I only wish my dream to come true von talakurai (Otherwise I'll break apart) ================================================================================ Kapitel 3: Death & Rebirth -------------------------- A Subaru Sumeragi Story Chapter IV Death & Rebirth Entering life Vollmond. Nicht eine einzige Wolke am Himmelszelt. Endlose Schwärze am Firmament. In dieser sternenklaren Nacht erstreckt sich der weiße Mond über die Häuser, legt seinen silbernen Schleier um die gesamte Stadt. Hüllt alles ein. Wie eine neblige Kuppel. Sie lebt. Schlaflos. Die Stadt ist in Aufruhr, all die Menschen die in ihr leben, sie amüsieren sich des nachts. Die Leute gehen in Casinos, Discos, Nachtclubs, zum Karaoke, sie spielen, singen, tanzen, werfen ihr wohlverdientes Geld zum Fenster hinaus, haben Spaß. Die Stadt lebt. Schläft nie. Tokio. Es lebt. Es ist die einzige Stadt.... Die einzige Stadt auf der Welt, die sich amüsiert, während sie untergeht. Tag und Nacht. Ich erinnere mich... Wie recht du damals hattest, Seishiro-san. Du hattest stets recht, mit allem, was du je gesagt hast. Ja, mit allem. >>Warum ich Tokio liebe?<< Ich fragte dich einst, weshalb du diese Stadt so bewunderst. >>Ich liebe Tokio, weil es die einzige Stadt der Welt ist, die sich amüsiert, während sie untergeht.<< Dies sagtest du mit einem Lächeln. Wie hätte ich damals auch nur ahnen können, dass dunkle Gedanken im Spiel waren? Wie hätte ich wissen könnrn, dass dein Lächeln nicht einem Scherz galt, sondern der puren Wahrheit? Du wusstest anscheinend schon damals, dass Tokio eines Tages tatsächlich untergehen würde, oder? Jetzt ist es soweit. Genau dieser Tag nähert sich... unaufhaltsam. Bald werden wir aufwachen... und es ist Tag X. Der Tag des Versprechens. Dann beginnt er. Der letzte Kampf. Um das Schicksal der Erde. Und dennoch... Tokio verschließt die Augen davor. Tut so, als könne es nicht aufwachen. Nicht an jenem Tag. Weil es nicht zu schlafen scheint... Doch das ist nur Maskerade, eine perfekte Täuschung. Auch dem angeblich schlaflosen Tokio werden in Anbetracht der sich näheren Stille die Augen geöffnet. Aufgerissen! Und die Menschen amüsieren sich, wissen nicht, dass ihr Leben schon in Kürze ein Ende finden wird. Sie werden alle sterben. Alle. Ausnahmslos alle werden sterben. Ermordet. Von uns. Von mir. Die Menschen, sie alle werden untergehen. Die Stadt, mitsamt ihrer Anmut wird sie untergehen. In einen ewig währenden Schlaf fallen und nicht in der Lage sein, die Augen je wieder auftun zu können. Genau. So wie in dem Märchen von der göttlichen Schönheit, mit Haar, so golden schimmernd wie der Glaube an Gott, mit Augen, so blau wie der strahlend schöne Himmel, mit einer Stimme, so herzlich und klar, wie Gottes Atmen, von diesem göttlichen Wesen, welches in einen tiefen Schlaf fiel und hundert Jahre in ihren Träumen gefangen gehalten werden sollte. Ich glaube, es hieß Dornröschen oder? Dieses Mädchen, das eigentlich für immer schlafen sollte, doch durch einen Kuss ihres Liebsten geweckt und zurück ins Leben gefunden hatte. Wirklich total überzogen das Ganze. Ziemlich schnulzig, muss ich sagen. Nicht mein Geschmack. Das Mädchen heiratete den Prinzen und wurde glücklich bis an ihr Lebensende. Ja.... Es gab ein gutes Ende. Typisch für Märchen eben. Immer dieses "Happy end", welches an jeden Schluss gestellt wird. In der Wirklichkeit gibt es so etwas nur selten. Und in diesem Falle gar nicht. Tokio wird schlafen, ohne, dass es einmal aufwachen würde. Keine Chance. 100-jähriger Schlaf. 1000-jähriger Schlaf. Ewig währender Schlaf. Alles wird schlafen. Alles geht unter. Ich weiß es genau. Zuerst fällt Tokio. Dann die gesamte Welt. Die Erddrachen werden den Himmelsdrachen überlegen sein. Ganz sicher. Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Soll Tokio, soll die Welt untergehen. Noch habe ich etwas Zeit. Noch lebe ich. Um meinen Wunsch erfüllen zu können. Tja, und wenn dann alles in sich zusammenbricht, dieser armselige Planet, dann werde auch ich mit all den anderen sterben. Dann hat endlich alles ein Ende. Vielleicht ...werde ich schon vorher sterben. Möglich ist es. Vielleicht erlebe ich dieses grausige Schicksal nicht mehr. Den Untergang der gesamten Zivilisation dieses Planeten. Vielleicht muss ich nicht hinsehen. Vielleicht nicht. Vielleicht... komme ich schon früher zu dir. Seishiro... Der sanfte Wind streift an mir vorbei. Mein pechschwarzer Mantel wiegt sich in jeder aufkommenden Brise. Es ist angenehm. Niemand ist hier, bin ganz allein. Ich befinde mich außerhalb der Stadt. Nur gedämpfte Geräusche hallen von dort hierher. Ich bin weitgehend ungestört. Und das ist gut so. Ich drücke meine Zigarette aus. Schaue mich um. Kannst du dich an diesen Ort erinnern? Erinnerst du dich an jenen Ort, an dem ich meine Hand in deine Brust bohrte? An diesem Ort, an genau dieser Stelle tötete ich dich. Seishiro-san... Sicher erinnerst du dich. An die Rainbow-Bridge? Wie könntest du es jemals vergessen. Ich knie mich hin, ertaste mit den Fingerspitzen den kalten Asphaltboden. Genau hier starbst du. In meinen Armen. Mir ist, als sehe ich noch dein Blut am Boden kleben. Hier bist du gestorben. Ich halte kurz inne, erinnere mich an den einen Augenblick, indem eine unsichtbare Kraft meine Bewegungen steuerte und meine Hand durch dein Fleisch direkt in dein Herz bohrte. Ich habe das nicht gewollt. Es war der Fluch. Hokuto-chan's Fluch, der mich dazu brachte, dich zu töten. Ich wollte das nicht. Trauer überkommt mich. So oft ich auch an das Vergangene denke, immer überkommt mich ein gewaltiger Schwall von Traurigkeit. Kann nichts dagegen tun. Bin emotional berührt. Ergebe mich. Wie schon so oft. Mein Blick schweift zu dem Etwas, das neben mir liegt. Regungslos. Ohne Atemzug. Deine Leiche. Vor wenigen Stunden habe ich deinen leblosen Körper aus deinem Grab geholt. Dein Grab, unter einem Kirschbaum. Ich dachte mir, du wolltest dort begraben werden, wo du auch all deine Opfer immer begrubst. Es war dir doch recht, oder? Und stell dir vor, der Kirschbaum, unter dem du lagst, er blühte in voller Schönheit. Der Baum blühte, wie keiner neben ihm, stellte alle anderen in den Schatten. Weil er dein Blut trank. Weil dein Blut die Blüten nährte und ihnen die Farbe zartrosa gab. Nur wegen dir blühte er so wunderschön. Hörst du, Seishiro-san? Es war sicher nicht in deinem Sinne, dass ich dich von deinem Baum trennte. Doch ich musste es tun. Ich brauche deinen Körper für diesen Akt. Für mein Vorhaben. Für meinen Wunsch. Ohne deine Leiche geht es nicht. Das musst du verstehen. Später, wenn du zurück musst, wenn ich dich zurück lasse in deine Welt, für immer, dann begrabe ich dich wieder unter deinem Kirschbaum, auf dass er aufs Neue so schön erblüht. Ich lächle. Und wenn du für immer die Welt der Lebenden verlassen musst, dann warte auf mich, nimm mich mit dir. Das nächste Mal werde ich dich begleiten. Lass mich nicht wieder allein hier zurück. Lass mich bei dir sein, ganz nah. Auf ewig vereint. "Lachhaft..." Ja, ich lache über mich selbst. Höhnisches Grinsen. Jeder andere würde mich für verrückt erklären. Kein Zweifel. Und es ist ja auch verrückt. Alles. Alles ist so dermaßen verrückt, dass ich es manchmal selbst nicht glauben kann. Doch es ist wahr. Und ich bin die Witzfigur in dieser Komödie. Es ist wahr. Abscheulich! Ich muss wahrhaftig geistesgestört sein. Eben total verrückt. Erst grabe ich deine Leiche aus und nun freut es mich auch noch, dass der Kirschbaum unter dem du ein paar Monate gelegen hast, so schön erblüht?! Normal ist das nicht. Ich bin ja schon richtig pervers. Voll mit kranken Gedanken. Dennoch, für mich sind sie das einzige, was mich noch am Leben erhält. Nicht normal. Ein normaler Mensch kann das nicht nachvollziehen, wird es wohl nie können. Ich bin kein normaler Mensch mehr, ich nicht. Aber was ist schon normal? Was verstehen die Menschen darunter? Wie definieren sie es? Normal? Was ist denn schon normal? Für andere bin ich krank. Sie können sich nicht in mich hineinversetzen, niemals meine inneren Wunden sehen und mitfühlen, was ich durchmachen muss. Keiner kann das. Die Menschen können nicht verstehen, sich nicht erklären, warum ich so handle, wie ich nun mal handle. All die Menschen, dich mich lieben, mich beschützen wollen, sie können nicht verstehen, weshalb ich mich aufgegeben habe. Warum ich weine. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Warum ich töte. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Warum ich mich so in mein Innerstes zurückgezogen habe. Warum ich mich selbst vor dem ganzen Geschehen, vor der Realität verschließe, mich abzuschotten versuche. Die ganze Zeit. Niemand versteht mich. Und deswegen bin ich für sie ganz einfach nicht normal, bin krank für sie. Aber es ist mir so was von egal. Oh, Gott. Wie oft ich das Wort >egal< schon benutzt habe. Aber wie soll ich es umschreiben? Es ist mir nun mal egal. Alles. Alles ist egal. Ich berühre sanft deine Haut, streichle über deine blasse Wange, dann deine ebenso blassen Lippen. Außer dir. Wie eine Puppe aus Glas. So kommst du mir vor. So zerbrechlich. Wirkst eiskalt. Keine Wärme, die von dir ausgeht. Bist tot. Eine leere Hülle. Dein Geist ist aus dir gewichen. Hast deine Seele verloren. Um dich wieder zusehen, dich als lebendigen Menschen spüren zu können, dafür mache ich all die Dinge, die mich für andere krank machen. Ich tue alles für den, den ich liebe. Tut man das nicht? Ist das immer eine Lüge gewesen? Die Menschen, sie alle reden doch immer von der wahren Liebe. Sie alle behaupten doch immer, sich für den Geliebten aufopfern zu wollen und alles zu tun, was in ihrer Macht stünde. War das nur dummes Gerede? Eine Lüge? Ich tue alles für den, den ich liebe Warum bin ich krank für sie? Warum? Etwa, weil ich über meine Grenzen und die, des normalen Menschen hinausgehe? Etwa, weil ich nicht nur im Reich der Sterblichen, sondern auch im Reich der Toten meinen Spielraum habe? Etwa, weil ich mich mit dem Leben allein nicht zufrieden gebe? Weil ich einen Toten liebe? Ist das der Grund, weshalb ich unnormal bin? Wie töricht! Egal, ob sie mich für krank halten oder nicht. Ich liebe Seishiro. Ich liebe ihn. Ich liebe einen Toten. Gebe mich damit jedoch nicht zufrieden! Nicht im Geringsten. Ich konnte niemals Liebe erfahren. Man hat uns diese Chance auf Zweisamkeit einfach entrissen, gestohlen! Und das sehe ich nicht ein. Ich will auch die Liebe spüren, die du mir entgegenbringst. Ich will auch in den Armen meines Geliebten liegen. Ich will mich in seinen Augen verlieren. Ich will von seiner Stimme bezaubert sein. Ich will von seinem Anblick gefesselt sein. Von seiner Vollkommenheit. Seiner Schönheit. Ich will ihn spüren. An mir... und in mir. Eins werden. Ich will ihn halten und an mich pressen. Seinen Körper. Seine Wärme. Alles. Ich will das alles auch. Ist das denn so schwer zu verstehen? Ist es das? Das sind doch die normalsten Gefühle der Welt. Ich möchte sie auch empfinden. So unheimlich gern. Nur um all das auch spüren zu können, um all diese schönen Gefühle zu erfahren, handle ich so, auf diese Weise. Ich möchte ihn lebendig machen. Um ihn lieben zu können. Kann man das nicht nachvollziehen? Der Schlag einer Turmuhr holt mich aus meinen Gedanken zurück. Ich erhebe mich wieder. Gleich Mitternacht. Geisterstunde. Bei diesem Gedanken muss ich unwillkürlich lächeln. Wie passend dieser Ausdruck doch ist. Gleich werde ich einen Geist sehen. Ihn rufen. Und ihn lebendig machen. Ja, lebendig. Glaubt es oder nicht. Ich werde einen Geist lebendig machen. Es ist eine Art Wiedergeburt. Vor Kurzem bin ich darauf gestoßen, durch Zufall... oder Schicksal? In einem uralten Buch habe ich darüber gelesen. Über die Macht Geister zurück ins Leben zuholen und sie ihren Besitzern wieder einzuflößen. Auf dass er lebendig wird. Für 24 Stunden. Einen Tag. Für einen ganzen Tag. Als ich darüber gelesen habe, konnte ich spüren, wie ein paar Emotionen den dunklen Weg zurück in mein totes Herz fanden und es wieder zu einem menschlichen Herz formten. Ich bekam Gefühle. Ich fühlte wieder etwas. Ich fühlte so etwas wie Freude. Diese Veränderung hast du in mir bewirkt, Seishiro-san. Nur der alleinige Gedanke an dich. Eigentlich unglaublich... Ich habe mir vorgestellt, wie es wohl ist, wenn du wieder lebst. Was aus uns wird, wie wir miteinander umgehen. Was in Zukunft mit uns sein wird. Ob ich dir verzeihen kann...so richtig. Das nennt man wohl Ironie des Schicksals, hm? Dass jener Mann mir meine Gefühle zurück bringt, der sie mir vor langer Zeit ohne mit der Wimper zu zucken entrissen hat. Ohne Reue zu bekennen. Du wirst leben. Das ist deine zweite Geburt. Dafür stehe ich hier. Deswegen. Dann wird auch dein Wunsch erfüllt. Wenn du von den Toten auferstehst werde ich da sein und du wirst mein Lächeln sehen. So, wie du es wolltest. Ja, das habe ich mir vorgenommen. Ich werde lächeln. Versuche es auf jeden Fall. Aber ich bin mir sicher, du bringst auch mein Lächeln zu mir zurück. Ich mache dich wieder lebendig, Seishiro. Ich bin des Opfers bewusst, welches ich für deine Wiederbelebung bringen muss. Aber ich gebe alles, was ich habe. Das habe ich dir doch geschworen, oder? Alles was ich tun kann, tue ich. Alles was ich geben kann, gebe ich. Alles was nötig ist, erledige ich. Alles was gefordert wird, erfülle ich. Ich gebe mich völlig hin. Um die Macht zu beschwören, die dich zu mir bringt. Gleich ist es soweit. Die Turmuhr schlägt in wenigen Minuten zum zwölften Mal. Dann beginnt der Zauber. Dann entfaltet er seine Macht. Auf der Brücke habe ich ein Pentagramm gemalt. Einen umgedrehten fünfzackigen Stern, der sich über die gesamte Breite der Brücke erstreckt. Der Stern steht diesmal jedoch nicht für den Sakurazukamori, sondern für Schwarze Magie. Diese Magie, die ich jetzt anwende, sie ist illegal. Verboten. Eigentlich versiegelt. Doch sind mir Versiegelungen und auch Verbote völlig egal. Nichts kann mich hindern. Nichts kann mich aufhalten. Nichts kann mir gefährlich werden. Ich bin ein Meister und beherrsche die Magie, jegliche Arten, egal welcher Seite. Ob schwarz oder weiß. Egal. Ich bemächtige mich jeder Magie, wenn ich mit ihr nur meinen Wunsch in Erfüllung gehen lassen kann. Ich scheue vor nichts zurück. Nehme alle Risiken in Kauf. Es interessiert mich nicht, was mir widerfahren mag. Ich nehme alles in Kauf. Bringe jedes Opfer. Ich stehe an der Stelle, wo ich dich vor kurzem tötete. In Mitten des Pentagramms. In seinem Zentrum. Ich habe diesen Ort gewählt, weil du hier getötet wurdest. Ich wählte genau diese Stelle als zentralen Punkt, damit du dort auferstehst, wo du einst starbst. An jeder Spitze des Sternes sind magische Schriftzeichen geschrieben. Unter mir, im Zentrum des Pentagramms, steht das Zeichen für "Wiedergeburt". Alles ist vorbereitet. Ich warte nur noch auf den richtigen Augenblick. Der zehnte Schlag der Uhr. Ich verhake meine Finger ineinander. "Omm, abokya haraparitaya un!" Die Formel meiner Geisterbeschwörung. Zuerst muss ich deinen Geist zu mir rufen, damit ich ihn deinem Körper einflößen kann. Ich konzentriere mich. Ich sende ein Licht, zwar ein mattes, aber es wird dir den Weg in meine Welt weisen. Dieses matte Licht begleitet dich auf deinem Weg durch die Dunkelheit. Es führt dich über die Schwelle unserer Welten. Entschuldige, dass ich dir kein helleres Licht senden kann. Das Licht in meinem Inneren ist erloschen. Deswegen musst du dich wohl oder übel mit diesem Bruchteil zufrieden geben. Aber lass dich nicht beirren, wenn du dich konzentrierst, kann dir auch jener kleine Lichtanteil ein Wegweiser sein. Lass dich leiten. Finde den Weg zu mir. Bitte, wehre dich nicht. Nicht dieses Mal. Lass es einfach geschehen. Bitte, höre auf mich. Ignorier meine Rufe nicht. Nicht dieses Mal. Um mich herum bildet sich ein schwacher Lichtschein. Er hüllt mich gänzlich ein. Es ist meine spirituelle Kraft. Sie öffnet sich. Entfaltet sich langsam. Komm! Seishiro. Komm zu mir. Ich will dich lebendig machen. "Omm, abokya haraparitaya un!" Ich spüre es. Ja! Du kommst tatsächlich! Du näherst dich mir. Seishiro-san... Ich kann deinen imaginären Geist wahrnehmen. Du bist hier, ganz nah. Bereits in dieser Welt. Noch kann ich dich nicht ausmachen. Noch kann ich dich nicht sehen. Aber ich weiß, du bist da. Ich konzentriere mich stärker. Nähere mich langsam aber sicher der Endphase. Ich benötige all meine Kraft. Ich darf nicht versagen! Nun vermag ich deutlich deinen Körperumriss und deine Gesichtskonturen erkennen zu können. Du schwebst über mir. Hast du deinen leblosen Körper schon bemerkt? Ahnst du, was ich vorhabe? "Omm, abokya haraparitaya un batarei ya sowaka!" Da bist du! Jetzt bist du vollständig vor mir erschienen, in voller Lebensgröße. Du trägst die schwarzen Sachen, die du auch am Tag deines Todes getragen hast. Natürlich. Ich öffne meine Augen, doch meine Finger bleiben weiterhin ineinander verhakt. "Schön, dass du gekommen bist, Seishiro-san." Ich klinge nicht froh oder glücklich, nein. Ohne jegliche Emotionen spreche ich zu dir. Ich kann meinen Gefühlen noch nicht nachgeben. Ich sehe dich vor mir. Dein gesamtes Wesen. Jener Mann. Wieder mit diesem emotionslosen Ausdruck und den geschlossenen Augen. Aber öffne sie nicht, jetzt noch nicht. Ich möchte dir noch etwas geben. Etwas sehr wichtiges zurück geben. Zwei Dinge, die dich wieder zu demjenigen machen, der du einst gewesen bist. Seishiro Sakurazuka. "Hm...Etwas ist diesmal anders." Was? Wie meinst du das? Weißt du, weshalb ich dich rief? Bist du dir etwa bewusst, dass du neu geboren wirst? Willst du das womöglich und bist deshalb freiwillig gekommen? "Deine Stimme, Subaru-kun. Die Stimme, der ich folgte, um hier her zu finden, sie klang diesmal nicht flehend und sie zitterte nicht so wie sonst immer, wenn du mich riefst. Und zudem war dieses schwache Licht, welches du mir sandtest, auf irgendeine, mir noch unbeschreibliche Weise, furchtbar hell. Heller als alles andere. Das hat mich dazu veranlasst, dir nachzugeben und hier her zu kommen." Ach ja? Meine Stimme also. Nein, dieses Mal klang sie nicht flehend. Denn ich weiß, dass ich dich dieses Mal nicht wieder gehen lassen muss. Die Tatsache, dass du dieses Mal bleibst, hat mir ein wenig Zuversicht gegeben und meine Stimme klang deswegen wahrscheinlich viel ernster. Umso besser. Wenn du deswegen kamst, ist es gut so. "Und du selbst wirkst entschlossener auf mich. Du hast dich verändert, Subaru-kun. Du scheinst nicht mehr so verloren. Was ist es, das dich so entschlossen macht? Warum hast du mich dieses Mal gerufen?" "Warte es einfach ab, es handelt sich nur noch um Sekunden." Ich trete näher an dich heran. Ganz nah. Deine Leiche liegt zu meiner Linken. Du hast sie anscheinend noch nicht bemerkt. Wie könntest du auch? Du hast deine Augen zu. Ich schaue dich an. Ein letztes Mal, bevor ich fortfahre mit meinem Ritual, schaue ich deinen Geist an. Bald ist es soweit. Du wirst auferstehen. Wieder als Mensch vor mir stehen. "Konzentriere dich jetzt bitte nur auf mich, okay, Seishiro-san?! Allein auf mich." "Sub-" "Still!", ich unterbreche dich. Sprich jetzt nicht. Die Zeit schwindet. Die Zeiger drehen sich weiter. Unaufhaltsam. Ich will die wertvolle Zeit nicht verschwenden. Bleib still. "Ich sagte, du sollst dich konzentrieren." Meine Stimme klingt bestimmend. Du erwiderst daraufhin nichts, bleibst stumm. Gut so. Konzentriere dich, sonst klappt es nicht. Ich knie mich zu deinem leblosen Körper hinunter. Schließe meine Augen, lege eine Hand auf deine Brust, dort, wo dein Herz geschlagen hat. Die andere Hand lege ich auf meine eigene Brust, ebenfalls auf Herzhöhe. Genau so. Dann beginne ich: "Amara baku honu balla rekishei mirena ahn ubaru katana ayazu omi yo taku mono ime!" Stärker. Ich muss mich noch stärker konzentrieren. Dieses Ritual ist äußerst kräftezehrend. Ein einziger Fehler und alles wäre sofort vorbei. Umsonst! "Ich beschwöre euch, ihr schwarzen Mächte!" Meine Stimme raunt durch die Stille der Nacht. Und es erklingt der elfte Schlag der Uhr. "Ich rufe die dunkle Magie zu mir herauf, auf dass sie mir meinen Wunsch erfüllt!" Das gleißende Licht, welches mich noch immer umhüllt, wird heller. Meine Kräfte bündeln sich, entfalten sich zusehends. Mein Körper. Er ist außer Kontrolle! Kann ihn nicht steuern. Ich zittere. Meine Gliedmaßen machen, was sie wollen. Keine Kontrolle. Aber ich muss stark bleiben. Nicht nachgeben. Darf nicht weichen. Meine Handflächen müssen auf unseren Herzen ruhen. Sie müssen! "Amara baku honu balla rekishei mirena ahn ubaru katana ayazu omi yo taku mono ime!" Diese Beschwörung. Ich habe sie tausendmal vor mich hin gemurmelt, so oft geübt, ich kann sie in- und auswendig. Es muss gelingen! Das Zittern geht nicht vorüber! Schon gut. Alles okay. Darüber habe ich auch gelesen. Ich bin mir über die Risiken bewusst. Durchaus. Ich stehe es durch. Keine Angst. Ich gebe nicht auf. Auf einmal spüre ich, wie mein Herz regelrecht zusammengezogen wird. Feuer! Ich spüre Feuer in meiner Brust. Es brennt. Heiß! So furchtbar heiß. Schmerz verzerrt mein Gesicht. Ich kneife meine Augenlider fest aufeinander. Es tut so weh! Mein Herz! Als würde jemand daran herumreißen. Es zusammendrücken und dann wieder lang ziehen. Endlos lang. Und diese Hitze. Furchtbar! Das Zittern überzieht meinen gesamten Körper, mein Kopf, ich kann ihn nicht still halten. Meine Hände beben, wollen nicht auf einer Stelle verweilen. Doch sie müssen! Sie müssen auf unsere Herzen gelegt sein, sonst wirkt der Zauber nicht! Hin und her. Einem epileptischen Anfall gleich. Mein Körper reagiert nicht auf meine Befehle, macht was er will. Außer Kontrolle. Doch mit aller Willenskraft, die ich in diesem Augenblick aufbringen kann, zwinge ich meine Hände auf besagten Stellen zu bleiben. Ich halte dagegen! Ein kehliger Schrei des Schmerzes entweicht meinen Lippen. Es tut so weh! Ich vermag es kaum auszuhalten. Doch ich werde! Keine Angst. Ich bleibe stark. Wie spitze Pfeile die mein Herz durchbohren, hundert Mal. Tausend Mal! Wie Abermillionen Nadelstiche, die gleichzeitig auf mein blutendes Herz einstechen. Wie scharfe Messer, die mein Herz zerhacken, immer und immer wieder darauf einschlagen. Wie jemand, der es zerbeißt, seine gierigen Reißzähne in den lebenswichtigen Muskel stößt! Es tut so weh! Ich will um Hilfe schreien. Doch außer Schmerzesschreie presse ich nichts hervor. Ich ziehe das jetzt durch! Ohne Rücksicht auf Verluste! Ohne Gnade! "Amara.... baku honu.... balla reki...shei mirena ahn.... ubaru katana ayazu omi.... yo taku mono... ime!" Ich stottere. Nein! Konzentriere dich, Subaru! Mach jetzt keinen Fehler! Gib alles, was du hast! "Amara baku honu balla rekishei mirena ahn ubaru katana ayazu omi yo taku mono ime..." Meine Stimme, sie wird immer leiser. Ich habe keine Kraft mehr. Sie schwindet. Ich spüre deutlich, wie ich langsam immer schwächer werde. Meine Energie, meine Lebensenergie, sie fließet aus meinem Körper. Ich kann es spüren. Mir fällt es mit jeder Sekunde, die verstreicht, schwerer zu atmen. Ich keuche nur noch. Bekomme beinahe keine Luft mehr. Bin erschöpft, müde. Aber das Ritual ist noch nicht vollendet. Mach weiter, Subaru! "Amara baku honu balla rekishei mirena ahn ubaru katana ayazu omi yo taku mono ime..." Das Zittern! Oh Gott! Es ist so heftig, dass ich kaum noch irgendwas wahrnehmen kann. Es benebelt meine Sinne. Ich sehe alles verschwommen. Scheine taub zu sein. Mir ist schwindelig. Die Turmuhr... hat sie gerade zum zwölften Mal geschlagen? Ich höre so gut wie nichts mehr. Ist es Mitternacht? Um mich herum nehme ich gerade eben noch einen starken Luftzug wahr. Und dann breche ich endgültig auf seiner Brust zusammen. Meine Lider schließen sich. Mein Atem stockt, geht nur noch stoßweise. Das Zittern ist vorüber. Gott sei Dank. Ich habe überlebt. Habe es geschafft. Wirklich? Zu erschöpft, um mich zu bewegen. Ich bin so dermaßen müde. Ich möchte schlafen. Plötzlich schrecke ich auf. Doch mein Kopf ruht weiterhin auf seinem Oberkörper und meine Augen bleiben geschlossen. Habe nicht mal mehr die Kraft, sie zu öffnen. Aber was höre ich da? Kann das sein? Kann das wirklich sein? Wahrhaftig? Ist das Realität? Oder träume ich schon? Ich höre das Herz schlagen. >DoDomm Dodomm... Dodomm Dodomm...< Ich höre sein Herz schlagen! Es schlägt! Es schlägt wirklich! Seishiros Herz schlägt! Er lebt! Er lebt! Ich habe es geschafft! Er lebt! Seishiro-san lebt! Ich kriege unter Schmerzen noch eben ein mattes Lächeln zustande. Und wieder quellen sich einige Tränen aus meinen geschlossenen Augen, laufen über meine blasse Wange. Dann ist alles schwarz. ~ einige Zeit später ~ Meine Lider sind schwer, als ich versuche sie aufzutun. Mir entweicht ein leises Stöhnen. Mein Kopf brummt. Mein ganzer Körper ist völlig taub. Ich kann mich keinen Zentimeter bewegen. Na super... Einen kleinen Schlitz vermag ich eines meiner Augen zu öffnen, weiter komme ich nicht. Das rechte Auge bleibt geschlossen, bin nicht in der Lage es zu öffnen. Warum nicht? Ich versuche es erneut, ohne Erfolg. Meine rechte Kopfhälfte schmerzt. Besonders der Bereich um mein Auge. Was ist das? Was hat das zu bedeuten? Aua.... Ich kann ein dumpfes Stöhnen nicht unterdrücken. Bin ziemlich geschafft. Was ist passiert? Wo bin ich? Grelles Licht strahlt mir entgegen, macht mich zunächst blind. Nur langsam gewöhnt sich mein Auge an die Helligkeit, sodass ich es anschließend ein Stückchen weiter öffnen kann. Es bedarf etwas Zeit, bis sich das eine Auge seiner vollständigen Sehkraft bemächtig hat. Ich sehe eine weiße Decke. Alles weiß. Wo bin ich hier? Ich versuche mich aufzurichten, doch mein Körper gehorcht mir nicht, falle wieder zurück in die Kissen. Kissen? Wo bin ich denn nur? Verdammt! Ah.... Fühle mich irgendwie ausgelaugt. Ohne Energie. "Bist du aufgewacht, Subaru-kun?" Was? Wer spricht da? Wer bist du? Ich kenne diese Stimme. Doch fällt mir nicht ein, zu wem sie gehören könnte. Ich versuche meinen Kopf nach links zu neigen. Dorthin, wo ich diese Stimme ausmachte. Will sehen, wer da steht. Ich komme nur langsam voran. Aber jetzt sehe ich meine Umgebung endlich. Weiße Wände, weißer Fußboden. Alles ist weiß. Selbst meine Bettdecke. Ja, sieht ganz so aus, als läge ich in einem Bett. Deswegen auch die Kissen. Langsam fügt sich alles zu einen klaren Bild zusammen. Dieser Geruch, der mir in die Nase steigt.... Ja, er ist typisch für ein Krankenhaus. Ich bin also im Krankenhaus. Wie bin ich hier her gekommen? Und warum bin ich hier? "Alles in Ordnung? Hey, Subaru-kun..." Wieder diese Stimme. Wer bist du? "Ah...." Wieder spüre ich einen stechenden Schmerz in meinem Kopf. Ich fasse mir an die Stirn, um zu merken, dass wohl ein Verband meinen Kopf ziert. Deswegen also kann ich mein rechtes Auge nicht öffnen, der Verband verhindert es. Kein Wunder. Aber habe ich mich denn am Auge verletzt? Ich weiß noch immer nicht, weshalb ich im Krankenhaus bin. Aber es wird sich sicher alles nach einander aufklären. Zunächst möchte ich einfach nur sehen, wer da neben meinem Bett steht und mit der mir so vertrauten Stimme sanft meinen Namen ruft. Im ersten Moment vermag ich wieder nichts erkennen zu können. Die Person muss vor einem Fenster stehen, durch das grelles Sonnenlicht herein strömt und mir die klare Sicht erschwert. Wie aus reinem Reflex heraus, lege ich meinen Arm auf meine Stirn, um meinen Augen etwas Schatten zu spenden. Auch ziehe ich meine Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. Angestrengt versuche ich, das Gesicht der Person zu erkennen. Mein Gegenüber scheint bemerkt zu haben, dass ich geblendet werde und zieht die Vorhänge zu. Ja, das ist schon viel besser. Ich seufze einmal und rutsche etwas höher in die Kissen, so, dass ich beinahe aufrecht im Bett sitze. Ich zwinkere ein paar Mal mit meinem Auge. Nun endlich vermag ich klar sehen zu können. Das unscharfe Bild wird deutlich. Ich hebe meinen Kopf, um der Person in die Augen sehen zu können. Diese Statur... Diese Haltung... Ich... ich kenn sie. Und dann... diese Gesichtsform. "AH! Seishiro?!" Total von seiner Anwesenheit erschrocken, stoße ich einen überraschten Schrei aus. Stille erfüllt den Raum. Ich starre wie gebannt auf ihn, die ganze Zeit, ohne auch nur einmal zu blinzeln. Steht er da wirklich vor mir? Ist das kein Traum? Ist er das wirklich?? Seishiro? Mein Seishiro-san? Du bist wieder lebendig?! "Hast du gut geschlafen?", fragst du mich in genau dem Tonfall, mit dem du früher immer mit mir geredet hast, so sanft und ehrlich... so kommt es mir vor. Aber ob es wirklich so gemeint ist, werde ich wohl nie erfahren. Du wirst es mir niemals sagen oder? Nein, ich denke nicht. Aber was soll's. Damit habe ich mich abgefunden. Schon längst. Ich sehe dich jetzt mit anderen Augen. Und ich belass es dabei. Ganz einfach. Als ich dich vor mir stehen sehe, ich weiß nicht, ich kann es nicht beschreiben, was ich gerade fühle. Ich bin überwältigt. Genau! Völlig überwältigt. Dass du da bist. Einfach so wieder da bist. Als wärst du nie weg gewesen. Und auch die Erinnerungen an die vergangene Nacht sind wieder gegenwärtig. Ja, ich erinnere mich. Ich weiß wieder, was passiert ist. Was ich letzte Nacht getan habe. Ich habe dich lebendig gemacht. Den stechenden Schmerz ignorierend beuge ich mich vor, dir entgegen. Ich will dich berühren, zeig mir, dass du aus Fleisch und Blut bist! Zeige es mir! Seishiro! Du scheinst zu verstehen, worauf ich hinaus will und kommst ein Stückchen näher auf mich zu, streckst deine Hand aus, auf dass ich sie ergreife. Und das tue ich auch. Wie ein gieriger Pyrannhia, der wie ausgehungert nach seiner Beute schnappt, so schnappe ich nach deiner Hand, und als ich sie endlich spüre, deine warme Haut, presse ich sie gegen meine Brust, direkt an mein Herz, dränge mich ihr so sehnsüchtig entgehen und kann ein Schluchzen und die aufkommenden Tränen nicht unterdrücken. Ich bin so glücklich! Ich lasse die heißen Tränen mein blasses Gesicht überströmen. Ich geben mich meinem Schluchzen hin und weine einfach. Wozu soll ich es verbergen? Meine Freude und meine Erleichterung. Ich bin so froh, dass du da bist! Ich presse meine Lider aufeinander, versuche mich unter Kontrolle zu halten. Wie gesagt, ich bin schlicht und ergreifend überwältigt. Es ist so irreal. Ich würde es nicht glauben, wenn ich nicht hundertprozentig wüsste, dass es wahr, dass es tatsächlich wahr ist. Es ist wahr! Es ist Wirklichkeit. Du bist lebendig. Ich fühle deine Körperwärme, ich fühle, wie das Blut durch deine Adern gepumpt wird und höre, wie du atmest. Du lebst! Ich möchte dir so vieles sagen, so gern etwas mitteilen, dir sagen, was ich fühle, aber in diesen Momenten würde ich nicht mehr, als wirres Zeug hervorbringen und sicherlich ununterbrochen stottern. Darum lasse ich es. Es hat noch keinen Sinn. Ich hebe es mir für später auf, wenn ich mich wieder etwas beruhigt habe. "Na na, ganz ruhig, Subaru-kun. Es ist alles gut." Ich spüre, wie du lächelst. Ich mache mir einfach vor, es wäre ehrlich gemeint. Denn so kann ich es ertragen. Und so lächle ich ebenfalls. Ganz ehrlich. Voller Freude. Die Tränen verschleiern meinen Blick, ich sehe wieder alles verschwommen. Aber trotzdem merke ich, wie du dich auf die Kante meines Bettest setzt. Du drückst meine Hand, hältst sie ganz fest. Und ich tue es dir gleich. Wir halten uns gegenseitig. Am Liebsten für immer. Nach und nach verstummen meine Schluchzer und auch meine Tränen werden weniger, doch vereinzelt finden sie noch den Weg hinaus ins Freie. "Sei... shiro, ich... ich...", ich stottere. So gut, wie ich mich auch schon wieder unter Kontrolle zu haben scheine, bringe ich dennoch keinen vernünftigen Satz zustande. Noch immer habe ich nicht den Mut dir ins Gesicht zu sehen. Zwar habe ich gerade kurz hineingeschaut, doch genauso schnell wieder weggesehen. Der Schock, den ich damals bekommen habe, als ich in deinen Traum eingedrungen war, ich brauchte lange, um ihn zu verarbeiten. Dich zu sehen, ohne deine nussbraunen Augen... Nein, das warst einfach nicht du! Das bist nicht du! Nein. Deswegen fällt es mir schwer, nun den Kopf zu heben und in deine Augen zu blicken. Will nicht diesen leeren Augapfel und diese hohle Augenhöhle sehen , die einst deine Augen darstellten. Nein, das will ich nicht. Noch nicht. Ich will dir etwas zurück geben. Zwei Dinge, die dich wieder zu demjenigen machen, der du einst gewesen bist. Seishiro Sakurazuka. Nämlich zum Einen deine Augen.... Und erst, wenn du sie wieder bekommen hast, erst dann, werde ich in der Lage sein, dich anzusehen. Erst dann, will ich es. Tut mir leid. Bei diesen schrecklichen Gedanken an unsere damalige Begegnung muss ich erneut laut aufschluchzen. "Scht." Du legst einen Finger auf meine trockenen Lippen. Und ich bin auf Anhieb still. Zu schön ist dieses Gefühl, welches die zarte Berührung deines Fingers in mir auslöst. "Leg dich hin, Subaru-kun. Du bist noch sehr schwach. Schlaf ein weinig, das wird dir gut tun, hm?" Ohne eine Antwort von mir abzuwarten, drückst du mich auch schon sanft zurück in eine liegende Position. Ich schließe mein Auge, vermeide den Blickkontakt mit dir. Noch kann ich es nicht. Will noch nicht. "So ist gut. Ruh dich aus. Wie sage ich immer? Schlaf ist die beste Medizin." Ein herzhaftes Lachen erfüllt den Raum. Wie schön deine Stimme doch ist. Ich liebe sie. Wie alles an dir. Und ich möchte es dir sagen, alles sagen, was ich empfinde. Aber lass mir noch etwas Zeit, um die richtigen Worte zu finden. Ein leises, gequältes Stöhnen entweicht meinen Lippen, als ich mich ein wenig auf der Matratze zurecht rücken will. Meine Gliedmaßen gehorchen mir noch nicht einwandfrei. Und auch der Rest meines Körpers scheint wie eingeschlafen zu sein. Kaum ist es mir möglich, einen Arm zu heben, ohne dabei Schmerzen zu verursachen. Und ich bin total verspannt. Es ist wirklich anstrengend, das eine Auge offen zu halten. Ich bin wirklich total erledigt. Und dass, obwohl ich gerade doch noch geschlafen habe. Wie lange wohl? Ich senke meine Lider, kann sie nicht länger aufhalten. "Wie... wie lange habe ich geschlafen?" Sag mir, wie lang ich hier gelegen und nicht bemerkt habe, dass du da bist. Und über mich wachst. Ich weiß, du tust es. Du wachst über mich. Du hast es immer getan. Du sitzt derweil noch immer auf der Bettkante. Du musterst mich, ich spüre es. "Jetzt haben wir's kurz vor halb vier Uhr nachmittags. Du hast ziemlich lange geschlafen... und bist immer noch total erledigt... Was machst du auch für Sachen?!" War deine Stimme zu Anfang doch recht sanft, hatte sie am Schluss einen herben Unterton. Was soll das bedeuten? Was willst du mir damit sagen? Jedoch kümmert mich die Veränderung in deiner Stimme wenig, im Angesicht der schwindenden Zeit, dich ich doch so gut wie möglich nutzen wollte. "So ein verdammter Mist!", presse ich zwischen aufeinander gepressten Zähnen hervor. Nein! Das ist doch nicht wahr! Ich habe mir all die Mühe gemacht! Alles getan habe ich! Dafür. Damit wir beide zusammen sein können. Und was mache ich? Ich verschlafe fast die ganze gemeinsame Zeit! Verdammt! Aber was soll ich tun? Ich bin schwach. So unendlich schwach. Kann mich kaum rühren. Das konnte ich doch nicht wissen. Nein, so etwas konnte ich nicht vorhersehen. Schon, ich wusste, dass ich einen Teil meiner eigenen Lebensenergie an Seishiro abgeben musste. Und ich wusste auch, dass mich das sehr viel Kraft kosten würde, das lag auf der Hand. Aber dass ich völlig kraftlos im Bett liegen würde, das habe ich nicht wissen können. Dass es mir dermaßen viel Energie abverlangt, war mir nicht im Geringsten bewusst. Wie sollte es auch? Ich hab das schließlich zum ersten Mals gemacht. Ah... Ich fühl mich so ausgelaugt. Aber ehrlich. Nein, ich will nicht. Ich will nicht hier rum liegen, während du ebenfalls im Diesseits verweilst. Ich will mit dir etwas unternehmen. Deswegen habe ich dich doch überhaupt gerufen und zurück geholt. Ja, deswegen. Damit wir ganz einfach zusammen sind. Wir beide. Auf einmal spüre ich eine warme Fingerkuppe auf meiner Stirn. Einen kleinen Schlitz öffne ich mein Auge. Seishiro? "Nicht, Subaru-kun. Hör auf." Es kommt mir unheimlich zärtlich vor, wie du mit deinem Finger ein paar Haarsträhnen aus meinen verschwitzen Gesicht streichst. Eine sanfte Berührung. Danach habe ich mich gesehnt. So sehr. Ja, so sehr, dass ich halb wahnsinnig wurde. Ich will mehr davon! Bitte, gib mir mehr. Noch viel mehr. Hör nicht auf. Bitte... Deine Hand fährt meine Wange entlang, umrahmt sie. Und ich lege mich in diese sanften Berührungen, zeige dir, wie sehr ich sie genieße. Mach weiter. "Hör auf, ok?" Was meinst du denn? Ich versteh nicht. "Mach das nicht noch mal. So einen riskanten Zauber anzuwenden hätte dich das Leben kosten können! Wage es noch einmal und ich werde dir jeden deiner Knochen einzeln brechen! Vielleicht sogar zwei oder drei Mal! Verstanden!?" Ja, das ist er. Seishiro Sakurazuka. Jener Mörder, der meine Schwester tötete und mir mein Herz raubte. Raubte und es so dermaßen quälte, dass ich vor Leiden beinahe daran zu Grunde gegangen wäre. Ich lächle ganz schwach. Zu mehr bin ich nicht in der Lage. Deine starke Stimme. So bestimmt und kalt. Die Stimme eines Mörders. Jetzt weiß ich, du bist es wirklich. Nein, natürlich habe ich nicht daran gezweifelt, dass du es bist. Du bist es. Keine Frage. Du bist Seishiro. Aber bis gerade eben fehlte mir diese andere Seite an dir. Deine Schattenseite. Die, die dich zu der gespaltenen Persönlichkeit machte, die du warst. Du bist es immer noch. Jetzt sehe ich es. Du bist Seishiro-san. "Ich... ich wollte dich un... unbedingt... wieder sehen... Sei...", es ist nur ein Hauchen, was über meine Lippen kommt. Meine Stimme hat an Stärke verloren. "Du bist lebensmüde!", du unterbrichst mich sofort, klingst ein bisschen aufgebracht. Ich frage mich noch immer wieso eigentlich? Ich bringe mich doch andauernd in Lebensgefahr. Als einer der Drachen bleibt es mir nun mal nicht erspart. Das weißt du doch. Also, was regst du dich so auf? "Wegen mir machst du das nicht noch mal! Nicht meinetwegen! Hast du mich verstanden!? Ich warne dich, Subaru-kun." Du drohst mir? Auch, wenn ich deine Augen nicht sehe, so merke ich doch, wie du mich mit ihnen anfunkelst. Warum bist du so aufgebracht? Warum drohst du mir? Geht es dir so nah? Seishiro... "Ich habe wohl keine andere Wahl..." Wie? Was nuschelst du da? "Ich meine, wenn du mich das nächste Mal rufst, und davon gehe ich schwer aus, dass du das tust, dann...", du erhebst dich, bist im Begriff, dich von meinem Bett zu entfernen. "Dann werde ich wohl oder übel kommen müssen. Andernfalls würdest du sicher wieder diesen irren Zauber anwenden, der mich für einen Tag lebendig macht, nicht wahr? Nein, nein. Darauf verzichte ich, dass kann...." Ich handle blitzschnell und greife nach dem Zipfel deines Hemdes, welcher gerade zufällig aus deiner Hose lugt und halte ihn fest. Ganz fest, so, dass du abrupt stehen bleibst und dich verwundert umsiehst. Ich lasse nicht los. Ich lasse dich nicht gehen. Nein. Bleib doch. Bleib. Bitte. Wozu habe ich dich gerufen? Warum habe ich mein Leben eingesetzt? Weil ich wollte, dass du bei mir bist! Ich will bei dir sein. Also bleib gefälligst! Bleib bei mir. Geh nicht. Bitte. Ich flehe dich an... "Subaru-kun, was eh...?" Ich unterbreche dich, auch wenn ich meine Stimme aus mir heraus pressen muss, weil sie nicht mehr als ein Keuchen ist. "Nicht... Bleib hier... Ich... ich... will, dass du bleibst... bitte..." Ich habe meinen Kopf gesenkt. Ich kann und will dir noch immer nicht in die Augen sehen, obwohl dass jetzt angebracht wäre. Denn dann würdest du sehen, wie meine Augen dich anflehen würden. Dann könntest du sehen, wie viel mir deine Nähe bedeutet. Bleib bitte... ich tue alles dafür. "Nur dafür habe ich mich aufgeopfert... Seishiro-san... hierfür... Damit wir beide..." Verstehst du nicht, was ich sagen will? "... wir beide zusammen sein können..." Stille. Wir beide schweigen. Kein Wort entrinnt unseren Lippen. Doch dann entziehst du dich plötzlich meinem Griff, drehst dich zu mir um. Schritte, sie kommen auf mich zu. Du näherst dich mir. Seishiro... Ich fühle wieder deine warmen Hände, wie sie sich sanft um mein Gesicht legen und es leicht ein wenig anheben. Ich lasse es geschehen. Mein Herz schlägt schnell, es hämmert wie wild gegen meine Brust. Eine leichte Gänsehaut überzieht meinen schwachen Körper. Diese sanften Berührungen... Sie sind so fremd und immer habe ich sie so herbeigesehnt, dass es mir nun alle Sinne raubt, wenn du mich so berührst, wie du es gerade tust. Seishiro... Mittlerweile bist mir mit deinem Gesicht so nah, dass dein Atem meine Wange streift. Ich schließe meine Augen. Zum einen, weil ich deinem Blick ausweichen will, zum anderen, weil ich diese Zärtlichkeiten so sehr genieße. Mir wird allmählich heiß... "Ich bin doch gerade bei dir..." Ja, das bist du! Gerade jetzt bist du bei mir. Und ich will verdammt noch mal, dass es immer so ist. Genauso wie jetzt! Ganz nah. Verstehst du? Mit zittriger Stimme stammle ich ganz leise: "Aber du bist aufgestanden..." Ich spüre genau, dass du leicht lächelst. Was ist daran bitte schön zum Lachen? "Subaru-kun, du bist...", du wartest ab. Und damit bringst du mich zum Verrücktwerden! Rede doch endlich! Ich halte das nicht mehr aus! Immer sprichst du in Rätseln. Langsam habe ich das satt. "Ja?" Auf diese Weise versuche ich dich aufzufordern, weiter zu reden. Und du tust es auch. "Du bist süß." Anstatt mir jetzt das zu geben, was ich mir so erhofft habe, erhebst du dich wieder und gehst in Richtung Fenster, lehnst dich dagegen. Gott, du bist so grausam! Du wusstest genau, was ich fühle! Du Mistkerl! Ich hasse dich! Und wie! Nämlich so sehr, dass ich dich liebe. Ohje, diese kranken Gedanken schon wieder. Erschöpft lehne ich mich zurück in die Kissen. Jetzt erst spüre ich wieder diese unendlich betäubende Müdigkeit, dich mich just wieder übermannen will. Ich gebe mich ihr hin. Diesmal entkomme ich ihr nicht. Bin zu schwach. Ergebe mich. Ich schlafe ein. *# Ich weiß nicht... Ich weiß nicht, ob ich das nur träume. Vielleicht ist es eine Einbildung. Eine Halluzination, die ich spüre... Vielleicht ist das nicht wahr. Aber es fühlt sich so wahr an. Als wäre es real. So zärtliche Lippen... Ganz sanfte Berührung. Ein Hauch von Wärme. Ich spüre sinnliche Lippen auf meinen. Ein Kuss... So unsagbar zärtlich. Schüchtern. Zaghaft. Und doch entfacht dieser das Feuer in mir. Mir wird heiß. Als würde mein Körper brennen. Ich weiß nicht... Ich weiß nicht, ob das jetzt gerade wirklich passiert. Aber ich will diesen Augenblick nicht zu ende gehen lassen. Er soll für immer wehren. Für die Ewigkeit. Es fühlt sich gut an... So gut. Bitte, gib mir mehr. Hör nicht auf. Geh nicht fort. Hebe deine Lippen nicht. Lass sie gesenkt... Auf meinen. Damit wir vereint sind. Lass und vereint bleiben. Nur ein bisschen länger. Dieser Kuss... Er macht mich furchtbar glücklich. Wirklich. Er macht mich so unendlich glücklich, dass sich in meinem Augenwinkel eine winzige Träne bildet. Ein Zeichen meiner Freude. Ich liebe dich. Ich weiß nicht... Wenn dies jetzt gerade kein Traum ist, wenn ich nicht träume, wenn du mich tatsächlich küsst, während ich so völlig geschwächt in diesem Bett liege, dann fühle ich es. Dann kann ich es spüren. Ganz genau. Deine Zuneigung. Ob es Liebe ist, weiß ich nicht. Aber da ist etwas. Das spüre ich. Und ich halte es. Lasse es nicht gehen, nicht verschwinden. Jenes Gefühl, welches du mir gegenüber hegst, es soll bleiben. Ich will es immer dann spüren, wenn du mir so nah bist, wie jetzt. Ich weiß, du magst mich. Irgendwie. Auf deine Art... Und du zeigst es mir auf deine Weise... Ich weiß es. Und bitte, lass dies kein Traum sein. Küss mich in der Wirklichkeit. Dann weiß ich, du bist ins Leben zurückgekehrt. Ende Chapter IV Thanks to LeS ^_~ dankööö fürs betan *knuff* to be countinued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)