Knights of Zion - Chronicles of the Future von Autumn ================================================================================ Kapitel 12: Seals 4: Der Vogeldämon ----------------------------------- So, der neue Teil ist da! Viel Spaß! Kapitel 12: Seals 4: Der Vogeldämon Clay folgte Saki und ihren Begleiterinnen. Die rothaarige Harpyie hatte sich dazu entschieden, ihn zu ihrem Vater zu bringen, obwohl dem jungen Mann nicht entgangen war, dass die anderen drei geflügelten Damen nicht sonderlich begeistert davon waren. Ihre feindseligen Blicke im Rücken, gelangten sie zu einem riesigen Höhlenkomplex, dessen Haupttor von zwei grimmigen Greifen bewacht wurde. Sie schnappten nach Clay, doch er tat so, als kümmere ihn das gar nicht, wenn er sich auch in Wirklichkeit nur zu klar darüber war, dass dieses Volk den Menschen kaum vertraute. Die schroffen, kalt wirkenden Felsgänge wurden von Fackeln erhellt und überall heulten eisige Winde durch die Ritzen und hallten schrecklich in den Tiefen des Berges wider. Ein Schauer überlief seinen kräftigen Körper. Endlich erreichten sie das Zentrum des verwinkelten Steinquartiers: Eine himmelhohe Halle mit kunstvollen Verzierungen an den Wänden, unzähligen Flammenleuchtern und einem prunkvollen Thron, über den das Gefieder eines riesigen Adlers ausgebreitet lag. Ein majestätischer Mann sass darauf, mit feuerrotem Haar, einem enormen Vollbart und tiefschwarzen, gigantischen Flügeln, die tatsächlich stark genug zu sein schienen, um diesen Koloss in die Lüfte zu tragen. Automatisch verneigte sich Clay so tief, wie er es konnte, während Saki ihn vorstellte. "Vater, dies hier ist Clay Cliff Fortran, ein Bote von Fürst Azuma, dem Herrn von Troy. Bevor du etwas Falsches denkst, er ist nicht irgendwer. Sein Alter Ego ist Sir Vento, der Krieger der Freiheit." "So, ein Ritter Zions also?! Und was willst du hier, Menschlein?!" ".....Sagt ,Ihr' zu mir, wenn Ihr wollt, dass ich mit Euch spreche." entgegnete er kühl, was Lord Boreas dazu veranlasste, ihn mehrere Sekunden lang verblüfft anzustarren. Saki wandte sich ihm zu und flüsterte: "Bitte, haltet Euch zurück. Ihr vergreift Euch im Ton." "Wenn sich hier einer im Ton vergreift, dann ist es Euer Vater. Ich bin keine dahergelaufene minderwertige Kreatur, sondern ein Ritter, und ich verlange, mit dem Respekt behandelt zu werden, der mir zusteht." "Das ist doch nicht zu fassen!!!" erboste sich der Herrscher der Stürme, "Dir steht keinerlei Respekt zu, du verlogenes Stück Menschenfleisch!! Was willst du überhaupt hier?! Ich dulde keine Eindringlinge in meinem Reich, und schon gar nicht einen kümmerlichen Menschen wie dich!!!" "Ich werde Euch gar nichts sagen, wenn Ihr nicht endlich mit Euren kindischen Beleidigungen aufhört. Ich hatte erwartet, vor einen ehrwürdigen König gebracht zu werden und was finde ich vor? Einen Mann, der nicht die geringste Ahnung davon hat, in welcher Gefahr Zion tatsächlich schwebt und glaubt, alles und jeder müsste nach seiner Pfeife tanzen! Bedaure, aber mit so etwas....Zweitklassigem gebe ich mich nicht ab!" Er drehte sich - ohne Reverenz - um und trat den Rückweg an. Das Gesicht von Lord Boreas war rot angelaufen vor Zorn und er sah aus, als würde er jeden Moment platzen. "Deine Arroganz wird dir schon noch vergehen, du vorlautes Stück Menschenfleisch!! Niemand wagt es, so mit mir zu reden!!!" "Ach? Vermutlich habt Ihr deswegen so schlechte Manieren." "DU WAGST ES?!?! Das reicht!!! Ich fordere dich heraus!!!! Niemand beleidigt mich ungestraft!!!!" "Ihr wollt einen Kampf? Gut." Clay war sich durchaus bewusst, dass er einiges riskiert hatte, aber er wusste aus Büchern über die Harpyien, dass sie ein stolzes Volk waren und sehr impulsiv. Aus diesem Grund dachten sie nicht immer über das nach, was sie sagten oder taten, aber sie waren auch fair und respektierten jeden, der dem Tod unerschrocken ins Augen zu sehen vermochte. Lord Boreas würde ihm nur dann ein gewisses Maß an Achtung entgegenbringen und sein Anliegen anhören, wenn er ihn akzeptierte und er sein Geschick als Krieger bewies. Daher hatte er den "ewigen Tornado" reizen müssen, denn so oder so wäre er nicht an einer Prüfung vorbeigekommen. Er zog sein Schwert und erklärte: "Ich nehme Eure Herausforderung an." Boreas erhob sich von seinem Thron und lächelte hinterhältig. "Du bist dumm, Menschlein. Glaubst du wirklich, dass du auch nur eine Chance gegen mich hast? Wohl kaum. Außerdem sind unsere Gesetze sehr streng. Wenn eine Herausforderung erst einmal angenommen wurde, dauert der Kampf so lange, bis es einen Sieger gibt." "Was heißt das?" "Das es ein Duell auf Leben und Tod wird, Menschlein! Ich hoffe, du weißt, was das bedeutet?" Clays Magen krampfte sich zusammen. Dass die Gefechtsregeln der Harpyien den Tod eines der beiden Kontrahenten verlangten, hatte er nicht gewusst. Seine Augen blieben an denen Sakis haften. Sie hatte Angst, aber nicht nur um ihren Vater, sondern auch....um ihn? Nein! Er würde kämpfen, aber er würde zudem einen Weg finden, ihrer beider Leben zu retten. Angesichts der wahren Gefahr wäre es einfach lächerlich, wenn ein König wie Lord Boreas wegen eines solchen Kampfes starb! "Verwandele dich schon!" "Nein, Euer Gnaden. Ich werde nicht als Sir Vento gegen Euch antreten, sondern in dieser Gestalt, als Clay. Meine Kräfte sind dazu da, Zion und dessen Bewohner vor dem Bösen zu schützen - und Ihr seid nicht böse." Diese Antwort brachte den Harpyienmann etwas aus dem Konzept, doch er hatte sich rasch wieder in der Gewalt. Er rief einen Diener zu sich und dieser brachte ihm eine gewaltige Streitaxt. Das mochte, verglichen mit dem "Agui Keameia", vielleicht eine gefährlichere Waffe sein, aber sie würde seinen Gegner durch ihre Schwere auch behindern, wohingegen das Schwert nicht mehr wog als eine Feder. Sie nahmen Aufstellung und visierten sich an, als Boreas plötzlich einen Ausfall machte und die erste Attacke führte. Clay wich geschickt aus und wehrte den Schlag mit einem geschmeidigen Hieb ab, der ihm unter anderen Umständen den Schädel hätte spalten können, hätte er nicht so schnell reagiert. "Euer Majestät", begann er unter weiteren harten Schlagabtauschen, "Ihr wisst nicht, was ich weiß! Das Ziel der Victims ist nicht die Herrschaft über diesen Planeten! Sie...." Er tauchte ab, als die Axt erneut auf ihn zu raste und parierte. Die Klingen prallten aufeinander und Boreas grinste triumphal. Mit aller Kraft drückte er gegen die Schneide des Schwertes und drängte seinen Gegner immer mehr zurück. Clays Arme schmerzten von der Anstrengung, dagegenzuhalten und er fluchte unterdrückt. "Uns gegenseitig zu bekämpfen, nützt gar nichts! Die früheren Ritter Zions verbannten die Mächte der Finsternis mit Hilfe von Sieben Siegeln in eine andere Dimension, und mit ihnen die Sieben Geißeln! Doch die Victims sind zurückgekehrt, als das Erste Siegel brach und sie werden auch die übrigen noch brechen! Das wird die Rassen, die hier leben, vernichten, uns alle in hasserfüllte, grausame Kreaturen verwandeln, die sich gegenseitig abschlachten, ohne weiter darüber nachzudenken! Wir müssen...." Schweiß rann ihm an den Schläfen entlang und er verwünschte die übermenschliche körperliche Kraft des Harpyir. "....wir müssen uns zusammenschließen, sonst werden wir verlieren und diese Welt wird sterben! Seid kein Narr!" "Du bist der Narr, Menschlein. Deine Geschichte ist ja sehr hübsch, aber du erwartest doch wohl nicht, dass ich sie glaube? Sie ist genauso erstunken und erlogen wie die verdammten Gerüchte, die ihr über mein Volk verbreitet habt. Dank euch hält uns jeder für blutrünstige Mörder!!" "Das ist nicht wahr!! Nicht jeder ist so dumm, auf diese Verleumdungen hereinzufallen!! Es stimmt, die Menschen haben euch allen diesen Ruf angehängt, aber das bedeutet nicht, dass Ihr ihm durch Eure Abneigung und Verachtung gerecht werden müsst, indem Ihr alles bekämpft, dass Euch fremd ist! Nur Vertrauen kann Zion retten! Azuma-dono will Euch um eine Allianz bitten!" "Als wenn ich mit einem Menschen ein Bündnis eingehen würde!" "Aber...." "Hör zu, Bürschchen!! Das hier sind die letzten Minuten deines armseligen Lebens und ich würde sie nicht damit vergeuden, mir eine Allianz vorzuschlagen, die mich ohnehin nicht interessiert! Wir können uns selbst gut genug gegen die Victims verteidigen, wir brauchen euch schwachen Menschen nicht!! Es ist mir gleichgültig, wenn euer korruptes Volk das Zeitliche segnet!! Ihr seid auch nicht unfehlbar!!" Clays Augen blitzten. Er war jetzt so weit zurückgedrängt, dass er die scharfen Kanten der Felsen an seiner Haut spüren konnte. Er musste etwas unternehmen! Eine Hand löste er mühsam vom Griff seines Schwertes und der Druck wurde sofort noch stärker, so dass er die Zähne zusammenbeißen musste. "Richtig. Menschen sind nicht unfehlbar....NIEMAND IST DAS!!!" Und damit setzte er seine telekinetischen Fähigkeiten ein und schleuderte Lord Boreas von sich. Bevor der Harpyir sich von dem Aufprall erholt hatte, eilte der junge Mann mit großen Schritten auf ihn zu und hielt ihm seine Waffe an die Kehle. "Die Menschen sind nicht perfekt. Kein Wesen ist das, auch die Harpyien nicht! Jeder macht einmal Fehler! Versager sind nur diejenigen, die nicht in der Lage sind, aus diesen Fehlern zu lernen! Ich kämpfe, um zu schützen, was mir wichtig ist! Warum kämpft Ihr, Euer Gnaden? Sind Eure Gründe so anders als meine?" Der "ewige Tornado" wollte etwas erwidern, als plötzlich ein unheimliches Kreischen alle Anwesenden erzittern ließ. Ein Schwall Feuer, sengend und heiß wie die Hölle, schmolz sich in rasender Geschwindigkeit durch die meterdicken Felsen und riss zusätzlich den Boden auf. Die geflügelten Wesen sprangen in die Höhe und gerieten in Panik. Obwohl der König ihnen befahl, Ruhe zu bewahren, versuchten sie, in wilder Flucht nach draußen zu stürmen. Wieder ertönte das Kreischen und ein riesiger Schnabel wurde durch das Loch in der Decke gesteckt. Clay gefror das Blut in den Adern. "Was ist das?!" "Der Vogel Roch!" erklärte Saki und stieß ihn zur Seite, als der Schnabel nach ihm hackte. "Eines der unzähligen Monster, die hier auf Zion leben! Habt Ihr noch nie von dem Dämonenvogel gehört, der sogar Victims frisst?!" "Nein, noch nie! Werdet ihr oft angegriffen?" "Er kommt regelmäßig an unserem Gebirge vorbei, wenn er auf der Jagd ist und jedesmal sterben viele Mitglieder unseres Volkes. Früher waren wir dreimal so viele, doch Roch hat die meisten von uns getötet. Wir haben versucht, ihn zu bekämpfen, aber seine Außenhaut ist resistent gegen jegliche Art von Waffen! Wir sind ihm hilflos ausgeliefert." Boreas hatte den Kampf vergessen. Im Moment zählte nur, seinen Stamm zu retten. Er flog hoch über die fliehende, angsterfüllte Menge und ordnete mit klarer Stimme an, sofort in die tiefer gelegenen Höhlen des Berg-Unterschlupfes zu verschwinden. Seine unerschütterliche Ruhe in diesem Moment der Gefahr brachte die übrigen Harpyien dazu, ihm widerspruchslos zu gehorchen und sich in Sicherheit zu bringen. Der Monstervogel stieß weiter mit seinem Schnabel durch die Öffnung und pikte einen unglückseligen Zurückgebliebenen auf. Er schrie grauenhaft und strampelte mit den Beinen, doch das Ungeheuer zog ihn zu sich hinauf. Als das schmatzende Geräusch von zermalmenden Knochen erklang, hielt Saki sich die Ohren zu und biss sich auf die Lippen, um vor Entsetzen nicht zu schreien. Clay schluckte seine eigene Furcht hinunter und packte das "Agui Keameia". Seine Hand war schweißnass, aber er hatte sich entschieden. Er würde diesen Vogel Roch besiegen und seiner Jagd ein Ende bereiten! Er hob das Schwert in die Höhe und rief: "FÜR DIE EHRE VON ZION!!!!" Die Rüstung legte sich um ihn und er fühlte, wie die Macht des Windes in ihm entfesselt wurde. Gerade, als die Böen sich senkten, stieß Saki einen schrillen Schrei aus. Der Vogel hatte sie gepackt und quetschte ihr die Rippen zusammen. Explosionsartig breitete sich stechender Schmerz in ihr aus und Tränen traten ihr in die Augen. Boreas wurde kreidebleich. "Meine Tochter! Nein!!" Vento hielt sich nicht lange auf. Ein Paar schillernd weißer Flügel erschien auf seinem Rücken und er flog in die Röhre hinein, die Roch in das Gestein geschmolzen hatte. Sakis verzerrte Schreie fachten seinen Zorn nur noch mehr an und er beschleunigte sein Tempo. Endlich sah er sich dem Monster gegenüber, das die junge Frau nach wie vor erbarmungslos im Schnabel hielt. Als es den Krieger bemerkte, stieß es sein abscheuliches Kreischen aus und hieb mit seinen Krallen nach ihm. Vento wich aus und donnerte die Klinge gegen den fetten Hals des Vogels, doch sie prallte daran ab, als wäre sie auf Granit gestoßen. Verdammt! Das Biest war wirklich waffenresistent! Er musste eine andere Möglichkeit finden, es auszuschalten. Saki in ihrer Todesangst wand sich hin und her, doch sie verbrauchte dadurch nur ihre Kraft und musste schließlich erschöpft inne halten. Er bangte um ihr Leben und so konzentrierte er sich auf seine Magie und erzeugte Tausende von Windwirbeln, die er auf die Kreatur schleuderte. Von den Geschossen getroffen, taumelte das Wesen und ließ Saki fallen. Vento fing sie auf und flog durch die Röhre zurück zu den Harpyien. "Eure Tochter, Euer Gnaden. Ich muss noch etwas erledigen, bevor ich mich ausruhen kann." Damit kehrte er zu seinem Feind zurück, der ihn wütend anfunkelte, weil er ihm seine Beute streitig gemacht hatte. Es schnappte nach dem Ritter, doch er schlug Saltos in der Luft, vollführte Hacken und lockte Roch auf diese Weise immer weiter von dem Unterschlupf weg. Das gigantische Tier schnappte nach ihm und benutzte seine gefährlichen Krallen, doch durch seine Größe war es nicht wendig genug, um den flinken Vento zu fangen. Er erinnerte sich daran, dass er von Silfees Rücken aus, auf der er hergekommen war, eine Art Mahnmal gesehen hatte, etwa in der Mitte des Gebirges. Es handelte sich um ein riesiges Strauchgewächs mit zahllosen spitzen Dornen, die geradezu dazu einluden, einen mörderischen Vogel zu beseitigen. Er steigerte seine Geschwindigkeit, während er der Kreatur voraus flog und landete dann inmitten des Dornengestrüpps. Wie erhofft konnte Roch nicht mehr rechtzeitig stoppen und wurde von den natürlichen Lanzen aufgespießt. Er schrie verzweifelt auf und Vento schickte einen Tornado los, dessen Luftdruck genügte, um das Biest gegen die Dornen zu pressen, bis es endlich verschied. Der Krieger der Freiheit atmete erleichtert auf, zuckte jedoch plötzlich zusammen und berührte seinen Schwertarm. Rotes Blut sickerte an der Stelle hervor, wo die Krallen des Vogels ihn doch erwischt hatten. In der Hitze des Gefechts hatte er das gar nicht bemerkt. Er steckte das Schwert in die Scheide zurück und entfernte die Teile der Panzerung, die beschädigt worden waren. Wie er befürchtet hatte, war sein Unterarm aufgerissen und blutete stark. Vento riss seinen Umhang auseinander und band die eine Hälfte um seine Wunde. Dann erhob er sich und begab sich zu den Harpyien, die ihn still musterten, als er wieder in ihrer Mitte landete. Saki, um die sich längst eine Schar von Heilern versammelt hatte, konnte ihren Blick kaum von ihm lösen, als er sich zurückverwandelte. Mit dem Schwert um die Hüfte, der schlichten Kleidung, dem zerzausten Haar und dem blutenden Arm, der notdürftig verbunden worden war, wirkte er fast wie ein Märtyrer, der sein Leben riskiert hatte, um das ihre zu retten. Einer der Ärzte stürzte sogleich auf ihn zu. "Ihr seid verletzt, Herr! Was ist geschehen? Was ist mit dem Vogel Roch?" "Er ist tot." antwortete Clay mit fester Stimme und trat an die Bahre der rothaarigen Schönheit, wo er sich verneigte. "Ich habe ihn zur Mahnung aller bösartigen Wesen auf dem Dornenpfahl geopfert, auf dass er Eurem Volk nie wieder schaden möge, Erbin der Stürme." Ein bewunderndes, dankbares Gemurmel begann die Halle zu erfüllen. Lord Boreas stakste auf steifen Beinen nach vorne und räusperte sich, woraufhin Clay sich zu ihm umwandte. "Du hast....ehem, ich meine, Ihr habt meine Tochter gerettet, junger Kämpfer und ich danke Euch von Herzen. Und Euch gebührt unser Respekt, denn Ihr habt uns von dieser grauenhaften Plage befreit, die uns so lange heimgesucht hat. Falls Ihr einen Wunsch habt, den ich Euch erfüllen kann, so sprecht ihn aus." "Ich sehe mit Freuden, dass ich beweisen konnte, dass ich es wert bin, Euer Vertrauen zu genießen. Ja, ich hätte einen Wunsch. Bitte lest Euch das Anliegen meines Fürsten durch und denkt wenigstens darüber nach. Ich habe Euch nicht belogen, als ich Euch von den Sieben Siegeln erzählte. Uns steht ein offener Krieg bevor und wir können nicht gewinnen, wenn wir uneins sind! Zu viel hängt davon ab, dass wir einander vertrauen!" "Für Euch selbst fordert Ihr nichts?" "Dies ist keine Zeit für egoistische Wünsche." ".....Ich lebe lange genug, um zu wissen, dass es viel zu viele Menschen gibt, für die nur ihre eigenen Bedürfnisse zählen. Aber Ihr....Ihr könntet mich lehren, Toleranz zu üben....vielleicht werdet Ihr mir zeigen, was diese Zeit wirklich braucht. Ich will mir das Schreiben ansehen, wie Ihr es wünscht. Gebt her." Clay reichte ihm das Pergament und Lord Boreas entfernte sich. Saki wurde auf der Bahre in die Höhle der Heilung getragen und der Arzt, der ihn vorhin angesprochen hatte, geleitete den jungen Adeligen ebenfalls dorthin, um ihn zu heilen. In der Höhle selbst duftete es angenehm nach Medizinkräutern und geheimnisvollen Tränken. Räucherstäbchen wurden entzündet, deren wohliger Geruch durch eine Öffnung im Gestein nach draußen zog. Clay wurde schläfrig, streckte sich gehorsam auf einem Lager aus und ließ sich sanft ins Reich der Träume hinübergleiten. Als er erwachte, sah er Saki an seinem Bett sitzen. Sie lächelte erfreut, als er die Augen aufschlug. Sie trug auch ihre Rüstung nicht mehr, sondern ein cremefarbenes, langes Kleid mit einem Tuch, das elegant um ihre Oberarme geschlungen war. "Na, habt Ihr etwas Schönes geträumt, ehrenwerter Krieger?" begrüßte sie ihn schelmisch. Er richtete sich auf. "Mein Schlaf war tief und fest. Wie geht es Euch, Mylady? Sind Eure inneren Verletzungen geheilt worden? Ist alles in Ordnung?" "Macht Euch keine Sorgen, ich war nicht so lebensgefährlich verwundet, wie die Heiler zunächst befürchtet hatten. Sie haben sich auch um Euren Arm gekümmert. Ich....ich möchte mich dafür bedanken, dass Ihr mir das Leben gerettet habt. Ohne Euer mutiges Einschreiten wäre ich die nächste Mahlzeit dieses Ungeheuers geworden....außerdem habt Ihr mein Volk von diesem schrecklichen Dämon in Vogelsgestalt befreit. Nie hätte ich erwartet, dass uns ein Mensch gleich zwei große Dienste an einem Tag erweist....Ihr habt mich überrascht." "Ich danke Euch für diese freundlichen Worte, Mylady. Aber ich habe nur meine Pflicht getan, die zu erfüllen mir als Ritter Zions oblag. Zudem war es mir eine Ehre, für Euch kämpfen zu dürfen." Er ergriff ihre Hand und drückte einen warmen Kuss darauf. Sakis Flügel flatterten vor Nervosität ein bisschen und sie errötete. Warum tat er das? Warum konnte er nicht einfach dem üblichen Muster entsprechen, weshalb musste er so anders sein als die Menschen, von denen sie in den Geschichten gehört hatte? Sie war mittlerweile davon überzeugt, dass er der Mann war, den Hana in ihrer Prophezeiung gemeint hatte, doch das verbesserte ihre Situation in keiner Weise. Obwohl sie es nicht zuzugeben wagte, fürchtete sie sich auch davor, was geschehen könnte, verliebte sie sich tatsächlich in Clay-san. Auch wenn ihr Vater vielleicht langsam einsah, dass man nicht alle Menschen verteufeln sollte, so bedeutete dies nicht, dass er begeistert wäre, wenn seine Tochter ihr Herz an einen von ihnen verlor - außerdem sträubte sich ihre eigene Natur immer noch gegen diese Vorstellung. Als sie zum ersten Mal davon gehört hatte, hatte sie es als Lüge, Fantasiegebilde abgestempelt, doch nun, da sie ihn kannte, war sie sich nicht mehr so sicher. Was sollte sie tun? Da spürte sie plötzlich eine weiche Hand auf ihrer Wange und versteinte beinahe vor Schreck. "Was ist mit Euch? Ihr seht so traurig aus. Kann ich Euch vielleicht helfen?" "Warum fragt Ihr mich das?" "Weil Eure Augen von einer....unbestimmten Sorge überschattet sind. Vorhin leuchteten sie noch fröhlich und erleichtert, aber jetzt....jetzt schleicht Unsicherheit hinein. Ihr müsst über etwas Ernstes nachgedacht haben. Kann ich Euch einen Rat geben?" "Nein....nein. Es....es hatte nichts mit Euch zu tun. Ich bin nur etwas müde. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr heute Abend mit uns speisen und hier übernachten, bis mein Vater Euch seine Entscheidung mitteilt. Ihr solltet Eure Abreise gestärkt antreten." "Da habt Ihr recht. Vielen Dank." Saki entschwand, im Inneren aufgewühlt. Er hatte bemerkt, dass sie sich sorgte und hatte ihr seine Hilfe angeboten! Das war ärgerlich, denn das trug nicht dazu bei, dass sie aufhörte, ihn zu mögen. Sie konnte doch keinen Menschen lieben....das war einfach unmöglich....aber ein Herz kannte keine Gesetze und keinen verjährten Hass....es wählte selbst. Sollte er wirklich ihr Auserwählter sein....? Clay blickte ihr nach, während der Vorhang, der den Eingang zur Höhle markierte, wieder zufiel. Ein süßer Duft war zurückgeblieben, ihr Parfüm, wie er vermutete. Sie war eine höchst anmutige Erscheinung, aber nicht gerade zimperlich oder schüchtern, sondern sehr selbstbewusst und energisch. Dennoch war sie eine überaus nette und fürsorgliche Person, klug und vernünftig. Auch wenn ihm bereits das Schlimmste geschwant hatte, als er hierher gekommen war, fand er es jetzt recht angenehm bei den Harpyien, insbesondere in der Gesellschaft von Boreas' Tochter. Sein Herz begann, schneller zu schlagen. Was war denn bloß los? Lag das etwa an ihr?! Er warf sich auf sein Lager zurück und stieß einen Seufzer aus. Würde er Saki beschützen können? Sein Gesicht flackerte in einer Kristallkugel auf, doch Rioroute Vilgyna, Clays Vorgänger, bewegte mutlos die Hand und das Bild erlosch. Er hatte von Elysion aus das gesamte Abenteuer verfolgt, doch umso erschütternder war der Wandel, der im Herzen seines Nachfolgers von statten ging. Zwar hatte er erst begonnen, doch er würde wohl auch vollendet werden und dann....Rio donnerte seine Faust auf den nahestehenden Tisch und verwünschte die Tatsache, dass er schon tot war und den armen Jungen nicht warnen konnte. Die Tragödie der Ritter von Zion würde sich wiederholen und er konnte es nicht verhindern....! Keiner dieser fünf jungen Männer hätte damals vor drei Jahren diese Schwerter annehmen dürfen. Einmal in die Hand genommen, veränderten sie das Leben eines jeden, die sie führten, für immer....und luden somit nicht nur eine große Verantwortung auf deren Schultern, sondern zugleich auch einen hohen Preis....und von einem empfindungsfähigen Wesen konnte man nicht verlangen, dass er ihn erbrachte, es sei denn, ein Individuum entschied sich freiwillig und von sich aus dazu, so wie Priester es taten....Aber Clay und seine Freunde wussten noch nicht einmal von diesem Preis....und sie wollten gewiss nicht ihr persönliches Glück für ihre Aufgabe opfern, als sie sich dazu entschieden, für Zion zu kämpfen.... Gab es für sie die Möglichkeit, diesem Schicksal zu entgehen? Ober würden sie sich beugen müssen, wie einst Erts, Ernest, Gareas, Yu und er selbst es getan hatten? Betrübt fuhr er sich durch das braune Haar und stellte verzweifelt fest, dass er für beide Fragen die Antworten parat hatte.... Ihre Nachfolger wurden auserwählt. Sie waren, was sie waren. Es war ihnen nicht erlaubt, zu lieben. Der Kampf war ihr Schicksal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)