Schatten der Vergangenheit von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 17: Angeln ------------------ 9. "Mir geht es gut!", wehrte Iskander die helfenden Hände ab, als er den Tunnel im Hauptquartier der Self Defense Force wieder verließ. "Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben." Dabei versuchte er, mit festem Schritt zu marschieren und die Schwäche in seinen Knien zu verbergen. Es war niemandem hier damit genützt, wenn der Mann, der die Angriffe auf die GunSuit-Fabriken der Welt führen sollte, nicht mehr gehen konnte. Er wechselte einen schnellen Blick mit Yaten, die unauffällig nickte. Dann sah er zu Kano herüber. Auch der großgewachsene Japaner nickte unmerklich. "Kenichiro, schaffen Sie Ihre Verletzten ins Lazarett, instruieren Sie die Ersatzmänner und ergänzen Sie unsere Ausrüstung. Danach sollen die Leute ausruhen. In dreißig Minuten starten wir zum nächsten Einsatzziel." Kano salutierte. "Jawohl, Sir. Welches Ziel haben Sie im Auge?" "Das, dessen Position wir als erstes ermitteln werden." Die Russen, die Chinesen und die Briten hatten jeweils noch eine Fabrik, und wusste der Henker, wo sie noch überall auf der Welt gerade Fabriken errichteten. "Das wird dann wohl die russische Fabrik sein", sagte Motoki. Er trat hinzu und klopfte Akira auf die Schulter. "Ist das Staub, der da von deiner Rüstung aufsteigt?" "Asche. Immerhin bin ich tatsächlich in so einen verdammten Blaster reingelaufen", knurrte er als Antwort. "Aber meine Rüstung hat gehalten. Unsere Feinde sind nicht die einzigen, die sich weiterentwickeln." "Und hast du vor, uns mitzuteilen, wie du dich geschützt hast, oder hast du vor, jedem Sailor-Krieger den Lernerfolg zu belassen, sprich, ins Messer laufen zu lassen?" "Das ist schnell erklärt. Versetz deine Rüstung in Rotation. Dann hält sie mehr aus." "Interessant", erwiderte der blonde General. "Grundsätzlich lernt man zuerst einmal, die Rüstung stabil zu halten und sie daran zu hindern, eben nicht zu rotieren." Er lachte abgehackt. "Das erklärt, warum bei SailorMoon und den anderen manchmal die Röcke zu rotieren schienen, nicht?" "Jedenfalls ist das der ganze Trick", sagte Akira. "Ob es auch was nützt, wenn man von zwei Seiten oder mehr gleichzeitig beschossen wird, kann ich nicht sagen. Ich will es auch nicht rausfinden." Er runzelte die Stirn. "Die Russen, hast du gesagt?" "Die Russen." "Wo?" "Ich weiß nicht, ob dir das gefallen wird, aber die russische Basis, die GunSuits herstellt, befindet sich auf dem Grund des Aral-Sees." Akira zog eine Augenbraue hoch. "Du meinst den Grund des Aral-Sees, der freigegeben wurde, nachdem Wasserumleitungsprojekte den See nach und nach ausgetrocknet haben? Meines Erachtens nach eines der dümmeren Projekte der Sowjets." "Nein, ich meine den tatsächlichen Grund, den unter Wasser." Akira grummelte etwas Unverständliches und suchte sich einen Sitzplatz. "Ich will Michiru für den nächsten Einsatz." "Klar, eine wasseraffine Sailor-Kriegerin. Michiru und Haruka sind bereits auf dem Weg hierher. Dafür habe ich sie von Hokkaido losgeeist, wo sie Makoto und ihr Team unterstützen sollten." Er grinste schief. "Die beiden gibt es nur im Team." "Ist mir Recht. Ich kann mit ihnen umgehen, seit Haruka und ich uns beinahe gegenseitig umgebracht haben", scherzte Akira. "So? Auf die Geschichte bin ich aber gespannt", sagte Yaten mit gerunzelter Stirn. Akira lachte unsicher und sehr knapp unter diesem Blick. "Nächstes Thema. Wie sieht es bei Jeb und Minako an der Ostküste aus? Sind die Ballungsgebiete abgesichert? Wenn die Atom-Uboote zuschlagen und GunSuits ausschleusen, dann..." "Es stehen fast alle unsere GunSuits entweder schon an der Küste, oder sind bereit, um von hier einen Tunnel ins Einsatzgebiet zu nehmen." "Was ist im Fall dass die Amerikaner atomar bestückte Tomahawks abfeuern?", fragte Kano besorgt. "Ich denke, Jeb hat bewiesen, was er davon hält. Selbst die überschallschnellen Geschosse sind für ihn besseres Kanonenfutter, atomarer Gefechtskopf oder nicht." Motoki grinste schief. "Tomahawks schießen auch im Gegensatz zu einem GunSuit nicht zurück. Und wir können im Notfall zehn Leute mit Sailorkräften ins Einsatzgebiet bekommen. Und das in weniger als einer Minute." "Beruhigend zu wissen", sagte Iskander. "Wen soll ich für Michiru und Haruka hier lassen?" "Gut, dass du das ansprichst. Im Nordosten sammelt sich die erste Welle an Kampfflugzeugen und Bombern. Weit über eintausend Maschinen aus einem halben Dutzend Nationen. Wenn es hart auf hart geht, hätte ich Hotaru-chan gerne da oben. Wir rechnen immer noch mit GunSuit-Unterstützung für ihren Angriff." Akira lachte rauh. "Wenn du gesehen hättest, wie Hotaru mit dem amerikanischen Träger vor US-Samoa umgegangen ist, würdest du das vielleicht noch mal überdenken." "Oh, keine Sorge, ich habe es gesehen. Wir alle haben es gesehen. Und wir sind zu der Entscheidung gelangt, dass es sinnvoll ist, sie einzusetzen, denn wir haben auch gesehen, wie sie den Piloten der F-16, die ins Meer gerutscht ist, das Leben gerettet hat. Wenn du ihr also noch mal ins Gewissen reden könntest, Akira, dann..." "Du interpretierst etwas viel in diese Beziehung hinein. Es ist nicht gerade so, dass sie auf mich hören wird, nur weil sie dies einmal getan hat", schränkte Akira ein. "Nein, tue ich. Das geht in Ordnung", klang Hotarus Stimme hinter ihm auf. Gerade brach der Tunnel zusammen, der sie in den Pazifik gebracht hatte, um der US Navy die Chance zu nehmen, ihnen auf diese Weise zu folgen. Hotaru trat aus dem Energiegewitter hervor, als könne sie kein Wässerchen trüben. Das bisschen Energie, das einen Menschen durch Überschlagsblitze hätte töten können, war für sie auch wirklich nicht die Rede wert. Letztendlich war sie SailorSaturn. Sie verbreitete Tod; sie starb nicht selbst. "Wie, du hörst auf mich?", fragte Akira verdutzt. Die junge Frau zuckte die Achseln. "Ich denke, es schadet nicht viel, wenn du es erfährst. Im Moment bin ich, also ist mein Ich zu dieser Zeit noch ein Kind, das zwar zur jungen Frau evolvieren kann, aber immer wieder in den Zustand des Kindes zurückfällt, so als müsse mein Körper ruhen... Du wirst mein Vorbild sein, Akira. An dir richte ich mich auf, von dir lasse ich mich leiten. Von deinen Taten, deiner Tapferkeit, deiner Opferbereitschaft. Wenn also du mir etwas sagst, dann höre ich zweimal zu. Und wenn du meinst, ich soll versuchen, eintausend Menschen aus ihren brennenden und abstürzenden Flugzeugwracks zu retten, dann will ich das auch versuchen." "Ich fühle mich geehrt, dass ich dir Humanismus beibringen konnte, Hotaru-chan." Die junge Frau musterte ihn auf eine verstörend direkte Art. "Es ist nicht so, als hättest du es mich gelehrt." Sie zuckte die Achseln salopp und wandte sich um. "Ich gehe Usagi anrufen. Scheint so, als hätten wir beide sehr bald sehr viel zu tun." Akira sah ihr nach und massierte dabei mit der Rechten seine Stirn. "Verdammt, sie hätte zumindest lügen können", raunte er. "Was?" "Schon gut, Yaten, schon gut. Sie hört auf mich, also hoffen wir das Beste für die armen Männer und Frauen, die Japan angreifen, weil es ihnen befohlen wurde. Wir können keine Wunder von ihr erwarten, sicher nicht, aber Makoto ist ja auch noch da. Sie, Petzite, ihre Schwestern, und dann haben wir immer noch die Eingreifreserve." "Hoffentlich werden wir auch die Zeit und die Kraft haben, um so human zu sein, wir wir es sein wollen, Akira." Der weißhaarige Mann wandte sich der neuen Stimme zu. "Ich weiß, Yuichiro, wir sitzen viel zu tief in der Tinte, um..." "Nein, das ist es nicht. Aber nur Sieger können Gnade gewähren. Und da sehe ich uns noch nicht. Immerhin kämpfen wir gegen die ganze Welt, und das alleine." Sein ernster Blick war von einer Traurigkeit durchzogen, die jedem, der es sah, ans Herz ging. Warum hatten sich die Dinge so entwickeln müssen? Warum konnte die Welt kein friedlicher Ort sein, mit friedlichen Menschen, die friedlich miteinander kooperierten? Frei von Vorwürfen, Vorurteilen, Hass, Angst und dem unsäglichen Unwillen, andere Menschen kennenzulernen, um eben Vorurteile abzubauen? "General Leth!", rief ein junger Leutnant. Atemlos blieb er nach schnellem Lauf neben dem neuen Oberbefehlshaber Japans stehen. "General Leth, wir... Ich... Wir..." "Ruhig, Soma. Atmen Sie ein, aus, ein, aus. Dann erst sprechen Sie", mahnte Yuichiro. Der Soldat tat, wie ihm gesagt wurde. Endlich schöpfte er wieder Atem. "General Leth, der Generalstab bittet Sie um Ihre Anwesenheit. Die Australier möchten wissen, wo sie eingesetzt werden sollen." Erstaunt tauschten die Freunde Blicke aus. "Die Australier?", fragte Motoki. Der Leutnant grinste von einem Ohr bis zum anderen. "Und die Neuseeländer! Sie kommen mit einem Drittel ihrer Flotte hoch und erreichen in drei Stunden Okinawa! Sie haben gesagt, sie sehen sich auf der Seite des US-Präsidenten, nicht auf der Seite der Putschisten, daher unterstützen sie General Young! Außerdem sind fünfhundert Kampfjets auf dem Weg zu uns, ebenfalls Australier! Sie bitten um Instruktionen und Luftbetankung!" "YES!" Akira war aufgesprungen, und sein Körper schien vor Energie regelrecht zu vibrieren. Kleine Überschlagsblitze aus der Energie, die Sailorkrieger antrieb, huschten über seine Uniform hinweg. Wie alle anderen wusste er, dass die internationale Front damit eine Bresche erlitten hatte, die nicht wieder zu kitten war. Ein ganzes Land hatte sich auf ihre Seite gestellt, eigentlich zwei Länder. Damit waren Japan und das SilverMillenium nicht mehr länger isoliert. "Haben Sie noch mehr so gute Nachrichten?" "Südafrika bedauert, uns nicht unterstützen zu können, aber das Land will diplomatischen Druck auf die angreifenden Nationen ausüben", sagte der junge Offizier. "Das ist aber noch nicht der letzte Stand. Die afrikanische Föderation diskutiert noch, aber in dieser Stunde wird eine Resolution verabschiedet, die Serenity-sama voll unterstützt!" "Einen Tag!", rief Motoki enthusiastisch. "Einen Tag widerstehen, und die Welt sieht für uns schon anders aus! Wenn die Angreifer erst mal diplomatisches Feuer von allen Seiten kriegen, versiegt auch ihr Antrieb für den Angriff!" "Na, na, nicht ganz so enthusiastisch", mahnte Yuichiro, konnte aber ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken. "Es ist ein Anfang, aber nicht das Ende dieses Konflikts. Konzentrieren wir uns also zuerst darauf, die russische GunSuit-Fabrik zu vernichten. Danach sehen wir weiter, okay?" Akira nickte. "Einverstanden." Auch die anderen bestätigten mit bejahenden Gesten. "Wenn mir jetzt jemand einen verdammten Grüntee beschaffen könnte, oder noch besser einen dreifachen Espresso...", brummte Akira. "Das eine oder andere Vergnügen sollte ich wohl besser noch mitnehmen." "Was hast du gesagt?", fragte Motoki irritiert. Ein japanischer Soldat erschien mit einer Cappucchino-Tasse. "Ein dreifacher Espresso für General Iskander", verkündete er stolz. "Zwar nur Maschinengezapft, aber dafür frisch und heiß." "Danke, Sergeant." Mit einem Lächeln nahm er die Tasse entgegen. Dann sah er Motoki an. "Ich habe gesagt, dass ich glücklich bin." "Da habe ich, glaube ich, aber was anderes gehört", erwiderte der blonde General skeptisch. *** Je näher die nordkoreanischen Flieger dem Leiterpunkt Alpha kamen - jener streng geheimen Position, die im Zuge der Weltrevolution als Sammelpunkt der aufrechten kommunistischen Kräfte geplant worden war, als es noch eine Sowjetunion gegeben hatte und die Chance auf die Vernichtung der Kapitalisten möglich gewesen war, desto unwohler fühlte sich Park Sung-kee. Das lag nicht nur daran, dass ein Großteil der Kampfmaschinen amerikanische Modelle waren, deren Silhouetten er als Feinde verinnerlicht hatte. Es war vor allem der Zweifel daran, ob er tatsächlich das Richtige tat. Sie griffen hier das SilverMillenium an! Prinzessin Serenity! Jene Frau, die im letzten Jahr mehr für die Aussöhnung von Norden und Süden getan hatte als drei Generationen an Politikern! Selbst das Staatsfernsehen hatte sie gepriesen, bis... Ja, bis der Einsatzbefehl gekommen war. Seither lief selbst im Radio, das er hörte, die gleiche Hetze, die auch auf den südkoreanischen Frequenzen erklang und die Millenier als Invasoren und Serenity-sama als Despotin bezeichnete. Sung spürte, wie seine Hände zitterten. Verdammt! Er fasste nach. Was tun? Was konnte er tun, was durfte er tun? Für ihn war es offensichtlich, dass das Kapital einen Weg gefunden hatte, ausgerechnet die nordkoreanischen Truppen, ihre Todfeinde, zu instrumentalisieren. Und das hieß, dass sie die Oberen in der Tasche hatten, eventuell sogar den Präsidenten. Darüber hinaus, was passierte, wenn er den Befehl verweigerte? Seine Frau, seine Tochter, was würde mit ihnen geschehen? Er würde sie nicht einmal vorwarnen können. Und vielleicht waren sie auch schon längst in der Gewalt der Kapitalisten... Im Moment war einfach alles möglich. "Park Sung-kee, was denkst du, was wir...", klang die Stimme eines anderen Staffelchefs auf, Seong Lei-wen, dem Anführer des "Roten Marschs". "Ich denke, dass wir Befehle haben, Lei", erwiderte er barsch. "Auch, wenn sie dem einen oder anderen nicht gefallen." "Schön, dass du deine Loyalität so herausposaunst, aber das wollte ich nicht fragen. Auch wenn es naheliegt", klang die spöttische Stimme des Kameraden auf. Indirekt gab er damit zu, selbst über ihre Befehle nachgedacht und diese kritisch betrachtet zu haben. Erstaunlich für einen Elite-Offizier wie ihn. Oder auch für Park selbst. "Sondern?" "Sondern warum am Leiterpunkt Alpha gekämpft wird." "Was?" Park checkte seine Ortung und sah mit Erstaunen, dass in diesem Moment ein Flugzeug abstürzte, als es von zwei amerikanischen Mavericks getroffen wurde. Erstaunlich daran war, dass es eine südkoreanische Tigris war. "WAS?" Nun schien am Leiterpunkt vollends das Chaos auszubrechen. Noch mehr Raketen wurden abgefeuert, Piloten jagten einander im Dogfight, die Grenzen zwischen den Nationalitäten verschwammen, als sich ein Tigris, zwei F-18, ein europäischer Tornado und zwei MiG-27 als Halbstaffel formierten, die sich über das Heer von über eintausend Kampfflieger erhob. "Achtung, hier spricht Major Lebev von den russischen Streitkräften. Ich, mein deutscher Kollege Oberst Schneider, mein koreanischer Kollege Major Lee und mein amerikanischer Kollege Captain Harris haben uns zusammengetan, um folgendes zu erklären: Wir erklären uns mit der militärischen Entscheidung unserer Anführer als nicht einverstanden. Wir werden nicht militärisch gegen das SilverMillenium oder die japanischen SVS vorgehen. Wir werden auch nicht dulden, dass dies jemand anderes tut, soweit dies in unserer Macht steht. Wir bitten all jene, die denken wie wir, auf unsere erhöhte Position zu kommen und sich uns anzuschließen. Alle anderen bitten wir, den nächsten ihnen freundlich gesonnenen Flughafen anzufliegen und unnötige Kämpfe zu vermeiden wie jene, die schon elf Abschüsse verursacht haben. Wir sind bereit, für unsere Überzeugung und für Prinzessin Serenity zu kämpfen, aber wir werden nicht den ersten Schuss abgeben. Major Lebev Ende." Park saß in seinem harten Pilotensitz wie paralysiert. Er konnte nicht fassen, nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Hatten diese Männer keine Verpflichtungen, keine Familie, die sie zurückgelassen hatten? Sein Körper war stocksteif, nur die Hände zitterten, als er den Steuerknüppel nach hinten zog, damit seine Maschine steigen konnte. "Park! Was tun Sie? Greifen Sie noch nicht an!", klang Seongs Stimme im Funk auf. "Ich greife nicht an", erwiderte er mit sich überschlagender Stimme, die seine sich überschlagenden Emotionen spiegelte, "ich schließe mich ihnen an!" "Autschverdammtnochmal! Park, denken Sie an ihre Frau! Ihre Tochter! Ihre Eltern!" "Das tue ich ja! Das tue ich! Und deshalb muss ich jetzt das Richtige tun!" Nervös beobachtete er seine Instrumente, aber keiner seiner Kameraden machte die Waffen scharf oder schaltete die Zielerfassung auf ihn. Umso erschrockener war er, als direkt links von ihm eine baugleiche Maschine hochzog und seinen Steigflug begleitete. "Das Richtige, eh?", klang erneut Seongs Stimme auf. "Ich schätze, sie können nicht alle unsere Verwandten deportieren oder gar töten. Und wenn wir jetzt und hier nicht handeln, sieht ihre Zukunft ohnehin düster aus." Weitere Kampfjets schlossen zu ihnen auf. "Nordkoreanische Luftverbände!", rief eine Stimme über den offenen Kanal, und schon glaubte Park den näselnden Tonfall seines Leitstandleiters zu erkennen, der ihn tadeln und dann bedrohen würde, damit er seinen ursprünglichen Auftrag wieder aufnahm. "Hier spricht die Osan Air Base. Wir bieten allen nordkoreanischen Fliegern auf der Seite des SilverMilleniums einen sicheren Landeplatz und eine Möglichkeit zum Nachtanken an. Dies ist die erste und die beste Stunde, um einmal für eine gute Sache zusammenzuarbeiten, die uns allen zugute kommt." Park musste lachen. Vor Erleichterung. Vor Freude. "Osan Air Base, wir nehmen dankend an." Weiter schlossen sie auf, gewannen wie hunderte andere Maschinen an Höhe, um die Führungsgruppe zu erreichen. Eine Gruppe neuer Blips auf dem Radar weckte Parks Argwohn. "Sung-kee, da..." "Schon gesehen, Lei-wen! Das sind keine Kampfflieger! Das sind GunSuits! Sie kommen aus Nordosten!" "Wladiwostok?", argwöhnte der andere Pilot. "Hier spricht Major Lebev! Viele werden die neuen Blips bemerkt haben, die auf uns zustreben! Dies sind feindlich gesinnte GunSuits! Ich wiederhole, feindlich gesinnte GunSuits! Wir splitten uns auf und ziehen rottenweise davon, damit wir nicht en gros von den Pulserwaffen vernichtet werden können!" Beinahe sofort folgte Park der Anweisung. "Aufteilen, aufteilen! Kollisionen vermeiden!" "Aber es haben sich noch nicht alle Flieger für eine Seite entschieden!", brachte jemand ein. Tatsächlich war der Pulk jener, die unter ihnen flogen und augenscheinlich ihren Befehlen folgen wollten, auf ein Fünftel geschrumpft, aber noch immer zogen Flugzeuge höher. Von einem Teil der restlichen Kampfjets, etwa zwanzig an der Zahl, stieg eine erkleckliche Anzahl hitzesuchender Raketen auf. Leider gerieten die meisten von ihnen in Pulserjets, die von den GunSuits abgefeuert wurden, ihrerseits auf der Jagd nach den Maschinen, die nun ausfächerten und aus dem Kurs brachen. "Yeowww!", entfuhr es Park, als der Lichtblitz eines Pulsers auf seiner Netzhaut nachbrannte. Sekundenlang sah er den armdicken Balken neben seiner Maschine stehen, bevor er das Entsetzen zurückgedrängt hatte. Das war knapp gewesen, viel zu knapp. "Feuer frei, sobald Ihr eine Ziellösung habt, Rote Fahne!", rief er seinen Leuten zu und drückte die Maschine noch ein Stück seitwärts. Aber sie reagierte nicht. Es kam auch keine Antwort von seinen Leuten. Er sah in den Rückspiegel und keuchte entsetzt auf. Der Strahl, den er gesehen hatte, hatte sein Heck abgeschnitten und den rechten Flügel kastriert. Dass er überhaupt noch flog, und das geradeaus, war ein mittelschweres Wunder. Aber eine einzige Böe würde ihn aus der Bahn werfen, seine Maschine abstürzen lassen. "Eject!", brüllte er in den Funk, der für ihn längst taub war. Dann griff er nach der Lasche, mit der er die Treibpatrone für das Kanzeldach und den Schleudersitz aktivierte und zog sie über den Kopf hinweg. Er machte den Rücken steif, wie er es gelernt hatte und wartete auf den unvermeidlichen Ruck, der ihn hinausschoss, zwanzig, dreißig Meter über dem zum Tode verurteilten Jet. Die Kanzel wurde abgeschossen. 'JETZT!', dachte er. Aber nichts geschah. Stattdessen, beeinträchtigt von der Treibladung, begann sein Jet zu taumeln. Er stürzte ab. An Orientierung war jetzt nicht mehr zu denken. Verzweifelt zog er erneut an der Lasche, versuchte dann die zweite zwischen den Beinen, aber die Treibladung zündete nicht! Verdammt, sollte er das überleben - und er nahm sich sehr fest vor, das zu tun - dann würde seine Wartungscrew einen Anschiss erleben, der sich gewaschen hatte! Park griff nach dem Steuerknüppel, versuchte, die anderthalb Tragflächen zu nutzen, die Maschine wieder ruhig zu halten und so etwas wie eine Notlandung auf dem Wasser hinzukriegen. Als Ergebnis riss die bis dato stabile Tragfläche direkt am Rumpf an. Nun war nur noch eines angesagt: Grenzenlose Verwunderung. Park Sung-kee blinzelte überrascht und schob das Helmvisier hoch. "Bin ich tot und im Himmel?" Das braunhaarige Mädchen lächelte ihn zuckersüß an. "Danke, das hört eine Frau doch gerne. Nein, Sie leben noch, Captain. Ich habe mir erlaubt, Sie aus Ihrem abstürzenden Flugzeug zu retten und zum Glück ist noch an Ihnen alles dran. Ich bin..." "SailorJupiter!", stieß er erstaunt hervor. Bis er merkte, dass sie ihn im Prinzessinnengriff auf den Armen hielt. Und dass es eine dumme Idee gewesen wäre, dagegen zu protestieren, denn sie schwebten beide rund fünfhundert Meter über dem schäumenden Meer. "Richtig. Wenn uns tapfere Nordkoreaner zu Hilfe eilen, dann werden wir diesen Wagemut nicht damit belohnen, dass wir euch sterben lassen. Oder einen der anderen Piloten." Ihre Augen wurden zu engen Schlitzen. "Nicht, nachdem Ihr euch ohne jede Spur von Sailor-Kräften gegen diesen übermächtigen Feind gewandt habt." Direkt vor den beiden erschien Berthierite. Die junge Frau mit den weißen Haaren griente fröhlich. "So, das war Nummer siebzehn. Gibst du mir den da auch?" Verwirrt starrte Park die ehemalige Schwester des Bösen an. "Was?" "Seit Ihr hier untereinander herumballert", erklärte Makoto, "sind wir in der Gegend und retten euch aus euren abstürzenden Maschinen. Wir bringen sie mit Hilfe eines Dimensionstunnels aufs Festland nach Hokkaido zu unseren Verbündeten." Sie kniff lächelnd die Augen zusammen. "Ich sagte doch, wir lassen niemanden sterben." Makoto reichte den ausgewachsenen Mann an das zierliche Mädchen weiter. Die hielt ihn ohne jedes Zeichen von Anstrengung. "Na, dann will die Mama den Kleinen mal in Sicherheit bringen." Makoto hielt sie mit einer Handbewegung zurück. "Warte noch." Sie deutete auf die Flieger, die sich nun weiträumig aufgeteilt hatten. Strahlbahnen der GunSuits zuckten zwischen den Maschinen hin und her, machten keinen Unterschied, auf welcher Seite sie waren und trafen hier und da. Manchmal wurde der Strahl reflektiert und in tausend Richtungen gestreut, als harmloses Feuerwerk. "Wir sind fünf Personen mit Sailor-Fähigkeiten hier, und wir versuchen uns Bestes, alle zu retten, wirklich alle", sagte sie mit einem Lächeln, das immer schmaler wurde. "Auch wenn es unsere Arbeit schwerer macht. Aber wenn wir jetzt nicht zu unseren Prinzipien stehen können, was waren dann all unsere früheren Kämpfe wert, was war ihre Bedeutung?" SailorJupiter legte eine Hand an das rechte Ohr. Dort befand sich ein millenisches Funkgerät, fast unsichtbar für das bloße Auge. Ihr Lächeln wurde zu einem triumphierenden Grinsen. "Hast du es auch gehört, Berthierite?" Das weißblonde Mädchen grinste frech. "Habe ich. Die GunSuits sind also die unbemannten Modelle. Ich weiß nicht so recht, ob es mich nervös machen sollte, dass die Russen das Prinzip der selbstständig agierenden Rüstungen so schnell adaptieren konnten." "Es sollte dich beruhigen. Auf unbemannte Rüstungen müssen wir keinerlei Rücksicht nehmen", sagte Makoto. Um ihre Rechte sammelte sich pure Energie, bildete eine Kugel von der dreifachen Größe ihres Kopfes. Und die Kugel wuchs noch weiter, bis sie die doppelte Größe erreicht hatte. "Jupiter Blast!" Ihr Arm schoss nach vorne, die Energie verließ ihre Hand. Rasend schnell schoss der Blast auf die fernen GunSuits zu. Bevor die unbemannten Maschinen reagieren konnten, war die Kugel mitten unter ihnen. SailorJupiter schloss die Rechte, und dies löste eine Detonation aus. Die Kugel expandierte rapide, verschlang alles im Umkreis von drei Kilometern mit ihrem Licht. Dann erlosch sie und hinterließ eine Serie von kleineren Explosionen. "Ein paar sind mir entwischt", sagte Makoto enttäuscht. "Ja, sehe ich", erwiderte das weißblonde Mädchen. "Aber Calaverite und Petzite sind schon dran." Park schluckte hart. Er konnte auf die Entfernung gerade mal die Explosionswolken erkennen, die alles waren, was von den angreifenden GunSuits übrig geblieben war, und das auch nur, weil sie fünfzig oder gar sechzig Meter durchmaßen. Und diese Mädchen sahen Details? Abgesehen davon, nach der Detonation von SailorJupiters Hauptangriff war er plötzlich sehr, sehr sicher, dass er die beste Entscheidung seines Lebens getroffen hatte, sich eben nicht gegen das SilverMillenium zu stellen. Ihm wurde klar, wie sanft und vorsichtig die SailorKrieger die ganze Zeit vorgegangen waren, seit der Knflikt eskaliert war. Bei dieser Macht konnten sie es sich leisten. "So, ich bin dann mal weg", sagte Berthierite, salutierte gespielt mit dem Arm, der Parks Oberkörper stützte, und verschwand dann im Tunnel. Definitiv die beste Entscheidung seines Lebens, gleich nach seinem Antrag an seine Cheul. *** Wer das einsame Paar an Nojimazaki Lighthouse so sah, der dachte vielleicht an ein verträumtes Pärchen, das sich von der Gefahr, in der ganz Japan schwebte, nicht die Laune verhageln ließ. Wer etwas näher herantrat, hier, auf der Pazifikseite der Bousou-Halbinsel, die auf der Westseite die Tokio-Bucht einschloss - eine gute Entscheidung, hier einen Leuchtturm zu bauen, der den Schiffen den Weg zur relativ schmalen Einfahrt zur Bucht von Tokio wies - der erkannte oder glaubte zumindest, dass es so war, den internationalen Popstar Minako Aino, die stark mit dem SilverMillenium verbunden war, sowie ihren Manager und Lebensabschnittsgefährten Jed Smith, die in trauter Eintracht auf die Wellen sahen. Weiteren Gerüchten zufolge war Minako Aino in Wirklichkeit die gefürchtete, aber auch hoch verehrte Stilikone und SailorKriegerin SailorVenus, und noch mehr Gerüchte wollten wissen, dass sie zuvor als SailorV unterwegs gewesen war, um Frieden und Liebe zu verbreiten - und dem Bösen den Arsch zu versohlen, was, zugegeben, etwas von dieser Politik abwich. Wer noch näher herantrat, der bemerkte einen Kordon von Soldaten, Marine-Infanterie in Regimentsstärke, die ein gutes Stück abseits der kleinen Halbinsel postiert waren, auf der der Leuchtturm stand. Aber wenn man sie einmal entdeckt hatte, waren sie unüberschaubar. Allen gemein war, ob Männer, ob Frauen, dass sie vollkommen unjapanisch grinsten. Hätten sie keine Helme gehabt, das Grinsen hätte locker einen Kreis einmal um den Kopf beschreiben können. Der Grund für dieses Grinsen war weniger das prominente Paar vor ihnen (wobei Jed Smith nachweislich der Mann war, der die Raketen der angreifenden amerikanischen Jagdflieger so beeindruckend und medienwirksam ausradiert hatte), es hatte andere, tiefgreifendere Gründe. Und wer diese Gründe kannte, auf der Seite des SilverMilleniums war und im Idealfall Japaner oder in Japan lebender Koreaner, der musste ebenfalls grinsen. Der alte Mann, der seinen Hund Gassi führte und peinlich genau darauf achtete, dass kein noch so kleines Häufchen zurückblieb, wo es nichts zu suchen hatte, wirkte unscheinbar mit der abgewetzten Hose, dem groben Wollpulli in hässlichem Grün und den abgelaufenen Getas an den Füßen. Kaum einer hätte einen Yen darauf gesetzt, dass dieser Mann bis vor wenigen Jahren einen der größten und erfolgreichsten Wirtschaftstrusts Japans, wie man große Firmenkonglomerate nannte, geführt hatte und dabei Milliardär geworden war. Aber was war schon Geld? Man hatte es, und dann redete man nicht drüber, oder man hatte es nicht, und redete, und redete und redete. Jedenfalls war dieser Mann mehrfacher Milliardär, und wir redeten hier nicht von Yen, sondern von Dollar. Selbst als Euros under Hong Kong-Dollar hatte sein Vermögen zehn Nachkommastellen. Aber alles, was der alte Mann in seinem Ruhestand wollte, war, seinen Hund Gassi zu führen, die Luft zu genießen und darauf zu hoffen, dass das SilverMillenium ganz Japan jene Zeiten ersparte, die er selbst noch als Kind miterlebt hatte, als der Krieg auf sein Heimatland übergegriffen hatte. Nachdem, zugegebenermaßen die strikten Regeln und die rigorosen Handlungen japanischer Soldaten genug Zwietracht, Hass und Ärger gesäht hatten. Von den Kriegsverbrechen mal ganz abgesehen, aber wenn er ehrlich war, gab es nicht eine einzige Armee auf der Welt, deren Angehörige nicht in irgendeiner Form von geächteten Tätigkeiten involviert gewesen waren. Das machte sie nicht besser, aber es machte alle irgendwie gleich schuldig. Halt, eine Armee gab es, die keine Kriegsverbrechen begangen hatte. Noch nicht. Das SilverMillenium. Tatsächlich hatten die SailorKrieger bisher ihr bestes gegeben, um selbst ihre Feinde noch zu retten, und das ließ den alten Mann hoffen, hoffen, dass dieser Konflikt anders werden würde. Dass er ohne Millionenfachen Tod, oder Millionenfaches Leid enden würde. Nicht, dass er wirklich auf dem Laufenden war. Nicht, dass er den Nachrichten wirklich viel Beachtung geschenkt hatte. Er war alt, und wenn das Schlimmste geschah, dann tat es ihm nur um Bazou leid, seinen Chiba Inu-Rüden, der noch mindestens zehn Lebensjahre vor sich gehabt hätte. Der Rest war ihm reichlich egal. Ein Privileg des Alters, derart egozentrisch zu sein. Dementsprechend erkannte er die beiden nicht, als er an ihnen vorbei ging, den Hund an der Leine. Bazou fiepte aufgeregt und zerrte an der Leine. Der alte Mann gab nach, und der Hund eilte, so schnell es die Leine zuließ, auf Minako zu. Heftig mit dem Schwanz wedelnd versuchte er, der jungen Frau, die sich zu ihm heruntergebeugt hatte, das Gesicht abzulecken, was sie mit einem erfreuten Lachen quittierte. "Bazou, lass das. Das ist unhöflich", wies der alte Mann seinen Hund zurecht. "Nein, schon gut. Minako mag Hunde, obwohl sie eigentlich mehr ein Katzentyp ist", sagte Jedithe mit einem dünnen Lächeln. "Nicht, dass sie da großartig eine Wahl gehabt hatte." Und gut, dass Artemis, ihr weißer Kater, bei diesem Ausflug nicht dabei war. Artemis hasste Hunde, die er nicht kannte. Es war zu schwierig, sie zu erziehen, wie er immer zu sagen pflegte. Tatsächlich hatte er bisher noch jede Rauferei für sich entschieden, auch ohne seine speziellen Kräfte einzusetzen. Dennoch, gut, dass der Chiba Inu nicht aggressiv auf den Geruch des Katers an Minako reagierte. "Du bist aber auch ein Süßer", säuselte sie und streichelte dem Tier über den Kopf. Der alte Mann sah das Lächeln des Mannes, die Freude im Gesicht des Mädchens, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich dazu in der Lage, mit seiner Umgebung mehr zu tun als Belanglosigkeiten auszutauschen. "Hört mal, Ihr zwei, eventuell solltet Ihr nicht hier am Strand bleiben. Vielleicht solltet Ihr hoch nach Chiba fahren, wo es sicherer ist. Ich hörte, die SVS verteidigt die Stadt, und es soll dort auch SailorKrieger und GunSuits geben." Die beiden sahen sich verdutzt an, bevor sie gemeinsam dem alten Mann ein Lächeln schenkten. "Schon in Ordnung. Wir sind selbst Krieger des SilverMilleniums." Der Hund schnaubte dazu, dass es klang, als würde er ihre Worte bestätigen. "Ihr seid was?", fragte dieser verblüfft. "Krieger des SilverMilleniums. Ich bin SailorVenus, und dies ist Jedithe, unser treuer Verbündeter, der Serenity geholfen hat, die Erde vom Eispanzer zu befreien." "Oh", machte der alte Mann, sichtlich überfordert. "Und was tut Ihr hier?" "Wir verteidigen Japan, natürlich", erklärte Jedithe lapidar. "Von hier?", fragte der alte Mann stirnrunzelnd. "Ist doch eine gute Position. Wir können einen Großteil der Einfahrt zur Bucht von Tokio einsehen und haben zudem freien Blick auf den Pazifik. Für unsere Aufgabe ein sehr guter Platz", erklärte Minako, während sie den Chiba Inu anhob und an sich drückte. "Eure Aufgabe?" Wieder grienten die beiden, doch diesmal füreinander. "Wir angeln", erklärte Jedithe. "Das macht uns wohl zum ersten Angelclub des SilverMilleniums", fügte Minako hinzu. "Ihr angelt?", fragte der alte Mann fassungslos. "Und damit verteidigt Ihr Japan?" "Es kommt eben ganz darauf an, wonach man angelt", dozierte Minako, nich immer grienend. "Ich gehe auf Tiefseefische, und Jed angelt fliegende Fische." "Mir will immer noch nicht in den Sinn, wie das Japan helfen soll", platzte es aus dem alten Mann hervor. In diesem Moment erschien Rose vor den beiden wie aus dem Nichts. Wie alle, die je von Demon Seed besessen waren oder auch nur gewesen waren, hatte dies eine Erweckung ihrer Sailor-Fähigkeiten zur Folge gehabt, die auch nach ihrer Befreiung von der Seed noch aktiv geblieben war. "Jedithe-sama, Minako-chan", sagte sie und deutete eine Verbeugung an. "Targethia und Chrysanthia treiben das dritte U-Boot vor sich her. Es wird in drei Minuten in deiner Reichweite sein, Minako-chan. Und wahrscheinlich wird es vorher die GunSuits ausschleusen, eventuell Harpoons abfeuern wie das letzte Boot." "Also los, angeln wir", rief Minako freudig. Jedithe nickte dazu. "Geh zurück und hilf ihnen. Nicht, dass unsere sichere Beute nach Osten schwenkt und in den Tiefen des Pazifiks abtaucht." "Verstanden, Jedithe-sama!" Die junge Frau verneigte sich erneut und verschwand, als hätte es sie nie gegeben. "Sag mal, muss sie dauernd Sama sagen?", murrte Minako. "Ich habe ihr gesagt, sie muss mich nicht Sama nennen. Dieser Suffix passt nicht mehr zu mir. Aber sie will es so haben", seufzte Jedithe. "Als wenn ich je etwas getan hätte, was meine Erhöhung gerechtfertigt hätte." "Du meinst solche Dinge wie gegen Echitron zu rebellieren, das Seelenschiff zu vernichten und die Welt zu retten?", fragte das Mädchen augenzwinkernd. "Aber das waren doch wir alle!", wandte Jedithe ein. "Aber du hast sie angeführt, deine Seed-Generäle." "Dennoch. Ich finde, es steht mir nicht zu. Damals, als ich noch ein verblendeter, machtgieriger Despot unter Beryll-samas Einfluss war, ja, aber hier und jetzt und heute?" Minako tätschelte seine Wange. "Sieh es doch mal so: Vielleicht hast du dir das Sama durch deine Taten längst wieder verdient. Und jetzt sag mal des SVS Bescheid. Ich bereite mich vor." Bedauernd setzte sie den Hund ab. "Mein Herr, es ist wohl das Beste, wenn Sie hinter uns bleiben, bis die Sache vorbei ist." "Du meinst das Angeln, junge Dame?" "Ja, das Angeln." Bei diesen Worten sprühten ihre Augen vor Schalk und Charme. "Gun-so Kakuta!", brüllte Jedithe. "Ja, Jedithe-sama?", antwortete ein Mann, der mit weiteren Leuten in Fleckentarn am Leuchtturm stand. Minako feixte ihm zu, was der blonde Mann auffällig unauffällig ignorierte. "Geben Sie den Teams Bescheid! Kunde Nummer drei kommt!" Der Mann ließ ein unmilitärisches Lachen hören. "Verstanden, Jedithe-sama! Habt Ihr gehört, es gibt wieder zu tun, Leute!" Unmilitärischer Jubel erklang von jenseits der kleinen Halbinsel vom Bouzou-Festland und offenbarte dem unbedarften Beobachter die Anweisenheit der restlichen Truppen der SVS Japans in Regimentsstärke. Verblüfft sah der alte Mann auf die knapp zweitausend gut ausgerüsteten Männer und Frauen, die in hektische Aktivität ausbrauchen. "Was, sagtet Ihr, macht Ihr hier gleich noch mal?" "Wie ich schon sagte, wir fischen. Ich gehe auf Tiefseefische und Jedithe auf fliegende Fische", antwortete Minako lachend. "Feuerherzen!" In ihrer Hand entstand eine Kette aus goldenen, rot umloderten kleinen Herzen, die eine Kette bildeten. Dann war es soweit. In der Ferne explodierte etwas auf dem Meer, und man konnte schwach zwei weit entfernte Punkte sehen, die mehrere Dutzend Meter in der Luft schwebten. Von ihnen gingen unregelmäßig Energiebahnen ins Wasser, die daraufhin diese heftigen Detonationen auslösten. Plötzlich durchbrach der Bug eines Unterseebootes der Los Angeles-Klasse die Wasseroberfläche, öffnete ihre Raketenklappen und begann mit einem Überwasserabschuss. Auch diesmal, wie die letzten beiden Male, schoss das U-Boot keine Raketen ab, sondern GunSuits. "Ayoka soll sich bereit machen!", rief Jedithe nach hinten. "Es sind diesmal mehr, er wird seine Verstärkungen brauchen!" "Verstanden!", rief Kakuta zurück. Wie als Antwort auf seine Worte erhoben sich rund dreißig Rüstungen der SilverMillenium-GunSuit-Klasse auf ihren lodernden Energiebahnen in den Himmel und strebten ihren amerikanischen Gegenstücken zu, die nun fast die Zahl von zweihundert erreicht hatten. "Achte mir bloß auf die Raketen", sagte Minako konzentriert. Sie warf ihre Feuerherzenkette, die sich in diesem Moment um etliche Kilometer verlängerte. Das vordere Ende peitschte auf das U-Boot heran, traf den Bug und wickelte sich mehrfach darum. "Ich habe es!", rief sie triumphierend. Minako griff mit beiden Händen zu und stemmte sich in die Kette hinein. "Und jetzt holen wir den Burschen mal an Land!" Über ihnen griffen Ayoka und seine Leute die GunSuits an, wichen den gegnerischen Blasts aus und feuerten ihrerseits Miniraketen und eigene Blasterschüsse ab. Es entwickelte sich ein vehementer Luftkampf, bei dem aber verdammt schnell abzusehen war, dass die amerikanischen GunSuits heillos unterlegen waren. Das Unterseeboot, fest im Griff der Sailorkriegerin, feuerte Stinger-Raketen ab, so schnell es die Abschussrampen zuließen, um die eigenen Suits zu unterstützen, aber die SVS hatte eigene Abwehrbatterien und antwortete mit Lasergestützten Gatlings und eigenen Raketen. Die, die durch kamen, wurden von den GunSuits aus der Luft gewischt, als wären es keine gefährlichen Gefechtsraketen, die Kampfjets zerstören konnten, sondern lediglich lästige Insekten. Minako indes zog an der Kette, suchte nach sicherem Stand und zog erneut. Das U-Boot machte einen kräftigen Ruck und schlitterte auf die Küste zu. "Links oder rechts, Kakuta-san?", rief sie über die Schulter hinweg. "Rechts von Ihnen aus gesehen, SailorVenus-sama! Die Leute dort haben gerade Zeit!", rief der Gun-so fröhlich zurück. Das war bei weitem die beste Invasion aller Zeiten, wie er fand. "Okay, also nach Rechts!" "Das Männer-Rechts, nicht das Frauen-Rechts", mahnte Jedithe. "Sehr witzig", murrte sie und stemmte sich derart in die Kette, dass Kette und damit das U-Boot einen Drall nach Süden bekamen, auf Minakos rechte Seite. Das Schiff, noch mehrere hundert Meter vom Strand entfernt, begann seitlich auszubrechen und auf der ganzen Breite seines Bugs davon zu schlittern. Dabei umrundete es die vorgelagerte Halbinsel des Leuchtturms und lief schließlich am südlichen Strand auf Grund. Nun öffneten sich weitere Klappen und spien diesmal Raketen aus. "Na, dann muss ich wohl", murmelte Jedithe, gab der Freundin einen flüchtigen Kuss und verschwand, nur um über dem U-Boot wieder aufzutauchen und in bewährter Manier die Raketen einzusammeln. Jene, die er nicht erreichen konnte, weil er bereits die Arme voll hatte, drückte er mit seinen Fähigkeiten auf die hohe See und zerquetschte sie dort bis zur Detonation. Minako indes blieb nicht untätig. Sie löste die Feuerherzenkette von ihrer Beute, zog sie zu sich zurück, wo sie wieder normale Größe einnahm, und schleuderte sie erneut. Wieder streckte sich die Kette, überwand die Distanz bis zum Unterseeboot und traf das Heck. Minako zog stramm, und die Kette zog einmal eine Spur über das Heck, ging quer über den Turm und raste den Bug entlang. Dann schnellte sie wieder in ihre Hand. Voller Unglauben sah der alte Mann, wie das U-Boot auf unheimliche Art knirschend, der Länge nach aufplatzte. Beide Hälften drifteten auseinander und fielen schließlich zur Seite. Sofort eilten SVS-Marines herbei, erklommen mit Steighilfen und Leitern die halbierten Teile des Bootes und enterten, um die vollkommen überraschte, paralysierte und sicherlich zu Tode geschockte Besatzung festzunehmen. Als er aber genauer hinsah und auch den Blick nach Norden richtete, erkannte er zwei weitere U-Boote, die auf diese Weise misshandelt worden waren. "Ihr fischt ja wirklich!", rief er erstaunt. "Und es ist erschreckend effizient für die Verteidigung Japans!" "Sag ich doch", erwiderte Minako grinsend und zeigte dem alten Mann mit Zeige-, und Mittelfinger der Rechten das Sieges-V. Plötzlich druckste der alte Mann verlegen. "Äh, haben solche U-Boote nicht einen Nuklear-Reaktor?" "Keine Sorge, ich habe die Reaktionskammer ausgespart", erklärte die blonde Frau. "An so was habe ich nachtürlich vorher gedacht." "Na, dann ist ja gut." Er starrte einige Zeit lang auf das halbierte U-Boot und wie die ersten Gefangenen abgeführt wurden - es war mehr ein Bergen als ein Abführen, fand er - bis er sich ein Herz fasste. "Wie kann ich helfen?" Minako seufzte leise. "Ich weiß nicht, beten? Die ganze Welt steht gegen uns, weil man Lügen und Halbwahrheiten über uns verbreitet, um das SilverMillenium zu diffamieren und die Massen gegen uns aufzubringen. Und warum das alles? Weil sie Angst davor haben, dass wir stärker sind als sie. Weil sie Angst davor haben, dass Usagi die Welt näher zusammenrückt, alle Länder auf eine gemeinsame Stufe stellt und diesem unsäglichen Mehrklassensystem ein Ende macht, das gewisse Firmen brauchen, um andere Länder auszubeuten, sich zu bereichern. Ich sage ja nicht, dass alle Geldmenschen schlechte Leute sind, aber die, die uns angreifen und die diese maßlosen Lügen über uns verbreiten, die haben Angst davor, sich Usagi zu stellen und ihr wahres Gesicht zeigen zu müssen." Sie lachte leise. "Ja, beten hilft." "Was Ihr braucht, ist also ein öffentlicher Meinungsumschwung?" "Der sollte schon im Gange sein. Wir leben im Zeitalter des Internets. Neuigkeiten verbreiten sich schnell und unaufhaltsam. Das wissen unsere Feinde und haben auch dort begonnen, ihre Lügen zu verbreiten. Aber die Wahrheit setzt sich durch, nach und nach. Nur zu langsam, zu langsam für uns." "Und damit kommen diese Leute durch? Serenity-sama hat die Welt unter dem Eispanzer wieder hervor geholt." "Und diese Leute betonen so gerne, dass der Eispanzer erst wegen ihr entstanden ist. Sie behaupten sogar, es wäre ihre Absicht gewesen, damit die Menschen der Erde ihr dankbar sein müssen. Dabei wird die Existenz des Seelenschiffs, das beweist, dass wir nicht die Initiatoren des Eispanzers waren, eifrig ausgespart, so als wären Seelenschiff und SilverMillenium zwei verschiedene Dinge. Und so erkämpfen sich unsere Feinde einen oder zwei Tage Zeit, um ihr Verbrechen zu beenden. Wenn Japan und das SilverMillenium erst einmal zerstört sind, dann brauchen sie nicht mehr um Erlaubnis fragen, nur noch um Verzeihung." Der alte Mann nickte verständnisvoll. Er ging in die Hocke und kraulte seinem Hund das Kinn. "Was meinst du, Bazou, sollen wir den jungen Leuten zur Hand gehen?" Der Hund bellte bestätigend. "Ja, das ist auch meine Meinung." Aus seiner abgetragenen Hose zog er ein Handy hervor, das noch aus der Generation stammte, die man aufklappen musste. Dennoch war es wertvoller als selbst das neueste Smartphone, weil es Informationen und Verbindungen gespeichert hatte, die ein Land umstürzen konnte. Und genau das tat der alte Mann nun. "Koda hier. Micchan, wie sieht es aus mit meinen Beteiligungen an folgenden Zeitungen?" Der alte Mann ratterte eine Reihe Namen mehrerer international bekannter Titel herunter und nickte zufrieden, als er die Antwort hörte. "Weise sie in meinem Namen an, die Wahrheit über den SilverMilleniums-Konflikt zu schreiben, nicht das, was andere ihnen vorgeben. Was die Wahrheit ist? Sie sind Journalisten. Sie werden es schon herausfinden. Wenn sie das nicht schon haben. ...Ja. Ja. ...Ja. Gut, das sind sinnvolle Unterstützungsmaßnahmen. Sieh zu, dass meine Anteile bei den amerikanischen Zeitungen so weit ausgebaut werden, dass wir eine Sperrminorität erreichen. Ja. Ja. ...Ja. Danke, Micchan. Viel Glück. ...Was? Nein, nein, ich denke einfach nur, dass man den jungen Leuten nicht alles an der Rettung der Welt aufbürden sollte. Wir alten Knacker sollten auch unseren Teil dazu beitragen. Ruf mich in einer Stunde an und sag mir den Stand durch." Entgeistert starrte Minako den alten Mann an. "Und wer, zum Henker, sind Sie?" Koda lächelte verschmitzt. "Nur ein alter Mann im Ruhestand, der mit seinem Hund spazieren geht." "Ja", erwiderte sie. "Nur." "Jeder von uns kann etwas dazu leisten, um die Welt besser zu machen. Ein Quentchen von jedem reicht, und raus kommt ein reißender Strom mit dem guten Willen aller", sagte Koda. "Und wann wäre die Zeit hierfür besser als jetzt und hier?" "Ich... Verstehe. Denke ich." Jedithe kehrte zurück. Neben und hinter ihm kamen Chrysanthia, Rose, Tulip und Targethia erschienen hinter ihm. "Das hat Spaß gemacht", rief Rose erfreut. "Holen wir uns die anderen beiden auch noch?" "Und ob wir das werden", knurrte Targethia angriffslustig. "Ja, das werden wir", sagte Jedithe. Zuversicht stieg in ihm auf, Zuversicht, die er so nicht erwartet hatte. "Ist was passiert, während ich weg war?" Der alte Mann und Minako sahen sich an und lächelten. "Nichts besonderes. Nur ein weiterer Baustein zur Rettung der Welt." "Ach so, wenn es nichts weiter sonst ist", murmelte Jedithe. Er kratzte sich am Haaransatz. Das musste er jetzt nicht verstehen, oder?" "Jedithe-sama!" Neben den sieben Personen landete eine Rüstung. Das Visier schoss auf und zeigte Major Ayokas Gesicht. "Das war Nummer drei! Ich schlage vor, wir kümmern uns um die anderen beiden, so schnell wir können. Dann haben wir mehr Zeit für die, die wir nicht entdeckt haben." Weitere Rüstungen landeten hinter ihm. Visiere fuhren hoch und zeigten ein paar Gesichter, die Minako hier nicht erwartet hatte. "Shingo? Papa Kenji? Unazuki-chan? UNAZUKI-CHAN?" Verlegen hob Ayoka beide Hände. "Die drei sind gut auf den Rüstungen, wirklich gut! Ich weiß nicht, wie viele von meinen Freiwilligen jetzt tot bei den Fischen liegen würden, wenn ich sie nicht bei mir gehabt hätte. Ich kann nicht mehr auf sie verzichten." "Also, ich erkläre das Usagi und Motoki jedenfalls nicht", murrte Minako. "Die beiden wissen Bescheid. Und sie haben ihr Okay gegeben." Minako setzte zu einer Erwiderung an, schluckte sie jedoch runter, als ihr klar wurde, was Ayoka ihr gerade gesagt hatte. Wenn die beiden Tsukino-Männer eingesetzt wurden, und sogar Motokis kleine Schwester, und zwar als Teil der Freiwilligen auf den GunSuits, dann war die Lage noch eine ganze Ecke ernster, als sie ohnehin schon gedacht hatte. Sie schluckte Entsetzen und Ärger runter. "Seht zu, dass Ihr neuen Treibstoff fasst und euch ausruht, wenn Ihr es noch könnt." Ihr Blick ging suchend zu den anderen GunSuits, die gerade landeten. "Mama Ikuko ist aber nicht mitgekommen, oder?" DAS hätte sie erst Recht vor Sorge sterben lassen. Ausgerechnet die sanfte Ikuko in einem GunSuit direkt an der Front... "Nein, keine Sorge, sie hilft in der Botschaft", sagte Kenji Tsukino. "Ich wäre auch nie so unverantwortlich gewesen, sie in einen GunSuit zu lassen." "Aber du bist unverantwortlich genug, um es selbst zu tun, was?", tadelte Minako. Usagis Vater grinste. "Es gibt Störrigkeiten, die das Vorrecht des Alters sind. Dazu gehört, dass mir als Vater erlaubt sein muss, meine einzige Tochter zu beschützen. Aber dazu gehört auch, den eigenen Sohn ziehen zu lassen, wenn er sein Leben in Gefahr bringen will." "Um andere zu schützen", fügte Shingo erklärend an. Merkwürdigerweise aber huschte sein Blick dabei zu Motokis kleiner Schwester, die dabei leicht errötete. Ihr Helmvisier fuhr zu. "Wir... Wir sollten auf Minakos Vorschlag hören und Nachschub fassen. Wer weiß, ob wir dazu bald noch Gelegenheit haben." Sie zögerte. "Shingo, kommst du?" Das Visier von Usagis kleinem Bruder schnappte zu. "Ich bin direkt hinter dir, Unazuki-chan." Die beiden Rüstungen starteten durch und andere folgten, bis nur noch Kenji Tsukino und Major Ayoka vor ihnen standen. "Passen Sie um Himmels willen auf sie auf", tadelte Minako den Soldaten. "Versprochen", erwiderte Ayoka. Er wunderte sich, wie glatt die Lüge über seine Lippen ging, denn längst passte er nicht mehr auf seine "Neuen" auf, sondern verließ sich auf sie, beinahe so sehr, als würden sie bereits Jahre zusammenarbeiten. Er schloss sein Visier, Usagis Vater tat es ihm gleich. "Sagt Bescheid, wenn wir uns Nummer vier vornehmen, ja?" Die beiden Rüstungen stiegen auf, erklommen etwa zwanzig Meter, kippten dort ab und schossen nach Westen davon. Jedithe lächelte leicht. Er wandte sich um. "Rose, sucht die letzten beiden Los Angeles. Und schaut dabei auch nach anderen Schiffen. Die Russen haben auch U-Boote." "Verstanden, Jedithe-sama!" Die Frau nickte, und die anderen taten es ihr nach. Nacheinander verschwanden sie, als hätte es sie nie gegeben. "Weiter also zum nächsten Akt", grummelte Jedithe. "Also, eins muss ich ja schon sagen", warf der alte Mann ein. "Ihr seid wesentlich aufregender als das Nachmittagsfernsehen." So trocken, wie er das gesagt hatte, mussten Minako und Jedithe lachen. Laut und lange. *** Akira döste. Es war kein Schlaf, es war kein Wachen. Er döste, dämmerte halb in der Schattenwelt, weit weg vom Hier und Jetzt. Eine alte Soldatenregel besagte: 'Iss, wenn du kannst, schlaf, wenn du kannst, geh kacken, wenn du kannst. Du hast keine Ahnung, wann du wieder dazu die Gelegenheit dazu hast.' Die Themen eins und drei hatte er abgearbeitet, nun war Nummer zwei dran. Aber es war wie mit allen kostbaren Dingen im Leben - wenn man sie brauchte, hatte man sie nicht. "Iskander-sama?" Akira schreckte hoch. "Fängst du jetzt auch schon mit diesem Quatsch an, Motoki?" "Du hast nicht reagiert. Also dachte ich, versuche ich es mal mit einem Reizwort." Der weißhaarige General schnaubte aus. "Geht es los?" "Gleich. Fünf Minuten, dann haben wir den Baikal-See im wahrsten Sinne des Wortes angebohrt." Motoko setzte sich auf die Bank neben Akira. Sein Blick ging in die Runde und schickte jeden weg, der in Hörweite war. "Was wird'n das jetzt?" "Ich dachte mir, du hast vielleicht etwas zu sagen, was nicht jeder hören soll. Und seien wir doch mal ehrlich, ich bin dein einziger Freund." "Du meinst abgesehen von Mamoru, Yuichiro, Artemis und den Mädchen? Bei Haruka bin ich mir selbst nicht immer sicher, auf welche Seite ich sie zählen soll", scherzte er. "Der einzige Freund, der hier ist und dir zuhört", korrigierte der blonde General. "Du weißt, was ich meine. Also, alter Freund, was ist los mit dir? Was macht dir zu schaffen? Hast du einfach genug von den ganzen Beinahe-Toden in letzter Zeit? Du wirst ja gebeutelt wie eine populäre Romanfigur in "Games of War", die Theodor T.D. Maywald schon seit etlichen Versuchen umbringen will, aber es einfach nicht schafft." "Das ist es nicht", erwiderte Akira. "Außerdem mag ich "Games of War" recht gerne, wenngleich ich meine, dass der alte Theo zu inflationär mit seinen tragenden Charakteren umgeht. Er wird ja zitiert, dass er absichtlich so viele Charaktere umbringt, weil es im wahren Leben auch so ist und weil man so viel mehr mit seinen Lieblingen leidet, wenn man weiß, sie könnten auf der nächsten Seite rausgeschrieben werden. Ich finde ja, ein guter Autor kriegt Spannung und Faszination auch ohne Massensterben hin." Motoki nickte bestätigend. "Und was beutelt dich jetzt, Aki-chan?" "Aki-chan? So nennt mich ja nicht mal meine Mutter." Motoki sah den Freund mahnend an, bis dieser seufzte und zum Zeichen der Kapitulation die Arme hob. "Schon gut, schon gut. Ich sage es dir." Er atmete aus, beugte sich vor, stützte die Ellenbögen auf den Knien ab und bettete sein Gesicht in den Händen. "Ich werde in diesem Konflikt sterben, Motoki." "Was, bitte?" Verdutzt sah er den Freund an. "Hast du 'ne Meise, oder was? Keiner von uns wird sterben, jedenfalls nicht, solange ich dabei etwas zu sagen habe." "Du hast doch Hotaru-chan gehört. Sie hat eindeutig impliziert, dass ich sterben werde. Ich bin ihr Vorbild, aber nicht ihr Lehrmeister. Das geht aber nur, wenn ich nicht mehr lebe, um sie auszubilden. Und ich weiß ganz genau, dass sie sich nicht verplappert hat. Sie hat mir einen Hinweis gegeben, einen ziemlich eindeutigen." "Ach, hast du deshalb Ami den Laufpass gegeben?" "Damals wusste ich noch nichts davon. Ich habe sie gehen lassen, weil sie sich die Freiheit gewünscht hat. Und ich... Du verdammter... Seit wann weißt du es?" "Ihr habt doch nicht wirklich gedacht, dass Ihr das vor uns geheim halten könnt? Vor allem nicht, wenn Ihr beide für das SilverMillenium arbeitet, oder? Wie ist es eigentlich passiert? Wir alle waren der Meinung, ihr seid ein tolles Paar." "Sie hat sich Veränderungen gewünscht. Wer bin ich, dass ich ihr da dreinrede und klammere? Letztendlich habe ich immer im Hinterkopf gehabt, sie war nur mit mir zusammen, weil ich ihr Leben gerettet habe", seufzte Akira. "Dieser Jugendfreund von ihr, dieser Ryu Uwara, vielleicht passt er besser zu ihr. Oder Taiki. Ich weiß es nicht. Ist aber auch nicht meine Entscheidung." "Idiot." "Das steht außer Frage", sagte Akira todesmutig lächelnd. "War das also dein Plan? Beim ersten Anzeichen von Widerstand schießt du sie ab und gehst eigene Wege?" Motoki schüttelte unmerklich den Kopf. "Vollidiot." "Nicht von Widerstand. Unwillen. Seien wir doch ehrlich, ich habe jede Minute mit ihr genossen. Ich habe sie mit Beschlag belegt, sie wann immer ich konnte für mich behalten, ganz so wie ich mir eine Beziehung mit ihr vorgestellt habe. Aber ich... Ich kann sie nicht ewig an mich fesseln. Und als sie sagte, sie wolle etwas verändern, da wusste ich, dass es Zeit ist, sie gehen zu lassen. Glaub mir, ich habe alles ausgeschöpft, was ich kriegen konnte, und das ist schlimm genug, denn eine Beziehung sollte sich nie um "mich" oder "dich" drehen, sondern um "uns"." "Danke, ich habe schon eine Freundin." "Motoki..." "Riesenidiot. Und das hat sie einfach so geschluckt?" "Was soll ich sagen? Sie war es doch, die unsere Beziehung geheim halten wollte. Keine gute Grundlage, um auf das große Wunder zu hoffen, oder?" Motoki lachte abgehackt. "Scheint so, als wärt Ihr beide die Idioten hier. Und scheint so, als hättet Ihr beide unnötig euren Ängsten nachgehangen. Und jetzt hast du auch noch Todessehnsucht..." "Keine Todessehnsucht, aber Hotaru-chan ist aus der Zukunft. Ihre Worte waren eindeutig und ziemlich klar. Ich suche den Tod nicht und sterben will ich auch nicht, aber wenn es passiert, dann hoffentlich mit einem Knall. Ich kriege dann doch eine Latrine, die nach mir benannt wird?" "Wir benennen dann alle öffentlichen Toiletten um. Die heißen dann alle nur noch Akiras", versprach Motoki todernst. "Du weißt aber schon, dass, wenn du mit solchen Gedanken in den Einsatz gehst, Fehler entstehen, die dich tatsächlich das Leben kosten können, oder?" "Ich habe nicht vor, zu sterben", wiederholte Akira erneut, aber es klang leer und schal in seinen eigenen Ohren. Wollte er etwa sterben, um die letzten Bande zu Ami zu kappen, damit selbst die freundschaftlichen Gefühle verschwanden? Nein, natürlich nicht. Aber eine fatale Stimme irgendwo in ihm drin wollte ihm einreden, dass es doch ganz toll war, von allen anderen, besonders von Ami betrauert zu werden, natürlich nur abgesehen davon, dass er dann tot war. Aber sie hatte ihn ja auch nie wirklich gewollt, ihn immer geheim gehalten wie etwas Verbotenes. Und das hatte ihm weh getan, auch wenn er es nie gezeigt hatte, während sie ihre Freude an diesem Versteckspiel gehabt hatte. Die heimlichen Blicke, Küsse und Treffen, das hatte sie richtig aufleben lassen. Er war wie ihre gefährliche Affäre gewesen, aber er hatte mehr gewollt. Mehr als sie letztendlich hatte geben können. Nein, so war es richtig. Der beste Weg. Er seufzte laut. "Wie weit seid Ihr eigentlich schon gegangen", fragte Motoki gedehnt. "Was, bitte?" "Na, Ihr beide seid erwachsene Menschen, gesund, kräftig und sexuell auf der Höhe. Wie weit ist es denn bisher so gegangen, Aki-chan?" "Ich habe nicht mit ihr geschlafen", verteidigte sich der ehemalige General des SilverMilleniums. "Aber alles andere bis auf diese Stufe lief schon, oder wie?", scherzte Motoki. Akira fühlte, wie ihm Hitze in die Wangen stieg. "Ich... Ich..." "Junge, Junge, du hast wirklich fast alles ausgekostet, hm?" Fahrig sah er zur Seite, sich der Röte seiner Wangen mehr als bewusst. "Wir sind erwachsen, genau wie du gesagt hast." "Und Ihr könnt beide nicht über eure riesigen Schatten aus dem ersten Leben springen", murmelte Motoki mitfühlend. "Was?" "Ich sagte, Ihr redet zu wenig miteinander." "Ja, da ist was dran", murmelte Akira und senkte den Blick. "Aber das ist ja nun auch egal, nicht?" "Ist es nicht. Denn im Gegensatz zu dir sind Makoto und ich schon wesentlich weiter, und wir genießen es. Nimm dir an uns mal ein Beispiel, alter Freund. Und was deine Todesahnungen angeht: Du hast jetzt zwei volle Blasterschüsse auf dich überlebt. Drei, wenn wir den hinzu zählen, der dich beim Attentat auf Makoto nur knapp verfehlt hat. Was, bitte, soll dich denn noch umbringen? Willst du vor eine Korrekturdüse des Seelenschiffs gespannt werden? Ich glaube, eine harmlosere Sache wird dich nicht mal ankratzen. Man nennt dich hier schon hinter vorgehaltener Hand den Siegfried, der unverwundbar ist." Akira lachte abgehackt. "Unverwundbar ist vielleicht das falsche Wort. Wunden habe ich genug." "Dann eben der, der nicht sterben will." Motoki erhob sich und klopfte dem Freund auf die Schulter. "Nimm dir das als Leitfaden. Dich wird nichts umbringen, was Menschenhände je geschaffen haben, glaub es mir. Nur dein Selbstmitleid kann dich umbringen." "Na, danke", murrte Akira. "General Gyes, General Iskander, es wird Zeit!", rief eine Ordonnanz herüber. "Der Tunnel ist fertig!" "Wir kommen!", rief Motoki zurück. Er konzentrierte sich auf seine Kraft, verwandelte sich in Gyes, den Vielarmigen und Hunderthändigen General des SilverMilleniums. Neben ihm wurde Akira von der puren Kraft seiner Sailorkräfte umspült. Sie ließen nur den Kopf frei. Als sie verschwanden, trug er seine blaue Uniform, und seine Augen lagen tief im Schatten seines Ponys. "Also gut, gehen wir die Welt retten." "Die Welt retten wir morgen. Heute retten wir erstmal nur Japan", spöttelte Motoki. "Oder so rum", scherzte Iskander zurück. Die beiden Männer wandten sich zum Gehen, aber Iskander wandte sich noch mal um. "Kommst du mit, Yaten?" Die junge Frau kam hinter einer Ecke hervor. Ihre Wangen waren gerötet, ebenso wie ihre Augen. "Seit wann weißt du, dass ich da bin?" "Seit ich versucht habe, zu schlafen." Er streckte eine Hand nach ihr aus. "Gehen wir." Yaten alias SailorStarhealer trat heran, ließ zu, dass Iskander einen Arm um ihre Schulter legte und begleitete die Männer. Als sie den Platz wieder betraten, waren Kano und seine Elite bereits wieder angetreten. Einige trugen Verbände; trotz offensichtlicher Verwundungen hatten sie sich das Okay erkämpft, erneut in den Einsatz gehen zu dürfen. Akira spürte einen Kloß im Hals, als er es bemerkte. Diese Opferbereitschaft, dieser Wagemut. Er fühlte sich in die Zeiten des Ersten SilverMilleniums zurückversetzt, als so vieles für ihn, das Königreich der Erde und das Königreich des Mondes genauso gewesen war. Er fühlte Stolz darauf, diese tapferen Männer und Frauen in die Schlacht führen zu dürfen. "ACHTUNG!", gellte Kenichiro Kanos Ruf auf. Die Spezialtruppen gingen in Hab Acht. "STILLGFESTANDEN!" Ihre schweren Stiefel machten genau ein Geräusch, das aber ziemlich laut. "General Iskander, das Einsatzteam ist bereit!" "Dann wollen wir keine Zeit mehr verlieren!" Akira sah zu Haruka und Michiru herüber, die mittlerweile eingetroffen waren und den Tunnel zu Ende getrieben hatten. "Haruka, Michiru, macht auf." "Sehr wohl, General Iskander", erwiderte die große Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt, aber ihr Tonfall und die Grimasse, die sie dabei schnitt, nahmen den Worten jedwelche Form der Unterwürfigkeit. "So, wir sind durch. Der Weg zum Grund des Baikal-Sees ist frei, und... Verdammt! DECKUNG!" Haruka sprang Michiru an, riss sie mit sich, rollte mit ihr in den Armen beiseite und verließ die Schneise des Dimensionstunnels. Die Truppe reagierte sofort. Die einhundert Männer und Frauen spritzten auseinander, und dies keine Sekunde zu spät. Ein Energiestrahl brach aus dem Tunnel hervor, der die Höhe eines ausgewachsenen Europäers hatte. Er schoss über den Exerzierplatz, schlug in das gegenüberliegende Gebäude ein, durchschlug es, nahm alles mit, was auf seinem Weg war und löste Kilometer entfernt eine Detonation aus, nachdem er erlosch. Auch das getroffene Gebäude explodierte nun und verteilte seine Trümmer über den gesamten Platz. Motoki reagierte sofort, sprang in die Luft und wischte die Trümmer beiseite, die Menschen gefährdet hätten. Leider war er nicht schnell genug gewesen, um jenen zu helfen, die im getroffenen Gebäude gewesen waren. "Der Tunnel! Schließt den Tunnel!", rief Iskander. Er sprang heran, kam direkt vor dem Dimensionstunnel heraus. Mit seinen Sailorkräften griff er nach dem Gefüge zwischen der Realität und zerrte die Falte wieder in sich zusammen. Eine Hand schoss auf ihn zu. Halb bemerkte Akira es, halb ahnte er es nur. Ein Blast verließ seine Rechte, traf Haruka mittig im Leib und schleuderte sie meterweit nach hinten. In diesem kurzen Moment, der nur Bruchteile von Sekunden dauerte, fand ein stummer Dialog statt. 'Eine Falle', kam es von Haruka. 'Sie haben uns eine Falle gestellt und aus der Antriebsdüse eine Kanone gemacht!' 'Und sie haben sie rechtzeitig in Position gebracht, um uns durch unseren eigenen Tunnel zu beschießen', sagte Akira. ' Sie können jede Sekunde erneut feuern!', erwiderte Haruka. 'Ja, das werden sie. Und wenn wir nicht unser Hauptquartier und unsere besten Truppen verlieren wollen, müssen wir den Tunnel jetzt einreißen!' 'Du kannst dabei sterben, du Idiot!' 'Einer muss den Tunnel schließen.' 'Warum du?' 'Es ist besser, als wenn du es tun würdest, Haruka. Außerdem, noch haben sie nicht gef-' Haruka Tenoh war noch keine zwei Meter weit geflogen, als erneut ein Blast aus dem Tunnel schoss. Er verfehlte ihre Füße nur um Bruchteile von Millimetern, ihre Rüstung aus Sailor-Kräften knisterte unter der Belastung, hielt aber stand. Akira Torah alias Iskander aber stand mitten im Fokus des Blasts. Er war darüber nicht überrascht. Das hatte er erwartet. Er wusste, dass sein Ende mit einem großen Knall kommen würde, und dieser Tod war seiner würdig. Aber noch war er nicht gestorben, noch war seine Aufgabe nicht beendet. Noch bevor das erste Kilojoule an Energie in seiner Rüstung verpuffte, hatte er sie in eine schnelle Rotation versetzt, um sie gleichmäßig von allen Seiten zu belasten. Dies verschaffte ihm genau jene halbe Sekunde, die er brauchte, um die Rüstung zu wechseln, von der Uniform zur schweren Plattenrüstung der Palastwachen des alten SilverMilleniums. Die war weit robuster und hielt länger aus. Und das wiederum brachte ihm die Zeit ein, um den Dimensionstunnel niederzureißen, sprich das Wurmloch nach Russland zu schließen. Es ging langsam, schleppend langsam, und er fühlte die reine Energie der ehemaligen Korrekturdüse des Seelenschiffs an ihm reiben und schmirgeln. Beinahe glaubte er zu spüren, wie die Rüstung Stück für Stück, Korn für Korn abgetragen wurde, und wie dies mit seinem Leib fortgesetzt wurde. Aber er würde nicht sterben, nicht bevor der Tunnel dicht war! Also entrang sich seiner Kehle ein unbändiger Schrei und seine Kräfte zerquetschten den Tunnel wie eine überreife Frucht. Dann war... Nichts mehr. Im Baikal-See, genauer gesagt dem, was einmal der Seeboden gewesen war (und von dem man behauptet hatte, dieser Bereich läge noch immer unter Wasser), wirkte sich die Schließung des Tunnels verheerend aus. Zuerst kam es zu einem Rückstau, denn der Tunnel wurde von Japan aus Richtung Russland geschlossen. Das bedeutete, die Raumzeit drängte alle Energien zurück, die Japan nicht mehr erreicht hatten. All das schoss wieder aus dem Tunnel hervor; die Energie, frei und ungebunden, schlug zurück und verbrannte die Bedienungsmannschaft der Kanone zu Asche. Dann war die Raumzeit wiederhergestellt, und der Blast ging erneut geradeaus. Nur diesmal auf dem Boden Russlands, nicht auf dem Weg nach Japan. Schwere Detonationen zierten die Bahn, denn die Rückschlagsenergie hatte die Kanone auf die Seite gekippt. Dutzende Gebäude, eine Flugzeughalle, ein Tower und die hiesige Fabrik für GunSuits wurden getroffen und detonierten. Nur Sekundenbruchteile später explodierte auch die Kanone und vernichtete alles in dreihundert Metern Umkreis bis in den molekularen Bereich hinein. Die Generäle des hiesigen Stützpunkts waren entsetzt. Aber auch erfreut. Diese Zerstörungskraft war gigantisch. Zehn von diesen Dingern, und die Welt gehörte ihnen! Zumindest dachten sie das, bevor sich in der Ferne die Flutwelle abzeichnete. Welche Flutwelle? Nun, jemand schien sich dazu entschlossen zu haben, die Wasserableitungsmaßnahmen rückgängig zu machen - sofort und sehr massiv. Das Tausendfache des Wassers, das vor Sowjetzeiten täglich in den Baikal-See geflossen war, traf nun auf einen Schlag ein. Und es machte keinen Unterschied zwischen Gebäudetrümmern, Kanonenresten, Gefreiten und Generälen... Der Strahl erlosch, der Exerzierplatz des Hauptquartiers wurde wieder im normalen Tageslicht sichtbar. Bei vielen brannte der Strahl noch auf der Netzhaut, machte normale Sehen unmöglich. Aber die SailorKrieger sahen klar. Und wünschten sich, sie hätten es nicht gekonnt. "AKIRA!", rief Haruka verzweifelt. Wäre sie einen Sekundenbruchteil schneller gewesen, hätte sie den Freund retten können! Scheiß auf das Hauptquartier! Sie fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, als sie die leere Stelle sah, an der er gerade stehen sollte, gerupft, aber verwegen lächelnd, weil er auch das überstanden hatte. Er war doch nicht tot! Er konnte, er durfte nicht tot sein, verdammt! Nicht so, nicht jetzt, nicht auf diese Art, bevor er nicht verdammt noch mal die wichtigsten Dinge seines Lebens geklärt hatte! Wenn es sein musste, würde sie halt selbst in den Hades hinabsteigen und ihn wieder unter die Lebenden prügeln, jawohl! So ließ sie dieses Drama jedenfalls nicht enden. "Also, ich habe mir ja wirklich schon gedacht, dass Iskander Eindruck auf das Hauptquartier gemacht hat", sagte Michiru, "aber das ist wirklich lächerlich." "Was? Wovon redest... AKIRA!" Links über ihr im dritten Stock des Verwaltungsgebäudes war ein fünf Meter durchmessendes und zwei Meter hohes Loch gerissen worden. Zwei Beine baumelten daraus hervor, die unverkennbar von den Resten dessen eingehüllt waren, die einmal eine SilverMillenium-Rüstung gewesen sein musste. Dazu erklang eine kratzige Stimme, die ihr nur zu bekannt war. "Hat sich jemand die Nummer aufgeschrieben?" "Muss er denn jetzt auch noch Witze reißen?" Motoki schien zu lachen und gleichzeitig zu weinen. "Hast du ihn...", fragte Haruka verdutzt. "Genau in dem Moment, als der Tunnel zusammenbrach. Hart und kräftig", bestätigte Motoki. "Etwas zu hart vielleicht. Es ist alles so schnell passiert. Es ging nicht schneller." "Der Idiot lebt. Das ist mehr, als wir uns wünschen können", erwiderte Haruka erleichtert. Sie wischte sich das Wasser aus den Augen. Wann hatte sie nur angefangen, diesen Dummkopf so sehr zu mögen? Ach ja, als sie sich auf Leben und Tod duelliert hatten. "Ein Königreich für einen Eisbeutel", klang wieder Akiras raue Stimme auf. "AKIRA!" Yaten sprang an ihnen vorbei, verschwand und kam direkt im Loch in der Wand wieder zum Vorschein. Sie kniete sich nieder und beugte sich vor. "Was machst du nur immer für Sachen." "Ich liebe dich auch, Yaten. Ich..." Verdutzt, verlegen und erschrocken betrachtete sie den jungen General. "Eingeschlafen", rief sie in den Hof hinab. "Bring ihn sofort in den Turm, Yaten!", rief Motoki, seine Erleichterung überspielend. Für einen Augenblick hatte er wirklich geglaubt, die düstere Prognose des Freundes würde eintreten - schnell und endgültig. "Dort wird man ihm besser helfen können als hier." Für einen bangen Moment beobachtete er die weißhaarige Frau dabei, wie sie Akira auf die Arme nahm. Dann verschwand sie im Nichts mit ihm. Die Gute würde einiges zu erklären haben, wenn sie im Turm ankam - immerhin hatte der Blast nicht nur Akiras Rüstung zerfetzt, sondern auch die Straßenkleidung, die er darunter getragen hatte. Das amüsierte Motoki für eine Sekunde. Eine Sekunde, die er sich erlaubte. "Kommt, Leute, wir müssen den Einsatz umstellen. Michiru, du bist jetzt die Anführerin der Einsatzgruppe. Oder wünschst du jemand anderen?" "Ich werde Akira nicht enttäuschen. Ich mach das schon", erwiderte sie mit fester Stimme. "Dann ist das beschlossen. Kano, kommen Sie. Wir müssen uns Satellitenaufnahmen vom Einsatzgebiet besorgen." "Ja, General Gyes." *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)