hysterie. Getötet. Das Wort schien seine Gehörgänge zu verstopfen. Natürlich hatte er schon Krimis im Fernsehen gesehen, und dank dem letzten Horrorfilm wusste er, wie ein irrer Massenmörder sich benahm. Aber Itachi? Itachi war nur ein begabter Schüler, der überall seinen Weg machen konnte. Er hatte sich permanent unter Kontrolle, es war unvorstellbar, dass er einfach ausrastete. "Willst du was essen, un?" Er musste sich sammeln, dringend. Nichts in seinem beschaulichen Leben hatte ihn auf so eine Situation vorbereiten können. Itachi antwortete nicht, und Deidara nahm sich nicht die Zeit, das genauer zu deuten. Vermutlich war das nicht die Erwiderung, die 'Grace' für ein solches Bekenntnis in petto gehabt hätte. Getötet... Pfannkuchen. Er hatte Lust auf Pfannkuchen mit Sirup, und er hatte Sahne mitgebracht, falls Itachi den Nerv dazu hatte, welche zu essen. Er fing übergangslos an, in den Schränken zu wühlen, fand eine Pfanne von der Größe eines Autoreifens und schaltete den Herd an. Es gab zwei Dinge, die er aus dem Stegreif kochen konnte, und das waren Curry und Pfannkuchen. Und ein Murphysches Gesetz lautete, dass irgendwo im Kühlschrank immer Teig war, und sogar genießbarer. Sein Gehirn nahm allmählich den Betrieb wieder auf. Wenn Itachi wahrhaftig jemanden... umgebracht hatte, war er entweder vorsätzlich vorgegangen – das glaubte Deidara nicht – oder jemand hatte ihm geholfen. Jemand, der über beträchtliche Mittel verfügen musste, wenn er den Fall aus den Medien gehalten hatte. Jemand, der in der Lage war, ihm eine neue Identität zu verschaffen, wenn auch nicht gerade geschickt. Nur... wer mit dem entsprechenden Einfluss könnte das sein? Deidara gabelte einen Pfannkuchen auf und klatschte ihn auf den Teller. Gut möglich, dass Itachi mit Kisame befreundet gewesen war, aber Kisame fehlten entschieden die Ressourcen. Deidara kannte sich mit solchen Dingen mäßig aus, dennoch konnte selbst er sich denken, dass dazu Bestechungen und Verbindungen nötig waren. "Willst du Sahne, un?" Itachi starrte ihn an, als sei es ihm unbegreiflich, wie man so schnell zur Tagesroutine übergehen konnte. Nun ja, es war so ziemlich unbegreiflich, zugegeben. Dafür lange noch kein Grund, keine Antwort zu geben. Deidara nahm die Sprühsahne, schüttelte sie kräftig und zielte auf den Pfannkuchen. Dann stellte er den Teller vor Itachi auf den Tisch. "Schmetterling, un." Itachi musterte erst diese kreative Schöpfung, die überraschenderweise Ähnlichkeiten mit einem Schmetterling hatte, danach Deidara, der seinen Teller auf dem Arm balancierte und Sirup darüber kippte, in einem Maß, wie es nicht mal ein kleines, zuckersüchtiges Kind gemocht hätte. Extreme Begebenheiten rechtfertigten extreme Mittel. Außerdem war es Erdbeersirup. "Hast du mir überhaupt zugehört?" Deidara stellte den Sirup ab und zog eine der Schubladen auf. "Brauchst du einen Löffel, un?" "Ob du mir-" "Da, un." Der Löffel schlitterte über den Tisch und kollidierte mit der Sirupflasche. Deidara kümmerte sich nicht darum, er durchsuchte den Kühlschrank nach Saft. Saft war immer gut. Er war bloß nicht sicher, ob er Pfirsich oder Orange wollte. Na... Pfirsich war besser. "Ist Pfirsich okay, un?" "Was soll das?!" Itachi klang ungehalten. Deidara holte Gläser und goss Saft hinein. "Sag Stop, un." Das brachte ihm einen finsteren Blick von Itachi ein. "Möchtest du gerne weiter so tun, als hätte ich nichts gesagt?" Deidara ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er wartete noch auf das 'Stop'. "Tu ich gar nicht, un." "Und warum... tust du dann nichts?!" Deidara erwiderte den bösen Blick geradeheraus. "Was soll ich tun?! In hysterische Krämpfe ausbrechen oder einen Herzinfarkt bekommen, un?" Itachi funkelte ihn grimmig an. Schließlich seufzte er. "Stop." "Na also, un." Offenbar war damit alles erzählt. Itachi kratzte schweigend die Sahne vom Pfannkuchen, und Deidara versuchte, seinen zu essen – stopfen war das passendere Wort – bevor er sich mit Sirup voll saugte und pappig wurde. Es mochte etwas später gewesen sein, als die genannte Gefahr gebannt war. Deidara warf einen flüchtigen Blick zur Uhr – halb elf. Noch eine Menge Zeit, mit der er nicht recht etwas anfangen konnte. "Du hast Sirup im Gesicht." Itachi holte ein Taschentuch hervor und hielt es ihm hin. Für einen Sekundenbruchteil sah Deidara dunkle, sanfte Augen. Beinahe zeitgleich sprang Itachi auf und rannte aus der Küche. Die Tür des Badezimmers fiel krachend hinter ihm ins Schloss. Deidara folgte ihm verblüfft und zog sie wieder auf. Abgeschlossen war sie Gott sei Dank nicht. "Itachi, was ist-" Der Uchiha wandte das Gesicht ab, eine Hand auf den Magen gepresst. Dann beugte er sich vor und würgte. Deidara fuhr sich angewidert über den Mund, um sich davon abzulenken, dass das seiner eigenen Verdauung nicht zuträglich war. An seinen Fingern klebte roter Sirup. Sein Spiegelbild klärte auf, was Itachi wahrscheinlich so übelkeitserregend fand: es hatte erstaunliche Ähnlichkeit mit Blut. Itachi drehte den Wasserhahn auf und spülte den unangenehmen Geschmack weg. Jetzt hatte er mehr Ähnlichkeit mit dem verstörten Teenager, der zusammenhanglose Fragen stellte. Es war relativ still im Bad. Deidara wartete darauf, dass er anfing, nervös, ernst und rational zu sein, wie das in Krimis sonst lief. Dass er die Situation kühl erfasste und einen genialen Plan entwickelte. Der Zustand stellte sich partout nicht ein. Ihm war ein wenig schlecht, was sich bereits besserte, ansonsten war er genauso verträumt und chaotisch wie üblich. Und er hatte nach wie vor kein anderes Bild von Itachi. Na ja... da war diese Sache, die er fast vergessen hatte, über die er mit Sasori nicht hatte reden können. Er war homosexuell, möglicherweise nur eine pubertäre Schwankung, möglicherweise nicht. Eigentlich müsste er deshalb ein 'freundschaftliches' Gespräch mit ihm führen. Irgendwie schaffte er keins von beidem – das Gespräch oder den genialen Plan. "Und was machen wir jetzt, un?" Itachi zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung." Vielleicht fiel ihm beim Gespräch der geniale Plan ein. Er bedeutete Itachi, mit ihm ins Wohnzimmer zu kommen. Dort saßen sie nebeneinander auf der Couch, und Deidara konnte nur den Kopf schütteln über die Ironie der Situation – sie waren an dem Punkt angelangt, bei dem ihre Freundschaft einer argen Zerreißprobe unterzogen wurde, und sie saßen hier wie Ölgötzen und hatten ernstlich keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. "Es gibt zwei Dinge, über die wir reden müssen. Sag A oder B, un." Itachi beäugte ihn prüfend, ob das ein Scherz sein sollte. Deidara wünschte sich, es wäre so. Noch nie war ein klärendes Gespräch so dämlich eingeleitet worden. "B." Hatte ja so kommen müssen. Warum hatte er Itachi die Wahl gelassen?! "Ich mag dich, un." Itachi machte ein Geräusch, dass wie ein sprödes Lachen klang. "Mal sehen wie lange noch." "Nein, ich... ich habe schon darauf gewartet, dass ich anfange, dich anders zu sehen oder Angst zu haben, da mit reingezogen zu werden, un." Er schnaubte und drückte seine Finger ins weiche Polster. "Eigentlich völlig idiotisch... Wir haben beide ein Problem, und jeder hat Schiss, wie der andere darauf reagiert, un. Ich meine, ich könnte die Situation ausnutzen oder Ambitionen hegen oder-" "Was versuchst du mir mitzuteilen?" Gute Frage. Seinen letzten Satz hatte er auch nicht kapiert. Aber das machte sowieso keinen Unterschied mehr. "Ich teile dir mit, dass ich mir den dümmsten Zeitpunkt ausgesucht habe, um amouröse Geständnisse zu machen. Lach nicht, un." Tatsächlich schien Itachi zu lachen. Er stützte seine Stirn in die Hand, sodass seine Augen verborgen waren. "Du... du..." "Sag's nicht, un." "Trottel." Itachi boxte ihn mit einem der Kissen. Deidara zog theatralisch die Schultern hoch. "Hatte ich den verdient, un?" "Ich versuche das erste Mal seit zwei Monaten, mich mit meiner... Vergangenheit zu befassen, du fällst mir deswegen auf die Nerven, und kaum konfrontiert man dich mit der schockierenden Wahrheit, musst du ausgerechnet... Ja, verdammt, das war der dümmste Zeitpunkt!" Deidara stieß ein klägliches Wimmern aus und beobachtete Itachi unauffällig. Er war zumindest nicht wütend auf ihn. "Und, un?" "Was?!" "Jetzt rennst du entweder schreiend aus der Wohnung, knallst mir eine oder... na ja, so... un..." Itachi grinste. "Oder ich vergebe dir wieder deine Sünden?" Deidara nickte verlegen. Itachi grinste etwas breiter. "Das ist nicht fair." "Wieso, un?" Itachi fixierte erneut den Kaffeetisch. Musste ja extrem interessant sein. Endlich murmelte er: "Du hattest reichlich Zeit, dir das zu überlegen. Da kannst du nicht erwarten, dass ich das in maximal fünf Sekunden entscheide." "Und wenn ich dir noch mehr Zeit gebe, un?" Die Antwort kam so prompt, dass Deidara seine offene Hoffnung unangenehm war. Und was hieß hier 'überlegt'... Das war der logische Schluss aus seinen Emotionen. Es war nicht so, als hätte er darüber hinaus Fantasien. Ehrlich gestanden würde er sich dafür ziemlich schämen. Was war, wenn Itachi tatsächlich so etwas wie gleiche Gefühle hatte... würde sich entscheiden, wenn er das sagte. "Wie viel Zeit?" Deidara rieb sich den Nacken. "Bis... bis heute Abend? Ich lasse dich allein, falle dir nicht auf die Nerven, und... später reden wir über A und deine... Antwort, un." Für einen Moment wirkte Itachi, als wollte er etwas tun. Etwas Impulsives, von dem er sich danach nicht erklären konnte, warum er es getan hatte. Doch er tat es nicht. Er drückte lediglich Deidaras Hand, kurz und sachte. "Okay, raus hier." "Du schmeißt mich aus meinen eigenen vier Wänden, un?" "Es war dein Vorschlag." Da hatte er wohl wieder einen Geniestreich getan. Was sollte er den ganzen Tag machen?! Deidara nahm seinen Helm und die Schlüssel vom Schrank, nicht gerade motiviert durch die letzten paar Stunden. Vielleicht hatte Itachi Recht gehabt und er nahm das schlichtweg nicht ernst genug, weil er die Tragweite nicht erfassen konnte oder wollte. Wahrscheinlich konnte er Itachi nicht mal helfen, er kannte ihn nicht mal so lange wie Kisame es tat. Und es hätte ihm nicht noch egaler sein können. Genauso wie der Fakt, dass es von diesem Wort keinen Komparativ gab. "Ich hab übrigens nicht abgeschlossen, un." Und das war etwas, das Itachi besser zu schätzen wissen sollte. Schließlich gab es in dieser Wohnung nur einen geheimen Raum. Es wäre vielleicht intelligenter gewesen, Kisame zu fragen, wo genau Itachis Eltern wohnten. Der Westblock von Konoha war groß, besonders, da er den Namen theoretisch nicht verdiente. Er dehnte sich ein gutes Stück ins Zentrum der Großstadt aus und war eine entsprechend reiche Gegend. Deidara war wenig zuversichtlich, das richtige Haus zu finden. Solche Menschen legten großen Wert auf Privatsphäre, waren dementsprechend in keinem Telefonbuch oder bei keiner Auskunft verzeichnet. Und die Stadt unterstützte das. Möglich, dass es doch nicht ganz so extrem schwer gewesen war, einen Skandal zu vertuschen... Die nächste Zeit verbrachte Deidara damit, die Straßen nach dem Namen 'Uchiha' abzusuchen. Er konnte sich nicht erinnern, dass ihm jemals etwas mehr die Nerven aufgerieben hatte. Die Nachbarschaft war unangenehm, und selbst für einen Mensch mit normalem Orientierungssinn war es schwierig, sich zurechtzufinden. Deidara konnte sich nicht vorstellen, hier zu leben. Am späten Nachmittag hatte er gerade mal ein Viertel geschafft, bestenfalls. Frustrierend. Der einzige Grund, warum er nicht aufgab, war dass er es nicht besonders eilig hatte, zu Itachi zurückzukehren. Es war nicht so, dass er ihm nicht mehr helfen wollte, wenn er keine außerfreundschaftlichen Gefühle für ihn hegte, allerdings wäre es nicht verkehrt, wenn... Wie lächerlich. Itachi hatte etwas getan, für das er in Iwa zum Tode verurteilt würde, und er machte sich Sorgen um ihre Beziehung. Diese ganze Situation lief falsch. Deidara entschied sich, bei einem Anwesen weiterzumachen, bei dem der Besucherverkehr wesentlich reger war als bei den anderen. Die Menschen hatten wachsame Gesichter, die ihm allzu bekannt vorkamen. Anwälte. Sein Vater war auch einer von denen, und er war nicht schlecht. An diesem Maßstab konnte Deidara halbwegs festmachen, dass diese Besucher es ebenfalls nicht waren. Das war lediglich eine ungefähre Einschätzung, dennoch hatte er einen gewissen Sinn dafür, wie viel Intelligenz sich hinter ihren Augen verbarg.7 Deidara fühlte sich unwohl. Das waren keine Handvoll unterbezahlter Pflichtverteidiger. Das waren professionelle Akademiker. Das Haus unterschied sich genauso von den umliegenden. Es war schmucklos weiß und hatte mindestens vier oder fünf Stockwerke. In den unteren dreien waren Jalousien heruntergezogen worden. Dahinter brannte Licht. An einigen in den oberen Stockwerken hingegen klebten Faltsterne oder kleine Fensterbilder. Anscheinend der Privatwohnbereich. Deidara ging die Stufen hoch, in den Schatten des Balkons, der auf massiven, runden Marmorsäulen ruhte. Momentan war niemand zu sehen. Neugierig betrachtete er die eiserne Tafel an der Tür, in die verschiedene Ansässigkeiten des Hauses eingraviert waren. Anwaltsvermittlung, Kanzlei, Aktienbüro, etc... Multitasking. Das war eher ein Büro für alles Mögliche als ein Wohnhaus. Zu seiner großen Überraschung tauchte der Name Uchiha tatsächlich auf. Leider hatte er nicht die Zeit um herauszufinden, in welchem Bezug, denn aus der Sprechanlage unterbrach eine weibliche Stimme seine Grübelei. "Sie wünschen?" Deidara hob den Kopf. Kameras, umwerfend. "Ich... ich suche... Uchiha-san." Er war noch nie dankbarer gewesen, dass dieser Suffix das Geschlecht nicht angab. Nervös würgte er den Kloß im Hals herunter und versuchte, etwas selbstbewusster auszusehen. Dieses Gebäude schüchterte ihn ein. Die Stimme schwieg kurz, und er spürte, wie die Frau ihn musterte. "Mit welchem Anliegen?" Es hatte keinen Zweck, sich etwas auszudenken. Sie konnte erkennen, dass er noch nicht volljährig war und wohl kaum ein Jurist war. Unheimlich... Und so einer wollte Sasori werden? Hoffentlich nicht. "Es geht um... Itachi. Itachi Uchiha." Wenn das eine Verwechselung war, hatte er wenigstens die Erfahrung gemacht, dass es mehr als eine Familie Uchiha in Konoha gab. "Einen Moment Geduld, bitte." Die Stimme klang etwas unsicherer, da es sich nicht länger um etwas Geschäftliches drehte. Deidara atmete tief durch. Er mochte diesen Ort nicht. Die Sensoren an der Tür stießen ein knarrendes Geräusch aus. "Bitte begeben Sie sich in den dritten Stock und warten Sie dort." Was war aus der guten alten Zeit geworden, als Menschen noch persönlich nach draußen kamen?! Jetzt musste er da rein... Plötzlich erschien ihm die Konfrontation mit Itachis Gefühlswelt als das wesentlich kleinere Übel. Die Luft innen war kalt von der Klimaanlage, und der schwarzgrüne Marmor an den Wänden und dem Boden machte es nicht unbedingt wohnlicher. Die Dame vom Empfang schien nicht sicher zu sein, was er hier zu schaffen haben sollte. Wenn er ehrlich war, konnte er sich da nur anschließen. Ein Fahrstuhl brachte ihn in den dritten Stock. Deidara bekam seine Nervosität bis dahin nicht in den Griff. Er wusste nicht mal, mit wem er rechnen sollte, oder wie es aufgenommen werden würde, dass Itachi sein Geheimnis an ihn verraten hatte. Als die Türen des Lifts sich summend öffneten, hatte er ohnehin keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen oder die Innenausstattung aus dunklen, lederbezogenen Möbeln und prachtvollen Zimmerpflanzen zu bewundern. Denn er war nicht allein. Vor ihm stand eine Frau in den mittleren Dreißigern. Zumindest setzte er das so an. Sie war zierlich und trug ein schwarzes Kostüm. Ihr Haar war offen und glatt, was sie einen jüngeren Eindruck machen ließ, allerdings ihr ovales Gesicht noch bleicher machte. Sie war nicht geschminkt und hatte runde, sanfte Augen. "Du suchst mich?" Ihre Stimme war weich und freundlich. Auf den zweiten Blick war die Ähnlichkeit mit Sasuke verblüffend... Sie konnte seine Mutter sein. Aber für einen Sohn in Itachi Alter fand er sie zu jung. Gemäß des Falls, sie wäre wirklich Mitte dreißig, müsste sie dafür schlimmstenfalls mit achtzehn schwanger geworden sein... Nicht das, was er erwartete. Allein der beinahe mütterliche Ton, in dem sie mit ihm sprach, legte das näher. "Ja, ich... wollte Itachis Mutter treffen, un." Die Frau lächelte geduldig. "Das tust du bereits. Wie geht es ihm?" Deidara starrte sie verblüfft an und bemühte sich, seinen Kiefer nicht herunterklappen zu lassen. Er hatte systematisch ausgeschlossen, dass sie es sein könnte. Sie war zu jung und zu... gebildet. Bei Frauen unterer Schichten mochte es üblich sein, früh Kinder zu haben, doch sie war kein Emporkömmling. Dieses Anwesen gehörte ihr, und höchstwahrscheinlich nicht nur in dem Sinn, dass sie es vermietete. Itachis Mutter trat elegant zur Seite und gab ihm zu verstehen, dass er aus dem Fahrstuhl treten sollte. Ihre Miene war ebenso höflich wie undurchsichtig. "Setz dich bitte. Wie heißt du?" Sie benahm sich seltsam. Itachis Verbleib schien sie wenig zu interessieren, obwohl sie danach gefragt hatte. Jetzt ging sie plötzlich zu den Floskeln über und deutete auf eine der Chaiselongues. Deidara beobachtete sie, während sie sich ihm gegenüber niederließ. Sie war zweifelsohne eine sehr schöne Frau, woran auch die Zeit so schnell nichts ändern würde. Und sie war natürlich, da sie außer Make-up ebenfalls kaum Schmuck oder Accessoires trug. Unter ihrer Bluse schimmerte eine Perlenkette, und an ihrem rechten Ringfinger steckte ein schmaler, goldener Ehering. "Deidara Takamichi. Ich bin Itachis... Klassenkamerad, un." Itachis Mutter betrachtete ihn mit gutmütiger Ruhe. "Du kommst aus Iwa, nicht wahr? Obwohl dein Akzent sich bereits größtenteils abgeschliffen hat." Sie konnte das allen Ernstes heraushören? Dann war sie gebildet und erfahren... "Ich bin Mikoto Uchiha. Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen." Offenbar war die Frage nach seiner Nationalität rhetorisch gewesen, denn sie überging es gleich wieder. Ihre Stimme klang zwar nach wie vor freundlich, dennoch meinte Deidara zu erkennen, dass sie den Inhalt des Gespräches als nicht weiter wichtig erachtete. Eine hübsche kleine Abwechselung vielleicht. Deidara nickte und beschloss, nicht darauf zu warten, dass sie auf Itachi zurückkam. Was sie vermutlich eh nicht tun würde. "Itachi geht es nicht gut, un." Und das war noch gelinde ausgedrückt. Mikoto musterte ihn gelassen, ohne etwas zu erwidern. "Er hat mir erzählt, was passiert ist, un." Das waren größere Worte, als er wahrheitsgemäß machen durfte. Itachi hatte ihm einen einzigen Satz erzählt, und danach hatte er ausgerechnet B auserwählt. "Wo ist er jetzt?" "Bei mir zu Hause, un." Als Mikoto dazu nichts mehr sagte, fügte er hinzu: "Nachdem Sasuke nicht weiterwusste, un." Es bereitete ihm eine gewisse Genugtuung, Sasuke in etwas übertroffen zu haben. Nur schien Mikoto eher bei der Erwähnung des Namens aufzuhorchen. "Wie geht es Sasuke?" "Auch nicht so gut, glaube ich, un." Zumindest war das die Schlussfolgerung aus dem Verhalten, das ihm bei seinen wenigen Besuchen aufgefallen war. Meist hatten sie sich bei ihm getroffen. Mikoto seufzte. "Es ist nicht so leicht für ihn." "Und was ist mit Itachi, un?!", brauste Deidara auf. Sie redete permanent an ihm vorbei! War es ihr denn völlig gleichgültig, wie Itachi sich fühlte?! Oder war das banales Misstrauen gegen ihn als Außenstehenden? Seine Reaktion schien sie zu erschrecken. Halb befürchtete Deidara, sie würde den Sicherheitsdienst rufen, doch sie fing sich wieder. "Itachi ist etwas Anderes." Deidara schnaubte. Allerdings, Itachi war der Täter. Ein feiner Unterschied. Nach kurzem Zögern setzte er vorsichtig an: "Wer war es überhaupt?" "Wer war was?" "Den Itachi... getötet hat, un." Mikoto drehte gedankenverloren an ihrem Ring. "Was versprichst du dir davon, das zu erfahren?" Deidara zuckte mit den Schultern und versuchte zu überspielen, dass er nichts hatte, um ihrem Argwohn entgegenzuwirken. "Ich will ihm helfen. Keine Ahnung, wie, un." "Und ich dachte, er hätte dir alles erzählt." Entweder, sie glaubte seinen Argumenten – das war reichlich unwahrscheinlich – oder sie hielt es nicht für möglich, dass er dieses Gespräch an die Öffentlichkeit brachte. Ihre offene Selbstsicherheit verstärkte sein mulmiges Gefühl. Mikoto Uchiha mochte nett und liebevoll sein, doch er bezweifelte nicht, dass sie alles Andere als schwächlich war. "Ich wollte wissen, ob er etwas ausgelassen hat, un." Sicher hatte er das. In einem einzigen Satz ließen sich nun mal nicht alle Details unterbringen. Mikoto stand auf und schlenderte langsam zu einem der großen Fenster. "Ich denke, es war... gegen Ende der Sommerferien. Ein Tag wie heute mit schönem Wetter." Ihre Stimme klang abwesend, als würde sie sich vollends zurück zu diesem Tag versetzen. "Sasuke und ich waren Einkaufen. Itachi kam nicht mit uns, weil er etwas angeschlagen war. Er hat manchmal leichte Migräneanfälle... das hat er von seinem Vater." Sie lächelte ein wenig und kehrte zu den Sitzmöbeln zurück. Deidara lauschte ihr aufmerksam. "Mein Mann starb, als Itachi sieben war. Ich... weiß bis heute nicht, warum. Das Flugzeug ist in Brand geraten, nachdem es gelandet war. Sasuke war noch zu klein, er hat das nicht begriffen, und Itachi und ich... haben nur zugesehen." Deidara konnte sich lebhaft vorstellen, welchen Horror es für einen Siebenjährigen bedeutete, ein Flugzeug auf dem sicheren Landeplatz brennen zu sehen und eine fast abartige Sicherheit zu haben, dass sein eigener Vater dort starb, während er zusah. "Er hat immer viel gearbeitet und ständig Geburtstage verpasst... Ich glaube, er war ein besserer Geschäftsmann als ein Vater. Er hat von Itachi viel erwartet." Mikoto knetete nachdenklich ihren Ringfinger. "Es war schwierig, aber ich bin recht sicher, dass sie sich mochten. Fugaku hat Itachi stets wie einen Erwachsenen behandelt, dessen Urteil Gewicht hat, sobald er seine Lektionen gelernt hatte." Deidara vermied es lieber, das mit seinem eigenen Vater zu vergleichen. Es gab da gewisse Ähnlichkeiten, trotzdem hätte sein alter Herr den Teufel getan, dem Urteil seines Sohnes zu vertrauen. "Als Sasuke acht oder neun war, habe ich einen anderen Mann geheiratet. Mehr eine Zweckehe als eine Liebesehe, obwohl ich mich nie damit auseinander gesetzt habe, ob ich ihn liebe. Es ging mir mehr darum, dass die beiden einen Vater haben, und außerdem war es gut, ihn als Partner für die Kanzlei zu haben. Kinder kann man nicht ständig durch Hotels schleifen und privat unterrichten lassen." Sie sprach das so leidenschaftslos aus, wie Deidara es ihr nicht zugetraut hätte. Mikoto machte nicht den Eindruck einer Frau, die um ihrer Karriere willen einen Mann den Status ihres Gatten einnehmen ließ. Vielleicht hatte sie seine Gedanken erraten, denn sie fuhr fort: "Das mag unsinnig klingen, sicher. Leider... ist Sasuke ebenfalls mehr auf eine männliche Vorbildfigur fixiert, also war Itachi sein Vorbild. Und das ist von einem Dreizehnjährigen zuviel verlangt, selbst von jemandem wie Itachi." Sie seufzte erneut, diesmal klang es hörbar unglücklich. Deidara hatte das Gefühl, dass sie seine Anwesenheit einfach vergessen hatte. "Ich wollte alles perfekt machen – für sie da sein, falls es mal nicht so gut ging, das Familienunternehmen erfolgreich weiterführen, sodass sie etwas von ihrem Vater behalten würden, und gleichzeitig ein normales Leben wie früher führen. Und es schien zu klappen... Sasuke war zwar nicht gerade begeistert von seinem neuen Vater, doch Itachi half ihm, sich daran zu gewöhnen. Deshalb dachte ich, ihm würde das nichts ausmachen..." Sie schüttelte bekümmert den Kopf. Mit einem Mal wirkte sie weniger wie die elegante Chefin eines Multitasking-Unternehmens und mehr wie eine verzweifelte Mutter. Ihre schlanken Hände zitterten. Die Regung erinnerte Deidara unangenehm an Itachis ständiges Zittern von gestern. "Alle haben das von ihm gedacht. Schließlich hat er nie mehr von seinem ursprünglichen Vater geredet – einzig diese Katze hat er behalten, die wie durch ein Wunder das Feuer im Flugzeug überlebt hat. Sie war ein... Geburtstagsgeschenk von Fugaku. Zumindest... sollte sie eines sein." Sie atmete tief ein und aus. Deidara war nicht besonders wohl dabei, in all diesen Erinnerungen herumzuwühlen, die ihn nichts angingen und sie offenbar schmerzten. "Das Tier ist ihm ständig nachgelaufen, selbst draußen. Lediglich manchmal, wenn er sich mit einem anderen Jungen traf, ist sie herumgestreunt. Ich weiß nichts Genaueres, weil Itachi den Jungen nie mitgebracht hat." Mikoto runzelte die Stirn, während sie angestrengt nachdachte. "... Kisame, das war sein Name. Itachi hat mit ihm Basketball gespielt. Kurz vor diesem Tag auch, und die Katze ist solange verschwunden – verrückt, sie kam danach immer sofort zu ihm zurück – und anscheinend... von einem Auto überfahren worden. Itachi war deswegen sehr betrübt." Allmählich näherte der Bericht sich dem Wendepunkt. "Wie gesagt, Itachi kam nicht mit uns. Sasuke war enttäuscht, weil ich endlich einen freien Tag hatte... Ja, und er hatte ohnehin etwas auf der Seele. Wegen einem Mädchen, das er zu uns einladen wollte." Ein wehmütiges Lächeln huschte über Mikotos Lippen. "Wir kehrten erst am späten Nachmittag zurück. Itachi war nicht mehr in seinem Zimmer, und ich ging nachsehen... eine Etage weiter oben." Sie schloss für einen Moment die Augen. Erstmals war ihr anzumerken, wie viel Kraft sie die Erzählung kostete. "Er war... auf dem Flur. Neben dem Telefon. Der Hörer... baumelte bloß am Kabel hin und her." Unvermittelt presste sie sich eine Hand vor den Mund und drehte den Kopf nach links. "Er war voller Blut... sein... sein T-Shirt, seine Hände, sogar sein Gesicht... und das Messer... Er hat es fallen gelassen, sobald er mich sah... Ich habe es wieder aufgehoben, weil ich nicht verstehen konnte, was er getan hatte... Er sagte..." Die Fassade einer gefassten Businessfrau brach entgültig. Deidara beobachtete entgeistert, wie sie nun beide Hände vor den Mund schlug und ein trockenes Schluchzen ausstieß, ohne es richtig zu realisieren. Die Szene kam ihm bekannt vor... Aus dem Actionfilm, in dem Itachi aus heiterem Himmel schlecht geworden war. "Er sagte, dass er das... nicht gewollt hätte, und da er sonst zu nichts fähig war, habe ich die Räume kontrolliert... Und ihn gefunden." Mikoto erlangte mühevoll etwas Fassung zurück. "Ich habe dafür gesorgt, dass der Fall nicht an die Öffentlichkeit kommt und die beiden nicht hier bleiben. Itachi wollte das Land nicht verlassen, und es wäre ohnehin zu ungeschickt gewesen. Ich nehme an, den Rest kennst du." Mit welcher Selbstverständlichkeit sie von 'den Fall aus der Öffentlichkeit halten' sprach... Dennoch hatte sich der Eindruck, sie schere sich nicht um Itachi, nicht bewahrheitet. Das Vergangene war eine Zerreißprobe gewesen, die eine Beziehung nicht ohne Schäden hatte überstehen können. Verständlich, wenn Mikoto mit der Situation nicht klar kam. "Und... was werden Sie jetzt tun, un?" Die Wahrscheinlichkeit, dass sie überhaupt nichts tun würde, erschien Deidara recht hoch. Diese gesamte Familie war seltsam. Oder das menschliche Gehirn, wenn es entscheiden musste, wie es mit gravierenden Veränderungen umzugehen hatte. Sie lebten damit, und gleichzeitig wühlte es beide zutiefst auf. "Weiß Sasuke davon, un?", versuchte er es noch mal. Mikoto schüttelte den Kopf und betupfte ihre blassen Wangen mit einem ordentlich zusammengefalteten Taschentuch. "Er weiß nur, dass etwas nicht stimmt, aber Itachi hat ihm sicher nichts erzählt." Sie blinzelte und fügte hinzu: "Ich denke, er fürchtet nichts sosehr wie Sasukes Verachtung." Sie hatte wieder Haltung angenommen; den Rücken gerade, die Schultern gestrafft und das Kinn selbstbewusst vorgerückt. Die Ventilatoren an der Decke trockneten ihr Gesicht, und wenn sie Make-up dabei gehabt hätte, würde sie vermutlich jetzt die Tränenspuren überdecken. Verachtete sie Itachi? Sie hatte zwar viel für ihn getan, doch das umfasste offenbar ihr Pflichtgefühl – genauso, wie sie es als selbstverständlich angesehen hatte, einen neuen Mann heiraten zu müssen. Deidara fehlte die Erfahrung, um aus ihren Worten heraushören zu können, wie sie Itachis Verhalten einschätzte. Ob sie seine Beweggründe verachtete. Seine Überzeugung war immer noch da, wie ein Gewicht auf seiner Brust, das den Raum mit einem Mal drückend heiß und winzig machte. Itachi würde nie einen Menschen töten, erstrecht nicht impulsiv. Und das Gewicht auf seiner Brust antwortete ruhig: Wie kannst du da so sicher sein, wenn du ihn erst einige Monate kennst? "Verachtest du ihn?" Deidara blickte überrascht auf, als Mikoto sich an ihn wandte. Ihre Miene hatte sich geglättet, ganz wie zuvor. Der Eindruck, dass sie früher eine betörend schöne Frau gewesen war und das noch lange nicht verschwunden war, blieb, wenn auch vermengt damit, dass sich ein gewisser unnahbarer Zug eingeschliffen hatte. Nein, er verachtete ihn nicht. Er mochte ihn, er schätzte die meisten seiner Eigenschaften, andere eben weniger, er respektierte seinen Charakter und hin und wieder fand er ihn etwas unheimlich. Alltägliches. Er schüttelte kurz den Kopf. Sie nahm es ohne sichtliche Regung auf. Stattdessen schaute sie auf ihre Armbanduhr und erhob sich ohne Eile, jedoch mit einer unverrückbaren Bestimmtheit, dass dieses Gespräch weitgehend beendet war. "Es war nett, dich kennen gelernt zu haben, Deidara. Es tut mir leid, ich muss zurück an die Arbeit... Findest du allein raus?" Deidara bejahte hastig und trat mit einer kurzen Abschiedsformel in den Fahrstuhl. Er wusste nicht warum, aber er musste hier raus. Sein Kopf beruhigte sich erst dann, als er bereits zehn Minuten Fahrt hinter sich hatte. Sie hatte nicht gesagt, dass das Gespräch hilfreich gewesen war oder sie sich zumindest gefreut hatte, etwas über das Befinden ihrer Söhne zu erfahren. Sie hatte so getan, als wäre lediglich diese bedeutungslose Bekanntschaft der Sinn des Treffens gewesen. Und sie hatte ihn nicht gebeten, zu einer passenderen Zeit zurückzukommen, obwohl das – ob Floskel oder nicht – so üblich war. Irgendetwas war faul. Sie redete frei mit ihm über etwas, das ein öffentlicher Skandal werden würde, sobald es an die Öffentlichkeit drang. Wie konnte sie so sicher sein, dass er den Mund halten würde?! Das war kein reines Vertrauen in seine Ehrlichkeit, schlichtweg unmöglich bei einer Frau, die erfolgreich darin war, die Wahrheit aus Kriminellen herauszuholen. Nein, irgendetwas musste ihr diese Sicherheit geben, und Deidara hatte Angst davor. Gemäß seiner soeben durchlebten Situation und der daraus resultierenden Gefühlslage wäre Deidara Itachi fast um den Hals gefallen, als er ihn sah. Dieser maß ihn dafür so lange mit verwirrten Blicken, bis der Wasserkocher alarmierend kreischte und ihn dazu zwang, in die Küche zurückzurennen. Deidara folgte ihm verblüfft. "Du machst Tee, un?" "Was ist daran so außergewöhnlich?" "Dass du die Teeblätter gefunden hast, un..." Diese Wohnung existierte nach wie vor in seliger Unaufgeräumtheit, deshalb hatte Deidara den Tee eines Tages für verschollen erklärt und keinen neuen gekauft, weil er eh jedes Mal vergaß, vor dem Aufgießen auf die Uhr zu sehen. Das Ergebnis war meist höllisch bitter gewesen. Itachi zuckte mit den Schultern und holte zwei Becher aus einem Schrank. "Ich hab' aufgeräumt.“ "Du hast was, un?!" Itachi drehte ihm den Rücken zu, dennoch hatte Deidara die Vermutung, dass er ein schuldbewusstes Gesicht machte. "Ich musste irgendetwas tun." Es gab Menschen, die freiwillig aufräumten, nur um etwas zu tun? Und Deidara hatte gedacht, Seepferdchen wären das Ulkigste, das die Schöpfung hervorbringen konnte. Er wartete Itachis Antwort lieber ab und erzählte ihm danach von dem Besuch bei Mikoto. Möglich, dass es ihn wütend machte, und vorher wüsste er ganz gerne, ob... Itachi nahm sich die Zeit, mit akribischer Ruhe den Tee ziehen zu lassen und einzugießen, bevor er endlich Deidara gegenüber Platz nahm. Er hatte nicht mehr diesen apathischen Ausdruck und auch nicht seinen üblichen unbeteiligten. "Kannst du wiederholen, was du gesagt hast?", fragte er ruhig und Deidara wusste unangenehm genau, wovon er sprach. "Äh... jetzt, un?" "Jetzt." Itachis Augen waren konzentriert und unergründlich. Deidara hatte keine Ahnung, was er bezweckte. Das war allerdings schon länger der Fall. "Ich mag dich. Sehr sogar, un." 'Mögen' war wahrscheinlich nicht das Verb, auf das Itachi wartete. Das war zu trivial, natürlich 'mochten' sie sich. Als Freunde sollte man das. Aber er wollte das Wort mit 'L' nicht sagen. Aus dem einfachen Grund, dass er es nicht schaffte. Er traute sich nicht. Er traute sich nicht mal, es zu denken. Es war ihm viel zu... entgültig. Er musste irgendetwas sagen. Schnell. "Ähm... Wie... wie viel 'sehr' ist ein... 'liebe', un?" Irgendetwas oder nicht unbedingt das. Es klang eher nach Umrechnungsaufgabe. "Vielleicht drei oder vier?" Bewundernswert, dass Itachi ihn überhaupt verstanden hatte. Die Miene des Schwarzhaarigen war nach wie vor ernst, obwohl das Gespräch unweigerlich ins Komische kippte. Deidara löste seine ineinander verkrampften Finger unter der Tischplatte und zählte mit. So nervös, wie er war, würde er es sonst nicht hinbekommen. Gut, drei oder vier? Drei... oder besser vier, das wirkte betonend. Oder war das schon übertrieben? Itachi beobachtete ihn mit hochgezogenen Brauen. Seine Lippen zitterten ein wenig, dann stärker, und schließlich stieß er ein trockenes Lachen aus. Deidara bedachte ihn mit einem gekränkten Blick. "Amüsierst du dich gut, un?" "Wunderbar, ja. Löst eine schockierende Nachricht bei dir immer den Drang aus, etwas noch Schockierenderes entgegenzusetzen?" Deidara zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Du bist gefühlskalt und rücksichtslos und selbstsüchtig und ignorant und unhöflich, und es ist meinem Stolz nicht gerade zuträglich, dass du besser küssen kannst als ich, un." "Ich sagte, du solltest das vergessen." "Ich muss ja nicht alles tun, was du sagst, un." Itachi starrte ihn über den Rand seines Bechers hin an. Hoffentlich warf er ihn nicht. Der Tee war heiß und außerdem war es ein sehr schöner Becher. Das waren Bedenken eines Menschen, der sich gerade mit aller Kraft auf den Alltag konzentrierte. "Kannst du jetzt bitte mit deinem Urteil herausrücken, damit wir über A reden können, un?" Falls sie dann überhaupt noch miteinander redeten. Und das war nicht zweideutig zu verstehen. Itachi war jemand, der nie 'Ich liebe dich' oder 'Ich liebe dich nicht' sagen würde. Vielleicht 'Ich könnte dich ertragen' oder 'Das hat keine Zukunft', allerdings war es noch wahrscheinlicher, dass er gar nichts sagte. Er nahm die Hand, die reglos neben dem unangetasteten Teebecher auf der Tischplatte lag. Sie war warm und feucht vor Nervosität, und die dünne Narbe am untersten Daumengelenk hob sich wie ein Fremdkörper von der karamellfarbenen Haut ab. Itachi verglich sie gedankenversunken, während er wusste, dass Deidara kaum atmete. Seine eigene war blass, wenn auch zumindest frei von der Illusion, dass Blut an ihnen klebte, und zum ersten Mal fielen ihm die halbmondförmigen Druckstellen auf, die seine Nägel bei unzähligem Ballen der Faust hinterlassen hatten. Sie erschienen ihm wie ein Symbol für sein Dilemma. Er wollte nicht, dass ihn jemand in- und auswendig kannte. Alle hatten sich eingebildet, jeden seiner Winkelzüge zu kennen, und das hatte er selbst erst begriffen, als es zu spät war. Alle diejenige, die ihn jetzt mit Verachtung straften, und Itachi hasste nichts mehr. Verachtung war eine Mischung aus allem – Unverständnis, Wut, Enttäuschung, Misstrauen. Er brauchte nicht noch ein Gesicht mehr, auf dem er das lesen konnte. Warum hielt er dann diese Hand fest? Warum gehorchten seine Finger ihm nicht, wenn er ihnen befahl, endlich loszulassen? Genau, das war der elende Trugschluss des menschlichen Verstandes. Deidara hatte unschuldige, blaue Augen, und er war sich vermutlich nicht bewusst, dass andere dazu neigten, diesen Augen alles zu glauben. Das Signal für das Gehirn war klar – 'Vertrau mir, ich bin dein Freund'. Und einem Organ, dass sein Leben ins Desaster geführt hatte, wollte er nicht die Zügel überlassen. Lass los, lass verdammt noch mal los. Eine Hand konnte schließlich keine solchen irrigen Signale senden. Itachi wartete, dass es geschah. Er hatte keinen Blickkontakt mehr, somit erinnerte sein Gehirn sich nicht mehr an große, unsichere Augen. Sein gesamter Körper betrog ihn. Das war nicht sein Gehirn, das seine Finger stur um die fremde Hand geklammert hielt. So unsinnig es klang, die Order kam... aus seinem Herz. Wie eine verstaubte Kerze, die plötzlich und zögerlich wieder aufflackert und zu brennen anfängt. Irrationale Hoffnungen, Glücksgefühle und eine eigenartige Wärme kamen ungebeten mit dem Feuer. Die raue Haut war angenehm auf seiner erhitzten Wange. Itachi registrierte nur am Rande, dass er sie dagegen drückte. Die verfluchten blauen Augen hatten einen sanften Ausdruck, den er schmerzlich vermisst hatte und von dem er nicht gedacht hätte, ihn noch mal zu sehen. "Ich gehe Montag mit dir zur Schule, okay?" Deidara grinste, als hätte er genau das erwartet. Hatte er das? Wieso? Das war nicht zu erahnen gewesen... Itachi seufzte innerlich schwer. Er machte sich Sorgen, dass Deidara ihn zu gut kannte? Tja, schon passiert und nicht mehr zu ändern. Itachi glaubte für einen Moment, in eine dieser grässlichen Soaps versetzt worden zu sein. Draußen tauchte die untergehende Sonne den Himmel in goldenes Orange, der Verkehr mit seinem zugehörigen Lärm hatte abgenommen, und sein Herz hämmerte mit voller Wucht gegen seinen Rippenkäfig, als wollte es ihn aufbrechen. Da – er fing schon an mit lächerlichen Metaphern. Die Kernkrankheit der Pubertät, vermutlich des ganzen Lebens, hatte von ihm Besitz ergriffen. Und dabei war es eigentlich nicht der erste Kuss, Itachis sowieso nicht. Bloß der erste Kuss bei voller geistiger Zurechnungsfähigkeit. Deidaras Lippen kamen ihm genau wie seine Hände etwas angeraut vor. Er musste sich über den Tisch beugen, und sie schmeckten nach nichts. Itachi genoss die Leere in seinem Kopf ebenso wie die Unfähigkeit seines Herzens, für die Ereignisse einen geeigneten Takt zu finden. Verräterisches Ding, geschah ihm recht. Er musste die Hände auf dem Tisch abstützen, als Deidara ihm in den Nacken fasste. Selbst sein Haar verriet ihn – es stellte sich selbst bei der sachten Berührung auf, und seine Lider weigerten sich, sich wieder zu öffnen. Deidara zog den Kopf unvermittelt zurück, ein wenig außer Atem und etwas betäubt, das war ihm anzumerken. Er lächelte trotzdem. "Deine Sünden sind dir vergeben, un." Na gut, den hatte er wohl verdient. Ich stand unter Zeitdruck. Aber anders wäre ich wohl nie fertig geworden. Ich will damit langsam zuende kommen, damit ich die Sequel los bin. Kapitel 23: Perfect Life ------------------------ Dieses Kapitel ist das vorletzte. Der Epilog wird dann, weil er eh ziemlich kurz ist, ins letzte Kapitel integriert. Ich hätte das Update schneller geschafft, wenn ich nicht so einen kritischen Computer hätte, der meine ersten drei Seiten anscheinend so unvertretbar fand, dass er sie im Sinne meiner Reputation löschen musste. "I'm walking on sunshine... Wohow…" Das war also die Wahrnehmung eines Verliebten? Die Frage, ob der Himmel schon immer so blau gewesen war oder ob es hier irgendwo süßlich nach Blumen roch? Na ja, dieselbe ekstatische Aufregung, die er früher empfunden hatte, war es nicht. Eher ein stetiges, unterschwelliges Gefühl von Glückseligkeit und noch größere Schwierigkeiten, sich auf den Sportunterricht zu konzentrieren. Der Himmel war wirklich erstaunlich blau. Das wäre eine angenehmere Anschauung, wenn er nicht gerade rücklings auf den Boden gefallen wäre. Sein Kopf schmerzte. "OUT! Das Angriffsrecht wechselt!" Kakashi hatte sich unvermittelt Urlaub genommen, und Iruka befand sich zufällig auf einer Fortbildung. Das war zumindest die offizielle Version, doch die Schülerzeitung sprach von 'vorgezogenen Flitterwochen' und lag da wohl auch nicht ganz falsch. Deshalb hatte Kurenai den Sportunterricht übernommen. Hosenpflicht für die Damen und Baseball bei strahlendem Sonnenschein. Das erklärte allerdings nicht, welcher Idiot ihn gerade fast umgebracht hatte. Deidara rappelte sich vorsichtig auf und schüttelte sich. Dann schoss er einen ärgerlichen Blick ab. "Das hast du absichtlich gemacht, un!" Itachi sah ihn unbeeindruckt an. "Du hättest den Ball getroffen, wenn du nicht in den Himmel gestarrt hättest." "Du darfst überhaupt nicht so hoch werfen, un!" "Der war nicht zu hoch." "Wohl! Du wolltest mich am Kopf treffen, un!" "Du bist einfach ein mieser Batter." Hinter ihm streifte Konan sich den Catcherhandschuh ab und schien sich zu fragen, was die Regeln für einen Fall vorschrieben, in dem der Batter den Ball weder traf noch verfehlte, sondern von ihm getroffen wurde. Kurenai winkte ihnen, nicht gerade erbaut durch die Spielverzögerung. Das waren kostbare Sekunden, in denen die Muskeln nicht benutzt wurden. "Fünf Minuten auf die Bank." Wenigstens etwas. Deidara klopfte sich das Gras von der Hose und warf Itachi ein kurzes Lächeln zu. Itachi lächelte zurück. Das war viel schöner als ekstatische Aufregung – man konnte so viel herumstreiten, wie man wollte, man wurde nicht richtig wütend. Einen Wehrmutstropfen gab es nach wie vor, und sein Name war Kankuro. Er schien ständig über irgendetwas mit Sasori reden zu können, als Deidara sich auf die Bank setzte, war es gerade Modellierung mit Eis. Also ein Thema, über das er nichts wusste und auch nichts beizutragen hatte, weil ihm weiche Materialien wie Ton viel lieber waren. Und das Schicksal schien sich gegen ihn verschworen zu haben, selbst im Sport. Kankuro war sogar dann in derselben Mannschaft wie Sasori, wenn sie vom Lehrer eingeteilt wurden. und da eine Baseballmannschaft maximal neun Spieler haben konnte, war das noch leichter. Deidara seufzte und sah stur in die andere Richtung. Natürlich wollte er Zeit mit Itachi verbringen, jede Menge Zeit. Endlich gab es etwas in seinem Leben, das annähernd perfekt war. Nur warum musste das gleich heißen... Es war alles generell ungerecht. Er hätte nie gedacht, dass es so schwierig sein könnte, eine Beziehung zu haben. Wenigstens ging es dem Rest der Welt nicht so. Die Konoha High durfte heute erleben, dass Sakon den Ball schlug und danach mit völlig weggetretenem Gesichtsausdruck beobachtete, wie Tayuya ungehindert zur 1st Base rannte, bis sein Bruder ihm eine Kopfnuss verpasste. Anko zeigte ihm dafür den Mittelfinger. Die Schülerzeitung hatte Vermutungen bezüglich der beiden, doch Anko zu fragen wäre eine sehr unkluge Idee. Es kursierten noch jede Menge mehr Gerüchte. Zum Beispiel, dass Kotetsu beabsichtigte, der Schule durch den originellsten Heiratsantrag überhaupt Schlagzeilen zu machen – man durfte also gespannt sein. Ebenso wie auf den Absender der weißen Rosen, die jemand vor Kabutos Schließfach gelegt hatte, und auf die nächste Aktion, mit der Pein Schulgeschichte schreiben würde. Deidara zuckte zusammen, als sich jemand neben ihm setzte. Zur Zeit war Konan wohl das meistfotografierte Mädchen von ganz Konoha. Und sie hatte eine Art, die geballte Aufmerksamkeit mit unantastbarer Nonchalance zu ertragen, die ihr nur noch mehr dieser einbrachte. Es war allzu wahrscheinlich, dass der nächste Trend Blumen in der Hochsteckfrisur und Piercings zwischen Unterlippe und Kinn beinhalten würde. Sie roch nach Sandelholz. Deidara hoffte nur, dass sie nicht über das Missverständnis mit den Zetteln reden wollte. Allerdings... so verfänglich konnte das nicht sein. Er hatte nicht das Gefühl, in ihrer Nähe nervös zu sein oder sich nicht von ihren Augen losreißen zu können. Sie war bewundernswert schön und charmant, sicher. Sie würde Pein nicht langweilig werden. "Du hast das Bild vor den Kunstsammelräumen gezeichnet, oder?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Deidara war ein wenig überrascht, dass sie darauf zu sprechen kam. Erstens hing das Bild schon lange, und zweitens machte sie durch ihr kühles Auftreten nie den Eindruck, sich für ihr Umfeld zu interessieren, ohne dabei unhöflich zu wirken. Er nickte langsam. Das Bild war ein Frustrationsfall. Er hatte es Dutzende Mal neu gezeichnet, um selbst einen flüchtigen Betrachter zum Nachdenken anzuregen – erweckte der Titel ganz andere Assoziationen als das Bild selbst, verfälschten den verwischten Linien die Bedeutung, welche Wirkung sollten die verunreinigten Farbtöne erzielen? Hatte nicht geklappt. Es wurde allenfalls 'hübsch' oder 'ungewöhnlich' genannt. Eine deprimierende Niederlage auf der ganzen Linie. Konan musterte ihn beiläufig und lächelte unterschwellig. "Es ist nicht schlecht." Daraus ließ sich nicht ableiten, ob das Bild ihren Geschmack traf oder ob sie zu der bisher nicht existenten Minderheit gehörte, die hinter einer Leinwand voll Farbe so etwas wie einen Gedanken vermuteten. Deidara murmelte einen kurzen, obligatorischen Dank. Itachi warf erneut, und Kisame bekam ihn zu fassen. "Zeichnest du Portraits?" "Hab's noch nie versucht, un." Konan nickte unmerklich und erhob sich, um sich einwechseln zu lassen. Kurz darauf gesellte sich Itachi zu ihm auf die Bank, und Konan fing Deidaras erstaunten Blick nicht auf. Deidara begrüßte seinen Freund mit einem Kuss auf die Wange. Itachi reagierte zuerst peinlich berührt über die offene Zuneigungsbekundung, doch er schien sich zu erinnern, dass es niemanden tatsächlich interessierte. Er schob seine Hand verstohlen in Deidaras. "Kann ich dich portraitieren, un?" "Wieso?" "Wieso nicht, un?" Itachi erwog das einige Sekunden lang. Seine Kenntnisse über Portraits erschöpften sich dahingehend, dass man darauf mit oder ohne Kleidung abgebildet werden konnte. "Dauert das lange?" "Klar. Stunden, Tage, Monate, un." Deidara grinste und fügte mit suggestivem Unterton hinzu: "Deshalb sollten wir so schnell wie möglich anfangen, un." Itachi schnaubte amüsiert und verpasste Deidara einen Klaps auf die Schulter, als Zeichen, dass die fünf Minuten Erholungsfrist vorüber waren. Schaden konnte es nicht, wenn ihm bisher noch nichts geschadet hatte, was mit Deidara zu tun gehabt hatte. Portraitieren war leider eine viel langwierigere Angelegenheit, als Itachi angenommen hatte, und Deidara ging es mit unerwartetem Ernst an. Schritt eins waren Bleistiftskizzen – und zwar wahre Massen, sonst, darauf beharrte Deidara, bekam er keinen Sinn für das Motiv. Das hieß, Itachi hatte zu sitzen, zu stehen oder zu liegen und die Position dabei möglichst beizubehalten. Itachi genoss die Atmosphäre im Zimmer. Es wurde zwar nicht gesprochen, aber es war auch nicht still. Die Kanarienvögel zwitscherten, die Zeiger der Uhr tickten mit ruhiger Gemächlichkeit und der Bleistift kratzte mit unterschiedlichem Tempo über das Papier. In ebenso unterschiedlichem Tempo sah Deidara auf, um irgendein Detail aufzunehmen, und senkte den Kopf wieder, wobei jedes Mal ein Teil seines blonden Haars über seine Schulter rutschte, weil es nicht lang genug war, bis er es zurückwarf und das Ganze von vorn beginnen konnte. Itachi verspürte nicht den Drang, etwas zu tun. Es war ihm nicht mal unangenehm, gemustert zu werden wie eine Schale Obst. Geradezu friedvoll. "Lass uns Pause machen, un.", sagte Deidara unvermittelt und schichtete seine zahlreichen Blätter aufeinander. Itachi beobachtete ihn, wie er aufstand und beinahe stolperte, da seine Muskeln nach den Stunden des reglosen Sitzens nicht auf Bewegung vorbereitet waren, und im Flur verschwand. Itachi blieb zurück. Einerseits war er gern hier. Im Gegensatz zum Apartment war Deidaras Wohnung ständig irgendwie lebendig, als hätte sie einen eigenen Puls. Andererseits wusste er genau, dass er damit das Versprechen gegenüber seiner Mutter brach, auf Sasuke Acht zu geben. Sie sahen sich wenig, und sie redeten noch weniger. Und dabei hatten sie die Rollen vertauscht – kurz, nachdem sie beide dorthin gezogen waren, hatte Sasuke sich bemüht, herauszufinden, was ihn bedrückte. Itachi hätte sich eher die Zunge abgebissen als es ihm zu verraten, und so hatte sich ihr Verhältnis merklich abgekühlt. Und er beschleunigte den Prozess, indem er nicht mal zu Hause war. Er war egoistisch. Doch es war schwer, sich dagegen zu wehren, und ihm war die Kraft ausgegangen. Momentan reichte ihm Deidaras rastlose Anwesenheit. Itachi erhob sich mit einem Gähnen und folgte seinem Freund. Entfernt hörte er Rascheln, und die Tür des sonst abgeschlossenen Raumes stand offen. Er hatte den Raum gestern nicht betreten. Zwar war er nahe dran gewesen, dennoch war es ihm letztendlich als falsch erschienen, es in der Abwesenheit ihres Besitzers zu tun. Da das nicht länger der Fall war, gab es eigentlich nichts, das ihn noch aufhielt. Es war ein helles, relativ kleines Zimmer mit kahlen Wänden und zwei großen Fenstern. Die Einrichtung war spärlich: ein einfacher, hoher Schreibtisch, dessen Platte völlig beladen mit allen möglichen Werkzeugen war, nicht zu vergessen einem Haufen farbverklebter Stofftücher, einer kleinen Ablage und mehreren Pappkartons. Sitzmöbel gab es keine, lediglich jede Menge verschiedener Kissen, einige davon ziemlich kitschig und andere mit Farbflecken. Deidara war damit beschäftigt, auf die Rückseiten seiner Skizzen zu schreiben. Es war nicht zu erkennen, ob er Itachis Anwesenheit bemerkt hatte. Zögerlich machte der Schwarzhaarige einen Schritt in den Raum. Und trat auf Papier. Es war praktisch unmöglich, das zu vermeiden. Die Blätter lagen überall verstreut, oft mehrlagig und in allen erdenklichen Formaten – es war praktisch nichts mehr von dem stumpfgrauen Teppich zu erkennen. So weit er das beurteilen konnte, trugen die Blätter alle das volle Datum und teilweise sogar eine ungefähre Uhrzeit. Die Pappkartons waren ebenfalls mit einer Jahreszahl beschriftet, wahrscheinlich einer für jedes Jahr, das Deidara in Konoha verbracht hatte. Da Besagter ihm immer noch keine Aufmerksamkeit schenkte, kniete Itachi sich hin und nahm wahllos ein Papier zur Hand. Das Datum war noch recht aktuell, und das Bild zeigte den Schulhof aus der Ego-Perspektive. Vermutlich war es nachträglich gezeichnet worden, und es war sehr unterschiedlich, an welche Details Deidara sich erinnert hatte. Manche Schüler hatten gar kein Gesicht und waren bloß vage Schemen, während bei anderen selbst die Form der Ohrringe zu erkennen war. Itachi legte es zurück, obwohl es mit großer Sicherheit völlig egal war, ob es an seinen 'Platz' zurückkam, und suchte sich ein Neues aus. Eine Karikatur von Anko, wie sie sich über die Theater-AG aufregte. Ihr Kopf war überdimensional groß und in ihren Augen flackerte Feuer wie in einem Comic. Offenbar hatte ein Teil der gesammelten Skizzen Ähnlichkeit mit einem Tagebuch. Manche wirkten wie mit einer Polaroidkamera aufgenommen – die Menschen waren mitten in ihrer Bewegung erstarrt. Er fand auch sich selbst wieder. Nun ja, Yuzuka jedenfalls. Sie beugte sich über etwas und lächelte, wobei sie mit einer Hand ihre Bücher und mit der anderen ihr Haar auf einer Seite festhielt. Itachi ließ es achtlos fallen. Es war zweifelsohne hübsch, aber es war nicht er. Viele Bilder waren stark von Deidaras persönlicher Meinung abhängig, was hieß, dass Kankuro oder Sakon nicht besonders liebevoll dargestellt wurden. Trotzdem staunte Itachi über seine Fähigkeit, Gesehenes vor seinem inneren Auge zu speichern und später aufzuzeichnen. Itachi erinnerte sich zum Beispiel, dass die Szene, in der Izumo den Zeigestock so fest auf das Pult geschlagen hatte, wirklich gegeben hatte – ob er den halb zufriedenen, halb schadenfrohen Gesichtsausdruck damals gehabt hatte, wusste Itachi nicht, doch es würde zu dem ironisch-scheinheiligen Charakter des Lehrers passen (kläglicher Versuch, Izumo und Kotetsu etwas wichtiger zu machen, indem ich sie näher charakterisiere). Völlig versunken in seiner Tätigkeit, Deidaras Gedankengänge zu erforschen, zog Itachi die einzige Schublade der Kommode auf. Sie quietschte, und mit diesem Geräusch schien er Deidaras geschätztes Augenmerk zu bekommen. "Nininicht die, un!" Itachi hielt zwar inne, hatte das Blatt aber bereits in der Hand. Er kannte es – das war die Skizze, die in Deidaras Schlafzimmer gelegen hatte. Er hatte sie eine ganze Zeit lang betrachtet, während er über das Thema B nachgedacht hatte. "Die kenne ich eh schon." Mit verständnislosem Stirnrunzeln legte er die Skizze zurück. Die Falten vertieften sich, als sein Blick auf einen ebenso bekannten Namen fiel... seinen Namen. "Hör auf, das ist nichts für dich, un!" Hatte sein Vater auch ständig behauptet. Mit der Andeutung eines maliziösen Lächelns fischte Itachi einen anderen Bogen Papier heraus und drehte ihn um. Itachi Uchiha in seiner ganzen schwarzweißen Schönheit. Und das mehr als ein Mal... Wie es schien, war er das Motiv sämtlicher Bilder. "Mach's zu, un!" Deidara rammte die Schublade so heftig zu, dass eins der Blätter darin zerknittert wurde. Dann schob er sich davor, damit Itachi das nicht einfach wieder rückgängig machte. "Ich dachte, du hättest es mir erlaubt.", kommentierte Itachi, und Deidara funkelte ihn ärgerlich an. An dem leuchtenden Rot seines Gesichts und dem verlegenen Glitzern in seinen Augen war allerdings zu erkennen, dass er damit seinen Gesichtsverlust möglichst gering halten wollte. "Aber ich habe dir nicht erlaubt, etwas aufzumachen, un!" "Und auch nicht verboten." "Paragraphenreiterei, un." Itachi musste darüber grinsen. Wenigstens hatte Deidara sich bei den Zeichnungen Mühe gegeben, auch wenn nicht alle originalgetreu waren. Er würde sich zum Beispiel keine Blumen ins Haar stecken. Deidara küsste ihn auf die Wange, anscheinend ganz ohne Grund. Es war nur kurz und nachlässig, und Itachi rieb sich aus reinem Reflex die feuchte Stelle ab. Deidara lachte ihn dafür aus. Dann schubste er ihn rückwärts, wie Itachi vermutete, damit er genügend Abstand zu der verhängnisvollen Schublade bekam. Zum Glück landete er nicht auf dem harten Boden, sondern auf einigen der verstreuten Kissen. Eines davon warf er nach Deidara. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals so... ungezwungen gewesen zu sein. Viel früher vielleicht, wenn er versucht hatte, Sasuke den Zweck von Bauklötzen beizubringen (sehr zu seinem Leidwesen hatte Sasuke in dem Alter nämlich wesentlich mehr Spaß daran, seinen Bruder mit Engelsgeduld Türme bauen zu lassen und sie darauf, anstatt es ihm nachzumachen, zu zerstören und die Prozedur von vorne beginnen zu lassen). Der Blonde fing das Kissen auf, betrachtete es kurz – es war grell Lavendelfarben und voller giftgrüner Ölfarbentupfen, ergo kein Ausbund an Schönheit und Ästhetik – und schlug Itachi damit gegen die Schulter. Es war nicht zu sagen, ob er es ungeschickt angefasst hatte oder es so beabsichtigt hatte, jedenfalls hielt der Bezug dieser Behandlung nicht stand. Er riss und verteilte eine Wolke staubiger Daunenfedern im Raum. "Oh... Ups, un?" Itachi fuhr sich probeweise durch die Haare. Durch den Fall auf die Kissen waren sie elektrisch aufgeladen worden, und jetzt klebten die Federn daran. "Es nützt gar nichts, dir deine Sünden zu vergeben... Du begehst sowieso sofort wieder welche." Deidara nickte ohne die geringsten Anzeichen von Schuldbewusstsein, ganz im Gegenteil. Dieses komplette Fehlen von Reue, zusammen mit seinen unschuldigen blauen Augen, fand Itachi eine unmögliche Kombination. Das war der Mensch, mit dem er leben wollte. Falls er dessen noch irgendeines Beweises bedurft hatte, dann lieferte der sich von selbst, als sie sich küssten. Die Kerzenflamme in seinem Herz brannte heller denn je und so heiß, dass es fast seine Wahrnehmung lahm legte. Auch so reichte es, um seinen Verstand den Anschluss verlieren zu lassen. Das ganze Zimmer war in eine geradezu surreale Stille getaucht, während die letzten Federn zu Boden schwebten. Sie konnten mit dem Portrait später weitermachen. Itachi wusste, dass Deidara genauso dachte und seine Absicht teilte. Itachi hatte noch nie mit einem Jungen geschlafen, und bei Deidara war er ziemlich sicher, dass er weder mit dem einen noch mit dem anderen bisher viel zu tun gehabt hatte. Das war in Ordnung – Hauptsache, einer von beiden war damit vertraut, und Itachi maß dem Akt selbst eh nicht viel Bedeutung bei. Er zog Deidara mit ins Schlafzimmer, weil der andere Raum wohl kaum dazu geeignet war. Bei diesem Teil ging die Kontrolle wieder an Itachis rationales Denken über. Deidara schloss die Tür hinter sich und warf ihm einen nervösen Blick zu. Er schien keine konkrete Vorstellung von dem Folgenden zu haben. Itachi küsste ihn erneut, wie er hoffte mir besänftigender Wirkung. Deidara erwiderte das ungeschickt. Die Arme hielt er stur an die Seiten gepresst, und darin war jede Muskelfaser angespannt. Itachi löste sich von ihm und seufzte leise. "Was?" Deidara war offenbar erleichtert über die Unterbrechung. Er wühlte mit einer Hand in seiner Hosentasche herum und holte etwas heraus, das er in seiner Faust eingeschlossen hielt. Itachi tippte sich so lange ungeduldig mit den Fingern auf den Oberarm, bis er sie öffnete. Itachi blinzelte. Dann fixierte er Deidaras dunkelrot verfärbtes Gesicht. Und wandte sein Augenmerk zurück auf den Gegenstand in Deidaras Handfläche. Er hatte keine Ahnung, was die passende Reaktion auf Kondome war. Diese Situation war voller Ironie. Sollte er das als Misstrauen auslegen, oder hatte Deidara noch nicht bemerkt, dass er nicht schwanger werden konnte? "Du hast dir Gedanken gemacht?" Deidara nickte, unübersehbar froh, dass Itachi das erkannt hatte. Die Kerze flackerte. Es hatte sich noch nie jemand Gedanken darüber gemacht. Es passierte einfach. Man redete vor, während oder danach nicht, und man traf keine Maßnahmen, außer vielleicht die Tür abzuschließen und den Schlüssel stecken zu lassen. Es hatte sich noch nie jemand auf diese Weise Gedanken über ihn gemacht. "Ich liebe dich." Itachi war eigenartig erfreut, die Worte mal ausgesprochen zu haben. Natürlich hatte er es gewusst, aber irgendwie hatte ihn erst diese unscheinbare Geste dazu bewegt, es so laut zu sagen, dass der Rest der Welt es theoretisch hätte hören können. Deidara grinste, ein ganzes Stück weniger verunsichert als vorhin. Er streckte seine freie Hand aus, und Itachi nahm sie. Der Rest war Geschichte. "Itachi?" Unwillkommene, dröhnende Worte, die in seinem Kopf wiederzuhallen schienen. Selbst das leise Aufsetzen des polierten Holzes war ihm zu laut. Mikoto Uchiha stellte das Tablett so vorsichtig wie möglich auf die breite Fensterbank und maß ihren ältesten Sohn mit besorgten Blicken. Itachi wusste, dass sie bei jeder seiner plötzlichen Migränephasen im Geheimen Ängste ausstand, er könnte einen Gehirntumor haben. Dementsprechend erleichtert war sie, wenn er sich wieder erholte. Sie goss kaltes Wasser in ein Glas und versenkte zwei Eiswürfel darin. Als sie den Boden des Glases behutsam gegen seine Schläfe drückte, zuckte er zusammen. "Wir können den Ausflug verschieben, bis es dir besser geht.", bot sie an. Itachi musterte sie durch halb geschlossene Lider im dämmrigen Licht seines Zimmers – der Sonnenschein draußen schmerzte ihm in den Augen. In dem geblümten Sommerkleid und dem altmodischen weißen Hut sah sie viel jünger aus, viel unbeschwerter. Vermutlich würde sie an ihrem freien Tag in der Stadt tatsächlich vergessen, welche Massen an Arbeit noch auf sie warteten, doch sobald sie über die Schwelle trat, würde sie sich daran erinnern und sich weiter mit den nur wenig gelinderten Gewissensbissen plagen, ihren Söhnen keine richtige Mutter zu sein. "Nicht nötig." "Sollen wir dir etwas mitbringen?" "Nein danke." Das war ein einstudierter Dialog. Mikoto war hin- und hergerissen zwischen ihrem Beruf und ihrer Familie, und immer, wenn sie sich mit dem einen beschäftigte, würde sie das Gefühl haben, das andere zu stark zu vernachlässigen. Itachi konnte ihr das nicht abnehmen, und ihr Argument, dass er Sasuke nicht die Mutter ersetzen konnte, war nicht zu widerlegen. "Falls es dir besser geht, kommst du nach, oder?" "Ja." Das Versprechen hatte er jedes Mal zu geben. Mikoto lächelte ihn an und küsste ihn sanft auf die Wange, bevor sie sein Zimmer verließ und die Tür so lautlos wie möglich hinter sich schloss. Itachi gähnte und ließ sich ins Kissen zurücksinken. Er brach das Versprechen genauso oft, wie er es gab. Wenn es ihm besser ging, kam er nie nach. Ihm machte die Situation nicht allzu viel aus, das hieß, er hatte sich daran gewöhnt. Seiner Meinung nach würde er eh nicht ins Bild einer halbwegs normalen, gut situierten Familie passen. Seine Hand tastete über die Bettdecke und fand nichts. Das Alleinsein war leichter gewesen, solange Sun ihn dabei aus seinen graugrünen Augen beobachtet hatte. Itachi hatte nicht gedacht, dass man einen gewöhnlichen Kater so vermissen konnte. Er hatte nicht mal die Bürsten weggeräumt, und hätte seine Mutter das Katzenfutter nicht weggeworfen, würde er wahrscheinlich zweimal täglich einen Napf in die Küche stellen. Er hätte Sun gerne im Garten begraben, doch Nao bestand darauf, das sei illegal und ohnehin zu sentimental für einen Jungen seines Alters. Itachi hatte sich wortlos gefügt. Also war der Körper des Katers entsorgt worden. Das Wort selbst klang so herabsetzend, dass Itachi im Nachhinein nicht begriff, warum er es zugelassen hatte. Sein letzter Gedanke, bevor er wieder einschlief, war der, dass er mit Kisame darüber reden musste. Denn zum Reden war diese Familie schlichtweg nicht geschaffen. Er wachte erst mehrere Stunden später auf. Das Wasser war lauwarm geworden, und er trank es mehr aus Pflichtschuldigkeit Mikoto gegenüber. Der Druck auf seinen Schläfen hatte sich verflüchtigt, und als er die Jalousien hochzog, begannen bereits die späteren Nachmittagsstunden. Er würde auch heute nicht nachkommen. Itachi verließ sein Zimmer und holte den Fahrstuhl hoch. Sein Kopf war noch schwer und er gerade mal halb wach, deshalb überhörte er es völlig, als jemand seinen Namen rief. Als eine kräftige, behandschuhte Hand sich auf seine Schulter legte, zuckte er zusammen. Itachi war nie begeistert von seinem Stiefvater gewesen. Er tolerierte seine Gegenwart und führte alltägliche Gespräche mit ihm, ansonsten hatten sie nicht viel miteinander zu tun. Vermutlich war es leichter zu akzeptieren, da Nao kein sexuelles Verhältnis mit Mikoto hatte – zumindest hatte Itachi nie etwas davon bemerkt, wobei er allerdings zugeben musste, dass sein Feinsinn dafür sehr begrenzt war. Mikoto hatte es geschickt eingefädelt hatte, ihren zweiten Gatten in die Familie einzuführen. Ihr privates Büro lag im selben Stockwerk wie der Wohnbereich, und weil sie eng mit ihm zusammenarbeitete, war Nao dort nie wirklich aufgefallen. Ihre Söhne hatten die Veränderung erst dann gespürt, als Mikoto ihn zu den unregelmäßig stattfindenden gemeinsamen Abendessen mitbrachte und die Gespräche langsam aber sicher vom Geschäft abwichen. Sasuke hatte der Umschwung ganz und gar nicht gefallen, und er machte vom ersten Moment an keinen Hehl daraus. Er war wortkarg und unterschwellig unhöflich. Bisher war es immer so gewesen, dass Mikoto sich dem Willen ihres jüngsten Sohnes fügte. Was sie in diesem Fall nicht getan hatte, stattdessen hatte sie sich bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Nicht die klügste Entscheidung, obwohl Itachi bezweifelte, dass es möglich gewesen war, Sasuke die Lage irgendwie sympathisch zu machen. So schaffte sie es jedenfalls, ihn gleichzeitig eifersüchtig zu machen. Itachi glaubte in dem weniger rationalen Winkel seines Bewusstseins, dass es nicht so weit gekommen wäre, wenn sie jemals über den plötzlichen Tod seines Vaters und dessen leeren Platz geredet hätten. Doch, wie bereits erwähnt, diese Familie war unfähig, offen zu reden oder reden zu lassen. Letztendlich hätte er nicht auf Sasuke einwirken dürfen, damit die Lage sich entspannte. Aber die Reue kam sowieso zu spät. Itachi drehte sich um und nickte höflich. Ohne die Anwesenheit seiner Mutter fühlte er sich stets unangenehm in der Gegenwart dieses Mannes. Trotz der Jahre, die sie sich kannten, wusste Itachi kaum etwas von ihm und hatte sich dafür nie interessiert. Ihm war lediglich bekannt, dass Nao die Angewohnheit hatte, dünne Handschuhe zu tragen, da er oft mit alten Akten oder empfindlichen Gegenständen in Kontakt kam. Er war zweifelsohne ein fähiger, intelligenter Akademiker mit aristokratischen, anziehenden Zügen und einer hochgewachsenen Körperform. Jetzt überragte er Itachi um einen halben Kopf. "Wo willst du hin?" Falls seine Mutter Nao tatsächlich liebte (wie gesagt, Itachi verstand nicht allzu viel davon), war einer der Gründe wahrscheinlich seine Stimme. Sie erregte unwillkürlich Aufmerksamkeit. Itachi hatte gesehen, dass so eine Stimme vor Gericht zur Waffe werden konnte – sie hatte so viele Facetten, dass man schnell vergaß, wie sehr das Gehörte auf das Denken Einfluss nahm. Genau, wie er nun beiläufig klang und nicht, als wollte er seinen Stiefsohn überwachen. "Basketball spielen." Nao neigte den Kopf leicht zur Seite, was Itachi davon abhielt, die Fahrstuhlkabine zu betreten. "Hast du noch etwas Zeit?" Es war eine rhetorische Frage. Itachi war nie in Eile, und es wäre durchschaubar, das plötzlich vortäuschen zu wollen. Deshalb nickte er wieder und folgte Nao in einen der Wohnräume. Es war keiner von denen, die er persönlich bevorzugte – der schwarze Marmorboden erinnerte ihn zu sehr an das Foyer. Durch die Fenster schien strahlendes Tageslicht, das allmählich einen Stich Orange annahm. Itachi warf der sauberen, leeren Straße einen sehnsüchtigen Blick zu und tat sein Bestes, geduldig und unbeteiligt zu wirken. "Kommst du gut in der Schule zurecht?" Eine völlig belanglose Frage, die sicher nicht der Sinn dieses Gesprächs war, denn Mikoto würde sie ohnehin beim Abendessen stellen. Itachi nahm sie vorerst als Aufforderung, nicht nur mit Kopfbewegungen zu antworten. "Ja, sehr gut." Itachi wusste, wie er seine Gefühle verschleiern konnte, doch er hielt es nicht für real, dass einem erfahrenen Anwalt sein Argwohn verborgen blieb. "Und dein Bruder?" "Auch." Es gab einfach nicht mehr darüber zu erzählen, und Itachi wartete, dass Nao ihm endlich den Zweck dieser Unterhaltung enthüllte. So sehr er den Intellekt des Mannes respektierte, er würde ihm immer gleich neutral gegenüberstehen und sich keine neue Vaterfigur suchen. Nao drehte sich zu ihm um, die geraden Lippen zur Andeutung eines Lächelns verzogen. "Es würde deinen Noten also nicht schaden, eine Woche zu fehlen?" Itachi furchte überrascht die Stirn. Die Sommerferien waren seit wenigen Tagen vorbei, und die neuen Themen wurden angefangen. Obwohl er in der Lage war, eine Woche Stoff aufzuholen, klang die Aussicht nicht verlockend. "Der Unterricht hat gerade erst wieder begonnen." Nao neigte erneut den Kopf zur Seite, als hätte er seine Gedanken erraten. "Das wird sich nicht ändern. Ich biete dir an, mit mir nach Sunagakure zu gehen." Itachi blinzelte ungläubig. Das würde heißen, dass er im wenig beeindruckenden Alter von fünfzehn Jahren den sogenannten 'Vatikan der Juristen' sehen würde – und nicht nur sehen. Er würde einen Ort betreten, an dem die Menschheit ihr Wissen mit der beeindruckenden Kunst verband, so etwas wie Gerechtigkeit schaffen zu wollen. Verblüfft schüttelte Itachi den Kopf und löste sich mit Mühe aus seiner Tagträumerei. Wieso sollte Nao ihn mitnehmen wollen? Er war bloß ein Schüler, und sie hatten kein besonders herzliches Verhältnis. Alles, was Itachi bisher für ihn getan hatte, war Sasukes offene Feindseligkeit zu dämpfen, und das seiner Mutter zuliebe. Darüber hinaus war der Gerichtshof von Sunagakure kein Praktikantenspielplatz. Zu viele Informationen, die in falsche Hände gelangen könnten, lagerten dort. "Warum solltest du?" Nao schien nicht übermäßig schockiert über sein Misstrauen, er schien es eher mit Sarkasmus zu nehmen. "Du bist doch ein scharfsinniger Junge." Itachi widerstand der Versuchung, seine Verständnislosigkeit offen zu zeigen. Er wollte das Angebot als Scherz einstufen, aber Naos wohltönende Stimme hatte schlichtweg nicht danach geklungen. Und gleichzeitig bezeichnete er ihn als Jungen, als wollte er ihn spöttisch auf seinen Platz verweisen. Wieder schien Nao zu erkennen, was hinter seiner Stirn vorging. "Ich hatte immer den Eindruck, dass wir uns verstehen." Itachi zuckte mit den Schultern, eine der wenigen Teenager-typischen Gesten, die er sich hin und wieder gestattete. Nao ließ ihn stehen und ging zu dem massigen Rosenholztisch herüber. Sein schmuckloser Aktenkoffer ruhte auf der dunklen Platte wie eine Reliquie, eingerahmt von einer Obstschale und einem von Mikotos Narzissensträußen, die einem Stillleben zu entstammen schienen. Das Aufschnappen der Schlösser ließ Itachi unwillkürlich zusammenzucken. Nao reichte ihm einen dünnen Stapel von bedruckten Blättern, die an der linken Ecke zusammengeklemmt waren. Itachi schob das Deckblatt zur Seite und bemühte sich weiterhin um seine unbeteiligte Fassade, auch wenn Naos geheimnisvolles Tun ihn wider Willen neugierig gemacht hatten. Sobald er die erste Seite betrachtete, rückte das allerdings in den Hintergrund. In den Händen hielt er die Fotografie eines wundervollen alten Holzschnitts, der auf die unnachahmliche Weise seiner Machart ein tosendes Meer darstellte. Es hatte gewisse Ähnlichkeiten mit der berühmten 'Welle', doch Itachi schätzte es älter ein. Die Farben waren stellenweise verblichen, doch allgemein war es gut erhalten. Er wusste nicht, woher der plötzliche Hang zur Poesie kam, als er bewunderte, mit welcher schlichten, vollkommenen Eleganz, einem Haiku gleich, die Farben mal ineinander übergingen und mal scharf voneinander getrennt waren. Ohne sich weiter um seine vorgetäuschte Gleichgültigkeit zu kümmern, blätterte er weiter. Die Fotografien zeigten weitere Kunstwerke, allesamt atemberaubend schön und kaum von ihrem Alter gezeichnet. Itachi betrachtete gedankenversunken eine helle Seidenmalerei, als sein rationales Denken allmählich wiederkehrte. Solche Gegenstände müssten weltberühmt sein, und dennoch war er absolut sicher, sie nie gesehen zu haben. Und er durfte behaupten, sich da einigermaßen auszukennen. "Das... ist unfassbar.", murmelte er und ließ die Blätter sinken. Zum ersten Mal zeigte Naos Gesicht so etwas wie Erregung. "Schön, dass du das verstehst – dann verstehst du vermutlich auch, warum du mitkommen sollst." Mit der Aussicht, diese Stücke in natura zu sehen, wuchs die Verlockung noch schneller. Trotzdem begriff er nicht so schnell, wie Nao es erwartete. "Ich bin kein Gutachter." "Noch nicht. Aus dir... kann eine Menge werden." Die vage Suggestion in diesen simplen Sätzen ließ Itachi stutzen. Natürlich konnte er, und das hatte er vor. Doch Konoha hatte entschieden anerkanntere Akademien als Suna, deshalb bestand kein Grund, dorthin zu gehen. "Kannst du dir vorstellen, warum diese Funde niemand kennt?", wechselte Nao unvermittelt das Thema und steigerte Itachis Verwirrung noch weiter, die er mit Mühe verbarg. Er schüttelte lediglich den Kopf, und Nao lächelte. Diesmal wirklich. "Weil sie offiziell vernichtet wurden. Zu schade, es wäre die Sensation des Jahrhunderts gewesen, und der Name deines Vaters... wäre in die Geschichte eingegangen." Nun kamen noch diese seltsamen Pausen dazwischen, zusammen mit der plötzlichen Erwähnung Fugaku Uchihas. So lange Itachi sich erinnern konnte, hatte Nao niemals so direkt von ihm gesprochen. "Mein Vater hat sie gefunden?" Unmöglich, Fugaku war Jurist und kein Archäologe gewesen. Nao machte eine ärgerliche Handbewegung. "Gefunden? Er hat jahrelang nach denen gesucht, die sie gestohlen hatten, und letztendlich ist ihm das gelungen... Ein paar verpasste Geburtstage sind ein geringes Opfer dafür, nicht?" Itachi konnte in diesem Moment nicht ahnen, dass er seine Reaktion später bitterst bereuen würde. Aber Naos Worte trafen genau den wunden Punkt, der selbst nach dem Tod Fugakus nicht verschwunden war – die entscheidenden Monate, die sein Vater stets versäumt hatte. Er fehlte auf allen Fotos, die Itachis frühe Kindheit bestimmten, und an den Geburtstagen hatte er meist sogar vergessen, wenigstens anzurufen. Kisame hatte gemeint, das sie bei geschiedenen Männern der Normalfall. Es passte nicht, dass Mikoto und Fugaku ihre glückliche Ehe einfach weitergeführt hatten, sobald er zurückgekehrt war. Wie einen Film, den man an derselben Stelle wieder einschaltet, wo man ihn angehalten hat. Seine Fäuste krampften sich um die Ränder des Papiers. In der Tat, ein geringes Opfer. Und er hasste sich, weil er es genauso machte wie seine Mutter – wenn Fugakus Flugzeug landete, würde er genauso erwartungsfroh wie sie am Flughafen warten und trotz aller Widersinnigkeit glücklich sein, seinen Vater zu sehen. Er spürte einen unerwarteten Druck auf seiner Schulter. Naos dunkle Augen waren sowohl ernst als auch aufgeregt – eine bisher unbekannte Mischung, denn sonst schien in nichts in Unruhe versetzen zu können. "Das wird nicht noch mal passieren, wenn du mir hilfst. Jeder glaubt, dass du dort weitermachst, wo dein Vater aufgehört hat, und das ist eine einmalige Chance. Es gibt Tausende solcher Stücke da draußen, und du..." Er erhöhte den Druck auf Itachis Schulter, sodass es fast schmerzhaft war. "... du bist derjenige, der sie-" "Stehlen kann? Mit der Position meines Vaters und dem Ansehen meiner Mutter?" Nao erwiderte nichts, doch Itachi konnte genau erkennen, dass es wahr war. Nao war ein Kunsträuber, zweifellos mit einem mächtigen Verstand und einer Menge Skrupellosigkeit ausgestattet. Diesen Mann hatte Mikoto geheiratet und ihm Anteile übertragen. Damit er sie benutzen konnte. Nao nahm seine Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das dürfte es mir ersparen, meine Methoden beibehalten zu müssen – es ist nicht allzu amüsant, Flugzeuge explodieren zu lassen." Itachi schnappte nach Luft. Er sah jede Einzelheit des Feuers vor Augen, die umherfliegenden Trümmerteile, die gellenden Schreie seiner Mutter, die einfach von der Druckwelle verschluckt wurden und sie selbst zurückfegte wie Staubflocken. Und das Wrack hatte gebrannt, ohne dass jemand das Geringste gegen die Feuersbrunst hatte tun können. Nao musterte seine entsetzten Züge mit mildem Erstaunen. "Ich dachte, dir wäre klar, dass eine Katze so ein Inferno niemals überleben kann, wäre der Frachtraum nicht speziell verkleidet worden... Die Behandlung wurde dem Passagierraum leider nicht zuteil." Natürlich nicht. Natürlich konnte das niemand überleben. Er hatte immer angenommen, dass das Gepäck durch einen völlig hirnrissigen Zufall weit genug vom Zentrum des Feuers entfernt gewesen war. Er hatte keinen Gedanken daran verschwendet, dass sein Vater Feinde hatte und sein Tod eine Erlösung für sie wäre. Und selbst wenn –Mikoto konnte alles in Ordnung bringen, nicht? Um der Wahrheit Genüge zu tun, wahrscheinlich hätte sie das gekonnt. Es war für Itachi in dieser Situation lediglich schwer zu kapieren, dass sie die Sicherheit ihrer Kinder über die Rache für ihren Gatten gestellt hatte. "Du hast ihn umgebracht?", fragte Itachi tonlos. Seine Beherrschung rührte nur daher, dass sein Gehirn völlig überfordert damit war, wie es darauf reagieren sollte. "Und du würdest meine Mutter genauso umbringen, sobald du sie nicht mehr als Schutzschild brauchst?" Naos Augen verengten sich zu Schlitzen. Entfernt spürte Itachi, dass dieses Gespräch nicht länger ungefährlich für ihn war. Obwohl er nichts beweisen konnte, hatte er etwas gehört, dass einem Geständnis für Mord aus niederen Beweggründen und Kunstraub nahe kam. Und er hatte sie bloß deshalb gehört, weil Nao... ernsthaft geglaubt hatte, dass ihm seine Familie nichts bedeutete. Jemand wie er hatte sich davon täuschen lassen, dass Itachi seine Gefühle, von denen er dachte, dass sie unerheblich waren, versteckt hatte. Und vermutlich war er da nicht der einzige. Sonst wäre Sasukes Temperament schon lange aktiv geworden, da er sich weigerte, seine Freizeit mit ihnen zu verbringen. Sonst hätte Mikoto sich mehr für sein Leben interessiert, ob er Probleme hatte, was ihn beschäftigte – aber sie hatte Kisame vielleicht zwei, drei Mal zu Gesicht bekommen, und das durch Zufall. Sie hatten ihn alle falsch eingeschätzt. Allesamt. Naos Hand streckte sich blitzschnell nach seinem Koffer aus. Itachi erinnerte sich vage, dass er einen Waffenschein für Schusswaffen hatte. Er konnte nicht einschätzen, ob er es bei einer Drohung belassen würde oder tatsächlich so weit ging, ihn auszuschalten. Letztlich war er froh, dass der Schock seinen erschütterten Verstand ausschaltete. Er versetzte dem Koffer einen Stoß, sodass er vom Tisch fiel und die Blumenvase mit sich riss. Narzissen und düngerversetztes Wasser ergossen sich über die nichtssagenden Blätter darin. Doch Nao hatte bereits zu fassen bekommen, was er suchte. Itachi zuckte zusammen, als die Kante des Tisches sich in seinen Rücken bohrte. Er wollte nicht schweigen, wie Nao das auch immer bewerkstelligen würde. Er wollte nicht, dass jemand seine Mutter benutzte, um danach nach Lust und Laune ihr Flugzeug explodieren zu lassen. Und er wollte zweifellos ebenso wenig sterben, ohne je verstanden zu haben, warum ihn alle Welt missverstanden hatte. Es war wirklich ein Revolver. Das blanke Metall blitzte auf, der Lauf schien zu einem dritten Auge zu werden. Itachi tastete panisch nach irgendetwas, das noch nicht auf den Boden gefallen war. Er musste Mikoto wenigstens warnen, und dazu musste er hier lebend raus. Im selben Herzschlag wusste er mit abnormaler Sicherheit, dass Nao ihn erschießen würde. Nicht hier und jetzt, aber sehr bald. An irgendeinem gesichtslosen Ort, an dem ihn nie jemand finden würde. Verklagte rächten sich oft, indem sie einen Familienangehörigen töteten, und Nao würde das arrangieren können. Und sobald es ihn nicht mehr gab, würde es Mikoto und Sasuke ebenfalls nicht mehr lange geben. Seine Finger stießen gegen alles Mögliche – Kugelschreiber, Brieföffner, Ablagen und den tönernen Rand der Obstschale. Sie zitterten, dennoch brauchte er irgendeine Form von Barrikade zwischen sich und Nao. Sein Herzschlag schien mit einem Mal gewaltig genug, um seinen ganzen Körper zu erschüttern. Kalter Schweiß lief ihm den Rücken herunter, während sein bebender Atem sich in seinen Ohren zu einem bizarren Rauschen verzerrte. Nao machte einen kurzen Schritt auf ihn zu. Die freie Hand hielt er an seiner Seite, bereit, alles abzufangen, was Itachi warf. Er machte noch einen Schritt, die Muskeln unter seinem mattschwarzen Sakko gespannt. Er überbrückte die Distanz mit einem letzten Schritt. Im gleichen Moment umklammerten Itachis Finger hastig den nächstbesten Gegenstand und hielten ihn vor seinen Körper, wobei er die Arme an die Seiten presste. Der Griff des Obstmessers war glitschig vom Wasser der umgefallenen Blumenvase. Vielleicht erkannte Nao das Messer nicht. Vielleicht traute er Itachi auch nicht zu, den Alltagsgegenstand überhaupt gerade halten zu können. Oder er schätzte sich schneller ein, als er war. Seine Hand holte aus, zielte auf Itachis schutzlosen Hals. Der Junge duckte sich instinktiv und kniff die Augen zusammen. Möglicherweise hatte er seine Position damit verändert. Aber plötzlich war es überall. Es lief ihm über die von kaltem Schweiß überzogenen Finger, tropfte auf sein T-Shirt und sprühte selbst auf sein Gesicht, als Nao einen rasselnden Atemzug machte. Die Klinge steckte in dem durchstochenen weißen Hemd, auf dem sich rote Flecken ausbreiteten wie Blumen. Itachi stieß den zusammensinkenden Körper weg, starr vor Entsetzen. Mit einem widerlichen, beinahe lautlosen Geräusch löste das Obstmesser sich, und er war unfähig, seine Finger von dem blutverschmierten Griff zu lösen. Er rannte aus dem Zimmer, nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte einen Menschen getötet. Einen Menschen, der sonst seine Familie zerstört hätte, doch das zählte nicht. Sein eigenes Leben war verloren. Im Flur schaffte er es endlich, seine starren Finger an einer Hand so weit zu lockern, dass das Messer ihr entglitt und in dem Griff der anderen zurückblieb, über den Dielen baumelnd wie ein Damoklesschwert. Er musste etwas tun. Schnell. Zum ersten Mal war er überzeugt, dass nur jemand anders wusste, was. Er konnte Kisames Nummer nicht auswendig, aber zufällig war sie die zuletzt gewählte Nummer, sodass er die Wahlwiederholung benutzen konnte. Seine Hände, überzogen mit roten Rinnsalen, verursachten ihm Übelkeit; es schien bloß so, als wollte sein Gehirn so viele Reaktionen auf einmal einleiten, dass es keiner den Vorrang geben konnte. "Itachi?" Itachi hatte nicht das Gefühl, beim Atmen Luft zu bekommen. Er brauchte einige Sekunden, bis er seine Stimme so weit gesichert hatte, dass er tatsächlich etwas herausbekam. "Ich... ich... ich kann..." Er wusste gar nichts. Worte, die er formen wollte, lösten sich in seinem Mund auf. "Was ist los?" "Ich... ich kann heute... nicht kommen..." Weder heute noch irgendwann sonst. "Kein Problem. Und... weshalb rufst du an?" Itachi sog zitternd die Luft ein. Er konnte Kisames angespannte Aufmerksamkeit in der Frage erkennen. Vier Worte waren keine Herausforderung. Wirklich nicht. "Ich... habe-" Es rauschte, und die Verbindung brach ab, gefolgt von einem monotonen, schnellen Piepton. Itachi ließ das Telefon fallen, und es schwang am Apparat vor und zurück. Er hörte Schritte. Elegante, kurze Schritte wie die einer Katze, verbunden mit dem leisen Klicken der Absätze. Mikoto tauchte aus dem Fahrstuhl auf, wieder in ihrem schwarzen Kostüm und ohne ihr geblümtes Kleid. Ihr Lächeln, ihn aufrecht zu sehen, erlosch in Zeitlupe. Sie starrte ihn an, seine verstörten Augen, das Blut, das Messer. Seine Finger ließen es los, und es fiel mit einem metallischen Scheppern. Mikoto kniete sich langsam hin und hob es mit ihren zierlichen, schönen Händen auf. Das Blut schien nur widerwillig an ihrer hellen Haut zu haften. "Ich... wollte das nicht." Ihre Augen waren grausam unbewegt. Er wollte ihr erzählen, was er von Nao wusste, doch er konnte sich nicht entsinnen, was es gewesen war. Ihr Blick wirkte wie eine Klage. Wahrscheinlich war er kurz darauf ohnmächtig geworden, denn nach diesem Treffen gab es nichts mehr. Am nächsten Tag war Itachi Uchiha offiziell verschwunden. "Sieh es dir an, Itachi! Es ist wunderschön, un!" Deidaras Augen hatten einen lebhaften Glanz angenommen, in dem sich Stolz und Zärtlichkeit schäumend mischten. Freitag Abend, und das Portrait war allen Ernstes fertig. Itachi scheute sich, es 'wunderschön' zu nennen, das war ein Gebot der Bescheidenheit – immerhin bildete es ihn ab. Zusammen mit dem Fächer, den Deidara ihm zum nachträglichen Geburtstagsgeschenk gemacht hatte. Und selbstverständlich hatte der Blonde es sich nicht nehmen lassen, Itachis Kleiderordnung festzulegen und seine sorgfältig gebürsteten Haare gehörig in Unordnung zu bringen, damit er einen weniger strengen Eindruck machte. Itachi lächelte still. Er hatte zwei Wochen hinter sich, die er selbst ohne Kitsch als die besten seines Lebens bezeichnen konnte. Zwei Wochen, in denen er unverhofft die Erfahrung gemacht hatte, wie eine gewöhnliche, glückliche Beziehung zu sein hatte – sie waren sogar im Schwimmbad gewesen und einen Ausflug aufs Land gemacht. Zum ersten Mal wollte er jemanden wirklich kennen lernen und akzeptierte es nicht einfach als sinnvoll oder amüsant. "Beim nächsten musst du ein Kleid anziehen, mit jeder Menge Rüschen und Schleifen und so 'nem Zeug... Oh, und Make-up, das brauchst du auch, un!" Deidara hatte die Freuden der Sofortbildkamera entdeckt und angefangen, alles und jeden in seiner Umgebung ohne Zustimmung zu fotografieren. Es gab jede Menge dümmlicher Fotos von Itachi – zumindest fand er sie dümmlich und von Sasori. Reichlich verspätet hatte er also die Person getroffen, an der Deidara so beharrlich hing. Sasori hatte seine Sympathien, und er wagte zu behaupten, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Deidara war offenbar enorm erleichtert gewesen, als die beiden miteinander auskamen, obwohl sie wortkarg und reserviert dem anderen gegenüber waren. Er hatte vermutet, sie kommunizierten per Telepathie und lästerten durch ihn hindurch über ihn. "Was machen wir als nächstes? Ah, ein Fresko, das wollte ich schon immer, un!" Deidaras sexuelle Erfahrung war stark begrenzt, doch Itachi kümmerte das nicht sonderlich. Egal, wie dumm er sich dabei vorkam, der Künstler würde sich stets ihm zuliebe Gedanken machen, und das bedeutete ihm eine Menge. "Du sagst ja gar nichts, ist das keine gute Idee, un?" Deidara sah ihn erwartungsvoll an und hielt inne, wie wild Ideen auf seinen linierten Block zu kritzeln. Itachi nahm langsam den Kopf von seiner Schulter und atmete tief aus. Jetzt, wo es so weit war, war er von einer eigenartigen Ruhe erfüllt. "Deidara?" Der Genannte hob neugierig die Brauen, während er sich mit dem Bleistift gegen das Kinn tippte. Ja, es war der richtige Zeitpunkt. "Ich werde mich stellen." Kapitel 24: Perfect Ending -------------------------- Im ersten Moment verstand Deidara den simplen Satz gar nicht. Er passte nicht ins Thema, deshalb musste er notgedrungen sein Sichtfeld erweitern. Er öffnete den Mund, um sein Unverständnis auszudrücken, dann drang der Sinn zu ihm durch, und er schloss ihn wieder. Itachis Züge waren glatt, fast entrückt. An dieser Entscheidung gab es nichts zu rütteln. Sobald er das begriffen hatte, kam die Frage auf. Warum, und warum gerade jetzt? "Warum...?" Seine Stimme hatte ihren Klang, selbst das Satzanhängsel verloren. Er hörte sie kaum. Itachi musterte ihn mit stillem Bedauern. "Ich kann so nicht leben." Er streckte die Hand aus, doch Deidara zog seine eigene geistesgegenwärtig zurück. Dann sprang er auf, ließ das Portrait, auf das er bis vorhin so stolz gewesen war, achtlos liegen und stürmte aus dem Zimmer. Eine Tür schlug mit lautem Knallen zu, die Tür des einzigen Raumes, für den er den Schlüssel nicht irgendwo in der Wohnung verloren hatte. Hastig drehte er ihn im Schloss und ließ sich an dem hellen Kiefernholz heruntersinken. Das Bad begrüßte ihn mit unbarmherzigen weißen Kacheln. Es war ihm unbegreiflich. Itachi war nie durchschaubar, doch er hatte... er war ihm nie unglücklich erschienen. Und eine unbestimmte Gewissheit sagte ihm, dass er es auch nicht gewesen war. Trotzdem hatte Itachi während der letzten zwei Wochen keinen Moment in Erwägung gezogen... so weiterzuleben. Itachis Schritte auf dem Flur waren leise und ohne erkennbare Eile. Stoff raschelte, als er sich auf der anderen Seite der Tür auf den Boden setzte. Deidara spürte die schwache Erschütterung, mit der er ebenfalls seinen Rücken gegen die hölzerne Barriere lehnte. Er schwieg. Natürlich war es egoistisch. Deidara hatte es nichts ausgemacht, nicht mal, als Itachi versucht hatte, seine konfusen Eindrücke von jenem Tag ihm gegenüber in Worte zu fassen. Man konnte Dinge nicht bloß daran festmachen, wie man selbst damit zurechtkam, und wenn er recht überlegte, war es klar gewesen, dass Itachi nicht einfach damit... leben konnte. Es war schon mehr als verwunderlich, dass er nicht aus dem Gleichgewicht geraten war, nachdem sein Gehirn die 'Schranke', die es zum Schutz gegen immense psychische Schäden errichtet hatte, wieder aufgehoben hatte. Und dennoch... Er wollte Itachi nicht gehen lassen. "Es tut mir leid." "Tut es nicht, un." Seine Stimme war so spröde, dass der höhnische Tonfall darin unterging. Wofür er letztendlich dankbar war, denn ihm war nicht danach, auch noch einen Streit vom Zaun zu brechen. Itachi überging das einfach, vielleicht hatte er gar nicht bemerkt, dass es eine Erwiderung gegeben hatte. "Ich wäre sehr gerne bei dir geblieben, wirklich." Deidara schwieg, während er versuchte herauszufinden, worauf er selbst wartete. "Irgendwie hätte es schon funktioniert mit Sasori und dir – wird es auch noch. Aber was soll aus Sasuke werden?" Die letzte Frage bat um Verständnis, und Deidara schwieg hartnäckig weiter. Er hörte den Schwarzhaarigen seufzen. "Ich gehe morgen. Es... wäre vielleicht schön, wenn du bis dahin... wenigstens ein Mal da raus kämst." Und es klang nicht mal sarkastisch. Itachi hatte eine Art, Dinge auszudrücken, die durch ihre Einfachheit erst kompliziert wurde. Itachi blieb noch eine Weile sitzen – Deidara spürte den schwachen Druck gegen die Tür – dann stand er auf. Die Wohnungstür wurde tatsächlich nicht geöffnet, ansonsten drangen keine Geräusche herein. Die Stille war so absolut, dass Deidara glaubte, nicht mehr atmen zu können. Er brauchte tatsächlich mehrere Stunden, um sich endlich zum Verlassen des Badezimmers durchzuringen. Und nicht etwa, weil er nicht wusste, wie er Itachi gegenübertreten sollte – es war banale Lethargie. Allein der Gedanke, dass er damit Zeit vergeudete, die er mit irgendwelchen unvergesslichen Ereignissen hätte prägen können, war derart paradox, dass es ihn lähmte. Als er sich schließlich erhob, war es mitten in der Nacht. Der Flur war dunkel, und es roch schwach nach Ölfarbe und Milchkaffee. Wie lange es wohl dauern würde, bis alle Faktoren, die Itachis Gegenwart bezeugten, sich verflüchtigt hatten? Wie bescheuert, damit jetzt schon anzufangen. Itachi schlief mit zynischer Ruhe. Auf 'seiner' Seite des Bettes (der Rechten, entgegengesetzt zum Fenster), mit dem Gesicht zur Tür. Nicht festzustellen, ob er auf ihn gewartet hatte. Deidara ließ sich so vorsichtig wie nötig auf der freien Seite nieder und warf die Decke über seinen Unterkörper. Itachi ließ sich nicht stören. So, Resümee. Das war das letzte Mal für sehr, sehr lange Zeit, wenn nicht für immer, dass sie zusammen in einem Bett schlafen würden. Er würde zukünftig nicht mehr aufwachen und wissen, dass es irgendjemanden gab, der sein Leben in die richtigen Bahnen lenkte, mit ihm für Sozialwissenschaft lernte, ins Kino ging, auf seine eigene Weise Verständnis für manche Ängste hatte und... tausend winzige Dinge tun würde, zum Beispiel eben nicht morgens als Erstes die Vorhänge aufreißen und das Sonnenlicht hereinlassen, die unheimlich wichtig waren. Er wollte gar keine herzerwärmenden Erinnerungen, und er wollte Itachi ebenso wenig aufwecken, um ein letztes Mal mit ihm Sex zu haben. Er wollte schlichtweg, dass alles so weiterlief wie in den letzten zwei Wochen. Gedankenverloren drückte er den Kopf ins Kissen. Draußen heulte eine Sirene auf, als ein Krankenwagen vorbeifuhr. Der klagende Tonfall brachte Itachis Worte zurück in sein Gedächtnis. Du bist echt ein netter Kerl. Damit hatte alles angefangen. Nein, eigentlich schon viel früher. Er hatte den Übergang von pubertärer Schwärmerei zu unbeholfener Freundschaft und letztlich angenehm warmer Liebe bloß nicht bemerkt. Ich liebe dich. Und damit sollte alles enden? Wie auf's Stichwort drehte Itachi sich um, anscheinend nicht begeistert davon, dass dieser bereits abebbende Krach seinen Schlaf gestört hatte. Er war vielleicht für den Bruchteil einer Sekunde wach, dann schmiegte er sein Gesicht unkoordiniert an Deidaras Hals und hielt ihn mit einem Arm in einem losen Griff fest. Es stimmte also doch irgendwie, was in diesen sinnlosen Liebesliedern beschrieben wurde. I don't wanna close my eyes I don't wanna fall asleep 'Cause I'd miss you, babe And I don't wanna miss a thing 'Cause even when I dream of you The sweetest dream would never do I'd still miss you, babe And I don't wanna miss a thing… [© Aerosmith: 'I Don't Want To Miss A Thing'] Deidara war froh, dass er danach ebenfalls einschlief. Sonst wären ihm ziemlich sicher die Tränen gekommen. Die Vorhänge waren tatsächlich noch zu, als er erwachte. Aber der regelmäßige Atem an seinem Hals fehlte. Deidara setzte sich ruckartig auf. Itachi war fort. Die Decke auf der leeren Seite war ordentlich glattgestrichen, das Kissen aufgeschüttelt. Er war einfach verschwunden... ohne sich wenigstens zu verabschieden. Wie von der Tarantel gestochen sprang Deidara aus dem Bett, ohne sich Zeit zum Umziehen oder wenigstens Haare bürsten zu nehmen. Wenn Itachi allen Ernstes noch Ordnung geschaffen hatte, bevor er gegangen war, hieß das, dass er getrödelt hatte. Und in dem Fall konnte er ihn eventuell einholen. Er wollte ihn ja gar nicht aufhalten. Es war lediglich unhöflich, ohne Abschied zu gehen. Wenn es Schutzengel gab, hatten sie heute wohl ihre liebe Mühe. Deidara schaffte es, so ungefähr jede Sicherheitsvorschrift, die selbst Vorschulkinder kannten, zu ignorieren - und dabei nicht verletzt zu werden. Er wusste, wo die Polizeiwache war. Es war einer der Hauptsitze, deshalb war es entsprechend wahrscheinlich, dass Itachi dorthin gehen würde. Und wenn er nur schnell genug rannte und verdammt viel Glück hatte... Ein einziges Mal hatte er es. Itachi hatte sogar eine individuelle Art, zusammenzuzucken, wenn ihm jemand mit jeder Menge Schwung auf die Schulter schlug, während er einen aufgehängten Stadtplan las. Er musterte ihn mit ausgesprochen ruhiger Miene. "Du bekommst einen Hitzschlag, wenn du so in der Sonne herumrennst." Deidara hätte fast gelacht. Allerdings fehlte ihm dafür erstens die Luft und zweitens der Humor. Alles hätte er erwartet, doch nicht so eine überflüssige Bemerkung. Seine schweißverklebten Finger umklammerten stur Itachis Oberarm, selbst dann noch, als er wieder zu Atem gekommen war. "Was... was denkst du dir dabei, einfach zu... gehen, un?!" Der fassungslose Ton schien Itachi unangenehm zu sein, er schob den Gurt seiner Umhängetasche auf der Schulter herum. "Wollte dich nicht wecken." Deidara schnaubte abfällig. "Blödsinn, un." Itachi begegnete seinem Blick unbeirrt. "Nein." Er zögerte kurz und fügte hinzu: "Das schließt ein, dass ich es nicht geschafft habe, mich zu verabschieden. Zu feige." Er sprach das letzte Wort aus wie eine Diagnose, Grippe oder Allergie. Deidara rüttelte so fest an seinem Arm, dass der Gurt der Tasche herunterrutschte. "Das ist überhaupt nicht feige, wenn man bedenkt, was du willst. Aber... du hättest wenigstens einen Zettel oder so was schreiben können, un!" Ob ihn das besänftigt hätte, stand auf einem anderen Blatt und zwar jetzt nicht weiter wichtig. Wichtig war, keinen Streit anzufangen und irgendwie... irgendwie noch auszudrücken, was in ihm vorging. Itachi legte vorsichtig seine Hand auf die, die nach wie vor seinen Oberarm festhielt, als fürchtete er, sie würde gleich zurückgezogen werden. Seine Haut war kalt. "Schreibst du mir... ab und zu?" Er sah Deidara mit seinen absurd dunklen Augen an, fast flehentlich. Es erweckte geradezu den Zwang, das nicht mehr ertragen zu müssen. Deidara schmetterte ihn geradezu gegen sich; seine Finger vergruben sich im schwarzem Haar und formten sich zur einer Kralle. Diesmal brach seine Stimme wirklich. "Ich schreibe dir jeden Tag! Und ich... ich bringe dir die Hausaufgaben und mache Notizen, bis du den Stoff kapiert hast, un! Meinetwegen schreibe ich auch die Prüfungen für dich! Und ich besuche dich und bringe meine Post persönlich vorbei, damit du... ja liest, was für einen Schund ich denke, und... wenn du zurückkommst, gehen wir... irgendwo hin und kommen nie wieder, un!" Der Wortschwall wurde begleitet von einem so heftigen Tränenausbruch, wie Deidara ihn noch nie erlebt hatte. Nicht mal, als er sich als Kind das Schlüsselbein gebrochen hatte. Es klang so lächerlich, wie ein vorschnelles Versprechen. Na ja, vielleicht war es vorschnell, und er hatte mal wieder keine Ahnung, weil es seine erste Liebe war. Doch möglicherweise hatte er keine Ahnung und Itachi war trotzdem seine große Liebe. Und er machte sich lieber lächerlich, als etwas zu bereuen. Itachi atmete zitternd ein. Deidara redete sich ein, dass es daran lag, dass er nicht genug Luft bekam. Und das, was seinen Nacken herunterlief, stempelte er als Schweiß ab, obwohl er es nicht mal selbst glaubte. "... Irgendwo hin?", wiederholte er langsam mit spröder Stimme. Deidara nickte in das wirre Haar hinein. Er spürte einen ruckartigen, kräftigen Druck um seine Taille, bevor Itachi aus seiner Umarmung hervortauchte – und rannte. Es dauerte nicht lange, bis er zwischen Fußgängern und Häuserblöcken verschwunden war. Das war also das Ende. Der Satz war nicht unbedingt freundlich und in seiner ganzen Art geradezu abartig kurz für etwas so Wichtiges. Deidara wischte sich mit dem T-Shirt-Ärmel über die Augen, um die nervtötenden Blicke der Passanten loszuwerden, und war froh, dass keine Tränen nachkamen. Ohne besondere Eile machte er sich auf den Rückweg: momentan gab es noch Anzeichen für Itachis Präsenz in der Wohnung. Er würde sich erst in Bitterkeit eingraben, sobald das nicht mehr so war. Und sobald es die nicht mehr gab... Zum zweiten Mal an diesem Tag schreckte ihn ein Auto auf. Und diesmal kein Krankenwagen, sondern ein mattschwarzer Eos mit quietschenden Reifen und völlig überhöhter Geschwindigkeit. Ausdruckslos beobachtete Deidara, wie der Wagen eine rote Ampel überfuhr, gefolgt von einem unheilverkündenden Blitz. Kurz darauf hielt er mit laufendem Motor am Bürgersteig. Deidara hatte gerade noch Zeit, um sich zu wundern, was diese Raserei in der Innenstadt sollte und ob Itachi die Wache bereits erreicht hatte, als eine der hinteren Türen aufflog und irgendjemand ihn am Arm hineinriss. Unmittelbar danach setzte das Auto sich mit jaulendem Motor in Bewegung. "Musste das sein?!" Verwirrt sah Deidara sich um, wobei er sich an der Kante der Sitzbank festklammern musste, damit ihn die Kurven nicht gegen die Wände schleuderten. "Kisame, was soll das werden, un?!" Kisame sah nicht so aus, als wäre er nicht besonders beeindruckt von seiner verstörten Verfassung. "Schnall dich an." Deidara ignorierte ihn. Er hatte soeben den Besitzer der ersten Stimme ausgemacht und er war genauso wenig begeistert von dessen Anwesenheit wie er von seiner. "Okaa-san, du bringst uns alle um! Fahr' langsamer!" Sasuke war blass und verhalten wütend. Vermutlich hatte ihm bisher niemand erklärt, weshalb sie hier sämtliche Verkehrsregeln brachen. Mikoto achtete nicht auf ihn. Sie riss das Lenkrad grob herum und brachte einige Fußgänger durch energisches Hupen dazu, die Straße gar nicht erst zu betreten. Ihr Gesichtsausdruck war unmöglich zu lesen. Sie war ebenso seriös gekleidet wie sonst und außer ihrem ständigen Auf Die Lippen Beißen war nicht zu erkennen, ob sie nervös war. Dank ihrer rigorosen Fahrweise erreichten sie die Polizeiwache zumindest wesentlich eher. Sobald die Reifen stillstanden, sprang Mikoto Uchiha aus dem Wagen und marschierte mit so weit ausgreifenden Schritten, wie ihr Rock es erlaubte, auf den Haupteingang zu. Sasuke musste laufen, um sie einzuholen. Das Auto blieb unverschlossen. "Was... was soll das alles, un?!" Hilfesuchend drehte er sich zu Kisame um. Mikoto besaß zugegebenermaßen einiges an Geld und Einfluss, doch damit würde sie jetzt nichts mehr ausrichten können. Zu seiner Schande musste er bekennen, dass ein Teil von ihm dennoch den Gedanken, sie würde Itachi ein zweites Mal retten, sehr begrüßte. Kisame schob ihn mit ungewöhnlich verschlossener Miene vorwärts, damit sie nicht den Anschluss verloren. "Alles zu seiner Zeit." Der Tonfall war entgültig. Kisame schien fortfahren zu wollen, überlegte es sich allerdings anders und förderte stattdessen ein ehemals ordentlich zusammengefaltetes Taschentuch zu Tage. Für Deidara ein dezenter Wink, dass er abgewrackt aussehen musste, und gleichzeitig eine willkommen wortlose Geste. Mikoto hatte offenbar eine genaue Vorstellung, wohin sie wollte. Ihre Absätze knallten auf dem schmierig grauen Flur, und niemand hielt sie auf. Sie hatte Sasukes Hand in einem krampfhaften Griff, obwohl er ohne größere Anstrengungen mit ihr mithielt. Er hatte das Fragen aufgegeben. Wenn man die Szene als Außenstehender beobachtete, musste es wohl ziemlich eigenartig gewirkt haben – eine schöne, elegante Frau, die einen angespannten Teenager mit sich zerrte, gefolgt von einem sichtlich verblüfften und erschöpften Jungen mit verquollenen Augen, der von einem Hünen mit äußerst ungewöhnlicher Hautfarbe geschoben wurde. Aber niemand sagte etwas, auch wenn Mikoto ihr Kommen nicht angekündigt hatte – für dieses sprach die sichtlich überraschte Sekretärin, die in einem fensterlosen Büro im Kern der Wache saß und vor Schreck ihre Aktenablage umstieß, als die Tür ohne Klopfen aufgerissen wurde. Mikoto beachtete sie nicht weiter. Sie hielt selbstbewusst auf eine weitere, recht unscheinbare Tür zu. "Sie können da jetzt nicht rein!", empörte sich die Frau und kam umständlich um ihren Schreibtisch herum. Mikoto schob sie grob zur Seite und ließ Sasukes Hand los, um die Klinke herunterzudrücken. Diese Mikoto war weder sanft noch liebevoll. Deidara fragte sich verunsichert, was sie hier wollte – möglicherweise wollte sie eine Aussage gegen ihren Sohn machen. Was erklärte, warum sie Sasuke mitgebracht hatte. Ich denke, er fürchtet nichts sosehr wie Sasukes Verachtung. Die Jalousien im Raum waren halb heruntergelassen, und es roch nach englischem Tee. Zudem war es ausgesprochen unordentlich. Die holzgetäfelten Wände waren beklebt mit Zeitungsartikeln – teilweise mit Überschriften, die überhaupt nicht in eine Polizeiwache zu passen schienen – und an der Decke baumelte eine altmodische, staubigrote Schirmlampe. Alles in allem widerlegte das Büro effektiv und auf ironische Weise sämtliche Klischees aus Krimis. Itachi fuhr herum, als sie eintraten. Er war weiß wie ein Bogen Papier, und in einer Hand schloss er – zu Deidaras Erstaunen – vorsichtig den zusammengeklappten Fächer ein, den er ihm geschenkt hatte. Auf seiner Stirn glitzerten winzige Schweißperlen. Der Anblick tat Deidara weh. Er hatte nie sehen wollen, wie Itachi am Ende seiner Kraft war. "Okaa-san-" "Halt den Mund, Itachi." Mikotos Stimme war klar und scharf wie eine Peitsche. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Person, die hinter dem unaufgeräumten Schreibtisch saß und alles mit stillem Interesse verfolgte. Es schien Jahre herzusein, seit Deidara sich beschwert hatte, er wolle Yondaime als Sportlehrer zurück. Und anscheinend war dieser seit seiner plötzlichen Kündigung nicht untätig gewesen. er bedachte die beiden älteren Schüler mit einem freundlichen Nicken, als seien sie hier zu einer Sportstunde versammelt, und verschränkte ruhig die Arme. "Guten Tag." Mikoto überging die Begrüßung einfach. Sie würdigte Itachi keines Blickes und baute sich vor Yondaimes Schreibtisch auf. "Er lügt." Yondaime legte gelassen seinen blonden Kopf schief. "Er ist jedenfalls nicht weit gekommen.", stellte er fest und erhob sich von seinem Platz. Mikoto ließ sich von seiner leise tadelnden Formulierung nicht aus dem Konzept bringen. "Nao Uchiha ist nicht bei einem Straßenkampf getötet worden." Itachi zog den Kopf ein Stück zwischen die Schultern, als fürchtete er, geschlagen zu werden. "Aber er ist auch nicht an einem Messerstich gestorben." Yondaime nickte wieder. Itachis aufgerissene Augen huschten verstört herum, während er daran scheiterte, die Vorgänge zu begreifen. Deidara wäre so gerne zu ihm gegangen, hätte Kisames mahnender Griff ihm nicht klargemacht, dass er sich nicht einmischen durfte. Noch nicht. "Ich habe ihn erschossen... mit seiner eigenen Waffe." Sasuke ließ sich gegen die Wand fallen – es mochte auch nur ein geschickt abgefangener Fall rückwärts sein. Die Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, doch er versuchte nicht einmal, seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. "Das stimmt doch nicht." Itachi wich dem Blick seiner Mutter erstmals nicht mehr aus und betrachtete sie mit einer Mischung aus Verzweiflung und Angst. Und diesmal konzentrierten sich diese Gefühle nicht mehr auf seine Zukunft, sondern auf sie. "Hätte die starke Blutung dich nicht so erschreckt, wäre dir aufgefallen, dass der eigentliche Stich nicht tief war. Du hast nicht mal ein wichtiges Organ schwer verletzt." Mikoto sprach so kühl von dieser Tat, als wäre es eine Unaufmerksamkeit im Unterricht. "Als ich ihn fand, war er bei Bewusstsein." Sie verlor allmählich ihren kühlen Ton, mied jetzt ihrerseits Itachis Blicke. Yondaime lauschte ihr, ohne sich etwas anmerken zu lassen, und Sasuke starrte wie betäubt auf den Boden. "Er war Schuld an allem, aber es gab keinen anderen Weg... Er wäre sonst davongekommen. Er war kein Amateur." Mikoto legte eine bittere Pause ein. Nao schien nicht mal ein persönlicher Verlust zu sein, unbedeutender als der Fakt, dass ihre Fähigkeit, Menschen zu analysieren, sich in ihm getäuscht hatte. "Ich habe keinen Schuss gehört.", unternahm Itachi den nächsten Angriff auf ihr Geständnis. Langsam hatte wohl jeder in diesem Büro den Überblick verloren. "Ich habe den Schall mit einem Kissen gedämpft. Den restlichen Schuss hast du wegen dem Schock nicht realisiert.", erklärte Mikoto ohne Anzeichen einer Regung. "Anschließend war es nicht schwer, ihn über die Grenze zu bringen und zu behaupten, er sei bei einem Überfall in Suna versehentlich erschossen worden." Sie stieß spöttisch die Luft aus. Sasuke zuckte zusammen. "Wahrscheinlich, weil kaum jemand dort geglaubt hat, er sei tatsächlich tot, sondern es sei bloß ein Trick." Yondaime überflog den aufgeschlagenen Ordner, den er unbemerkt aus einem der Fächer gezogen hatte. Er neigte unmerklich den Kopf als Zeichen, dass sich ihre Aussage mit seinen Informationen deckte. "Warum hättest du das tun sollen?" Itachi klang beinahe störrisch. Mikoto überwand die Distanz zwischen ihnen mit einigen Schritten. Das helle Sonnenlicht ließ ihr makellos geglättetes Haar schimmern. "Ich habe dir das bereits gesagt, als du fragtest, warum ich ihn heiraten sollte." Ihr Ton wurde etwas weicher, und Deidara war erleichtert, dass sie ihre harsche Fassade für's Erste abgelegt hatte. "Euer Vater war nicht perfekt, doch er hat nie... zugelassen, dass ihr in etwas hineingezogen werdet, das nicht für euch bestimmt war." Der Themenwechsel fiel Itachi offenbar nicht sonderlich auf. Er zog seine Mutter in eine unbeholfene, zittrige Umarmung, und danach konnte Deidara sein Gesicht nicht mehr erkennen. "Wir gehen... frische Luft schnappen." Kisame verpasste ihm schon wieder einen Schubs, diesmal nach draußen, an der verärgerten Sekretärin vorbei auf den Flur. Das schummrige Neonlicht brachte ihn zurück in die Gegenwart. "Was war das für eine Aktion?! Sag nicht... du wusstest das alles, un." Deidara beäugte Kisame halb misstrauisch, halb ungläubig. Dieser zuckte lediglich mit den Schultern und ließ sich auf einem der blauen Plastikstühle nieder. "Nicht alles." "Und was, un?" Kisame verzog den Mund, was entweder eine Grimasse oder ein Grinsen sein konnte. "Itachi hat mich angerufen, bevor er losgegangen ist." "Nicht wahr, un!" Deidara fühlte sich ein wenig... gekränkt. Er bekam kein einziges Wort des Abschieds, und Kisame... Das war absolut nicht fair. Jetzt grinste Kisame wirklich. "Da du ihn höchstwahrscheinlich bald wiedersiehst, muss ich dir wenigstens nicht das bestellen, worum er mich gebeten hat..." Deidaras Herz machte einen Sprung. "Was denn, un?" "Alles zu seiner Zeit." "Das höre ich schon zum zweiten Mal an diesem Tag, un!" Kisame scherte sich nicht weiter um seine Proteste. 'Das wiederholt er noch für dich' war das Einzige, was er zu diesem Thema weiter äußerte. Die Warterei dauerte ewig, doch Deidara bestand starrköpfig darauf, sich nicht vom Fleck zu rühren. Als Itachi schließlich erschien, bewegte er sich so unsicher, als fürchtete er, die Gesetze der Schwerkraft würden sich jede Sekunde ändern. Trotz der verstrichenen Zeit wirkte er nicht so, als hätte er ansatzweise begriffen, was Mikoto ihm eröffnet hatte. Deidara war recht überzeugt, dass tröstende Worte da keine Hilfe sein würden. Andererseits hatte er keine Lust mehr, herumzusitzen – sie hatten so gut wie den ganzen Tag auf der Wache verbracht, und dazu sollte nicht auch noch die Nacht angehängt werden. "Darfst du endlich gehen, un?" Itachi nickte mechanisch. Deidara nahm seine Hand und zog ihn mit sich nach draußen. Es waren kaum Menschen unterwegs, der Himmel rosa-orange verfärbt. Laut Wetterbericht der letzte schöne Abend vor dem Herbsteinbruch. "Wir tun nun etwas Blödes: wir rennen diese Straße runter, bis zum Hafen. Erfahrungsgemäß ist es nützlich, wenn man keine Energie mehr zum Kopfzerbrechen hat, un." Itachi hatte nicht zugehört, was allerdings nicht so gravierend war. Deidara zerrte ihn so lange mit, bis er von sich aus anfing zu laufen. Die wenigen Passanten warfen neugierige Blicke zur Polizeiwache, für den Fall, dass gleich ein Einsatzwagen mit Blaulicht vorbeifuhr und die Richtungen brauchte. Deidara fiel sein japsender Atem erst auf, als sie den Hafen tatsächlich erreicht hatten. Die untergehende Sonne spiegelte sich im jadegrünen Wasser und überspielte damit gekonnt, wie brackig und verdreckt es war. Itachi stützte sich keuchend auf den Oberschenkeln ab und lächelte andeutungsweise. "Blöder Plan." "Ich hab doch gesagt, dass er blöd ist, un." Deidara wedelte ihm vor dem Gesicht herum und bekam einen genervten Blick zur Belohnung. "Hat jedenfalls funktioniert, un." Itachi lehnte mit einem finalen Seufzen den Kopf an Deidaras Schulter. Seine Augen starrten auf irgendetwas in der Ferne. "Und jetzt?" Deidara legte ihm den Arm um die Schultern und setzte eine erschrockene Miene auf. "Stimmt! Wir schreiben bald Chemie, und ich habe überhaupt nichts gelernt... Und wenn das schlechte Wetter einsetzt, werde ich depressiv, un..." Itachi lächelte ein wenig breiter. Nur ein wenig. "Nicht auszudenken." Deidara kickte einen Stein ins Wasser. Er tauchte mit einem hohen Platschen ein und zog weite Kreise. "Du hilfst mir ja, wenn's ernst wird, un." Itachi schob mit einem Fuß etwas Schutt ins Hafenbecken. Die Oberfläche geriet völlig in Aufruhr. Die lächerliche Steinwerferei war ein erstaunliches Synonym für sein bisheriges Leben. "Du Idiot, kannst du nicht aufpassen..." Kein kreatives Kompliment, keine zärtliche Liebeserklärung, keine enthusiastische Zukunftsplanung. Aber dafür der Satz, mit dem alles angefangen hatte. Sie haben eine neue Nachricht. 5:15 am: Bevor du beim Abhören dumme Bemerkungen machst, ich weiß sehr gut, dass du nicht zu Hause bist, Sasori, un. Aber ausnahmsweise habe ich Gründe, um diese Zeit anzurufen. Da staunst du, was, un? Zu aller erst meine verspäteten Glückwünsche! Wie ich sehe, hat es deine Oma überlebt, dass du wirklich an der juristischen Universität von Suna aufgenommen bist – aber mal ehrlich, das hat keinen überrascht, un. Du hast jede Menge verpasst hier – was heißt 'Fernprüfung', du Freak hast es geschafft, die Diplomzeremonie zu versäumen (vergleichbar mit dem 'Graduation Day' amerikanischer Highschools)... Und obwohl ich wenig Zeit habe, entlade ich das Wichtigste auf dieses Band, un. Anbei, freue mich darauf, dich in den Semesterferien zu sehen. Wehe, du bist da verhindert, un. Tja, Sakon hat Tayuya mitten während der Zeremonie heroisch einen Heiratsantrag gemacht, und ich wette, sie nimmt ihn an, und wenn ihre Eltern dagegen sind, brennen sie durch. Und wir haben eine erfolgreiche Schulband mit Pein und Konan, surprise, surprise, un. Ich habe es mir zu Herzen genommen, dass du meintest, ich sollte mich mit Kankuro vertragen – ehrlich! Es ist bloß so... stell deine Fachdiagnose bei der hochgeheimen Überraschungsparty, die Temari anlässlich deiner Rückkehr schmeißen wird, un. Er trägt keine blöden Katzenohren mehr, aber er ist trotzdem besessen von dir. Ist er eigentlich in dich verliebt, un?! War nicht ernst gemeint. So, wenn ich die Band gerade erwähnt habe, Kisame hat eine Basketballmannschaft gegründet, un! Und sie sind nicht schlecht. Zumindest, wenn Anko und Ukon nicht gerade aneinandergeraten – sie mögen sich, ganz sicher, un. Iruka-sensei und Kakashi-sensei kriegen das mit dem Heiraten nicht auf die Reihe. Irgendwie ist das mit den Ringen keine glückliche Angelegenheit... na ja, die schaffen es schon, un. Wir haben haufenweise niedliche neue Pärchen, wenn ich das so ausdrücken darf – Jahr der Liebe oder so. Und obwohl es dich wahrscheinlich nicht interessiert, ich habe noch genug Zeit, um eine Rückblende auf mein Leben zu geben, un. Von der 'Uchiha-Tragödie' – so nennt die Presse das – hast du sicher gehört, geht ja nicht anders. Wenigstens hat Mikoto Uchiha mildernde Umstände bekommen, und Sasuke muss nicht in eine Pflegefamilie, un. Wäre auch dämlich gewesen. O-oh... Jetzt muss ich mich erstrecht beeilen, un. Äh... Itachi hat sich die Haare abgeschnitten, übrigens. Sind immer noch lang, bloß nicht mehr so lang, un. Zweieinhalb Minuten weniger Haarewaschen. Schon gut. Trotz diesem ganzen Trubel hat Itachi keinen Nervenzusammenbruch und hält es mit mir aus, un. Schwer zu glauben, ich weiß... Der eigentliche Grund, warum ich diese Nachricht hinterlasse, ist der, dass ich nach der Woche Urlaub, die mir vergönnt ist, jede Menge zu tun haben werde und... ich nicht will, dass du denkst, ich hätte dich vergessen. Wow, endlich hab ich's gesagt – jetzt kann ich es nicht zurücknehmen, un. Deshalb die Nachricht. Für eine Woche werden wir sinnlos versuchen, diesen ganzen Prozess zu vergessen, und dann... keine Ahnung. Ich will Künstler werden, un. Und wenn du zurückkommst, kannst du bitte Itachi das mit der Historik ausreden? Das ist so- Ähm... jetzt ist es böse auf mich. Hat er gehört, un. Werd' nicht krank und lern' nicht zu viel, okay? Bis bald bei deiner glorreichen Rückkehr, un. Und - ich weiß sehr wohl, dass ich das schon mal gesagt habe - egal, was kommt, du bleibst mein Freund. Ich hab dich lieb, un. Ende 124 Seiten – ich bin platt. Und tatsächlich 'Ende' zu schreiben war irgendwie bewegend. In diesem Sinne meine ebenso bewegende Ein-Satz-mit-drei/vier-Worten-Rede: Danke für's Lesen. Sollte die Sequel veröffentlicht werden, wird sie sich zwei Jahre später darum drehen, wie Itachi in Iwagakure Deidaras Eltern vorgestellt wird – und welchem Zweck das dient. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)