Fremde Welten (#1) von Purple_Moon (Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.) ================================================================================ Kapitel 51: Bis(s) zum Familienstreit ------------------------------------- Seltsamer Titel? Tja mir fiel nichts besseres ein und ich fand's lustig, weil Bis(s)-Geschichten ja gerade in sind... :P Enjoy! Fremde Welten 51: Bis(s) zum Familienstreit Neo und Yugi hatten irgendwann entschieden, dass sie wohl in Crimsons Schlafzimmer nicht mehr erwünscht waren. Da sie auch nicht wussten, wo Appi steckte, konnten sie ihn schlecht nach Genesis fragen, daher brachten sie erstmal Blacky in das Zimmer, das Yugi mit den beiden Magiern und Appi bewohnte. Kuriboh schwebte ihnen voraus, denn sie mussten in einen anderen Trakt der Burg. Das Geschenk von Genesis war nicht mehr im Raum. Yugi setzte Blacky auf dem Bett ab. Der Kater streckte sich und rollte sich ein. „Komisch, er verwandelt sich nicht zurück... wahrscheinlich hat nur Dark Energie von Crimson bekommen. Aber dafür war Crimson ganz schön agil...“ wunderte Yugi sich. „Es gibt Unterschiede, ob du die Lebensenergie nimmst oder die Magie. Jemand, der selber keine Magie anwenden kann, kann trotzdem welche haben und anderen zur Verfügung stellen. Bei Crimson ist das offensichtlich, denn er ist ja ein Magier,“ erklärte Neo fachkundig. „Wenn seine Magie gesperrt ist, hat er eine Menge ungenutzte Kraft, die Dark nutzen kann. Zum Beispiel, um sich selbst zu regenerieren. Ich könnte mir vorstellen, dass die beiden nicht zu unverschämt sein wollten...“ Ein bestätigendes Maunzen kam von Blacky, der ein Auge geöffnet hatte. Neo schaute ein paar Sekunden lang zu ihm hin. „Hm... vielleicht könnte ich auch...“ Er setzte sich auf das Bett und hob sich die Katze auf den Schoß. „Blacky, meinst du, du könntest was von mir nutzen?“ Yugi beobachtete die Szene neugierig. Beim Magier des Schwarzen Chaos musste man wahrscheinlich vorsichtig sein, wenn man ihm sowas anbot. Blacky stellte sich auf die Hinterbeine und leckte Neo am Kinn, was wohl sowas wie „Danke, gerne!“ heißen sollte. Im Anschluss machte er es sich neben Neo gemütlich, jedoch so, dass sein Körper den Magier leicht berührte. Sein Katzengesicht bekam einen konzentrierten Ausdruck. „Merkst du was?“ fragte Yugi neugierig. Neo nickte. „Er ist nicht kleinlich, der Schuft. Aber was will man von ihm erwarten... er ist ein Chaosmagier. DER Chaosmagier.“ Yugi setzte sich auf den Boden und wartete. Kuriboh schwebte seitlich über seinem Kopf. „Was bewirkt es, wenn er dir Magie abzieht? Wirst du davon müde oder kannst du schlechter zaubern?“ „Jeder Magier hat eine bestimmte Menge an Magie zur Verfügung, genau wie seine körperliche Kraft irgendwann erschöpft ist,“ nickte Neo. „Wenn ich von dieser Energie etwas abgebe, fehlt sie mir, aber sie lädt sich auch permanent neu auf.“ „Na hoffentlich fehlt sie dir nachher nicht im Kampf...“gab Yugi zu bedenken, doch Neo zuckte nur mit den Schultern. Wahrscheinlich hatte er recht, wenn er Blacky half, war das besser. Er hatte ja dann noch sein Schwert... Diesen Moment suchte sich Blacky aus, um seine menschliche Gestalt wieder anzunehmen. Er war noch wie eine Katze neben Neo zusammengerollt. „Oh... hallo Leute! Keine Sorge, Sorc kommt heute nicht mehr.“ Er sortierte seine Gliedmaßen, um aufstehen zu können, und ging sich ganz ungeniert ein Gewand holen, das er dann überstreifte. Dabei gähnte er herzhaft. „Woher weißt du das?“ fragte Neo erstaunt. „Ist der Kerl noch immer in deinem Hirn?“ „Neeeeeiiiiin!“ lachte Blacky, das Wort in spöttischem Tonfall lang ziehend. „Ich in seinem!“ Er kicherte, freute sich offenbar kindisch darüber. Dann aber wurde er wieder ernster. „Ihr habt euch ja gut geschlagen ohne uns... tut mir Leid, dass wir nicht mehr helfen konnten... und ich konnte, obwohl ich es mitbekam, nicht verhindern, was mit Crimson passiert ist.“ „Du hast das mitbekommen? Also... quasi durch Sorcs Augen?“ Neo runzelte skeptisch die Stirn. „Und das hat er nicht gemerkt?“ „Nicht dass ich wüsste. Und ja, so war es. Aber ich konnte nicht stets und ständig beobachten, dazu fehlte mir die Kraft, und auch dazu, euch immer alles zu sagen. Ich wartete also, bis ein brauchbarer Hinweis auftauchte. Das übermittelte ich dann Mystic – ich kann mich leicht geistig mit ihr verbinden, wir standen uns immer schon sehr nahe... und sie hat ja bei Lucranda viel Zeit bei mir verbracht...“ „Lucranda hat gesagt, ihr müsstet viel länger in diesen Tropfsteinen bleiben! Aber das ging jetzt so schnell, wie ist das möglich?“ wollte Yugi wissen. Blacky zwinkerte ihm verschwörerisch lächelnd zu. „Yugi, diese Feen brauchen sehr lange, wenn sie da unten sind. Sie haben ja auch Zeit, die uns fehlt. Wir aber haben uns aller Mittel bedient, die uns zur Verfügung standen, jede Quelle angezapft, die sich anbot. Sogar aus der Welt des blauen Lichts bekamen wir Energie, aber die Verbindung war nicht so intensiv, dass es aufgefallen oder gefährlich geworden wäre...“ „Aus meiner Welt? Wie das denn?“ „Dark. Seine zweite Seele kommt von dort. Oder... der Teil seiner Seele, der ein ägyptischer Magier und Priester war. Es gibt ja verschiedene Theorien zu dem Thema – manche besagen, dass jeder von uns mit einem Menschen aus deiner Welt verbunden ist, andere besagen, dass es manchmal vorkommt, dass sich eine Seele aufteilt und zur Hälfte in beiden Welten lebt, bis sie sich durch den Tod des einen Körpers ganz im zweiten wiederfindet. Aber warum man das Ka von jemandem ist, gilt noch als völlig ungeklärt. Nur hat wohl jeder Mensch eins, es wissen aber nicht alle. Dark kann auf die magischen Ströme der Welt des Blauen Lichts zugreifen, weil er durch einen speziellen Zauber mit seinem früheren Beschwörer verbunden und damit auch in Loyalität an den Pharao gebunden ist, der sich dort befindet und ihn als Karte in seinem Duelmonsters-Deck hat.“ Blacky sprach so, als wäre das alles völlig logisch für ihn. War es vielleicht auch – er wirkte immer so planlos und chaotisch, aber manchmal schien er Zusammanhänge zu begreifen, die andere schlichtweg ins Reich der Legenden abtaten. „Und dieser ägyptische Priester kann Hyroglyphen lesen,“ stellte Neo fest. „Er kann sogar mit dem Kram auf Crimsons Rücken was anfangen...?“ Blacky nickte. „Ja, ich glaube, das ist latentes Wissen für Dark – etwas, das er nur abrufen kann, wenn er mit etwas konfrontiert wird, wofür er es braucht.“ „Ich finde Crimson zwar keineswegs sympatisch, aber so etwas hätte ich ihm nicht gewünscht,“ gestand Neo nun. „Sowas wünscht man niemandem... schon allein wegen der Schmerzen... Aber ein Magier, der so mächtig ist, leidet mehr unter den Demütigungen und den Folgen der Prozedur, den gesperrten Kräften.“ „Jemand, der von Genesis gebissen wurde, findet einen Weg,“ winkte Blacky ab. „Und Crimson hat offenbar schon der Zufall geholfen.“ Neo fuhr zu ihm herum. „Was weißt du denn über Genesis?!“ „Er ist ein Vampir.“ „Ach!“ Blacky grinste frech. „Ach, richtig, du fragst wegen Appi, nicht wahr? Mach dir um den keine Sorgen, der ist nur endlich aus deinem und Mavas Schatten getreten.“ „Was soll das denn heißen?“ „Bin ich Psychologe?“ „Ich will jedenfalls endlich wissen, das der Kerl mit meinem Bruder gemacht hat! Er muss ihm das Gehirn gewaschen haben oder sowas!“ Blacky legte dem kleineren theatralisch eine Hand auf die Schulter. „Neo... tief in dir weißt du doch die Antwort... Vampire wie Genesis sind echte Genießer, und gewiss keine Kostverächter, wenn die Beute so bereitwillig zu ihnen kommt!“ Yugi prustete fast vor Lachen. Er hatte sich anfangs gewundert, aber so langsam ergab es einen Sinn. Genesis hatte Appi anscheinend das Gefühl gegeben, begehrt zu werden, und sein Biss musste gewisse Dinge bewirken – wie eben die Tatsache, dass man danach die Dunkelheit im Schattenlosen Wald durchschauen konnte. Ob es immer so lief, dass man danach eine Characterentwicklung durchmachte, war noch fraglich, aber das war gut möglich. Appi entwickelte sich zu einem viel selbstbewussteren Magier, der sogar Verantwortungsbewusstsein zeigte. Auch Crimson hatte ja ein Ego für zwei. Vielleicht hatte das auch was mit dem Biss zu tun. Und was war mit Blacky? Er wusste ganz selbstverständlich, was Appi widerfahren war, oder so schien es jedenfalls. Woher? Aber Yugi fragte nicht nach, denn wenn Blacky dieses Wissen teilen wollte, hätte er eben eine gute Gelegenheit gehabt. Neo gab sich beleidigt, weil er keine Antwort erhielt und Yugi auch noch darüber lachte. Aber er wandte sich dann wichtigeren Themen zu: „Also... wenn Sorc heute nicht mehr kommt, wann dann?“ „Er sammelt seine Armee um sich,“ sagte Blacky. „Und der Fünfgötterdrache muss sich von Slifers Angriff erholen. Aber das wird bis morgen geschehen sein... wahrscheinlich kommt er morgen Abend, wenn die Lichtfeen im Dunkeln benachteiligt sind.“ „Das sollten wir Weaver erzählen,“ meinte Yugi. „Lasst uns gleich zu ihr gehen!“ „Ach, wieso?“ winkte Blacky ab. „Es schadet nicht, wenn ihre Späher wachsam sind. Wenn wir Entwarnung geben, verschlafen sie noch den Angriff...“ Man konnte glatt auf die Idee kommen, dass der Magier Weaver noch wegen irgendwas böse war. Vielleicht, weil sie von ihm als Partner ihres Sohnes nicht so begeistert war. Oder weil sie etwas mehr Einsatz hätte zeigen können beim Kampf gegen Exodia... Oh, da fiel Yugi was ein. „Blacky, was wurde eigentlich aus Exodia?“ Die Frage schien den Blauhäutigen zu überraschen. „Exodia? Ach so...! Oh, den haben wir unschädlich gemacht... mach dir keine Sorgen. Und bevor du fragst – löcher mich nicht damit. Wirst es schon irgendwann erfahren.“ Yugi seufzte, im Einklang mit Neo, denn sie bekamen hier wirklich keine klaren Antworten. „Schafft Dark es denn bis zum Angriff, Crimsons Siegel zu brechen?“ fragte er daher, um das Thema zu wechseln. Blacky schüttelte den Kopf. „Glaube ich nicht... die Vorbereitungen und alles... Dark muss sich erholen... Nein, wahrscheinlich nicht. Ich würde sagen, drei Tage bräuchten sie mindestens.“ „Aber Blacky, du hast gesagt, du wärst in Sorcs Kopf... und er hat dich doch dazu gebracht, Dinge zu tun... kannst du das nicht auch? Ihn überreden, länger zu warten oder es sogar gleich sein zu lassen?“ Der Chaosmagier lachte. „Ganz ausreden kann ich es ihm wohl nicht, sonst merkt er was. Aber deine Idee ist gut, ich werd's versuchen. Nur müsste ich ihm auch einen Grund geben, damit er sich selbst erklären kann, wieso er das tut, und nebenbei muss er ja Malice überzeugen.“ „Äääähm... sag ihm einfach, die Ungewissheit würde die Feen zermürben, deshalb ist später besser,“ schlug Neo vor. „Außerdem gibt es vielleicht Streit, wie man vorzugehen hat. Ihr wisst schon, weil ja diese Runa mit dem Drachen fusioniert sein soll.“ „Oh, da sagst du was, Neo...“ Yugi rieb sich das Kinn. „Kann man sie nicht einfach defusionieren wie im Spiel?“ „Schön wär's... aber nur fusionierte Magier beherrschen Defusion. Das ist nicht einfach.“ „Dark kann fusionieren!“ „Schon, aber er wird im Kampf gebraucht.“ „Wir können aber den Drachen nicht besiegen, wenn er gegen Licht immun ist!“ „Das können wir spontan entscheiden.“ Während Yugi und Neo sich die Köpfe zerbrachen, winkte Blacky einfach ab. „Das klappt schon... ich glaube nicht, dass wir ein Problem haben werden, sofern wir ein Lichtmonster finden, das gegen den Drachen ankommt.“ Die beiden anderen schauten Blacky skeptisch an. „Verschweigst du uns was?“ Der Blauhäutige grinste. „Vielleicht... aber fürchtet euch nicht, es kommt alles in Ordnung.“ „Ah ja...“ Neo hatte wenig Verständnis in dieser Situation, und vielleicht war Blacky wirklich der Einzige, der ganz ruhig blieb. Etwas später hatten sich die Freunde auf den Hof begeben zu ihrem gewohnten Brunnen. Dort fand sich auch Appi wieder ein. Er hatte eine Schramme im Gesicht, generell rußige Kleidung und einen verbundenen Finger an der linken Hand. Er roch auch nach Ruß. Kam er aus einer Schmiede? Doch er wehrte alle Fragen danach ab und vertröstete die Gruppe auf später, denn er war noch nicht fertig, sah aber schon sehr zufrieden aus. Blacky erschuf eine Schattenkugel und spielte damit herum, denn er war etwas eingerostet nach seinem Dasein als Katze. Wahrscheinlich übertrieb er, fand Yugi. Jemand wie er rostete doch nicht ein! Das Gewusel in der Burg war inzwischen einer gewissen Routine gewichen. Gegen Abend kam auch Dark wieder dazu, während Crimson im Kräutergarten der Feen verschwand. Das Team war fast wieder wie früher. Appi trat vor Dark hin und neigte den Kopf. „Willkommen zurück, Meister.“ Dark schaute für einen Moment mehr als überrascht aus der Wäsche, dann aber lächelte er. „Danke, mein Schüler, ich gehe davon aus, dass du fleißig warst?“ „Najaaa... in gewisser Weise...“ „Ach so... naja das werden wir bald sehen.“ Von ihrem Standpunkt am Brunnen aus konnten sie sehen, dass Crimson sich alle Beete der Feen genau ansah und hier und da etwas pflückte, das er in einem Körbchen sammelte. Doch er machte dabei ein so ernstes Gesicht, dass man meinen konnte, die Pflanzen hätten allesamt Dornen oder Stacheln. „Crimson meint, er kann die Tatoofarbe aus Pflanzen herstellen, die er hier oder in der Umgebung findet,“ bemerkte Dark. „Wir haben Glück, denn die Feen stellen ihre Tinte ja auch selber aus Pflanzen her. Er kann wohl teilweise dieselben Zutaten verwenden. Sieht bei ihm ganz einfach aus, aber Alchemie war schon immer sein Steckenpferd. Er flog von der Akademie, weil er einen verbotenen Trank hergestellt hatte, der den Wohnflügel der Schüler verwüstete, als er hochging.“ Die Geschichte sorgte für allgemeine Erheiterung und ließ Crimson glatt sympathisch wirken. Im Laufe ihres Aufenthalts auf dem Burghof konnten sie sehen, dass Erzlord Zerato wieder oder noch da war und seine Truppen instruierte. Anscheinend hatte er hier die militärische Führung. Seine Sendboten standen um ihn herum, nickten öfter mal oder sagten etwas, was man aber auf die Entfernung nicht verstand. Yugi fragte sich gerade, was Weaver machte, als eben jene regelrecht angeschossen kam. „DARK! Bei Shinatos Flügeln, warum sagt mir keiner, dass du wieder hier bist?“ schon war sie bei ihm, nahm sein Gesicht in die Hände und prüfte, ob alles heil war, umarmte ihn und redete ununterbrochen davon, was sie sich für Sorgen gemacht hatte. Zum allgemeinen Erstaunen legte Dark die flache Hand auf ihre Brust und schob sie von sich. „Dass wir wieder hier sind, verdanken wir gewiss nicht dir!“ Sie wich noch weiter zurück, als er sie geschoben hatte. „Was... aber Dark! Wie redest du denn mit ---“ Dark unterbrach sie mit einer heftigen Handbewegung, als wollte er einen imaginären Gegner wegwischen. „Ich habe mich darauf verlassen, dass du alles gibst... von meinem Schüler konnte ich das nicht verlangen, er wusste gar nicht, wie, und Joan hat getan, was sie konnte. Aber du... du hast so viel Kraft und gehst so geizig damit um! Dass du dich um mich sorgen musstest, ist deine eigene Schuld!“ „Wir Feen vergeuden unsere Kräfte nicht, wir sind im Einklang mit allem Leben...“ „Ach ja? Mit meinem Leben und Blackys warst du das aber nicht! Du musst alles aus dir rausholen, wenn du etwas erreichen willst. Nicht warten, dass die Natur es dir anbietet, sondern gehen und bitten, dass sie es gibt! Du würdest doch auch ein Brot nicht liegen lassen und aufsparen, bis es hart ist und nichts mehr nützt!“ „D-Dark! Hat dir dieser... Chaosmagier solche Flausen in den Kopf gesetzt?“ Sie betonte das Wort Chaosmagier, als wäre selbiger eine Küchenschabe. „Du hast dich wohl zu lange mit den Leuten vom Friedenslichtorden unterhalten,“ zischte Dark zurück. „Dieser Chaosmagier hat Kräfte aufgeboten, von denen du nichtmal weißt, dass man sie nutzen kann. Es ist nichts Schlechtes, ein Chaosmagier zu sein; es heißt ganz einfach, dass man nimmt, was man kriegt! Ohne zu zögern, ohne zu warten, dass es einem andere wegnehmen! Manchmal darf man einfach nicht erst nachdenken.“ Er wandte seiner Mutter mit verschränkten Armen die kalte Schulter zu, und man sah ihr genau an, dass sie etwas zu erwidern versuchte, aber anscheinend fiel ihr nichts ein. Blacky äußerte sich nicht dazu. Er hatte einen Gesichtsausdruck, der besagte, dass er zustimmte. Und natürlich war er weit davon entfernt, seinem Geliebten zu widersprechen und Weaver in Schutz zu nehmen. Yugi hatte so seine Vermutung, dass Weaver nahe dran war, davon zu stürmen, denn sie konnte sich anscheinend nicht dazu durchringen, ihren Fehler einzugestehen. Ihr Gesicht war ganz rot angelaufen und ihre Flügel bebten verdächtig, die Hände waren Fäuste. Irgendwie hatte auch niemand damit gerechnet, dass er ihr die Sache mit Exodia noch vorwerfen würde. Appi betrachtete die Szene mit Interessiertem Blick, schließlich ging es um seinen Lehrer. Neo schaute weg, als würde er nichts bemerken, wahrscheinlich wartete er noch auf eine Gelegenheit, mit dem kleinen Bruder alleine zu reden. Ehe die Situation eskalieren konnte, gab es aufgeregte Rufe vom Rand der Plattformen. Die dort befindlichen Wachen deuteten in dir Richtung, die vorne war, wenn man mit der Burg auf der rechten Seite stand. Yugi fragte sich, wie hier eigentlich die Himmelsrichtungen hießen, solche simplen Dinge hatte er noch gar nicht mitbekommen. Weaver fuhr herum. Dort näherte sich eine dunkle Wolke, darunter eine Armee von vielleicht 100 Mann. Genaueres war erstmal nicht zu erkennen. Die Herrin der Burg rief ihre Soldaten zu den Waffen. „Ich dachte, Sorc kommt noch nicht?“ hakte Neo bei Blacky nach. „Ist auch so,“ meinte dieser ungerührt. Crimson kam in aller Seelenruhe aus dem Garten geschlendert, während auch die Amazonen in Alarmbereitschaft versetzt wurden und zu ihren Vögeln eilten. Eine Abordnung startete und bezog Stellung einen halben Kilometer vor der Burg. Erzlord Zerato dagegen ließ seine Sendboten ihre Truppen in Bereitschaft versetzen, blieb aber ansonsten ruhig. „Was haben die denn?“ erkundigte Crimson sich. „Scheint Lord Genesis zu sein.“ „Genesis?“ Neo war nicht begeistert. „Was will der denn hier?“ „Ich hab ihm erzählt, dass wir ein Problem mit dem Drachen haben. Vielleicht hat er sich überlegt, dass er uns helfen könnte.“ Sein Korb war randvoll mit Grünzeug, manche Kräuter hatten aber auch eine eher violette Färbung, und ein Büschel trug dunkelrote Blüten. Auf den Pflanzen lagen eine Handvoll verschiedene Früchte. Crimson behielt die purpurfarbenen Beeren, aber verteilte das gelbe und rote Obst. „Hier, nehmt einen Happen... man kriegt davon einen wohltuenden Vitaminschock, und die Konzentrationsfähigkeit steigt.“ Er genehmigte sich gleich selber eine rote Frucht, die aussah wie eine Pflaume. Yugi hatte eine gelbe bekommen. Die kannte er, man musste sie schälen wie Orangen und innen waren sie grün. Die Beeren in Crimsons Korb hatte er aber noch nie gesehen und schloss daraus, dass sie wohl nicht zum Essen gedacht waren. „Hast du hier alles gefunden?“ fragte Dark ihn. Crimson sah auf sein Sortiment. „Nun... denke schon, aber eine der Pflanzen ist nur zweite Wahl für den Zweck, ich hätte lieber eine Azurdistel.“ „In dem Garten bei dem Teich gibt es welche, sie werden aber normalerweise nicht geerntet.“ „Oh... dann gehe ich da mal nachsehen.“ Crimson schlenderte davon, aber er hatte fast etwas schockiert ausgesehen, als Dark ihm gesagt hatte, wo die Disteln wuchsen. „Ich glaube, er fürchtet sich ein bisschen,“ meinte der Dunkle Magier. „Kann ich ihm nicht verdenken... aber er ist noch nie vor etwas davon gelaufen. „Wart ihr nicht zusammen auf der Akademie?“ fragte Neo. Dark nickte. „Ja, aber wir hatten beide unseren eigenen Stil... vor allem habe ich mich nie bei illegalen Sachen erwischen lassen.“ Alle schauten ihn fassungslos an, nur Blacky schien das nicht zu überraschen.. „Wie, du hast was Verbotenes gemacht?“ entfuhr es Appi stellvertretend für den Rest der Gruppe. Dark biss von seiner Frucht ab und setzte sich auf den Brunnenrand. Sie sammelten sich um ihn wie um einen Geschichtenerzähler. „Bei Crimson haben sich alle immer gefragt, was er als nächstes ausheckt. Er hat auch ständig was angestellt. Immer was Großes, was auch auffällt. Etwas, das explodieren konnte. Oder einmal, als er überlegte, ob er einen Tierpartner nehmen sollte, war er sauer, weil er keinen Drachenfluch haben durfte. Die fangen da nunmal mit kleinen Tierchen an, aber der Sinn ist ja, dass sie sich dann weiterentwickeln, wenn der Magier besser wird. Crimson fühlte sich immer unterfordert. In der Akademie war es sowas wie eine Legende, dass man zu Lord Genesis gehen soll, wenn man ein besonders guter Alchemist werden will, weil der Lord einem eine Gabe verleiht, die dabei hilft. Viele der älteren Schüler erzählten, sie wären dort gewesen, aber sobald man Einzelheiten wissen wollte, erzählte jeder was anderes. Doch wer wirklich dort war, prahlte nicht damit.“ Appi hob die Augenbrauen. „Was? Davon hab ich ja gar nichts mitgekriegt...“ „Na du warst ja auch nicht lange auf der Akademie,“ entgegnete Neo. „Hattest ja dann Privatlehrer. Wusstest du, dass Vater dir einen besorgt hat, weil die Lehrer ihm nahe legten, dich doch lieber in ein Soldatenlager zur Ausbildung zu schicken? Aber du wolltest ja unbedingt mir und Mava nacheifern.“ Anders als erwartet rastete Appi daraufhin nicht aus. „Echt? Mann, das hab ich immer geahnt...“ Doch er nahm es anscheinend gelassen, schließlich war er ja inzwischen ganz gut als Magier. „Manche von uns finden ihren Platz im Leben nur schwer,“ meinte Dark und klopfte ihm auf die Schulter. „Der Biss von Genesis kann dabei helfen, dass man erkennt, was man sein will. Außerdem, so heißt es, gibt er einem den Mut, dieses Ziel zu verfolgen und zu erreichen.“ Appi sah seinen Meister andächtig an. „Aber... du hast nicht...?“ Dark schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe meine Bestimmung schon sehr früh gefunden.“ Neo war ganz Ohr, denn nun erfuhr er endlich, was ihn so brennend interessierte. „Manche von uns brauchen den Biss nicht,“ warf Blacky ein. „Aber ich denke mal, dass man nie weiß, wie es gelaufen wäre, wenn man den Biss doch oder doch nicht gekriegt hätte. Vielleicht wäre Dark jetzt ein berühmter Bösewicht!“ Dark lächelte verlegen. „Ach was! Aber es kann gut sein, dass daraus nicht nur Gutes hervorgeht. Vielleicht gibt es schüchterne Leute, die insgeheim immer ein böses Imperium haben wollten und durch den Biss den Mut finden, es sich zu erschaffen.“ Neo schnappte sich seinen Bruder. „Appi! Hat er dich... ausgenutzt? Ich meine... was außer dein Blut hat er noch genommen?“ Appi wischte Neos Hände von seinem Kragen. „Das geht dich nichts an. Wollt ihr eigentlich nicht nachsehen, ob das wirklich Genesis mit seinen Leuten ist, der da kommt?“ „Lenk nicht vom Thema ab!“ „Kommt, wir gehen mal hin,“ schlug Dark vor. Er musste sich ja auch auf die Seite seines Schülers schlagen, aber vielleicht befand er auch nur, dass das Thema nicht öffentlich besprochen werden sollte. Blacky hielt sich dicht bei Yugi, da dieser ja sein Schützling war, wenn auch nicht so wirklich sein Schüler. Ob den Unterschied noch jemand bemerkte oder ob es überhaupt einen gab, war aber fraglich. Yugi freute sich und genoss es, den Großen wieder an seiner Seite zu haben. Er war es irgendwie gewohnt, dass immer jemand bei ihm war... auch wenn er natürlich nicht mehr so schüchtern war wie früher. Die Gruppe begab sich in die Richtung, aus der die dunkle Wolke anrückte. Es handelte sich dabei anscheinend um einen Spielfeldzauber, wie Yugi erkannte, und er musste schmerzlich an Yami denken, weil der Zauber so hieß. Die Finsternis diente dazu, die Wesen zu beschützen, die unter ihr flogen. Dabei handelte es sich größtenteils um Monster der Kategorie Unterweltler und Zombie, von denen einige auf geflügelten Reittieren saßen, wenn sie nicht selber fliegen konnten. Dass man die Feenburg nicht anders erreichen konnte, war ja allgemein bekannt. Allerdings war Lord Genesis selbst nicht zu sehen. Yugi und seine Freunde blieben etwas entfernt von Weaver stehen und konnten sehen, dass sie mit einem Vampir redete, der farblich und vom generellen Äußeren her dem Lord ähnelte, aber viel ernster aussah und eine andere Frisur hatte: Seine Karte hieß Fluch des Vampirs. Er führte die Verhandlungen an Genesis's Stelle. „...wird seine Lordschaft so bald wie möglich nachkommen, doch vorerst hat er mich mit einigen Kriegern geschickt, um euch beizustehen,“ hörten sie den Vampir sagen. Weaver hatte eine recht steife Pose eingenommen und wirkte nervös. Ob das etwas damit zu tun hatte, dass sie sich eben noch mit ihrem einzigen Sohn gestritten hatte, war schwer zu sagen. Sie presste die Antwort regelrecht hervor: „Vielen Dank, General Curse... jedoch sind wir auf den Besuch von, ähm, Euresgleichen nicht vorbereitet...“ Das konnte man jetzt als Beleidigung auffassen, doch der Untote lächelte geradezu erfreut. „Ach, kein Problem! Wir werden uns einfach ein Plätzchen suchen. Der Großteil der Truppe kann am Hang ein Lager aufschlagen. Zweifellos habt Ihr nicht solche Unmengen an Zimmern übrig...“ Auch das konnte man als böswillige Bemerkung interpretieren, wenn man doch sah, dass die Burg sehr groß war. Tatsache aber war, dass sie meistens recht gut bewohnt war und zur Zeit schon zu viele Gäste hatte, als dass noch viel Platz für eine kleine Kampftruppe gewesen wäre. „Ist es nötig, diesen Zauber zu behalten?“ erkundigte Weaver sich zaghaft. General Curse dachte überhaupt nicht darüber nach. „Aber natürlich... es schont unsere Kräfte, wenn das Tageslicht von uns ferngehalten wird. Im Kampf selbst können wir freilich darauf verzichten, wenn Ihr etwas bevorzugt, das Eure eigenen Streitkräfte begünstigt.“ Weaver nickte nachdenklich. „Ja, so machen wir es...“ „Sehr schön... Truppe! Wir bauen am Hang das Lager auf!“ Die Zombies, Vampire und Unterweltler zogen ab und nahmen die Wolke mit. Dass die Feen und Amazonen schon bereit gewesen waren, sie anzugreifen, interessierte sie offenbar gar nicht oder sie zeigten das einfach nicht. „Sie erinnert mich momentan sehr an Talimecros,“ flüsterte Dark den anderen zu. Man konnte es nicht leugnen... Weaver hatte sich wirklich nicht gerade einladend benommen, dabei mussten sie jetzt jede Hilfe in Anspruch nehmen, die sie kriegen konnten. Die Fee drehte sich zu ihnen um. Doch sie brachte keine Worte heraus. Dark verschränkte die Arme vor der Brust, war nicht bereit, so einfach zu vergeben. Aber das war jetzt auch nicht der Moment und der Ort, um darüber zu reden... er ersparte ihr die Verlegenheit, indem er sich als Erster wegdrehte und ging. Die anderen folgten ihm. *** Fortsetzung folgt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)