A Dog's Life von mystique (Gesegnet mit vier Pfoten ♥ WheelerxKaiba) ================================================================================ Kapitel 17: 10+10= Liebe?! (Teil 2) ----------------------------------- 17. Kapitel: 10 + 10 = Liebe?! (Teil 2) oder: Erkennen ist der beste Weg zur Selbstfindung Man hatte ihm einst gesagt ... Halte dich von diesen neureichen Menschen fern. Sie besitzen alles und halten sich für die Herrscher ihrer eigenen Welt. Stellst du dich ihnen in den Weg, werden sie dich entfernen lassen, ohne sich selbst darum zu bemühen. Sie werden dich nicht sehen, nicht wahrnehmen, in ihren Augen bist du es nicht wert, wahrgenommen zu werden. Denn du bist nicht wie sie. Nicht wie sie ... Nachdenklich starrte er an die hellblaue Wand des Büros. War er deshalb so geworden? Hatte er sich deshalb dafür entschieden, zu dem zu werden, der er heute war? Hatte er es sich deshalb zum Ziel gesetzt, Menschen, wie der Brünette es war, aus der Reserve zu locken, sie dazu zu bringen, sich selbst darum zu kümmern, Leute wie ihn - wie Joey - eigenhändig aus dem Weg räumen zu wollen und nicht einfach entfernen zu lassen? Wollte er von diesem Typ Menschen wahrgenommen werden und nicht als nichtbeachtenswerter Fleck in der Landschaft dastehen? Hatte er sich aus diesem Grund dazu entschieden, Seto Kaiba zu seinem persönlichen Ziel zu machen, zu versuchen, ihn aus diesem Schema zu reißen, das die Worte – von denen er nicht einmal mehr wusste, wer sie ihm einst genannt hatte – in seinem Weltbild errichtet hatten. War dies der wahre Grund, aus dem er begonnen hatte, Kaiba in jeder möglichen Hinsicht in den Weg zu stellen? In jeder erreichbaren Hinsicht? Nicht wie sie ... Nein, er war nicht wie diese Menschen, doch wollte er vielleicht beweisen, dass diese Menschen tatsächlich jedoch wie er selbst, wie alle waren? Das sie in Wahrheit nichts von den gewöhnlichen Menschen unterschied, abgesehen vor einigen Zahlen, eingegeben in den Rechner namenloser Banken? Wollte er vielleicht nur beweisen, dass Seto Kaiba auch bloß ein Mensch war? War dies sein Ziel? Daher der vermeintliche Hass? Die Wut? Hatte er darum die ganzen Demütigungen über sich ergehen lassen? Doch wozu? Nur dem Wunsch, sein Ziel zu erreichen, folgend? Nein. Dahinter musste mehr sein. Warum wollte er beweisen, dass Seto Kaiba, auch nicht mehr war, als ein verletzter Junge, dem seine Kindheit brutal geraubt wurde - dass ihn trotzdem nichts von Joey und seinen Freunden unterschied? Dass sie nichts trennte, abgesehen von der Mauer, die der Brünette all die Jahre um sich errichtet hatte? War der Grund für diesen Wunsch vielleicht die Antwort auf Nicos Liste? War dies die Antwort auf alles und er hatte es bloß nie bemerkt? Nie bemerken wollen? Er schloss die Augen, dachte an all ihre Begegnungen zurück, all ihre Auseinandersetzungen ... ~ „Ich habe verloren ...“ „So ist es richtig. Knie nieder im Staub, wie ein winselnder Hund vor seinem Meister.“ ~ ~ „Es wird Zeit, dir ein paar Manieren beizubringen, wie einem Hund in der Hundeschule.“ ~ ~ „Du nennst dich einen Champion, Wheeler? Genieße es, solange du noch kannst, aber denk daran, es ist ein tiefer Sturz von hier oben. Und nach meinem letzten Wissensstand können Affen immer noch nicht fliegen.“ ~ ~ „Gleich werde ich dich besiegen.“ „Nein, und weißt du auch warum? Ganz einfach: Ein Joey Wheeler gibt niemals auf!“ ~ ~ „Er spielt so schlecht dass er nicht mal gegen einen Mülleimer eine Chance hätte ...“ ~ ~ „Gehen wir da rein oder was?“ „Was denkst du denn, du Schlaumeier?“ „Ich hör da einen leicht ironischen Unterton in deiner Stimme ...“ „Ach was.“ ~ ~ „Du kommst ’n bisschen spät, um uns aus der Patsche zu helfen, meinst du nicht? Das hat Yugi schon erledigt! Aber da du endlich hier bis, kannst du vielleicht deinen kranken Computer reparieren, du reicher Pinkel!“ „He, jetzt reg dich ab, du Außenseiter.“ ~ ~ „Und jeder der zu spät zur Registrierung erscheint, wird disqualifiziert. Mokuba ... sorge dafür, dass Wheeler sich verspätet.“ „He, warte mal! Ich merke sofort, wenn mich jemand beleidigen will! Sieh mich gefälligst an, wenn ich dich anschreie!“ ~ ~ „Weißt du, zu wem du das gerade gesagt hast ...?" „Ja, zu diesem großspurigen, arroganten Drachen da!" ~ ~ „Würdest du wohl mal die Güte besitzen, von deinem ach so hohen Ross runter kommen und auch mal was sagen?“ „Da gibt es nichts zu sagen, Wheeler. Du kannst von mir aus den Boden wischen, ich habe besseres zu tun.“ „Was bildest du dir eigentlich ein?!“ ~ ~ „Es gehört sich nicht, sein Herrchen anzuknurren.“ „Vergiss es, Kaiba! Halt die Klappe und verzieh dich!“ „Ich soll meine Klappe halten? Ungezogenes Hündchen. Ich fürchte, dein Herrchen muss dir ein paar Manieren beibringen, findest du nicht auch?“ „Versuch es doch. Bevor du das schaffst – Kaiba, was zum –?!“ „Ruhe! Ich tue nur, was du dir wünschst, Joey.“ ~ Er hatte immer versucht, sich dem Brünetten als gleichgestellten Gegner entgegenzustellen, Kaiba dazu zu bringen, ihn als ebenbürtigen Gegner anzusehen. Hatte die Fehlversuche eingesteckt, hatte gekontert, wo er konnte, ausgeteilt, wann immer er die Gelegenheit dazu hatte. Und alles nur, weil er beweisen wollte, dass Seto Kaiba nicht so perfekt sein konnte, wie er sich immer gab. oOo „Zwecklos.“ Kaibas Stimme riss ihn aus seinem Halbschlaf und er hob leicht den Kopf. Kaiba hatte den Laptop in einer gleichgültigen Geste zugeklappt und erhob sich nun. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, während er aus dem Fenster seines Büros blickte. Langsam richtete Joey sich auf, musterte ihn aufmerksam. Nach einigen Sekunden drehte Kaiba sich um. Sein Blick fiel auf Joey und seine Mundwinkel hoben sich kaum merklich. „Habe ich dich etwa geweckt? Lass dich nicht stören. Ich gehe duschen.“ Er schob den Sessel ordentlich hinter den Schreibtisch, dann durchquerte er mit einigen langen Schritten das Büro und öffnete die Tür zu seinem angrenzenden Schlafzimmer. Dann verschwand er aus Joeys Blickfeld und er konnte nur noch die Badezimmertür vernehmen, die hinter dem Brünetten ins Schloss fiel. Träge stand Joey auf, streckte sich ordentlich – unterdrückte den erschreckend starken Drang, sich zu schütteln – bevor er sich gähnend in Bewegung setzte, mit kleinen Schritten ebenfalls das Büro verließ und die Tür zum Schlafzimmer – die Kaiba vorsorglich offen gelassen hatte – durchquerte. Es war einfach nicht bequem, dauernd auf dem Boden zu liegen. Da war das Bett wesentlich bequemer ... 11. Du folgst ihm, wohin du kannst. Mitten in der Bewegung erstarrte er. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein ... das war nicht ihr Ernst! Das war doch keinesfalls ein Symptom! Und überhaupt, er verfolgte doch niemanden! Er hatte lediglich das Bedürfnis verspürt, es sich auf dem Bett bequem zu machen. Genau! So und nicht anders war es! Da sollte Nico erst einmal versuchen, das Gegenteil zu beweisen. Zufrieden nickte er, hatte er Nicos Vorsprung somit doch bereits um einen Punkt reduziert. Ging doch. Mit einem geübten Satz – er hatte mittlerweile immerhin genügend Möglichkeiten gehabt, ihn zu perfektionieren – sprang er auf das Bett und rollte sich brummend zusammen. Zum Glück hatte er sich dieses Privileg erkämpft. Okay, ein penetrant störendes Gewitter hatte auch seinen Teil dazu beigetragen. Und ein Zusammenbruch im Wohnzimmer ... Trotzdem. Bequem war es so oder so. Und Kaiba hatte bis jetzt nichts dagegen gesagt. Und wenn er an die Sache von letzter Nacht zurückdachte. ‚Ich tue nur, was du dir wünschst, Joey.’ Sein Gesicht begann unter seinem Fell unangenehm zu glühen. Okay, vielleicht nicht unbedingt diese Sache! Seine Ohren zuckten kurz, als er das Rauschen der Dusche wahrnahm und er schnüffelte unwillkürlich. Er roch die Seife des Brünetten mit seiner empfindlichen Nase sogar aus dieser Entfernung.Leise schnaubte er, bevor er die Augen schloss, weiterhin dem Rauschen aus dem Bad lauschte. Mit einem leisen Quietschen ging die Tür zum Bad auf und Joey öffnete automatisch die Augen. Im nächsten Moment wünschte er sich nichts mehr, als dass er dies niemals getan hätte. Fehler. Eindeutig. Kaiba hatte sich, wie bereits vor einigen Tagen, ein Handtuch um die Hüften gebunden, das in Joeys Augen mehr zeigte, als es eigentlich verbergen sollte. Augenblicklich begann sein Gesicht wieder zu glühen und er war sich sicher, befände er sich nun in einem Comic, würde seine Nase sicherlich zu bluten beginnen. Doch so sehr er sich bemühte und es versuchte, er konnte seinen Blick nicht von dem anderen nehmen. Wie ein Schwamm saugte er jedes noch so kleine Detail auf, musste einige Male schlucken, um seiner staubtrockene Kehle ein wenig Linderung zu verschaffen. Wenigstens fing er nicht auch noch an zu sabbern. /Joey an Hirn, Joey an Hirn: Arbeiten! Wach auf! Hör gefälligst auf, ihn anzustarren, das ist ja peinlich!/ Doch so sehr er sich auch zuredete, es gelang ihm nicht, sein Hirn davon zu überzeugen, seinen Blick von Kaiba zu nehmen, der vor seinem Schrank stehen geblieben war und nun eine der Türen öffnete. Dabei hatte er Joey den Rücken zugekehrt. Während der Blonde noch immer mit seinem widerwilligen Verstand rang, durchzuckte ihn mit einem Mal ein Gedanke. /Moment./ Es wusste niemand, dass er in Wahrheit Joey Wheeler war. Zumindest niemand hier im Raum – kurz gesagt: von ihnen beiden im Zimmer wusste nur er selbst, wer er war. Kaiba hatte keine Ahnung. Folglich würde es niemandem auffallen, wenn er nur ganz kurz ... ein ganz kleines bisschen ... spannte? An einem Hund, der einen ansah, war immerhin nichts Verdächtiges und solange er nicht zu sehr stierte, würde Kaiba sicher auch nicht misstrauisch werden. Aber verdammt, er redete hier von Kaiba! Seinem Erzfeind, der ihn schon so oft gedemütigt hatte, ihn so oft beleidigt und in den Staub zu treten versucht hatte! Kaiba, der ihn niemals freundlich behandelt hatte, den er selbst immer gereizt hatte, wo er nur konnte. Kaiba, dem er – er seufzte und ließ den Kopf hängen – im Sportunterricht schon auf den Hintern gestarrt hatte. Hasste Gott ihn eigentlich wirklich so sehr? Warum wurde er so gestraft? /Wahrscheinlich, weil du Kaiba auf den Hintern gestarrt hast/, beantwortete er sich die Frage selbst. Seine braunen Augen wanderten unbemerkt zu dem Brünetten und blieben an dessen Rückansicht hängen. /Also schlecht gebaut ist er ja nicht ... nicht wirklich ... eigentlich überhaupt nicht ... scheiße, ich fange an, mir mein eigenes Grab zu schaufeln! Ich könnte heulen, wenn ich nicht viel zu sehr damit beschäftigt wäre, ihn zu bespannen./ Geschlagen zog seine Vernunft sich zurück, hisste die weiße Fahne und gab sich seinen Instinkten hin, die nun die Überhand gewannen und ihn daran hinderten, seinen Blick auch nur für einen Moment von dem anderen zu nehmen. /Das ist so demütigend./ War er etwa schon so tief gesunken? /Offenbar schon./ Kaiba beugte sich ein Stück hinab und griff nach einem Kleidungsstück in einem der unteren Fächer. Joey hörte das Blut in seinen Augen rauschte, während er hin und her gerissen war. Er sollte den Blick spätestens jetzt abwenden, aber zwischen ‚sollen und ‚wollen’ erschienen seinem Geist momentan Welten, wenn nicht Dimensionen. Sein Herz schlug unnatürlich schnell und hätte er nicht gewusst, welcher Ursache diese Reaktion entstammte, so hätte er sich sicherlich Sorgen gemacht. Als Kaiba schließlich auch noch Anstalten machte, sich vor seinen Augen umzuziehen – sprich, das Handtuch fallen zu lassen – war der Punkt erreicht, an dem bei Joey sämtliche Sicherungen durchbrannten. Das weiße Handtuch fiel lautlos zu Boden, während der Blonde sein Gesicht panisch auf die Matratze drückte, die Augen dabei fest zusammenkniff und versuchte sein rasendes Herz und sein kochendes Blut wieder zu beruhigen. /Nicht hinsehen, nicht hinsehen, nicht hinsehen, sieh verdammt noch mal nicht hin!/ Eine körperlose Stimme jedoch flüsterte ihm leise, schlangenhafte Worte ins Ohr: ‚Was ist schon dabei? Nur ein kurzer Blick ...’ /Nein./ ‚Er wird es nicht bemerken.’ /Nein!/ ‚Du willst es doch.’ /Ich sagte nein!/ ‚Trau dich!’ /Nein!!!/ Einen Moment herrschte Stille. ‚Feigling.’ Er riss die Augen auf. Hatte ein Teil von ihm selbst ihn gerade als ‚Feigling’ bezeichnet?! Er war vieles, vielleicht etwas aufbrausend, manchmal etwas dickköpfig, in seltenen Fällen vielleicht sogar dumm, aber er war kein Feigling! /Dir werde ich es zeigen! Ich bin nicht feige!/ Ruckartig hob er den Kopf, war bereit, alles zu sehen, was er zu sehen bekam, doch ... „Was ist? Habe ich dich erschreckt?“ Merklich zuckte er zurück. Sein Herzschlag hatte sich augenblicklich verdoppelt und sein Atem beschleunigt. /Wann ist er denn ... und wie hat er denn -?/ Kaiba stand dich vor dem Bett und war momentan damit beschäftigt, sein Hemd zuzuknöpfen, während sein Blick auf Joey ruhte, der nun kurz davor stand, einen Herzinfarkt zu erleiden. Natürlich war dies ein wenige überdramatisiert, hatte er doch lediglich einfach einen ziemlichen Schrecken eingejagt bekommen. /Wann hat er sich denn angezogen?/ Völlig verwirrt starrte Joey zu dm Größeren hinauf, versuchte dabei, sich nichts davon nach außen hin anmerken zu lassen, nicht zu schockiert zu wirken. Nebenbei versuchte er außerdem das störende und zudem äußerst irritierende Gefühl der Enttäuschung, das sich einem Gift gleich in seinem Körper auszubreiten schien, zu unterdrücken, zu vertreiben. Er konnte unmöglich ernsthaft enttäuscht sein. Das durfte er nicht! Dies würde die Krönung aller Demütigung bedeuten! 12. Du verspürst den Wunsch, ihn auch einmal vollkommen ‚frei’ zu sehen. Sein Gesicht glühte wieder, doch dieses Mal hatte er das Gefühl, sein Fell könnte jeden Moment Feuer fangen, so heiß brannte es darunter. Nein, es konnte unmöglich sein, dass Nico das gewusst hatte. Sie konnte doch unmöglich seine Gedanken gekannt haben, bevor er es überhaupt tat! Oder vielleicht doch? /Nein, das kann nicht sein. Sie kann doch überhaupt nicht wissen, wie es in mir aussieht. Alister kann doch keinen Computer programmiert haben, der in der Lage ist, Gedanken zu lesen. Das ist doch technisch gar nicht machbar!/ Dennoch schien Nico ein Talent – konnte man es bei einem Computer so nennen? – dazu zu haben, die Reaktionen, Gesten und Mimiken anderer deuten zu können, wie sie bei Joey schon mehrmals bewiesen hatte. Und wenn es bei ihm – einem Hund – schon so gut funktionierte, wie war es dann erst bei einem Menschen, wenn sie sich wirklich bemühte? Joey wagte nicht, sich auszumalen, was sie auf diese Art und Weise alles über ihn herausbekommen könnte. /Sie könnte ... herausfinden, dass ich vorhatte, Kaiba zu bespannen./ Er schluckte schwer, versuchte die aufkeimende Panik zu ignorieren. /Sie wird es niemals herausbekommen. Nach meiner Rückverwandlung werde ich bestimmt nie wieder die Kaiba Corporation betreten. Also brauche ich mir auch gar keine Sorgen zu machen./ Die Matratze sank ein Stück hinab, als Kaiba sich neben ihn auf die Bettkante setzte, dabei den letzten Knopf des Hemdes verschloss. Eine Hand legte sich auf Joeys Kopf, begann ihn hinter den Ohren zu kraulen und er brummte zufrieden. Er sollte lieber schon einmal beginnen, die wenigen – und sicher auch letzten – Streicheleinheiten, die ihm zuteil wurden, zu genießen, solange er noch konnte. Er wusste schließlich nicht, wie lange er noch in diesem Hundekörper bleiben musste. Ohnehin könnte Marik sich langsam auch mal melden. Hatte er nicht nach einer Lösung für sein Problem suchen wollen? Die kraulende Hand vertrieb jedoch diese störenden Gedanken ließen nur eine Sache zurück. 13. Du magst es, von ihm berührt zu werden. Seine Haltung gefror. Das. Konnte. Jetzt. Nicht. Ernsthaft. Wahr. Sein. Musste Nico ihm eigentlich mit ihrer verdammten Liste jede noch so kleine Freude vermiesen? Musste er sich nach jeder Handlung ab sofort Gedanken darüber machen, ob sie mit der Liste übereinstimmte oder ob er sie gefahrlos fortführen konnte? Musste er gar auf diese Streicheleinheiten verzichten, die er – so ungern er das auch zugab – wirklich genoss? (Dabei spielte es allerdings keine bedeutende Rolle, dass sie von Seto Kaiba stammten – oh nein, sicher nicht!) Jedem würde es an seiner Stelle so ergehen! Jeder würde sich so verhalten. Okay, vielleicht nicht wirklich jeder. Bei Yugi hatte er so seine Schwierigkeiten, sich das vorzustellen. Yami ... /Nee, so eine stolze Rivalität sollte man damit lieber nicht zerstören./ Marik ... /Was hat der da bitte zu suchen?/ Bakura ... /Bakura? Hallo?!/ Duke ... /Die beiden konkurrieren auf dem Markt miteinander./ Tristan ... /Tristan?!/ Alsiter? /Kaiba und Alister? Alister und Kaiba? Wie klingt das denn bitte?/ War es möglich, dass er derzeit wiederholt drauf und dran war, eifersüchtig zu werden? 14. Du wirst Besitz ergreifend, was ihn angeht. /Wie war das noch gleich mit Kaibas Ledersessel?/ Dieser Gedanke erzielte die Gewünschte Wirkung und er kehrte wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Gut, vielleicht würde niemand, den er kannte, so auf den Brünetten Reagieren, zumindest kein männlicher Bekannter. Es gab allerdings genügend weibliche Kandidaten, bei denen er sicher war, eine ähnliche Reaktion vorzufinden. Hieß das etwa, er benahm sich gerade wie ein Mädchen?! /Mädchen? Ich? Gibt es zwei Dinge, die weniger zusammenpassen? Ich bin doch kein kicherndes, albernes, rosa tragendes ... Mädchen eben. Ich doch nicht./ Vor seinem inneren Auge erschien ein äußerst lächerliches Bild von ihm selbst in der rosa-blauen Schuluniform der Domino High, mitsamt der zierenden Schleife, und er spürte eine beklemmende Übelkeit in sich aufsteigen, während sich ein Stein in seinem Magen zu bilden schien. /Benehme ich mich wirklich wie ein Mädchen? Bin ich so tief gesunken? Ade Selbstwertgefühl, es war schön mit dir, doch nun ist offenbar der Tag gekommen, an dem ich dir Lebewohl sagen muss. Mach’s gut, Würde, du bist mir soeben abhanden gekommen. Du wirst mir fehlen Stolz, ich habe immer versucht, dich so gut es ging, zu verteidigen, doch ich wurde von ein paar aufgedrehten Hormonen zum scheitern verurteilt. Und alles nur, weil ich es mag, von ihm gestreichelt zu werden, weil ich es zulasse, dass er mich, Joey Wheeler, einst bekannt als größter Raufbold der gesamten Domino High School, mich von Seto Kaiba, einst bei mir bekannt als größter Mistkerl der Welt, unterwerfen – ja, man muss es wirklich schon ‚unterwerfen’ nennen – zu lassen. Geht es eigentlich noch ... zynischer? Ich bezweifle es ehrlich gesagt wirklich und wenn mich seine Hand jetzt nicht so dermaßen ablenken würde, würde ich am liebsten heulen. Nein, bloß das nicht! Ich würde nicht heulen, wie ein Mädchen, sondern am liebsten laut fluchen und ihm eine verpassen, dafür, dass er mir so ... verwirrt./ Geschlagen schloss er die Augen, ignorierte den Gedanken, der ihm nun durch den Kopf schoss. 15. Er schafft es, dir den Kopf zu verdrehen. /Ja. Leider./ oOo Er wusste später nicht mehr wirklich, wie er die nächsten Stunden überstanden hatte, doch das nächste, woran er sich wieder erinnerte, war, dass Mokuba die Tür zum Schlafzimmer aufschob und seinen Kopf mitsamt seiner wuscheligen dunklen Mähne ins Zimmer streckte. „Seto, darf ich mit Joey spazieren gehen?“ Joey war noch immer halb am dösen, spürte eine angenehme Wärme neben sich, die ihn dazu verlockte, wieder in die wartenden Arme des Schlafes zu gleiten. Als er die Augen öffnete und mehrmals blinzelte, um seine Sicht zu schärfen, wurde ihm bewusst, dass die Wärme von keinem anderen, als von Kaiba ausgehen konnte, der sich mittlerweile neben ihn gelegt hatte, mit einer Hand noch immer abwesend über Joeys Fell strich – wie in der Nacht zuvor – und nachdenklich aus dem Fenster blickte, bei Mokubas Stimme jedoch den Kopf in Richtung Tür wandte. „Spazieren?“, wiederholte er und wirkte in Joeys Augen, als bräuchte er einige Momente, um den Sinn der Worte seines kleinen Bruders zu verstehen. Er schien mit den Gedanken weit weg gewesen zu sein. „Ja, meinetwegen.“ Er rutschte an den Rand des Bettes – ungewollt vermisste Joey die angenehm beruhigende Wärme des anderen – und erhob sich. In einer fließenden Bewegung strich er sich das Hemd glatt und setzte seine gewohnte ausdruckslose Maske auf. Er wirkte nicht kalt, dennoch undurchdringlich und gefasst. „Ich muss ohnehin noch einige Arbeit erledigen.“ Er hielt inne, als registrierte er erst in diesem Moment, was Mokuba ihn tatsächlich gefragt hatte. „Spazieren?“, fragte er und sein Tonfallklang beinahe drohend. „Ja“, antwortete Mokuba. „Er muss sich auch mal ein bisschen die Beine vertreten.“ „Kommt nicht in Frage“, entgegnete Kaiba mit einem Mal auffallend bestimmt. Mokuba blinzelte verwirrt. „Wie? Er darf sich nicht die Beine vertreten? Aber Seto –“ „Davon rede ich nicht, Mokuba. Es kommt nicht in Frage, dass du unbeaufsichtigt mit ihm spazieren gehst.“ „Aber so schlimm benimmt er sich doch auch wieder nicht.“ „Es geht mir nicht um sein Benehmen. Es geht um dich.“ „Benehme ich mich so schlimm?“ „Mokuba“, mahnte Kaiba ihn. Joey blickte perplex von einem der Kaibabrüder zum anderen. Er fühlte sich nicht nur übergangen, sondern auch ignoriert. „Was dein Bruder sagen möchte, Mokuba“, mischte sich mit einem mal eine nur allzu vertraute Frauenstimme in das Gespräch ein – Joey zuckte bei ihrem Klang zusammen, hatte er sie doch in den letzten Stunden komplett vergessen, „ist, dass es zu riskant wäre, dich alleine außerhalb des Hauses aufhalten zu lassen. Selbst mit einem Hund, wie Joey.“ „Was meint ihr damit? Glaubt ihr, ich könnte entführt werden, sobald ich einen Schritt vor die Tür mache?“, fragte Mokuba und deutliche Entrüstung lag in seiner Stimme. „Ja, das befürchten wir“, meinte Kaiba gefasst und sah ihn durchdringend an. „Und warum auf einmal? Sonst war es doch auch nicht so!“ „Doch Mokuba, es war immer schon so.“ „Was bedeutet das?“, harkte der Kleine misstrauisch nach. Kaiba jedoch schwieg, machte keine Anstalten, ihm auf diese Frage eine Antwort zu geben. Erkenntnis breitete sich auf Mokubas Gesicht aus und ein verletzter Ausdruck erschien in seinen Augen. „Wollt ihr damit sagen, dass ihr mich die ganze Zeit beobachten lasst? Das meint ihr doch nicht so. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, immerhin bin ich auch ein Kaiba!“ „Mokuba“, meinte Kaiba sowohl beschwörend, als auch beschwichtigend, doch dieser schüttelte nur den Kopf. „Ich kann ja verstehen, dass du dir Sorgen machst, großer Bruder, aber was ist mit mir? Ich will nicht, dass man jeden meiner Schritte überwacht. Warum kann ich nicht wie ein ganz normaler Junge leben?“ „Das geht nicht“, sagte der Brünette, nahm seinen Blick dabei nicht von Mokuba. „Eben weil du ein Kaiba bist.“ Mokuba sah ihn lange an, stumm schien er in dem Blick seines großen Bruders nach etwas zu suchen, schließlich senkte er den Kopf. „Dann will ich kein Kaiba sein.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Zimmer. Diese Reaktion schien selbst Kaiba zu überrumpeln. Wie erstarrt stand er noch immer auf derselben Stelle, starrte auf den Punkt, an dem bis vor wenigen Moment noch Mokuba gestanden hatte. Joey erkannte Unglauben in den eisblauen Augen des Firmenleiters. Mitgefühl breitete sich in ihm aus, als er bemerkte, wie die Haltung des Brünetten sich versteifte, er sich in einer beinahe verzweifelten Geste auf die Lippen biss, als wolle er so seine Empfindungen unterdrücken. Vorsichtig machte er einige Schritte auf den Größeren zu, ließ ihn dabei nicht aus den Augen, registrierte jede noch so kleine Regung auf dem Gesicht des anderen. Er bemerkte, dass Kaiba seine Züge momentan nicht wirklich unter Kontrolle hatte, schaffte man es doch sonst nie, auf seinem Gesicht zu erkennen, was in ihm vorging. Genau das war es, was auch in diesem Augenblick an Joey nagte. Er wollte den anderen nicht so sehen. Er kannte bis jetzt nur den kalten, gefühllosen, gleichgültigen Kaiba und den eigentlich doch freundlichen, rücksichtsvollen Kaiba. Doch wer zeigte sich ihm nun? Wer war diese offensichtlich verletzte Person vor ihm? Er konnte mit Spott, Hohn und mittlerweile auch mit seinen Nettigkeiten umgehen, aber hiermit? Alles verkraftete er, doch dies hier machte ihm Angst. Mokubas Reaktion, seine Lossagung von dem Namen ‚Kaiba’ hatte den Brünetten verletzt – anders konnte man den Ausdruck in den Augen des anderen nicht deuten – doch wieso schaffte Mokuba es so schnell, mit einem derart simplen Satz, während Joey es in all den Jahren nicht geschafft hatte, ihn mit all seinen Sprüchen auch nur zu verunsichern. Es beunruhigte ihn, dass Kaiba sich verletzen ließ. Durch seinen kleinen Bruder. Seine einzige Schwachstelle. Tröstend lehnte er sich an den größeren, der noch immer regungslos im Raum stand, seinen Blick starr auf den Boden gerichtet hatte. In einer hilflosen Geste stupste er den Blauäugigen mit der Nase ans Bein, versuchte ihn aus seiner Starre zu holen, doch ohne Reaktion. Geschlagen ließ er den Kopf hängen. Warum machte er sich überhaupt sie Mühe? Hatte er sich früher nicht immer gewünscht, Kaiba in so einer Verfassung zu erleben? /Das war, bevor ich wusste, dass er auch anders sein kann./ Warum ließ die Zeit sich nicht einfach zurückdrehen? Vielleicht wäre es besser für sie beide, nichts zu empfinden, sich weiterhin einfach nur zu hassen. /Es geht nicht mehr./ Nein. Es ging nicht mehr „Warum ist es so schwierig, ein Kaiba zu sein?“ Die Stimme des Brünetten war nicht mehr als ein Flüstern, das Joey durch Mark und Bein ging. Langsam machte der Größere einige Schritte zurück zum Bett, ließ sich auf seinem Rand nieder und starrte auf den Boden. „Ich hätte Gozaburo damals vielleicht einfach nicht zu dem Schachspiel herausfordern sollen. Wir wären heute sicher immer noch im Waisenhaus, dafür wäre Mokuba aber glücklich.“ Joeys Augen weiteten sich. Er hatte Kaiba noch nie so sprechen hören. Mit einer derartigen ... Bitterkeit. „Ich schaffe es einfach nicht, ihm das Leben zu geben, was er sich wünscht.“ /Was ist nur auf einmal los mit ihm? Wo ist der kalte Kaiba, denn ich kenne?/ „Nun hasst er mich. Alle die mir irgendetwas bedeuten, hassen mich.“ /Was? Alle, die ihm etwas bedeuten? Meint er damit -?!/ Kaiba legte eine Hand auf seine Stirn und schloss die Augen. Seine nächsten Worte waren kaum zu hören, dennoch nahm Joey sie mit seinen empfindlichen Ohren war. „Ich hätte von Anfang an wissen sollen, dass Empfindungen nichts bringen. Sie sind eine Schwäche, die nur unnötig behindert. Sie sind überflüssiger Ballast, der Entscheidungen beeinträchtigt und verwundbar macht. Ich hätte mich nicht erst darauf einlassen sollen. Es war ein Fehler.“ Diese Worte taten weh, so ungern Joey das auch zugab. Er konnte sich denken, dass der Ältere von ihm, Joey Wheeler, sprach. Dass es in den Augen Kaibas ein Fehler war, Gefühle für ihn zu entwickeln. Da hatte Joey seine Antwort. Noch vor kurzem hatte er sich gefragt, wie Kaiba wohl auf die Erkenntnis, etwas für ihn zu empfinden, reagiert hatte. Gar nicht. Jetzt war es in seinen Augen eine unnötige Schwäche, überflüssiger Ballast. Mokuba hatte sich von dem Namen Kaiba lossagen wollen und offenbar schob der Brünette diese Reaktion auf seine eigene Schwäche, entstanden durch die Gefühle, die er für jemand anderen empfand. Joey hatte Recht behalten. Es wäre niemals gut mit ihnen gegangen, wenn da etwas gewesen wäre. Doch das war es nicht, wie Nicos nächster Punkt bewies. 16. Es täte weh, ihn zu verlassen. Nein, das würde es nicht. Kein bisschen. Und er würde es hier und jetzt beweisen, indem er ging und nie wieder zurückkehrte. Was brachte es denn, zu bleiben und als falsche ‚Person’ an der Seite des Brünetten zu bleiben, mit dem Wissen, dass dieser Gefühle ihm gegenüber nur als Fehler ansah? Nur unnötige Schmerzen, wenn es denn soweit kam. Doch es tat ihm nicht weh. Er, Joey, war an einem Punkt, an dem es nicht wehtat. Nicht wehtunkonnte. Er drehte sich um. Kaiba hatte sich offenbar entschieden und er selbst würde es jetzt auch tun. Er würde zu Marik gehen, sich zurückverwandeln lassen – wehe, Marik fand keinen Weg! – und schließlich sein Leben als Joey Wheeler fortsetzen. Er würde Kaiba wieder hassen, wie früher, würde die Zeit, die er in diesem Haus verbracht hatte, vergessen. Er warf einen letzten Blick über die Schulter, auf Kaiba. Dieser hatte die Augen geschlossen und versuchte offenbar, seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bringen, den alten Kaiba wieder zu finden. Der Blonde resignierte. Wie plötzlich eine so schöne Zeit doch in das genaue Gegenteil umschlagen konnte. Joeys Blick wurde ernst. /Man sieht sich ... Kaiba./ oOo „Joey?“ Er blieb stehen und drehte sich um. In der schweren Eingangstür der Kaibavilla stand Mokuba und hielt sich an dem dunklen Holz fest, sah ihn mit einer Mischung aus Sorge und Verstehen an. Er wirkte so verloren, neben der großen Tür, so einsam, vor dieser monströsen Villa. Joey sah ihn stumm an, unterdrückte den Drang auf dem Absatz kehrt zu machen und einfach wegzurennen. „Du willst gehen, oder?“, fragte Mokuba leise und seine Stimme war kaum zu hören. Joey nickte. In seiner Kehle spürte er einen störenden Klos, der ihm beinahe die Luft zum Atmen nahm. „Ist es wegen Seto?“ Erst wollte Joey protestierend den Kopf schütteln, stockte jedoch und nickte schließlich wahrheitsgemäß. Mokuba kannte die Antwort ohnehin, da war er sich sicher. Der Junge zögerte sichtlich, dann ließ er die Tür los und machte einige zaghafte Schritte auf Joey zu. Als er direkt vor ihm stand, blieb er stehen und ließ sich auf die Knie hinab. Der weiße Kies würde Flecken auf seiner Hose hinterlassen, doch Mokuba schien dies momentan nicht zu kümmern. Er sah Joey mit seinen großen blauen Augen an und dieser erkannte die Trauer in dem Blick des Jüngeren. „Ich habe das, was ich eben zu Kaiba gesagt habe, eigentlich nicht so gemeint. Ich war nur ... wütend, weil er mich wie ein kleines Kind behandelt hat. Das bin ich ja eigentlich auch und ich verstehe, dass er nur mein Bestes will, aber dabei vergisst er sich und seine eigenen Wünsche. Immer möchte er mir alles Recht mache und ignoriert dabei sich selbst. Ich möchte, dass er auch glücklich ist und es tut weh, wenn ich sehe, dass er von Tag zu Tag kälter wird.“ Joeys Blick wurde ebenfalls betrübt. Ja, er konnte sich vorstellen, wie Mokuba sich dabei fühlte. „Ich“, der Jüngere brach ab und sah zur Seite. Er schien sich nicht sicher mit seinen nächsten Worten zu sein. Nach einigen Augenblicken sah er auf und fuhr fort: „Als ich herausfand, dass er sich ... dass er trotz seiner Widersprüche Gefühle für dich hat, da hab ich gehofft, dass es besser werden würde. Dass er vielleicht endlich anfangen würde, zu leben. Aber es hat sich nichts geändert. Ich hab auch danach noch immer an erster Stelle gestanden, nicht er. Manchmal wünsche ich mir so sehr, dass Gozaburo uns nie adoptiert hätte.“ Er schwieg. Joey senkte den Blick. „Aber weißt du, Joey“, fuhr Mokuba schließlich fort, „also du dann aufgetaucht bist, als du in dieser Gestalt hierhin gekommen bist, für Seto da gewesen bist, da glaube ich, hat sich etwas in ihm verändert. Er schon war immer nett zu mir, aber als er dich akzeptiert hatte, da hat sich etwas geändert und es war irgendwie total anders. Ich hab ihn zum ersten Mal seit langem wieder Lachen hören und alles nur wegen dir.“ Joeys Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Mokuba mochte Recht haben, doch was brachte es ihm, dass Kaiba sich verändert hatte, wenn er es nur für jemanden getan hatte, den es gar nicht gab? Einen Joey, der in Wahrheit gar nicht wirklich so existierte? „Hast du es denn nicht bemerkt Joey?“ /Natürlich habe ich das. War ja auch entsprechend schockiert./ „Ich glaube, er hat den wahren Joey in dir gesehen.“ /Was?!/ Sein Kopf ruckte hoch und er starrte Mokuba entsetzt an. „Ich weiß nicht, ob er dich wirklich erkannt hat, aber ich bin mir sicher, er hat sich nur aus dem Grund verändert, weil du in seinen Augen irgendwie Joey warst. Vielleicht nicht das ‚Original’, aber ein Abbild davon. Darum hat er dich auch so genannt. Du warst nicht nur wie Joey, sondern gewissermaßen bist du es für ihn gewesen, habe ich das Gefühl.“ /Das kann nicht sein./ Joey wich nun leicht vor Mokuba zurück. /Warum hätte er sonst so was wie eben gesagt? Wenn er es gewusst hätte, dann hätte er ganz anders auf mich regiert! Er hätte mich sicher aus dem Haus gejagt!/ Mokuba streckte die Arme aus, legte sie um Joey und drückte ihn an sich. Sein Gesicht vergrub er in dem weichen Fell des Hündchens und dieser hörte ihn gedämpft schiefen. „Wenn du gehst, wird Seto wieder genauso werden, wie früher. Ich möchte nicht, dass er wieder so traurig wird. So verschlossen und einsam. Ich glaube ich habe ihm eben weg getan, das wollte ich nicht, aber ... ich will nicht, dass ich bei ihm über allen anderen Dingen stehe. Ich hab ihn lieb, er ist meine Familie, aber ich will auch, dass es ihm gut geht. Joey, ich ... mittlerweile gehörst du doch auch zur Familie und ich hab dich auch lieb ...“ Er brach leise schniefend ab und Joey spürte etwas Nasses, das durch sein Fell drang. Hilflos – hatte er mit Kindertränen doch noch nie gut umgehen können, lehnte er sich an Mokuba, stupste den Kleineren tröstend an die Wange. /Es tut mir leid Mokuba./ Der kleine Kaiba ließ ihn los, brachte Abstand zwischen sie. Noch immer schniefend wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und wirkte in Joeys Augen zumindest in diesem Augenblick so jung und hilflos, wie er ihn selten gesehen hatte. „Tut ... tut mir leid. Ich wollte nicht“, er wischte sich verzweifelt über das Gesicht, „es ist nur ... wenn du jetzt gehst ...“ /Ich weiß, was du sagen willst./ 17. Du machst dir Sorgen um ihn, wenn es ihm nicht gut geht. /Ich verstehe es, aber es ist ... so schwer. Vor allem für mich. Ich dachte bis vor kurzem immer, ich würde ihn hassen. Und jetzt weiß ich nicht, was ich wirklich fühle./ Er stupste Mokuba ein letztes Mal aufmunternd an. Der Schwarzhaarige lächelte leicht und die feuchten Spuren auf seiner Wange glitzerten verräterisch. „Joey, du willst wieder normal werden, oder?“ Er nickte. Diesmal vollkommen überzeugt. „Wirst du ... würdest du ... danach wiederkommen?“ Er zögerte. Doch die großen hoffnungsvollen Kinderaugen ließen ihn weich werden. Stockend nickte er erneut. „Versprochen?“ /Ja./ Wieder ein Nicken. /Versprochen./ oOo Während er den Kiesweg der Kaibavilla hinab lief, spürte er noch lange den blick Mokubas auf sich ruhen. Er schlüpfte durch die Stäbe des Eisentores, wusste, dass Nico ihn auf der Überwachungskamera registrierte und meinte die Worte „Viel Glück, Kleiner“ zu hören, doch war er sich nicht sicher, ob er sie sich nur eingebildet hatte. Er rannte, wie er noch nie zuvor gerannt war. 18. Du lässt ihn nur ungern alleine. Als hätte Nico geahnt, was passieren würde, schoss es ihm bitter durch den Kopf. Tatsächlich wurden seine Schritte mit jedem weiteren Entfernen von dem Kaibaanwesen hinter sich stetig schwerer, die Sprünge anstrengender und sein Atem schneller. Er musste zu Marik! Und wenn er nach Marik suchte, dann war sein Eigentliches Ziel ohne Zweifel Bakuras Wohnung! Flackernd gingen die Laternen im Park an und erhellten den Schotterweg nur spärlich. Grillen zirpten und in der Nähe schuhute ein Uhu. Joey lief durch den Wald, durch den er gestern noch zusammen mit Kaiba spaziert war, vorbei an der Bank, auf der sie gesessen hatten, achtlos vorbei rannte. Dieser Zeitpunkt schien ihm momentan so unsagbar lange her. Hechelnd ließ er die Grenzen des Parks hinter sich, überquerte die Straße und konnte von Glück reden, dass kein Auto zu sehen war, hatte er es doch nicht für nötig gehalten nach links oder rechts zu sehen. Seine weiten Schritte hörten sich in seinen eigenen Ohren dumpf an und wurden beinahe von rauschen seines Blutes übertönt. Einige Straßen weiter hörte er ein Auto, dass in seine Richtung kam, doch er kümmerte sich nicht darum, waren seine volle Konzentration doch auf das aufspüren von Bakuras Wohnung gerichtet. Er musste wieder ein normaler Mensch werden. So sehr ein Teil von ihm auch weiterhin in dieser Verkleidung und an der Seite des Brünetten bleiben wollte – es ging nicht! Es war falsch, und in gewisser Art demütigend, ein treues Schoßhündchen bleiben zu wollen, doch diese kleine verzweifelte Stimme ließ sich nicht abstellen. 19. Du vermisst ihn, wenn er nicht bei dir ist. Ja verdammt, er vermisste ... Kaiba. Nico hatte ja Recht! Er hatte so viele zugegeben schöne Momente mit ihm Erlebt, auch peinliche Momente – verlegen dachte er an den Morgen oder seinen Traum zurück zurück. Der Brünette fehlte ihm und dabei trennten sie erst wenige Häuserblocks, von den paar Minuten ganz zu schweigen. Wie würde das ganze erst werden, wenn er wieder ein Mensch war? Seine Schritte verlangsamten sich und vor der Biegung zur nächsten Straße, in der zweifellos Bakuras Wohnung lag – sein Geruchssinn hatte ihn in letzter Zeit noch nie im Stich gelassen – blieb er stehen. Nachdenklich starrte er auf den Asphalt des Bürgersteigs. Erst jetzt viel ihm wirklich auf, welche Punkte Nicos sich unter anderem zu der ersten Hälfte gesellt hatten. Welche eindeutigen Punkte. Noch einmal deutlich zum Mitschreiben – okay – Mitdenken: - Er hatte sich Gedanken darüber gemacht, warum er selbst zu dem geworden war, der er heute war. - Er hatte Kaiba heute Morgen beinahe bespannt ... gut, er hatte ihn bespannt. - Er machte sich Sorgen, um ... Kaiba - Er vermisste ihn Die Erkenntnis, gegen deren Erscheinen er sich seit Beginn seiner Verwirrung gewehrt hatte, überrollte ihn, warf alle bisherigen Thesen, alles verzweifelte Ignorieren über den Haufen, zwang sich ihm auf und ließ ihm keine andere Wahl, als sie sich vor Augen zu halten, sie zu verstehen, alles zu verstehen und zu begreifen, dass ... Diese Punkte ... die ganze Liste, sie lief nur auf diesen einen Punkt hinaus. 20. Du willst, dass er glücklich ist – um jeden Preis. Das bedeutete, dies alles bedeutete ... Er hörte Schritte, die sich ihm näherten, doch er nahm sie nur am Rande wahr, viel zu sehr durch die, auf ihn einströmenden, Einsichten fixiert. Diese ganzen Übereinstimmungen bedeuteten, dass er Kaiba - Seto - seinen eigentlich größten Rivalen in Wirklichkeit ... /Heißt das etwa, dass ich ihn wirklich -?/ Er war nicht in der Lage, seinen Gedankengang zu Ende zu bringen, da ihm unvermittelt schwarz vor Augen wurde. Die Welt drehte sich und mit einem dumpfen Aufprall fiel er zu Boden. /Seto .../ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)