Schatten der Vergangenheit von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 20: Finale ------------------ Akira Torah erschien im gleichen Moment, als er die Zündung gespürt hatte, in der untersten Kelleretage des Botschaftturms. Hier war ein Fundament gegossen worden, eine Betonplatte von zweihundert Metern im Quadrat, zehn Meter dick, verstärkt durch Stahl und einige bauliche Tricks des SilverMilleniums. Dazu gehörte der modernste Gyrokreisel aller Zeiten, der alle Schwingungen des rund neunhundert Meter hohen Turms abfing und ausglich - und davon gab es durch Wind und Wetter mehr als genug. Der Gyrokreise sollte darüber hinaus sogar in der Lage sein, Erdbeben bis zur Stärke zehn abzufangen. Eine Antigrav-Einheit sorgte zusätzlich dafür, dass, brach das Land unter dem Turm durch ein Erdbeben weg, der Turm weiterhin stabil stehen würde. Nun aber war ein beträchtlicher Teil des Gyrokreisels eben kein Gyrokreisel, sondern eine Nuklearwaffe. Eine gezündete Nuklearwaffe. Eine Waffe, die eine Sprengkraft hatte, die jene von Fat Man um das achtundachtzigfache übertraf. Und schon damals hatte diese frühe Kernwaffe Nagasaki Kernstadt eingeebnet. Für Akira, oder vielmehr für Iskander, gehüllt in die Rüstung der Palastwache, lief die Zeit unheimlich beschleunigt ab. Eine Sekunde dehnte sich für ihn auf das Einhundertfache. Alle seine Sinne waren zum Zerreißen gespannt, und er würde jeden Sekundenbruchteil, den er dadurch erhielt, auch brauchen. Mit seinen Fähigkeiten, seiner Sailorkraft, griff er nach dem gleißenden Licht, das unter der Betonplatte pochte, griff nach der freigesetzten Kernenergie, ultraheiß wie das Herz einer Sonne, und so stark strahlend, das bereits ein Augenblick in Sichtweite des Lichts den sicheren Tod bedeuten konnte, selbst für einen Sailorkrieger. Für ihn bot sich folgendes Bild: Die kritische Masse aus waffenfähigen Isotopen bedeutete, dass diese überschüssige Elektronen und Neutronen in immenser Zahl freigaben. Diese rasten nun frei durch das ultrakompakte Material, trafen andere Elektronen und Atomkerne der ohnehin instabilen Isotopen und lösten weitere Elektronen und Neutronen. Zusätzlich aber wurden die komplexen Atome der hohen Ordnungszahl auch einfach zertrümmert. Sie verloren einen großen Teil ihrer Energie, degenerierten zu Elementen kleinerer Ordnung, weil ihnen Masse fehlte. Diese fehlende Masse wurde umgesetzt in Energie, Hitze, um genau zu sein, die genauso exakt heiße radioaktive Strahlung bedeutete. Alpha-, Beta- und Gammastrahlung. All dies, zusammen mit einer Temperatur von zwanzig Millionen Grad würde bald durch das Betonfundament brechen. Die Platte würde keinen großen Widerstand bieten; der Turm ebensowenig. Alles würde in einer riesigen, weithin leuchtenden Explosion vergehen. Alles im direkten Umkreis von fünf, sechs Kilometern würde sofort zerstört werden. Der Rest, zwanzig, vielleicht dreißig Kilometer im Umkreis, würde zuerst durch die kompressive Druckwelle zertrümmert werden, dann darunter leiden, dass die Druckwelle in das entstandene Luftvakuum zurückfiel, und dann würde die Feuerwelle der Detonation kommen und alles in einem Umkreis von rund zehn Kilometern zu Asche verbrennen. Das bedeutete auch, alles in Umkreis von zehn Kilometern würde hochgradig radioaktiv verstrahlt werden. Aber das war noch nicht alles. Das Umland rund um die Explosion, fünfzig, sechzig Kilometer weit, würde kontaminiert werden von Abfällen der Explosion, denn nicht alle Atome würden degenerieren. Ein großer Teil würde zu höherwertigen Atomen verbacken werden, die leider hochradioaktiv und hochgiftig und meistens Isotope von Cäsium und Strontium und vergleichbaren Atomen waren. Der Fallout schließlich, der je nach Windrichtung weiteres Land oder den pazifischen Ozean verseuchen würde, konnte diese Fläche locker vervierfachen, wenn nicht verachtfachen. Die Explosionswolke, angereichert mit dem als Knochenbrecher bekannten Cäsium und den dreißig Jahre extrem gefährlichen Jod-Isotopen, konnte um die ganze Welt ziehen, wenngleich nicht jeden Ort auch erreichen. Kurz und gut, sein nächster Herzschlag würde ihn ins Herz einer unglaublichen Katastrophe führen, die Millionen Menschen in dicht besiedelten Tokio töten und Dutzende Millionen auf ewig zeichnen würde. Als er die Explosion gespürt hatte, da war kein Zögern gewesen, er war direkt bis ans Herz der Katastrophe gesprungen, um zu tun, was er tun konnte. Nicht einen Augenblick hatte er an sein eigenes Schicksal gedacht. Er hatte gesehen, was geschah, und er hatte gesehen, was er tun konnte. Schwäche fasste nach ihm, als er den mentalen Griff um die nukleare Explosion fester schloss. Schon lockerte sich der Griff, gab dem Inferno einen halben Meter mehr Raum, ließ die Energie, die Strahlung steigen. Aber ein wütender Gedanke bändigte es auf eben dieser Stelle. Wie viel Zeit konnte er erkaufen? Minuten? Sekunden nur? Sekundenbruchteile? 'Aelion, Ami!', dachte er so intensiv er konnte. 'Evakuiert den Turm und aktiviert den Schild! Ich erkaufe uns Zeit!' Das war es also. Er würde sterben. Hotaru-chan hatte Recht behalten. Und kein Wunder, dass er ihr Vorbild geworden war, immerhin dämmte er die atomare Katastrophe ein, gab den anderen genau jenes Quentchen Zeit, das sie brauchten, um den Schirm zu aktivieren, der die Explosion auf die Botschaft beschränken würde. Zumindest solange die Generatoren existierten, die den Schirm spannten. Alles innerhalb des Schirms würde zu Asche verbrannt werden, da machte sich Iskander keine Illusionen. Und ab diesem Moment würde das ehemalige Botschaftsgelände extrem heiß strahlen und stark radioaktiv kontaminiert sein. Aber er war zu schwach, um die Kettenreaktion zu unterbinden, sie umzukehren. Wäre er im Vollbesitz all seiner Kraft gewesen, dann hätte er sie stoppen können. Aber so, müde, erschöpft, halb tot und kraftlos, konnte er nur Zeit erkaufen. Verdammt! Aber da er ohnehin sterben würde, konnte er auch aufs Ganze gehen und seine gesamte restliche Kraft einsetzen, sein Leben einsetzen, alles geben, was ihm noch geblieben war. All dies für die Hoffnung, dass er genügend Zeit für die Evakuierung erkaufte, dass Amis Mutter, Usagis Mutter, Ami selbst, Aelion, Uminos Freundin Naru und all die anderen entkommen konnten. Wenn er sich selbst in Energie verwandelte, dann... Plötzlich stockte die Explosion. Hatte bisher sein eiserner Griff verhindert, dass sie expandierte, zehn, zwölf ewig lange Millisekunden lang, so war nun auf einmal alles irgendwie anders... Die Temperatur ging zurück, die Bewegung der Atome und der freien Elektronen und Neutronen ging maßgeblich zurück. Es wurde weniger Energie produziert. Das erkaufte Zeit, wichtige Zeit. "Ami!", schrie Akira das Mädchen an, das direkt hinter ihm aus dem Step gekommen war. Sie war eine Hundertstelsekunde nach ihm eingetroffen und hatte sofort gehandelt. Auch für sie lief die Zeit unglaublich langsam ab; für beide schien eine tausendstel Sekunde eine Minute zu sein. "Ich bleibe!", erklärte sie resolut. "Meine Fähigkeit ist besonders gut geeignet, um Wasser zu manipulieren, aber im Prinzip beruht sie darauf, die Bewegung und damit die Energie von Atomen und Teilchen zu beeinflussen! Du brauchst mich hier!" "Ich brauche dich da draußen und am Leben!", rief er verzweifelt. "Wenn du hierbleibst, wirst du sterben!" "Und?" Sie sah ihn an, vorwurfsvoll, voller Angst, aber auch beladen mit Schmerz. "Du wirst hierbleiben, richtig? Also wirst du sterben." "Solange du lebst..." "Was soll ich mit einem Leben, wenn du nicht mehr da bist?", erwiderte sie verzweifelt. "Was soll ich tun in dieser Welt, wenn du nicht mehr da bist?" "Es gibt so viele andere! Diesen Ryu, Taiki, und Umino hat bestimmt auch ein paar nette Freunde, und...", stammelte Akira. "Ich liebe dich, du Idiot!", blaffte sie ihm entgegen. "Wenn wir nach einem erfüllten gemeinsamen Leben einzeln von dieser Welt gehen müssen, dann soll es so sein! Aber dich hier und jetzt zu verlieren und zum Leben verdammt zu sein, das will ich nicht! Und hör mir auf mit Ryu oder Taiki! Du bist es, du und kein anderer!" Zornesröte schoss über ihre Wangen. "Es warst immer nur du, du allein! Aber das hast du schon im SilverMillenium nie begriffen!" Verwirrt starrte Iskander SailorMerkur an, für eine ewig lange Zeit - in etwa acht Tausendstel einer Sekunde. "Was? Aber... Aber du..." "Du hattest Recht, damals wollte ich meine Pflicht tun, indem ich einen der vier Shitenno Endymions heiratete und die Bande zwischen SilverMillenium und Goldenem Königreich damit festigte. Es war eine reine Zweckverbindung gewesen, von der ich mir eingeredet hatte, dass sie sein musste. Aber ich war zu feige, zu schwach, um dir nachzugeben, meinen Gefühlen nachzugeben, dich zu wählen. Ich gebe zu, ich hatte auch Angst davor, was du sagst, wenn ich zugebe, dass du Recht hattest. Ich war schon immer ein peinlicher Dickkopf, das weißt du." "Ami, ich..." "Und hier und heute mache ich den gleichen Fehler wieder! Halte dich auf Distanz! Verheimliche dich vor meinen Freundinnen wie etwas Verbotenes! Gebe vor, die Heimlichkeit wäre besonders reizvoll für mich! Dabei ist es nur die Angst, die Angst davor, dir ganz zu verfallen, mein Leben aufzugeben, stattdessen das Uns zu wählen! Ich habe Angst, Akira, Angst davor, was von mir übrig bleibt, was von dir übrig bleibt, wenn es nur noch uns gibt..." Ihr Blick wurde flehentlich. "Im SilverMillenium wuchs ich als Mündel der Königin auf, hatte nie eine Familie. Und hier, in diesem Leben, wurde ich in die Familie Mizuno geboren, die bald nach meiner Geburt zerbrach. Ich hatte nie wirklich einen Vater, immer nur eine Mutter! Ich... Ich weiß nicht, wie "wir" geht, Akira, und ich hatte Angst davor, es herauszufinden... Bis vor kurzem. Bis zu jenem Moment nach dem GunSuit-Angriff auf Makoto. Als ich spürte, dass es für uns alle gefährlich wird, dass unsere Zukunft wieder vage geworden war, da wollte ich... Da musste ich Klarheit haben. Verstehst du das?" "Natürlich. Deshalb habe ich dich wieder freigegeben", sagte Akira sanft. "Wie viel Zeit können wir erkaufen?" "Etwa eine Minute, wenn wir uns weiter auf diesem Niveau konzentrieren. Genug Zeit für Aelion und seine Leute, um den Turm zu evakuieren und einen Notschirm zu aktivieren, der einen Kamin in die Stratosphäre bildet. Die Energie der Explosion wird dorthin abstrahlen, und die Beiboote des Seelenschiffs werden die Luft reinigen, bevor der Fallout das Land verseuchen kann. Zumindest zu einem großen Teil." Sie senkte den Blick. "Ja, du hast mich freigegeben. Aber das war nicht, was ich in dem Moment von dir wollte, als ich von Veränderungen sprach, du Idiot." Verwirrt sah Akira sie an. "Was? Aber so wie du mich immer veheimlicht hast, mich versteckt hast, da dachte ich, dass du mich... Ich hatte immer Angst davor, dass du nur glaubst mich zu lieben, weil ich dein Leben gerettet habe. Ich hatte immer Angst davor, dich zu plötzlich zu verlieren, weil du erkannt hast, dass du mich doch nicht liebst, oder weil du die Lüge nicht länger aufrecht erhalten willst. Ich wollte es dir leicht machen." "Ach, und deshalb hast du gleich mit Yaten geflirtet?", konterte sie. "Yaten ist für mich ein sehr besonderer Mensch, ein sehr guter Freund. Sie ist wichtig für mich", betonte Akira. "So wichtig wie ich?", fragte Ami. Akira zögerte, begegnete ihrem Blick. "Nein. Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Und deshalb musst du jetzt gehen." "Hast du mir nicht zugehört? Ich gehe nirgendwohin! Ohne mich wird die Bombe unkontrolliert explodieren und alles vernichten, was wir, was Usagi und Mamoru hier aufgebaut haben! Und ohne dich ist mein Leben nichts mehr wert! Akira, als ich Veränderungen wollte, da wollte ich den nächsten Schritt mit dir gehen... Meine Angst hinter mir lassen, dir vollkommen vertrauen, eins mit dir sein. Ich wollte dich..." Hätte man es sehen können unter dem Helm, man hätte sehen können, wie tiefe Röte Akiras Wangen erfüllte. "D-du meinst heiraten?" "Das ganze Programm. Heiraten, Familie gründen, Kinder kriegen. Ach, und natürlich den Sex nicht vergessen. Sailorkrieger kriegen keine Nymphengeburten hin, weißt du? Vorausgesetzt, du weißt, was das ist, dieser Sex." Akira riss das Visier auf. "Ich weiß verdammt noch mal, was Sex ist! Aber ich habe dich nie gedrängt, weil ich immer..." "Weil du immer noch diesen riesigen Minderwertigkeitskomplex mit dir herumschleppst, dass ich nur aus Pflichtgefühl, aus Dankbarkeit für mein Leben mit dir zusammen bin." Sie seufzte. "Als ich dir damals gesagt habe, ich hätte mich schon vor meiner Rettung in dich verliebt, war es eine Lüge." "Ach", machte Akira. Er fühlte sich, als würde er in einen Abgrund stürzen, der schon immer seinen Namen getragen hatte. Als Ergebnis expandierte die Explosion eine volle Tausendstel Sekunde um acht Millimeter, bevor sein Griff wieder strikt genug wurde. "Ich habe dich schon vorher geliebt." "WAS?" Die Rüstung der Palastwache dess SilverMilleniums zersprang. Zurück blieb die blaue Uniform, die normalerweise seine Rüstung bildete. Sein Gesicht war erfüllt von wilder Hoffnung, von Zweifeln, von Angst, aber auch von einem Gefühl des erhabenen Glücks. Seine Augen lagen nicht im Schatten. Deutlich war zu sehen, dass sie glänzten wie rote Rubine. Auch Amis Augen versanken in der toten Glut, als sie langsam wieder den Blick hob. "Als du mit Motoki Freundschaft geschlossen hast, als er dich mitgenommen hat, ins Café über dem Spielecenter seiner Familie, als er dich den anderen vorgestellt hat, habe ich mich auf den ersten Blick hoffnungslos in dich verliebt. Aber zugleich hatte ich auch das Gefühl, nicht den Hauch einer Chance bei dir zu haben. Ich habe Motoki nach dir ausgefragt, ihn gelöchert nach Details, aber besonders freigiebig war er nicht damit. Jetzt wissen wir ja, warum das so war. Artemis hatte seine Schnurbarthaare im Spiel. Wieder einmal. Aber dann, als ich dir wirklich näher kommen konnte, als ich erkannte, dass Iskander und du ein und derselbe wart, als sich mein früheres Ich eingestand, warum sie Iskander von sich fern hielt, als ich verstand, dass mein altes Ich und mein neues Ich den gleichen Mann liebten, da... Da..." Sie trat einen Schritt vor. ergriff die Hände des größeren Mannes mit den weißblonden Haaren. "Da habe ich gebetet für eine Chance, eine Gelegenheit, um dir näher zu kommen. Um bei dir zu sein. Und ich war so egoistisch, wollte diese Zeit mit dir nie mit jemand anderen teilen, wollte, dass es meine Zeit, unsere Zeit blieb. Aber es hätte mir klar sein müssen, dass du das missverstehst, wenn ich es nicht auch so sage." Hinter ihnen entstand ein Riss im Beton. Strahlend weißes Licht trat hervor, zu grell, um es ungeschützt ansehen zu können. "Als mich zuerst Tsunami und danach Armageddon übernommen hatten, da war immer in mir ein klarer, kühler Gedanke, in jenem Teil, der Ami Mizuno im übernommenen Körper geblieben war: "Akira wird dich retten. Er wird nicht zulassen, dass du diesmal stirbst." Ich habe Recht behalten." "Ami..." Der Riss vergrößerte sich, während der Weißhaarige seine Stirn auf die des Mädchens legte. Er war drauf und dran, diese Frau zu schnappen, mit ihr per Step zu verschwinden und die nukleare Hölle hinter sich zu lassen, nur um sie zu retten, sich zu retten, das Wir zu retten, ihre gemeinsame Zukunft zu retten, auf Kosten der vielen Millionen Menschen da draußen. "Ich..." Ihre Miene verzerrte sich vor Schmerz und Glück. "Ich weiß. Ich will auch. Aber wir können nicht." Seine Tränen tropften auf ihr Gesicht, vermengten sich dort mit ihren Tränen und flossen ihre Wangen herab. "Ja. Ich weiß." "Aber wir können hier zusammen sterben. Dieses Mal. Und im nächsten Leben treffen wir uns vielleicht früher. Viel früher. Und dann ist vielleicht wenigstens einer von uns beiden mutiger." "Ja. Beim nächsten Mal." Das blendende Licht drohte den Raum zu erfüllen. Schon stieg die Temperatur auf einen Wert an, den ein Mensch ohne Sailorkraft nicht überlebt hätte. Die Lippen der beiden trafen sich zu einem innigen Kuss. Sie hatten sich schon oft geküsst, auch französisch, aber dieser Kuss war so viel mehr, so viel größer. Das grelle Licht erfüllte alles im Kellerraum, sodass ihre Konturen zu verschwimmen begannen. "Ja, ja, ja...", seufzte eine Männerstimme neben ihnen. "Habe schon verstanden. Wahre Liebe und so, nicht wahr? Was wäre ich für ein SeedKing, wenn mich das nicht berühren würde?" Die beiden fuhren herum. Neben ihnen stand ein Mann mit weißen Haaren, gehüllt in die Uniform des SilverMilleniums, in der Hand den berühmten Zeigestab Iskanders (vielmehr eine Replik aus Sailorkraft), die Augen unter dem Schatten seines Ponys tiefrot glühend. "Tsunami!" "Na, ich bin ja auch noch da", erklang von der anderen Seite eine Frauenstimme. Ihre Köpfe ruckten herum. Die Frau in der Sailoruniform mit den blauen Akzenten und dem blauschwarzen Haar lächelte, während ihr Gesicht von den tiefroten Augen dominiert wurde. "Armageddon!" "Wir haben lange genug geschlafen, Kraft gesammelt, um sie in eurem Sinne zu verwenden", sagte die SeedQueen. "Wir haben euch kennengelernt und sind fast dran verzweifelt, wie Ihr immer wieder aneinander vorbei laufen konntet. Tatsächlich haben Tsunami und ich einen Notfallplan, den wir früher oder später eingesetzt hätten, um euch zu zwingen, das zu tun, was Ihr gerade getan habt: Euch auszusprechen." Tsunami lächelte und nickte bei den Worten der SeedQueen. "Aber das ist ja nun nicht mehr nötig. Stattdessen denke ich sollten wir das tun, was jetzt das Richtige ist. Nämlich euch beiden das Leben retten." Tsunami lächelte, reichte Armageddon die Hand über Ami hinweg und führte sie um die beiden Krieger herum. Sie traten auf den Spalt zu. Das Licht wurde dabei dünner und dünner, bis es beinahe erlosch. "Was habt Ihr vor?", rief Akira. "Die Bombe ist nicht mehr eure Aufgabe, Akira", sagte Armageddon. "Ihr wurdet nur gebraucht, um die Explosion einzudämmen. Alles andere erfolgt nun streng nach Hotarus Plan." Die SeedQueen seufzte. "Hotaru-chan hatte vollkommen Recht. Ich würde gar nicht anders können, als den beiden bedauernswerten, ungeschickten Dummköpfen zu helfen." "Das gleiche hier", schmunzelte Tsunami. "Ihr zwei, das war fies", murrte Ami. "Nicht so fies wie euer peinliches Umeinanderherumgelaufe der letzten Jahre", konterte Armageddon. Die beiden Seeds positionierten sich über der Bombe. Tsunami lächelte und ergriff die andere Hand Armageddons. "Spürst du es? Helios ist da." "Ja", antwortete die SeedQueen. Der Wächter des Hauses Endymions materialisierte zwischen den beiden. "Ah, die Bombe. Bereits fertig in den Gyrokreisel eingebaut, der dem SilverMillenium aus den USA geliefert wurde. Die gleiche Firma, die auch die GunSuit-Fabrik auf Amerikanisch-Samoa erbaut hat. Ich erkenne ein Muster", scherzte er. Der Junge sah zu Ami und Akira herüber. "Die Zeit läuft wieder normal, falls Ihr es noch nicht bemerkt habt. Tsunami und Armageddon haben so viel Kraft gesammelt, dass sie die Explosion problemlos in ihrem jetzigen Status halten können, zumindest für ein paar Stunden. Mehr als genug Zeit für uns, die Geschichte ein für allemal zu beenden. Aber ich kenne da ein gwisses Mädchen mit Sailoruniform und violettem Rock, dem ich gerne mal den Hintern versohlen würde. Diese Geheimniskrämerei ist nicht mein Ding." "Beenden? Wie?", fragte Akira verblüfft. "Ami-chan, Akira-san, wir werden jetzt eure Hilfe brauchen", erklang eine Männerstimme hinter ihnen. Ami fuhr herum und spritzte davon, so weit sie es konnte, ohne Akira loszulassen. "Saphir! Aber... Aber wir haben dich... Was?" Der schwarzhaarige Mann lächelte. "Es ist kompliziert. Sehr kompliziert." Hinter ihnen brach der Boden auf. Die geballte und gebändigte nukleare Kettenreaktion trat daraus hervor, umschirmt und gebannt von SeedQueen und SeedKing. "Hier aber seht Ihr das eigentliche Herz des Turms des SilverMilleniums. Jenes Herz, das dereinst den Turm beschützen wird, unterstützt von den vier inneren Sailorkriegern in der Zeit, in der wir das SilverMillenium angreifen werden... Also die jüngeren Ichs von mir und meinem Bruder. Aber das ist noch nicht die ganze Wahrheit." Sein Lächeln wurde ernst. "Dafür müssen wir eine neue Welt erschaffen." "Was, bitte?" "Du wirst es verstehen, sobald Helios beginnt, uns von der Energie zu schicken, die Armageddon und Tsunami bändigen. Wir beenden den Krieg mit einem Schlag. Das verspreche ich." "Das wird aber hoffentlich eine sehr lange Erklärung", murrte Akira. Saphir verschwand vor ihren Augen, und die beiden Sailorkrieger folgten ihm ohne zu zögern. *** Die Werte, die in dieser Abwehrschlacht vernichtet wurden, gingen in die Milliarden. Volkswirtschaften hatten Jahre, ja, Jahrzehnte dafür schuften müssen, um diese Werte der Zerstörung zu erschaffen, um den Atomwaffenstaaten der Erde die Möglichkeit zu geben, ihre Feinde zu Asche zu verbrennen und ihr Land für eine sehr lange Zeit radioaktiv zu verseuchen. Ihre einzige Aufgabe war die Zerstörung, die Verbrennung, die Verseuchung. Tauende Raketen waren erbaut, mit teurer waffenfähiger kritischer Masse aus Plutonium und anderen hochkritischen Elementen ausgestattet und mit Milliardenaufwand kombiniert worden. Nun schoss fast die ganze Welt auf Japan, schickte diese Milliarden auf die Reise, ihrer Erfüllung entgegen, zu vernichten und zu zerstören. Aber dazu kam es nicht. Wo die Raketen gen Okinawa flogen, gerieten sie in Usagis mächtigen Wall. Einige Raketen zündeten in der Hoffnung, ihre Explosion würde den Schild ins Wanken bringen. Einige wurden daran zerquetscht wie Blechbüchsen, weil der Schild nicht nachgab - der Stahl der Raketen schon. Über Kyushu hatte SailorMars einen etwas anderen Weg gewählt. Unterstützt von den SeedGenerälinnen wehrte sie die heraneilenden Atomraketen mit ihrem Bogen ab, schoss Dutzende Pfeile in der Sekunde ab, von denen jeder sein Ziel traf. Sie schoss nie daneben. Und worauf sie nicht schoss, das holten sich Rose und Targethia. Im Norden Japans, über Hokkaido, unterstützte die beste GunSuit-Abteilung Japans unter Major Ayoka SailorJupiters Kampf gegen das Gros der Raketen; da dieser Teil Japans dem Festland am Nächsten war, und da viele Raketen über den Nordpol geschickt worden waren, trafen hier die meisten ein. Ihre Explosionen erfüllten den Himmel von Horizont zu Horizont. Der Westen war einigermaßen ruhig, was Raketen anging. Aber nachdem SailorVenus energisch demonstriert hatte, was sie von den zwölf mit Sizzlern bewaffneten Frachtschiffen gehalten hatte, hätte es auch keinen nennenswerten Widerstand mehr geben können. Danach machte sie zusammen mit Jedithe Jagd auf die atomaren Unterwasserträger der Russen, um sie in bewährter Manier aus dem Meer zu angeln. Als die letzte Rakete verging, als ihre Trümmer gen Erdboden oder Meer fielen, als im Hauptquartier das letzte Kreuz bei einer Absturzstelle gemacht worden war, um das spaltbare Material für die Entsorgung (in der Sonne) zu bergen, war die Erde abgerüstet worden. Um etwa fünfundneunzig Prozent aller einsatzbereiten Atomwaffenträger mit mittlerer und interkontinentaler Reichweite. Aber das nur nebenbei. Was viel wichtiger war, das war das Fernsehbild, das von sämtlichen Sendern Japans um die Welt geschickt wurde. Es zeigte einen strahlenden Botschaftsturm des SilverMilleniums - und ein vollkommen verwüstetes, bis auf den letzten Stein zerstörtes Umland... Und dies auf einer Fläche, die das Gros des Großraums Tokio umfasste, auch das Hauptquartier der JSVS. *** "Unser Ziel ist erreicht", sagte die umgestürzte Pyramide. "Die Fernsehbilder beweisen, dass Tokio zu einem Großteil zerstört wurde. Noch wichtiger, der Turm des SilverMilleniums steht noch. Ihre eigenen Leute konnten sie schützen, nicht aber die halbe Million Unterstützer vor ihren Toren." "Ich werde das entsprechend ausschlachten", sagte der Goldstern. "Meine besten Reporter schreiben schon daran. Ihre Artikel werden die Geschichte so umschreiben - und ich meine die Weltgeschichte - sodass wir als die Retter der Welt dastehen, vor der Invasion, die uns gedroht hatte." "Schön und gut", sagte das Holzstäbchen-X, "aber vergesst Ihr nicht eine Kleinigkeit?" "Was denn? Was sollte unseren Sieg jetzt noch trüben? Es mögen Sailorkrieger überlebt haben, aber wer wird ihnen jetzt noch zuhören, wer sie aufnehmen wollen?", fragte das rote Z spöttisch. "Sie werden mit den Beibooten zum Mond fliegen, und unser Volkszorn wird dafür sorgen, dass wir ihnen in wenigen Jahren folgen können, um sie auch dort zu vernichten." Ein weiterer Monitor flammte auf. Das Symbol der weißen Wolke erschien. "Was der werte Kamerad meint, das ist die Frage, warum Prinzessin Kakyuus Raumschiff auf den Bildern nicht zu sehen ist, Ihr Dummköpfe! Selbst wenn es abgestürzt wäre, müssten wir das Wrack sehen!" "Es wird aufgestiegen sein, raus aus der Katastrophe", sagte Goldstern. "Noch etwas, was wir medienwirksam ausschlachten können. Noch etwas, was wir... Wer...? Was...? Was wollen Sie?" Der Monitor mit dem Goldstern erlosch. "Was passiert da?", fragte Holzstäbchen-X überrascht. "Was ist mit unserem Medienmogul geschehen?" "Das gleiche, was auch dir wiederfahren wird", sagte die Wolke gelassen. "Das gleiche, was euch allen passieren wird. Die Häscher sind unterwegs. Niemand wird ihnen entkommen. Auch du nicht, Pyramide. Euer Vertrauen darauf, dass die Bilder aus Tokio echt sind, dass Ihr gesiegt habt, hat euch unvorsichtig gemacht. Ich habe lange auf eine solche Gelegenheit gewartet." Die weiße Wolke verschwand. An ihre Stelle trat das Bild einer Frau, eine aktuelle Live-Aufnahme ihres Gesichts. Ein Sakrilegs in dieser Gemeinschaft. Aber es war nicht irgendeine Frau. Es war Setsuna Meio, besser bekannt als SailorPluto, die Hüterin der Zeit. Nun, es war zu bezweifeln, dass sie hier als Hüterin der Zeit bekannt war, aber das waren nur Details, kleinliche Details. "Und hier und jetzt weiß ich von jedem von euch, wo er oder sie ist, was er oder sie ist, und welche Machtmittel er oder sie hat." "Du hast nicht die Macht, das zu tun!", zischte das rote Z. Ein weiterer Monitor flammte auf, der noch nie aktiv gewesen war. Auf ihm prangte ein Adler. "Aber ich habe diese Macht, und viele Staatsoberhäupter, die wie ich denken, haben diese Macht. Und wir setzen sie genau jetzt ein." Das Symbol verschwand. Es erschien der Präsident der USA. "Und ich hole jetzt verdammt noch mal mein Weißes Haus zurück! Ich komme Sie holen, Pyramide!" Auf einen Schlag erloschen alle Monitore, bis auf den von Setsuna und den des Präsidenten. "Das war leicht", scherzte er. "Das war auch nur der Anfang", erwiderte sie. *** "Ich glaube, ich kriege gleich einen Herzinfarkt", stammelte Akira. Gemeinsam mit Diamant, Saphir, Helios und Ami stand er auf dem Balkon auf mittlerer Höhe, auf dem sie angegriffen worden waren. Er sah auf das Umland, das... Nun, vollkommen zerstört war. Soweit das Auge reichte, breiteten sich Trümmer und Wüste aus. "Bitte sagt mir, dass wir nicht dabei geholfen haben. Bitte sagt mir, dass das nicht real ist." "Oh", sagte Diamant, schlug die Kapuze zurück und trat an die Balustrade, um sich am Geländer schwer abzustützen, "es ist real. So real, wie Realität nur sein kann. Etwas anderes würde unsere jüngeren Ichs nicht täuschen. Es muss schon eine Parallelrealität sein." "Was, bitte?", fragte Akira verständnislos. "D-das ist genial!", rief Ami. Sie stürzte an das Geländer heran. "Ich habe mich immer gefragt, wie wir die Zukunft der Zerstörung durch die Familie des Bösen preisgeben können, obwohl wir von dieser Zukunft wissen! Jetzt verstehe ich! Das tun wir gar nicht!" "Natürlich tun wir das nicht", sagte Usagi, genauer gesagt Usa-chan. Sie materialisierte zwischen Ami und Akira. "Aber wir tun es eben doch. Wir tun es zu einem gewissen Teil, um mein jüngeres Ich zu täuschen und sie auf ihre Zeitreise zu schicken." Sie sah mit brennenden Augen auf das Chaos hinab. "Und sie wird es glauben, mit jeder Faser ihrer Seele. Und die Sailorkrieger aus der Vergangenheit werden hier, in dieser Parallelwelt, Diamant und seine Familie aufhalten..." "Moment mal, Moment, noch mal für die billigen Plätze", sagte Akira. "Ich weiß, dass in der Zukunft, wenn Usa-chan sechs oder sieben Jahre alt ist, dieser Ort zerstört werden wird, weil die Familie des Bösen aus der Zukunft angreift. Die Sailorkrieger der Inneren Planeten werden dabei den zukünftigen Palast abschirmen, bis ihre jüngeren Ichs eine Zeitreise machen und diese Zukunft retten. Und das ist hier?" "Ja", sagte Saphir schlicht. Er trat ebenfalls an den Balkon heran. "Dies ist keine Illusion. Es ist eine Realität. Eine Variante. Eine Welt in einer Tasche, wenn Ihr so wollt. Wir zeigen sie der restlichen Erde, um sie zu überzeugen, Tokio wäre vernichtet. Und in nicht allzu ferner Zukunft wird diese Welt unsere jüngeren Ichs glauben machen, sie hätten das SilverMillenium komplett zerstört, bis auf dem Turm. Stattdessen trafen all ihre Schläge diese Teilrealität, die wir heute vorbereitet haben. Die wir für die Zukunft brauchen, um sie zu täuschen. Und wir wissen nur zu gut, wie realistisch diese Welt sein muss, um sie täuschen zu können. Es muss sein, um den Fortlauf der Zeit zu gewährleisten." "Und was ist mit dem echten Tokio?", fragte Akira verwirrt. "Schön, dass du das fragst", sagte Usa-chan. "Aelion, ist alles bereit?" Der Millenier verneigte sich leicht. "Es ist alles bereit, Hoheit." "Dann sollten wir das Taschenuniversum in die Tasche zurückpacken, bis wir es brauchen." Sie schnippte mit den Fingern. Aus den Tiefen des Turms brach Licht hervor, brach sich Bahn, brachte die mittlere Spitze zum Erleuchten. Und während das Leuchten das Land überflutete, schien die Landschaft der Zerstörung dahinzuschmelzen und einer anderen, farbenfroheren, belebteren Welt Platz zu machen. Nach und nach, an den Rändern beginnend, verschwand die verwüstete Welt und machte der anderen Platz, die erfüllt war mit Leben, mit noch immer stehenden, unverwüsteten Gebäuden, mit Zivilisation. Als all dies abgeebbt war, bot sich den Betrachtern das Bild, das sie vor dem Angriff von diesem Balkon gehabt hatten: Der Blick auf fünfhunderttausend Menschen, die zur Unterstützung des SilverMilleniums zusammengekommen waren. "Okay", sagte Akira stockend, "jetzt bin ich beeindruckt." "Mach ein "wir" draus", sagte Ami tonlos. "Wir werden Tsunami und Armageddon hier behalten müssen", sagte Saphir, während sein Blick über das Land - das unverwüstete Land - hinwegging. "Wir brauchen sie als Eindämmung für die Explosion, die uns tatsächlich die Energie liefert, um das Taschenuniversum zu erhalten und einzusetzen, wenn seine Zeit gekommen ist. Ihr beide habt die Explosion gebändigt und damit nutzbar gemacht, Helios war so nett, die Kanäle zu erschaffen, die wir für die Energie benötigen, und uns oblag es, diese Realität so..." Diamant legte eine Hand auf die Schulter seines Bruders. "Spar dir den Atem. Die beiden hören dich eh nicht mehr", sagte er schmunzelnd. Ami und Akira lagen sich in den Armen, erleichtert, noch immer ein wenig verkrampft, aber eben erleichtert. Sie klammerten sich aneinander wie Ertrinkende an die letzte Rettung. Und diese Geste sagte mehr aus, als es jeder Kuss getan hätte. Nicht, dass sie sich NICHT geküsst hätten. Und nicht, dass... Nun, sie hatten eigene Räume in der Botschaft, auch wenn wohlmeinender Spott behauptete, Akira hätte sein Bett auf der Krankenstation. "Na endlich", seufzte Aelion. "Das war ja kaum noch auszuhalten gewesen." Der Millenier runzelte die Stirn. "Was bitte machst du da, Usa-chan?" "Nur ein Beweisvideo mit meinem SmartBracelet. Für den Fall, dass sie meinen, sie würden wieder mal mit halbherzigen Lügen durchkommen. Bei uns oder bei sich selbst." "Keine schlechte Idee", schmunzelte Aelion. *** Beinahe unbemerkt von den mittleren Chargen wurden die obersten Verschwörer festgenommen. Aber das würde nicht lange so bleiben. Die Beweise, von SailorPluto in akribischer Arbeit gesammelt, und dank ihres Zeitreisetalents absolut wasserdicht, würden schon bald dazu führen, dass die Heimatländer der Verschwörer offiziell Anklage gegen sie erheben würden. Die Hauptanklagen lauteten auf Provozierung eines Krieges, Verschwörung, Hochstapelei, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen von besonderer Brutalität gewaltsamer Putsch. Wohl den obersten Putschisten, allesamt schillernde Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und alle sehr reich und mächtig, die in einem Land lebten, das die Todesstrafe abgeschafft hatte. Oder zumindest an den internationalen Gerichtshof in Den Haag ausgeliefert wurden. Die oberste Riege hatte aus sieben Menschen bestanden, außer Setsuna Meio natürlich. Danach folgten weitere Personen in hohen Ämtern, Rängen und Kapitäne großer Industrien, aber diese sieben waren eindeutig die Drahtzieher, jene, die die Welt nicht sehen wollten, die Serenity und das SilverMillenium zum Wohle aller schaffen würden, aber auf Kosten des Ultrawohlstands einer weniger. Derjenige, der alles initiiert hatte, war der russische Multimilliarder Wladimir Kutow, Herrscher über Erdöl, Erdgas, ein Imperium an Medienbetrieben und einem eigenen Abgeordneten in der Duma. Darauf folgte der neuseeländige Medienzar Robert Hammok mit seinem weltweiten Zeitungs-, und Fernseh-Imperium. Der hochdekorierte US-Admiral Klaus von Schneider, der wegen seiner Hardliner-Haltung vom Präsidenten kurz nach dessem Amtsantritt in den Ruhestand geschickt worden war, unter anderem wegen dessen unversöhnlicher Haltung gegen das SilverMillenium, das nach seinen Worten "US-Geschäfte in Schwarzafrika stört und definitiv einen Denkzettel braucht". Vierte im Bunde war Lene Hupf, ebenfalls Milliardenerbin und oberste Aktionärin des europaweiten Mediennetz ihres italienischen Gatten, der unter noch nicht ganz geklärten Umständen vor einigen Jahren verstorben war. Gerüchten zufolge war es Herzschlag im Bett gewesen, und Hupf hatte immer wieder betont, es sei ihr Bett gewesen. Nummer fünf war Harold Kwan, greiser, aber immer noch hochaktiver Bankchef der Royal Bank of Asia-Kette, schwerreich und in so ziemlich alles verwickelt, was international gehandelt werden konnte. Der Sechste im Bunde war der ukrainische Multimilliardär Sören Fokk, der sich nach dem Zerfall der Sowjetunion daran gesund gestoßen hatte, staatliche Firmen für ein Butterbrot aufzukaufen und erheblich unter Preis, aber immer noch mit einem satten Gewinn in den Westen zu veräußern. Nummer sieben, und damit die Spitze einer Pyramide aus hunderten hochrangigen Verschwörern aus Wirtschaft, Politik und Militär, etlichen Generälen, Direktoren und Ministern, war Dörte Fitz, hochangesehene Koryphäe der Soziologie, Nobelpreisträgerin und erimierte Professorin, die als die Spitzenkönnerin angesehen worden war, wenn es um die zukünftige Entwicklung der Menschheit gegangen war... Zumindest bis das SilverMillenium all ihre Prognosen über den Haufen geworfen hatte. Von ihr war ein Großteil der Pläne entwickelt worden, die beinahe zur Vernichtung des SilverMilleniums und Japans an sich geführt hätten. Letztendlich war es eine Fehlprognose gewesen, die den Plan hatte scheitern lassen: Die Koalition aus Verrätern Chinas, Russlands, des Vereinigten Königreichs und der USA war eben doch noch nicht bereit gewesen, um die Sailorkrieger zu vernichten. Aber noch erfuhr die Welt nichts davon, denn die mittleren Ebenen der Verschwörung spielten nun ihr Programm ab, das für den Fall des absoluten Erfolgs vorgesehen gewesen war. Ihre Medien berichteten ausführlich von der Vernichtung Tokios, nicht ohne immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Botschaft noch scheinbar unberührt stand. Zweifel an Serenitys Integrität wurden laut, die Kriegsschuld eindeutig dem SilverMillenium zugewiesen. Und noch bevor die erste Stunde um war, forderten die ersten Fernsehsender eine Intervention, um den Turm auch noch zu vernichten und "das ganze Invasorenpack zurück zum Mond zu jagen". Leider begingen diese "mittleren Ebenen" einen kapitalen und recht logischen Fehler. Sie unterschätzten die Menschen. Menschen, die im Internetzeitalter lebten. Menschen, die sich nicht nur auf das Fernsehen als Informationsquelle verließen. Menschen, die ganz genau erlebt hatten, wer hier wen attackiert hatte. Menschen, die von SailorMoon vor dem Tod unter dem Eispanzer gerettet worden waren. In sozialen Netzwerken kursierten Gerüchte, Informationshappen, wilde Verschwörungstheorien wurden aufgestellt, von denen einige erstaunlich nahe an der Wahrheit lagen. Natürlich gab es auch hier bezahlte Komparsen, die Stimmung gegen das SilverMillenium machten, aber im Internet war es ungleich schwerer, die eigenen, illegalen und massiven Angriffe auf ein souveränes Land, dem nicht einmal der Krieg erklärt worden war, als Notwehr oder Selbstverteidigung zu verkaufen. Während also die ersten Zeitungen in den Druck gingen, die den "Sieg" verkündeten, während die Fernsehsender sich mit Sondersendungen zum Ende des SilverMilleniums überschlugen, wuchs im Netz der Widerstand. Und nach dem Ablauf der ersten Stunde kam es zu den ersten spontanen Demonstrationen gegen eine Fortführung dieses Kriegs. In allen großen Städten gingen die Menschen auf die Straße. Immerhin hatte SailorMoon ihnen das Leben gerettet, ihnen allen. Und just in dieser Stunde jagte ein Link durch die sozialen Netzwerke, wurde angeschaut, angestaunt, weiterverbreitet und weit gestreut. Als die Mächtigen auf ihn aufmerksam geworden waren, hatten ihn über eine halbe Milliarde Menschen bereits angeklickt. Und die Zahl der Menschen, die es taten, schoss exponentiell in die Höhe. Videos wurden gezogen und ebenfalls verbreitet, nur für den Fall, dass der Link, der zu einer Webcam führte, gestört werden würde. Denn was der Link zeigte, das war Tokio, aufgenommen vom Botschaftsturm des SilverMilleniums. Das unzerstörte Tokio in den beginnenden Abendstunden, dessen Straßen noch immer von Hunderttausenden Unterstützern des SilverMilleniums gefüllt waren. Und dann, als die Mächtigen doch eingriffen und versuchten, die Verbreitung des Links zu unterbinden, begannen auch die japanischen Sender die Wahrheit zu berichten. Dass Tokio nicht zerstört war, dass sich das SilverMillenium nicht feige hinter ihren Schild zurückgezogen, sondern bis zum Ende gekämpft hatte. Bilder der Sailor bei ihren entscheidenden Schlägen gegen die Raketen wurden gezeigt, wieder und wieder. Bilder der GunSuits und der Jagdflieger, der Raketenabwehrtruppen, all das ging um die Welt und zeigte: Japan gab es immer noch. Serenity gab es immer noch. Und diesen Fakt konnten die Verschwörer, nachdem sie ihre Masken hatte fallen lassen, nicht mehr aus der Welt schaffen. Dann jagten die Meldungen der Verhaftungen durch das Netz, die Anklagen wurden bekannt. Zuerst blieb die Presse loyal ihren Geldgebern gegenüber. Wer bis jetzt noch nicht den Hut genommen hatte, besaß kaum nennenswerte Skrupel. Dann aber wurde den Verschwörern klar, was es bedeutete, dass diese sieben Leute die erlesene Spitzengruppe, die niemand wirklich kannte, repräsentierten: Die Verschwörung war gescheitert, und ab hier würden die Häscher von oben nach unten ausschwärmen, um selbst den letzten aktiv Beteiligten vor den Kadi zu zerren. Es war nicht überraschend, dass ganze Zeitungstagesausgaben daraufhin eingestampft wurden und neue Schlagzeilen bekamen, dass Fernsehsender ihr Programm umschmissen und tt Hasstiraden gegen das SilverMillenium nun zu Lobpreisungen wechselten, in der vagen Hoffnung, das würde ihnen den Hals retten. Nun, bei den meisten tat es das nicht. Es war relativ unmöglich, einem Gegner zu entkommen, der die Zeit beherrschte, der an jeden beliebigen Punkt der Zukunft reisen konnte, um dort in irgendeinem Bericht nachzuschlagen, wo sich welcher Verschwörer wann aufgehalten hatte, nur um dieses Wissen in der Gegenwart weiterzugeben. Setsuna und Hotaru waren sehr, sehr gut organisiert. Und als in Tokio der nächste Morgen graute, gab es das SilverMillenium noch - die Verschwörung allerdings nicht mehr. Auf die weitere Zukunft der Verschwörer einzugehen würde zu weit führen. Nur so viel: Vermögen wurden konfisziert, Unternehmen zerschlagen und gestückelt verkauft und Menschen zu langen Haftstrafen verurteilt. Natürlich mit der Chance auf Resozialisierung. Nach ein paar Jahrzehnten Haft. Das letzte Tüpfelchen auf dem I aber kam aus dem Weltall... *** Die Fernsehansprache der rothaarigen Frau wurde über die ganze Welt übertragen. Notgedrungen, denn wer immer sich geweigert hätte, hätte sich schnell dem Verdacht ausgesetzt, aktiver Teil der Verschwörung zu sein. Die Frau hätte ein Mensch sein können, auf Erden geboren, aber das war sie nicht. Inwieweit ihr Erbgut mit dem der Menschen übereinstimmte, würden die Wissenschaftler des SilverMilleniums sicher noch ermitteln; noch immer hielten sich die Gerüchte über ein GoldenMillenium vor dem ersten Mondreich hartnäckig, dessen Überlebende nicht nur das neue Reich gegründet, sondern auch über die halbe Galaxis geflohen waren und etliche Welten besiedelt hatten, aber das auch nur am Rande. Aber eines war auf jeden Fall klar: Diese Frau und ihr Raumschiff, die Sternensänger, standen ganz klar auf der Seite des SilverMilleniums. Und ihr Lächeln war so süß, dass selbst gestandene Männer weiche Knie bekamen, wenn sie es sahen. "Ich bin Kakyuu, Königin von Kinmoku und Oberhaupt der Galaktischen Allianz. Ich bin auf die Erde gekommen, um das SilverMillenium in den galaktischen Reigen aufzunehmen, um ihnen und ihrer obersten Repräsentantin Serenity einen ständigen Sitz im Rat der Planeten anzubieten. Darüber hinaus wollten wir handverlesenen Menschen anbieten, ihre Welt zu verlassen und die anderen galaktischen Kulturen zu studieren und die menschliche Kultur in all ihren Facetten vorzustellen, der Galaxis zu zeigen, wie aufrecht, wie tapfer, wie edel und wie rechtschaffen die Menschen sind. Ich fürchte allerdings, dass wir dieses Angebot nach dem atomaren Angriff auf das SilverMillenium nicht aufrecht erhalten können. Die Menschheit hat sich als zu unreif, zu obrigkeitshörig erwiesen. Ihr fehlt die kosmische Reife, um im Reigen der Nationen eine gleichberechtigte Position einzunehmen. Viel zu viel muss sie ändern, um überhaupt als etwas anderes denn eine Gefahr für die anderen Zivilisationen angesehen zu werden. Aggressivität, Kleinstaaterei und Ellenbogenkapitalismus sind keine Zeichen von Fortschritt, sondern von Rückschritt. Solch eine Menschheit ist nicht reif, nicht dazu in der Lage, in den Kontakt mit anderen Völkern zu treten, wenn es nicht einmal ihren eigenen Staaten eine friedliche Koexistenz aufrecht erhalten kann. Bis auf weiteres wird Kontakt zur Galaxis nur über das SilverMillenium erfolgen, gesteuert, mit kleinen Quoten und überwacht. Aber die Galaktische Allianz ist bereit, verhandlungsbereit. Schon kleine Zeichen des guten Willens können in diesen Tagen den Leumund der Menschheit verbessern. Eine Reduzierung der Waffen zum Beispiel, eine allgemeine und weltweite Verbesserung der Lebensbedingungen, natürlich angepasst an die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen vor Ort. Freier Zugang zu Lehrmöglichkeiten für alle Menschen und die Überwindung nationalstaatlicher Grenzen. Für uns Galaktiker ist eine Welt befremdlich, auf der es mehr als eine Nation gibt. Die Erde hingegen kennt zweihundertachtzehn. Überwindet diese Dinge, und unsere stets offene Hand wird euch erreichen. Einen ersten Schritt habt Ihr schon getan, als Ihr fünfundneunzig Prozent eurer atomaren Massenvernichtungswaffen habt zerstören lassen. Das war ein guter Anfang. Die Galaktische Allianz nimmt dies als Erlaubnis, auch die restlichen Kernwaffen auf der Welt zu zerstören sowie die Möglichkeit zu unterbinden, neue Kernwaffen zu erschaffen. Permanent, auf Dauer, für alle Staaten der Erde, ohne eine Chance oder Möglichkeit, uns zu unterlaufen. Damit wird das Ende einer atomaren Bedrohung eingeleitet, die als Damoklesschwert seit sechzig Jahren über der Menschheit geschwebt hat. Und dafür, dass es nun nicht zur Übervorteilung einzelner Nationen kommt, wird Serenity sorgen. Dies ist ihr Versprechen an die Menschheit: Wenn die Menschen ihr vertrauen wie bisher, wird sie weiterhin ihr Bestes für sie alle geben. Ich bin Königin Kakyuu, Oberhaupt der Galaktischen Allianz. Und ich breche jetzt mit der Sternensänger auf, um jede einzelne Atombombe auf dieser Welt zu neutralisieren. Auf das die Menschheit ein Volk wird, das wir gerne und ohne Angst im Reigen der galaktischen Völker begrüßen werden." Sie hielt Wort. Nach nicht einmal einem Tag war die ganze Erde Kernwaffenfreie Zone geworden. *** "Bitte nach dir, Iskander", sagte SailorUranus zuvorkommend und ließ dem Weißhaarigen den Vortritt. "Und keine Sorge, wir haben bereits kontrolliert, ob jemand versucht, dich umzubringen. Bisher war es negativ." "Haruka...", tadelte Michiru ihre Gefährtin, konnte aber selbst ein Schmunzeln nicht unterdrücken. "Danke", erwiderte Akira. Aber ein mulmiges Gefühl blieb, als er den Tunnel betrat, der ihn direkt zur britischen GunSuit-Fabrik im australischen Outback befördern würde. Er zögerte, dann aber gab er sich einen Ruck und trat hindurch. Ein genauer Beobachter aber hätte sehen können, dass er seinen berühmten Zeigestab ein wenig zu fest umschlossen hielt. Okay, seine Hand krampfte sich um den Zeigestab. Haruka und Michiru folgten ihm auf dem Fuß, ihnen wiederum folgte ein Rattenschwanz an Milleniern, Elitesoldaten und Sailorkriegern. Auf der anderen Seite erwartete sie der zum General beförderte Kenichi Kano. Er salutierte steif. "General Iskander! Es tut gut, Sie wohlauf zu sehen. Die Nachricht, dass Sie die Atomexplosion im Fundament des Turms bändigen wollen, hat mich das Schlimmste befürchten lassen. Schön, dass es nicht dazu gekommen ist." "Äh", meinte Akira und deutete nach Rechts, "kontrolliert mich deshalb der Mann mit Geigerzähler auf Radioaktivität?" "Der Mann ist Brite und hält sich nur an seine Vorschriften", erwiderte Kano amüsiert. "Keine Sorge, ich kenne die Sailorkraft und weiß, dass Sie nicht radioaktiv sind. Und alle britischen Truppen sind in diesem Moment nicht bewaffnet. Ganz davon abgesehen, dass hier niemand glaubt, den Unsterblichen in irgendeiner Weise töten zu können, nachdem das nicht einmal eine Atombombe geschafft hatte. Bitte hier entlang, General." "Der Unsterbliche?" "Es gibt nicht sehr viele Menschen, die aus nächster Nähe eine Atombombenexplosion erlebt haben und noch unter uns weilen", schmunzelte Kano. Sie traten um das Wurmloch herum. "ACHTUNG!" Etwa zweihundert Soldaten waren vor der Fabrikhalle angetreten und nahmen Haltung an. Akira sah nicht nur die Spezialeinheiten Kanos, mit denen er Amerikanisch-Samoa unsicher gemacht hatte, auch eine ganze Abteilung GunSuits des SilverMilleniums war angetreten. Aber es waren noch weitere Soldaten zwischen ihnen, die er nicht kannte. "SALUTIERT!" Akira war beeindruckt, als die Hände simultan nach oben zuckten und ihm Respekt erwiesen. Für einen Moment war er erschlagen von der Geste, aber er fing sich und erwiderte sie gerührt und mit seiner Würde als alter Soldat. "Rühren, Herrschaften. Ich fühle mich sehr geehrt durch diese Geste." Er schritt vor die breite Front von zweihundert Soldaten, die fünf Mann tief und vierzig Reihen weit den Weg zur Fabrik säumten. "Und wir fühlen uns sehr geehrt, dass du diesmal nicht gestorben bist", frozzelte Haruka. "Haruka...", tadelte Michiru erneut. Akiras Wangenmuskeln zuckten verdächtig, aber noch beherrschte er sich. Kano deutete auf den vordersten GunSuit. Das Helmvisier stand weit offen. "Oberst Kano kennen Sie ja noch, nicht?" Akira trat an den Mann heran und reichte ihm die Hand. "Ich vergesse nie ein Gesicht, wenn ich sein Visier aufgeschnitten habe, damit er in seinem total ausgefallenen GunSuit nicht erstickt. Freut mich, Ayoka." Der Offizier im GunSuit drückte die Hand mit der vollmodellierten Hand seiner Rüstung. "Mich ebenfalls, General Iskander. Gut, dass ich Sie nicht erwischt habe." "Ja, das finde ich auch." "Darf ich Ihnen meine besten Piloten vorstellen? Umino Gurio, der Beste der Freiwilligen." Akira lächelte den hochgewachsenen, breitschultrigen Mann verschmitzt an. "Es war eine gute Idee von Usagi, dich und Naru in die Botschaft einzuladen." "Wie man es nimmt, Akira. Auf jeden Fall hat es sich gelohnt. Für die Menschheit." "Das ist wahr." Für einen Moment dachte Akira an das, was er durchgemacht hatte, fühlte Zorn, Wut, aber auch Bedauern und einen Hauch Zufriedenheit, weil die Dinge zu ihrer aller Wohl positiv ausgegangen waren. Aber er fing sich und kehrte zu seinem Lächeln zurück. "Wir müssen uns dringend unterhalten, wenn die ganze Geschichte hier vorbei ist, Umino." "An mir soll es nicht scheitern", lachte der Mann. "Shingo Tsukino", stellte der Oberst vor. Akira reichte dem Mann in der Rüstung automatisch die Hand, bevor seine Kinnlade herabfiel. "Sh-sh-sh-shingo? In einem GunSuit? Du warst auf dem Schlachtfeld?" "Ja, war ich, Akira-san. Das war das Beste, was ich tun konnte, so ohne Sailorkraft. Und ich war richtig gut. Ich gehöre zu den Besten", sagte der Junge stolz. Ayoka nickte zustimmend. "Okay, schön und gut, aber das haben dir deine Eltern erlaubt?" "Ja, das haben wir", sagte der Mann neben Shingo. "K-kenji-san? In einem GunSuit?" Akira wurde blass, wirklich blass. Was der Beschuss mit einer Kanone, ein Treffer mit einem Scharschützengewehr, ja selbst eine Atombombenexplosion nicht geschafft hatte, nun trat es ein. Ihm wurden die Knie weich. "A-aber..." "Auch ich hatte das Bedürfnis, mal zur Abwechslung meine Tochter zu beschützen, anstatt immer nur beschützt zu werden", sagte er ernst und zufrieden. Akira straffte sich wieder, als er Harukas helfende Hand in seinem Rücken spürte. Das gab ihm Kraft, Zuversicht, Vertrauen. Wirklich, wenn sie nicht Michiru gehabt hätte und er nicht Ami, dann... Aber das war eine ganz andere Geschichte. Akira sah Ayoka ernst an. "War es das jetzt mit Überraschungen?" "Äh", druckste der Elitesoldat verlegen. "Eine habe ich vielleicht noch. Mein zweitbester Pilot, oder vielmehr meine zweitbeste Pilotin ist Furohata-kun." Akiras Kopf ruckte in die Richtung, in die Ayoka zeigte. "UNAZUKI? JA, HIMMEL, SIND DENN ALLE VERRÜCKT GEWORDEN?" Das Mädchen blies die Wangen auf. "Was? Nur weil ich auch mal meinen Teil zur Rettung der Welt beitragen wollte? Ich habe überlebt, und ich bin wirklich gut auf dem GunSuit, Akira." "Ja, das ist sie", sprang Shingo ihr verbal bei. Der weißhaarige Junge mit der Erinnerung eines zehntausend Jahre toten Generals des Silvermilleniums schluckte trocken, bis er auch noch Michirus Hand in seinem Rücken spürte. Dankbarkeit erfüllte ihn. Wirklich, die beiden waren für ihn etwas sehr Besonderes. "Was bin ich froh, dass dieser ganze Krieg auf unserer Seite nur einen einzigen Toten gefordert hat." Was er nicht sagte, das war, dass er den Tod dieser drei überhaupt nicht gut verkraftet hätte. Garantiert nicht gut. "General, ich würde Ihnen gerne Oberst Park Sung-kee vorstellen. Er war einer der Ersten, der mit seiner Staffel nordkoreanischer MiG zu uns übergelaufen ist. Seine Handlung wurde später vom Staat nicht nur subventioniert, sondern auch noch mit einem Orden und einer Beförderung belohnt." Akira reichte dem Asiaten die Hand. "Es freut mich, Oberst." "Mich freut es, dass ich im richtigen Moment die richtige Entscheidung fällen konnte, Herr General. Aber wenn man auch nicht mehr der Frau trauen konnte, die die Welt unter dem Eispanzer gerettet hat, wem hätte man dann noch trauen können?" "Das ist ein wichtiger Punkt. Sie haben mehr als richtig gehandelt." "Aus Ihrem Mund bedeutet mir das eine Menge." Die beiden Männer schüttelten sich erneut die Hand. "Captain Tobias Cartland, noch nicht befördert", merkte Kano an. "Hat den ersten Raketenangriff auf die Botschaft angeführt, war danach aber einer der Ersten, die sich freiwillig gemeldet haben, um nach Hokkaido zu verlegen, um dort SailorJupiter und die SVS zu unterstützen." "Man trifft nicht immer sofort die richtige Entscheidung", kommentierte der Amerikaner. "Aber ich bin froh, dass ich mich entschieden habe." "Wir alle sind froh, dass wir uns entschieden haben, Cartland", erwiderte Akira. Er reichte dem Amerikaner die Hand und schüttelte sie. "Und zuguterletzt Colonel McIntire, der militärische Oberkommandierende der Fabrik." Kano deutete auf einen Mann mit gewaltigem Schnurrbart und unbewegter Miene, der am Rande der Parade wartete. Er salutierte, als Akira, Haruka und Michiru näher traten, verweigerte aber einen Händedruck. "Sie sind die Sieger. Ich muss tun, was Sie mir sagen. Und dies ist, meine Fabrik zu vernichten. Das gefällt mir nicht. Tun werde ich es trotzdem. Aber Ihnen ist klar, dass dies nicht die letzten GunSuits sein werden, die das Empire baut?" Akira zuckte die Achseln. "Solange Sie die GunSuits nicht gegen uns einsetzen, so wie jene, die hier erbaut worden sind, interessieren sie uns nicht." Sein Blick wurde hart. "Also vermeiden Sie es, unser Interesse zu wecken. Vor allem meines." Der gestandene Mann verzog keine Miene und wich nicht zurück. Aber nach ein paar Sekunden grunzte er zustimmend. "Verstanden und akzeptiert, General Iskander. Wenn ich Sie bitten darf, auf Ihrem Platz Platz zu nehmen..." "Mein Platz?" "Dein Ehrenplatz. Von dort kannst du zuschauen, während die Fabrik vernichtet wird", raunte ihm Haruka ins Ohr. "Ist das nicht schön? Du bist einmal direkt am Geschehen dran und nicht persönlich in Gefahr, Akira", raunte ihm Michiru ins andere Ohr. Die beiden zogen ihn in Richtung eines Schemels, wie ihn Generäle im japanischen Reich während der Shogunatskriege benutzt hatten. Hinter dem Schemel waren Sichtwände aufgestellt worden, die als Motiv das Symbol des SilverMilleniums trugen. Davor öffnete sich der weitläufige Komplex der Fabrik. Die vierte und letzte Fabrik. Nach der Vernichtung der Atomwaffen der Erde der letzte Ort, an dem eine Gefahr für das SilverMillenium kreiert werden konnte. Zumindest bis irgendwann, irgendwo eine andere Fabrik erbaut werden würde. Oder mehrere. Akira nahm Platz. "Wirklich, daran könnte ich mich gewöhnen", scherzte er. Haruka reichte ihm einen Becher. "Frischer Grüntee?" "Oh. Danke." Michiru hielt ihm eine Schale hin. In ihr waren kleingeschnittene Fruchtstücke, aufgespießt auf Zahnstocher. "Früchte? Mango, Ananas, Trauben und Drachenfrucht." "Na, da sage ich doch nicht nein. Alles meine Favoriten!", rief er erfreut. Der weißhaarige General stockte. "Äh, habe ich was verpasst? Verwöhnt Ihr zwei mich gerade?" "Ein kleines bisschen, vielleicht", sagte Haruka. "Das hast du dir aber auch verdient, weil du nicht gestorben bist." Michiru atmete heftig aus. "Einen Riesenschreck hast du uns mit deiner Aktion eingejagt. Nicht nur, dass du bei der armen Ami-chan nichts richtig auf die Reihe gekriegt hast, du warst auch drauf und dran, in einer atomaren Explosion zu vergehen. Das ging mir ans Herz." "Uns", verbesserte Haruka. "Den Tod von besten Freunden verkrafte ich nicht besonders gut, weißt du?" "Wir verkraften das nicht besonders gut", ergänzte Michiru. "Also mach sowas nicht noch mal, hörst du?" Akira steckte ein dicker Kloß im Hals. Was hätte er auch sagen können, was der Zuneigung und diesem Augenblick angemessen war? "Ich bemühe mich, versprochen", sagte er schließlich mit rauer Stimme. "Na, für den Anfang reicht das wohl", sagte Haruka. "Aber mach dich drauf gefasst, dass wir jetzt ein wenig auf dich aufpassen, kleiner Bruder." "Nanu, womit habe ich das denn verdient?", fragte Akira überrascht. Michiru kicherte. "Ich habe sie überstimmt. Finde dich damit ab. Du bist adoptiert." Der ehemalige General des alten SilverMilleniums lachte leise. "Da kann ich mir echt Schlimmeres vorstellen." Er lächelte sanfst erst nach rechts, dann nach links. "Ich danke euch. Ich danke euch sehr. Ihr seid beide ganz besondere Menschen für mich." "Wissen wir, wissen wir", sagte Haruka und klopfte ihm burschikos auf die Schulter. "Und jetzt sollten wir zum Hauptevent kommen. General Iskander, wenn du den Befehl geben würdest, diese Fabrik einzuebnen..." "Natürlich." Für einen Moment fiel ihm wieder diese Anekdote ein, die erzählte, wie ein britischer Offizier einen Schützengraben aushob. Er sagte seinem Sergeant: "Sergeant, bauen Sie mir einen Schützengraben!", denn es war Aufgabe eines Offiziers, einen Schützengraben haben zu wollen. Ihn zu konstruieren und einzurichten aber war Arbeit der Sergeanten. "General Kano, zerstören Sie diese Fabrik." Der Japaner salutierte. "Jawohl, General Iskander." Er wandte sich nach hinten. "Sergeant, zerstören Sie diese Fabrik!" "Jawohl, General!" Akira unterdrückte ein Lachen. Manche Dinge waren wohl universell. Vor ihm verging die vierte von vier GunSuit-Fabriken unter dem Feuer der japanischen GunSuits. Für den Moment war eine weitere Gefahr gebannt, die das SilverMillenium bedrohen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)