Mein ist die Macht - Mein ist der Tod von Fellfie ================================================================================ Kapitel 10: Der Hinterhalt -------------------------- Das Lied ("Und wenn ein Lied") gehört nicht mir, sondern den Söhnen Mannheims, wie bekannt sein dürfte Warnung: Blood, violence Teil: 10/11 Kapitel 9 - Der Hinterhalt Schwer atmend lehnte Atemu an der Wand, die Augen geschlossen und eine Hand auf seine Tätowierung gepresst. Schon wieder. Es ging schon wieder los. Seit seiner Geburtstagsfeier vor wenigen Wochen hatte er ein beständiges Ziehen an dieser Stelle verspürt. Manchmal mehr, manchmal weniger stark, doch immer präsent. Nun ja.... fast immer. Wenn Yuugis schlanke Finger über diese Stelle strichen, dann verschwand das Ziehen, um einem anderen, wesentlich angenehmeren Gefühl Platz zu machen. Doch es blieb nicht nur bei diesem Ziehen. Manchmal gab es Schübe heftiger Schmerzen und nur die jahrelang antrainierte Selbstbeherrschung hinderte Atemu daran aufzuschreien und sich unter Qualen zu Boden zu sinken. Er hatte es mit verschiedenen Schmerztränken probiert, die seine Heiler zusammen gemischt hatten, doch nichts half. Der Schmerz blieb. Und jede dieser Schmerzwellen machte das Gefühl der Bedrohung noch deutlicher. Und auch jetzt hatte sich das Brennen wieder seines Körpers bemächtig. Es fühlte sich an, als würden kleine Flammen ihn langsam von innen heraus auffressen. Sein Geist war unfokussiert, unfähig, etwas anderes außer diese Schmerzen wahrzunehmen und Atemu war dankbar dafür, dass er alleine auf diesem Gang war. Er konnte es sich nicht leisten, Schwäche zu zeigen. Und im Moment war er nicht in der Lage, die Fassade des kalten, unnahbaren Pharao aufrecht zu erhalten. Und er war froh, dass Yuugi jetzt nicht bei ihm war. Er hatte darum gebeten, in den Garten gehen zu dürfen und Atemu hatte es ihm widerwillig erlaubt. Jetzt gratulierte er sich zu dieser klugen Entscheidung. Sein Kätzchen würde sich nur wieder um ihn sorgen. Er hatte diese Anfälle jetzt ein paar Mal miterlebt und jedes Mal war er ängstlicher und besorgter geworden. Er hatte versucht, Atemu zum Reden zu bringen, doch der junge Pharao schwieg beharrlich zu dem Thema. Er wollte Yuugi nicht belasten. Das war etwas, mit dem er alleine fertig werden musste. Doch andererseits sah er, dass sein Schweigen dem Jungen genauso zu schaffen machte. Vielleicht... vielleicht sollte er ich doch die Wahrheit sagen. Nicht, dass Yuugi dann beruhigt sein würde. Schmerzen, von denen man nicht wusste, woher sie kamen, waren definitiv etwas, dass jedem normalen Menschen Sorgen bereiten sollte. Und plötzlich schien ein kleiner Lichtstrahl in seinen dunklen, von Schmerzen betäubten Geist zu fallen. Yuugi.... ja... wenn seine Berührungen das Ziehen zum Verschwinden brachten, vielleicht konnten sie dann auch dieses Brennen lindern? Er als Pharao sollte es nicht nötig haben, die Hilfe von anderen zu beanspruchen, er sollte alle Schwierigkeiten in seinem Leben selbst bewältigen können, doch dieser Schmerz machte ihn wahnsinnig. Wenn er nicht bald verschwand, würde ein Unglück geschehen. Atemu stieß sich von der Wand ab und taumelte dann in Richtung Garten; nur einen Gedanken im Kopf: Yuugi. Er musste zu ihm. Dann würde alles besser werden. Mit Sicherheit. Wenn sein Kätzchen bei ihm war, war alles wieder gut. Als er aus dem kühlen Palast hinaus in den heißen, hellen Garten stolperte, schloss er für einen Moment geblendet die Augen, bevor er sein Kätzchen suchte. Der Schmerz schnürte ihm die Luft ab, als er den Jungen endlich im Schatten einer Pflanze mit großen, ausladenden Blättern entdeckte. Yuugi hatte sich gemütlich ausgestreckt und döste vor sich ihn. Erleichtert wankte Atemu auf ihn zu und ging neben ihm auf die Knie, eine Hand streichelte verloren über Wange des Jüngeren. Erschrocken riss Yuugi die Augen auf, beruhigte sich aber gleich wieder, als er sah, wer ihn da berührt hatte. Dann runzelte er die Stirn. "Yami? Was ist los? Ihr seht so blass aus..." Doch ein Blick in die rubinroten Augen, die er so sehr liebte, verriet ihm alles, was er wissen musste. Rasch setzte er sich auf und legte Atemu besorgt die Hände auf die Schultern. "Oh nein, nicht schon wieder! Kann ich denn gar nichts für Euch-" Yuugi verstummte schlagartig, als Atemu eine seiner Hände nahm und sie auf die Stelle presste, an der seine Tätowierung saß. Dann lehnte sich der Ältere vor, lehnte seine Stirn gegen Yuugis Schulter und blieb bewegungslos sitzen. Der Junge errötete und blickte etwas verwirrt auf den Herrscher Ägyptens herab. Ihm erschloss sich der Sinn hinter dieser Handlung nicht, aber er schwieg fürs Erste. Dann, als er spürte, dass Atemus Atmung wieder ruhiger und regelmäßiger wurde, fragte er leise: "Yami?" Der Ältere hob den Kopf, legte eine Hand in Yuugis Nacken (mit der anderen presste er immer noch die Hand des Kleineren auf seine Hüfte) und zog den Jungen näher zu sich heran. Als Atemu ihn zärtlich küsste, vergaß Yuugi für einige Momente sogar, was er hatte sagen wollen. Dann, als sie sich wieder voneinander lösten, musste Yuugi erst einige Male blinzeln, bevor er wieder zu sich fand. "Diese Schmerzattacken machen mir Angst, Yami. Was ist das?" "Ich weiß es auch nicht, Kätzchen." Bereitwillig ließ Yuugi zu, dass er nach hinten gedrückt wurde und schließlich mit dem Rücken auf dem weichen Gras lag, Atemu über ihm. Sein Blick war fest auf Atemu gerichtet. "Ihr seid doch ehrlich zu mir, oder?" Der junge Pharao lächelte. "Glaubst du wirklich, ich würde dich anlügen?" Yuugi spürte wieder das altbekannte Herzflattern und war froh, dass er lag, denn seine Knie wurden schon wieder bedenklich weich. Oh, wie er dieses Lächeln liebte! "Nein, das glaube ich nicht", antwortete er treuherzig und zog Atemu zu sich hinunter, um ihn erneut zu küssen. Eine kleine Ewigkeit später trennten sich ihre Lippen und Atemu rutschte seitlich von ihm herunter. Mit einem Seufzen schmiegte sich Yuugi an den Größeren. Einer der starken Arme des Pharaos legten sich beschützend um ihn und Yuugi schloss zufrieden die Augen. Ja, das fühlte sich gut an. So richtig. Das hatte er sein ganzen Leben vermisst. "Ich liebe Euch", wisperte er. Er hatte es nicht laut sagen wollen. Niemals. Er hatte seine Gefühle immer für sich behalten wollen, aus Angst, dass sich Atemu nach dem Geständnis von ihm distanzieren könnte. Doch irgendwie... irgendwie hatte auch das sich richtig angefühlt. Er hatte nicht gewusst, was er sagen wollte, als sich seine Lippen wie von alleine teilten, doch als er diese Worte hörte, wusste er, dass es gut so war. Und etwas in ihm flüsterte ihm zu, dass das vielleicht die letzte Gelegenheit gewesen war, dem jungen Herrscher zu sagen, dass er geliebt wurde. Yuugi spürte, dass Atemu ihn zunächst überrascht anblickte und fürchtete schon, zu weit gegangen zu sein, als er plötzlich fühlte, dass der junge Pharao ihn enger an sich drückte. Er erwiderte nichts, doch diese Geste reichte schon, damit Yuugi warm ums Herz wurde. Vielleicht liebte Atemu ihn nicht so, wie er ihn liebte, doch es war zumindest Zuneigung da. Und zwar eine gehörige Portion davon. Ein glückliches Lächeln breitete sich über Yuugis Gesicht aus. Atemus Hand begann wie von alleine über die weiche Haut von Yuugis Rücken zu gleiten, während er sein Kätzchen musterte. Das Lächeln auf den Gesicht des Jüngeren hatte er zustande gebracht, richtig? Obwohl er nichts erwidert hatte. Obwohl er ihm nicht gesagt hatte, dass er seine Gefühle erwiderte. Denn die Wahrheit war, dass Atemu nicht wusste, was er eigentlich für den Jungen in seinem Arm empfand. Er konnte mit Gefühlen nicht umgehen. Liebe war ihm fremd. Er wusste nicht, was dieses Wort bedeuten sollte, oder wie es sich anfühlte. Aber er wusste, dass er Yuugi nie wieder gehen lassen würde. Dass er es nicht ertragen könnte, wieder alleine zu sein. Dieser Junge war inzwischen ein so unabdingbarer Teil seines Lebens geworden wie das Atmen. Und er würde ihn immer beschützen. Niemals sollte diesem wundervollen Geschöpf Leid angetan werden. Nicht, solange er noch einen Funken Leben in sich hatte! Atemu vergrub sein Gesicht in Yuugis Haaren und als er Yuugis Geruch tief einatmete, fühlte er sich tatsächlich zufrieden. Sicher, da waren diese Schmerzattacken und dort draußen lauerte eine namen- und gesichtslose Bedrohung, aber das war jetzt nicht wichtig. Er würde Vorsichtsmaßnahmen treffen um Yuugi und sich zu schützen, aber um diese Gefahr würde er sich zu gegebener Zeit kümmern. Und das war nicht jetzt! Schlanke Finger strichen zärtlich über den Stoff seiner Kleidung und Atemu erlaubte der Anspannung aus seinem Körper zu weichen. Yuugi lächelte, als er spürte, wie sich sein geliebter Pharao unter seinen Streicheleinheiten entspannte und schmiegte sich mit einem leisen, glücklichen Laut enger an ihn. Erschöpft taumelte Yuugi aus dem Waschraum ins Schlafzimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Ihm tat alles weh. Was sollte das? Warum bestand Atemu darauf, dass er Reitunterricht bekam und warum- bei allen Göttern- dauerten die Unterrichtsstunden einen halben Tag?! Er hatte sich inzwischen den Schweiß und den Wüstensand vom Körper gewaschen, aber das änderte nichts an dem furchtbaren Muskelkater, den er in den Armen und vor allem in den Beinen hatte. Er konnte sich kaum bewegen. Vom Sitzen ganz zu schweigen. Er war seit dem ersten Unterrichtstag heilfroh, dass er sowieso immer Kissen unter seinen Po hatte. Auf etwas Härterem hätte er wohl kaum länger als zehn Minuten sitzen können. Jeder neue Tag in der Wüste im Sattel war eine Tortur für sein Hinterteil. Und er hätte nie im Leben gedacht, dass es so anstrengend sein könnte, sich von einem Pferd durch die Gegend tragen zu lassen. Wenn er andere dabei sah, sah es so leicht aus. Als würde das Pferd von ganz alleine vorwärts laufen und sich müssten nur die Richtung angeben. Dass dem nicht so war, hatte er nun gelernt und sich dabei diesen ausgewachsenen Muskelkater in den Beinen geholt. Er hörte, wie sich die Tür des Gemaches öffnete. "Kätzchen?" "Hier", piepste Yuugi kläglich und bewegte sich keinen Zentimeter, um Atemu entgegen zu gehen. Das war auch nicht nötig, denn Sekunden später stand der junge Pharao im Raum und sah ihn mit besorgt gerunzelter Stirn an. "Stimmt etwas nicht?" "Mit tut alles weh", klagte Yuugi und rollte sich zusammen. "Ich will keinen Reitunterricht mehr!" Nun lachte Atemu leise. "Das ging mir im ersten halben Jahr auch so." Mit einem Ruck fuhr Yuugi hoch und zuckte zusammen, als seine schmerzenden Muskeln gegen die plötzliche Bewegung protestierten. "Was?! Ein halbes Jahr lang? So lange dauert es, bis man endlich schmerzfrei reiten kann??" Der Ältere zuckte mit den Schultern. "Bei dem einen länger, bei dem anderen weniger lang. Aber ich habe gehört, du stellst dich ziemlich geschickt an." Yuugi lächelte verlegen und senkte den Kopf. "Danke, aber ich habe trotzdem keine Lust mehr." "Ich denke, das sollte kein Problem sein", erwiderte Atemu Schultern zuckend. "Morgen sollte ohnehin dein letzter Unterrichtstag sein." Verwirrt blinzelte Yuugi. "Was? Warum?" "Ich muss zurück an die Front." Dieser Satz stand zwischen ihnen, als sich für einen Moment ein tödliches Schweigen im Raum ausbreitete. Dann sprang Yuugi auf, seine schmerzenden Muskeln ignorierend. "Nein!" Es klang wie eine Bitte und ein Befehl zugleich. Atemus musterte ihn kühl. "Du bist dabei, deine Kompetenzen zu überschreiten, Kätzchen." Das wusste Yuugi auch. Natürlich durfte er es sich nicht erlauben, dem Gottkönig Ägyptens Vorschriften zu erteilen, aber... "Warum?? Ihr habt doch Generäle und Soldaten an der Front. Ein Mann mehr oder weniger wird die Schlacht nicht entscheiden." "Möglicherweise doch. Es gibt Gerüchte.... beunruhigende Gerüchte, die überprüft werden müssen." Seine Finger wanderten beinahe gedankenverloren über sein Millenniumspuzzle. "Wenn es stimmt, dass unsere Gegner mit Schattenmagie experimentieren- und erfolgreich dazu- dann können nur meine Priester und ich noch etwas ausrichten. Nur Träger von Millenniumsgegenständen sind Schattenmonstern vielleicht gewachsen." "Schattenmagie? Schattenmonster?", wiederholte Yuugi verwirrt und spürte wie sich ein eiserner Ring aus Stacheldraht um sein Herz legte. Er konnte nichts mit diesen Worten anfangen, doch seine Nackenhärchen stellen sich ganz instinktiv auf. Es war etwas sehr Altes... und etwas Böses..... so viel wusste er ganz intuitiv. Atemu nickte. "Ja, Schattenmonster. Kreaturen aus dem Reich der Schatten. Jede auf ihre Art schrecklich. Durch Schattenmagie kann man sie in diese Welt rufen." "Und warum sind für ihre Bekämpfung ausgerechnet die Millenniumsgegenstände von Bedeutung?" "Die sieben Millenniumsgegenstände sind sehr mächtig. Erschaffen aus dem Blut von 99 Menschen verleihen sie ihrem Träger ungeheure Kräfte unterschiedlichster Art. Der Stab beispielsweise ist sehr gut darin, die Geister anderer Menschen zu manipulieren. Das Schlüssel ermöglicht es seinem Träger unter anderen, in die Herzen fremder Leute zu blicken. Und sie erleichtern das Rufen von starken Monstern aus dem Reich der Schatten und machen seine Kontrolle einfacher. Wenn das von dir gerufene und kontrollierte Monster stärker als das deines Gegners ist, liegt der Vorteil wohl klar auf der Hand." Yuugi spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Aus... aus Menschenblut erschaffen? Sein Blick fiel auf das Millenniumspuzzle, dessen Gold kalt schimmerte und der Junge wusste mit plötzlicher Bestimmtheit, dass die Welt ohne diese Gegenstände besser dran wäre. Und was die Schattenmagie betraf.... er hatte das Gefühl, dass hier Mächte geweckt worden waren, die man besser hätte schlafen lassen. Ohne, dass er es sich erklären konnte, hatte er plötzlich Angst. Um die Welt, um sich und vor allem um Atemu, der der Schattenmagie so nahe stand. Yuugi trat schüchtern auf ihn zu und eine Hand krallte sich bittend in das Gewand des Pharaos "Bitte! Bitte lasst mich nicht schon wieder alleine!" Eine Hand streichelte durch sein Haar und der Ausdruck in den Augen des Älteren war wieder wärmer. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. "Dummkopf. Natürlich verlasse ich dich nicht. Was denkst du, warum ich dir so ein hartes Pensum den Reitunterricht betreffend verordnet habe?" Yuugis Augen wurden groß. Konnte es sein... er würde ihn nicht... nein, natürlich nicht, er hatte es schon das letzte Mal abgelehnt, ihn mitzunehmen. Atemus Meinung hatte sich sicher nicht geändert... oder? "Ihr...?" Der Größere nickte. "Ganz recht. Dieses Mal kommst du mit. Ginge es nach mir, hätte man dich auch noch in der Kunst des Streitwagenfahrens unterrichtet und deine Kampfkunst geschult. Aber dafür ist keine Zeit. Übermorgen brechen wir auf." "Oh danke!" Yuugi fiel ihm um den Hals und Atemu drückte ihn an sich, einen grimmigen und entschlossenen Ausdruck in den Augen. Nein, er würde nicht noch einmal den Fehler machen und den Jungen unbeaufsichtigt zurücklassen. Aber er wusste auch, dass es dort draußen nicht weniger gefährlich war. Er würde über Yuugi wachen, wie eine Tiger über sein Junges. Niemand und nichts würde ihm zu nahe kommen. Wenn jemand das Schlachtfeld lebend verließ, dann war es Yuugi und kein anderer! Am Morgen der Abreise stand Atemu schon vor Sonnenaufgang auf, ließ sich waschen und ankleiden. Dann schickte er seine Diener fort, platzierte einen Dolch an einer verborgenen Stelle unter seinem Gewand (den Gürtel mit seinem Schwert und einem weiteren Dolch würde er später umlegen) und trat zurück in sein Schlafgemach. Zu seiner großen Überraschung war das große Bett leer. Yuugi, der noch selig geschlafen hatte, als Atemu leise aufgestanden war, war fort. Doch bevor aus dem leisen Gefühl der Beunruhigung ernsthafte Sorge werden konnte, entdeckte der junge Pharao seinen Gefährten einen Lidschlag später am Fenster. In eine der dünnen Decken des Bettes gehüllt stand Yuugi am Fenster und beobachtete verträumt den Sonnenaufgang. Seine Gestalt war in ein seltsames rötliches Licht getaucht, dass ihn wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt aussehen ließ. Fasziniert betrachtete Atemu ihn und lauschte seinem leisen Gesang. Die leise Sehnsucht darin entging ihm keineswegs. ~Und wenn ein Lied meine Lippen verlässt Dann nur, damit du Liebe empfängst Durch die Nacht und das dichteste Geäst damit du keine Ängste mehr kennst~ Lautlos nährte sich der junge Herrscher seinem kleineren Gefährten. Plötzlich war er sehr froh, dass Yuugi mitkommen würde. So würde er seine überaus angenehme Gesellschaft nicht auf unbestimmte Zeit missen müssen. Und wenn er wollte, konnte er seinem warmen, klaren Gesang jederzeit lauschen. ~Sag ein kleines Stückchen Wahrheit Sieh, wie die Wüste lebt Schaff ein kleines bisschen Klarheit Und schau wie sich der Schleier hebt~ Atemus Arme umfingen die schmale Taille von Yuugi und seine Wange lehnte sich gegen den Kopf des Kleineren. Erschrocken verstummte Yuugi, doch im nächsten Moment entspannte er sich schon wieder und lehnte sich gegen den größeren Körper hinter sich. "Guten Morgen, Yami", sagte er sanft und lächelte. "Bist du bereit?" Ein kleines, schalkhaftes Aufblitzen in seinen großen violetten Augen, die im Licht des Sonnenaufgangs beinahe schwarz wirkten. "Wofür, Yami?" Er erschauderte, als sich die rubinroten Augen des Pharaos ein wenig verdunkelten. Anscheinend hatte er sehr wohl begriffen, wie zweideutig seine Frage gewesen war. Seine Finger strichen über Yuugis schlanken Hals, glitten über die nackten Schultern und erreichten schließlich die Decke, die Yuugis Hände vor seiner Brust zusammenhielten. "Lass los, Kätzchen. Ich habe dich doch schon oft so gesehen", sagte Atemu leise mit dunkler Stimme. Ein erneutes Schaudern jagte über Yuugis Rücken und wie von selbst lösten sich seine Hände von der Decke, die daraufhin mit einem leisen Rascheln zu Boden glitt. Atemu zog ihn an sich und Yuugi bekam eine Gänsehaut, als er den kühlen Brustpanzer an seiner nackten Haut spürte. Der junge Pharao lehnte sich vor und seine Zunge zeichnete die Konturen von Yuugis Ohr nach. Als er zärtlich an dessen Ohrläppchen knabberte, schloss Yuugi seufzend die Augen und lehnte sich gegen den größeren Körper. Atemus Händen glitten streichelnd seinen Rücken hinab und schlossen sich schließlich um die festen Rundungen seines Pos. "Geh dich jetzt anziehen, Kätzchen", sagte Atemu mit rauer Stimme und sein heißer Atem kitzelte das Ohr des Kleineren, der prompt eine Gänsehaut bekam. "Sonst wird es noch lange dauern, bis wir los kommen." Als Yuugi die Lust in den dunklen, roten Augen des Anderen las, wusste er, was der Pharao meinte. Er lächelte, drückte dem Größeren einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und verschwand dann im Bad. Als Atemu ihm nachblickte, war von seiner Maske der Kälte nichts geblieben. Seine Augen waren voll liebevoller Wärme und er lächelte. Dann ging dieser Augenblick vorbei, Atemu atmete ein paar Mal tief durch und trat dann mit gewohnt emotionslosem Gesicht an sein Fenster. Es war wahr. Er konnte nicht mehr ohne Yuugi sein. Seine Gegenwart verzauberte ihn auf eine Art, die er nie für möglich gehalten hätte. Er konnte ihn gar nicht nahe genug bei sich haben. Trotzdem brauchte er jetzt einen klaren Kopf. Der Weg, der vor ihnen lag, war gefährlich. Und waren sie erst einmal im Heerlager wurde die Gefahr sogar noch größer. Er musste auf der Hut sein und auf Yuugi Acht geben. Die Sonne war schon beinahe vollständig aufgegangen, als der Junge wieder aus dem Badezimmer trat. Er trug eine sandfarbene Hose, zwar auch aus Seide, aber wesentlich dichter gewebt, sodass sie blickdicht war und seine Haut vor den erbarmungslosen Sonnenstrahlen schützte. Dazu trug er ein gleichfarbiges, Oberteil, mit langen Ärmeln, dass seine Schulter zwar zu einem großen Teil frei ließ, aber auch dafür war gesorgt. Die elfenbeinfarbene Haut dort war unter langen Reiseumhang verborgen. Obwohl er nun Kleidung trug, die keineswegs aufregend war und die seinen Körper sehr effektiv verhüllte, war er immer noch bildschön. Sein Kopfschmuck glänzte in einem warmen Gold und der Mondstein leuchtete immer noch so unschuldig weiß, wie am ersten Tag. Atemu ließ seinen Blick noch einmal über die fein modellierten Gesichtszüge des Jüngeren gleiten, bevor ihm etwas auffiel. Er runzelte die Stirn. "Wo ist deine Rüstung?" Yuugi zuckte verlegen mit den Schultern. "Sie ist unbequem und hinderlich. Deshalb habe ich sie wieder ausgezogen. Ich meine, ich muss mich doch bewegen können, wenn ich kämpfen muss, oder?" "Und feindliche Pfeile wehrst du mit den Händen ab oder wie darf ich mir das vorstellen?" Einen Moment lang zuckte Yuugi vor dem beißenden Spott in Atemus Stimme zurück, doch dann begriff er, was wirklich dahinter steckte. Sorge. Atemu seufzte lautlos. Wenn der Brustpanzer Yuugi wirklich behinderte, dann war es vielleicht besser, wenn er ihn nicht anzog. Immerhin hatte er damals bei dem "Spiel", zu dem er Yuugi gezwungen hatte, gesehen, dass die Kampfstrategie des Kleineren auf seiner Schnelligkeit und Wendigkeit beruhte. Aber es gabt noch so viele andere Gefahren, außer direkten Konfrontationen....... Der junge Pharao zögerte. Vielleicht würde er diese Entscheidung später bereuen, aber... "Also los. Komm jetzt, Kätzchen. Wir haben keine Zeit zu verlieren." Und mit diesen Worten machten sie sich auf den Weg, hinunter zum Hof, wo ihre Leibgarde bereits auf sie wartete. Sie waren nun seit einigen Stunden unterwegs und die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Yuugi, der zwar die Kapuze über dem Kopf hatte, um sich vor einem Sonnenstich zu schützen, aber trotzdem schweißgebadet war, wünschte sich nichts sehnlicher als eine kleine Rast im Schatten und etwas Kühles zu trinken. Das Leben im Palast hatte ihn verweichlicht, stellte der Junge ohne Überraschung fest. In den 3 Jahren, die er auf eigenen Faust durch Ägypten gezogen war, hatte er diese Hitze jeden Tag ertragen müssen und war an sie gewöhnt gewesen. Außerdem war er zu sehr damit beschäftigt gewesen, um das Überleben zu kämpfen und etwas in den beinahe immer leeren Magen zu bekommen, um sich um solche Nebensächlichkeiten zu scheren. Er fragte sich, wie die Männer um ihn herum, diese Hitze aushielten. In ihren Rüstungen mussten sie ja beinahe gar gekocht werden. Mit einem leisen Seufzen begann Yuugi leise zu summen, die unvermeidliche Hitze akzeptierend. Atemu warf ihm einen raschen Seitenblick zu und Yuugi schenkte ihm ein Lächeln, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne richtete. Er summte nicht, weil er gut gelaunt war, wie der junge Pharao vielleicht annehmen mochte. Er tat es, weil er nervös war. Ihm gefiel die ganze Situation nicht. Natürlich hätte es ihm noch weniger gefallen, hätte er im Palast bleiben müssen und wieder Wochen voll quälender Ungewissheit ertragen müssen, doch ihm war sehr wohl klar, wohin ihr Weg sie führen würde. In den Krieg. Yuugi verabscheute Gewalt. Er hatte es immer getan und er würde es immer tun. Er kämpfte nur, wenn es absolut notwendig war. Und er hatte nie verstanden, welchen Sinn es hatte, Krieg zu führen. Es schien schon beinahe so etwas wie Tradition unter den Pharaonen zu sein, mit anderen Ländern Krieg anzufangen, um Macht und Stärke Ägyptens zu demonstrieren, und Yuugi fragte sich, ob sie nicht sahen, wie sie damit ihrem eigenen Land schadeten. Sie brachten Leid über ihr Volk brachten, wenn Frauen ihre Männer, Väter, Söhne und Brüder verloren. Ganze Familien wurden ausgelöscht. Auf den Höfen fehlten die kräftigen Männerhände, die mit anpackten. Und ein Krieg verschlang Unmengen an Geld. War Macht wirklich so wichtig, dass man all das in Kauf nahm? Er warf Atemu einen Seitenblick zu, wagte aber nicht zu fragen. Und dann verstummte er plötzlich, als er sah, auf welches Dorf sie zuhielten. Mit ungläubigen Staunen musterte Yuugi die Häuser, aber es blieb dabei. Es war das Dorf, in dem er geboren und aufgewachsen war. Atemu entging Yuugis Reaktion keineswegs. "Der schnellste Weg führt geradewegs hindurch. Wenn es dir lieber ist, können wir auch einen Bogen reiten." "Nein.... nein, ist schon in Ordnung", erwiderte Yuugi leise und hatte ein seltsames Gefühl dabei, an Atemus Seite durch ein Dorf zu reiten, in dem man den jungen Pharao am liebsten tot sehen würde. Doch aus dem seltsames Gefühl wurde schnell ein mulmiges, als er merkte, wie ausgestorben das Dorf wirkte. Das Einzige, was sich mit Ausnahme von ihnen auf den staubigen Straßen bewegte, war Sand, aufgewirbelt vom schwachen, heißen Wind der Wüste. Natürlich war es möglich, dass die Bewohner vor der Hitze des Tages in ihren Häusern Schutz gesucht hatten, aber Yuugi wusste, wie unwahrscheinlich das war. Um den kargen Böden wenigstens das Lebensnotwendige abzuringen, musste man beinahe ständig auf den Feldern rund um das Dorf arbeiten. Unabhängig vom Wetter. Er selbst hatte es oft genug getan. Dann verstecken sie sich vielleicht vor den anrückenden Soldaten. Nun, das war schon wahrscheinlicher. Yuugi hatte einst selbst zu den Leuten gehört, die in Angst vor den gepanzerten Einheiten des Pharaos lebte. Sie waren grausam, ohne jedes Verständnis und sie waren gefährlich, weil sie lange nicht so gesetzestreu waren, wie sie sein sollten. Vor allem nicht, wenn sie einen über den Durst getrunken hatten. Aber niemand würde es je wagen, einen Soldaten anzuklagen. Schon alleine, weil seine Kameraden ihm Rückendeckung geben würden und man nie vor einem Racheakt sicher sein konnte. Das war eine plausible Antwort... und doch hatte Yuugi ein sehr ungutes Gefühl. Etwas lag in der Luft, das ihm ganz eindeutig sagte: "Verschwinde, solange du noch kannst." Doch natürlich wendete er sein Pferd nicht. Umgeben von schwer gepanzerten Soldaten war seine Furcht gerade zu töricht und egal, was passierte, er würde Atemus Seite nicht verlassen. Doch auch besagter Pharao schien etwas zu spüren. Er saß aufrechter im Sattel, fast steif, und musterte seine Umgebung mit angespannter Aufmerksamkeit. Gerade wollte er seinen Blick wieder nach vorne wenden, als er etwas anderes sah. Und zwar eine fliegende Mistgabel. Yuugis Augen wurden kugelrund und er öffnete den Mund, ursprünglich um dem Soldaten, der genau in ihrer Flugbahn ritt, eine Warnung zuzuschreien, doch er war zu perplex und schockiert um irgendeinen Ton hervorbringen zu können. Und dann war es auch schon zu spät. Die spitzen Zinken trafen mit tödlicher Genauigkeit ihr Ziel. Yuugi hatte erwartet, dass die Mistgabel einfach von der Rüstung abprallen würde, ohne Schaden anzurichten, doch der unglückselige Soldat hatte das Pech, dass sie sich genau an verwundbare die Stelle am Hals bohrte, wo der Helm endete und die Rüstung anfing. Mit einem seltsam gurgelnden Geräusch wurde er von der Wucht des Aufpralls aus dem Sattel gerissen und stürzte zu Boden, wo er reglos liegen blieb. Doch Yuugi hatte keine Zeit, das furchtbare Bild länger als einen Sekundenbruchteil anzustarren, denn urplötzlich war auf der schmalen Dorfstraße die Hölle los. Bewohner kamen aus ihren Verstecken hervorgestürmt um die Durchreisenden zu attackieren, Pferde scheuten und Männer brüllten sich Befehle zu. Auch Yuugi konnte sich nicht lange auf dem Rücken seines Tieres halten, als es stieg und durchging. Der Aufprall auf den harten Boden raubte ihm für einen Moment den Atem und er felsenfest davon überzeugt, sich übel verletzt zu haben, doch dann ging dieser Augenblick vorbei. Das Atmen fiel im immer noch etwas schwer, als er sich aufrappelte, und sein Rücken tat weh, aber ihm war anscheinend nichts passiert. Glück im Unglück, wie man so schön sagte, denn jetzt fand er sich plötzlich inmitten eines brodelnden Kessels aus blitzendes Schwertern und anderen Waffen, sowie Menschen- und Pferdeleibern. Durch einen schnellen Hechtsprung zur Seite entging er dem Hieb eines Soldaten, der noch im Sattel saß und ihn im Tumult offensichtlich mit einem Dorfbewohner verwechselte. Doch er war noch gar nicht ganz auf den Beinen, als auch schon einer der Angreifer mit einem langen Fleischermesser nach ihm stieß. Yuugi wich aus und rammte dem vorbeitaumelnden Mann seinen Handballen unters Kinn, sodass dieser sich böse auf die Zunge biss und einige Sekunden vom Schmerz betäubt war. Dann sah er sich suchend nach Atemu um und stellte mit Entsetzen fest, dass er ihn nicht finden konnte. Er hatte seinen Pharao verloren! Was, wenn ihm etwas zustieß, ohne dass Yuugi etwas für ihn tun konnte?! Ängstlich taumelte Yuugi durch die kämpfende Menge, den Waffen seiner Gegner, ausweichend, die blind auf alles einstachen, was sich bewegte und sich unter den Schwertern von Atemus Begleitern hindurchduckend. Inzwischen hatte das Kampfgeschehen so viel Staub aufgewirbelt, dass man die einen kaum noch von den anderen unterscheiden konnte. Der Junge schrie erschrocken auf, als er einen scharfen, brennenden Schmerz am Rücken spürte, doch er blieb nicht stehen, um zu sehen, was ihn da getroffen hatte oder um seinem Angreifern Gelegenheit zu geben zu einem neuen, dieses Mal vielleicht tödlichen Schlag auszuholen. Aber harmlos war diese Verletzung wohl nicht, denn sie tat nicht nur gemein weh, er spürte auch warmes Blut an seinem Rücken hinunter laufen. Nicht viel, aber als beharrliches Rinnsal. Trotzdem dominierte nur ein Gedanke seinen Kopf: Er musste Atemu finden. Jetzt! Er stieß etliche Male mit Kämpfenden zusammen, handelte sich noch ein paar oberflächliche Schnittwunden ein, aber vor allem jede Menge blaue Flecken, wenn er versuchte, die Leute, die ihm den Weg verstellten, beiseite zu schieben. Und weil er nur auf den Pharao und so wenig auf das Geschehen in seiner Umgebung fixiert war, bemerkte er den Schatten, der plötzlich über seine geduckte Gestalt fiel zu spät. Der Soldat, dessen Schwertspitze eben noch aus dem Rücken des Dorfbewohners geschaut hatte, wandte sich einem anderen zu, doch Yuugi schaffte es nicht mehr, dem leblosen Körper auszuweichen und wurde darunter begraben. Und jetzt endlich, als ihm der Geruch von Schweiß, Schmutz und Blut so deutlich in die Nase stieg und seine eigene Wunde unter dem Gewicht des Toten so überdeutlich schmerzte, schaltete sich sein Überlebensinstinkt ein. Ja, er musste Atemu finden, aber erst einmal musste er auf dem Kampfgetümmel heraus. Tot nutzte er seinem Pharao auch nichts mehr! Ächzend schob Yuugi den schweren Körper soweit von sich herunter, dass er aufstehen konnte und dann huschte er zwischen den kämpfenden Männern hindurch. Sein Vorteil war, dass er dieses Dorf kannte. Er würde sich in seine ruhigere Seitengasse retten und dann irgendwie versuchen auf eines der Häuser zu gelangen, um sich einen Überblick zu verschaffen und vielleicht Atemu ausfindig zu machen. Er hatte es fast geschafft, als jemand brüllte: "Hey! Schnappt euch den Kleinen, der neben dem Pharao geritten ist!" Yuugi musste nicht aufsehen, um zu merkten, dass man auf ihn deutete. Er fluchte stumm und beschleunigte seine Schritte. Gerade als er glaubte, seinen Verfolger in einer Gasse abgeschüttelt zu haben, verstellte ihm ein hochgewachsener Mann den Weg. Der Junge machte eine Vollbremsung und wirbelte herum, um auf dem Weg zu entkommen, den er gekommen war, doch er musste feststelle, dass auch der zweite Ausgang der Gasse verstellt war. Anscheinend hatte er seinen Verfolger nicht so sehr abgeschüttelt, wie er geglaubt hatte. "Hört auf! Lasst mich durch! Ich möchte nicht mit euch kämpfen." Doch die beiden Männer, die sich ihm nährten, lachten nur grimmig. Yuugi schluckte schwer und machte sich zum Kampf bereit, auch wenn seine Hände zitterten. Zunächst drang nur einer der beiden mit dem Schwert auf ihn ein, offensichtlich der Meinung, sein kleinerer Gegner wäre kein Problem für ihn, doch Yuugi stellte erleichtert fest, dass er während des bequemen Lebens im Palast nicht völlig eingerostet war. Jetzt, auf sich alleine gestellt, verteidigte er sich so gut wie in alten Tagen. Eigentlich plante er, dem Schwert nur auszuweichen und sich in eine Position zu bringen, in der er auf der einen Seite der Gasse und die beiden Männer auf der anderen Seite waren, um fliehen zu können. Doch sein Gegner ließ ihm keine Gelegenheit dazu und öffnete keine Lücke, durch die er hätte hindurch schlüpfen können. Die Klinge sauste auf ihn zu, Yuugi sprang behände zur Seite, doch im letzten Moment änderte sich die Richtung des Schwertes und der Junge konnte sich nur noch retten, indem er sich zu Boden fallen ließ. Und kurz bevor sein Körper den Boden berührte, erkannte er seinen Fehler. Er hatte sich zu sehr auf seinen Gegner konzentriert und den anderen Mann, dem sie während ihres Kampfes beständig näher gekommen waren, vollkommen vergessen. Und wenn er erst einmal am Boden war, konnte dieser ihn Dank seiner größeren Kraft leicht überwältigen. Yuugi versuchte noch, sich abzufangen und herumzurollen, doch es war zu spät. Kräftige Hände packten seine Oberarme und zerrten ihn wieder auf die Beine. Der Junge wand sich, um dem unnachgiebigen Griff zu entkommen, doch ohne Erfolg. Schwer atmend hielt er inne ließ seinen Blick zu dem Gesicht des Mannes empor wandern, der sich nun mit drohend erhobenem Schwert vor ihm aufgebaut hatte. - Das ist es jetzt also... -, dachte Yuugi beklommen. - So endet es. - Doch seltsamerweise verspürte er keine Angst. Nur eine tiefe Traurigkeit, dass er seinen Pharao nicht wiedersehen würde. Dass er sich nicht davon überzeugen konnte, dass Atemu diesen Hinterhalt unbeschadet überstanden hatte. Dass er sich nie wieder an ihn schmiegen und in seiner beschützenden Umarmung einschlafen konnte. Doch der Schwertstoß, auf den Yuugi wartete, kam nicht. Stattdessen streckte der Mann den Arm aus, um die Kapuze des jungen zurückzuschlagen. "Wollen doch mal sehen, wen wir hier haben", murmelte er und Yuugi zuckte erschrocken zurück. Nein! Er konnte ihn töten, aber er durfte nicht erfahren, wer er war. Yuugi kannte diese Mann so gut wie kaum einen anderen aus dem Dorf. Er war der Vorstand der Familie, die ihn aufgenommen hatte, als er nach seiner dreijährigen Wanderung durch Ägypten in sein Heimatdorf zurückgekehrt war. Diese Mann war beinahe so etwas wie ein zweiter Vater für ihn gewesen. Er würde sich so verraten und betrogen fühlen, wenn er entdeckte, dass der Junge, den sie losgeschickt hatten, den Pharao zu töten, nun nicht nur in seinem Gefolge, sondern sogar an seiner Seite in ihr Dorf geritten war. Das wollte Yuugi ihm unter allen Umständen ersparen. Doch der Griff, der ihn an Ort und Stelle hielt, lockerte sich nicht ein bisschen. "Nicht", flüsterte Yuugi, doch es war zu spät. Er spürte, wie die Kapuze von seinem Kopf rutschte, sein Gesicht enthüllte und sah, wie der Ausdruck in den Augen des anderen von Überraschung zu unnachgiebiger Härte wechselte. "Deine Stimme kam mir gleich so bekannt vor", sagte er und seine Stimme war genauso kalt wie seine Augen. Die Gutmütigkeit, mit der er Yuugi sonst angeblickt hatte, war verschwunden. "Ihr versteht nicht-", versuchte Yuugi sich leise zu rechtfertigen., doch er wurde zornig unterbrochen. "*Was* verstehe ich nicht, Junge? Sag mir was *genau* an dieser Situation misszuverstehen ist! Du hast dein Dorf verraten und mit ihm alle Menschen in diesem Land. Du warst unsere Hoffnung. Wenn du einfach nur gescheitert wärst, hätte dir niemand etwas vorgeworfen... aber *so*! Du hast dich auf *seine* Seite geschlagen. Anstatt ihn zu töten und das Land zu befreien, hast du dich von ihm und dem Luxus, der ihn umgibt, einlullen lassen." "Nein!", begehrte Yuugi auf. "Der Pharao ist kein schlechter Mensch! Gebt ihm Zeit, um sein Unrecht an euch wieder gut zu machen. Ich weiß, dass er ein guter Herrscher sein kann!" Die dunklen Augen seines Gegenübers wurden schmal. "Wenn du das wirklich glaubst, bist du blinder, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Dieser Mann wird Ägypten in den Untergang führen. Was hat er dir versprochen, dafür, dass du ihm hilfst, hm?" Das Gesicht des Größeren kam näher. "Hat er dich in sein Bett geholt?", fragte er leise. "Er muss ja ein fantastischer Liebhaber sein, wenn du alles fortwirfst, wofür die Menschen hier so lange und hart gekämpft haben." Yuugi spürte, wie er gegen seinen Willen rot wurde. "Das stimmt nicht", verteidigte er sich, aber es klang selbst in seinen Ohren schwächlich und brachte ihm eine schallende Ohrfeige ein. "Schau, was aus dir geworden ist! Die Hure des Pharao. Du bist es nicht wert, durch die Spitze meines Schwertes zu sterben, doch Gnade hast du auch nicht verdient. Was also tun?" Yuugi senkte den Kopf. Es tat weh, dass der Mann, der so gütig zu ihm gewesen war, nun so kalt war. Aber vielleicht hatte er es nicht anders verdient. Vielleicht hätte er seine eigenen Gefühle zurückstellen und seinen Auftrag ausführen müssen. Aber wie tötete man den Menschen, den man am meisten liebte? Wer wäre dazu in der Lage? Das Schwert hob sich erneut und Yuugi hielt still, versuchte nicht mehr, sich zu befreien. Er würde seine Strafe akzeptieren, egal wie sie ausfiel. Doch wieder blieb der tödliche Stich aus. Langsam hob Yuugi den Kopf und seine Nackenhaare stellten sich auf. Irgendetwas stimmt nicht. Plötzlich war es so kalt in der kleinen Gasse, dass Yuugi zu zittern begann. Und nicht nur er. Dem Mann, der ihn festhielt und seinem Angreifer ging es ganz ähnlich. Und dann sah Yuugi ihn. Das Ende der Gasse war in Dunkelheit getaucht, so dass ihm die menschliche Silhouette nicht sofort aufgefallen war, doch jetzt bewegte sich die Gestalt und schritt auf sie zu. Yuugi erkannte ihn zunächst nicht und war erstarrt vor Angst. Nie ihm Leben hatte eine solche entsetzliche und tiefgehende Furcht verspürt. Das Wesen, dass sich auf sie zu bewegte, schien nicht menschlich zu sein. Die Aura war eiskalt und ohne jegliches Gefühl. Die Aura von jemandem, der geboren war, um zu töten und es gerne tat. Aber noch viel mehr als diese Gestalt fürchtete Yuugi die Dunkelheit. Die absolut schwarze Finsternis, die ihm folgte, ihn einhüllte und ohne ein einziges Wort zu sprechen von unvorstellbarem Grauen und entsetzlichen Qualen erzählte. Die Dunkelheit, die Augen zu haben schien und Klauen, die sie nach ihren drei Opfern ausstreckte. Und auch als er erkennte, dass es sein Pharao war, der sich ihnen nährte, half ihm das nicht weiter. Denn der Atemu, der hier vor ihm stand, war ihm furchtbar fremd. Und obwohl sein gnadenloser Blick nicht ihm kalt, erschauderte der Junge und wich zurück. Weiter und immer weiter. Seine beiden Angreifer hingegen rührten sich nicht vom Fleck und voll Entsetzen sah Yuugi zu, wie Atemu sie erreicht und alle drei von der Finsternis verschluckt wurden. Der Junge bereite sich darauf vor, wieder so ein grässliches Reißen und Fetzen zu hören, wie damals, als der junge Pharao Junias dafür bestraft hatte, dass er sich an Yuugi hatte vergehen wollen. Doch es war nichts zu hören. Nicht der leiseste Laut. Und das war schlimmer als alles andere. Yuugi wollte laufen. Fort, nur fort von dieser schrecklichen Dunkelheit, doch seine Muskeln versagten ihm den Dienst. Zuerst begannen seine Beine zu zittern, dann knickten sie unter ihm weg und er landete unsanft auf dem Boden. Den Blick auf den Staub unter seinen Händen gerichtet, fühlte er heiße Tränen an seinen Wangen herunterlaufen und wusste nicht wieso. Nicht etwa, weil ihm kein Grund einfiel, sondern weil es einfach zu viele waren. Er hatte kurz davor gestanden, sein Leben zu verlieren. Zu allem Überfluss durch die Hand eines Mannes, den er wirklich in sein Herz geschlossen hatte und der ihn nun zurückwies. Der nun nur noch Verachtung für ihn übrig hatte. Sich an den Ausdruck in seinen Augen zu erinnern, als er das Schwert zum finalen Stoß gehoben hatte, war schmerzlich. Nun war er tot. Atemu hat ohne jeden Zweifel keine Gnade walten lassen und obwohl Yuugi froh sein sollte, noch zu leben, tat der Gedanke weh. Und diese Angst, diese Angst, die die Tiefen seiner Seele berührte und ihn mit nie gekanntem Grauen erfüllte und es ihm unmöglich machte zu fliehen... Das war mehr als er ertragen konnte. "Shh", machte ein Stimme über ihm leise und dann fühlte der zitternde Junge, wie er in eine warme, beschützende Umarmung gezogen wurde. Als er aufblickte, sah er Atemus Gesicht vor sicht. Das Gesicht, das er kannte und das er liebte. Es war von einer Staubschicht bedeckt und Yuugi konnte ein paar Blutspritzer ausmachen, doch der Ausdruck in den rubinroten Augen war weich und zärtlich. Die Dunkelheit von eben war verschwunden und mit ihr die Kälte. Einen Moment wusste Yuugi nicht, wie er reagieren sollte. Dann verbarg er sein Gesicht in Atemus Gewand und weinte. Weinte solange, bis alle Tränen versiegt waren, weil er nicht wusste, wie er sonst mit all den Gefühlen, die er in den letzten Minuten durchlebt hatte, fertig werden sollte. Und Atemu saß die ganze Zeit bei ihm und umarmte ihn nicht einfach nur, sondern hielt ihn. ...wird fortgesetzt... Fellfie: Okay, das vorletzte Kapitel... hier ist es.... Yami. Hat ja ziemlich lange gedauert... Fellfie *Zunge rausstreckt* Sei ruhig. Ich hatte keine Zeit zu schreiben und du weißt das. Yami: Wann gibst du dieses dumme Studium eigentlich endlich auf? Fellfie: T.T D-das ist n-nicht dumm! *schnüff* Yami: o.O Emotional heute oder? Fellfie: Natürlich T.T Das ist das vorletzte Kapitel. Also fast das letzte. Das macht mich froh... und traurig zugleich ;___; Yami: Wenn es dir schwer fällt, dich von Geschichten zu trennen, dann fang eben keine mehr an -.-' Fellfie: *gibt ihm eine Kopfnuss* Du unsensibler Klotz! Geh mir aus den Augen! Geh mit Yuugi spielen oder so... Yami: >.< *reibt sich den Hinterkopf und verzieht sich* Okay und jetzt ist es an euch ^.^Ich wäre nicht traurig, wenn ihr mir einen Kommentar hinterlasst ^.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)