Ich bin nicht so, wie ihr alle denkt.. von sasayaki ================================================================================ Kapitel 6: ----------- „..und so war das dann.“ Kyo sieht mich an. Seine Augenbraue klettert in die Höhe. „Hörst du mir überhaupt zu?“ Er setzt sich auf und schaut vorwurfsvoll. „Ähh… ja.. so.. war das also“, wiederhole ich und fahre mir ertappt durch die Haare. Natürlich hab ich ihm nicht zugehört, wie denn. Mein Kopf ist voll von verwirrenden Gedanken, die hin und her huschen und die ich nicht mal annähernd zu fassen kriege. „Tut mir leid“, murmle ich. „Schon gut“, brummt Kyo und lehnt sich wieder zurück. Ich schaue auf meinem Milchkaffee. Er ist bestimmt schon kalt. Eigentlich wollte ich ja gar keinen. Dann sehe ich zu Kyo, der mich immer noch durchdringend mustert. Das wühlt mich ziemlich auf. Warum muss er auch immer so schauen?? „Hm“, macht er und greift nach seiner Tasse. Schon wieder dieses Schweigen. Das macht mich noch ganz krank. Und sein Blick…als würde er durch mich hindurch schauen. Er wendet seine Augen kein eines Mal ab, noch nicht mal, während er trinkt. Wie kann man nur so schauen? Ich lasse meinen Blick durch das Café gleiten. So muss ich ihn wenigstens nicht ansehen. Aber das beruhigt mich auch nicht. Im Gegenteil. „Lass uns gehen. Mit dir ist heut irgendwie eh nichts anzufangen.“ Kyo verschränkt die Arme und schüttelt den Kopf. „Was ist denn los, dass du deinen Mund nicht aufkriegst, hm?“ Ich muss schlucken. „Weiß nicht…“, nuschle ich. Ich weiß es ja auch wirklich nicht. „Na gut“, seufzt Kyo. Er steht auf und schlüpft in seine Jacke. „Du willst das ja eh nicht mehr trinken, oder?“ Mit einem Nicken deutet er auf mein kaltes Getränk. Ich schüttle den Kopf und erhebe mich ebenfalls. Ein wenig betrübt sehe ich ihm nach, wie er zum Tresen geht und unsere Getränke bezahlt. Ich glaube, ich versau wirklich die Stimmung. Ich sollte versuchen, mich zusammen zu reißen. Als er zurückkommt, sieht er mich nicht noch mal so an und geht einfach raus. Ich folge ihm. Wie vorhin laufe ich ihm einfach hinterher. Außerdem weiß ich ja gar nicht, wo er hin will. Ihm scheint das auch so zu gehen, denn er wird langsamer und sieht sich nachdenklich nach mir um. „…Also ich geh jetzt heim.“ Er verschränkt die Arme und sieht mich an, als würde er eine Antwort erwarten. Als aber nichts von mir kommt, fügt er hinzu: „Geh nach Hause und ruh dich erst mal aus. Wenn was ist, du kannst mich immer anrufen.“ Er nickt mir zu, um das eben Gesagte noch zu verstärken. Ich deute nur ein Nicken an. „So…dann…bis später oder so“, murmelt er, zuckt die Achseln und dreht sich um. Er macht einen Schritt, bleibt stehen und dreht sich wieder zu mir. „Bevor ich’s vergesse…“ Er kramt in der kleinen Plastiktüte, die er in den verschiedenen Geschäften gefüllt hat. „Hier.“ Er hält mir eine bunte Packung. Es ist ein Raumduft. „Yasmin…ich dachte mir, du magst das vielleicht. Und kannst das brauchen.“ Er nickt mir nochmals zu, bevor er sich endgültig von mir abwendet und davon schlurft. Ich sehe ihm nur nach, mit dem Yasmin-Duft in der Hand. Und komm mir ziemlich bescheuert vor. Unschlüssig betrachte ich mein Handy. Das Telefon ist ja leider…kaputt. Ich kann ihn doch jetzt nicht wirklich anrufen. Aber ich fühl mich so komisch. Und als er da war, hat mir seine Anwesenheit schon irgendwie geholfen. Ach, was weiß ich. Der zarte Duft von Yasmin erfüllt meine Wohnung und scheint sie aufzuhellen. Ich weiß nicht, wie ich es sonst beschreiben soll. Irgendwie…leichter. Das Handy starrt zurück. Und nun? Ich drehe mich ein wenig und lege meinen Kopf schräg. Es ist 14:47 Uhr und vielleicht zwei Stunden her, seit ich wieder hier drin bin. Kyo hat zwar gemeint, ich kann ihn immer anrufen. Aber so? Das ist irgendwie lächerlich. Ich schiebe das Handy ein Stückchen weg. Aber auch doch nicht. Kyo versucht wirklich, mir zu helfen. Vielleicht sollte ich es einfach riskieren und ihn anrufen. Was ist schon dabei? Ich nehme mein Handy in die Hand und mustere es angestrengt, als ob es mir auf meine Gedanken antworten würde. Natürlich tut es das nicht, denn das wäre seltsam gewesen. Schließlich wähle ich Kyos Handynummer und halte das Handy schnell an mein Ohr, bevor ich es mir anders überlegen kann. Es klingelt ganze 10 Mal, bis Kyo rangeht. Anscheinend besitzt er so was wie eine Mailbox nicht. „Moshimoshi??“, brummt es mir entgegen. Aber etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet. „Ich bin’s…Toshiya.“ Kurzer Moment des Schweigens. „Ich hätte nicht gedacht, dass du anrufst. Vor allem nicht so schnell. … Gibt’s was Besonderes? Oder rufst du einfach so an?“ Entweder ich täusche mich gewaltig oder ich höre in seiner Stimme wirklich so etwas wie Belustigung. „Nein, ich… … Du meintest doch, ich kann anrufen. Stör ich?“ Er schnauft leise. „Nein, tust du nicht.“ Ich höre ihn aufs Sofa fallen. Also ist er wirklich daheim. „Okay..“ „Also…was ist los? Ist dir langweilig?“ Irgendwie klingt seine Stimme komisch. So rau und schwer. „..Kyo? Ist alles okay bei dir?“ Die Frage rutscht mir so raus. Er schweigt und ich weiß, ich hätte das nicht fragen sollen. „Nein, ist es nicht.“ Er hustet. „Mir geht’s grad nicht so gut, ja? Also…lass uns später telefonieren…“ Seine Stimme wird immer brüchiger. Plötzlich ist die Verbindung unterbrochen. Ich lasse mein Handy sinken und starre es irritiert an. Was war das denn jetzt? Er klang wie auf Entzug. Als hätte er es ohne Drogen nicht mehr ausgehalten. Nimmt er Drogen? Seit wann nimmt Kyo Drogen?? Ich lege mein Handy weg und starre an die Wand. Das Yasmin riecht jetzt nicht mehr befreiend, sondern drückend. Kyo? Ich glaub es nicht. Meine Gedanken drehen sich wie in einem Kreisel. Aber…vielleicht hab ich mich auch getäuscht. Vielleicht war er einfach nur müde oder wirklich krank. Kann doch sein. Es wühlt mich auf, dass ich nicht weiß, was mit Kyo ist. Vielleicht sollte ich zu ihm gehen? Nein, dann fühlt er sich bestimmt bedrängt. Aber ich kann doch nicht hier sitzen bleiben und nichts tun?? Ich starre unschlüssig vor mich hin. So wird das auch nichts. Fünf Minuten Später sitze ich immer noch so da. Als das Handy klingelt, fall ich beinahe vom Bett. Schockiert nehme ich es hoch. „..Jaaa??“, frage ich zaghaft. „Hey.“ „Kyo?“ „Ja.“ Ich bin verwirrt. „Bevor du fragst, mir geht’s besser. Damit ist das Thema erledigt.“ Ich kann nicht anders als eine Augenbraue hochzuziehen und zu seufzen. Das war’s jetzt wieder, und ich wird wohl nie erfahren, was grad wirklich los war. Aber vielleicht will ich das ja auch gar nicht. „Also…ähhh… …“ Eigentlich wollte ich ihn was fragen, aber ich weiß nicht, was. Das ist bescheuert. „Toshiya?“ „Ja?“ „Falls du Lust hast…könnten wir heut Abend zusammen Filme schauen. Hab mir vorhin noch ein paar DVDs gekauft.“ Ich bin ziemlich überrascht. Damit hab ich jetzt gar nicht gerechnet. „Hm...Klar hab ich Lust, warum nicht?“ Ich strecke mich und gähne leise. „Wann?“, nuschle ich. „Ist mir egal. Ich komm später einfach bei dir vorbei.“ „Okay.“ „Dann bis dann.“ Und schon hat er aufgelegt. Irgendwie ist heute ein komischer Tag und ich weiß nicht, was ich von dem allem halten soll. Ich lege das Handy weg und stehe auf. Echt seltsamer Tag. Ich schlurfe ins Bad und geh erst mal duschen. Danach mache ich meinen Verband neu. Zwar ist er nicht so schön wie vorher, aber immerhin ist er frisch. Ich lege ein Handtuch um meine nassen Haare und ziehe meinen Bademantel an. Der ist groß und flauschig und einfach toll. Die Zeit, bis Kyo kommt, verbringe ich mit Rumsitzen, Gammeln, Fernsehschauen. Aber mir ist nicht langweilig. Eigentlich weiß ich ja noch nicht mal, was Kyo für Filme mitbringt. Ob sie mir gefallen. Ob er überhaupt kommt… In dem Moment, wie soll es auch anders sein, klopft es. Ich bin gerade fertig mit anziehen und es passt ziemlich genau. Es ist kurz nach 20:00 Uhr, als ich ihm aufmache. „Hey.“ Er kommt rein und zieht Schuhe und Jacke aus. Die DVDs hat er in einer Stofftasche, die er in einer Hand hält. „Ich nehm mal an, dass du Chips da hast?“, fragt er und setzt sich auf mein Bett. Er schüttet die Tasche auf dem Bett aus. Es sind ziemlich viele Filme. „Hmmm..“ Ich kratze mich am Kopf und wusle Richtung Küche, Vorratsschrank. Zu meinem eigenen Erstaunen findet sich tatsächlich noch eine Packung, auch wenn sie bestimmt schon abgelaufen ist. Aber das ist jetzt auch egal. Damit und einer Flasche Sekt inklusive Gläser bewaffnet balanciere ich zurück zu Kyo. „Tut mir leid, mehr hab ich grad leider nicht zu bieten.“ Ich setze mich zu ihm und halte ihm den Sekt hin. „Machst du auf?“ „Für was ist der?“, fragt Kyo und nimmt ihn entgegen. „Einfach so. Ich dachte, das passt jetzt.“ Er zuckt nur die Schultern, macht ihn auf und schenkt ein. „Auf was stoßen wir an?“ „Ich weiß nicht…Auf unser Leben? Auch wenn es nicht wirklich lebenswert ist. „Ohja. Das ist gut.“ Kyo lacht leise, berührt mit seinem Glas meins und führt es dann zu seinen Lippen. Auch ich trinke einen Schluck. Ja, das ist wirklich gut. Ich lehne mich zurück und überlasse Kyo die Filmwahl. Eigentlich ist es ein schöner Abend. Wir unterhalten uns ruhig und ungezwungen. Über lockere, unwichtige Themen. Aber das ist wirklich gut so. Und ich spüre, dass er das auch braucht. Wenn Kyo mich nur nicht zwischendurch immer so anschauen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)