Hold My Hand von Minami ([EreJean // AU]) ================================================================================ Kapitel 1: Hold My Hand -unzensiert- ------------------------------------ Als Jean Kirschstein das Büro des Schuldirektors betrat wusste er, dass er verschissen hatte. Richtig verschissen.   An sich war das Büro von Erwin Smith kein fremder Ort für ihn. Im Gegenteil! Der Raum fühlte sich sogar schon ganz heimelig an bei den zahlreichen Besuchen, die Jean ihm bereits abgestattet hatte.   Nein, es war der Blick in das Gesicht seines Klassenlehrers Levi Ackermann, der Jean schreckliches ahnen ließ.   Normalerweise kannte die Mimik von Ackermann nur zwei Emotionen: unendliche Müdigkeit und Entnervung. Aber gerade, in diesem Moment, meinte Jean tatsächlich so etwas wie Schadenfreude aus seinen zuckenden Mundwinkeln herauslesen zu können und das?   Das war eindeutig sein Todesurteil.   Jean presste die Lippen zusammen und boxte der Person neben sich so unauffällig wie möglich in die Seite.   Das war alles seine Schuld, verdammt!   Es war die Schuld von Eren Jäger, seines Zeichens Klassenkamerad, Rivale und manchmal sogar so etwas wie ein Freund.   Aber jetzt, wo Jean seinem Tod entgegen blickte, war das zarte Pflänzchen ihrer Freundschaft zertrampelt.   Jean war sich sicher, dass Eren ihm die Schuld in die Schuhe schieben würde, dabei war er komplett unschuldig! Es war Eren! Es war immer Eren!   „Hey!“, zischte der Grund seines verfrühten Todes und boxte zurück.   Und da sich Jean nichts gefallen ließ, boxte er auch noch einmal zurück.   Das ging so lange, bis plötzlich ein Räuspern den Raum erfüllte.   Ein einziges Geräusch, aber bei diesem allein schwang solch eine Autorität mit, dass Jean und Eren sofort die Finger voneinander ließen und in Richtung Schreibtisch blickten.   Zu ihm. Erwin Smith.   „Kirschstein. Jäger.“ Smith verschränkte die Finger ineinander und stützte dann das Kinn auf ihnen ab. „Was soll ich nur mit euch machen. Wir haben schon so viel probiert. Nachsitzen. Suspendierung. Gespräche mit euren Eltern. Aber nichts scheint zu fruchten.“   Jean biss sich auf die Zunge.   Seufzend massierte Smith sich die Schläfe. „Euer Klassenlehrer Ackermann und ich haben uns viele Gedanken über euch gemacht und lange diskutiert. Sogar ein Klassenwechsel ist eine Zeit lang im Gespräch gewesen.“   Übelkeit breitete sich bei diesem Vorschlag in Jeans Magengegend aus. Ein Klassenwechsel…? Nein, das war für ihn keine Option, ganz bestimmt nicht! Er liebte seine Klasse, all seine bescheuerten Freunde waren hier und er wollte unbedingt bei ihnen bleiben!   Andererseits wusste er, dass seine andauernden Diskussionen und Handgreiflichkeiten mit Eren den Unterricht störten. Dennoch, Jean wollte bleiben! Und selbst Erens Wechsel in eine andere Klasse würde den Unterricht nur noch halb so unterhaltsam machen!   Schule war ätzend, irgendwie musste man sie sich ja erträglich gestalten und sich über Erens dumme Antworten im Unterricht lustig zu machen gehörte definitiv dazu!   Aus den Augenwinkeln blickte er zu Eren herüber. Das verkrampfte Ballen seiner Fäuste machte deutlich, dass auch er nicht gerade angetan war von der Idee eines Klassenwechsels.   Zumindest in diesem Punkt waren sie sich einmal einig.   „Aber ein Klassenwechsel sollte nur die letzte Option sein“, meinte Smith schließlich und ließ die Hand fallen. „Eine Notlösung, wenn alles andere nicht funktioniert. Wir haben uns entschlossen, euch noch eine letzte Chance geben.“   Fast in Union atmeten Jean und Eren erleichtert aus.   „Und dafür haben wir uns eine besondere Bestrafung überlegt. Eine Methode, die vielleicht ein wenig… unorthodox erscheint.“   Und schon zogen sich Jeans Schultern wieder ängstlich in die Höhe.   „Die Methode kommt aus den USA“, meinte Ackermann und öffnete den Ordner, der sich in der Mitte des Schreibtisches befand, „und scheint dort ziemlich gute Erfolge erzielt zu haben.“   Aus den USA… Gott, das konnte ja nur irgendein Scheiß sein…   „Also werden wir es jetzt auch mit euch Rotzbengeln ausprobieren.“ Mit dem Hauch eines Schmunzelns auf den dünnen Lippen knallte Ackermann ihnen einen Zeitungsartikel vor die Nase.   Jeans Blick fiel sofort auf das große Foto in der Mitte. Auf das Foto von zwei Jungs, die… Die…   „Uh“, war das einzige, was er sagen konnte.   „Was soll das sein?“, wollte Eren wissen und verengte die Augen.   „Das ist eure Bestrafung“, erkläre Smith.   Blut schoss Jean mit solch einer Geschwindigkeit in den Kopf, dass ihm schwindelig wurde und er sich am Tisch festhalten musste. „Bitte WAS?!“, konnte er quiekend hervorbringen.   „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Sensei!“, platzte es aus Eren heraus.   Aber es war ihr Ernst.   Und so fanden sich Jean und Eren in der Mittagspause schließlich im Hof wieder. Vor ihnen? Zwei Stühle.   Noch nie hatte der Anblick zweier Stühle bei Jean solch eine Panik ausgelöst wie in diesem Moment.   Jean sah zu Eren.   Eren blickte zurück.   Keiner von ihnen bewegte sich.   Ein genervtes Zungenschnalzen war hinter ihnen zu hören. „Bloß nicht schüchtern werden“, grummelte Ackermann und schubste sie in Richtung Stühle. In Richtung Untergang. „Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“   Jean zögerte noch einen klitzekleinen Moment, dann ließ er sich schließlich mit einem dramatischen Stöhnen auf einem der Stühle nieder. Eren tat es ihm gleich.   Ackermanns rechte Augenbraue zuckte. Eine eindeutige Warnung. „Habt ihr nicht was vergessen, ihr Bengel?“   Jean wusste, dass egal, wie lange sie auch zögerten, sie würden ihrer Strafe nicht entgehen können. Also entschloss er, nun einfach seinen Mann zu stehen. Er würde es tun, er würde den ersten Schritt machen und zeigen, dass er keine Angst hatte, dass er-   Eine Hand traf ihm quer ins Gesicht.   „Fuck!“ Fluchend rieb sich Jean die nun schmerzende Nase. „Du Arsch!“   Erens Finger wackelten. „Nimm“, befahl er, ohne Jean anzuschauen. Oder auch nur generell in seine Richtung zu sehen. Stattdessen war sein Blick stur auf seine schwarzen Chucks gerichtet.   Jean knirschte mit den Zähnen. Verdammt, er wollte den ersten Schritt machen! Immer musste dieser verdammte Kerl ihm einen Strich durch die Rechnung machen.   „Nimm deine eklige Patschehand aus meinem Gesicht“, brummte er schließlich niedergeschlagen und nahm Erens Hand in seine.   Das war sie.   Ihre Strafe.   Händchenhalten.   Mitten im Hof.   Vor all den anderen Schülern.   Für eine verfickte halbe Stunde.   Jean wollte sterben und das nach nicht einmal zehn Sekunden.   Ackermann seufzte. „Na endlich. Ich komme in einer halben Stunde wieder. Wagt es euch gar nicht erst, bis dahin die Hände loszulassen. Hier sind genug Zeugen.“   Hitze schlich sich in Jeans Wangen, als er die ersten Schüler lachen hörte. Ja, genug Zeugen gab es hier definitiv.   Fuck.   Jean hasste alles.   Vielleicht sollte er einfach die Schule wechseln. Dann gab es keine Streitereien mehr und vor allem gab es dort niemanden, der ihn damit aufziehen konnte, dass er gerade Händchen mit Eren Fucking Jäger hielt.   Ihr Arschloch-Lehrer verabschiedete sich und dann waren es nur noch Jean, Eren… und gefühlt die halbe Schule, die in einem Kreis um sie herum stand und tuschelte.   Und am lautesten von ihnen allen?   Connie Springer. Natürlich.   „Oi, oi, oi, was seh ich da? Ein verliebtes Ehepaar!“, gackerte er schrill und stellte sich mit einem fetten Grinsen vor sie. „Ist irgendjemand von dieser Entwicklung überrascht? Also ich sicherlich nicht!“   „Schnauze, Connie!“, fuhren ihn Jean und Eren gleichzeitig an.   Sie warfen sich einen Blick zu.   Doch das ließ Connies Gelächter nur noch lauter werden. „Ihr redet sogar schon synchron, wow!“   „Ihr seid ein süßes Pärchen!“, mischte sich nun auch noch Sasha Blouse ein und schob sich eine Hand voll Pommes in den Mund. Das hielt sie allerdings nicht davon ab, ungeniert weiter zu sprechen: „Glückwünsch!“   Jeans Körper fing an zu zittern. Vor Wut. „Sagt mal, seid ihr echt so bescheuert oder tut ihr nur so?!“, zischte er ihnen aufgebracht zu. Unbewusst fing er an, Erens Hand zu quetschen, bis der Braunhaarige ihm mit einem „Autsch“ auf den Fuß trat.   Jean warf ihm einen giftigen Blick zu, lockerte seinen Griff aber, und richtete seine Aufmerksamkeit stattdessen wieder auf das Idioten Duo. „Wir machen das nicht freiwillig, das ist eine Strafe, verdammte Scheiße!“   „Klar“, meinte Connie und zwinkerte. „Eine Strafe, huh.“   „Es ist eine Strafe!“, bestätigte nun auch Eren nochmal lauthals.   „Uhuh“, machte Sasha und holte ihr Smartphone aus der Hosentasche. „Eine Strafe.“   Jean schwante Böses, als er beobachtete, wie fettverschmierte Finger auf dem Display herum tippten. „Kartoffelfresse. Wag es dich nicht.“   Doch Sasha grinste nur, die Mundwinkel voller Salz, und richtete das Handy auf sie. „Sagt Cheese!“   „Fick dich!“, brüllte Jean und legte seine freie Hand blitzschnell über sein Gesicht, während Eren sein Gesicht mit einem „Lass den Scheiß, Mann!“ in seinem Ellbogen versteckte.   Das laute Klicken eines Schnappschusses war zu hören. „Aw“, sagte Sasha unverständlich, das Maul wahrscheinlich schon wieder voller Pommes, „wie unhöflich. Aber ich denk, man kann euch trotzdem ganz gut erkennen. Oder was meinst du, Connie?“   Jean fletschte die Zähne. „Glaub mir, Sasha, wenn ich mit dir fertig bin, wird man dich ganz sicher nicht mehr erkennen!“   Er konnte Eren schnauben hören. „Lach nicht!“, fuhr Jean ihn an und quetschte abermals hart seine Hand. „Du bist genauso Opfer wie ich!“   Einige Minuten lang waren sie noch die Hauptattraktion des Pausenhofes, bis schließlich langsam, aber sicher tatsächlich Ruhe einkehrte. Die Paparazzi waren alle erfolgreich verjagt worden, nur noch in mehreren Metern Entfernung standen einige Schüler, die sie beobachteten und über sie tuschelten.   Das war… aushaltbar.   Nicht schön, aber Jean würde es überleben.   Irgendwie. Hoffentlich.   Aber dadurch war nun ein neues Problem entstanden: die Stille.   Jetzt, wo es keine Schaulustigen mehr zu beleidigen gab, hatten sie beide nichts mehr zu sagen.   Und das wiederum bedeutete, dass Jeans Tastsinn auf einmal beschloss, sich in den Vordergrund zu drängen und ihm mit einem Schlag bewusst werden ließ, was er hier doch eigentlich gerade tat.   Händchenhalten mit Eren Jäger.   Das erste, was Jean bewusst wahrnahm, war wie unglaublich weich Erens Haut doch war. Viel zu weich für jemanden, der fast wöchentlich in Prügeleien verstrickt war.   Warm war seine Hand auch. Zu warm. Jean konnte spüren, wie seine Handfläche anfing zu schwitzen. Eklig, aber da musste er nun durch.   Und dann war da noch die Art und Weise, wie Erens Daumen über seinen Handrücken rieb.   Eine überraschend… zärtliche Geste. Jean wusste nicht, ob sich Eren dessen überhaupt bewusst war… Wahrscheinlich nicht. Sie sprachen hier schließlich von Eren, die Knalltüte konnte nie ruhig sitzen, er musste sich immer irgendwie bewegen.   Dennoch war es ablenkend, also beschloss Jean, das Schweigen zu brechen. Einfach, um auf andere Gedanken zu kommen und nicht mehr so fokussiert darauf zu sein, wie sich Erens Hand in seiner anfühlte.   „Wollen wir Stille Post spielen?“   Eren, der mit abweisendem Blick in den Himmel gestarrt hatte, neigte den Kopf in seine Richtung. Seine Mundwinkel zuckten. „Du bist so dumm, Kirschstein“, sagte er, drückte aber seine Hand.   Jean drückte zurück. „Nicht so dumm wie du, der uns die ganze Scheiße hier erst eingebrockt hat.“   Sofort wichen die Anzeichen von Humor aus Erens Mimik und stattdessen schlich sich Hitze in seine grünen Augen. „Ich?! Das war alles deine Schuld, Pferdegesicht!“   „Stimmt doch gar nicht!“   „Natürlich!“   Die Diskussion ging so lange weiter, bis Ackermann sie eine Viertelstunde später von ihrer Strafe erlöste und damit drohte, sie direkt nochmal eine halbe Stunde hier sitzen zu lassen, wenn sie nicht endlich Ruhe gaben.   Ihr Streit geriet also schnell wieder in Vergessenheit, aber die Erinnerung daran, wie unglaublich weich Erens Haut doch war, ging Jean den restlichen Tag über nicht mehr aus dem Kopf.     ~xXx~     „Sensei, warum schon wieder?!“, jammerte Eren, als ihr Klassenlehrer sie einige Tage später wieder zu den beiden Stühlen führte.   „Weil ihr einfach nicht lernt“, war die genervte Antwort.   Jean zog missmutig die Mundwinkel herunter. „Die Strafe hat schon beim ersten Mal nicht geholfen, wieso sollte sich jetzt etwas ändern?!“   „Kirschstein, halt einfach die Klappe.“   Jean öffnete den Mund, aber da Ackermann immer noch ihr Lehrer und eine Autoritätsperson war, schloss er ihn stattdessen wieder und ließ sich demotiviert auf den Stuhl plumpsen. Da Eren bereits saß, schnappte er sich stillschweigend seine Hand und warf einen Blick auf die Uhr.   Ackermann tat es ihm gleich. „Halbe Stunde, wie letztes Mal. Um 13 Uhr seid ihr entlassen.“   „Jaja“, murmelte Jean, als ihr Lehrer außer Hörweite war und fuhr sich seufzend durchs Haar.   Zumindest wurde ihnen dieses Mal nicht mehr so viel Beachtung geschenkt wie beim ersten Mal. Aber das war auch kein Wunder, denn so wie es aussah war dieses bescheuerte Händchenhalten zur Lieblingsbestrafung der Lehrer geworden. Jean hatte in den letzten Tagen einige Schüler auf diesen Stühlen wiederfinden können, Hand in Hand.   Alles Sadisten, der ganze Haufen.   „Verdammt, warum ausgerechnet heute.“ Mit einem genervten Seufzen zupfte Jean an dem schwarzen Knopf in seinem Ohrläppchen herum. „Ich hab extra meine Switch mitgenommen, weil ich die Pause zum Zocken nutzen wollte.“   Sofort richtete sich ein Paar grüner Augen neugierig auf ihn. „Welches Spiel?“   „Fire Emblem: Three Houses.“   „Oh, hey, das spiel ich momentan auch!“ Aufgeregt drehte sich Eren mehr in seine Richtung. „Achtung, wichtige Frage“, meinte er und zeigte mit verengten Augen auf Jean. „Welches Haus hast du gewählt?“   „Blue Lions natürlich.“   „Ernsthaft? Ich auch!“ Grinsend hielt Eren seine freie Hand in die Luft. „High Five, Alter!“   Schnaubend schlug Jean ein. „Ich bin überrascht, ich hätte dir gar nicht so viel Geschmack zugetraut, Jäger“, meinte er mit einem Schmunzeln. „Ich mein, wer solch einen scheußlichen Beanie trägt, kann doch nur an Geschmacksverirrung leiden.“   Jean zupfte an der roten Kopfbedeckung herum und zog sie Eren schließlich über die Augen. Gott, die Farbe war tatsächlich grässlich! Ein einzelner Blick und die Intensivität des Rottons ließ einen schon fast erblinden!   „Fick dich, Arschloch!“ Knurrend zog Eren den Beanie wieder so weit nach oben, dass er Jean mit einem giftigen Blick strafen konnte. Dann streckte er ihm die Zunge heraus.   „In deinen Träumen, Jäger.“   „Ja, in meinen Albträumen vielleicht.“   Jean quetschte seine Hand.   „Fuck, autsch! Gott, deine Hände sind so knochig!“ Mit gerunzelter Stirn hielt Eren ihre Hände vor seine Augen und inspizierte sie. „Hast du überhaupt Fleisch an den Knochen?!“   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus seiner Nase aus. „Besser als so fette Wurstfinger wie du zu haben!“   „Hey, pass lieber auf, sonst schieb ich dir diese ‚Wurstfinger‘ in den Arsch, Penner!“ Erens abgeknabberten Fingernägel bohrten sich in Jeans Handrücken und entlockten ihm ein schmerzvolles Zischen. Dann entspannte er seinen Griff wieder und betrachtete ihre Hände aus verschiedenen Blickwinkeln.   „Mir ist vorher nie wirklich bewusst gewesen, wie arschblass du doch eigentlich bist“, murmelte Eren und drehte ihre Hände so, dass ihre Handflächen nun aneinander gepresst waren.   Jean selbst würde zwar behaupten, dass er eine vornehme Blässe hatte, aber im Kontrast zu Erens gebräuntem Teint glich seine eigene Hautfarbe doch tatsächlich einem Geist.   Viel interessanter fand Jean allerdings, dass Erens Hand im Vergleich zu seiner so viel größer war. Es war unfair, war er doch schließlich gut einen halben Kopf größer als der Braunhaarige, aber dennoch waren seine Finger länger und breiter, auch seine Handfläche war größer als die von Jean.   „Huh“, machte Eren. „Anscheinend ist dein Gesicht das einzige, was an dir lang ist. Deine Finger sind ja winzig!“   Es war dumm, sich über so eine blöde Aussage aufzuregen, aber dennoch konnte Jean nicht anders. „Oh, wenn du wüsstest, Jäger. Bei mir sind noch so einige Dinge richtig lang.“   „Deine Nase auf jeden Fall, das stimmt.“   „Ach, halt doch einfach deine dämliche Fresse, Bastard!“   Das tat Eren sogar tatsächlich, zumindest so lange, bis seine Inspektion abgeschlossen war. „Du hast Hände wie ein Mädchen“, war Erens abschließendes Urteil, bevor er ihre Hände senkte und zwischen ihren Stühlen herunterhängen ließ.   Jean folgte der Bewegung mit den Augen und beobachtete, wie Eren kurz darauf anfing, ihre Hände hin- und herzuschaukeln. „Selbst Mikasa hat männlichere Hände als du.“   „Laber keinen Scheiß, Mann.“ Verärgert Jean spannte den Kiefer an. „Wer von uns hat denn bitte superweiche Hände wie ein Mädel, huh?! Das bist ja wohl du!“   Eren blinzelte überrascht. „Ich hab doch keine weichen Hände.“   „Natürlich! Glaub mir, Jäger, ich hab schon mit einigen Kerlen Händchengehalten und niemand von denen hatte auch nur ansatzweise so weiche Hände wie du!“   Erens Augen wurden groß. Noch größer, als sie eh schon waren und das war der Zeitpunkt, wo es Jean dämmerte. Dass er gerade einen riesengroßen Fehler begangen und sich um Kopf und Kragen geplappert hatte.   „Fuck.“   Innerhalb von einer einzelnen Sekunde fing sein komplettes Gesicht an zu glühen. So strahlend rot, dass es selbst Erens bescheuerten Beanie in den Schatten stellte. Dennoch griff Jean mit zitternden Fingern nach dem hässlichen Teil und zog sich den Beanie so tief wie es ging über das eigene Gesicht, um seine Scham so gut wie möglich zu verstecken.   Eren schwieg einen Moment lang und dann: „Du hast schon öfter mit Kerlen Händchengehalten?“   Jean zog den Beanie noch tiefer und hoffte, dass sich im Inneren vielleicht ein schwarzes Loch befand, das ihn in eine andere Dimension ziehen würde, aber nichts. Er ließ einen tiefen Atemzug aus. „… Vielleicht.“   „Hey. Jean.“ Eren klang so ungewohnt ernst, dass Jean beinahe in Versuchung geriet, einen Blick auf seine Mimik zu riskieren. Aber nur beinahe. „Dir ist schon klar, dass mir scheißegal ist, ob du schwul bist, oder? Oder bi oder was auch immer.“   Jean kaute auf seiner Unterlippe herum. Eren Jäger war vieles; laut. Nervig. Stur. Aber diskriminierend, das war er nicht und das wusste Jean. Also ließ er nach einigen Augenblicken ein Seufzen aus.   „Schwul“, stellte er murmelnd klar.   „Ah. Cool.“   Und das war’s. Mehr hatte Eren tatsächlich nicht zum Thema zu sagen, also entspannte sich Jean langsam wieder und lockerte seine Schultern, die er irgendwann defensiv hochgezogen hatte. Und als Eren dann auch noch die Hand auf seinen Kopf legte und den Beanie wieder so weit hoch zog, dass Jeans Augen zu sehen waren, ließ er es zu.   Eren grinste, als sich ihre Blicke trafen und lehnte sich wieder zurück. „Aber hey, falls es dich beruhigt, ich bin auch nicht hetero. … Denk ich zumindest, keine Ahnung.“   Oh? Das hatte Jean noch nicht gewusst, dennoch war Erens Aussage ziemlich… vage. „Also bist du bi?“, fragte er nach und hob eine Augenbraue.   Eren zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung“, wiederholte er. „Ist mir aber auch egal. Ich leg mich nicht gern fest und ich hasse Schubladendenken. Ich bin ein freier Mensch, ich kann sein, was ich will. Ich kann mögen, wen oder was ich will. Mal mag ich Mädchen. Mal mag ich Jungs. Mal mag ich was anderes. Ich mag die Person und nicht das Geschlecht.“   Solch eine offene Denkweise hatte Jean ihm gar nicht zugetraut, aber es gefiel ihm. Es gab schließlich immer noch genug Mobbing auf dieser scheiß Welt wegen so unbedeutenden Sachen wie die Sexualität oder dem Geschlecht.   Jean summte nachdenklich. „Also am ehesten pansexuell“, meinte er.   „Kein Plan, aber ja, kann sein.“   Jean neigte den Kopf zur Seite und betrachtete ihn, beobachtete, wie Eren mit den Fingern seiner freien Hand auf seinem Oberschenkel trommelte. „Wow“, meinte er schließlich und schnaubte. „Wer hätte gedacht, dass ich tatsächlich mal eine anständige und ernste Diskussion mit dir führen kann?“   Missmutig zog Eren die Mundwinkel herunter. „Was soll das denn heißen? Wir führen in Politik doch andauernd Diskussionen!“   „Diskussionen nennst du das?! Du brüllst doch immer nur rum wie ein Irrer, weil du nicht akzeptieren kannst, dass ich Recht habe!“   „Du hast aber eben nicht immer Recht!“, erwiderte Eren mit erhöhter Lautstärke.   „Da, du machst es schon wieder. Ganz ehrlich, merkst du eigentlich nicht mehr, dass du immer nur am Brüllen bist? Hast du dich selbst taub gemacht mit deiner Stimme? Aber wie auch immer, ich will mich jetzt nicht schon wieder mit dir streiten, verdammt, wir hatten gerade einen Moment!“   „Einen Moment“, wiederholte Eren.   „Ja, Eren, einen Moment. Also mach ihn nicht kaputt.“   Seufzend fuhr sich Jean durchs Haar.   Fakt war, dass es tatsächlich hauptsächlich Diskussionen im Unterricht waren, die für ihre „Strafen“ verantwortlich waren. Sie waren beide so stur und hitzköpfig, dass ihre Gespräche früher oder später in Gebrüll und Beleidigungen endeten.   Aber das hier? Das war angenehm. Jean mochte es.   So sehr sogar, dass sie tatsächlich die ganze Pause über durchquatschten.   Ganze sechzig Minuten.   Hand in Hand.   Als den beiden dies beim Läuten der Pausenglocke bewusst wurde, war Jean so komplett durch den Wind, dass ihm erst zuhause auffiel, dass er immer noch Erens grässlichen roten Beanie auf dem Kopf trug.     ~xXx~     „Meine Fresse, wenn ihr Händchenhalten wollt, dann macht es doch einfach ohne euch vorher an die Gurgel zu gehen.“ Seufzend massierte sich Ackermann die Schläfe und deutete auf die beiden Stühle. „Ihr kennt das Prozedere. Ich hau ab. Gott, diese Jugend von heute.“   Jean spürte, wie seine Ohren warm wurden.   Okay, vielleicht provozierte Eren ihn in letzter Zeit ein wenig mehr als sonst.   Und okay, vielleicht rastete Jean ein wenig schneller aus als üblich.   Aber das hieß doch noch lange nicht, dass sie es absichtlich taten, nur, um diese dämliche Strafe zu erhalten!   Nein, Jean und Eren hatte schon vor Ewigkeiten klargestellt, dass diese Bestrafung bescheuert und sinnlos war.   Sie waren beide halt Hitzköpfe, da passierte es nun schon einmal, dass sie aneinander gerieten.   So einfach war das!   Eren jedoch schien sich an den Worten ihres Klassenlehrers nicht zu stören und pflanzte sich direkt hin, die Hand abwartend in Jeans Richtung gestreckt, während er sich bereits den Mund fusselig redete über irgendein Konzert, das er gestern mit Mikasa besucht hatte.   Wahrscheinlich wieder irgendeine dieser dämlichen Screamo Bands, auf die er so stand.   Denn natürlich würde Eren Schreihals Jäger auf Screamo stehen. Natürlich.   Seufzend setzte auch Jean sich hin und ergriff seine Hand.   Die Hand, die er in diesem Monat bereits so oft gehalten hatte, dass er es schon gar nicht mehr zählen konnte.   Die Hand, die er inzwischen fast so gut kannte wie seine eigene.   Und genau deswegen bemerkte Jean auch sofort, dass etwas anders war, als Erens Daumen geistesgegenwärtig über seinen Handrücken strich.   Er spürte… Rauheit.   Irritiert runzelte Jean die Stirn. „Was hast du gemacht?“, wollte er wissen und zog ihre Hände näher an sein Gesicht.   „Ey, du Arsch, unterbrech mich nicht einfach, ich war am Reden!“, beschwerte sich Eren beleidigt.   „Du kannst gleich weiter labern“, meinte Jean beschwichtigend. „Ich will nur erstmal wissen, was du gemacht hast. Deine Finger fühlen sich so rau an.“   Eren starrte ihn perplex an. „Echt? Das merkst du?“   Irgendwie stieg bei diesem geschockten Blick Wärme in Jeans Wangen. „Was? Ist doch normal, ich halte deine blöde Hand gerade schließlich nicht zum ersten Mal.“   „Hm, ich schätze.“ Eren blickte auf ihre Hände. „Ich hab angefangen, Gitarre zu spielen.“   „Ernsthaft?“ Überrascht hob Jean beide Augenbrauen. „Seit wann?“   „Ernsthaft“, bestätigte Eren grinsend. „Noch nicht lange, erst seit ein paar Tagen. Ich hab’s mit dem kleinen Plektrum-Teil da versucht, aber ich komme damit nicht klar, also benutze ich meine Finger.“   „Was für eine Art Gitarre?“   „Akustik, aber wenn ich irgendwann mal richtig spielen kann, will ich auf E-Gitarre wechseln.“   Eren und E-Gitarre? Das war keine gute Kombination. Oder eher, das war keine leise Kombination. Jean schnaubte. „Deine Nachbarn tun mir jetzt schon leid.“   „Fresse! Ich bin echt gar nicht mal so schlecht für einen Anfänger, das meint sogar Mikasa!“   „Ja. Klar.“   „Ich mein’s ernst! Soll ich’s dir beweisen?“   „Bitte nicht, ich brauch meine Ohren noch.“   Eren boxte ihm mit ihren verschränkten Händen gegen die Brust. „Blöder Wichser.“   Jean seufzte nur müde. „Ich brauch eine Kippe“, teilte er ihm mit. „Die Matheklausur hat mein Gehirn total gefickt.“   Eren hob eine Augenbraue. „Ich dachte, du rauchst nicht mehr?“   Jean hatte dem Rauchen tatsächlich vor einigen Monaten abgeschworen, aber manchmal… Manchmal war diese leise Stimme in seinem Kopf, die nach Nikotin bettelte, immer noch zu hören. „Heute ist eine Ausnahme.“   „Willst du eine von mir haben?“   „Rauchst du nicht diesen Menthol-Mist?“ Jean kräuselte die Nase.   „Das ist kein Mist! War ja nur ein Angebot, du musst es nicht annehmen. Eigentlich hast du eh keine Kippe verdient.“   „Boah, Eren, geh mir nicht auf den Sack. Ich hab jetzt echt keinen Nerv für den Scheiß.“   Eren betrachtete ihn, die Augenbrauen immer noch erbost zusammengezogen, bis sich seine Mimik langsam entspannte. Vielleicht hatte er die Müdigkeit in Jeans Körper gesehen. Oder vielleicht lag es daran, dass Jean ihn tatsächlich bei seinem Vornamen genannt hatte, was er sonst so gut wie nie tat. Auf jeden Fall musste er irgendetwas in Jean gesehen haben, dass seine Züge erweichen ließ.   „Kippe?“, fragte er nochmal nach, die Stimme beinahe sanft.   Jean entwich ein Seufzen. „Kippe“, bestätigte er und rieb sich mit der freien Hand übers Gesicht. „Obwohl ich gar nicht weiß, ob ich die mit links überhaupt anständig gehalten bekomme ohne mich zu verbrennen. Meine linke Hand ist wie so ein toter Fisch, die kann gar nichts.“   Eren musste lachen und bückte sich, um einhändig seine Schachtel Zigaretten aus seinem Rucksack hervorzukramen. „Welch ein Glück, dass ich eine freie rechte Hand hab, huh? Lass uns die Kippe teilen.“   Jean beobachtete, wie Eren mit angestrengter Miene versuchte die Schachtel zu öffnen und kläglich dabei versagte. Schmunzelnd lehnte sich Jean herüber und half ihm. „Wie gut nur, dass ich eine freie linke Hand hab, huh?“, neckte er ihn.   Eren streckte die Zunge heraus und schaffte es nun Dank ihrer Teamarbeit tatsächlich, einen Zigarettenstängel herauszuziehen.   Eigentlich war es bescheuert, wie kompliziert sie die ganze Geschichte angingen. Es war ja nicht so, als ob sie unter strenger Beobachtung standen, niemandem würde auffallen, wenn sie ihre Strafe für ein, zwei Minütchen unterbrachen.   Aber sie waren stur. Beide. Sie mochten die Herausforderung und wenn es ein gemeinsames Ziel gab, dann konnten sie sogar überraschend gut zusammenarbeiten. Das wurde auch Jean bewusst, als er sich die Zigarette zwischen die Lippen steckte und Eren sie für ihn anzündete.   Er schloss die Augen und nahm einen tiefen Zug, nur, um gleich darauf angewidert das Gesicht zu verziehen. „Gott, schmeckt das scheiße“, nuschelte er und fluchte, als ihm die Kippe dabei fast aus dem Mundwinkel fiel.   „Du schmeckst scheiße“, konterte Eren sehr reif und entfernte die Zigarette, um sich nun selbst einen Zug zu gönnen.   Jean fuhr mit der Zunge über seine Unterlippe. Pfefferminz. Aber in eklig. „Jetzt, wo ich den Scheiß rauche, auf jeden Fall.“   „Meine Fresse, du bist auch nie zufrieden, du Diva.“ Seufzend tippte Eren etwas Asche ab. „Du musst sie nicht rauchen, wenn du sie so schrecklich findest. Niemand zwingt dich dazu, Mann. Ich wollte nur nett sein.“   „… Ich weiß.“ Jean seufzte ebenfalls und drückte Erens Hand. „Ich will trotzdem noch einen Zug. Oder zwei oder drei. Egal, solange ich diese beschissene Klausur aus meinem Kopf bekomme.“   Eren grinste ihn an und pustete etwas Rauch aus seinem Mundwinkel. „Mach schön ‚Ahhh‘“, flötete er und fuchtelte mit der Zigarette vor Jeans Gesicht herum. „Hier kommt das Vögelchen!“   „Du hast sie echt nicht mehr alle, Jäger, ich glaub, das Menthol ist dir aufs- hmpf!“   Eren lachte nur, als Jean fast verreckte, da ihm die Kippe gewaltsam in den Mund geschoben wurde.   Schweigend teilten sie den Rest der Zigarette auf, bis schließlich nur noch ein Stummel übrig war. „Du hast die Ehre, den letzten Zug zu nehmen“, meinte Eren feierlich und hielt ihm die Zigarette hin. Jean kam ihm entgegen.   Allerdings war diese inzwischen so kurz gebrannt, dass Jeans gespitzten Lippen unweigerlich Erens Finger berührten. Beinahe wie bei einem Kuss.   Die Haut schmeckte größtenteils nach der Menthol-Zigarette, dennoch konnte Jean aber auch einen Hauch von Salz und irgendetwas anderem wahrnehmen.   Es war… seltsam, aber nicht unbedingt… schlecht.   Jean mochte Erens Hände.   Er mochte, wie groß und kräftig sie waren, aber dennoch weich.   Er mochte, wie gut sie in seine eigene Hand passten.   Er mochte, wie sie sich gegen seine Lippen gepresst fühlten.   Klar, Erens Hände hatten auch Nachteile. Jean bekam sie viel zu oft ab, wenn sie zu Fäuste geballt waren, und auch die Art und Weise, wie Eren beim Reden so wild mit ihnen gestikulierte war mehr als nur ein bisschen nervig.   Aber alles in allem musste Jean gestehen, dass er in den letzten Woche eine gewisse… Zuneigung für sie entwickelt hatte.   Deswegen löste dieser „indirekte Kuss“ auch solch ein ungewohntes und überraschendes Kribbeln in seinem Bauch aus, dass Jean sich am Rauch verschluckte und anfing zu husten.   Eren wich daraufhin erschrocken zurück und ließ den Stummel mit einem Fluchen fallen, als er sich an der Glut verbrannte. „Super gemacht, Pferdegesicht, du hast den letzten, den besten, Zug versaut. Glückwunsch.“   „Fick dich!“, röchelte Jean und rieb sich die Tränen aus dem Gesicht. Sein Gesicht war komplett rot angelaufen. „Außerdem ist der, ugh, der erste Zug der beste.“   „Du hast keine Ahnung, Mann.“ Kopfschüttelnd trat Eren die Zigarette aus und lachte, als er die Rötung in Jeans Gesicht sah. „Gott, du siehst aus wie Tomate, haha! Da fällt mir ein, was ist eigentlich mit meinem Beanie?! Den hast du doch noch, krieg ich den auch irgendwann mal wieder?“   Das stimmte, den hatte Jean tatsächlich noch. Warum? Das konnte er nicht sagen. Vielleicht, um Eren zu ärgern.   „Zu spät, das Scheißding liegt schon längst im Müll.“   „Kirschstein. Wenn das stimmt, dann-“   „Oh mein Gott, entspann dich, du Trottel. Die liegt irgendwo zuhause rum, muss ich mal suchen.“   „Tsk.“ Eren schnalzte mit der Zunge. „Hey, du kommst am Samstag auch mit Armin und Co. in den Vergnügungspark, oder? Dann gib sie mir da wieder.“   Ah. Ja, stimmt, da war ja etwas.   Jean hatte keine Ahnung, was ihn geritten hatte, um diese Einladung tatsächlich anzunehmen. Wahrscheinlich hatte ein Dämon für einen kurzen Augenblick Besitz von ihm ergriffen.   Armin war zwar ein Freund von ihm, aber tatsächlich hatten sie sich noch nicht allzu oft in ihrer Freizeit getroffen. Wenn, dann eigentlich nur, um gemeinsam zu büffeln.   Und dann war da natürlich auch noch Eren dabei, den Jean noch nie außerhalb ihrer Schulzeit getroffen hatte.   Nachdenklich befeuchtete Jean seine Lippen und nickte.   Das würde definitiv… interessant werden.     ~xXx~     Jägermeister: yoo   Jean staunte nicht schlecht, als er sein Smartphone entsperrte und ihn auf einmal dieser ziemlich eindeutige Name in seinen Chats begrüßte. Jägermeister. So einen bescheuerten Namen konnte sich nur einer geben…   Trotzdem tippte Jean das Profilbild an, um sicherzugehen und jepp; große, grüne Augen, ein fettes Grinsen, zerzaustes braunes Haar. Das war eindeutig Eren Jäger. Aber wie kam der Kerl an seine Nummer?!   Sie waren nie gut genug miteinander befreundet gewesen, um Nummern auszutauschen. Obwohl, einmal hatte Eren tatsächlich seine Nummer von Armin, dem Verräter, bekommen, aber Jean war sich sicher, dass er ihn damals blockiert hatte…   TheOneAboveAll: Oh nein   Jägermeister: oh doch lol   TheOneAboveAll: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dich blockiert hab?!   Jägermeister: LOL   Jägermeister: meine alte nummer vllt :-P   Oh Gott, Eren benutzte tatsächlich Smileys mit Nase. Smileys. Mit Nase. Solch eine Widerlichkeit hätte eigentlich sofort wieder ein Blockieren verdient.   TheOneAboveAll: Wie bist du überhaupt an meine Nummer gekommen?   TheOneAboveAll: Ist Armin mir wieder in den Rücken gefallen, der Penner?!   Jägermeister: nah   Jägermeister: habs von der klassengruppe lol   TheOneAboveAll: Das ist tatsächlich überraschend intelligent von dir gewesen, Jäger, ich bin beeindruckt   Jägermeister: fuuuu   Jägermeister: blockierst du mich jetzt wieder   Das war tatsächlich eine sehr gute Frage… Jean runzelte die Stirn. Damals, als er Eren blockiert hatte, war ihre Rivalität am größten gewesen, aber inzwischen… Inzwischen hatte sich die ganze Geschichte ein wenig entspannt.   Zum Glück! Jean wusste nicht mehr, wie viele Halsbonbons er damals lutschen musste, weil das Gebrülle mit Eren ihn regelmäßig heiser gemacht hatte…   TheOneAboveAll: Ich weiß nicht, sollte ich?   Jägermeister: nee   Jägermeister: ich mein wir sind freunde oder nicht   Freunde… Jean biss sich auf die Unterlippe. Er und Eren. Befreundet. Ein befremdlicher Gedanke.   Seufzend rieb er sich das Gesicht. „Befreundet mit Eren fucking Jäger.“   Wann genau war das passiert? Jean wusste es nicht. Es war wohl irgendwie schleichend passiert in den letzten Tagen und Wochen, in denen sie Händchenhaltend die Pause verbracht hatten.   Eren sah ihn wirklich als Freund an und das löste Dinge in Jean aus, die er nicht beschreiben konnte. Dinge, die er lieber ignorieren wollte, also beschloss er, die sicher Variante zu nehmen.   „Du bist so ein Schisser, Kirschstein“, murmelte er mit einem Seufzen und tippte seine Antwort.   TheOneAboveAll: … Ich würde uns eher als Freinde bezeichnen   Jägermeister: wtf ist das   TheOneAboveAll: Eine Mischung aus Freunde und Feinde   Jägermeister: lol   Jägermeister: ok ja das akzeptier ich   Jägermeister: :-D   TheOneAboveAll: Musst du ernsthaft Smileys mit Nasen machen   Jägermeister: was hast du denn für probleme loool   Jägermeister: sei mal nicht so diskriminierend du hast schließlich auch einen riesigen zinken also lass die smileys ihre nase haben   TheOneAboveAll: Fick dich, Jäger   TheOneAboveAll: Hast du mich nur angeschrieben, um mich zu nerven oder wolltest du tatsächlich irgendwas?   Jägermeister: ich wollte dich was fragen   TheOneAboveAll: Die Antwort ist Nein   Jägermeister: hahaha jean du bist ja sooooo lustig   Jägermeister: was ist dein lieblingslied   TheOneAboveAll: I hate everything about you :)   Jägermeister: hahaha ist das nicht ein liebeslied   Jägermeister: diss nach hinten losgegangen lol   Jägermeister: owned   TheOneAboveAll: …   Jägermeister: :-*   TheOneAboveAll: Fick dich. Hart.   Jägermeister: ohhhh jeannnnn   Jägermeister: ich steh drauf wenn du mich sextest   TheOneAboveAll: Oh mein Gott, ich blockier dich   TheOneAboveAll: Bye   Jägermeister: neeinn   Jägermeister: komm schon   Jägermeister: was ist dein fave song   TheOneAboveAll: Du bist unmöglich   TheOneAboveAll: Kill All Your Friends   TheOneAboveAll: Von My Chemical Romance   Jägermeister: ernsthaft   Jägermeister: oder versuchst du wieder mich zu dissen   TheOneAboveAll: Ernsthaft   Jägermeister: omg du emo lol   TheOneAboveAll: Entschuldige mal, aber MCR ist die beste Band, die es je gab und geben wird???   TheOneAboveAll: Tausendmal besser als der Screamo Scheiß, den du immer hörst   Jägermeister: wird bei mcr nicht auch manchmal geschrien lol   TheOneAboveAll: Manchmal, aber nicht konstant wie bei deinem Dreck   Jägermeister: fu ich hör keinen dreck mein geschmack ist premium   TheOneAboveAll: Lmao, träum weiter   TheOneAboveAll: Warum interessiert dich das überhaupt?   Jägermeister: weil ich dir beweisen will dass ich tatsächlich gut an der gitarre bin   Jägermeister: also werde ich jetzt deinen lieblingssong lernen und dich vom gegenteil überzeugen!!!!!!   Wow… Wow, okay, das war…   Das war irgendwie… süß?   Eren Jäger und süß waren zwei Sachen, die eigentlich überhaupt nicht zusammen passten, aber in diesem Fall? Jean konnte nicht leugnen, dass das echt verdammt süß war.   Und sogar irgendwie romantisch… So romantisch, dass Jeans Herz, was insgeheim total auf Kitsch abfuhr, direkt einen Takt schneller schlug.   „Fuck, Eren.“ Mit einem Seufzen legte Jean den Arm über seine Augen. „Was machst du nur mit mir…“     ~xXx~       „Komm mir bloß nicht zu nahe mit dem Scheiß!“   „Stell dich nicht so an, Kirschstein!“   Augenrollend kam Eren einen Schritt näher, aber Jean sprang defensiv zur Seite.   „Meine Fresse, Jean!“ Langsam, aber sicher verlor Eren die Fassung. „Das sind nur scheiß Ohren, was ist daran so schlimm? Wir haben alle ein Paar auf!“   Mit zusammengepressten Lippen starrte Jean auf den Kopfschmuck, den Eren in seinen Händen hielt. Mauseohren. Natürlich bot der Vergnügungspark das zum Verkauf an. Die Ohren an sich waren auch nicht das Problem, die sahen tatsächlich ganz… niedlich aus. Sogar auf Erens Kopf.   Nein, das Problem war…   „Warum zur verfickten Hölle muss ich Minnie sein?!“   Eren brach in Gelächter aus. „Oh mein Gott, ist deine Männlichkeit echt so zerbrechlich, dass dir das Sorgen bereitet?!“   Jean spürte, wie seine Wangen heiß wurden. „Fick dich. Warum ziehst du dir dann nicht einfach die Minnie-Ohren an, huh?!“   „Weil sie dir besser stehen würden.“ Mit einem Grinsen trat Eren näher. „Du bist schließlich genauso süß wie Minnie.“   Jeans Gesicht wurde noch heißer. „Oh, haha, Jäger, glaub gar nicht erst, dass du mich mit falschen Komplimenten weich geklopft bekommst.“   Eren zuckte mit den Schultern. „Einen Versuch war es wert“, meinte er mit funkelnden Augen und kam noch etwas näher. „Ihr seid beides Prinzessinnen, also passt’s. Und jetzt komm endlich her.“   „Minnie ist doch keine Prinzessin“, brummte Jean, sein Blick misstrauisch auf die gepunktete Schleife gerichtet, die sich zwischen den schwarzen Ohren befand.   „In Kingdom Hearts schon.“   „In Kingdom Hearts ist sie Königin, du Honk.“   „Noch besser, du Drama Queen.“   Eren blieb schließlich vor ihm stehen, immer noch dieses Funkeln in den Augen, und grinste.   Jeans Augen huschten für einen Moment über sein Gesicht, über die kleinen Lachfältchen, die ganz leicht an seinen Augenwinkeln zu sehen waren, dann über die Sommersprossen, die jetzt, wo die Sonne immer öfter zum Vorschein kam, vereinzelt auf seiner Nase und seinen Wangen vorzufinden waren.   Langsam blickte Jean zur Seite, zum Rest ihrer Gruppe, die ihr Spektakel mit einer Mischung aus Humor und Entnervung beobachtete.   Seufzend ließ er die Schultern hängen. „Na schön, aber nur, wenn du drankommst, du Zwerg.“   Eren musste sich tatsächlich auf die Zehenspitzen stellen, damit er ihm den Haarreif überziehen konnte, aber Jean ließ ihn gewähren und holte dann abermals seufzend sein Smartphone heraus, um seine neuen Ohren in der Spiegelung des Displays betrachten zu können.   „Du bist so süß, Jean!“, rief Sasha ihm zu, den Mund voller Popcorn.   „Fresse.“ Jean zeigte ihr den Mittelfinger, musste aber zugeben, dass er tatsächlich gar nicht mal so schlecht aussah mit den Minnie-Ohren.   Ihm stand halt eben doch alles; er war ein geborenes Model.   Deswegen öffnete er auch prompt die Kamera-App seines Handys, um für ein Selfie zu posieren.   Er konnte solch einen Augenschmaus seinen zahlreichen Instagram-Followern schließlich nicht vorenthalten!   Eren, der sein Tun beobachtete, brach in Gelächter aus. „Oh Mann, es ist so komisch, dein Instagram-Gesicht mal im Real Life zu sehen!“   Jean runzelte für einen Moment die Stirn, bevor er der Kamera wieder sein attraktivstes Schmunzeln zeigte. „Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst, Jäger. Wie so oft.“   Eren gab ein genervtes Geräusch von sich. „Na, das!“, meinte er, als würde das seinen Wortdurchfall erklären und deutete mit den Fingern auf Jean. „Du hast auf deinen Instagram Fotos immer diesen… Gesichtsausdruck.“   „Gesichtsausdruck“, wiederholte Jean tonlos.   „Ja! Dieses… Schmunzeln und die Art und Weise, wie du die Augenbrauen machst. Ich kann’s nicht beschreiben, aber dieses ‚Ich-bin-der-Geilste‘-Gesicht halt. Das machst du gerade auch. Und es sieht im Real Life noch lächerlicher aus als auf deinen Fotos.“   Jean betrachtete seine missmutige Grimasse in der Kamera und seufzte, als der Bildschirm seines Smartphones schwarz wurde. „Ich weiß, du kannst das mit deinen mickrigen 50 Followern nicht nachvollziehen, Eren, aber ich habe Fans. Hast du mal gesehen, wie viele Likes meine Selfies bekommen? Hast du die Kommentare gelesen?“   Es gab viele Dinge, auf die Jean nicht stolz war, aber seine Popularität in den sozialen Medien? Das war etwas, was er seinen Freunden andauernd unter die Nase rieb!   „Hey, ich hab fast 500 Follower, du Arsch!“   „500“, wiederholte Jean mit einem überheblichen Lachen. „Wie niedlich. Ich hab fast 10000.“   Eren rollte mit den Augen. „Fick dich, die meisten davon sind doch eh Bots. Oder gekauft“, meinte er mit einem fiesen Grinsen.   Jean spürte einen Muskel in seiner Wange zucken. „Die hab ich mir hart erarbeitet, Arschloch!“   „Ja… Indem du ihnen deine Titten zeigst. Jedes dritte Selfie von dir ist oben ohne. Du verkaufst quasi deinen Körper, Mann!“   Das ließ Jean aufhorchen. „Oh? Du scheinst dich ziemlich gut mit meinem Account auszukennen, Jäger.“ Er warf ihm einen anzüglichen Blick zu. „Vielleicht sind das ja keine Bots, sondern alles Fake Accounts von dir, mit denen du deine unsterbliche Liebe für mich erklärst, weil du zu schüchtern bist, es mir mit deinem richtigen Account zu sagen?“   Eren kam einen Schritt auf ihn zu. In seinen grünen Augen war ein Funkeln, das Jeans Bauch zum Kribbeln brachte.   „Ich bin nicht schüchtern“, sagte Eren, stützte sein Kinn auf Jeans Schulter ab und blickte mit einem Peace-Zeichen in Richtung Kamera. „Und jetzt mach endlich dein Selfie, damit wir weiter können.“   Eren war so nah, dass Jean seinen warmen Atem an der Seite seines Halses spüren konnte. Es ließ ihn erschaudern, was Eren dazu brachte, noch breiter zu grinsen. Was für ein Penner.   „Nimm dein fettes Gesicht aus meinem Selfie“, brummte Jean, als er wieder die Kamera aktivierte, versuchte Eren aber nur mit einem halbherzigen Schulterzucken von seiner Pelle zu bekommen.   Als das Selfie (oder die Selfies; Jean war eitel und machte deswegen immer mehrere Fotos aus den verschiedensten Winkeln) erlegt war, kehrten sie zusammen zur Gruppe zurück und machten dort erst einmal noch mehr Selfies, diesmal mit allen zusammen.   Nachdem auch das Fotoshooting erledigt war, konnte das Erkunden des Vergnügungsparkes endlich weitergehen.   Oder zumindest die Erkundung all der Fressbuden, da es Sasha und Connie nicht lassen konnten, sich bei jedem verdammten Stand etwas zu essen zu kaufen.   „Es ist ein Wunder der Natur, dass Sasha inzwischen noch nicht geplatzt ist.“ Stöhnend ließ sich Jean auf eine Parkbank nieder, während die Fressmaschine sich bei der Schlange für die nächste Mahlzeit anstellte: Churros.   Was auch immer das war, Jean hatte keine Ahnung. Der Park war vollgestopft mit nicht-japanischen Essen, wahrscheinlich war Sasha deswegen so scharf darauf, alles mal probiert zu haben. Solch ausländische Spezialitäten gab es schließlich nicht überall.   „Nicht, dass sie nachher noch kotzen muss“, meinte Eren und setzte sich neben ihn hin. „Es gibt nämlich noch einige Achterbahnen, die ich ausprobieren will!“   Achterbahnen… Allein beim Gedanken daran wurde Jean schon ganz grün im Gesicht. Höhe und er waren nicht gerade die dicksten Freunde, aber irgendwie würde er damit schon klar kommen. Das einzige, womit er definitiv nicht klar kommen würde, waren Geisterbahnen… Da würde ihn keine zehn Pferde rein bekommen.   Jean richtete seufzend seine Mausohren, während sich die Essenschlange im Schneckentempo bewegte, und ließ seinen Blick umher schweifen. Der Park war heute echt voll, aber kein Wunder, es war schließlich Wochenende.   Eren, der sich die Wartezeit mit der Einnahme von Nikotin vertrieb, hielt ihm plötzlich eine Kippe vor die Nase. „Gibt es noch irgendwelche Attraktionen, wo du unbedingt drauf willst?“   Mit einem dankbaren Brummen nahm Jean die Zigarette an. „Diese Wasserbahn sieht cool aus“, meinte er und nahm einen Zug. „Da will ich unbedingt rein, aber die Warteschlange ist abartig.“ Er neigte den Kopf zur Seite, damit er Eren den Rauch nicht ins Gesicht blies, und gab ihm die Zigarette zurück.   Auch das war irgendwie ein Ding geworden, was sich in den letzten Wochen etabliert hatte; das Teilen von Zigaretten.   Jean war zwar immer noch nicht wieder unter die Raucher gegangen, zumindest nicht richtig, aber wann immer Eren eine qualmte, teilte er die Zigarette mit ihm und Jeans Herz war zu schwach, um das ihm angebotene Nikotin abzulehnen.   Rauchen war schließlich immer noch eine Sucht und so ganz schien Jean doch noch nicht von ihr los gekommen zu sein. Aber es war schon ganz gut, dass er sich immer öfter Kippen mit Eren teilte. Der Kerl rauchte schließlich viel zu viel, da tat ihm ein wenig Reduzierung sicherlich gut!   Nicht, dass Jean sich um seine Gesundheit oder so scheren würde.   Pah!   Menthol-Zigaretten waren zwar immer noch abscheulich, aber Jean war ein Gewöhnungstier und an den Geschmack hatte er sich inzwischen so weit gewöhnt, dass er ihn fast vollständig ignorieren konnte.   Was er aber ganz sicher nicht ignorieren konnte, war wie Connie, der Spast, auf ihn und Eren deutete und dann ein Herz mit den Händen formte.   „Geh sterben, Springer“, war Jeans Antwort, während Eren ihm beide Mittelfinger zeigte und dann Jean die Zigarette überreichte.   „Ihr lauft sogar schon im Partnerlook herum, das ist so süß!“, flötete Connie und spielte darauf an, dass Jean Minnie- und Eren Mickeyohren trug.   „Weißt du was auch süß ist?“ Jean warf ihm ein liebliches Lächeln zu. „Meine Faust in deinem Gesicht, also komm her, damit ich dir die Fresse polieren kann!“   Connie lachte daraufhin nur, was Jean ein verärgertes Schnauben entlockte. Er warf Eren einen Seitenblick zu, da er beinahe verdächtig ruhig auf die ganze Geschichte reagierte.   Auch Armin schien dies aufzufallen. „Ich find’s gut, dass ihr euch endlich besser versteht“, meinte er mit einem Lächeln und verschränkte die Arme hinterm Rücken. „Ich wusste immer, dass ihr richtig gute Freunde werden könntet, wenn ihr euch nur ein wenig Mühe gebt.“   Mikasa nickte zustimmend. „Eren wird langsam erwachsen“, meinte sie, beinahe wehmütig, und drehte eine Haarsträhne um ihren Finger.   „Huh?! Willst du damit etwa sagen, dass ich mich sonst kindisch benehme?!“, fuhr Eren sie sofort an, was die Gruppe zum Lachen brachte.   „Manche Dinge ändern sich wohl nie“, sagte Armin und kratzte sich an der Wange. „Aber du bist tatsächlich viel ruhiger geworden, Eren. Sieht so aus, als ob die Medikamente wirken. Das ist schön.“   „Medikamente?“ Jean hob beide Augenbrauen. „Für was?“   Eren nahm einen letzten Zug von der Zigarette und schnipste sie dann zu Boden. „ADHS.“   „Oh“, sagte Jean etwas dümmlich. Er hatte gar nicht gewusst, dass Eren an ADHS litt. Das erklärte aber tatsächlich einiges an seinem Verhalten, wie seine Impulsivität oder das ständige Herumgezappel.   „Wie lange nimmst du die schon?“   Eren rieb sich mit dem Handrücken über die Nase. „Keine Ahnung, einen Monat oder so?“   Ah. Und hier dachte Jean schon, dass ihre neu aufkeimende Freundschaft vielleicht ein Faktor sein könnte, warum Eren langsam etwas zur Ruhe zu kommen schien und sie sich nicht mehr so oft an die Gurgel gingen.   Wie naiv von ihm.   „Ich denke, das Gitarrenspielen hilft auch“, meinte Mikasa und zupfte an ihrem Schal herum. Schal. Im Frühling. Das Mädchen war verrückt. „Er übt jeden Tag an diesem Song für dich, Jean. Stundenlang.“   „Mikasa!“, fuhr Eren sie aufgebracht an.   „Was? Stimmt doch.“   „Na und? Das muss er doch nicht wissen!“   Mikasa ignorierte den hitzigen Blick, der ihr zugeworfen wurde. Wahrscheinlich war sie dagegen inzwischen schon immun. „Eren singt dabei auch.“   „MIKASA!“   „Oh?“ Mit einem fiesen Schmunzeln drehte sich Jean in Erens Richtung. „Planst du etwas, mir ein Ständchen zu singen? Wer hätte geahnt, dass du solch eine romantische Ader hast, Jäger.“   „Ihr seid alle scheiße“, meinte Eren und zog sich hastig die Kapuze seines Hoodies ins Gesicht. Allerdings nicht schnell genug, Jean hatte dennoch den Rotschimmer auf seinen Wangen sehen können. Hah! Der Braunhaarige sprang auf. „Ich hab keinen Bock mehr zu warten, ich geh schon einmal weiter.“   Mikasa blickte ihm hinterher. „Männer“, meinte sie augenrollend und folgte ihm.   Jean grinste nur, während sich eine angenehme Wärme in seiner Brust ausbreitete.   Die gute Laune verging ihm allerdings, als sie gut eine halbe Stunde später an seinem Albtraum vorbei kamen: der Geisterbahn. Zu seinem Erschrecken musste er feststellen, dass es nicht mal eine Bahn war, sondern stattdessen eins dieser Gruselkabinetts, wo man tatsächlich selbst durchlaufen musste.   Noch schlimmer!   „Da will ich rein!“, rief Eren, der Arsch, natürlich sofort lauthals und blieb abrupt stehen. „Die Schlange ist sogar gar nicht mal so lang!“   Panisch blickte Jean zu Armin herüber, der der einzige aus ihrer Gruppe war, der es irgendwie schaffte, Eren und seine bescheuerten Ideen zu bändigen.   Gutmütiger, zartbesaiteter Armin.   Seine Rettung.   Nie im Leben würde der Blonde ihm in den Rücken fallen und-    „Klingt gut!“, erwiderte Armin, ein aufgeregtes Funkeln in den blauen Augen.   Verletzt und hintergangen packte sich Jean an die Brust, die Finger in den Stoff seines Shirts gekrallt. „Verräter“, zischte er ihm zu.   Armin lächelte ihn entschuldigend an. „Es wird schon nicht so schlimm, Jean. Wenn du möchtest, kannst du auch draußen warten.“   Doch die Aussage war natürlich gefundenes Fressen für Eren Arschgesicht Jäger. „Oh?!“ Mit einem bösartigen Grinsen lehnte er sich näher an Jean heran. „Hast du etwa Schiss, Kirschstein?!“   Jean knirschte so hart mit den Zähnen, dass es wehtat. „Hah. Als ob, Jäger.“   Und so unterschrieb Jean mit seinem verfluchten Stolz sein Todesurteil und trat zehn Minuten später in das Gruselkabinett ein.   Es war dunkel. Natürlich war es das. Einerseits gut, dann bestand vielleicht die Möglichkeit, dass Jean den einen oder anderen Schrecker übersah. Einerseits war es aber auch absolut beschissen, da es so umso grässlicher war, wenn plötzlich jemand hervorsprang.   So oder so war Jean gefickt.   Und das nicht auf die gute Art und Weise.   Steif wie ein Brett und mit zittrigen Knien folgte Jean seinen Freunden immer tiefer in die Dunkelheit des Hauses, bedacht darauf, zumindest hinter Eren zu laufen, damit dieser seine Panikattacken nicht mitbekam.   Doch ganz hinten in der Gruppe zu sein war eine dumme Idee. Eine sehr, sehr dumme Idee.   Das bekam Jean kurz darauf am eigenen Leibe zu spüren, als ihm plötzlich jemand mit einem Grölen in den Nacken fasste.   Mit einem Schrei, der eine rollige Katze in Neid erblassen ließ, krallte Jean seine Finger in die nächstbeste Person – Eren – , presste sie wie ein Schutzschild an seine Brust und drehte sich schlotternd um, um den Tod in die Augen zu blicken.   Es war eine Art… Monster. Keine Ahnung, Jean konnte den Anblick nur für eine Millisekunde ertragen, bevor er ängstlich die Augen zusammen kniff.   Eren brach in Gelächter aus. Er war so nah an Jean gepresst, dass er das Beben seines Körpers sogar spüren konnte. „Hahaha! Ach, komm, Alter, das Vieh ist doch eigentlich ganz süß!“   „Fick dich!“, entgegnete Jean, doch die Beleidigung verlor aufgrund seiner klappernden Zähne ihre Wirkung.   „Aw“, machte Eren. „Ernsthaft. So hässlich ist der gar nicht. Sieht dir sogar irgendwie ein wenig ähnlich, als ob ihr verwandt wärt oder so. Deine Mutter vielleicht?“   Jean krallte seine Finger mit mehr Kraft in Erens Schultern. „Fick. Dich“, wiederholte er, war inzwischen aber tatsächlich mutig genug, um blinzelnd die Augen aufzuschlagen.   In der Dunkelheit konnte er nicht allzu viel erkennen, aber süß war das Monster definitiv nicht!   „Roahr!“, machte das Monster und fuchtelte mit den Armen herum.   „Roahr“, machte Eren zurück und streckte dem Vieh die Zunge heraus. Dann drehte er sich in Jeans Armen um. „Lass uns weitergehen, sonst verlieren wir den Anschluss.“   Jean blinzelte und sah sich um. In der Ferne war ein Schrei zu hören und dann lautes Gegacker. Connie und Sasha, eindeutig.   Ihre Freunde waren tatsächlich ohne sie weitergegangen. Wie herzlos! Jean hätte sterben können, verdammt!   Er ließ einen zittrigen Atemzug aus und so setzten sie sich gemeinsam in Bewegung. Zum Glück war es düster genug, dass Eren den Ausdruck des bodenlosen Schams nicht in Jeans Gesicht erkennen konnte.   Jean kam sich nämlich wie der letzte Vollidiot vor.   Besonders, als Eren einige Sekunden später am Saum seines Shirts zupfte und ihm so noch einen… ahäm, männlichen Schrei entlocken konnte.   Oberarsch Eren lachte. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“   „Natürlich nicht, du Bastard.“   „Echt nicht! Ich wollte fragen, ob du Händchenhalten willst.“   Jean blieb verdutzt stehen. „Machst du dich gerade über mich lustig, Jäger?!“   Eren blinzelte. „Nein?“, war seine Antwort. Er zupfte nochmal an seinem Shirt herum. „Ich kann’s nur nicht ertragen, wie absolut angespannt du hier rumläufst. Denn ganz ehrlich? Das macht mich irgendwie nervös.“   Jean starrte ihn fassungslos an.   „Und naja, ich dachte, Händchenhalten würde helfen?“ Eren zuckte mit den Schultern. „Das haben wir inzwischen schon so oft gemacht, dass es sich bestimmt vertraut für dich anfühlen muss. So fühlt es sich nämlich für mich an.“   Jean war sich sicher, dass seine glühenden Ohren trotz der Dunkelheit zu sehen waren. „Ernsthaft? Was ist, wenn die anderen das sehen?“   „Ach komm, in der Dunkelheit doch nicht.“ Eren rollte mit den Augen. „Und wenn die anderen in Sichtweite sind, dann können wir uns ja auch wieder loslassen, also schieb kein Drama, Mann.“   „Dir ist auch nichts peinlich, oder?“   Eren grinste. „Du bist mir peinlich“, meinte er und streckte seine Hand mit wackelnden Fingern aus, „und genau deswegen hoffe ich, dass es dir hilft, nicht mehr so eine Memme zu sein.“   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus der Nase aus. „Ich hasse dich“, sagte er, nahm die ihm angebotene Hand aber an.   Das Grinsen auf Erens Lippen wurde noch breiter. „Kann ich nur zurückgeben, Pferdegesicht.“   Der restliche Gang durch das Gruselkabinett war durch das Gefühl, Erens starke Hand in seiner zu halten, tatsächlich etwas angenehmer.   Naja, zumindest, bis aus der Tür vor ihnen plötzlich ein Horrorclown gestürmt kam, den Eren reflexartig die Faust mitten ins Gesicht knallte.   „Fuck, Eren! Bist du bescheuert, Mann?! Ich glaub, du hast ihm die Nase gebrochen! Scheiße, hier ist alles voller Blut! Oder ist das fake Blut?! FUCK!“ „Oops!“     ~xXx~     TheOneAboveAll: TheOneAboveAll schickt ein Foto   Jägermeister: omg   Jägermeister: ich kann nicht glauben dass du es dich tatsächlich wagst mir ein selfie mit MEINEM beanie zu schicken   TheOneAboveAll: :P   Jägermeister: >:-(!!!!   TheOneAboveAll: Lol   TheOneAboveAll: Hast du schon die Mathehausaufgaben gemacht?   Jägermeister: nee mach ich im bus lol   TheOneAboveAll: Fuck, ich brauch Hilfe bei der einen Aufgabe   TheOneAboveAll: Und da du schockierenderweise tatsächlich gut in Mathe bist dachte ich, dass du mir helfen kannst…   Jägermeister: meinst du helfen oder abschreiben lassen lol   TheOneAboveAll: … Abschreiben   Jägermeister: lmao   Jägermeister: kannste morgen in der ersten pause machen   TheOneAboveAll: Thx   Jägermeister: … wenn du mir dafür meinen beanie mitbringst 0:-)   TheOneAboveAll: Fick dich, ich frag Armin   Jägermeister: keine chance armin lässt dich nicht abschreiben bro   TheOneAboveAll: Ugh, wahrscheinlich   TheOneAboveAll: :(   Jägermeister: aw   Jägermeister: aber jetzt mal ehrlich mann gib einfach zu dass mein beanie voll cool ist und du ihn insgeheim magst und dann schenke ich ihn dir vllt sogar und du darfst ihn behalten   Jägermeister: VLLT :-D   TheOneAboveAll: Nope, den behalte ich als Waffe, damit ich dich erpressen kann!   TheOneAboveAll: Außerdem kann ich nicht zulassen, dass solch eine Monstrosität weiterhin auf die Menschheit losgelassen wird   Jägermeister: ich dachte du hasst menschen   Jägermeister: hast du mir nicht gestern erst diesen ellenlangen vortrag darüber gehalten warum menschen so scheiße sind und warum katzen die welt regieren sollten   TheOneAboveAll: Schön, dann kann ich nicht zulassen, dass unschuldige Katzenaugen dieses Wichsteil sehen müssen   Jägermeister: wichsteil lol   Jägermeister: ficker das ist immer noch ein verdammt cooler beanie und du weißt es   Jägermeister: u just mad bro   TheOneAboveAll: Jaja, red dir das nur ein, wenn es dir beim Schlafen hilft   Jägermeister: hey willst du mal was sehen   TheOneAboveAll: Nee, deine erbärmlichen Dickpics kannst du für dich behalten   Jägermeister: LOL   Jägermeister: in deinen träumen kirschstein   Jägermeister: Jägermeister sendet ein Video (0:32 Minuten)   Jägermeister: ein teaser lol   Jean drehte sich im Bett auf den Bauch und spielte das Video ab.   Es war Eren, der mit angestrengtem Gesichtsausdruck an den Saiten seiner Gitarre zupfte. Höchstwahrscheinlich von Mikasa aufgenommen.   Jeans Herz machte einen Hüpfer, als er die Melodie bereits nach wenigen Sekunden erkannte:   Kill All Your Friends von My Chemical Romance.   Jean erhöhte die Lautstärke des Videos und sah sich die ganzen 32 Sekunden an. Als das Video beendet war, spielte er es nochmal ab.   Gott, Jean hatte keine Ahnung, was mit ihm los war. Warum er es so verfickt romantisch und… ja, bezaubernd fand, dass Eren seinen Lieblingssong auf Gitarre lernte. Für ihn.   Entweder war sein Herz einfach nur viel zu schnulzig oder es war tatsächlich eine sehr romantische Geste. Ein Geste, deren Implikation sich Eren sicherlich nicht einmal bewusst war.   „Verdammt.“ Fluchend vergrub Jean sein Gesicht in seinem Oberarm und blieb so einige Sekunden liegen, bis er schließlich eine Antwort tippte.   TheOneAboveAll: Klingt scheiße…   Jägermeister: >:-(((((((((   TheOneAboveAll: … würde ich jetzt gerne sagen, aber es klingt tatsächlich besser als gedacht   Jägermeister: :-D!!!   Mit einem Stöhnen vergrub Jean erneut sein Gesicht.     ~ xXx ~     „Ich hätte nie gedacht, dass Eren dir einmal fremdgeht, Jeanbo.“   „Huh?“ Irritiert hob Jean den Blick von seinen Hausaufgaben und fixierte Connie. „Wovon laberst du?“   „Eren. Geht dir fremd.“ Mit einem gespielten Schluchzen strich sich Connie die imaginären Tränen aus dem Augenwinkel. „Heute ist ein trauriger Tag für die Liebe.“   Jean blickte ihn verständnislos an. „Ich hab immer noch keinen blassen Schimmer, wovon du laberst, Springer.“   Connie rollte mit den Augen. „Tja, wenn du wie ein normaler Mensch vielleicht die Pause nutzen würdest, um rauszugehen anstatt Hausaufgaben zu machen, dann hättest du es gesehen.“   Sasha erschien plötzlich im Türrahmen. „Eren hält mit jemand anderem Händchen!“, sagte sie und schob sich einen Schokoriegel in den Mund.   Jean spürte einen Muskel in seiner Wange zucken. „Als Bestrafung oder was?“   „Jepp!“ Connie nickte.   „Aha“, meinte Jean und blickte wieder auf seine Englischhausaufgaben. „Interessiert mich nicht. Der Depp prügelt sich doch andauernd.“ Er nahm seinen Bleistift in die Hand, doch anstatt damit zu schreiben, klopfte er stattdessen auf eine der Englischvokabeln.   Zuerst einmal, dann zweimal, dreimal.   „… Mit wem.“   „Floch“, antwortete Sasha und hielt sich die Ohren zu. Keine Sekunde zu früh.   Die Mine des Stiftes brach. „FLOCH?!“, wiederholte Jean schrill und sprang auf. Der Stuhl hinter ihm fiel zu Boden. „Floch Forster?!“   „Floch Forster“, bestätigte Sasha und trat sicherheitshalber zur Seite, als Jean in Richtung Tür stürmte. „Zeig ihm, wer der Boss ist, Jean!“   „Demonstrier deine Dominanz!“, feuerte Connie ihn an.   „T-Pose!“, rief Sasha wenig hilfreich.   „T-Pose!“, stimmte Connie mit ein.   „Haltet die Schnauze!“, fauchte Jean und dann war er auch schon auf dem Weg in Richtung Innenhof.   Es war nicht so, als ob er eifersüchtig wäre oder so, pah! Ganz bestimmt nicht! Aber Floch war ein riesengroßes Arschloch und ihn zusammen mit Eren, Hand in Hand zu sehen, das wäre…   … wäre…   Jean blieb vor ihnen stehen.   Die beiden Jungs saßen so weit voneinander entfernt, wie ihre Positionen es zuließen, die Köpfe in entgegengesetzte Richtungen gedreht. Händchenhalten konnte man das, was sie da taten, kaum nennen. Es waren lediglich ihre Fingerspitzen, die sich hauchzart berührten.   Dennoch löste dieser Anblick ein hässliches Gefühl in seiner Magengegend aus.   „Oh, sieh sich einer nur mal an, wie tief du gesunken bist, Jäger“, höhnte Jean und stemmte die Hände in die Fäuste. „Händchenhalten? Mit Forster?!“   Eren zuckte erschrocken zusammen. „Jean?!“ Seine Augen wurden groß, wirkten beinahe ertappt. Er hatte einen riesigen blauen Fleck auf der Wange, fiel Jean sofort auf, und auf seiner geschwollenen Unterlippe befand ein blutiger Kratzer.   „Oh, bitte, Kirschstein, schieb jetzt keine Eifersuchtsszene.“ Floch warf ihm einen abschätzigen Blick zu. Mit Befriedigung konnte Jean feststellen, dass sein rechtes Auge geschwollen war und er morgen wahrscheinlich ein nettes Veilchen haben würde. Sah so aus, als ob Eren den Kampf gewonnen hätte. Wenigstens das. „Ich bin schon gestraft genug.“   Jean lief knallrot an; eine Mischung aus Wut und Scham. „Eifersucht?!“, wiederholte er. Seine Stimme brach bei der zweiten Silbe. „Ich bin doch nicht eifersüchtig!“   Floch lachte humorlos auf. „Du bist so durchschaubar, du widerliche Schwuchtel.“   „HEY!“ Knurrend packte Eren ihn am Kragen seines Hemdes. „Nimm das sofort zurück, du Arschloch!“   Floch verengte die Augen. „Lass mich los, Jäger.“   „Erst, wenn du das zurücknimmst! Oder willst du unbedingt, dass ich dir auch noch das andere Auge blau schlage?!“   Floch sah so aus, als wolle er weiterhin protestieren, doch dann fiel sein Blick auf eine Lehrkraft, die sie argwöhnisch beobachtete. Er schnalzte mit der Zunge. „Ich nehm’s zurück“, sagte er, trocken und emotionslos.   Schweratmend kniff sich Jean in die Nasenwurzel und schloss die Augen. Langsam zählte er bis 10 und öffnete dann wieder die Lider. Das Bedürfnis, Floch eine reinzuschlagen, war immer noch riesig, aber er würde sich beherrschen müssen.   Jean hatte ganz bestimmt nämlich keinen Bock darauf, mit dem Wichser Händchenhalten zu müssen!   „Wie auch immer“, sagte er und drehte sich um. „Habt Spaß.“   „Jean! Alter!“, rief Eren ihm hinterher, aber Jean ignorierte ihn. „Jetzt sei doch nicht so, Mann.“   Jean zeigte ihm über seine Schulter hinweg den Mittelfinger und marschierte zurück in ihren Klassenraum, der inzwischen glücklicherweise wieder leer war. Gut, er wollte jetzt nämlich seine Ruhe haben.   Doch allzu lange wurde ihm sein Wunsch nicht gewährt, da eine gute Viertelstunde später Eren plötzlich rein getapst kam. Natürlich.   „Hey.“ Eren lehnte sich mit der Hüfte gegen den Türrahmen. „Wollen wir eine rauchen?“   Jean blickte auf sein Heft. Inzwischen hatte er sich von Englisch zu Physik vorgearbeitet. „Nee.“   „… Du bist nicht ernsthaft sauer, oder?“   „… Nee.“   Seufzend drückte sich Eren vom Türrahmen ab und bewegte sich auf ihn zu. „Du bist unmöglich“, meinte er und schnappte sich einen Stuhl, um sich schräg von Jean an seinen Tisch zu setzen. „Du bist wegen dem bescheuertsten Scheiß eifersüchtig.“   Jean spannte die Schultern an. „Ich bin nicht eifersüchtig, verdammt! Mir ist scheißegal, wer deine schwitzigen Flossen hält!“   „Uhuh“, machte Eren. „Genau deswegen reagierst du jetzt auch so gereizt. Weil es dir egal ist.“   „Weißt du was, Jäger?“ Jean deutete mit dem Stift auf Erens Gesicht, genau zwischen seine Augen. „Fick dich“, sprach er langsam. „Richtig hart.“   Eren blinzelte, dann nahm er Jean den Stift mit einem Grinsen aus den Fingern. „Wie krass eifersüchtig du halt einfach bist, wow, Alter, hahaha!“   Und als ob diese Aussage nicht schon schlimm genug wäre, malte der Arsch ihm auch noch einen Smiley in die Ecke seines Physikheftes. Selbstverständlich mit Nase. Wie konnte man nur so scheiße sein.   Seufzend verschränkte Jean die Arme auf dem Tisch und vergrub das Gesicht ihn ihnen. „Fick dich“, wiederholte er mit geschlagener Stimme.   Eren zerzauste ihm das Haar. „Glaub mir, ich wollte ganz sicher nicht mit dem Wichser Händchenhalten. Aber ich bereu’s nicht. Er hat Scheiße über dich gelabert.“   Jean drehte den Kopf zur Seite, sodass er nun mit der Wange auf seinem Arm lag und Eren in die Augen blicken konnte. Vorhin hatte Eren ihn auch schon verteidigt. Eine überraschend süße Geste, die vor einigen Wochen noch unvorstellbar gewesen wäre.   Denn damals wäre Eren derjenige gewesen, der Scheiße über Jean geredet hätte.   Aber jetzt war Eren derjenige, der Jean verteidigte, wenn Scheiße über ihn geredet wurde.   Sein blödes Romantiker-Herz machte einen Sprung. „Also hast du quasi meine Ehre verteidigt?“   Eren musste lachen. „Was für eine Ehre, Mann?“   Mit verengten Augen streckte Jean die Hand nach ihm aus und tippte mit dem Zeigefinger auf den blauen Fleck auf seiner Wange. Hart.   „Autsch, fuck!“ Eren nahm seine Hand und legte sie auf den Tisch ab. Los ließ er sie aber nicht, stattdessen verschränkte er sogar ihre Finger miteinander, während er mit der anderen Hand weiterhin abscheuliche Smileys in sein Heft kritzelte.   Jeans Blick ruhte für einigen Sekunden auf Erens schwarz lackierten Nägeln. Manchmal wünschte er sich echt Erens Scheißegal-Einstellung. Dem Braunhaarigen ging es am Arsch vorbei, was andere über ihn dachten. Wenn er sich die Nägel lackieren wollte, dann tat er es.   So einfach war das für ihn.   Eine wirklich bewundernswerte Einstellung. Jean wusste, dass er selbst viel zu sehr Wert auf die Meinung anderer Menschen lag. Es war traurig.   „Hey, willst du abhauen?“, fragte Eren ihn plötzlich. „Zu mir nachhause? Ich denk, ich bin gut genug, um dir den Song jetzt persönlich vorspielen zu können.“   „Jetzt?“ Jean hob eine Augenbraue und warf einen Blick auf die Wanduhr. „Wir haben noch drei Stunden Unterricht.“   „Scheiß drauf, lass uns schwänzen. Oder willst du unbedingt mit der irren Zoe Chemie machen?“   Nein, das wollte Jean ganz sicher nicht, also machten sie sich gemeinsam auf den Weg zum Jäger-Haus. Und ein prachtvolles Haus war es tatsächlich. Nicht wie die kleine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, die sich Jean mit seiner Mutter teilte.   Nein, Erens Vater war ein erfolgreicher Arzt und dem Haus und dessen Inneneinrichtung nach zu urteilen verdiente er mit seiner Arbeit nicht gerade wenig Schotter.   Erens eigenes Zimmer sah dagegen wie das komplette Gegenteil aus; ein einziger Sauhaufen.   „Wow“, kommentierte Jean, als er den Haufen an zerknüllten Taschentüchern neben Erens Bett entdeckte. „Hast du deine Libido nicht unter Kontrolle oder was?“   „Ich bin krank, du Arsch“, meinte Eren und öffnete die schwarze Tasche in der Ecke des Raumes. Erst jetzt fiel Jean auf, dass seine Stimme tatsächlich etwas nasal klang.   „Ja, im Kopf“, erwiderte er und ließ sich aufs Bett fallen. „Das ist kein Geheimnis, Jäger.“   „Fick dich, Pferdegesicht.“   Schnaubend setzte sich Jean im Schneidersitz hin und sah sich um. Die Wände in seinem Zimmer waren voller Poster; Bands, Anime, Videospiele… Auch auf seinen Schränken war seine Liebe zu Videospielen in Form von Figuren wiederzufinden.   Interessant, Jean entdeckte einige Sachen, von denen er selbst auch Fan war. Es war immer wieder überraschend zu sehen, dass er und Eren im Grunde gar nicht so verschieden waren. Zumindest, was ihre Vorlieben angingen.   Der laute Klang einer Gitarrensaite lenkte seine Aufmerksamkeit schließlich wieder auf Eren.   „Okay“, sagte er und setzte sich ans Fußende des Bettes. „Lass mich nur noch eben stimmen, dann geht’s los.“   Jean beobachtete seine geschickten Fingerbewegungen. „Wirst du dabei auch singen?“   Eren zog geräuschvoll die Nase hoch. „Nee, bestimmt nicht.“   „Ach, komm schon.“ Schmunzelnd hob Jean eine Augenbraue in die Höhe. „Oder hast du etwa Schiss?“   „Natürlich nicht! … Ugh, ja, okay, Mann, ich singe dazu.“   Ah, Eren war so schön einfach zu manipulieren.   Und dann ging es auch schon los.   Kill All Your Friends, präsentiert und vorgesungen von Eren Jäger.   Jean hatte noch nie zuvor eine Akustikversion des Liedes gehört, weswegen es im ersten Moment etwas befremdlich klang, aber er gewöhnte sich schnell daran und musste gestehen, dass Eren tatsächlich talentiert im Umgang mit der Gitarre zu sein schien.   Die Töne waren laut und klar, ohne Holpern oder Unterbrechungen. Und Erens Stimme selbst war auch gar nicht mal so übel. Genau genommen klang sein Gesang sogar richtig gut, er gefiel Jean beinahe besser als das Spiel seiner Gitarre!   „And you’re walking away and I will drown in the fear“, sang Eren schließlich die letzten Zeile des Liedes und verstummte langsam. Ebenso wie die Töne seiner Gitarre.   Mit einem fetten Grinsen wandte er sich an Jean. „Und? Ziemlich cool, huh?“   Jean befeuchtete sich die Lippen. „Du hast erfolgreich mein Herz erobert“, meinte er und ließ sich mit einer dramatischen Geste zurück aufs Bett fallen.   Lachend legte Eren die Gitarre zur Seite und schmiss sich neben Jean aufs Bett.   Jean hatte das Ganze eigentlich nur als Scherz gemeint, weil es peinlich war, Eren ein ernstgemeintes Kompliment zu machen, aber irgendwie war es vielleicht doch die Wahrheit… Zumindest ein bisschen! Sein blödes Herz wollte nämlich auf jeden Fall nicht aufhören, wie wild zu pochen.   Also öffnete er den Mund, um etwas zu sagen. Irgendetwas, egal was. Einfach, um auf andere Gedanken zu kommen.   „Ich mag deine Hände“, verließ schließlich spontan seine Lippen. Jean spürte, wie seine Ohren anfingen zu brennen.   „Ach ja?“ Verwundert schaute Eren auf seine Hände, als ob er so herausbekommen konnte, warum Jean sie mochte.   Jean schnappte sich eine von ihnen und legte sie auf seine Wange. Er hatte keine Ahnung, wo er auf einmal den Mut hernahm, solch eine intime Geste zu initiieren. Vielleicht war es die Art und Weise, wie Eren ihn beim Singen in die Augen geschaut hatte, die ihm den Mut dazu gab.   Keine Ahnung.   Denken war gerade nicht so Jeans Stärke.   Eren blickte ihn neugierig an und strich mit den Fingern langsam die Seite seines Gesichtes entlang. Jean senkte die Lider und genoss das Gefühl der rauen Fingerspitzen auf seiner Haut.   „Was ist’n das?“, fragte Eren plötzlich und rieb mit dem Daumen über seinen Kiefer. „Soll das Bart sein?“   Jeans Gesicht wurde heiß. „Fick dich!“, schnauzte er ihn an. „Im Gegensatz zu dir hab ich wenigstens Bartwuchs!“   Okay, der Bart, den Jean sich wachsen lassen wollte, war tatsächlich nicht allzu ausgeprägt. Aber immerhin waren Kiefer und Kinn nun von Stoppeln übersäht, von solch einem Bartwuchs konnte Eren Babyface Jäger nur träumen!   Eren grinste. „Ich mag’s“, meinte er und wanderte zu seinem Kinn hinunter. Mit Daumen und Zeigefinger neigte er Jeans Kopf leicht in den Nacken und lehnte sich über ihn.   Jean kam ihm die restlichen Zentimeter entgegen, das Herz inzwischen hoch in den Hals geklettert, und küsste ihn.   Eren küsste genau so, wie sein Charakter vermuten ließ; ungestüm. Ein wenig grob. Intensiv.   So intensiv, dass sich Jean bereits nach wenigen Sekunden die Zehen zusammenrollten.   Jean selbst küsste eigentlich komplett anders; sinnlich. Langsam. Tief. Er mochte es, seinen Partner zu triezen und allmählich um den Verstand zu bringen. Nur den Hauch von Zunge, bis sein Gegenüber es schließlich nicht mehr aushielt.   Aber diese Leidenschaft, mit der Eren ihn geradezu auffraß?   Mehr als nur okay.   Es war einfach typisch für ihn und genau deswegen war es so unfassbar gut.   Jean krallte die Finger in braunes Haar, zog einmal sanft daran und brachte ihre Lippen schweratmend wieder auseinander.   „Ich will, dass du mich anfasst“, murmelte er und küsste Erens Mundwinkel. „Ich will deine Hände auf mir spüren. Überall.“   Erens Blick wurde glasig. „Fuck, Jean“, hauchte er und seine Stimme brach. „Fuck, ja, okay.“   Er drückte Jean einen letzten, nassen Kuss auf die Lippen, dann setzte er sich auf seine Oberschenkel und schob sein Oberteil bis zu seinen Achseln hinauf.   Irgendwie kam Jean sich plötzlich so schrecklich… entblößt vor, als er Erens hitzigen Blick auf seiner nackten Haut spürte, also drehte er das gerötete Gesicht zur Seite und presste es in seine Armbeuge.   Das schien Eren gar nicht zu gefallen. „Hey, nicht“, tadelte er ihn sanft und entfernte Jeans Gesicht wieder aus seinem Arm. „Ich will dich ansehen.“   Diese Worte ließen Jean nur noch roter anlaufen. „Und ich will, dass du mich anfasst und nicht nur blöd glotzt. Irgendwann in diesem Jahrhundert noch.“   Seine Worte entlockten Eren ein atemloses Lachen. „Herrisch“, kommentierte er amüsiert, tat dann aber endlich, wie ihm befohlen wurde und presste die Handfläche auf Jeans Bauch.   Erens Hand fühlte sich heiß an, so unglaublich heiß und weich und gut und richtig, während sie langsam seinen Körper entlang strich, hoch zu seiner Brust. Mit dem Daumennagel malte er einen kleinen Kreis um Jeans Nippel, bis sich eine Gänsehaut auf seinem Körper bildete und die Brustwarze hart wurde. Dann wanderte seine Hand wieder herunter.   Einige Zeit lang erkundete Eren seinen Körper mit einer Hand, dann kam schließlich die zweite dazu. Seine Hände waren so groß, als Eren sie auf seine schmale Taille legte und diese so fast vollständig umfassen konnte, entwich Jean ein erregtes Wimmern.   Gott, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn Eren ihn von hinten fickte, die Hände in einem eisernen Griff in seine Hüfte gekrallt-   „Fuck“, entkam es Jean atemlos.   Eren biss sich auf die Unterlippe. „Alles gut?“, fragte er nach und kratzte mit den Nägeln sanft seinen Bauch entlang, immer tiefer. „Oder soll ich dich hier auch anfassen?“ Hauchzart schob sich sein Daumen unter den Bund von Jeans Hose und rieb sanft über die feinen Härchen dort.   „Überall“, wiederholte Jean mit zitternder Stimme und wölbte reflexartig den Rücken durch, als Erens Handballen einmal komplett und quälend langsam über die Beule in seinem Schritt rieb.   Eren beugte sich grinsend zu ihm herunter, um ihn zu küssen, und fummelte dann blind mit dem Knopf von seiner Hose herum. „Mal sehen, ob dein Spitzname Pferd wirklich berechtigt ist.“   Jean musste lachen. „Oh?“, fragte er schelmisch nach und bohrte seine Zähne sanft in Erens Unterlippe, um an ihr zu ziehen. „Hast du schon öfter über meinen Schwanz nachgedacht, Jäger?“   „Ab und ab“, gab Eren mit funkelnden Augen zu.   Gott, dieser Typ war einfach viel zu ehrlich. Jean hätte es nicht für möglich gehalten, aber er hatte tatsächlich noch genügend Blut übrig, das sich nicht in seinem Schwanz versammelt hatte, um sein Gesicht in ein tiefes Rot zu färben.   „Fuck, Eren, du bist so…“   Ihm fehlten die Worte.   „Ich weiß“, sagte Eren und küsste ihn. „Du auch.“   Dann lehnte er sich schließlich wieder zurück, um endlich Jeans Hose zu öffnen und sein Glied hervorzuholen. Es war nur eine erste, hauchzarte Berührung, aber es genügte, um Jeans kompletten Körper zum Beben zu bringen.   „Eren“, stöhnte Jean und versteckte sein Gesicht reflexartig wieder in seiner Armbeuge.    „Hey, lass das.“ Und sofort nahm Eren wieder seinen Arm weg.   Jean warf ihm einen genervten Blick zu, doch bevor er sich beschweren konnte, hatte Eren auch schon damit angefangen, seine Hand zu bewegen und entlockte ihm so ein lautes Keuchen.   „Oh fuck“, sagte Jean und fing an, sich zu winden. „Fuck, Eren!“   „Jean, du bist so heiß“, erwiderte Eren wispernd und verharrte einen Moment an der Spitze, um mit dem Daumen über den Schlitz zu reiben, dann bewegte er die Hand wieder nach unten. „Wie du dich auf dem Bett räkelst für mich und du bist so rot, Jean. Überall. So sexy.“   Seine Handbewegungen wurden immer schneller und schneller, Jeans Stöhnen lauter und abgehackter, bis Eren plötzlich abrupt stoppte.   Schnaubend schlug Jean die Augen auf. „Eren, wenn du nicht sofort-“   „Hey, sorry, aber kannst du gerade mal eben die Nachtkommode aufmachen? Da müsste Gleitgel sein.“   Gleitgel war tatsächlich keine schlechte Idee, also ließ Jean seine Drohung unausgesprochen und kramte blind in der Schublade herum, bis er die Tube fand.   „Gleitgel also, huh“, meinte er amüsiert und warf Eren die Flasche zu. „Also sind das alles doch Wichstücher, die da auf dem Boden liegen?“   Eren streckte nur die Zunge raus, quetschte eine großzügige Menge Gel auf seine Handfläche und legte dann wieder Hand an.   Die plötzliche Kälte entlockte Jean ein Zischen und ließ ihn instinktiv zurückzucken, doch Eren drückte seine freie Hand schnell auf seinen Bauch, um ihn in Position zu behalten. „Oh nein, jetzt, wo ich dich endlich habe, bleibst du schön bei mir.“   „Gott.“ Halbherzig schlug Jean nach seinem Knie. „Du bist so peinlich“, sagte er und versuchte gar nicht erst zu verstecken, wie geschmeichelt er sich fühlte und wie hoffnungslos verknallt er doch in diesen Loser war.   Eren lächelte – ein echtes, warmes Lächeln, das Jean auch ganz warm werden ließ –, bevor er wieder anfing, seine Hand zu bewegen und Jean so ein überraschtes Stöhnen entlockte.   Gleitgel war tatsächlich eine gute Entscheidung gewesen. Eine sehr gute.   Mit gesenkten Lidern schlang Jean die Arme um Erens Schultern und zog ihn herunter, damit sie sich küssen konnten. Eren neigte den Kopf zur Seite und konzentrierte sich so sehr darauf, Jean dumm und dusselig zu küssen, dass seine Handbewegungen vollkommen stoppten.   Missmutig zog Jean die Augenbrauen zusammen. „Nicht aufhören“, wisperte er gegen seinen Mund und stieß sich in Erens Hand.   „Hm?“ Blinzelnd schlug Eren die Augen auf. „Du musst dich schon entscheiden, ich kann mich nicht gut auf mehrere Sachen gleichzeitig konzentrieren. Entweder Handjob oder knutschen.“   Jean blickte ihn ungläubig an. „Gott, du bist so eine Niete im Bett, Jäger.“ Mit einem dramatischen Seufzen drückte er Erens Gesicht weg.   Prustend strich Erens Nasenspitze seine Koteletten entlang. „Fick dich“, lachte er leise und biss ihm ins Ohrläppchen.   „Genau das machst du ja eben nicht, Eren.“   Eren grinste und küsste seine Wange. „Du bist so süß, wenn du schmollst“, neckte er ihn und fing plötzlich wieder damit an, Jean zu wichsen. Schnell. Hart.   Schweratmend schnappte sich Jean Erens freie Hand und drückte sie. „Und du bist süß, wenn du die Fresse hältst.“   „Aw“, sagte Eren. „Also findest du mich süß?“   „Klappe.“   Summend presste Eren ihre Stirnen aneinander. „Du bist wirklich süß“, wisperte er. „So süß, Jean. Guck dich nur an. Wow. Du bist so gut zu mir, womit hab ich das verdient?“   Es war ein wenig peinlich, mit welch einem intensiven Blick Eren ihn betrachtete, also kniff Jean die Augen zusammen, schnappte blind mit den Zähnen nach ihm und bekam seine Nase zu fassen.   „Wer hätte gedacht, dass du solch ein Süßholzraspler im Bett bist“, murmelte Jean und knabberte liebevoll an seiner Nasenspitze.   Er konnte nicht leugnen, dass die Komplimente runtergingen wie Öl. Jean war schließlich ein elendiger Romantiker und solch liebevolle Worte vom sonst so groben Eren Jäger zu hören?   Jean war sich ziemlich sicher, dass sein Herz noch nie so schnell und kräftig geschlagen hatte, wie in diesem Moment.   Sein ganzer Körper kribbelte, als wäre eine Armee von Schmetterlingen in seinen Bauch und als Eren dann plötzlich etwas mit seiner Hand tat, was ihn Sterne sehen ließ, gesellte sich auch noch eine andere Art von Hitze in seinen Unterleib.   „F-Fuck, Eren…“ Unruhig räkelte sich Jean auf dem Bett. „Ich glaub, ich- ah…“   Eren küsste ihn. Es war eine einfache, zarte Berührung mit leicht geöffneten Lippen, dennoch war es das, was Jean schließlich zu seinem Höhepunkt brachte.   Stöhnend klammerte er sich an Eren, zog ihn ganz nahe an sich, bis das Zittern seines Körpers schließlich langsam an Intensivität verlor.   „Shit“, entkam es ihm atemlos und langgezogen. Geschafft sackte er in sich zusammen.   Eren pumpte ihn noch einmal ganz langsam, entlockte Jean so ein letztes Zucken und Wimmern, und nahm dann die Hand von seinem schlaff werdenden Glied. „Wow, du bist echt viel gekommen, Jean“, meinte er und betrachtete die durchsichtige Flüssigkeit, die auf seinen Fingern verteilt war.   Jean zeigte ihm den Mittelfinger und strich sich dann das schweißnasse Haar aus dem Gesicht. Er beobachtete, wie Eren ekligerweise eins der zerknüllten Taschentücher vom Boden aufhob und sich damit die Finger sauber machte.   Langsam wanderte sein Blick tiefer, auf die eindeutige, riesige Beule zwischen Erens Beinen. Er leckte sich die trockenen Lippen, der Mund plötzlich wässrig. „Soll ich dir dabei helfen?“, fragte er nach und deutete auf seine Erektion.   Erens Blick folgte seinem Finger. „Nee“, sagte er, während sich ein feiner Rotschimmer auf seine Wangen legte. Ein seltener Anblick, war Eren doch schließlich so gut wie nichts peinlich. „Passt schon, ich brauch eh nicht lange.“   Jean lag ein fieser Spruch auf der Zunge, aber er wollte den Nachklang seines Höhepunkts nicht ruinieren, also ließ er seinen Mund geschlossen. Stattdessen verschränkte er einen Arm hinterm Kopf und beobachtete, wie sich Eren mit schnellen, ruckartigen Bewegungen wichste.   Er war zwar gerade erst gekommen, dennoch stellte dieser Anblick… Dinge mit ihm.   „Sieh dich nur an, Eren“, murmelte er liebevoll und streichelte ihm mit der freien Hand über den Oberschenkel.   Wie zu erwarten war er ziemlich laut, aber Jean mochte es. Es war sogar ziemlich anturnend, wie Eren immer und immer wieder seinen Namen stöhnte.   Es dauerte tatsächlich nicht allzu lange, bis sich Eren wimmernd zusammenkauerte. „Kann i-ich… Fuck, kann ich auf dir kommen?“   „Oh, Jäger…“ Jeans rechter Mundwinkel zog sich in die Höhe. „Wie unanständig von dir.“   Eren bohrte die Zähne in die Unterlippe. „Bitte, Jean?“   „Okay, ja.“ Jean leckte sich über die Zähne. „Von mir aus, solange du meine Klamotten nicht versaust.“   Das tat Eren glücklicherweise nicht und spritzte sein Sperma nur wenige Sekunden später auf Jeans Bauch und Brust. Jean erschauderte leicht.   Sie schwiegen für einen Moment, nur Erens gehetzte Atmung war zu hören, die sich langsam regulierte, bis er wieder einigermaßen normal atmete.   Jean beobachtete, wie ein Tropfen Sperma langsam seinen Hüftknochen entlang glitt und dann ins Bettlaken einsickerte. „Hat tatsächlich nicht lange gedauert. An deiner Ausdauer müssen wir eindeutig noch arbeiten, Jäger.“   „Du Arsch!“ Eren erwiderte das Grinsen, das Jean ihm zuwarf, so breit, dass sich seine süßen Lachfältchen an den Augenwinkeln bildeten. Dann beseitigte er grob die Sauerei, die sie auf Jeans Oberkörper hinterlassen hatten.   Als das erledigt war, schmiss er sich neben Jeans ins Bett und schnappte sich seine Hand.   Jean betrachtete ihn; die verschwitzten Haare, den feinen Rotschimmer auf seinen Wangen, der seine Sommersprossen nur noch deutlicher hervorstechen ließ. Das glückliche, gesättigte Grinsen auf den Lippen.   Er hätte nie gedacht, dass er einmal wissen würde, wie Eren nach einem Orgasmus aussah. Aber hier lag er nun. Mit Eren. Im Bett.   Was für eine überraschende Wende des Schicksals.   Mit einem Lächeln verschränkte er ihre Finger miteinander und hauchte einen Kuss auf Erens Handrücken.   Aber Jean konnte nicht behaupten, dass ihn diese Wende störte.   Im Gegenteil.   Er freute sich schon darauf in Zukunft Erens Hand halten zu können, wann immer er wollte.   Keine Strafen mehr.   Keine blöden Ausreden mehr.   Einfach nur Händchenhalten, weil er es wollte.   Weil sie es wollten.   Ende. Kapitel 2: Hold My Hand -zensiert- ---------------------------------- Als Jean Kirschstein das Büro des Schuldirektors betrat wusste er, dass er verschissen hatte. Richtig verschissen.   An sich war das Büro von Erwin Smith kein fremder Ort für ihn. Im Gegenteil! Der Raum fühlte sich sogar schon ganz heimelig an bei den zahlreichen Besuchen, die Jean ihm bereits abgestattet hatte.   Nein, es war der Blick in das Gesicht seines Klassenlehrers Levi Ackermann, der Jean schreckliches ahnen ließ.   Normalerweise kannte die Mimik von Ackermann nur zwei Emotionen: unendliche Müdigkeit und Entnervung. Aber gerade, in diesem Moment, meinte Jean tatsächlich so etwas wie Schadenfreude aus seinen zuckenden Mundwinkeln herauslesen zu können und das?   Das war eindeutig sein Todesurteil.   Jean presste die Lippen zusammen und boxte der Person neben sich so unauffällig wie möglich in die Seite.   Das war alles seine Schuld, verdammt!   Es war die Schuld von Eren Jäger, seines Zeichens Klassenkamerad, Rivale und manchmal sogar so etwas wie ein Freund.   Aber jetzt, wo Jean seinem Tod entgegen blickte, war das zarte Pflänzchen ihrer Freundschaft zertrampelt.   Jean war sich sicher, dass Eren ihm die Schuld in die Schuhe schieben würde, dabei war er komplett unschuldig! Es war Eren! Es war immer Eren!   „Hey!“, zischte der Grund seines verfrühten Todes und boxte zurück.   Und da sich Jean nichts gefallen ließ, boxte er auch noch einmal zurück.   Das ging so lange, bis plötzlich ein Räuspern den Raum erfüllte.   Ein einziges Geräusch, aber bei diesem allein schwang solch eine Autorität mit, dass Jean und Eren sofort die Finger voneinander ließen und in Richtung Schreibtisch blickten.   Zu ihm. Erwin Smith.   „Kirschstein. Jäger.“ Smith verschränkte die Finger ineinander und stützte dann das Kinn auf ihnen ab. „Was soll ich nur mit euch machen. Wir haben schon so viel probiert. Nachsitzen. Suspendierung. Gespräche mit euren Eltern. Aber nichts scheint zu fruchten.“   Jean biss sich auf die Zunge.   Seufzend massierte Smith sich die Schläfe. „Euer Klassenlehrer Ackermann und ich haben uns viele Gedanken über euch gemacht und lange diskutiert. Sogar ein Klassenwechsel ist eine Zeit lang im Gespräch gewesen.“   Übelkeit breitete sich bei diesem Vorschlag in Jeans Magengegend aus. Ein Klassenwechsel…? Nein, das war für ihn keine Option, ganz bestimmt nicht! Er liebte seine Klasse, all seine bescheuerten Freunde waren hier und er wollte unbedingt bei ihnen bleiben!   Andererseits wusste er, dass seine andauernden Diskussionen und Handgreiflichkeiten mit Eren den Unterricht störten. Dennoch, Jean wollte bleiben! Und selbst Erens Wechsel in eine andere Klasse würde den Unterricht nur noch halb so unterhaltsam machen!   Schule war ätzend, irgendwie musste man sie sich ja erträglich gestalten und sich über Erens dumme Antworten im Unterricht lustig zu machen gehörte definitiv dazu!   Aus den Augenwinkeln blickte er zu Eren herüber. Das verkrampfte Ballen seiner Fäuste machte deutlich, dass auch er nicht gerade angetan war von der Idee eines Klassenwechsels.   Zumindest in diesem Punkt waren sie sich einmal einig.   „Aber ein Klassenwechsel sollte nur die letzte Option sein“, meinte Smith schließlich und ließ die Hand fallen. „Eine Notlösung, wenn alles andere nicht funktioniert. Wir haben uns entschlossen, euch noch eine letzte Chance geben.“   Fast in Union atmeten Jean und Eren erleichtert aus.   „Und dafür haben wir uns eine besondere Bestrafung überlegt. Eine Methode, die vielleicht ein wenig… unorthodox erscheint.“   Und schon zogen sich Jeans Schultern wieder ängstlich in die Höhe.   „Die Methode kommt aus den USA“, meinte Ackermann und öffnete den Ordner, der sich in der Mitte des Schreibtisches befand, „und scheint dort ziemlich gute Erfolge erzielt zu haben.“   Aus den USA… Gott, das konnte ja nur irgendein Scheiß sein…   „Also werden wir es jetzt auch mit euch Rotzbengeln ausprobieren.“ Mit dem Hauch eines Schmunzelns auf den dünnen Lippen knallte Ackermann ihnen einen Zeitungsartikel vor die Nase.   Jeans Blick fiel sofort auf das große Foto in der Mitte. Auf das Foto von zwei Jungs, die… Die…   „Uh“, war das einzige, was er sagen konnte.   „Was soll das sein?“, wollte Eren wissen und verengte die Augen.   „Das ist eure Bestrafung“, erkläre Smith.   Blut schoss Jean mit solch einer Geschwindigkeit in den Kopf, dass ihm schwindelig wurde und er sich am Tisch festhalten musste. „Bitte WAS?!“, konnte er quiekend hervorbringen.   „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Sensei!“, platzte es aus Eren heraus.   Aber es war ihr Ernst.   Und so fanden sich Jean und Eren in der Mittagspause schließlich im Hof wieder. Vor ihnen? Zwei Stühle.   Noch nie hatte der Anblick zweier Stühle bei Jean solch eine Panik ausgelöst wie in diesem Moment.   Jean sah zu Eren.   Eren blickte zurück.   Keiner von ihnen bewegte sich.   Ein genervtes Zungenschnalzen war hinter ihnen zu hören. „Bloß nicht schüchtern werden“, grummelte Ackermann und schubste sie in Richtung Stühle. In Richtung Untergang. „Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“   Jean zögerte noch einen klitzekleinen Moment, dann ließ er sich schließlich mit einem dramatischen Stöhnen auf einem der Stühle nieder. Eren tat es ihm gleich.   Ackermanns rechte Augenbraue zuckte. Eine eindeutige Warnung. „Habt ihr nicht was vergessen, ihr Bengel?“   Jean wusste, dass egal, wie lange sie auch zögerten, sie würden ihrer Strafe nicht entgehen können. Also entschloss er, nun einfach seinen Mann zu stehen. Er würde es tun, er würde den ersten Schritt machen und zeigen, dass er keine Angst hatte, dass er-   Eine Hand traf ihm quer ins Gesicht.   „Fuck!“ Fluchend rieb sich Jean die nun schmerzende Nase. „Du Arsch!“   Erens Finger wackelten. „Nimm“, befahl er, ohne Jean anzuschauen. Oder auch nur generell in seine Richtung zu sehen. Stattdessen war sein Blick stur auf seine schwarzen Chucks gerichtet.   Jean knirschte mit den Zähnen. Verdammt, er wollte den ersten Schritt machen! Immer musste dieser verdammte Kerl ihm einen Strich durch die Rechnung machen.   „Nimm deine eklige Patschehand aus meinem Gesicht“, brummte er schließlich niedergeschlagen und nahm Erens Hand in seine.   Das war sie.   Ihre Strafe.   Händchenhalten.   Mitten im Hof.   Vor all den anderen Schülern.   Für eine verfickte halbe Stunde.   Jean wollte sterben und das nach nicht einmal zehn Sekunden.   Ackermann seufzte. „Na endlich. Ich komme in einer halben Stunde wieder. Wagt es euch gar nicht erst, bis dahin die Hände loszulassen. Hier sind genug Zeugen.“   Hitze schlich sich in Jeans Wangen, als er die ersten Schüler lachen hörte. Ja, genug Zeugen gab es hier definitiv.   Fuck.   Jean hasste alles.   Vielleicht sollte er einfach die Schule wechseln. Dann gab es keine Streitereien mehr und vor allem gab es dort niemanden, der ihn damit aufziehen konnte, dass er gerade Händchen mit Eren Fucking Jäger hielt.   Ihr Arschloch-Lehrer verabschiedete sich und dann waren es nur noch Jean, Eren… und gefühlt die halbe Schule, die in einem Kreis um sie herum stand und tuschelte.   Und am lautesten von ihnen allen?   Connie Springer. Natürlich.   „Oi, oi, oi, was seh ich da? Ein verliebtes Ehepaar!“, gackerte er schrill und stellte sich mit einem fetten Grinsen vor sie. „Ist irgendjemand von dieser Entwicklung überrascht? Also ich sicherlich nicht!“   „Schnauze, Connie!“, fuhren ihn Jean und Eren gleichzeitig an.   Sie warfen sich einen Blick zu.   Doch das ließ Connies Gelächter nur noch lauter werden. „Ihr redet sogar schon synchron, wow!“   „Ihr seid ein süßes Pärchen!“, mischte sich nun auch noch Sasha Blouse ein und schob sich eine Hand voll Pommes in den Mund. Das hielt sie allerdings nicht davon ab, ungeniert weiter zu sprechen: „Glückwünsch!“   Jeans Körper fing an zu zittern. Vor Wut. „Sagt mal, seid ihr echt so bescheuert oder tut ihr nur so?!“, zischte er ihnen aufgebracht zu. Unbewusst fing er an, Erens Hand zu quetschen, bis der Braunhaarige ihm mit einem „Autsch“ auf den Fuß trat.   Jean warf ihm einen giftigen Blick zu, lockerte seinen Griff aber, und richtete seine Aufmerksamkeit stattdessen wieder auf das Idioten Duo. „Wir machen das nicht freiwillig, das ist eine Strafe, verdammte Scheiße!“   „Klar“, meinte Connie und zwinkerte. „Eine Strafe, huh.“   „Es ist eine Strafe!“, bestätigte nun auch Eren nochmal lauthals.   „Uhuh“, machte Sasha und holte ihr Smartphone aus der Hosentasche. „Eine Strafe.“   Jean schwante Böses, als er beobachtete, wie fettverschmierte Finger auf dem Display herum tippten. „Kartoffelfresse. Wag es dich nicht.“   Doch Sasha grinste nur, die Mundwinkel voller Salz, und richtete das Handy auf sie. „Sagt Cheese!“   „Fick dich!“, brüllte Jean und legte seine freie Hand blitzschnell über sein Gesicht, während Eren sein Gesicht mit einem „Lass den Scheiß, Mann!“ in seinem Ellbogen versteckte.   Das laute Klicken eines Schnappschusses war zu hören. „Aw“, sagte Sasha unverständlich, das Maul wahrscheinlich schon wieder voller Pommes, „wie unhöflich. Aber ich denk, man kann euch trotzdem ganz gut erkennen. Oder was meinst du, Connie?“   Jean fletschte die Zähne. „Glaub mir, Sasha, wenn ich mit dir fertig bin, wird man dich ganz sicher nicht mehr erkennen!“   Er konnte Eren schnauben hören. „Lach nicht!“, fuhr Jean ihn an und quetschte abermals hart seine Hand. „Du bist genauso Opfer wie ich!“   Einige Minuten lang waren sie noch die Hauptattraktion des Pausenhofes, bis schließlich langsam, aber sicher tatsächlich Ruhe einkehrte. Die Paparazzi waren alle erfolgreich verjagt worden, nur noch in mehreren Metern Entfernung standen einige Schüler, die sie beobachteten und über sie tuschelten.   Das war… aushaltbar.   Nicht schön, aber Jean würde es überleben.   Irgendwie. Hoffentlich.   Aber dadurch war nun ein neues Problem entstanden: die Stille.   Jetzt, wo es keine Schaulustigen mehr zu beleidigen gab, hatten sie beide nichts mehr zu sagen.   Und das wiederum bedeutete, dass Jeans Tastsinn auf einmal beschloss, sich in den Vordergrund zu drängen und ihm mit einem Schlag bewusst werden ließ, was er hier doch eigentlich gerade tat.   Händchenhalten mit Eren Jäger.   Das erste, was Jean bewusst wahrnahm, war wie unglaublich weich Erens Haut doch war. Viel zu weich für jemanden, der fast wöchentlich in Prügeleien verstrickt war.   Warm war seine Hand auch. Zu warm. Jean konnte spüren, wie seine Handfläche anfing zu schwitzen. Eklig, aber da musste er nun durch.   Und dann war da noch die Art und Weise, wie Erens Daumen über seinen Handrücken rieb.   Eine überraschend… zärtliche Geste. Jean wusste nicht, ob sich Eren dessen überhaupt bewusst war… Wahrscheinlich nicht. Sie sprachen hier schließlich von Eren, die Knalltüte konnte nie ruhig sitzen, er musste sich immer irgendwie bewegen.   Dennoch war es ablenkend, also beschloss Jean, das Schweigen zu brechen. Einfach, um auf andere Gedanken zu kommen und nicht mehr so fokussiert darauf zu sein, wie sich Erens Hand in seiner anfühlte.   „Wollen wir Stille Post spielen?“   Eren, der mit abweisendem Blick in den Himmel gestarrt hatte, neigte den Kopf in seine Richtung. Seine Mundwinkel zuckten. „Du bist so dumm, Kirschstein“, sagte er, drückte aber seine Hand.   Jean drückte zurück. „Nicht so dumm wie du, der uns die ganze Scheiße hier erst eingebrockt hat.“   Sofort wichen die Anzeichen von Humor aus Erens Mimik und stattdessen schlich sich Hitze in seine grünen Augen. „Ich?! Das war alles deine Schuld, Pferdegesicht!“   „Stimmt doch gar nicht!“   „Natürlich!“   Die Diskussion ging so lange weiter, bis Ackermann sie eine Viertelstunde später von ihrer Strafe erlöste und damit drohte, sie direkt nochmal eine halbe Stunde hier sitzen zu lassen, wenn sie nicht endlich Ruhe gaben.   Ihr Streit geriet also schnell wieder in Vergessenheit, aber die Erinnerung daran, wie unglaublich weich Erens Haut doch war, ging Jean den restlichen Tag über nicht mehr aus dem Kopf.     ~xXx~     „Sensei, warum schon wieder?!“, jammerte Eren, als ihr Klassenlehrer sie einige Tage später wieder zu den beiden Stühlen führte.   „Weil ihr einfach nicht lernt“, war die genervte Antwort.   Jean zog missmutig die Mundwinkel herunter. „Die Strafe hat schon beim ersten Mal nicht geholfen, wieso sollte sich jetzt etwas ändern?!“   „Kirschstein, halt einfach die Klappe.“   Jean öffnete den Mund, aber da Ackermann immer noch ihr Lehrer und eine Autoritätsperson war, schloss er ihn stattdessen wieder und ließ sich demotiviert auf den Stuhl plumpsen. Da Eren bereits saß, schnappte er sich stillschweigend seine Hand und warf einen Blick auf die Uhr.   Ackermann tat es ihm gleich. „Halbe Stunde, wie letztes Mal. Um 13 Uhr seid ihr entlassen.“   „Jaja“, murmelte Jean, als ihr Lehrer außer Hörweite war und fuhr sich seufzend durchs Haar.   Zumindest wurde ihnen dieses Mal nicht mehr so viel Beachtung geschenkt wie beim ersten Mal. Aber das war auch kein Wunder, denn so wie es aussah war dieses bescheuerte Händchenhalten zur Lieblingsbestrafung der Lehrer geworden. Jean hatte in den letzten Tagen einige Schüler auf diesen Stühlen wiederfinden können, Hand in Hand.   Alles Sadisten, der ganze Haufen.   „Verdammt, warum ausgerechnet heute.“ Mit einem genervten Seufzen zupfte Jean an dem schwarzen Knopf in seinem Ohrläppchen herum. „Ich hab extra meine Switch mitgenommen, weil ich die Pause zum Zocken nutzen wollte.“   Sofort richtete sich ein Paar grüner Augen neugierig auf ihn. „Welches Spiel?“   „Fire Emblem: Three Houses.“   „Oh, hey, das spiel ich momentan auch!“ Aufgeregt drehte sich Eren mehr in seine Richtung. „Achtung, wichtige Frage“, meinte er und zeigte mit verengten Augen auf Jean. „Welches Haus hast du gewählt?“   „Blue Lions natürlich.“   „Ernsthaft? Ich auch!“ Grinsend hielt Eren seine freie Hand in die Luft. „High Five, Alter!“   Schnaubend schlug Jean ein. „Ich bin überrascht, ich hätte dir gar nicht so viel Geschmack zugetraut, Jäger“, meinte er mit einem Schmunzeln. „Ich mein, wer solch einen scheußlichen Beanie trägt, kann doch nur an Geschmacksverirrung leiden.“   Jean zupfte an der roten Kopfbedeckung herum und zog sie Eren schließlich über die Augen. Gott, die Farbe war tatsächlich grässlich! Ein einzelner Blick und die Intensivität des Rottons ließ einen schon fast erblinden!   „Fick dich, Arschloch!“ Knurrend zog Eren den Beanie wieder so weit nach oben, dass er Jean mit einem giftigen Blick strafen konnte. Dann streckte er ihm die Zunge heraus.   „In deinen Träumen, Jäger.“   „Ja, in meinen Albträumen vielleicht.“   Jean quetschte seine Hand.   „Fuck, autsch! Gott, deine Hände sind so knochig!“ Mit gerunzelter Stirn hielt Eren ihre Hände vor seine Augen und inspizierte sie. „Hast du überhaupt Fleisch an den Knochen?!“   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus seiner Nase aus. „Besser als so fette Wurstfinger wie du zu haben!“   „Hey, pass lieber auf, sonst schieb ich dir diese ‚Wurstfinger‘ in den Arsch, Penner!“ Erens abgeknabberten Fingernägel bohrten sich in Jeans Handrücken und entlockten ihm ein schmerzvolles Zischen. Dann entspannte er seinen Griff wieder und betrachtete ihre Hände aus verschiedenen Blickwinkeln.   „Mir ist vorher nie wirklich bewusst gewesen, wie arschblass du doch eigentlich bist“, murmelte Eren und drehte ihre Hände so, dass ihre Handflächen nun aneinander gepresst waren.   Jean selbst würde zwar behaupten, dass er eine vornehme Blässe hatte, aber im Kontrast zu Erens gebräuntem Teint glich seine eigene Hautfarbe doch tatsächlich einem Geist.   Viel interessanter fand Jean allerdings, dass Erens Hand im Vergleich zu seiner so viel größer war. Es war unfair, war er doch schließlich gut einen halben Kopf größer als der Braunhaarige, aber dennoch waren seine Finger länger und breiter, auch seine Handfläche war größer als die von Jean.   „Huh“, machte Eren. „Anscheinend ist dein Gesicht das einzige, was an dir lang ist. Deine Finger sind ja winzig!“   Es war dumm, sich über so eine blöde Aussage aufzuregen, aber dennoch konnte Jean nicht anders. „Oh, wenn du wüsstest, Jäger. Bei mir sind noch so einige Dinge richtig lang.“   „Deine Nase auf jeden Fall, das stimmt.“   „Ach, halt doch einfach deine dämliche Fresse, Bastard!“   Das tat Eren sogar tatsächlich, zumindest so lange, bis seine Inspektion abgeschlossen war. „Du hast Hände wie ein Mädchen“, war Erens abschließendes Urteil, bevor er ihre Hände senkte und zwischen ihren Stühlen herunterhängen ließ.   Jean folgte der Bewegung mit den Augen und beobachtete, wie Eren kurz darauf anfing, ihre Hände hin- und herzuschaukeln. „Selbst Mikasa hat männlichere Hände als du.“   „Laber keinen Scheiß, Mann.“ Verärgert Jean spannte den Kiefer an. „Wer von uns hat denn bitte superweiche Hände wie ein Mädel, huh?! Das bist ja wohl du!“   Eren blinzelte überrascht. „Ich hab doch keine weichen Hände.“   „Natürlich! Glaub mir, Jäger, ich hab schon mit einigen Kerlen Händchengehalten und niemand von denen hatte auch nur ansatzweise so weiche Hände wie du!“   Erens Augen wurden groß. Noch größer, als sie eh schon waren und das war der Zeitpunkt, wo es Jean dämmerte. Dass er gerade einen riesengroßen Fehler begangen und sich um Kopf und Kragen geplappert hatte.   „Fuck.“   Innerhalb von einer einzelnen Sekunde fing sein komplettes Gesicht an zu glühen. So strahlend rot, dass es selbst Erens bescheuerten Beanie in den Schatten stellte. Dennoch griff Jean mit zitternden Fingern nach dem hässlichen Teil und zog sich den Beanie so tief wie es ging über das eigene Gesicht, um seine Scham so gut wie möglich zu verstecken.   Eren schwieg einen Moment lang und dann: „Du hast schon öfter mit Kerlen Händchengehalten?“   Jean zog den Beanie noch tiefer und hoffte, dass sich im Inneren vielleicht ein schwarzes Loch befand, das ihn in eine andere Dimension ziehen würde, aber nichts. Er ließ einen tiefen Atemzug aus. „… Vielleicht.“   „Hey. Jean.“ Eren klang so ungewohnt ernst, dass Jean beinahe in Versuchung geriet, einen Blick auf seine Mimik zu riskieren. Aber nur beinahe. „Dir ist schon klar, dass mir scheißegal ist, ob du schwul bist, oder? Oder bi oder was auch immer.“   Jean kaute auf seiner Unterlippe herum. Eren Jäger war vieles; laut. Nervig. Stur. Aber diskriminierend, das war er nicht und das wusste Jean. Also ließ er nach einigen Augenblicken ein Seufzen aus.   „Schwul“, stellte er murmelnd klar.   „Ah. Cool.“   Und das war’s. Mehr hatte Eren tatsächlich nicht zum Thema zu sagen, also entspannte sich Jean langsam wieder und lockerte seine Schultern, die er irgendwann defensiv hochgezogen hatte. Und als Eren dann auch noch die Hand auf seinen Kopf legte und den Beanie wieder so weit hoch zog, dass Jeans Augen zu sehen waren, ließ er es zu.   Eren grinste, als sich ihre Blicke trafen und lehnte sich wieder zurück. „Aber hey, falls es dich beruhigt, ich bin auch nicht hetero. … Denk ich zumindest, keine Ahnung.“   Oh? Das hatte Jean noch nicht gewusst, dennoch war Erens Aussage ziemlich… vage. „Also bist du bi?“, fragte er nach und hob eine Augenbraue.   Eren zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung“, wiederholte er. „Ist mir aber auch egal. Ich leg mich nicht gern fest und ich hasse Schubladendenken. Ich bin ein freier Mensch, ich kann sein, was ich will. Ich kann mögen, wen oder was ich will. Mal mag ich Mädchen. Mal mag ich Jungs. Mal mag ich was anderes. Ich mag die Person und nicht das Geschlecht.“   Solch eine offene Denkweise hatte Jean ihm gar nicht zugetraut, aber es gefiel ihm. Es gab schließlich immer noch genug Mobbing auf dieser scheiß Welt wegen so unbedeutenden Sachen wie die Sexualität oder dem Geschlecht.   Jean summte nachdenklich. „Also am ehesten pansexuell“, meinte er.   „Kein Plan, aber ja, kann sein.“   Jean neigte den Kopf zur Seite und betrachtete ihn, beobachtete, wie Eren mit den Fingern seiner freien Hand auf seinem Oberschenkel trommelte. „Wow“, meinte er schließlich und schnaubte. „Wer hätte gedacht, dass ich tatsächlich mal eine anständige und ernste Diskussion mit dir führen kann?“   Missmutig zog Eren die Mundwinkel herunter. „Was soll das denn heißen? Wir führen in Politik doch andauernd Diskussionen!“   „Diskussionen nennst du das?! Du brüllst doch immer nur rum wie ein Irrer, weil du nicht akzeptieren kannst, dass ich Recht habe!“   „Du hast aber eben nicht immer Recht!“, erwiderte Eren mit erhöhter Lautstärke.   „Da, du machst es schon wieder. Ganz ehrlich, merkst du eigentlich nicht mehr, dass du immer nur am Brüllen bist? Hast du dich selbst taub gemacht mit deiner Stimme? Aber wie auch immer, ich will mich jetzt nicht schon wieder mit dir streiten, verdammt, wir hatten gerade einen Moment!“   „Einen Moment“, wiederholte Eren.   „Ja, Eren, einen Moment. Also mach ihn nicht kaputt.“   Seufzend fuhr sich Jean durchs Haar.   Fakt war, dass es tatsächlich hauptsächlich Diskussionen im Unterricht waren, die für ihre „Strafen“ verantwortlich waren. Sie waren beide so stur und hitzköpfig, dass ihre Gespräche früher oder später in Gebrüll und Beleidigungen endeten.   Aber das hier? Das war angenehm. Jean mochte es.   So sehr sogar, dass sie tatsächlich die ganze Pause über durchquatschten.   Ganze sechzig Minuten.   Hand in Hand.   Als den beiden dies beim Läuten der Pausenglocke bewusst wurde, war Jean so komplett durch den Wind, dass ihm erst zuhause auffiel, dass er immer noch Erens grässlichen roten Beanie auf dem Kopf trug.     ~xXx~     „Meine Fresse, wenn ihr Händchenhalten wollt, dann macht es doch einfach ohne euch vorher an die Gurgel zu gehen.“ Seufzend massierte sich Ackermann die Schläfe und deutete auf die beiden Stühle. „Ihr kennt das Prozedere. Ich hau ab. Gott, diese Jugend von heute.“   Jean spürte, wie seine Ohren warm wurden.   Okay, vielleicht provozierte Eren ihn in letzter Zeit ein wenig mehr als sonst.   Und okay, vielleicht rastete Jean ein wenig schneller aus als üblich.   Aber das hieß doch noch lange nicht, dass sie es absichtlich taten, nur, um diese dämliche Strafe zu erhalten!   Nein, Jean und Eren hatte schon vor Ewigkeiten klargestellt, dass diese Bestrafung bescheuert und sinnlos war.   Sie waren beide halt Hitzköpfe, da passierte es nun schon einmal, dass sie aneinander gerieten.   So einfach war das!   Eren jedoch schien sich an den Worten ihres Klassenlehrers nicht zu stören und pflanzte sich direkt hin, die Hand abwartend in Jeans Richtung gestreckt, während er sich bereits den Mund fusselig redete über irgendeinen Konzert, das er gestern mit Mikasa besucht hatte.   Wahrscheinlich wieder irgendeine dieser dämlichen Screamo Bands, auf die er so stand.   Denn natürlich würde Eren Schreihals Jäger auf Screamo stehen. Natürlich.   Seufzend setzte auch Jean sich hin und ergriff seine Hand.   Die Hand, die er in diesem Monat bereits so oft gehalten hatte, dass er es schon gar nicht mehr zählen konnte.   Die Hand, die er inzwischen fast so gut kannte wie seine eigene.   Und genau deswegen bemerkte Jean auch sofort, dass etwas anders war, als Erens Daumen geistesgegenwärtig über seinen Handrücken strich.   Er spürte… Rauheit.   Irritiert runzelte Jean die Stirn. „Was hast du gemacht?“, wollte er wissen und zog ihre Hände näher an sein Gesicht.   „Ey, du Arsch, unterbrech mich nicht einfach, ich war am Reden!“, beschwerte sich Eren beleidigt.   „Du kannst gleich weiter labern“, meinte Jean beschwichtigend. „Ich will nur erstmal wissen, was du gemacht hast. Deine Finger fühlen sich so rau an.“   Eren starrte ihn perplex an. „Echt? Das merkst du?“   Irgendwie stieg bei diesem geschockten Blick Wärme in Jeans Wangen. „Was? Ist doch normal, ich halte deine blöde Hand gerade schließlich nicht zum ersten Mal.“   „Hm, ich schätze.“ Eren blickte auf ihre Hände. „Ich hab angefangen, Gitarre zu spielen.“   „Ernsthaft?“ Überrascht hob Jean beide Augenbrauen. „Seit wann?“   „Ernsthaft“, bestätigte Eren grinsend. „Noch nicht lange, erst seit ein paar Tagen. Ich hab’s mit dem kleinen Plektrum-Teil da versucht, aber ich komme damit nicht klar, also benutze ich meine Finger.“   „Was für eine Art Gitarre?“   „Akustik, aber wenn ich irgendwann mal richtig spielen kann, will ich auf E-Gitarre wechseln.“   Eren und E-Gitarre? Das war keine gute Kombination. Oder eher, das war keine leise Kombination. Jean schnaubte. „Deine Nachbarn tun mir jetzt schon leid.“   „Fresse! Ich bin echt gar nicht mal so schlecht für einen Anfänger, das meint sogar Mikasa!“   „Ja. Klar.“   „Ich mein’s ernst! Soll ich’s dir beweisen?“   „Bitte nicht, ich brauch meine Ohren noch.“   Eren boxte ihm mit ihren verschränkten Händen gegen die Brust. „Blöder Wichser.“   Jean seufzte nur müde. „Ich brauch eine Kippe“, teilte er ihm mit. „Die Matheklausur hat mein Gehirn total gefickt.“   Eren hob eine Augenbraue. „Ich dachte, du rauchst nicht mehr?“   Jean hatte dem Rauchen tatsächlich vor einigen Monaten abgeschworen, aber manchmal… Manchmal war diese leise Stimme in seinem Kopf, die nach Nikotin bettelte, immer noch zu hören. „Heute ist eine Ausnahme.“   „Willst du eine von mir haben?“   „Rauchst du nicht diesen Menthol-Mist?“ Jean kräuselte die Nase.   „Das ist kein Mist! War ja nur ein Angebot, du musst es nicht annehmen. Eigentlich hast du eh keine Kippe verdient.“   „Boah, Eren, geh mir nicht auf den Sack. Ich hab jetzt echt keinen Nerv für den Scheiß.“   Eren betrachtete ihn, die Augenbrauen immer noch erbost zusammengezogen, bis sich seine Mimik langsam entspannte. Vielleicht hatte er die Müdigkeit in Jeans Körper gesehen. Oder vielleicht lag es daran, dass Jean ihn tatsächlich bei seinem Vornamen genannt hatte, was er sonst so gut wie nie tat. Auf jeden Fall musste er irgendetwas in Jean gesehen haben, dass seine Züge erweichen ließ.   „Kippe?“, fragte er nochmal nach, die Stimme beinahe sanft.   Jean entwich ein Seufzen. „Kippe“, bestätigte er und rieb sich mit der freien Hand übers Gesicht. „Obwohl ich gar nicht weiß, ob ich die mit links überhaupt anständig gehalten bekomme ohne mich zu verbrennen. Meine linke Hand ist wie so ein toter Fisch, die kann gar nichts.“   Eren musste lachen und bückte sich, um einhändig seine Schachtel Zigaretten aus seinem Rucksack hervorzukramen. „Welch ein Glück, dass ich eine freie rechte Hand hab, huh? Lass uns die Kippe teilen.“   Jean beobachtete, wie Eren mit angestrengter Miene versuchte die Schachtel zu öffnen und kläglich dabei versagte. Schmunzelnd lehnte sich Jean herüber und half ihm. „Wie gut nur, dass ich eine freie linke Hand hab, huh?“, neckte er ihn.   Eren streckte die Zunge heraus und schaffte es nun Dank ihrer Teamarbeit tatsächlich, einen Zigarettenstängel herauszuziehen.   Eigentlich war es bescheuert, wie kompliziert sie die ganze Geschichte angingen. Es war ja nicht so, als ob sie unter strenger Beobachtung standen, niemandem würde auffallen, wenn sie ihre Strafe für ein, zwei Minütchen unterbrachen.   Aber sie waren stur. Beide. Sie mochten die Herausforderung und wenn es ein gemeinsames Ziel gab, dann konnten sie sogar überraschend gut zusammenarbeiten. Das wurde auch Jean bewusst, als er sich die Zigarette zwischen die Lippen steckte und Eren sie für ihn anzündete.   Er schloss die Augen und nahm einen tiefen Zug, nur, um gleich darauf angewidert das Gesicht zu verziehen. „Gott, schmeckt das scheiße“, nuschelte er und fluchte, als ihm die Kippe dabei fast aus dem Mundwinkel fiel.   „Du schmeckst scheiße“, konterte Eren sehr reif und entfernte die Zigarette, um sich nun selbst einen Zug zu gönnen.   Jean fuhr mit der Zunge über seine Unterlippe. Pfefferminz. Aber in eklig. „Jetzt, wo ich den Scheiß rauche, auf jeden Fall.“   „Meine Fresse, du bist auch nie zufrieden, du Diva.“ Seufzend tippte Eren etwas Asche ab. „Du musst sie nicht rauchen, wenn du sie so schrecklich findest. Niemand zwingt dich dazu, Mann. Ich wollte nur nett sein.“   „… Ich weiß.“ Jean seufzte ebenfalls und drückte Erens Hand. „Ich will trotzdem noch einen Zug. Oder zwei oder drei. Egal, solange ich diese beschissene Klausur aus meinem Kopf bekomme.“   Eren grinste ihn an und pustete etwas Rauch aus seinem Mundwinkel. „Mach schön ‚Ahhh‘“, flötete er und fuchtelte mit der Zigarette vor Jeans Gesicht herum. „Hier kommt das Vögelchen!“   „Du hast sie echt nicht mehr alle, Jäger, ich glaub, das Menthol ist dir aufs- hmpf!“   Eren lachte nur, als Jean fast verreckte, da ihm die Kippe gewaltsam in den Mund geschoben wurde.   Schweigend teilten sie den Rest der Zigarette auf, bis schließlich nur noch ein Stummel übrig war. „Du hast die Ehre, den letzten Zug zu nehmen“, meinte Eren feierlich und hielt ihm die Zigarette hin. Jean kam ihm entgegen.   Allerdings war diese inzwischen so kurz gebrannt, dass Jeans gespitzten Lippen unweigerlich Erens Finger berührten. Beinahe wie bei einem Kuss.   Die Haut schmeckte größtenteils nach der Menthol-Zigarette, dennoch konnte Jean aber auch einen Hauch von Salz und irgendetwas anderem wahrnehmen.   Es war… seltsam, aber nicht unbedingt… schlecht.   Jean mochte Erens Hände.   Er mochte, wie groß und kräftig sie waren, aber dennoch weich.   Er mochte, wie gut sie in seine eigene Hand passten.   Er mochte, wie sie sich gegen seine Lippen gepresst fühlten.   Klar, Erens Hände hatten auch Nachteile. Jean bekam sie viel zu oft ab, wenn sie zu Fäuste geballt waren, und auch die Art und Weise, wie Eren beim Reden so wild mit ihnen gestikulierte war mehr als nur ein bisschen nervig.   Aber alles in allem musste Jean gestehen, dass er in den letzten Woche eine gewisse… Zuneigung für sie entwickelt hatte.   Deswegen löste dieser „indirekte Kuss“ auch solch ein ungewohntes und überraschendes Kribbeln in seinem Bauch aus, dass Jean sich am Rauch verschluckte und anfing zu husten.   Eren wich daraufhin erschrocken zurück und ließ den Stummel mit einem Fluchen fallen, als er sich an der Glut verbrannte. „Super gemacht, Pferdegesicht, du hast den letzten, den besten, Zug versaut. Glückwunsch.“   „Fick dich!“, röchelte Jean und rieb sich die Tränen aus dem Gesicht. Sein Gesicht war komplett rot angelaufen. „Außerdem ist der, ugh, der erste Zug der beste.“   „Du hast keine Ahnung, Mann.“ Kopfschüttelnd trat Eren die Zigarette aus und lachte, als er die Rötung in Jeans Gesicht sah. „Gott, du siehst aus wie Tomate, haha! Da fällt mir ein, was ist eigentlich mit meinem Beanie?! Den hast du doch noch, krieg ich den auch irgendwann mal wieder?“   Das stimmte, den hatte Jean tatsächlich noch. Warum? Das konnte er nicht sagen. Vielleicht, um Eren zu ärgern.   „Zu spät, das Scheißding liegt schon längst im Müll.“   „Kirschstein. Wenn das stimmt, dann-“   „Oh mein Gott, entspann dich, du Trottel. Die liegt irgendwo zuhause rum, muss ich mal suchen.“   „Tsk.“ Eren schnalzte mit der Zunge. „Hey, du kommst am Samstag auch mit Armin und Co. in den Vergnügungspark, oder? Dann gib sie mir da wieder.“   Ah. Ja, stimmt, da war ja etwas.   Jean hatte keine Ahnung, was ihn geritten hatte, um diese Einladung tatsächlich anzunehmen. Wahrscheinlich hatte ein Dämon für einen kurzen Augenblick Besitz von ihm ergriffen.   Armin war zwar ein Freund von ihm, aber tatsächlich hatten sie sich noch nicht allzu oft in ihrer Freizeit getroffen. Wenn, dann eigentlich nur, um gemeinsam zu büffeln.   Und dann war da natürlich auch noch Eren dabei, den Jean noch nie außerhalb ihrer Schulzeit getroffen hatte.   Nachdenklich befeuchtete Jean seine Lippen und nickte.   Das würde definitiv… interessant werden.     ~xXx~     Jägermeister: yoo   Jean staunte nicht schlecht, als er sein Smartphone entsperrte und ihn auf einmal dieser ziemlich eindeutige Name in seinen Chats begrüßte. Jägermeister. So einen bescheuerten Namen konnte sich nur einer geben…   Trotzdem tippte Jean das Profilbild an, um sicherzugehen und jepp; große, grüne Augen, ein fettes Grinsen, zerzaustes braunes Haar. Das war eindeutig Eren Jäger. Aber wie kam der Kerl an seine Nummer?!   Sie waren nie gut genug miteinander befreundet gewesen, um Nummern auszutauschen. Obwohl, einmal hatte Eren tatsächlich seine Nummer von Armin, dem Verräter, bekommen, aber Jean war sich sicher, dass er ihn damals blockiert hatte…   TheOneAboveAll: Oh nein   Jägermeister: oh doch lol   TheOneAboveAll: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dich blockiert hab?!   Jägermeister: LOL   Jägermeister: meine alte nummer vllt :-P   Oh Gott, Eren benutzte tatsächlich Smileys mit Nase. Smileys. Mit Nase. Solch eine Widerlichkeit hätte eigentlich sofort wieder ein Blockieren verdient.   TheOneAboveAll: Wie bist du überhaupt an meine Nummer gekommen?   TheOneAboveAll: Ist Armin mir wieder in den Rücken gefallen, der Penner?!   Jägermeister: nah   Jägermeister: habs von der klassengruppe lol   TheOneAboveAll: Das ist tatsächlich überraschend intelligent von dir gewesen, Jäger, ich bin beeindruckt   Jägermeister: fuuuu   Jägermeister: blockierst du mich jetzt wieder   Das war tatsächlich eine sehr gute Frage… Jean runzelte die Stirn. Damals, als er Eren blockiert hatte, war ihre Rivalität am größten gewesen, aber inzwischen… Inzwischen hatte sich die ganze Geschichte ein wenig entspannt.   Zum Glück! Jean wusste nicht mehr, wie viele Halsbonbons er damals lutschen musste, weil das Gebrülle mit Eren ihn regelmäßig heiser gemacht hatte…   TheOneAboveAll: Ich weiß nicht, sollte ich?   Jägermeister: nee   Jägermeister: ich mein wir sind freunde oder nicht   Freunde… Jean biss sich auf die Unterlippe. Er und Eren. Befreundet. Ein befremdlicher Gedanke.   Seufzend rieb er sich das Gesicht. „Befreundet mit Eren fucking Jäger.“   Wann genau war das passiert? Jean wusste es nicht. Es war wohl irgendwie schleichend passiert in den letzten Tagen und Wochen, in denen sie Händchenhaltend die Pause verbracht hatten.   Eren sah ihn wirklich als Freund an und das löste Dinge in Jean aus, die er nicht beschreiben konnte. Dinge, die er lieber ignorieren wollte, also beschloss er, die sicher Variante zu nehmen.   „Du bist so ein Schisser, Kirschstein“, murmelte er mit einem Seufzen und tippte seine Antwort.   TheOneAboveAll: … Ich würde uns eher als Freinde bezeichnen   Jägermeister: wtf ist das   TheOneAboveAll: Eine Mischung aus Freunde und Feinde   Jägermeister: lol   Jägermeister: ok ja das akzeptier ich   Jägermeister: :-D   TheOneAboveAll: Musst du ernsthaft Smileys mit Nasen machen   Jägermeister: was hast du denn für probleme loool   Jägermeister: sei mal nicht so diskriminierend du hast schließlich auch einen riesigen zinken also lass die smileys ihre nase haben   TheOneAboveAll: Fick dich, Jäger   TheOneAboveAll: Hast du mich nur angeschrieben, um mich zu nerven oder wolltest du tatsächlich irgendwas?   Jägermeister: ich wollte dich was fragen   TheOneAboveAll: Die Antwort ist Nein   Jägermeister: hahaha jean du bist ja sooooo lustig   Jägermeister: was ist dein lieblingslied   TheOneAboveAll: I hate everything about you :)   Jägermeister: hahaha ist das nicht ein liebeslied   Jägermeister: diss nach hinten losgegangen lol   Jägermeister: owned   TheOneAboveAll: …   Jägermeister: :-*   TheOneAboveAll: Fick dich. Hart.   Jägermeister: ohhhh jeannnnn   Jägermeister: ich steh drauf wenn du mich sextest   TheOneAboveAll: Oh mein Gott, ich blockier dich   TheOneAboveAll: Bye   Jägermeister: neeinn   Jägermeister: komm schon   Jägermeister: was ist dein fave song   TheOneAboveAll: Du bist unmöglich   TheOneAboveAll: Kill All Your Friends   TheOneAboveAll: Von My Chemical Romance   Jägermeister: ernsthaft   Jägermeister: oder versuchst du wieder mich zu dissen   TheOneAboveAll: Ernsthaft   Jägermeister: omg du emo lol   TheOneAboveAll: Entschuldige mal, aber MCR ist die beste Band, die es je gab und geben wird???   TheOneAboveAll: Tausendmal besser als der Screamo Scheiß, den du immer hörst   Jägermeister: wird bei mcr nicht auch manchmal geschrien lol   TheOneAboveAll: Manchmal, aber nicht konstant wie bei deinem Dreck   Jägermeister: fu ich hör keinen dreck mein geschmack ist premium   TheOneAboveAll: Lmao, träum weiter   TheOneAboveAll: Warum interessiert dich das überhaupt?   Jägermeister: weil ich dir beweisen will dass ich tatsächlich gut an der gitarre bin   Jägermeister: also werde ich jetzt deinen lieblingssong lernen und dich vom gegenteil überzeugen!!!!!!   Wow… Wow, okay, das war…   Das war irgendwie… süß?   Eren Jäger und süß waren zwei Sachen, die eigentlich überhaupt nicht zusammen passten, aber in diesem Fall? Jean konnte nicht leugnen, dass das echt verdammt süß war.   Und sogar irgendwie romantisch… So romantisch, dass Jeans Herz, was insgeheim total auf Kitsch abfuhr, direkt einen Takt schneller schlug.   „Fuck, Eren.“ Mit einem Seufzen legte Jean den Arm über seine Augen. „Was machst du nur mit mir…“     ~xXx~       „Komm mir bloß nicht zu nahe mit dem Scheiß!“   „Stell dich nicht so an, Kirschstein!“   Augenrollend kam Eren einen Schritt näher, aber Jean sprang defensiv zur Seite.   „Meine Fresse, Jean!“ Langsam, aber sicher verlor Eren die Fassung. „Das sind nur scheiß Ohren, was ist daran so schlimm? Wir haben alle ein Paar auf!“   Mit zusammengepressten Lippen starrte Jean auf den Kopfschmuck, den Eren in seinen Händen hielt. Mauseohren. Natürlich bot der Vergnügungspark das zum Verkauf an. Die Ohren an sich waren auch nicht das Problem, die sahen tatsächlich ganz… niedlich aus. Sogar auf Erens Kopf.   Nein, das Problem war…   „Warum zur verfickten Hölle muss ich Minnie sein?!“   Eren brach in Gelächter aus. „Oh mein Gott, ist deine Männlichkeit echt so zerbrechlich, dass dir das Sorgen bereitet?!“   Jean spürte, wie seine Wangen heiß wurden. „Fick dich. Warum ziehst du dir dann nicht einfach die Minnie-Ohren an, huh?!“   „Weil sie dir besser stehen würden.“ Mit einem Grinsen trat Eren näher. „Du bist schließlich genauso süß wie Minnie.“   Jeans Gesicht wurde noch heißer. „Oh, haha, Jäger, glaub gar nicht erst, dass du mich mit falschen Komplimenten weich geklopft bekommst.“   Eren zuckte mit den Schultern. „Einen Versuch war es wert“, meinte er mit funkelnden Augen und kam noch etwas näher. „Ihr seid beides Prinzessinnen, also passt’s. Und jetzt komm endlich her.“   „Minnie ist doch keine Prinzessin“, brummte Jean, sein Blick misstrauisch auf die gepunktete Schleife gerichtet, die sich zwischen den schwarzen Ohren befand.   „In Kingdom Hearts schon.“   „In Kingdom Hearts ist sie Königin, du Honk.“   „Noch besser, du Drama Queen.“   Eren blieb schließlich vor ihm stehen, immer noch dieses Funkeln in den Augen, und grinste.   Jeans Augen huschten für einen Moment über sein Gesicht, über die kleinen Lachfältchen, die ganz leicht an seinen Augenwinkeln zu sehen waren, dann über die Sommersprossen, die jetzt, wo die Sonne immer öfter zum Vorschein kam, vereinzelt auf seiner Nase und seinen Wangen vorzufinden waren.   Langsam blickte Jean zur Seite, zum Rest ihrer Gruppe, die ihr Spektakel mit einer Mischung aus Humor und Entnervung beobachtete.   Seufzend ließ er die Schultern hängen. „Na schön, aber nur, wenn du drankommst, du Zwerg.“   Eren musste sich tatsächlich auf die Zehenspitzen stellen, damit er ihm den Haarreif überziehen konnte, aber Jean ließ ihn gewähren und holte dann abermals seufzend sein Smartphone heraus, um seine neuen Ohren in der Spiegelung des Displays betrachten zu können.   „Du bist so süß, Jean!“, rief Sasha ihm zu, den Mund voller Popcorn.   „Fresse.“ Jean zeigte ihr den Mittelfinger, musste aber zugeben, dass er tatsächlich gar nicht mal so schlecht aussah mit den Minnie-Ohren.   Ihm stand halt eben doch alles; er war ein geborenes Model.   Deswegen öffnete er auch prompt die Kamera-App seines Handys, um für ein Selfie zu posieren.   Er konnte solch einen Augenschmaus seinen zahlreichen Instagram-Followern schließlich nicht vorenthalten!   Eren, der sein Tun beobachtete, brach in Gelächter aus. „Oh Mann, es ist so komisch, dein Instagram-Gesicht mal im Real Life zu sehen!“   Jean runzelte für einen Moment die Stirn, bevor er der Kamera wieder sein attraktivstes Schmunzeln zeigte. „Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst, Jäger. Wie so oft.“   Eren gab ein genervtes Geräusch von sich. „Na, das!“, meinte er, als würde das seinen Wortdurchfall erklären und deutete mit den Fingern auf Jean. „Du hast auf deinen Instagram Fotos immer diesen… Gesichtsausdruck.“   „Gesichtsausdruck“, wiederholte Jean tonlos.   „Ja! Dieses… Schmunzeln und die Art und Weise, wie du die Augenbrauen machst. Ich kann’s nicht beschreiben, aber dieses ‚Ich-bin-der-Geilste‘-Gesicht halt. Das machst du gerade auch. Und es sieht im Real Life noch lächerlicher aus als auf deinen Fotos.“   Jean betrachtete seine missmutige Grimasse in der Kamera und seufzte, als der Bildschirm seines Smartphones schwarz wurde. „Ich weiß, du kannst das mit deinen mickrigen 50 Followern nicht nachvollziehen, Eren, aber ich habe Fans. Hast du mal gesehen, wie viele Likes meine Selfies bekommen? Hast du die Kommentare gelesen?“   Es gab viele Dinge, auf die Jean nicht stolz war, aber seine Popularität in den sozialen Medien? Das war etwas, was er seinen Freunden andauernd unter die Nase rieb!   „Hey, ich hab fast 500 Follower, du Arsch!“   „500“, wiederholte Jean mit einem überheblichen Lachen. „Wie niedlich. Ich hab fast 10000.“   Eren rollte mit den Augen. „Fick dich, die meisten davon sind doch eh Bots. Oder gekauft“, meinte er mit einem fiesen Grinsen.   Jean spürte einen Muskel in seiner Wange zucken. „Die hab ich mir hart erarbeitet, Arschloch!“   „Ja… Indem du ihnen deine Titten zeigst. Jedes dritte Selfie von dir ist oben ohne. Du verkaufst quasi deinen Körper, Mann!“   Das ließ Jean aufhorchen. „Oh? Du scheinst dich ziemlich gut mit meinem Account auszukennen, Jäger.“ Er warf ihm einen anzüglichen Blick zu. „Vielleicht sind das ja keine Bots, sondern alles Fake Accounts von dir, mit denen du deine unsterbliche Liebe für mich erklärst, weil du zu schüchtern bist, es mir mit deinem richtigen Account zu sagen?“   Eren kam einen Schritt auf ihn zu. In seinen grünen Augen war ein Funkeln, das Jeans Bauch zum Kribbeln brachte.   „Ich bin nicht schüchtern“, sagte Eren, stützte sein Kinn auf Jeans Schulter ab und blickte mit einem Peace-Zeichen in Richtung Kamera. „Und jetzt mach endlich dein Selfie, damit wir weiter können.“   Eren war so nah, dass Jean seinen warmen Atem an der Seite seines Halses spüren konnte. Es ließ ihn erschaudern, was Eren dazu brachte, noch breiter zu grinsen. Was für ein Penner.   „Nimm dein fettes Gesicht aus meinem Selfie“, brummte Jean, als er wieder die Kamera aktivierte, versuchte Eren aber nur mit einem halbherzigen Schulterzucken von seiner Pelle zu bekommen.   Als das Selfie (oder die Selfies; Jean war eitel und machte deswegen immer mehrere Fotos aus den verschiedensten Winkeln) erlegt war, kehrten sie zusammen zur Gruppe zurück und machten dort erst einmal noch mehr Selfies, diesmal mit allen zusammen.   Nachdem auch das Fotoshooting erledigt war, konnte das Erkunden des Vergnügungsparkes endlich weitergehen.   Oder zumindest die Erkundung all der Fressbuden, da es Sasha und Connie nicht lassen konnten, sich bei jedem verdammten Stand etwas zu essen zu kaufen.   „Es ist ein Wunder der Natur, dass Sasha inzwischen noch nicht geplatzt ist.“ Stöhnend ließ sich Jean auf eine Parkbank nieder, während die Fressmaschine sich bei der Schlange für die nächste Mahlzeit anstellte: Churros.   Was auch immer das war, Jean hatte keine Ahnung. Der Park war vollgestopft mit nicht-japanischen Essen, wahrscheinlich war Sasha deswegen so scharf darauf, alles mal probiert zu haben. Solch ausländische Spezialitäten gab es schließlich nicht überall.   „Nicht, dass sie nachher noch kotzen muss“, meinte Eren und setzte sich neben ihn hin. „Es gibt nämlich noch einige Achterbahnen, die ich ausprobieren will!“   Achterbahnen… Allein beim Gedanken daran wurde Jean schon ganz grün im Gesicht. Höhe und er waren nicht gerade die dicksten Freunde, aber irgendwie würde er damit schon klar kommen. Das einzige, womit er definitiv nicht klar kommen würde, waren Geisterbahnen… Da würde ihn keine zehn Pferde rein bekommen.   Jean richtete seufzend seine Mausohren, während sich die Essenschlange im Schneckentempo bewegte, und ließ seinen Blick umher schweifen. Der Park war heute echt voll, aber kein Wunder, es war schließlich Wochenende.   Eren, der sich die Wartezeit mit der Einnahme von Nikotin vertrieb, hielt ihm plötzlich eine Kippe vor die Nase. „Gibt es noch irgendwelche Attraktionen, wo du unbedingt drauf willst?“   Mit einem dankbaren Brummen nahm Jean die Zigarette an. „Diese Wasserbahn sieht cool aus“, meinte er und nahm einen Zug. „Da will ich unbedingt rein, aber die Warteschlange ist abartig.“ Er neigte den Kopf zur Seite, damit er Eren den Rauch nicht ins Gesicht blies, und gab ihm die Zigarette zurück.   Auch das war irgendwie ein Ding geworden, was sich in den letzten Wochen etabliert hatte; das Teilen von Zigaretten.   Jean war zwar immer noch nicht wieder unter die Raucher gegangen, zumindest nicht richtig, aber wann immer Eren eine qualmte, teilte er die Zigarette mit ihm und Jeans Herz war zu schwach, um das ihm angebotene Nikotin abzulehnen.   Rauchen war schließlich immer noch eine Sucht und so ganz schien Jean doch noch nicht von ihr los gekommen zu sein. Aber es war schon ganz gut, dass er sich immer öfter Kippen mit Eren teilte. Der Kerl rauchte schließlich viel zu viel, da tat ihm ein wenig Reduzierung sicherlich gut!   Nicht, dass Jean sich um seine Gesundheit oder so scheren würde.   Pah!   Menthol-Zigaretten waren zwar immer noch abscheulich, aber Jean war ein Gewöhnungstier und an den Geschmack hatte er sich inzwischen so weit gewöhnt, dass er ihn fast vollständig ignorieren konnte.   Was er aber ganz sicher nicht ignorieren konnte, war wie Connie, der Spast, auf ihn und Eren deutete und dann ein Herz mit den Händen formte.   „Geh sterben, Springer“, war Jeans Antwort, während Eren ihm beide Mittelfinger zeigte und dann Jean die Zigarette überreichte.   „Ihr lauft sogar schon im Partnerlook herum, das ist so süß!“, flötete Connie und spielte darauf an, dass Jean Minnie- und Eren Mickeyohren trug.   „Weißt du was auch süß ist?“ Jean warf ihm ein liebliches Lächeln zu. „Meine Faust in deinem Gesicht, also komm her, damit ich dir die Fresse polieren kann!“   Connie lachte daraufhin nur, was Jean ein verärgertes Schnauben entlockte. Er warf Eren einen Seitenblick zu, da er beinahe verdächtig ruhig auf die ganze Geschichte reagierte.   Auch Armin schien dies aufzufallen. „Ich find’s gut, dass ihr euch endlich besser versteht“, meinte er mit einem Lächeln und verschränkte die Arme hinterm Rücken. „Ich wusste immer, dass ihr richtig gute Freunde werden könntet, wenn ihr euch nur ein wenig Mühe gebt.“   Mikasa nickte zustimmend. „Eren wird langsam erwachsen“, meinte sie, beinahe wehmütig, und drehte eine Haarsträhne um ihren Finger.   „Huh?! Willst du damit etwa sagen, dass ich mich sonst kindisch benehme?!“, fuhr Eren sie sofort an, was die Gruppe zum Lachen brachte.   „Manche Dinge ändern sich wohl nie“, sagte Armin und kratzte sich an der Wange. „Aber du bist tatsächlich viel ruhiger geworden, Eren. Sieht so aus, als ob die Medikamente wirken. Das ist schön.“   „Medikamente?“ Jean hob beide Augenbrauen. „Für was?“   Eren nahm einen letzten Zug von der Zigarette und schnipste sie dann zu Boden. „ADHS.“   „Oh“, sagte Jean etwas dümmlich. Er hatte gar nicht gewusst, dass Eren an ADHS litt. Das erklärte aber tatsächlich einiges an seinem Verhalten, wie seine Impulsivität oder das ständige Herumgezappel.   „Wie lange nimmst du die schon?“   Eren rieb sich mit dem Handrücken über die Nase. „Keine Ahnung, einen Monat oder so?“   Ah. Und hier dachte Jean schon, dass ihre neu aufkeimende Freundschaft vielleicht ein Faktor sein könnte, warum Eren langsam etwas zur Ruhe zu kommen schien und sie sich nicht mehr so oft an die Gurgel gingen.   Wie naiv von ihm.   „Ich denke, das Gitarrenspielen hilft auch“, meinte Mikasa und zupfte an ihrem Schal herum. Schal. Im Frühling. Das Mädchen war verrückt. „Er übt jeden Tag an diesem Song für dich, Jean. Stundenlang.“   „Mikasa!“, fuhr Eren sie aufgebracht an.   „Was? Stimmt doch.“   „Na und? Das muss er doch nicht wissen!“   Mikasa ignorierte den hitzigen Blick, der ihr zugeworfen wurde. Wahrscheinlich war sie dagegen inzwischen schon immun. „Eren singt dabei auch.“   „MIKASA!“   „Oh?“ Mit einem fiesen Schmunzeln drehte sich Jean in Erens Richtung. „Planst du etwas, mir ein Ständchen zu singen? Wer hätte geahnt, dass du solch eine romantische Ader hast, Jäger.“   „Ihr seid alle scheiße“, meinte Eren und zog sich hastig die Kapuze seines Hoodies ins Gesicht. Allerdings nicht schnell genug, Jean hatte dennoch den Rotschimmer auf seinen Wangen sehen können. Hah! Der Braunhaarige sprang auf. „Ich hab keinen Bock mehr zu warten, ich geh schon einmal weiter.“   Mikasa blickte ihm hinterher. „Männer“, meinte sie augenrollend und folgte ihm.   Jean grinste nur, während sich eine angenehme Wärme in seiner Brust ausbreitete.   Die gute Laune verging ihm allerdings, als sie gut eine halbe Stunde später an seinem Albtraum vorbei kamen: der Geisterbahn. Zu seinem Erschrecken musste er feststellen, dass es nicht mal eine Bahn war, sondern stattdessen eins dieser Gruselkabinetts, wo man tatsächlich selbst durchlaufen musste.   Noch schlimmer!   „Da will ich rein!“, rief Eren, der Arsch, natürlich sofort lauthals und blieb abrupt stehen. „Die Schlange ist sogar gar nicht mal so lang!“   Panisch blickte Jean zu Armin herüber, der der einzige aus ihrer Gruppe war, der es irgendwie schaffte, Eren und seine bescheuerten Ideen zu bändigen.   Gutmütiger, zartbesaiteter Armin.   Seine Rettung.   Nie im Leben würde der Blonde ihm in den Rücken fallen und-    „Klingt gut!“, erwiderte Armin, ein aufgeregtes Funkeln in den blauen Augen.   Verletzt und hintergangen packte sich Jean an die Brust, die Finger in den Stoff seines Shirts gekrallt. „Verräter“, zischte er ihm zu.   Armin lächelte ihn entschuldigend an. „Es wird schon nicht so schlimm, Jean. Wenn du möchtest, kannst du auch draußen warten.“   Doch die Aussage war natürlich gefundenes Fressen für Eren Arschgesicht Jäger. „Oh?!“ Mit einem bösartigen Grinsen lehnte er sich näher an Jean heran. „Hast du etwa Schiss, Kirschstein?!“   Jean knirschte so hart mit den Zähnen, dass es wehtat. „Hah. Als ob, Jäger.“   Und so unterschrieb Jean mit seinem verfluchten Stolz sein Todesurteil und trat zehn Minuten später in das Gruselkabinett ein.   Es war dunkel. Natürlich war es das. Einerseits gut, dann bestand vielleicht die Möglichkeit, dass Jean den einen oder anderen Schrecker übersah. Einerseits war es aber auch absolut beschissen, da es so umso grässlicher war, wenn plötzlich jemand hervorsprang.   So oder so war Jean gefickt.   Und das nicht auf die gute Art und Weise.   Steif wie ein Brett und mit zittrigen Knien folgte Jean seinen Freunden immer tiefer in die Dunkelheit des Hauses, bedacht darauf, zumindest hinter Eren zu laufen, damit dieser seine Panikattacken nicht mitbekam.   Doch ganz hinten in der Gruppe zu sein war eine dumme Idee. Eine sehr, sehr dumme Idee.   Das bekam Jean kurz darauf am eigenen Leibe zu spüren, als ihm plötzlich jemand mit einem Grölen in den Nacken fasste.   Mit einem Schrei, der eine rollige Katze in Neid erblassen ließ, krallte Jean seine Finger in die nächstbeste Person – Eren – , presste sie wie ein Schutzschild an seine Brust und drehte sich schlotternd um, um den Tod in die Augen zu blicken.   Es war eine Art… Monster. Keine Ahnung, Jean konnte den Anblick nur für eine Millisekunde ertragen, bevor er ängstlich die Augen zusammen kniff.   Eren brach in Gelächter aus. Er war so nah an Jean gepresst, dass er das Beben seines Körpers sogar spüren konnte. „Hahaha! Ach, komm, Alter, das Vieh ist doch eigentlich ganz süß!“   „Fick dich!“, entgegnete Jean, doch die Beleidigung verlor aufgrund seiner klappernden Zähne ihre Wirkung.   „Aw“, machte Eren. „Ernsthaft. So hässlich ist der gar nicht. Sieht dir sogar irgendwie ein wenig ähnlich, als ob ihr verwandt wärt oder so. Deine Mutter vielleicht?“   Jean krallte seine Finger mit mehr Kraft in Erens Schultern. „Fick. Dich“, wiederholte er, war inzwischen aber tatsächlich mutig genug, um blinzelnd die Augen aufzuschlagen.   In der Dunkelheit konnte er nicht allzu viel erkennen, aber süß war das Monster definitiv nicht!   „Roahr!“, machte das Monster und fuchtelte mit den Armen herum.   „Roahr“, machte Eren zurück und streckte dem Vieh die Zunge heraus. Dann drehte er sich in Jeans Armen um. „Lass uns weitergehen, sonst verlieren wir den Anschluss.“   Jean blinzelte und sah sich um. In der Ferne war ein Schrei zu hören und dann lautes Gegacker. Connie und Sasha, eindeutig.   Ihre Freunde waren tatsächlich ohne sie weitergegangen. Wie herzlos! Jean hätte sterben können, verdammt!   Er ließ einen zittrigen Atemzug aus und so setzten sie sich gemeinsam in Bewegung. Zum Glück war es düster genug, dass Eren den Ausdruck des bodenlosen Schams nicht in Jeans Gesicht erkennen konnte.   Jean kam sich nämlich wie der letzte Vollidiot vor.   Besonders, als Eren einige Sekunden später am Saum seines Shirts zupfte und ihm so noch einen… ahäm, männlichen Schrei entlocken konnte.   Oberarsch Eren lachte. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“   „Natürlich nicht, du Bastard.“   „Echt nicht! Ich wollte fragen, ob du Händchenhalten willst.“   Jean blieb verdutzt stehen. „Machst du dich gerade über mich lustig, Jäger?!“   Eren blinzelte. „Nein?“, war seine Antwort. Er zupfte nochmal an seinem Shirt herum. „Ich kann’s nur nicht ertragen, wie absolut angespannt du hier rumläufst. Denn ganz ehrlich? Das macht mich irgendwie nervös.“   Jean starrte ihn fassungslos an.   „Und naja, ich dachte, Händchenhalten würde helfen?“ Eren zuckte mit den Schultern. „Das haben wir inzwischen schon so oft gemacht, dass es sich bestimmt vertraut für dich anfühlen muss. So fühlt es sich nämlich für mich an.“   Jean war sich sicher, dass seine glühenden Ohren trotz der Dunkelheit zu sehen waren. „Ernsthaft? Was ist, wenn die anderen das sehen?“   „Ach komm, in der Dunkelheit doch nicht.“ Eren rollte mit den Augen. „Und wenn die anderen in Sichtweite sind, dann können wir uns ja auch wieder loslassen, also schieb kein Drama, Mann.“   „Dir ist auch nichts peinlich, oder?“   Eren grinste. „Du bist mir peinlich“, meinte er und streckte seine Hand mit wackelnden Fingern aus, „und genau deswegen hoffe ich, dass es dir hilft, nicht mehr so eine Memme zu sein.“   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus der Nase aus. „Ich hasse dich“, sagte er, nahm die ihm angebotene Hand aber an.   Das Grinsen auf Erens Lippen wurde noch breiter. „Kann ich nur zurückgeben, Pferdegesicht.“   Der restliche Gang durch das Gruselkabinett war durch das Gefühl, Erens starke Hand in seiner zu halten, tatsächlich etwas angenehmer.   Naja, zumindest, bis aus der Tür vor ihnen plötzlich ein Horrorclown gestürmt kam, den Eren reflexartig die Faust mitten ins Gesicht knallte.   „Fuck, Eren! Bist du bescheuert, Mann?! Ich glaub, du hast ihm die Nase gebrochen! Scheiße, hier ist alles voller Blut! Oder ist das fake Blut?! FUCK!“ „Oops!“     ~xXx~     TheOneAboveAll: TheOneAboveAll schickt ein Foto   Jägermeister: omg   Jägermeister: ich kann nicht glauben dass du es dich tatsächlich wagst mir ein selfie mit MEINEM beanie zu schicken   TheOneAboveAll: :P   Jägermeister: >:-(!!!!   TheOneAboveAll: Lol   TheOneAboveAll: Hast du schon die Mathehausaufgaben gemacht?   Jägermeister: nee mach ich im bus lol   TheOneAboveAll: Fuck, ich brauch Hilfe bei der einen Aufgabe   TheOneAboveAll: Und da du schockierenderweise tatsächlich gut in Mathe bist dachte ich, dass du mir helfen kannst…   Jägermeister: meinst du helfen oder abschreiben lassen lol   TheOneAboveAll: … Abschreiben   Jägermeister: lmao   Jägermeister: kannste morgen in der ersten pause machen   TheOneAboveAll: Thx   Jägermeister: … wenn du mir dafür meinen beanie mitbringst 0:-)   TheOneAboveAll: Fick dich, ich frag Armin   Jägermeister: keine chance armin lässt dich nicht abschreiben bro   TheOneAboveAll: Ugh, wahrscheinlich   TheOneAboveAll: :(   Jägermeister: aw   Jägermeister: aber jetzt mal ehrlich mann gib einfach zu dass mein beanie voll cool ist und du ihn insgeheim magst und dann schenke ich ihn dir vllt sogar und du darfst ihn behalten   Jägermeister: VLLT :-D   TheOneAboveAll: Nope, den behalte ich als Waffe, damit ich dich erpressen kann!   TheOneAboveAll: Außerdem kann ich nicht zulassen, dass solch eine Monstrosität weiterhin auf die Menschheit losgelassen wird   Jägermeister: ich dachte du hasst menschen   Jägermeister: hast du mir nicht gestern erst diesen ellenlangen vortrag darüber gehalten warum menschen so scheiße sind und warum katzen die welt regieren sollten   TheOneAboveAll: Schön, dann kann ich nicht zulassen, dass unschuldige Katzenaugen dieses Wichsteil sehen müssen   Jägermeister: wichsteil lol   Jägermeister: ficker das ist immer noch ein verdammt cooler beanie und du weißt es   Jägermeister: u just mad bro   TheOneAboveAll: Jaja, red dir das nur ein, wenn es dir beim Schlafen hilft   Jägermeister: hey willst du mal was sehen   TheOneAboveAll: Nee, deine erbärmlichen Dickpics kannst du für dich behalten   Jägermeister: LOL   Jägermeister: in deinen träumen kirschstein   Jägermeister: Jägermeister sendet ein Video (0:32 Minuten)   Jägermeister: ein teaser lol   Jean drehte sich im Bett auf den Bauch und spielte das Video ab.   Es war Eren, der mit angestrengtem Gesichtsausdruck an den Saiten seiner Gitarre zupfte. Höchstwahrscheinlich von Mikasa aufgenommen.   Jeans Herz machte einen Hüpfer, als er die Melodie bereits nach wenigen Sekunden erkannte:   Kill All Your Friends von My Chemical Romance.   Jean erhöhte die Lautstärke des Videos und sah sich die ganzen 32 Sekunden an. Als das Video beendet war, spielte er es nochmal ab.   Gott, Jean hatte keine Ahnung, was mit ihm los war. Warum er es so verfickt romantisch und… ja, bezaubernd fand, dass Eren seinen Lieblingssong auf Gitarre lernte. Für ihn.   Entweder war sein Herz einfach nur viel zu schnulzig oder es war tatsächlich eine sehr romantische Geste. Ein Geste, deren Implikation sich Eren sicherlich nicht einmal bewusst war.   „Verdammt.“ Fluchend vergrub Jean sein Gesicht in seinem Oberarm und blieb so einige Sekunden liegen, bis er schließlich eine Antwort tippte.   TheOneAboveAll: Klingt scheiße…   Jägermeister: >:-(((((((((   TheOneAboveAll: … würde ich jetzt gerne sagen, aber es klingt tatsächlich besser als gedacht   Jägermeister: :-D!!!   Mit einem Stöhnen vergrub Jean erneut sein Gesicht.     ~ xXx ~     „Ich hätte nie gedacht, dass Eren dir einmal fremdgeht, Jeanbo.“   „Huh?“ Irritiert hob Jean den Blick von seinen Hausaufgaben und fixierte Connie. „Wovon laberst du?“   „Eren. Geht dir fremd.“ Mit einem gespielten Schluchzen strich sich Connie die imaginären Tränen aus dem Augenwinkel. „Heute ist ein trauriger Tag für die Liebe.“   Jean blickte ihn verständnislos an. „Ich hab immer noch keinen blassen Schimmer, wovon du laberst, Springer.“   Connie rollte mit den Augen. „Tja, wenn du wie ein normaler Mensch vielleicht die Pause nutzen würdest, um rauszugehen anstatt Hausaufgaben zu machen, dann hättest du es gesehen.“   Sasha erschien plötzlich im Türrahmen. „Eren hält mit jemand anderem Händchen!“, sagte sie und schob sich einen Schokoriegel in den Mund.   Jean spürte einen Muskel in seiner Wange zucken. „Als Bestrafung oder was?“   „Jepp!“ Connie nickte.   „Aha“, meinte Jean und blickte wieder auf seine Englischhausaufgaben. „Interessiert mich nicht. Der Depp prügelt sich doch andauernd.“ Er nahm seinen Bleistift in die Hand, doch anstatt damit zu schreiben, klopfte er stattdessen auf eine der Englischvokabeln.   Zuerst einmal, dann zweimal, dreimal.   „… Mit wem.“   „Floch“, antwortete Sasha und hielt sich die Ohren zu. Keine Sekunde zu früh.   Die Mine des Stiftes brach. „FLOCH?!“, wiederholte Jean schrill und sprang auf. Der Stuhl hinter ihm fiel zu Boden. „Floch Forster?!“   „Floch Forster“, bestätigte Sasha und trat sicherheitshalber zur Seite, als Jean in Richtung Tür stürmte. „Zeig ihm, wer der Boss ist, Jean!“   „Demonstrier deine Dominanz!“, feuerte Connie ihn an.   „T-Pose!“, rief Sasha wenig hilfreich.   „T-Pose!“, stimmte Connie mit ein.   „Haltet die Schnauze!“, fauchte Jean und dann war er auch schon auf dem Weg in Richtung Innenhof.   Es war nicht so, als ob er eifersüchtig wäre oder so, pah! Ganz bestimmt nicht! Aber Floch war ein riesengroßes Arschloch und ihn zusammen mit Eren, Hand in Hand zu sehen, das wäre…   … wäre…   Jean blieb vor ihnen stehen.   Die beiden Jungs saßen so weit voneinander entfernt, wie ihre Positionen es zuließen, die Köpfe in entgegengesetzte Richtungen gedreht. Händchenhalten konnte man das, was sie da taten, kaum nennen. Es waren lediglich ihre Fingerspitzen, die sich hauchzart berührten.   Dennoch löste dieser Anblick ein hässliches Gefühl in seiner Magengegend aus.   „Oh, sieh sich einer nur mal an, wie tief du gesunken bist, Jäger“, höhnte Jean und stemmte die Hände in die Fäuste. „Händchenhalten? Mit Forster?!“   Eren zuckte erschrocken zusammen. „Jean?!“ Seine Augen wurden groß, wirkten beinahe ertappt. Er hatte einen riesigen blauen Fleck auf der Wange, fiel Jean sofort auf, und auf seiner geschwollenen Unterlippe befand ein blutiger Kratzer.   „Oh, bitte, Kirschstein, schieb jetzt keine Eifersuchtsszene.“ Floch warf ihm einen abschätzigen Blick zu. Mit Befriedigung konnte Jean feststellen, dass sein rechtes Auge geschwollen war und er morgen wahrscheinlich ein nettes Veilchen haben würde. Sah so aus, als ob Eren den Kampf gewonnen hätte. Wenigstens das. „Ich bin schon gestraft genug.“   Jean lief knallrot an; eine Mischung aus Wut und Scham. „Eifersucht?!“, wiederholte er. Seine Stimme brach bei der zweiten Silbe. „Ich bin doch nicht eifersüchtig!“   Floch lachte humorlos auf. „Du bist so durchschaubar, du widerliche Schwuchtel.“   „HEY!“ Knurrend packte Eren ihn am Kragen seines Hemdes. „Nimm das sofort zurück, du Arschloch!“   Floch verengte die Augen. „Lass mich los, Jäger.“   „Erst, wenn du das zurücknimmst! Oder willst du unbedingt, dass ich dir auch noch das andere Auge blau schlage?!“   Floch sah so aus, als wolle er weiterhin protestieren, doch dann fiel sein Blick auf eine Lehrkraft, die sie argwöhnisch beobachtete. Er schnalzte mit der Zunge. „Ich nehm’s zurück“, sagte er, trocken und emotionslos.   Schweratmend kniff sich Jean in die Nasenwurzel und schloss die Augen. Langsam zählte er bis 10 und öffnete dann wieder die Lider. Das Bedürfnis, Floch eine reinzuschlagen, war immer noch riesig, aber er würde sich beherrschen müssen.   Jean hatte ganz bestimmt nämlich keinen Bock darauf, mit dem Wichser Händchenhalten zu müssen!   „Wie auch immer“, sagte er und drehte sich um. „Habt Spaß.“   „Jean! Alter!“, rief Eren ihm hinterher, aber Jean ignorierte ihn. „Jetzt sei doch nicht so, Mann.“   Jean zeigte ihm über seine Schulter hinweg den Mittelfinger und marschierte zurück in ihren Klassenraum, der inzwischen glücklicherweise wieder leer war. Gut, er wollte jetzt nämlich seine Ruhe haben.   Doch allzu lange wurde ihm sein Wunsch nicht gewährt, da eine gute Viertelstunde später Eren plötzlich rein getapst kam. Natürlich.   „Hey.“ Eren lehnte sich mit der Hüfte gegen den Türrahmen. „Wollen wir eine rauchen?“   Jean blickte auf sein Heft. Inzwischen hatte er sich von Englisch zu Physik vorgearbeitet. „Nee.“   „… Du bist nicht ernsthaft sauer, oder?“   „… Nee.“   Seufzend drückte sich Eren vom Türrahmen ab und bewegte sich auf ihn zu. „Du bist unmöglich“, meinte er und schnappte sich einen Stuhl, um sich schräg von Jean an seinen Tisch zu setzen. „Du bist wegen dem bescheuertsten Scheiß eifersüchtig.“   Jean spannte die Schultern an. „Ich bin nicht eifersüchtig, verdammt! Mir ist scheißegal, wer deine schwitzigen Flossen hält!“   „Uhuh“, machte Eren. „Genau deswegen reagierst du jetzt auch so gereizt. Weil es dir egal ist.“   „Weißt du was, Jäger?“ Jean deutete mit dem Stift auf Erens Gesicht, genau zwischen seine Augen. „Fick dich“, sprach er langsam. „Richtig hart.“   Eren blinzelte, dann nahm er Jean den Stift mit einem Grinsen aus den Fingern. „Wie krass eifersüchtig du halt einfach bist, wow, Alter, hahaha!“   Und als ob diese Aussage nicht schon schlimm genug wäre, malte der Arsch ihm auch noch einen Smiley in die Ecke seines Physikheftes. Selbstverständlich mit Nase. Wie konnte man nur so scheiße sein.   Seufzend verschränkte Jean die Arme auf dem Tisch und vergrub das Gesicht ihn ihnen. „Fick dich“, wiederholte er mit geschlagener Stimme.   Eren zerzauste ihm das Haar. „Glaub mir, ich wollte ganz sicher nicht mit dem Wichser Händchenhalten. Aber ich bereu’s nicht. Er hat Scheiße über dich gelabert.“   Jean drehte den Kopf zur Seite, sodass er nun mit der Wange auf seinem Arm lag und Eren in die Augen blicken konnte. Vorhin hatte Eren ihn auch schon verteidigt. Eine überraschend süße Geste, die vor einigen Wochen noch unvorstellbar gewesen wäre.   Denn damals wäre Eren derjenige gewesen, der Scheiße über Jean geredet hätte.   Aber jetzt war Eren derjenige, der Jean verteidigte, wenn Scheiße über ihn geredet wurde.   Sein blödes Romantiker-Herz machte einen Sprung. „Also hast du quasi meine Ehre verteidigt?“   Eren musste lachen. „Was für eine Ehre, Mann?“   Mit verengten Augen streckte Jean die Hand nach ihm aus und tippte mit dem Zeigefinger auf den blauen Fleck auf seiner Wange. Hart.   „Autsch, fuck!“ Eren nahm seine Hand und legte sie auf den Tisch ab. Los ließ er sie aber nicht, stattdessen verschränkte er sogar ihre Finger miteinander, während er mit der anderen Hand weiterhin abscheuliche Smileys in sein Heft kritzelte.   Jeans Blick ruhte für einigen Sekunden auf Erens schwarz lackierten Nägeln. Manchmal wünschte er sich echt Erens Scheißegal-Einstellung. Dem Braunhaarigen ging es am Arsch vorbei, was andere über ihn dachten. Wenn er sich die Nägel lackieren wollte, dann tat er es.   So einfach war das für ihn.   Eine wirklich bewundernswerte Einstellung. Jean wusste, dass er selbst viel zu sehr Wert auf die Meinung anderer Menschen lag. Es war traurig.   „Hey, willst du abhauen?“, fragte Eren ihn plötzlich. „Zu mir nachhause? Ich denk, ich bin gut genug, um dir den Song jetzt persönlich vorspielen zu können.“   „Jetzt?“ Jean hob eine Augenbraue und warf einen Blick auf die Wanduhr. „Wir haben noch drei Stunden Unterricht.“   „Scheiß drauf, lass uns schwänzen. Oder willst du unbedingt mit der irren Zoe Chemie machen?“   Nein, das wollte Jean ganz sicher nicht, also machten sie sich gemeinsam auf den Weg zum Jäger-Haus. Und ein prachtvolles Haus war es tatsächlich. Nicht wie die kleine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, die sich Jean mit seiner Mutter teilte.   Nein, Erens Vater war ein erfolgreicher Arzt und dem Haus und dessen Inneneinrichtung nach zu urteilen verdiente er mit seiner Arbeit nicht gerade wenig Schotter.   Erens eigenes Zimmer sah dagegen wie das komplette Gegenteil aus; ein einziger Sauhaufen.   „Wow“, kommentierte Jean, als er den Haufen an zerknüllten Taschentüchern neben Erens Bett entdeckte. „Hast du deine Libido nicht unter Kontrolle oder was?“   „Ich bin krank, du Arsch“, meinte Eren und öffnete die schwarze Tasche in der Ecke des Raumes. Erst jetzt fiel Jean auf, dass seine Stimme tatsächlich etwas nasal klang.   „Ja, im Kopf“, erwiderte er und ließ sich aufs Bett fallen. „Das ist kein Geheimnis, Jäger.“   „Fick dich, Pferdegesicht.“   Schnaubend setzte sich Jean im Schneidersitz hin und sah sich um. Die Wände in seinem Zimmer waren voller Poster; Bands, Anime, Videospiele… Auch auf seinen Schränken war seine Liebe zu Videospielen in Form von Figuren wiederzufinden.   Interessant, Jean entdeckte einige Sachen, von denen er selbst auch Fan war. Es war immer wieder überraschend zu sehen, dass er und Eren im Grunde gar nicht so verschieden waren. Zumindest, was ihre Vorlieben angingen.   Der laute Klang einer Gitarrensaite lenkte seine Aufmerksamkeit schließlich wieder auf Eren.   „Okay“, sagte er und setzte sich ans Fußende des Bettes. „Lass mich nur noch eben stimmen, dann geht’s los.“   Jean beobachtete seine geschickten Fingerbewegungen. „Wirst du dabei auch singen?“   Eren zog geräuschvoll die Nase hoch. „Nee, bestimmt nicht.“   „Ach, komm schon.“ Schmunzelnd hob Jean eine Augenbraue in die Höhe. „Oder hast du etwa Schiss?“   „Natürlich nicht! … Ugh, ja, okay, Mann, ich singe dazu.“   Ah, Eren war so schön einfach zu manipulieren.   Und dann ging es auch schon los.   Kill All Your Friends, präsentiert und vorgesungen von Eren Jäger.   Jean hatte noch nie zuvor eine Akustikversion des Liedes gehört, weswegen es im ersten Moment etwas befremdlich klang, aber er gewöhnte sich schnell daran und musste gestehen, dass Eren tatsächlich talentiert im Umgang mit der Gitarre zu sein schien.   Die Töne waren laut und klar, ohne Holpern oder Unterbrechungen. Und Erens Stimme selbst war auch gar nicht mal so übel. Genau genommen klang sein Gesang sogar richtig gut, er gefiel Jean beinahe besser als das Spiel seiner Gitarre!   „And you’re walking away and I will drown in the fear“, sang Eren schließlich die letzten Zeile des Liedes und verstummte langsam. Ebenso wie die Töne seiner Gitarre.   Mit einem fetten Grinsen wandte er sich an Jean. „Und? Ziemlich cool, huh?“   Jean befeuchtete sich die Lippen. „Du hast erfolgreich mein Herz erobert“, meinte er und ließ sich mit einer dramatischen Geste zurück aufs Bett fallen.   Lachend legte Eren die Gitarre zur Seite und schmiss sich neben Jean aufs Bett.   Jean hatte das Ganze eigentlich nur als Scherz gemeint, weil es peinlich war, Eren ein ernstgemeintes Kompliment zu machen, aber irgendwie war es vielleicht doch die Wahrheit… Zumindest ein bisschen! Sein blödes Herz wollte nämlich auf jeden Fall nicht aufhören, wie wild zu pochen.   Also öffnete er den Mund, um etwas zu sagen. Irgendetwas, egal was. Einfach, um auf andere Gedanken zu kommen.   „Ich mag deine Hände“, verließ schließlich spontan seine Lippen. Jean spürte, wie seine Ohren anfingen zu brennen.   „Ach ja?“ Verwundert schaute Eren auf seine Hände, als ob er so herausbekommen konnte, warum Jean sie mochte.   Jean schnappte sich eine von ihnen und legte sie auf seine Wange. Er hatte keine Ahnung, wo er auf einmal den Mut hernahm, solch eine intime Geste zu initiieren. Vielleicht war es die Art und Weise, wie Eren ihn beim Singen in die Augen geschaut hatte, die ihm den Mut dazu gab.   Keine Ahnung.   Denken war gerade nicht so Jeans Stärke.   Eren blickte ihn neugierig an und strich mit den Fingern langsam die Seite seines Gesichtes entlang. Jean senkte die Lider und genoss das Gefühl der rauen Fingerspitzen auf seiner Haut.   „Was ist’n das?“, fragte Eren plötzlich und rieb mit dem Daumen über seinen Kiefer. „Soll das Bart sein?“   Jeans Gesicht wurde heiß. „Fick dich!“, schnauzte er ihn an. „Im Gegensatz zu dir hab ich wenigstens Bartwuchs!“   Okay, der Bart, den Jean sich wachsen lassen wollte, war tatsächlich nicht allzu ausgeprägt. Aber immerhin waren Kiefer und Kinn nun von Stoppeln übersäht, von solch einem Bartwuchs konnte Eren Babyface Jäger nur träumen!   Eren grinste. „Ich mag’s“, meinte er und wanderte zu seinem Kinn hinunter. Mit Daumen und Zeigefinger neigte er Jeans Kopf leicht in den Nacken und lehnte sich über ihn.   Jean kam ihm die restlichen Zentimeter entgegen, das Herz inzwischen hoch in den Hals geklettert, und küsste ihn.   Eren küsste genau so, wie sein Charakter vermuten ließ; ungestüm. Ein wenig grob. Intensiv.   So intensiv, dass sich Jean bereits nach wenigen Sekunden die Zehen zusammenrollten.   Jean selbst küsste eigentlich komplett anders; sinnlich. Langsam. Tief. Er mochte es, seinen Partner zu triezen und allmählich um den Verstand zu bringen. Nur den Hauch von Zunge, bis sein Gegenüber es schließlich nicht mehr aushielt.   Aber diese Leidenschaft, mit der Eren ihn geradezu auffraß?   Mehr als nur okay.   Es war einfach typisch für ihn und genau deswegen war es so unfassbar gut.   Jean krallte die Finger in braunes Haar, zog einmal sanft daran und brachte ihre Lippen schweratmend wieder auseinander.   „Ich will, dass du mich anfasst“, murmelte er und küsste Erens Mundwinkel. „Ich will deine Hände auf mir spüren. Überall.“   Erens Blick wurde glasig. „Fuck, Jean“, hauchte er und seine Stimme brach. „Fuck, ja, okay.“   Er drückte Jean einen letzten, nassen Kuss auf die Lippen, dann setzte er sich auf seine Oberschenkel und schob sein Oberteil bis zu seinen Achseln hinauf.   Irgendwie kam Jean sich plötzlich so schrecklich… entblößt vor, als er Erens hitzigen Blick auf seiner nackten Haut spürte, also drehte er das gerötete Gesicht zur Seite und presste es in seine Armbeuge.   Das schien Eren gar nicht zu gefallen. „Hey, nicht“, tadelte er ihn sanft und entfernte Jeans Gesicht wieder aus seinem Arm. „Ich will dich ansehen.“   Diese Worte ließen Jean nur noch roter anlaufen. „Und ich will, dass du mich anfasst und nicht nur blöd glotzt. Irgendwann in diesem Jahrhundert noch.“   Seine Worte entlockten Eren ein atemloses Lachen. „Herrisch“, kommentierte er amüsiert, tat dann aber endlich, wie ihm befohlen wurde und presste die Handfläche auf Jeans Bauch.   Erens Hand fühlte sich heiß an, so unglaublich heiß und weich und gut und richtig, während sie langsam seinen Körper entlang strich, hoch zu seiner Brust. Mit dem Daumennagel malte er einen kleinen Kreis um Jeans Nippel, bis sich eine Gänsehaut auf seinem Körper bildete und die Brustwarze hart wurde. Dann wanderte seine Hand wieder herunter.   Einige Zeit lang erkundete Eren seinen Körper mit einer Hand, dann kam schließlich die zweite dazu. Seine Hände waren so groß, als Eren sie auf seine schmale Taille legte und diese so fast vollständig umfassen konnte, entwich Jean ein erregtes Wimmern.   Gott, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn Eren ihn von hinten fickte, die Hände in einem eisernen Griff in seine Hüfte gekrallt-   „Fuck“, entkam es Jean atemlos.   Eren biss sich auf die Unterlippe. „Alles gut?“, fragte er nach und kratzte mit den Nägeln sanft seinen Bauch entlang, immer tiefer. „Oder soll ich dich hier auch anfassen?“ Hauchzart schob sich sein Daumen unter den Bund von Jeans Hose und rieb sanft über die feinen Härchen dort.   „Überall“, wiederholte Jean mit zitternder Stimme und wölbte reflexartig den Rücken durch, als Erens Handballen einmal komplett und quälend langsam über die Beule in seinem Schritt rieb.   Eren beugte sich grinsend zu ihm herunter, um ihn zu küssen, und fummelte dann blind mit dem Knopf von seiner Hose herum. „Mal sehen, ob dein Spitzname Pferd wirklich berechtigt ist.“   Jean musste lachen. „Oh?“, fragte er schelmisch nach und bohrte seine Zähne sanft in Erens Unterlippe, um an ihr zu ziehen. „Hast du schon öfter über meinen Schwanz nachgedacht, Jäger?“   „Ab und ab“, gab Eren mit funkelnden Augen zu.   Gott, dieser Typ war einfach viel zu ehrlich. Jean hätte es nicht für möglich gehalten, aber er hatte tatsächlich noch genügend Blut übrig, das sich nicht in seinem Schwanz versammelt hatte, um sein Gesicht in ein tiefes Rot zu färben.   „Fuck, Eren, du bist so…“   Ihm fehlten die Worte.   „Ich weiß“, sagte Eren und küsste ihn. „Du auch.“   ~xXx~     Sie schwiegen für einen Moment, nur Erens gehetzte Atmung war zu hören, die sich langsam regulierte, bis er wieder einigermaßen normal atmete.   Jean beobachtete ihn. „Hat tatsächlich nicht lange gedauert. An deiner Ausdauer müssen wir eindeutig noch arbeiten, Jäger.“   „Du Arsch!“ Eren erwiderte das Grinsen, das Jean ihm zuwarf, so breit, dass sich seine süßen Lachfältchen an den Augenwinkeln bildeten. Dann beseitigte er grob die Sauerei, die sie auf Jeans Oberkörper hinterlassen hatten.   Als das erledigt war, schmiss er sich neben Jeans ins Bett und schnappte sich seine Hand.   Jean betrachtete ihn; die verschwitzten Haare, den feinen Rotschimmer auf seinen Wangen, der seine Sommersprossen nur noch deutlicher hervorstechen ließ. Das glückliche, gesättigte Grinsen auf den Lippen.   Er hätte nie gedacht, dass er einmal wissen würde, wie Eren nach einem Orgasmus aussah. Aber hier lag er nun. Mit Eren. Im Bett.   Was für eine überraschende Wende des Schicksals.   Mit einem Lächeln verschränkte er ihre Finger miteinander und hauchte einen Kuss auf Erens Handrücken.   Aber Jean konnte nicht behaupten, dass ihn diese Wende störte.   Im Gegenteil.   Er freute sich schon darauf in Zukunft Erens Hand halten zu können, wann immer er wollte.   Keine Strafen mehr.   Keine blöden Ausreden mehr.   Einfach nur Händchenhalten, weil er es wollte.   Weil sie es wollten.   Ende. Kapitel 3: OS: Everytime We Touch --------------------------------- Jägermeister: Jägermeister sendet ein Foto.   Jägermeister: !!!!!!!!!!!!!!   TheOneAboveAll: Wow, das nenn ich mal ein beschissenes Passfoto, lol   Jägermeister: ernsthaft   Jägermeister: ernsthaft jean   Jägermeister: ich schick dir ein foto von meinem frisch erworbenen führerschein und dein einziger kommentar ist dass ich shice ausseh   Jägermeister: >:-‘((((((((((   TheOneAboveAll: Sorry, aber das ist wirklich ein schreckliches Foto!   TheOneAboveAll: So schlimm, dass es unweigerlich meinen Blick einfängt   TheOneAboveAll: Hattest du kein besseres??   Jägermeister: fu   Jägermeister: ich durfte nicht lächeln also sieht es komisch aus   TheOneAboveAll: Schade, dein Lächeln ist das einzige, was deinen nervtötenden Charakter wettmacht   TheOneAboveAll: :P   Jägermeister: :-(   TheOneAboveAll: Ach komm, du weißt, dass ich dich nur aufziehe, Schmollbacke!   TheOneAboveAll: Glückwunsch!   Jägermeister: thx bb   TheOneAboveAll: Ich bin echt froh, dass sich die ganzen schlaflosen Nächte und das gemeinsame Büffeln ausgezahlt haben   Jägermeister: glaub mir bb wir werden noch einige schlaflose nächte zusammen erleben aber dann aus völlig anderen gründen ;-)))))   TheOneAboveAll: Mach keine Versprechen, die du nicht halten kannst, Jäger ;P   Jägermeister: oh jeanie du weißt ganz genau dass das keine leeren worte sind B-)   TheOneAboveAll: Ach, tu ich das?   Jägermeister: mhmh   Jägermeister: aber hey   Jägermeister: weißt du was das heißt   Jägermeister: dass ich jetzt meinen führerschein in der tasche hab mein ich   TheOneAboveAll: Dass die Straßen Eldias gefährlicher geworden sind?   TheOneAboveAll: Dass ich nicht mehr die Straße überqueren kann ohne Angst haben zu müssen, du fährst mich um?   Jägermeister: hahahaha du kleiner comedian   Jägermeister: jetzt sei nicht pissig nur weil ich vor dir den führerschein gemacht hab   TheOneAboveAll: Tja, nicht jeder hat so reiche Eltern wie du, die einem alles bezahlen   Jägermeister: alter jean sei nicht so du profitierst doch auch davon   TheOneAboveAll: Ach ja?   TheOneAboveAll: Könntest du Floch Fickforster vielleicht ausversehen in einen Autounfall verwickeln? Dann würde ich definitiv davon profitieren :P   Jägermeister: omg bby du bist so böse ich liebe es   TheOneAboveAll: ;P   Jägermeister: aber nee das meinte ich nicht sondern…………..   Jägermeister: road trippppppp :-DDDD   Jägermeister: nur wir beide bb   Jägermeister: wir könnten ans meer fahren das ist zwar mehrere stunden entfernt aber scheiß drauf   TheOneAboveAll: Hmm, ich sag’s nicht gern, aber das klingt tatsächlich nach einer guten Idee   Jägermeister: :-D   TheOneAboveAll: Aber erst wenn wir die ganzen Abschlussprüfungen hinter uns haben   Jägermeister: omg du langweiler   Jägermeister: :-(((((   TheOneAboveAll: Vorfreude ist die beste Freude ;)   Jägermeister: fu und deine oma sprüche   TheOneAboveAll: Wtf, Oma Sprüche???   Jägermeister: lol   Jägermeister: dann lass am sa wenigstens ne nachttour machen ok   Jägermeister: wir müssen ja nicht weit fahren wir können einfach den berg in shiganshina hoch und uns da die sterne ansehen   Jägermeister: wäre das nicht romantisch   Jägermeister: ????   Jägermeister: jean lebst du noch lol   TheOneAboveAll: Ja, ich war gerade… beschäftigt   Jägermeister: wahrscheinlich hast du angefangen zu heulen weil du so krass in mich verknallt bist und total darauf stehst dass ich so was kitschiges mit dir machen will hahaha   Jägermeister: ich kenn dich doch :-*   TheOneAboveAll: Fick dich!!!   TheOneAboveAll: Aber ja, okay. Von mir aus können wir das machen   Jägermeister: !!!   ~xXx~   Okay, vielleicht hatte Jean tatsächlich die Stunden gezählt, bis sie ihre kleine Spritztour in der Nacht in die Tat umsetzen konnten.   Und ja, okay, vielleicht fing sein blödes Herz beim bloßen Gedanken daran auch an zu rasen.   Aber das gab Eren noch lange nicht das Recht, sich die komplette Woche über ihn lustig zu machen, verdammt! Der Mistkerl hatte zwar gesagt, dass er ihn nur „liebevoll aufziehen“ würde, aber dennoch!   Eren war derjenige, der auf die Idee gekommen war! Also war er ja wohl der kitschige Romantiker in ihrer Beziehung! Nicht Jean!   Grummelnd rieb er sich über die heißen Wangen und warf einen Blick auf die Uhr. 20:07 Uhr. Eren war bereits sieben Minuten zu spät. Natürlich war er das. Alles andere hätte ihn auch stark verwundert.   Mit einem Seufzen blickte Jean auf die CD in seinen Händen, doch noch bevor sie die nächste Existenzkrise bei ihm auslösen konnte, klingelte es auch schon an der Haustür. Das musste Eren sein.   Für einen kurzen Moment zögerte er und überlegte, ob er die CD nicht einfach hierlassen sollte. So würde er einer eventuellen Blamage sicherheitshalber entgehen können, aber andererseits… Er wollte sie Eren geben, also steckte er sie mit zitternden Fingern ein.   Er konnte ja dann immer noch spontan entscheiden, ob er sie wirklich verschenken wollte oder nicht.   „Ma, ich bin weg!“, rief er seiner Mutter zu und bewegte sich in Richtung Haustür, als es noch einmal klingelte. Blöder Arsch, zuerst zu spät kommen und dann Klingelterror veranstalten. Das war mal wieder typisch Jäger.   „In Ordnung, mein Schatz!“, kam ihre Stimme aus Richtung Küche. „Fahrt vorsichtig, okay, Jeanbo?“   Eren und vorsichtig. Das waren zwei Dinge, die nicht wirklich zusammenpassten, aber das rieb er seiner Mutter lieber nicht unter die Nase. Stattdessen zog er sich schnell einen dunklen Cardigan über, schnappte sich Schlüssel und Handy, und öffnete die Tür.   „Hey!“, begrüßte Eren ihn, ein fettes Grinsen auf den Lippen. Lässig wirbelte er den Autoschlüssel um seinen Zeigefinger. „Bereit für die romantischste Nacht deines Lebens, Babe?“   Schnaubend schloss Jean die Tür hinter sich. „Wohl eher für die letzte Nacht meines Lebens“, erwiderte er und schloss für einen Moment die Augen, als Eren ihn einen Kuss auf den Mund drückte. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass man einen Hitzkopf wie dich tatsächlich auf die Straße losgelassen hat.“   „Du bist doch nur neidisch!“, meinte Eren und streckte die Zunge heraus. „Aber keine Sorge, Kirschstein, du wirst gleich Zeuge davon, dass ich ein verdammt guter Fahrer bin.“   „Dein Wort in Gottes Ohr“, murmelte Jean und ging mit Eren in Richtung Straße. Sein Blick fiel auf ein ihm unbekanntes Auto, das beängstigend schräg am Bürgersteig geparkt war. „Ist das deins?“   „Gehört meinem Dad, aber jepp!“, bestätigte Eren und klopfte auf das Dach des sehr teuer aussehenden Autos.   Jean betrachtete ihn skeptisch. „Also wenn du so fährst, wie du parkst, dann…“ Mit einem dramatischen Stöhnen kniff er sich in die Nase. „Gott, zum Glück hab ich eben mein Testament geschrieben.“   „Ach komm, stell dich nicht so an.“ Eren rollte mit den Augen. „Parken ist wirklich nicht so meins, okay, aber fahren kann ich! Besonders schnell fahren, hehe.“   Das waren Worte, bei denen Jean für einen Moment das Herz stehen blieb. „Du machst mich verrückt, Jäger. Ich brauch eine verdammte Kippe.“   Schnaubend holte Eren seine blöden Menthol-Zigaretten aus der Gesäßtasche und überreichte Jean eine. „Stell dich nicht so an“, tadelte er ihn und zündete die Kippe für ihn an. „Ich zieh dich nur ein bisschen auf, Jean, das ist alles. Ich kann wirklich gut fahren. Glaub mir. Das meint sogar Mikasa.“   Jean nahm einen tiefen Zug, behielt den Rauch einige Sekunden in seiner Lunge, und gab die Zigarette dann an Eren weiter. „Mikasa ist nie ehrlich zu dir“, meinte er und lehnte sich mit den Rücken gegen das Auto. „Die verhätschelt dich. Kannst du dich an die Mittelstufe erinnern? Kunstunterricht? Als wir so eine Tierskulptur herstellen sollten?“   „Klar weiß ich das noch. Was ist damit?“, wollte Eren wissen und lehnte sich neben ihn ans Auto. „Mein Wolf war verdammt cool.“   Jean konnte ein Schnauben nicht unterdrücken. „Ja, das meinte Mikasa auch, dabei sah das Ding absolut grässlich aus.“   „Hey, Wichser, das stimmt doch gar nicht!“   „Eren. Die Kunstlehrerin hat dir eine Sechs dafür gegeben. Eine Sechs.“   „Das- Okay, ja.“ Der Braunhaarige musste lachen. Rauch entkam dabei seinem Mund und seiner Nase und zog langsam in Richtung Nachthimmel. „Aber das ist was anderes. Ich werde mir echt Mühe geben, um anständig zu fahren, okay?“   Mit einem sanften Grinsen stützt Eren seinen Kopf auf Jeans Schulter ab und blickte ihm ins Gesicht. „Versprochen. Das wird eine richtig schöne Nacht.“   Der Ausdruck in seinen großen, grünen Augen war so aufrichtig, dass Jean seufzend seine Schläfe an Erens Kopf lehnte und in Richtung Himmel schaute. „Okay. Und dann sagst du immer, ich wäre der Romantiker von uns beiden.“   „Bist du ja auch! Ich mein, deswegen hab ich das Ganze für dich geplant. Weil ich weiß, dass du so was magst und weil ich dich glücklich machen will.“   Eren konnte es aus diesem Winkel zwar wahrscheinlich nicht sehen, aber Jean war sich sicher, dass er dafür spüren konnte, wie unglaublich heiß diese Aussage Jeans Gesicht werden ließ. „Und so ein Denken ist nicht romantisch?!“   „Nö.“ Eren streckte ihm die Zunge raus. Den Rest der Zigarette teilten sie schweigend und dann begaben sie sich auch schon ins Innere des Wagens.   „Schick“, kommentierte Jean mit hochgezogenen Augenbrauen und machte es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich. Er ließ seinen Blick umherschweifen und schnallte sich an. „Brauchst du ein Navi oder findest du den Weg auch so?“   „Nah, find ich auch so“, meinte Eren und schnallte sich ebenfalls an. „Ist ja nicht zu übersehen.“   „Hmm“, machte Jean und ließ sich tiefer ins Polster sinken. Gott, wer hätte gedacht, dass Autos so bequem sein konnten?! Das Auto seiner Ma hatte definitiv nicht so himmlisch weiche Polster!   Doch sein Entspannungszustand verschwand so schnell wie er gekommen war, als Eren den Schlüssel drehte und das Auto prompt mit einem lauten Brummen abwürgte.   Für einen Moment herrschte Stille.   „Oops“, sprach Eren schließlich.   „Eren. Das kann nicht dein verfickter Ernst sein.“   „Chill“, sagte Eren und drehte den Motor erneut auf. Diesmal sogar erfolgreich. „Ich mach nur Spaß, alles gut.“   „Alles gut“, wiederholte Jean tonlos, als Eren die Scheinwerfer anmachte und das Auto in Bewegung setzte. Er krallte eine Hand in sein Haar. „Fuck, ich werde wahrscheinlich komplett grau sein, wenn wir beim Berg ankommen. Falls wir irgendwann beim Berg ankommen.“   „Hey, sind graue Haare momentan nicht total in?“, meinte Eren und warf ihm grinsend einen Seitenblick zu. „Dann solltest du mir dankbar sein, du Hipster. Graue Haare ohne dafür bezahlen zu müssen!“   „Ich bezahl mit meinen Nerven für die grauen Haare“, erwiderte Jean und sank tiefer ins Polster.   „Drama Queen. Hey, stört’s dich, wenn ich das Radio anmache?“   Ah, stimmt. Da war ja etwas… Jean steckte eine Hand in die Tasche seines Cardigans und berührte mit den Fingerspitzen die Kante der CD-Hülle. „Das Auto hat einen CD-Player, oder?“, fragte er zaghaft nach.   „Uh, ich denk schon, ja. Warum?“   Jean spürte, wie Hitze seine Wangen zum Glühen brachte. Wow. Wirklich sehr cool. „Ich hab, uh… eine… Eine CD mit.“   „Echt?“ Eren kräuselte die Nase. „Gibt’s die heutzutage noch? Ich dachte inzwischen wird Musik nur noch digital verkauft.“   „Ich hab die CD nicht gekauft“, erwiderte Jean und krallte die Finger in den Stoff seiner Skinny Jeans. „Ich… hab sie selbst gebrannt. Für… Für dich…“   „Für mich?“, wiederholte Eren überrascht und sah ihn an. „Was ist drauf?“   Jean legte die Finger um sein Kinn und drehte seinen Kopf, damit Eren wieder nach vorne auf die Straße blickte. „Songs… Die mich an dich erinnert haben... und so.“   „Also hast du quasi eine Playlist für mich zusammengestellt? Wow, Jean, das ist…“ Eren schien für einen Moment tatsächlich sprachlos zu sein, was den Rotschimmer auf Jeans Gesicht nur noch dunkler werden ließ. „Du bist ernsthaft der größte Romantiker, den ich kenne, haha! Aw, Baby.“   „Lach nicht so doof, du Arschloch!“, fauchte Jean und schlug Erens Hand weg, die nach seinem Gesicht griff. „Ugh, ich hasse dich!“   „Oh Mann, jetzt sei doch nicht so. Ich hab dich nicht ausgelacht!“   „Nein. Natürlich nicht. Penner.“   „Echt nicht! Ich hab nur gelacht, weil ich glücklich bin!“, versuchte ihm Eren weiszumachen.   Jean stöhnte nur und verfluchte sich dafür, das dämliche Thema angesprochen zu haben. Und vor allem, dass er überhaupt auf die bescheuerte Idee gekommen war, solch eine CD für Eren zu brennen!   „Lass mal sehen“, befahl Eren, als er an einer roten Ampel zum Stehen kam.   „Nein.“   „Jean.“   „Ugh! Na schön!“ Knurrend nahm Jean die CD aus seiner Tasche und drückte sie Eren ins dumme Gesicht.   Erens Blick glitt über das Cover. Es war nichts Besonderes, einfach nur ein weißes Papier, auf dem Jean ein paar Worte gekritzelt hatte. In seiner schönsten Schrift. Eventuell hatte er sogar ein Herz in die Ecke gezeichnet. Eventuell. Das-   „Ist das ein Herz?“, fragte Eren mit funkelnden Augen noch.   „Nein!“, stritt Jean sofort mit schriller Stimmer ab. „Bist du blind, Jäger?! Das ist… einfach nur ein Tintenfleck. Der da zufällig drauf gelandet ist.“   „Uhuh“, machte Eren mit zuckenden Mundwinkeln und öffnete die Hülle. „Ein Tintenfleck, der zufällig darauf gelandet ist und zufällig wie ein Herzchen aussieht.“   Jean spannte den Kiefer an. „Ganz genau.“   „Uhuh“, wiederholte Eren und zwinkerte ihn an. Er schob die CD in den Player und gab Jean dann die Hülle zurück.   Jean hätte ihn am liebsten seine Faust in dieses dämliche Grinsen gerammt, aber leider brauchte er den Trottel und dessen Fahrkenntnisse noch, also musste er sich damit begnügen, ihm den Mittelfinger zu zeigen.   Kurz darauf erklangen auch schon die ersten Töne einer sanften Gitarrenmelodie. Jean presste seine Wange an die Fensterscheibe, um sein heißes Gesicht irgendwie abzukühlen, und blicke stur auf die Straße.   Eren schwieg und lauschte stattdessen den Worten der Sängerin. „Das ist ein Liebeslied“, meinte er nach einigen Sekunden schließlich.   Jean schloss die Augen und presste nun sein gesamtes Gesicht gegen die Scheibe.   „Sind das alles Liebeslieder?“, fragte Eren nach.   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus seiner Nase aus, der die Scheibe leicht beschlagen ließ. „Keine Ahnung wie der Song darauf gekommen ist. Eigentlich sind das alles Lieder darüber, wie sehr ich dich doch umbringen will.“   Eren musste lachen. „Das ist süß. Du bist süß. Ernsthaft. Du bist der süßeste Mensch, den ich kenne. Wer hätte gedacht, dass sich hinter deinem egozentrischen Auftreten so ein liebevoller Mensch versteckt?“   Gott, Jean hatte das Gefühl, als würde sein Kopf gleich schmelzen! „Wer hätte gedacht, dass sich hinter deinem Arschloch-Auftreten ein noch viel größeres Arschloch versteckt?!“, keifte er zurück.   Eren schnaufte amüsiert. „Dir ist schon klar, dass ich dir gerade Komplimente mache, oder, Mann? Also kein Grund so zickig zu sein. Aber ich schätze, dass du so verlegen darauf reagierst, ist auch irgendwie niedlich.“   „Wie wär’s, wenn ich dir meine Faust in den Arsch schiebe, huh? Wäre das auch niedlich?!“   „Ohoho!“ Erens Blick wurde anzüglich. „Ich wusste gar nicht, dass du auf Fisting stehst.“   „Halt einfach deine Klappe, Penner!“   Und als ob ein Wunder geschehen wäre, herrschte danach tatsächlich Schweigen. Zumindest für ein paar Minuten, bis Eren schließlich damit begann, leise bei den Liedern mitzusingen.   Jean blickte aus den Augenwinkeln zu ihm. Er wusste, dass die Songs in der Playlist nicht wirklich Erens Geschmack entsprachen. Dafür gab es in ihnen viel zu wenig Geschrei. Aber darum ging es ja auch nicht.   Es ging um die Songtexte.   Es ging um die Gefühle, über die gesungen wurde.   Gefühle, die Jean nur allzu gut kannte.   Denn es waren Dinge, die Jean selbst fühlte, wenn er an Eren dachte.   Jean neigte den Kopf zur Seite, blickte mit gesenkten Lidern auf Erens Profil und lauschte seinem Gesang. Ohne es zu merken, schlich sich ein kleines Lächeln auf seine Züge.   Es dauerte einige Sekunden, bis Eren seinen Blick bemerkte. Er erwiderte das Lächeln. „Alles gut?“, fragte er nach und stellte den Blinker ein, um von der Landstraße in eine kleine Seitenstraße zu biegen. „Wir sind gleich da, also nicht einschlafen.“   „Mmh.“ Jean streckte die Hand nach ihm aus. „Dafür, dass du Liebeslieder so scheiße findest, bist du aber verdächtig textsicher“, kommentierte er amüsiert und zwickte ihm ins Ohrläppchen.   Eren streckte ihm die Zunge heraus und schnappte sich seine Hand, um einen Kuss auf seinen Handrücken zu hauchen. „Ich mag die Playlist“, sagte er, die Lippen immer noch zart auf seine Haut gepresst. „Ich muss mich echt beherrschen nicht an die Seite zu fahren, um dich dumm und dusselig zu küssen.“   „Trottel“, erwiderte Jean liebevoll und schlug ihm sanft auf die Schulter.   Eren legte die Hand wieder aufs Lenkrad. „Ich will dir auch eine Playlist machen. Für unseren Road Trip zum Meer.“   „Oh mein Gott, bloß nicht.“ Jean zog eine Grimasse. „Das würde meine armen Ohren nicht aushalten.“   „Hey! Nur, weil in den Liedern geschrien wird, heißt das nicht, dass sie nicht trotzdem von Liebe oder ähnlichem handeln können!“   „Bei dem Geschrei versteht man doch kein einziges Wort. Alles, was ich höre, ist sinnloses Gegröle.“   „Dann hör das nächste Mal halt einfach genauer hin??“   „Kein Interesse.“   „Ugh! Du bist ein Kunstbanause.“   „Damit kann ich leben“, meinte Jean und streckte sich mit einem Gähnen.   Eren öffnete den Mund, wahrscheinlich, um seinen Screamo-Scheiß weiterhin anzupreisen, da ertönten die ersten Klänge des nächsten Songs.   Fassungslos starrte er Jean an. „Nein“, sagte er. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Everytime We Touch?!“   Jeans Ohren fingen an zu glühen. „Hey, das hab ich nur als Witz darauf getan, okay? Aus Ironie!“   „Oh mein Gott, Jean.“   „Ironie, Jäger! I-R-O-N-I-E!“   ~xXx~   Eine gute halbe Stunde später waren sie schließlich bei ihrem Ziel angekommen. Ein kleiner Parkplatz in der Nähe der Bergspitze. Es war ein kleiner Berg, kaum der Rede wert, aber dennoch gab es hier in Shiganshina keinen besseren Ort, um einen Blick in den Nachthimmel zu werfen.   Eren streckte sich stöhnend, als er aus dem Auto stieg und schlang dann prompt die Arme um seinen Oberkörper. „Ziemlich kühl.“   Jean rollte mit den Augen. „Was hast du erwartet“, brummte er und schnappte sich Erens Handgelenk, um ihn an seine Seite zu ziehen.   Eigentlich war Eren selbst schuld. Er hätte sich ja denken können, dass es um diese Uhrzeit und so weit oben vielleicht ein wenig zu kalt war für ein Shirt, was auch noch ziemlich hässlich aussah, wow. Hätte er sich für diesen Anlass nicht mal ein wenig herausputzen können? Aber gut, Jean wollte mal nicht so sein. „Zum Glück hast du so einen heißen Freund, der dich wärmen kann.“   „Das stimmt wohl.“ Eren grinste zufrieden und setzte sich mit Jean zusammen auf die Motorhaube des Autos. „Obwohl der Motor auch noch ziemlich warm ist.“   Die Motorhaube fühlte sich tatsächlich ein wenig wie ein (wenn auch ziemliches hartes) Wärmekissen an, was durchaus angenehm in der kalten Nachtluft war.   Jean legte den Arm um Erens Hüfte und neigte den Kopf in den Nacken, sein Blick auf den Nachthimmel gerichtet. Die Aussicht war atemberaubend. Es gab keine großen Gebäude in der Nähe, was hieß, dass sie, abgesehen von ein paar kleineren Wolken, freien Blick auf den Himmel hatten.   Eren stützte das Kinn auf Jeans Schulter ab. „Der Mond wirkt so unglaublich nah“, murmelte er. Seine Stimme klang beinahe ein wenig ehrfürchtig, also drehte Jean das Gesicht in seine Richtung und blickte ihn an; sah in abertausende Sterne, die sich in Erens großen Augen spiegelten.   „Fast so, als könnte man ihn greifen“, sprach Eren weiter und streckte die Hand nach dem Mond aus. Er runzelte die Stirn. „Ist leider nur ein wenig bewölkt, das ist kacke. Wir müssen hier unbedingt noch einmal hin, wenn der Himmel klarer ist.“   Eren kratzte sich an der Wange und sah ihn an. „Ich hoffe, es gefällt dir trotzdem?“   Sanft umfasste Jean sein Gesicht. „Es ist wunderschön“, wisperte er und küsste ihn.   Eine Zeit lang küssten sie sich unter dem Sternenhimmel. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an und dennoch nicht lange genug. Jean wollte ihn für immer küssen und noch länger.   Doch es war Eren, der ihre Lippen schließlich löste. „Möchtest du was trinken?“, fragte er ihn und leckte sich über den Mundwinkel. „Ich hab Bier mitgenommen.“   „Bier?“ Jean hob eine Augenbraue. „Und wie willst du dann nachhause fahren? Ich lass dich bestimmt nicht alkoholisiert ans Steuer, Alter.“   „Alkoholfreies Bier“, korrigierte Eren sich und schnipste ihm gegen die Stirn. Dann sprang er von der Motorhaube und holte eine Tüte aus dem Rücksitz hervor. „Wahrscheinlich hätte ich eine Kühlbox mitnehmen sollen, die Dosen sind ziemlich warm.“   Jean nahm die Dose an, die Eren ihm vor die Nase hielt, und betrachtete die Bedruckung. „Hey, wieso bekomme ich auch alkoholfreies Bier?“   „Ich leide doch nicht alleine“, meinte Eren, ein fettes Grinsen im Gesicht, und öffnete die Dose mit einem Zischen. „Ich zieh dich schön mit mir in die Hölle des alkfreien Biers, mein Freund.“   „Natürlich.“ Seufzend öffnete auch Jean seine Dose und stieß mit Eren an. „Prost.“   Es schmeckte widerlich. Nicht nur, weil es alkoholfrei war, sondern auch, weil das Bier eklig warm war. Jean streckte die Zunge raus. „Schmeckt nach Pisse.“   Eren zuckte träge mit einer Schulter. „Dennoch besser als nicht“, meinte er und nippte an der Dose.   Das war eine Aussage, der Jean nicht unbedingt zustimmen würde, dennoch nahm auch er einen weiteren Schluck.   Eine Weile unterhielten sie sich über dies und das, bis ihnen schließlich die Gesprächsthemen ausgingen und sie es sich schweigend auf der Motorhaube bequem machten. Eren hatte sich inzwischen breit gemacht, der Kopf in Jeans Schoß ruhend, während sein Freund gedankenverloren durch sein braunes Haar streichelte, die Augen weiterhin auf den Nachthimmel gerichtet.   Es war ungewohnt Eren so ruhig zu sehen. Normalerweise war er immer in Bewegung und zappelte herum; hier ein wackelndes Knie oder da ein Trommeln mit den Fingern. Jean wusste, dass es das ADHS war, das ihn so rastlos machte, aber die Medikamente, die er dagegen nahm, schienen ihn inzwischen tatsächlich etwas ruhiger werden zu lassen.   Beinahe zu ruhig. Erens Atmung wurde nämlich immer langsamer und tiefer, was Jean dazu veranlasste, einen besorgten Blick nach unten zu werfen. „Hey“, beschwerte er sich und neigte Erens Kopf in den Nacken, damit sie sich in die Augen sehen konnten. „Nicht einpennen, du musst nachher noch zurückfahren.“   Eren blinzelte mehrmals, beinahe so, als wäre er tatsächlich kurz davor gewesen einzudösen. Er befeuchtete sich die Lippen und warf Jean ein Grinsen zu. „Dann unternimm etwas, um mich wach zu halten, Jeanie.“   „Nenn mich nicht immer so.“ Jean senkte die Lider und lehnte sich nach unten mit der Intention, ihn zu küssen. Allerdings war das gar nicht mal so einfach, da Eren kopfüber in seinem Schoß lag, und so knallte seine Nase gegen Erens Kinn, noch bevor sich ihre Lippen berührten konnten.   „Verdammte Drecksscheiße!“, fluchte Jean und rieb sich die Nase, während Eren in Gelächter ausbrach. „Bei Spiderman sah das so einfach aus!“   „Komm her, du Trottel.“ Schmunzelnd richtete sich Eren auf einem Ellbogen auf und kam ihm entgegen.   Ah, das war schon viel besser.   Zuerst waren ihre Küsse noch harmlos, doch sie nahmen schnell an Leidenschaft und Intensivität zu, bis die Motorhaube plötzlich ein bedrohliches Knacksen von sich gab.   „Fuck“, lachte Eren in seinen Mund. „Mein Dad bringt mich um, wenn der Wagen auch nur einen Kratzer kriegt. Wir sollten lieber aufpassen.“   Jean biss ihm in die geschwollene Unterlippe und zog sanft daran. „Ich will dich“, wisperte er und rieb mit der Handfläche übers Erens Brust.   Erens Blick wurde glasig. „Ich auch“, entkam es ihm hauchend, dann räusperte er sich. „Uh, also, ich will dich auch.“   Jean schmunzelte und erhob sich von der Motorhaube. „Lass uns im Auto weitermachen, mh?“, meinte er und nahm Erens Hand.   Doch im Auto deutete sich das nächste Problem es; es war eng. Viel zu eng für zwei ausgewachsene Teenager. Dennoch schafften sie es irgendwie, sich auf die Rücksitze zu platzieren; Jean auf den Rücken mit Eren zwischen seinen gespreizten Beinen.   „Ich kann nicht glauben, dass du tatsächlich Gleitgel mitgenommen hast“, meinte Jean mit einem schiefen Grinsen und biss sich auf die Unterlippe, als Eren vorsichtig den ersten Finger in ihn einführte.   Nicht nur das, Eren hatte sogar daran gedacht ein Handtuch mitzubringen, das sie auf den Rücksitzen ausgebreitet hatten und auf dem Jean nun lag.   „Ich hab halt Hoffnung gehabt, dass die Nacht gut endet“, erwiderte Eren und wippte mit den Augenbrauen.   Mit einem atemlosen Lachen schlug Jean nach seinem Knie. „Du bist so notgeil, Jäger.“   „Ach ja? Wer von uns beiden wird hier denn gerade gefingert, huh?“ Erens Augen funkelten, als er den Finger krümmte und Jean so ein Keuchen entlockte.   „Fuck“, fluchte er und krallte eine Hand in sein Haar. „Tiefer. Komm schon, Eren.“   Angestrengt lugte Erens Zunge zwischen seinen Lippen hervor. Er bohrte die Finger in Jeans Kniekehle. „Du bist ziemlich gelenkig, oder?“   „Bin ich“, bestätigte Jean mit gerunzelter Stirn. „Aber was- ahn!“ Ein überraschtes Stöhnen entkam seinem Mund, als Eren sein Knie über seine gebräunte Schulter schlang.   Eren nutzte die Chance, um einen weiteren Finger einzuführen und in einem gemächlichen Tempo ein- und auszustoßen. „Besser?“   „Viel besser“, bestätigte Jean mit einem langgezogenen Seufzen. Er neigte den Kopf in den Nacken, der unfokussierte Blick auf die beschlagene Fensterscheibe gerichtet. „Fuck, ich fühl mich wie in Titanic. Bei der Sexszene im Auto.“   Schnaubend neigte Eren den Kopf zur Seite und küsste Jeans Bein. „Warum überkommt mich das Gefühl, dass du diesen Kitschfilm schon tausendmal gesehen hast?“   „Hey“, beschwerte sich Jean und bohrte seine Ferse in Erens Schulterblatt. „Der Film ist ein Meisterwerk, okay?“   „Jaja.“   Jean zischte, als Eren einen dritten Finger einführte und kam den Stoßbewegungen mit seiner Hüfte entgegen. Sie hatten ziemlich oft Sex – kein Wunder, waren sie beide schließlich hormonelle Teenager –, was hieß, dass es glücklicherweise nicht allzu lange dauerte, bis Jean bereit für mehr war.   Normalerweise hätte er dieses kleine Vorspiel liebend gern mehr in die Länge gezogen, Eren war nämlich verdammt geschickt mit seinen Fingern – Gitarre spielen sei Dank? –, aber er spürte, wie sich sein Körper aufgrund der Enge des Autos bereits verkrampfte.   „Okay“, wisperte er und schlang einen Arm um Eren Nacken, um ihn für einen Kuss zu sich herunter zu ziehen. „Wie wollen wir’s machen?“   „Mmmh.“ Summend strich Eren mit der Nase seine Koteletten entlang. „Wie ist es für dich am angenehmsten, Baby?“   „So definitiv nicht“, murrte Jean und verzog das Gesicht. Nachdenklich legte er die Hand in Erens Nacken und kraulte ihn dort. „Reiterstellung?“   Erens zittriger Atemzug traf ihn an der Ohrmuschel und ließ ihn erschaudern. „Reiterstellung“, bestätigte er und richtete sich auf.   Sie brauchten einige Koordinierungsversuche, bis es schließlich Eren war, der mit dem Rücken auf dem Handtuch lag.   Jean legte die Hand um Erens Glied und pumpte ihn einige Male, um ihn wieder vollständig hart zu bekommen. „Hm. Hast du ein Kondom mit?“   „H-Huh?“, fragte Eren mit belegter Stimme nach, während er sich unkontrolliert in Jeans Faust stieß. „Nein? Wir haben es noch nie mit einem Kondom getan.“   Jean presste die Lippen zusammen. „Ich weiß“, sagte er, „aber wir müssen echt aufpassen, dass wir keine Sauerei veranstalten.“   „Kann ich nicht einfach in dir kommen, wie sonst auch immer?“ Eren fuhr mit der Zunge über seinen spitzen Eckzahn.   „Damit mir die ganze Heimfahrt über deine Wichse aus dem Arsch läuft und den Sitz versaut?! Ich glaub nicht.“   Eren entkam ein atemloses Geräusch. „Ist es schlimm, dass ich die Vorstellung irgendwie verdammt sexy finde?“   „Dann stell dir vor, wie dein Vater ausrasten wird, wenn er Wichsflecken auf seinem Polster findet. Das ist nicht mehr sexy, huh?“, meinte Jean, aber seine Mundwinkel zuckten. Er nahm die Hand von Erens Schwanz und betrachtete für einen Moment nachdenklich seine nassen Fingerspitzen. „Okay, sag mir einfach Bescheid, wenn du kurz vorm Kommen bist und erledige ich den Rest mit meinem Mund, ja?“   „Okay“, antwortete Eren und legte die Finger ungeduldig um Jeans Hüfte. „Und jetzt reite mich endlich, Babe.“   Jean leckte sich über den Mundwinkel. „Da kann es einer wohl kaum abwarten, huh?“, neckte er ihn, aber auch seine Geduld neigte sich dem Ende zu.   Mit einigen Schwierigkeiten schaffte er es schließlich, sich über Eren zu knien, die eine Hand in die Rücklehne gekrallt, während die andere auf die Fensterscheibe gepresst war und dort einen Abdruck hinterließ.   Erens Hände ruhten derweil auf Jeans Arsch, um diesen zu spreizen und ihm dabei zu helfen, auf sein Glied herabzusinken. Jean stöhne leise auf, als Eren immer tiefer in ihn eindrang, bis er ihn schließlich komplett in sich aufgenommen hatte.   „Shit“, entkam es ihm leise, da er schnell merkte, dass auch diese Position alles andere als perfekt für seine langen Gliedmaßen war.   Eren schien sich seinem Unbehagen nicht mal bewusst zu sein, da er keine Zeit damit verlor seine Hüfte nach oben zu stoßen und sich in Jean zu rammen. Hart.   …Was darin resultierte, dass Jeans Kopf mit voller Wucht gegen die Decke des Autos knallte.   „Autsch, du Arschloch! Stopp!“, keifte er Eren sofort an und drückte beide Hände auf Erens Oberkörper, um ihn daran zu hindern, sich noch einmal rücksichtslos in ihn zu rammen. „Fuck, das hat echt wehgetan, du Penner!“   Eren blickte ihn mit großen Augen an und brach dann in Gelächter aus. Was für ein elendiger Wichser. „Oops, haha! Sorry, Jean!“   „Ich hasse dich“, brummte Jean und rieb sich den schmerzenden Kopf. Aua, das hatte wirklich verdammt wehgetan. So sehr, dass er sogar eine leichte Nässe in seinen Augen verspüren konnte.   „Tut mir leid, Schatz.“ Eren legte die Hände auf sein Gesicht und zog ihn für einen entschuldigenden Kuss herunter. „Du fühlst dich einfach so gut an, dass ich mich nicht beherrschen konnte.“   „Tsk“, machte Jean und blickte mit warmen Wangen zur Seite.   Schatz. Normalerweise nannte Eren ihn Baby oder Babe, aber seltsamerweise war es der Kosename Schatz, der Jeans Herz immer am meisten zum Rasen brachte. Wie auch jetzt.   Eren küsste seine Nase. „Ich bin jetzt vorsichtiger, okay?“   „Und langsamer“, grummelte Jean und stützte seine Ellbogen links und rechts von Erens Kopf ins Polster, um sich so klein wie möglich zu machen. „Sonst klappt das in der Position nicht. Fuck, sag deinen Eltern, die sollen sich ein größeres Auto zulegen.“   Eren lachte atemlos, als Jean probeweise die Hüfte rollte, und krallte die Finger in seine Taille. „Alles klar“, wisperte er und presste seine Stirn an Jeans. „Lass es uns ganz langsam tun, okay? Schön romantisch.“   „Du bist so peinlich, Jäger, hörst du dir überhaupt selbst beim Reden zu?“, wisperte Jean mit zitternder Stimme und kniff die Augen zusammen. Langsam fing er an die Hüfte zu bewegen, Eren kam ihm dabei bei jeder Bewegung entgegen.   Er hatte keine Ahnung, wie oft er und Eren schon miteinander geschlafen hatten. Zu oft, um es zu zählen. Aber so intim und vertraut hatte sich Sex zwischen ihnen tatsächlich noch nie angefühlt.   Sie waren so eng umschlungen, dass Jeans Glied bei jedem Stoß über Erens Bauchmuskeln rieb und ihm ein atemloses Keuchen entlockte. Und dann war da noch der intensive Blick, mit dem Eren ihn betrachtete.   Es wirkte beinahe so, als wolle er Jean mit Haut und Haaren auffressen.   Diese Intensivität war fast schon ein wenig angsteinflößend, aber gleichzeitig auch so gut.   Jean hatte sich in seinem Leben noch nie so begehrenswert und attraktiv gefühlt wie wenn Erens Blick auf ihm ruhte.   Klar, er bekam tausend Komplimente unter seinen Instagram Fotos, aber das war etwas anderes. Das war nicht echt. Bei Instagram konnte man schummeln; Jean wusste, wie er sich positionieren musste, um seine Makel zu verstecken.   Er war nicht dumm, natürlich war ihm bewusst, dass sein Gesicht zu lang war. Seine Nase zu groß. Sein Körper zu schlaksig. Er hatte jahrelang Komplexe wegen seinem Aussehen gehabt. Sein selbstbewusstes Auftreten war die meiste Zeit über nur eine Farce.   Aber wenn Eren ihn ansah, dann geriet all dies in den Hintergrund. Es wurde unbedeutend.   Nur Eren war wichtig.   Eren, Eren, Eren.   Jeans Atem wurde zittrig, als er mit der Nasenspitze Erens gerötete Wange entlang strich, zu seiner Ohrmuschel herüber. Er musste es ihm sagen. Er musste Eren mitteilen, wie viel er ihm bedeutete. Wie der bloße Gedanke an ihn sein Herz zum Rasen brachte und sich eine unglaubliche Wärme in seinem Bauch ausbreitete.   Jean musste es ihm sagen, sonst würde er platzen. All die Zuneigung und Liebe, die er für Eren empfand, sie erdrückten ihn beinahe.   Er musste.   Eren neigte den Kopf zur Seite, ihre Nasen berührten sich.   „Du bist das Beste, was mir je passiert ist“, entkam es Jean mit einem Atemzug.   Eren stockte, stoppte abrupt all seine Bewegungen und starrte Jean einfach nur an.   Mit seinen großen, runden Augen.   „Jean“, sagte er. Es war deutlich, dass ihm die Worte fehlten.   Aber das war schon okay. Jean konnte schließlich sehen, wie sich langsam ein Funkeln in seine Augen schlich, wie seine Augenwinkel nass wurden.   Und das war Jean Antwort genug.   Bestätigung genug.   „Komm schon…“ Jean vergrub das Gesicht in Erens Halsbeuge und rollte seine Hüfte. „Nicht aufhören.“   Erens tiefer Atemzug zerzauste sein Haar, dann krallten sich seine Nägel mit noch mehr Kraft als zuvor in Jeans Taille. „Ich werd’s dir so gut besorgen, Jean“, wisperte Eren, zog Jean immer und immer wieder zurück auf sein Glied. „So, so gut. Versprochen.“   Jean öffnete den Mund, doch alles, was er hervorpressen konnte, war ein ersticktes Stöhnen.   Eren fickte ihn plötzlich mit solch einer Leidenschaft, dass es ihm den Atem raubte.   Es war unbeschreiblich.   Eren fühlte sich perfekt an, so gut und richtig, dass es nicht lange dauerte, bis Jean ein verräterischeres Kribbeln in seinem Unterleib spürte.   „Fuck, Eren!“ Schweratmend stützte er sich mit den Händen in eine halbaufgerichtete Position auf. „Eren“, flüsterte er wie ein Mantra vor sich hin, während er seine Hüfte immer schneller bewegte, immer verzweifelter. „Du fühlst dich perfekt, B-Baby, wie für mich gemacht...“   Das Gefühl, Eren tief in sich zu spüren, war tatsächlich so gut, dass Jean nicht mal bei sich selbst Hand anlegen musste, um seinem Orgasmus immer näher zu kommen.   Eren biss sich auf die Unterlippe und auch seine Bewegungen wurden von Stoß zu Stoß härter und ungeschickter. Seine Nägel waren so tief in Jeans Fleisch gebohrt, dass sie sicherlich Abdrücke hinterlassen würden.   „Oh Gott, Eren!“ Jean wimmerte langgezogen, lehnte sich nach unten, um ihre Stirnen aneinander zu pressen. „Ich komm gleich… Nur von dem Gefühl, dich in mir zu haben und… u-und… Ahh.“   Weiter kam er nicht, bevor Jean ein so heftiger Orgasmus überrollte, dass sein kompletter Körper anfing unkontrolliert zu zucken. Es fühlte sich anders an als die Höhepunkte zuvor; viel intensiver und so überwältigend, dass er einfach nur da liegen, wimmern und genießen konnte.   Er spürte, wie ein feines Rinnsal Speichel seinem geöffneten Mund entkam, also leckte er sich über den Mundwinkel und krallte sich so sehr an Eren fest, als ob er sein rettender Fels in der Brandung wäre.   Und irgendwie fühlte es sich gerade auch genau so an.   „Jean, J-Jean… Bist du gerade… Allein von… Fuck!“ Eren verlor den Rhythmus, rammte sich nur noch unbeherrscht und hart in Jeans bebenden Körper. „Oh shit, Baby, das ist so heiß, du bist so heiß, ich… Ich, oh Gott, du musst- ich…“   Obwohl Jean selbst noch nicht wieder wirklich bei Sinnen war, wusste er, was Erens Gebrabbel zu bedeuten hatte. Schwerfällig und mit Gliedmaßen, die sich immer noch nach Gummi anfühlten, kletterte er aus Erens Schoß, machte es sich stattdessen zwischen seinen Beinen bequem und nahm seinen zuckenden Schwanz in den Mund.   Eren krallte die Finger in sein Haar, zwang Jean dazu, noch mehr von ihm zwischen die Lippen zu nehmen und erreichte dann auch schon mit einem Stöhnen seinen Höhepunkt.   Jean stöhnte ebenfalls, während er das Sperma herunter schluckte und sein Kinn dann schweratmend auf Erens Hüftknochen abstützte.   „Fuck“, sagte er.   „Fuck“, stimmte Eren zu. „Bist du gerade tatsächlich… Allein vom Ficken gekommen? Ohne dich selbst anzufassen?“   Jeans Gesicht war bereits knallrot vor Anstrengung, dennoch fühlte es sich so an, als würden seine Wangen nach diesen Worten noch mehr glühen. „Vielleicht…“   Erens Lachen klang atemlos. „Das ist so sexy, Jean, wirklich. Ich wusste nicht, dass du das kannst…“   „Ich auch nicht.“ Jean grinste ihn fies an. „Wahrscheinlich bist du vorher einfach nicht gut genug gewesen.“   „Arsch!“ Liebevoll, und immer noch lachend, gab Eren ihm einen sanften Schlag auf den Hinterkopf.   Danach schwiegen sie einige Minuten lang und versuchten wieder zu Atem zu kommen. Eren war schließlich der erste, der sich in eine sitzende Position aufhievte und Jean mit sich zog.   Mit einem Seufzen strich sich Jean das schweißnasse Haar aus der Stirn. „Das war fantastisch“, sagte er, „aber das machen wir trotzdem nie wieder. Ich werde morgen am ganzen Körper Muskelkater haben, fuck. Das Auto ist viel zu klein zum Ficken.“   „Dann weiß ich ja schon, was ich mir zum Geburtstag wünschen werde. Einen Minivan.“ Grinsend strich Eren mit dem Zeigefinger über Jeans Sperma, das immer noch auf seiner Brust verteilt war. Es war verdammt viel, bemerkte Jean leicht beschämt. Doch glücklicherweise kommentierte Eren dies (ausnahmsweise) nicht. Stattdessen betrachtete er seinen Finger nachdenklich, dann malte er Jean damit ein Herz auf die gerötete Wange.   Jean blinzelte langsam. „Du bist so ein Freak, weißt du das?“   Mit einem Lachen leckte Eren das Sperma-Herz von seiner Wange und küsste ihn. „Ich weiß.“   „Gut, zumindest bist du dir dessen bewusst“, murmelte Jean und rieb sich den Speichel von der Wange. „Wie auch immer, jetzt sollten wir erst einmal das komplette Auto lüften, denn heilige Scheiße riecht es hier drin nach einem verdammten Puff.“   „Aber zumindest haben wir die Polster nicht versaut“, meinte Eren und nahm das Handtuch, um das Sperma von seinem Oberkörper zu wischen und dann auch Jean von etwaigen Körperflüssigkeiten zu säubern.   „Zumindest das“, stimmte Jean zu. Sein Blick wurde plötzlich sanft, seine Wangen rot. „Hey. Eren. Ich, uh… Danke. Es war wirklich eine schöne Nacht.“   Eren lächelte und küsste ihn. „Immer wieder gern, Babe.“ Kapitel 4: OS: Wings of Freedom ------------------------------- TheOneAboveAll: TheOneAboveAll sendet ein Foto.   Jägermeister: cutie   TheOneAboveAll: Thx :P   TheOneAboveAll: TheOneAboveAll sendet ein Foto.   TheOneAboveAll: Oder ist das besser??   Jägermeister: omg warum ziehst du überhaupt ein hemd an wenn du es eh so weit aufknöpfst dass man alles sehen kann   TheOneAboveAll: Man sieht eben nicht genau alles, Jäger, man deutet gewisse Dinge nur an und das kann manchmal heißer sein, als komplett alles zu sehen ;)   Jägermeister: soll das ein diss gegen meine nudes sein   TheOneAboveAll: ;P   Jägermeister: ok schon verstanden dann fang ich das nächstes mal sexting an indem ich dir ein pic von mir im schneeanzug schicke und dann pic für pic ein kleidungsstück verliere   TheOneAboveAll: LOL, bitte nicht   Jägermeister: du wolltest es so bb   Jägermeister: 8-DDD   TheOneAboveAll: Ich wollte dir nur Tipps geben wie man bei Instagram erfolgreich wird, du Arsch   TheOneAboveAll: Obwohl es bei dir wahrscheinlich am besten wäre Selfies hochzuladen, wo man dein Gesicht nicht sieht :)   Jägermeister: fuuu   Jägermeister: aber hey weißt du was lustig ist   TheOneAboveAll: Deine Dickpics?   Jägermeister: hahahaha du bist heute wieder sooo lustig jeanbo   TheOneAboveAll: :*   Jägermeister: als du mir die pics geschickt hast wusste ich direkt dass die für ig sind und nicht für mich   TheOneAboveAll: ??   Jägermeister: manchmal schickst du mir ja selfies die nur für mich sind und das erkennt man direkt an deinem gesicht weil es dann nicht so fake aussieht wie bei deinen ig pics   TheOneAboveAll: Meine Instagram Pics sehen fake aus??? Wtf??   Jägermeister: omg chill ich mein das nicht böse ok aber weil ich den echten jean kenne sehe ich eben den unterschied schätz ich   Jägermeister: bei den pics die nur für mich sind hast du dieses funkeln in den augen und deine gesichtszüge sind iwie weicher und dein lächeln auch   TheOneAboveAll: …   Jägermeister: ka wie ich es beschreiben soll natürlich sind deine ig pics auch hübsch aber die pics für mich sind halt einfach anders iwie intimer weil ich weiß dass dieser blick nur für mich ist verstehst du was ich meine lol   TheOneAboveAll: Ich kann nicht glauben, dass du dich andauernd über mich lustig machst, weil ich ja angeblich soooo romantisch sei und dann haust du selbst immer solche Dinger raus, ugh!!   Jägermeister: war das romantisch   TheOneAboveAll: Ja??   Jägermeister: ok cool   TheOneAboveAll: -_-   Jägermeister: lool   TheOneAboveAll: …   Jägermeister: mach herz zurück bb   TheOneAboveAll: Ugh, na schön   TheOneAboveAll:   Jägermeister: :-DDDDDDDD   TheOneAboveAll: Jetzt zufrieden?   Jägermeister: yesss   Jägermeister: ich wäre aber noch zufriedener wenn du meine nächste frage mit ja beantwortest ich wollte dich nämlich was fragen   TheOneAboveAll: Oh Gott, jetzt kommt’s…   Jägermeister: :-DD   Jägermeister: jean   TheOneAboveAll: Was   Jägermeister: schatz hasi licht meines lebens mein gehüteter augapfel etc etc   TheOneAboveAll: Omg, was willst du??   TheOneAboveAll: Ich krieg langsam Panik, hast du irgendwas kaputt gemacht? Jemanden getötet?   TheOneAboveAll: Oh Gott, bitte sag mir, dass du Arschgesicht Floch getötet hast!!   Jägermeister: lolol sry bb leider nicht aber wenn du nächstes we zeit hast können wir das gern in angriff nehmen B-)   Jägermeister: dieses we hast du nämlich schon was vor   TheOneAboveAll: Ach ja?   Jägermeister: yes mit mir   TheOneAboveAll: Und das wäre?   Jägermeister: wir gehen zusammen auf ein konzi!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! :-DDDDDDDDD   TheOneAboveAll: Bitte was?   Jägermeister: eine meiner fave bands gibt am sa ein clubkonzert bei uns in der nähe und weil ich so ein guter bf bin hab ich dir ein ticket gekauft damit wir zusammen hingehen können   TheOneAboveAll: Oh nein, ganz bestimmt nicht!   Jägermeister: ?!?!?!?!?!??! >:-‘(((((((((   TheOneAboveAll: Ich kenn dich, Eren. Alles was du hörst ist dieser Screamo Scheiß   TheOneAboveAll: Und das werde ich mir GANZ bestimmt nicht antun, ich brauch meine Ohren nämlich noch   Jägermeister: omg komm schon bbyyyyyy   Jägermeister: bitte das wird richtig cool versprochen ok   TheOneAboveAll: Nein   Jägermeister: jetzt sei kein arsch mann   Jägermeister: Jägermeister sendet ein Foto.   Jägermeister: ich hab die tickets schon gekauft und sie schreien nach dir guck   TheOneAboveAll: Wings of Freedom… Allein der Name schon…   Jägermeister: jean   TheOneAboveAll: Geh mit Mikasa hin   Jägermeister: ich will nicht mit mikasa hin sondern mit dir!!!!!!   Jägermeister: komm schon das ist eine meiner absoluten fave bands ich will da wirklich gern mit dir hin das würde das konzi noch schöner für mich machen wirklich bb   TheOneAboveAll: Mich zu quälen findest du schön??   Jägermeister: ja   Jägermeister: :-DDD   TheOneAboveAll: Ugh, warum bin ich nochmal mit dir zusammen?   Jägermeister: weil ich gut im bett bin B-))))   TheOneAboveAll: Naja, geht so, ich hatte schon bessere   TheOneAboveAll: ;P   Jägermeister: ernsthaft   TheOneAboveAll: Was?   Jägermeister: hattest du ernsthaft schon bessere   TheOneAboveAll: Huh, ist das jetzt eine ernste Frage??   Jägermeister: ja   TheOneAboveAll: Lol, das kommt plötzlich und sehr… überraschend?? Du bist doch sonst immer so selbstbewusst   Jägermeister: ich bin selbstbewusst aber ich bin auch neugierig wir haben bisher nie wirklich über so etwas geredet   TheOneAboveAll: Stimmt… Obwohl du mir mal gesagt hast, dass ich deine erste richtige Beziehung bin…   Jägermeister: ja das andere war immer nur so ein bisschen herum fickerei lolol   TheOneAboveAll: … Wow   Jägermeister: was du sagst doch selbst immer dass ich 24/7 horny bin und iwie muss das ja alles raus oder nicht   TheOneAboveAll: Ich schätze schon…   Jägermeister: was ist los du bist jetzt nicht eifersüchtig oder lol du wusstest doch dass ich keine jungfrau bin   TheOneAboveAll: Naja, kommt drauf an mit wie vielen du vorher in der Kiste warst???   Jägermeister: mit der ganzen schule   Jägermeister: jk lololol   TheOneAboveAll: Du bist ein Arschloch, weißt du das?   Jägermeister: sryyyyyyyy   Jägermeister: ka ich hab nicht gezählt aber ein paar mädchen ein paar jungs wirklich nicht der rede wert ok glaub mir bb   TheOneAboveAll: … Okay   Jägermeister: :-**************   Jägermeister: und du   TheOneAboveAll: Mit der ganzen Schule :)   Jägermeister: hahahahaha   Jägermeister: jetzt sag   TheOneAboveAll: 3   Jägermeister: 3 was   TheOneAboveAll: Beziehungen?? Ich bin nicht der Typ für One-Night-Stands…   Jägermeister: aw bb du romantiker   TheOneAboveAll: Fick dich!!   Jägermeister:   Jägermeister: war einer von denen besser als ich sei ehrlich ok   TheOneAboveAll: Ja, alle sogar 0:)   Jägermeister: jean   TheOneAboveAll: Kann ich nicht vergleichen??? Ich find, Sex ist was Persönliches und je nach Person fühlt es sich halt auch anders und einzigartig an   Jägermeister: omg du bist so süüüüüüüüßßßßßßßßßßßßßßß   TheOneAboveAll: Fick. Dich. Du gehst mir gerade echt gewaltig auf den Sack, Mann   TheOneAboveAll: Ich bin so kurz davor dich für den restlichen Tag zu blockieren und das mein ich ernst   Jägermeister: bb sry   Jägermeister: wirklich   Jägermeister: ich find das wirklich süß ok du bist süß jean   Jägermeister: du bist so süß bitte geh mit mir auf das konzert damit ich mit dir angeben kann   Jägermeister: bitte jean es wird cool versprochen   TheOneAboveAll: UGH, na gut!!!   Jägermeister: 3333333333333 --- „Ist das wirklich notwendig?“ Mit skeptischer Miene zupfte Jean an dem grünen Shirt herum, das seinen Oberkörper bekleidete. Es war ein wenig eng, aber nicht so eng, um unangenehm zum Tragen zu sein. Nein, stattdessen war es viel eher die Bedruckung des Shirts, die ihm unangenehm war:   Wings of Freedom.   „Ist es“, bestätigte Eren, der den Kopf in seinem Kleiderschrank vergraben hatte auf der Suche nach… keine Ahnung was. Irgendeinem Oberteil wahrscheinlich, da er seins schließlich ausgezogen und Jean zum Tragen gegeben hatte.   Jeans Blick ruhte auf seinem nackten Oberkörper und beobachtete, wie sich die Muskeln in seinem Rücken bewegten. Es war echt unfair, wie verflucht muskulös der Kerl war und das, obwohl Jean wusste, dass er sich tonnenweise Fast Food reinpfiff. Gut, Eren trainierte zwar auch jeden Tag, aber dennoch. Das Leben war ungerecht.   „Ich komm mir so… fake vor“, sprach er weiter und schob einen Finger unter sein Shirt, um am Ausschnitt zu ziehen. „Abgesehen davon, dass das Ding eh ziemlich hässlich ist.“   „Du bist auch ziemlich hässlich, also passt’s doch“, erwiderte Eren sehr reif, der Kopf immer noch in den Weiten seines Schranks versteckt. Kein Wunder, wie zu erwarten hatte die Knalltüte überhaupt keine Ordnung im Schrank, was hieß, dass die Klamotten wild und ohne erkennbares Muster in die verschiedenen Regale gestopft waren.   Jean zog die Mundwinkel herunter. „Pass lieber auf, was du sagst, Penner. Ich bin nämlich kurz davor dich sitzen zu lassen und wieder nachhause zu fahren.“   Eren warf ihm über seine Schulter eine Kusshand zu, bevor er plötzlich mit einem „Aha“ nach einem Kleidungsstück griff und es Jean stolz präsentierte. „Tadaa!“   „Noch ein hässliches Shirt, Glückwunsch“, erwiderte Jean ausdruckslos. Und nicht nur irgendein Shirt, nein, auch das war Merchandise von Erens heiß geliebtem Screamo Scheiß. Die Farbe war zwar anders, nämlich dunkelblau diesmal, doch das Motiv – Flügel und ein Schriftzug – war bis auf ein paar Kleinigkeiten mehr oder weniger gleich.   „Willst du das lieber anziehen?“, fragte Eren nach und fuchtelte wild damit herum. „Oder doch das behalten, was du anhast?“   Stöhnend fuhr sich Jean durchs Haar. Vorsichtig, da er sich tatsächlich die Mühe gemacht hatte seine Haare zu stylen. Für ein Konzert, auf das er keinen Bock hatte und das ihm sicherlich eh nicht einmal gefallen würde. Wie absolut bescheuert von ihm. Seitdem er mit Eren zusammen war, fingen seine Gehirnzellen wohl an abzusterben.   „Eren, ich kenn die Band nicht einmal, warum muss ich da ein verdammtes Shirt von denen anziehen?!“   „Weil du viel zu overdressed warst“, meinte Eren und rollte mit den Augen. „So geht man nicht auf ein verdammtes Konzert. Außerdem hab ich zufällig zwei Shirts, also wäre es nicht cool im Partner-Look rumzulaufen?!“   ‚Nein‘, wollte Jean sagen. ‚Das ist absolut bescheuert.‘ Aber ein Blick in Erens eifriges Gesicht und auf diese verdammten Lachfältchen an seinen viel zu aufrichtigen Augen genügte, um noch ein paar seiner Gehirnzellen absterben zu lassen.   „… Ich lass das Shirt an“, gab er sich schließlich geschlagen und ließ sich auf die Kante des Betts plumpsen.   „Gute Entscheidung!“ Mit einem breiten Grinsen tapste Eren zu ihm herüber und platzierte sich zwischen seine gespreizten Knie. „Ich mag’s dich in meinen Klamotten zu sehen. Das ist irgendwie heiß. Auch, wenn dir der Grünton wirklich gar nicht steht, Mann, das gibt dir eine ganz komische Gesichtsfarbe.“   Erens Oberkörper war immer noch unbekleidet und genau da. Vor seinem Gesicht. Nur wenige Zentimeter von seinem Mund entfernt. Die Versuchung, ihm aus Rache für seinen konstanten Wortdurchfall in den Nippel zu beißen, war also groß… Und oh so verlockend... Aber stattdessen platzierte Jean seine Wange mit einem dramatischen Seufzen auf Erens Brust und schloss die Augen.   „Ich hasse dich, Jäger.“   Eren lachte; ein Geräusch, das Jean nicht nur hören, sondern sogar spüren konnte, und legte die Hand in Jeans Haar. „Nope, tust du nicht.“   „Doch“, beharrte Jean und schmiegte sich näher an ihn heran, als Eren damit begann, sanft durch seine Haare zu streicheln. „Mein Hass für dich ist immens.“   „Mmh“, machte Eren nur und Jean musste die Augen nicht mal öffnen um zu wissen, dass er gerade grinste. So ein Trottel. „Gleichfalls.“   Einige Sekunden genoss Jean die Streicheleinheiten, bis ihm wieder bewusst wurde, wie viel Zeit er doch (unnötigerweise) in das Styling seiner Frisur gesteckt hatte und dass Eren mit seinen Fingern gerade alles wieder zunichtemachte.   „Okay, das ist genug“, sagte er und rieb seine Wange an Erens Haut. „Du ruinierst meine Frisur, du Arsch.“   Eren entkam ein überraschtes Prusten. „Hey, lass das, dein Bart kitzelt!“   „Oh?“ Mit einem Schmunzeln lehnte sich Jean zurück und hob eine Augenbraue. „Jetzt gibst du also endlich zu, dass es ein Bart ist?“   Er hatte keine Ahnung wieso sich Eren andauernd darüber lustig machen musste. Etwas, das Jean echt gewaltig auf den Sack ging. Ja, klar, er hatte keinen verdammten Vollbart, aber das wollte er auch nicht? Das würde ihm nicht einmal stehen! Aber die Stoppeln, die seinen Kiefer und sein Kinn zierten? Jean war selbstbewusst genug um sagen zu können, dass es ihm verdammt gut stand.   Eren war doch nur neidisch, weil er selbst so ein Babyface ohne Bartwuchs hatte, pah!   „Niemals.“ Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen strich Eren mit dem Zeigefinger seine Koteletten entlang, runter zu seinem Kinn. „Das war nur eine kleine Notlüge. Manchmal ist so etwas notwendig, um die andere Person in Sicherheit zu wiegen, weißt du“, meinte er und legte plötzlich beide Hände in Jeans Haar, um durch seine Strähnen zu wuscheln und ihm so nun komplett die Frisur zu versauen.   „Du verdammtes Arschloch!“   Eine gute Viertelstunde später, in der Jean mit Hilfe von Haarspray den verzweifelten Versuch startete, seine Frisur irgendwie doch noch zu retten, traten sie schließlich aus Erens Zimmer heraus und machten sich auf den Weg in Richtung Club.   … Zumindest war das der Plan gewesen, bis Mikasa sie im Flur aufhielt.   „Eren.“   Jean zuckte erschrocken zusammen. Verdammt, irgendwann würden ihm die Ninja-Künste dieses Mädchens noch einen verdammten Herzinfarkt besorgen! Musste denn wirklich jeder in der Jäger-Familie ein Freak sein?!   „Was“, wollte Eren wissen, während er in seine Chucks schlüpfte.   Mikasa fixierte ihn mit einem eisernen Blick. „Komm nicht zu spät nachhause.“   „Ich komm gar nicht nachhause, da ich bei Jean pennen werde.“   Ihre Augen wanderten zu Jean herüber. Er schenkte ihr ein unbeholfenes Grinsen und hob die Hand zum Gruße, doch sie ignorierte ihn. „Schreib mir, wenn ihr bei ihm angekommen seid.“   „Oh mein Gott, Mikasa, du bist echt schlimmer als Mom!“   „Eren.“   Er warf ihr einen genervten Seitenblick zu. „Ja, ist ja gut, verdammt.“   „Jean.“   Reflexartig stellte sich Jean gerade hin, steif wie ein Brett. „Ja?“   „Sorg dafür, dass Eren nicht so viel trinkt“, sagte sie und legte die Finger an ihren roten Schal. Den sie anscheinend selbst in ihrem eigenen Haus trug. Wow, einfach nur… wow.   „Wird gemacht“, erwiderte Jean und salutierte ihr spaßeshalber.   Mikasa verzog keine Mimik. Für einen Moment starrten sie sich einfach nur an. Dann zuckten ihre Mundwinkel für ein kleines Lächeln in die Höhe. „Viel Spaß“, meinte sie schließlich und drehte ihnen den Rücken zu.   „Manchmal“, sprach Jean langsam, nachdem sie das Haus verlassen hatten und sich in Richtung Bushaltestelle bewegten, „kann deine Schwester echt gruselig sein.“   Zumindest war sie dass, seitdem er und Eren ein Paar waren. Vorher hatte sie ihm ehrlicherweise nicht allzu viel Beachtung geschenkt. Sie war aber auch nie wirklich unfreundlich zu ihm gewesen, obwohl er sich jahrelang mit ihrem Bruder die Köpfe eingeschlagen hatte. Natürlich war sie bei Streitereien immer auf Erens Seite gewesen, aber das war aus reiner Loyalität.   Jean wusste nämlich, dass er immer- okay, gut, fast immer Recht in ihren Diskussionen gehabt hatte, auch, wenn Eren das bis heute abstritt.   Aber ja, abgesehen von ein paar Schulprojekten hatte er nie wirklich mit Mikasa interagiert. Aber jetzt, wo er öfter mal beim Jäger-Haushalt abhing, warf sie ihm immer diesen… Blick zu.   Immer noch nicht wirklich unfreundlich, aber irgendwie… warnend. Obwohl sie ansonsten glücklicherweise keinerlei negative Reaktionen gezeigt hatte, als Eren und Jean ihr, Armin, Sasha und Connie gebeichtet hatten, dass sie nun zusammen waren. Eigentlich hatten all ihre Freunde positiv reagiert, obwohl sich das Idioten-Duo anfangs andauernd „liebevoll“ über sie lustig gemacht und ihnen irgendwelche dummen Sprüche reingedrückt hatte.   Trotzdem bereute Jean es nicht, dass er den Mut gefunden hatte sich gegenüber ihrer kleinen Freundesgruppe zu outen und dass, obwohl er echt eine Heidenangst gehabt hatte. Eren hatte wirklich gut und lange auf ihn einreden müssen, bis er sich diesen Schritt zugetraut hatte.   Connie und Sasha waren zwar für ihre losen Zungen bekannt, aber sie hatten ihm versprochen kein Wort über ihre Beziehung zu verlieren und das taten sie auch tatsächlich nicht. Wenn es wirklich darauf ankam, dann konnten sie schweigen wie ein Grab.   Und dafür war ihnen Jean echt dankbar, da er noch lange nicht bereit dafür war, sich vor einer größeren Masse wie der Schule zu outen. Besonders nicht, wenn die Hälfte der Schüler homophobe Arschlöcher waren.   Eren schnaubte und zündete sich eine Zigarette an. „Sie ist nicht gruselig“, erwiderte er und schnappte sich Jeans Hand, um ihre Finger miteinander zu verschränken. „Sondern einfach nur nervig.“   Jean summte daraufhin nur und mopste sich Erens Zigarette, um einen Zug zu nehmen.   Glücklicherweise war das Konzert nicht allzu weit entfernt vom Jäger-Haus und so dauerte es nur gut eine halbe Stunde, bis sie ihre Tickets vorzeigen mussten und den Club betreten konnten.   Es war überraschend… klein. Eren hatte ihm zwar gesagt, dass die Wings of Freedom eher unbekannt waren, dennoch hatte Jean mit einer größeren Halle gerechnet. Hier würden vielleicht um die 500 Menschen hereinpassen, maximal, aber hey! Das war ihm genau genommen sogar viel lieber als ein Club, der so voll war, dass es kaum noch Luft zum Atmen gab.   So konnte man sich frei bewegen und es gab dem ganzen Konzert zusätzlich ein… familiäres Gefühl.   Nicht, dass Jean Teil dieser Familie wäre. Er kam sich ehrlich gesagt immer noch ein wenig seltsam vor mit seinem Wings of Freedom Shirt. Beinahe wie so eine Art Geheimagent.   Stöhnend packte er sich an die Stirn, als ihm ein Kerl, der das exakt selbe Shirt wie er trug, ein Thumbs-Up zeigte und zerrte Eren in Richtung Bar. „Ich brauch ein Bier.“   Eren schnaubte amüsiert und bestellte zwei Bier für sie. „So schlimm?“, wollte er wissen und zog die Augenbrauen zusammen. „Dabei hat das Konzert doch noch nicht einmal angefangen, Mann.“   Mit einem dankbaren Brummen nahm Jean den Plastikbecher vom Barkeeper entgegen und leerte den halben Inhalt mit einem einzigen Schluck. „Nicht deswegen, es geht um mein verficktes Shirt.“   Er presste die Lippen hauchzart an den Becherrand und ließ den Blick umherschweifen. „Ich komme mir so vor, als würde ich den anderen Leuten was vorspielen. Als ob ich sie verarschen würde, keine Ahnung.“   „Es ist nur ein Shirt, Jean. Kein Grund direkt eine Existenzkrise zu bekommen.“   „Du bist ja auch nicht als Maulwurf hier unterwegs, verdammt! Was mach ich, wenn mich jemand anspricht und nach meinem Lieblingssong fragt oder so?!“   „Wer will so eine Pferdefresse schon ansprechen wollen?“, scherzte Eren mit zuckenden Mundwinkeln.   „Jäger, bitte. Ich bin eindeutig der attraktivste Mann in diesem Club. Daran kann selbst der grässliche Grünton dieses Shirts nichts ändern.“   Eren entkam ein erheitertes Lachen. „Du bist echt bescheuert, Jean, weißt du das?“   Jean seufzte theatralisch und lehnte sich an Erens Seite. „Vollkommen bescheuert“, bestätigte er und kippte sich das restliche Bier hinter die Binde. „Sonst wäre ich jetzt nicht hier.“   „Oder vollkommen in mich verliebt“, meinte Eren grinsend und schnappte sich Jeans Becher, um ihm ein weiteres Bier zu bestellen.   „Das hättest du wohl gern“, brummte Jean und war froh, dass in genau diesem Moment die Band Wings of Freedom auf die Bühne kam und das Licht abgedunkelt wurde. So konnte Eren seine roten Ohren nämlich nicht sehen.   Ohren… deren Trommelfelle kurz darauf platzten, da der Sänger keine Zeit verlor um ins Mikrophon zu kreischen.   Heilige Scheiße, das war verfickt laut!   Jean hatte keine Ahnung, was der Sänger da ins Mikro brüllte, ob er überhaupt menschliche Sprache benutzte oder gerade einen scheiß Dämonen beschwor. Genau das schien dem Publikum aber zu gefallen, da es direkt in tosendes Gegröle ausbrach.   Auch Eren drückte sich jubelnd von der Wand neben dem Bartresen ab und fing an, wie wild auf- und abzuspringen.   Jean nippte derweil an seinem Bier und grübelte, ob er wohl genug Geld dabei hatte, um sich ins Koma zu saufen. Doch es war gar nicht mal zu einfach einen klaren Gedanken zu fassen, wenn eine Dämonenlivebeschwörung aus den Lautsprechern dröhnte und Eren ihm gleichzeitig auch noch das Ohr abkaute.   Mehrere, schier endlose Minuten lang versuchte der Braunhaarige ihn dazu zu überreden, sich ein wenig zur „Musik“ zu bewegen, aber vergebens. Es war nicht so, als ob Jean ein Tanzmuffel wäre. Ganz im Gegenteil, er war sogar ziemlich gut auf der Tanzfläche.   Aber wie zum Fick sollte man sich bitte dazu bewegen, wenn es so klang, als würde Satan höchstpersönlich auf der Bühne gerade ein Kind zur Welt bringen?! Springen und Headbangen war ihm zu bescheuert, das machte er Eren auch deutlich, also verschwand dieser schließlich mit einem Augenrollen von seiner Seite und mischte sich unter die Menge.   Die ersten Songs waren grauenvoll, doch dann spielten die Wings of Freedom ein paar Lieder, bei denen tatsächlich nicht pausenlos gekreischt wurde. Jean musste sogar gestehen, dass der Sänger ziemlich gut klang, wenn er ganz normal sang. Er hatte eine durchaus angenehme Stimmfarbe.   Zu schade, dass die Wings of Freedom ihr Potenzial mit so einem unnötigen Geschrei vergeudeten.   Allerdings schien Jean der einzige mit dieser Meinung zu sein, da das Publikum ihre Songs wie wild feierten. Ein Moshpit hatte sich inzwischen in der Nähe der Bühne gebildet und es gab sogar Crowdsurfing.   Jean entkam ein Schnauben, als er sah, dass es Eren war, der von der Menge über die Menschen getragen wurde. Natürlich, wer auch sonst?   Danach schien Eren allerdings erst einmal eine Pause zu brauchen, da er sich aus der tanzenden Masse entfernte und sich zu Jean begab, der immer noch bei der Bar verweilte.   Eren sah gut aus, stellte Jean fest.   Sein Gesicht war gerötet, was seine Sommersprossen noch mehr zum Vorschein brachte, und er hatte ein fettes Grinsen auf den Lippen, das gar nicht mehr aus seinem Gesicht zu bekommen war.   Sein Haar war klitschnass und hing ihm ins Gesicht, während sein verschwitztes Shirt eng an seinem Körper klebte.   Es hätte ein unattraktiver Anblick sein müssen, aber Eren sah so glücklich aus, dass Jean unweigerlich ganz warm ums Herz wurde. Ohne, dass er es merkte, zogen sich seine Mundwinkel in die Höhe.   Er reichte Eren seinen halbvollen Bierbecher, als er vor ihm zum Stehen kam, und beobachtete amüsiert, wie er ihn im Rekordtempo leerte.   Jean legte die Hände auf Erens Hüfte und zog ihn näher an sich heran. „Anstrengend, huh?“, meinte er und strich ihm das schweißnasse Haar aus der Stirn.   „Anstrengend, aber geil“, bestätigte Eren, immer noch grinsend, und schnappte sich Jeans Hand, um einen Kuss auf seine Fingerknöchel zu pressen. Seine Stimme klang bereits etwas heiser. Wahrscheinlich hatte er die Songs mitgegrölt. „Was ist mit dir, hast du auch Spaß?“   Jean ließ seinen Blick umherschweifen; von den Wings of Freedom, die immer noch ins Mikro kreischten und seine Ohren zum Klingeln brachten, rüber zu der verrückten Menge, die den Boden mit ihren Sprüngen zum Beben brachte, bis seine Augen wieder bei Eren landeten.   Eren, mit dem breiten, ansteckenden Grinsen im Gesicht.   Eren, mit den großen, warmen, glücklichen Augen.   Ein sanftes Lächeln schlich sich auf Jeans Lippen, als er seine Stirn sanft an Erens lehnte.   „Ja“, sagte er.   Und es war tatsächlich die Wahrheit.   Ende. Kapitel 5: OS: Sweet As Chocolate ---------------------------------   Jägermeister: jean   Jägermeister: arschloch   Jägermeister: omg warte ich sehe da einen zweiten haken kommen meine nachrichten tatsächlich wieder an????????   Jägermeister: hallo   Jägermeister: hallo   TheOneAboveAll: Oh mein Gott, halt die Fresse!!!   Jägermeister: JEAN :-DDD!!!!!!!!!!!!!!   Jägermeister: alter hast du mich ernsthaft das komplette we blockiert gehabt   TheOneAboveAll: Vielleicht hätte ich dich noch länger blockieren sollen… Mir kommt das gerade wie ein Fehler vor…   Jägermeister: omg stfu bist du wirklich noch sauer   TheOneAboveAll: …   Jägermeister: dude ich kann nicht glauben dass du mich das komplette we blockiert hast weil ich dich ein bisschen in animal crossing geärgert hab   TheOneAboveAll: Ein bisschen??   TheOneAboveAll: Du hast meine Blumen zertrampelt und gefühlt die Hälfte meiner Bäume abgeholzt, du Wichser!!   Jägermeister: lololol   Jägermeister: selbst schuld wenn du mich als bester freund eingetragen hast du hast es quasi darauf ankommen lassen ;-)))))   TheOneAboveAll: Wow, ja, toll, tut mir leid, dass ich dir vertraut habe   TheOneAboveAll: Den Fehler werde ich bestimmt nicht nochmal machen   Jägermeister: bb sei nicht so   Jägermeister: sry ok   Jägermeister: ich schick dir auch ein paar von diesen muschelmöbeln die du unbedingt haben wolltest als wiedergutmachung ok   TheOneAboveAll: Das ist schon einmal ein guter Anfang…   Jägermeister: :-********   TheOneAboveAll: Ich kann nicht glauben, dass nicht nur unsere Dates im RL ein Desaster sind, sondern bei ACNH auch… lol   Jägermeister: hahahaha   Jägermeister: ist doch cool ist halt typisch wir :-DDD   Jägermeister: und ich mein der anfang war doch nett oder wie wir zusammen am strand waren und auf dieser schaukelbrücke da und im museum   TheOneAboveAll: Das schon… Bis du alles ruiniert hast und zum Axtmörder geworden bist…   Jägermeister: >:-DDDDDD   TheOneAboveAll: Ich hoffe, das ist wenigstens etwas, was sich von unseren echten Dates unterscheidet, lol   Jägermeister: lololol naja so als sex rollenspiel kann das doch ganz geil sein B-)))))   TheOneAboveAll: Natürlich… <_<   Jägermeister: omg bby komm wir haben die ganze woche nicht gevögelt da darf ein bisschen perverses denken ja wohl erlaubt sein   TheOneAboveAll: Du und „ein bisschen“ sind Dinge, die nicht wirklich zusammen passen…   TheOneAboveAll: Außerdem bist du selbst Schuld, wir hätten so ein schönes WE zusammen verbringen können… ;)   Jägermeister: jajajaja ist ja gut mann   Jägermeister: aber es war schon seltsam dich mal nicht am we zu sehen normalerweise verbringen wir das doch immer gemeinsam seitdem wir zusammen sind :-(((((   TheOneAboveAll: Ja, das stimmt…   Jägermeister: was hast du gemacht bb   TheOneAboveAll: Versucht meine Insel zu retten, nachdem du sie ruiniert hast…. Anime, paar andere Games gezockt, etc   Jägermeister: chillig   TheOneAboveAll: Jepp und du?   Jägermeister: war mit mikasa im fitnessstudio dann noch gezockt und so lol   Jägermeister: omg ich freu mich so drauf deine hässliche pferdefresse morgen zu sehen ich hab das gefühl als hätte ich dich ewig nicht gesehen   TheOneAboveAll: … Wie kann man nur gleichzeitig so süß und scheiße in einer einzelnen Nachricht sein, wow   Jägermeister: lol   Jägermeister: *hübsche pferdefresse ;-*********   TheOneAboveAll: Du bist wirklich ein wahrer Charmeur, huh   Jägermeister: just for u 333   --- Okay, ja, vielleicht hatte Jean tatsächlich ein wenig zu harsch reagiert, als er Eren das komplette Wochenende über die kalte Schulter gezeigt hatte. Animal Crossing war schließlich nur ein Spiel und er musste zugeben, dass das Wochenende allein zuhause tatsächlich ein wenig… einsam war.   Und still. Er hatte sich schon so daran gewöhnt, dass Eren ihm andauernd wegen irgendeinem Scheiß das Ohr abkaute, dass es wirklich ungewohnt war, einfach mal… nichts zu hören. Keine dummen Witze. Keine Beleidigungen. Kein Gemotze über dies und das.   Jean hatte keine Ahnung, was falsch mit ihm war, dass er tatsächlich Erens Gemotze vermisst hatte… Aber ganz ehrlich? Zu lange und viel wollte er auch nicht darüber nachdenken. Denn dann wurde ihm nur bewusst, wie sehr er Eren doch verfallen war und das war ein Gedanke, der selbst nach den vielen Monaten, in denen sie nun ein Paar waren, immer noch irgendwie… peinlich war.   Warum auch immer.   Andererseits hatte sich Eren schon verdammt arschig benommen. Am Anfang war es ja noch ganz witzig gewesen, als Eren seine Axt herausgeholt und angefangen hatte ihn zu jagen. Es war sogar irgendwie niedlich gewesen vor ihm wegzulaufen. Aber natürlich musste der Penner es mal wieder übertreiben und so war es nicht bei einer einfachen Jagd geblieben, oh nein.   Zuerst trampelte er mehrmals über die seltenen Blumen, die Jean ewig züchten musste, und ruinierte sie so komplett, aber das war natürlich noch nicht genug. Denn dann fing er auch noch an wahllos Bäume zu fällen, bis beinahe nichts übrig geblieben war.   „Arschloch“, grummelte Jean leise vor sich hin und holte seufzend sein Handy heraus, um ziellos durch Instagram zu scrollen.   Dabei warf er einen Seitenblick auf die Wanduhr, die über dem Türrahmen hing: 7:52 Uhr. Nur noch acht Minuten, bis der Unterricht losging und Eren war immer noch nicht hier.   An sich nicht wirklich ungewöhnlich, Eren kam oft zu spät zur Schule. Wie er das schaffte? Keine Ahnung, musste irgendein verstecktes Talent von ihm sein. Mikasa nahm schließlich denselben Bus zur Schule und sie war immer rechtzeitig vor Beginn im Klassenraum.   Zwar auch eher knapp, aber hey, sie war pünktlich, während Eren meist ein paar Minuten später reingeschlurft kam. Jean konnte sich gut vorstellen, dass er vor Unterricht vielleicht noch eine Kippe rauchte und dass dies seine Verspätung erklärte, aber sicher war er sich nicht.   Eren war nach all den vielen Jahren, die sie sich nun schon kannten, teilweise immer noch ein Mysterium für ihn.   Dennoch wäre es schön gewesen, wenn er zumindest heute einmal rechtzeitig da gewesen wäre. Sie hatten sich schließlich zwei ganze Tage nicht gesehen (freitags hatten sie sich zwar noch in der Schule gesehen, allerdings hatte Jean ihm da schon die kalte Schulter gezeigt) und das war schon irgendwie… viel. Zumindest wenn man es gewohnt war, sich wirklich monatelang so gut wie jeden Tag zu sehen.   Wenn Eren also einmal im Leben früher gekommen wäre, dann wäre vielleicht auch noch Zeit gewesen, sich schnell in eine versteckte Ecke zu schleichen und ein wenig herum zu knutschen… Wenn auch nur für ein, zwei Minuten… Aber natürlich musste Eren mal wieder einen Strich durch seine Rechnung machen und seinen Traum zum Zerplatzen bringen.   Mit einem tiefen Stöhnen fuhr sich Jean durchs Haar und wollte gerade eines seiner Idol Games auf dem Smartphone öffnen, da betrat der Grund seines Unmuts auch schon den Klassenraum.   „Jean! Hey!“   Okay, Jean musste schon zugeben, dass es seinem Ego ein wenig schmeichelte, wie Erens Blick sofort seinen fand und er sich schnurstracks auf ihn zubewegte; ein fettes Lächeln auf den Lippen und alles andere ignorierend.   Jean versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie schnell sein Herz plötzlich pochte, und lehnte sich lässig in seine Richtung. „Hey zurück, du Inselzerstörer.“   „Oh mein Gott, Alter.“ Augenrollend kam Eren neben seinem Pult zum Stehen und öffnete seine Schultasche. „Wie nachtragend kann man sein, ey.“   Jean grinste ihn daraufhin nur an, um ihm zu zeigen, dass er ihn nur ein wenig ärgerte und nicht mehr böse auf ihn war. Oder zumindest nicht mehr allzu böse. „Man erntet was man säht, Jäger.“   Eren streckte ihm die Zunge heraus, immer noch in seiner Schultasche herumkramend, und setzte sich auf das Pult neben Jean. Thomas‘ Pult, um genau zu sein. Eren selbst saß nämlich ziemlich weit weg von Jean; und zwar in der ersten Reihe.   Nicht freiwillig, sondern von den Lehrern verordnet, damit sie ihn besser im Auge behalten konnten. Und tatsächlich auch, um so viel räumliche Distanz wie möglich zwischen ihnen zu bringen. Nicht, dass es jemals dabei geholfen hätte, sie an ihren lautstarken Diskussionen im Unterricht zu hindern.   „Ah!“, rief Eren triumphierend aus, als er endlich fand, wonach er gesucht hatte und drückte es Jean in die Hand. „Da, du blöde Schmollbacke.“   Mit einem überraschten Blinzeln blickte Jean auf den Gegenstand in seinen Händen: Es war eine durchsichtige Tüte. Eine Tüte gefüllt mit… Schokolade?   „Die Schokolade hat Eren selbst gemacht“, sagte Mikasa, die mal wieder aus dem Nichts erschien und sich an die Seite ihres Bruders gesellte.   „Mikasa!!“ Entrüstet starrte Eren sie an. „Musst du mir immer so in den Rücken fallen?!“   Sie rollte mit den Augen. „Ich fall dir nicht in den Rücken“, stellte sie klar und wickelte eine schwarze Haarsträhne um ihren Fingern. „Ich helfe dir nur.“   „Wie soll mir das helfen, du blöde Kuh, du machst dich doch über mich lustig!“, maulte Eren weiter und- wow, bildete sich Jean das nur ein oder hatte sich tatsächlich ein feiner Rotschimmer auf seinen Wangen gebildet?   „Weil es eine süße Geste ist und ich weiß, wie viel Mühe du dir beim Kochen gegeben hast und ich will, dass Jean das auch zu schätzen weiß.“   „Du, äh…“ Jean räusperte sich. Verdammt, Eren erröten zu sehen war solch ein seltener Anblick, dass es ihn selbst ganz verlegen machte… Ugh. „Du hast die Schokolade wirklich selbst gemacht?“   Er betrachtete die Tüte genauer. Sie war gefüllt mit kleinen, mundgerechten Portionen, die in der Tat etwas… deformiert wirkten. Das Werk eines professionellen Chocolatier war es also definitiv nicht.   „… Vielleicht“, murrte Eren mit verschränkten Armen und blickte demonstrativ zur Seite.   Mikasas Mundwinkel zuckten in die Höhe. „Ich hab Fotos davon gemacht“, sagte sie und zückte ihr Handy.   „Alter!“ Fassungslos drehte Eren den Kopf wieder in ihre Richtung. „Nicht dein Ernst, Mikasa?!“   „Doch“, sagte sie seelenruhig, tippte mehrmals auf dem Display herum und hielt es Jean dann vor die Nase. „Ist er nicht süß? Mom ist allerdings ausgerastet, weil er die komplette Küche versaut hat.“   „Du verdammte Verräterin!“ Mit einem Kampfschrei sprang Eren seine Schwester an und versuchte, ihr das Handy zu entreißen, doch Jean war schneller.   Zum Glück! Denn das Foto, was Mikasa geschossen hatte, war so ziemlich das süßeste Bild, das jemals von Eren gemacht worden war. Selbst süßer als die Kinderfoto, die Mikasa ihm einmal heimlich gezeigt hatte.   Das Motiv: Eren. Eren, der in der Küche – die tatsächlich wie ein Saustall aussah, heilige Scheiße – stand, die Mimik angestrengt, aber entschlossen.   Schokolade war über sein komplettes Gesicht verteilt; Wange, Nasenrücken, kurioserweise schien auch in seinem Haar welche zu sein. Ehrlich gesagt war die Schokolade sogar überall verteilt, selbst auf der niedlichen, einst weißen Schürze, die er trug.   „Das“, sagte Jean und hielt das Handy in die Luft, sodass Eren, der Zwerg, nicht herankam, „ist das Süßeste, was ich je in meinem ganzen Leben gesehen hab. Wow. Mikasa, du musst mir das unbedingt in What’sApp schicken, okay?“   „Klar. Ich hab auch noch ein paar andere süße Bilder von Eren, die kann ich dir bei der Gelegenheit auch noch schicken.“   „Fickt euch!“, knurrte Eren und zog die Kapuze seines Hoodies über seinen Kopf. Etwas, was er oft tat, wenn er seine Verlegenheit verbergen wollte. „Ich hasse euch, alle beide.“   Genervt wollte er in Richtung seines Pults stürmen, doch Jean hielt ihm am Handgelenk fest.   „Was?!“, brummte er missmutig und vermied es, Jean in die Augen zu sehen.   Sanft quetschte Jean sein Handgelenk. „Hast du heute nach der Schule Zeit?“   „Warum?“ Eren presste die Lippen zusammen. „Damit du dich weiter über mich lustig machen kannst?“   „Klingt auch gut“, erwiderte Jean grinsend und lehnte sich näher an ihn heran, „aber ich dachte eigentlich an etwas anderes…“   „Nämlich?“   Jeans Grinsen wurde breiter, als er Eren die Kapuze vom Kopf zog und seine Lippen stattdessen hauchzart auf seine Ohrmuschel presste. „Versöhnungssex?“, schlug er mit einem Hauchen vor. Er wartete, bis sein Atem Eren zum Erschaudern brachte, und lehnte sich dann wieder zurück.   Eren starrte ihn mit großen Augen an. „Du… Arsch“, sprach er abgehackt. Jean konnte sehen, wie sich seine Pupillen langsam weiteten. „Jetzt werde ich den restlichen Tag an nichts anderes mehr denken können und wir schreiben gleich den Englischtest…!“   Jean zwinkerte ihn nur frech an und ploppte ein Stück Schokolade in seinen Mund.   ---   Die Haustür war noch nicht einmal richtig geschlossen, da presste Eren Jean bereits gegen die nächstbeste Wand und küsste ihn, als ob sein Leben davon abhinge. Mit solchen einem Hunger und einer Leidenschaft, dass sich Jean stöhnend an seine Schultern klammerte, damit seine wackeligen Knie nicht nachgeben konnten.   „Du schmeckst nach Schokolade“, kommentierte Eren und begann damit, eine Reihe feuchter Küsse auf der Unterseite seines Kiefers zu platzieren.   „Die hab ich von einem Verehrer bekommen“, meinte Jean und starrte mit glasigen Augen an die Decke. „Von so einem Typen, der Hals über Kopf in mich verknallt ist.“   „Hah!“ Mit einem Schnauben biss Eren ihm in die Stelle, wo sich Hals und Schulter trafen. Hart. Wahrscheinlich würde es einen Abdruck hinterlassen, den Jean irgendwie versuchen musste zu verdecken. Penner. „Das hättest du wohl gern, Kirschstein. Ich hab sie dir nur gemacht, damit du aufhörst wegen deiner Insel zu jammern.“   „Ist klar.“ Schmunzelnd streichelte Jeans Hand Erens Körper entlang, von seiner Schulter herunter zu seiner Hüfte und dann unter sein Shirt, um mit den Nägeln über seine Bauchmuskeln zu kratzen. „Du hättest mir auch ganz einfach welche kaufen können, aber nope, du hast mir welche selbst gemacht. Du bist so etwas von in mich verschossen, Alter.“   „Halt den Mund.“ Eren gab ein Grollen von sich und presste ihre Lippen für einen weiteren Kuss zusammen.   Jean lachte daraufhin nur und zog Eren näher an sich heran. Sie küssten sich im Wohnungsflur, so lange, bis ihnen beide der Atem fehlte und sie sich nur noch schnaufend aneinander pressen konnte. Erens Oberschenkel hatte sich zwischen Jeans Beine geschoben und massierte träge sein immer härter werdendes Glied, während sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben war.   „Hey, ist deine Mutter zuhause?“   „Nee“, antwortete Jean, die Stimme bereits leicht zittrig. Er ließ seine Hände höher unter Erens Shirt wandern, um seine Brust zu befühlen und ihm in den Nippel zu zwicken. „Die hat Spätschicht im Krankenhaus.“   „Gut.“ Mit einem düsteren, hungrigen Ausdruck in den grünen Augen lehnte sich Eren etwas zurück. „Ich werde dich nämlich so hart ficken, dass selbst die Nachbarn dein Wimmern hören werden, Baby.“   Jean öffnete seinen Mund einen Spalt breit, um seinen gehetzten Atem auszulassen. „Mach keine Versprechen, die du nicht halten kannst, Eren.“   „Oh, Jeanie.“ Grinsend biss Eren in seine Unterlippe und zog an ihr. „Du weißt ganz genau, dass das kein leeres Versprechen ist.“   Mit diesen Worten stolperten sie auch schon ungeschickt in die Richtung von Jeans Zimmer. Dort angekommen entledigten sie sich ihrer Klamotten im Rekordtempo und schmissen sich danach aufs Bett.   Für einen kurzen, himmlischen Moment genoss Jean das Gefühl von Erens nacktem Oberkörper, der sich an seinem presste. Er konnte Erens Muskeln und seine harten Nippel spüren, ebenso wie das heftige Pochen seines Herzens, was sein eigenes dazu brachte, direkt auch noch ein paar Takte höher zu schlagen.   Jean kratzte gerade mit den Nägeln über Erens Schulterblatt und wollte seinen Mund gerade für einen Kuss einfangen, da löste sich Eren auch schon wieder von ihm und kniete sich stattdessen zwischen seine Beine.   „Wo ist das Gleitgel?“, wollte er wissen und strich mit suchendem Blick über Jeans Oberschenkel.   Jean ließ einen tiefen Atemzug aus seiner Nase aus. „Schon mal was von Vorspiel gehört, du Arsch?“, erwiderte brummend, lehnte sich aber zur Nachtkommode herüber, um Eren die Tube zuzuwerfen.   „Vorspiel ist unnötig“, meinte Eren und quetschte sich eine großzügige Menge Gleitmittel auf die Handfläche.   Jean schnaubte daraufhin, da er komplett anderer Meinung war.   Er persönlich liebte Vorspiel immer. Klar, es musste nicht stundenlang in die Länge gezogen werden, obwohl auch das seinen Reiz haben konnte. Aber er genoss es durchaus, seinen Partner mit ein paar neckenden Berührungen und Küssen noch mehr in Stimmung zu bringen.   Eren schien auch nicht allzu abgeneigt davon zu sein, wenn Jean die Initiative ergriff und seinen Körper mit Mund und Zunge erkundete, allerdings war er von Grund auf eine sehr ungeduldige Person und das zeigte sich auch im Sex wieder.   Aber auch nicht immer, so egoistisch war Eren dann doch nicht. Er wusste ja schließlich, wie sehr Jean die körperlichen Zärtlichkeiten genoss, aber heute schien er dafür keinen Nerv zu haben.   „Außerdem zeigt mir das hier…“ Mit einem fiesen Funkeln in den Augen griff Eren plötzlich nach Jeans Erektion und pumpte sie hart, was ihn erschrocken zusammenzucken ließ. „Dass du auch mehr als bereit für den nächsten Schritt bist.“   „Fick dich“, murrte Jean und warf ihm einen beleidigten Blick zu.   „Keine Sorge, daran arbeite ich gerade, Babe“, erwiderte Eren mit einem frechen Zwinkern.   Seufzend kniff sich Jean in die Nase. „Wenn du schon kein Vorspiel willst, dann zieh dir wenigstens die Socke aus, verdammt. Das ist voll der Stimmungskiller.“   Die Socke.   Einzahl.   Eren trug nämlich tatsächlich nur noch eine, bunt gefärbte Socke an seinem rechten Fuß.   Sein Freund rollte mit den Augen, erfüllte aber seinen Wunsch, bevor er mit dem Daumen kleine Kreise um Jeans Öffnung zeichnete und dann zwei Finger auf einmal in ihn einführte.   „Fuck!“, fluchte Jean und krallte eine Hand in das Kopfende seines Bettes. „Gib mir vorher eine Warnung, Penner.“   „Sorry“, sagte Eren mit einem Grinsen, das ganz und gar nicht entschuldigend aussah, und platzierte Jeans Beine so, dass er besseren Zugang hatte.   Mit einem schweren Seufzen fuhr sich Jean durchs Haar, war Eren aber nicht wirklich böse, als er begann, seinen Oberschenkel mit Küssen zu bedecken.   Eren schien heute wirklich in Eile zu sein, da er Jean nicht allzu lange fingerte, bevor er entschloss, dass er bereit für mehr war. Jean konnte es ihm allerdings nicht wirklich verübeln. Sie hatten schließlich die ganze letzte Woche nicht miteinander schlafen können und für hormonelle Teenager in ihrem Alter war das echt eine gefühlte Ewigkeit.   „Okay.“ Eren krümmte seine Finger, berührte mit den Fingerspitzen nur hauchzart Jeans Prostata und brachte so seinen kompletten Körper zum Beben, bevor er sie mit einem fiesen Schmunzeln entfernte.   Jean warf ihm einen bösen Blick zu. Was für ein Penner.   „Komm, hoch mit dir“, befahl er und tätschelte sanft Jeans Bauch. „Ich will dich von hinten nehmen.“   Jean schluckte einmal schwer und ließ sich von Eren aufhelfen, um sich auf allen vieren hinzuknien. Er schluckte erneut, der Mund plötzlich wässrig in Vorfreude, als er die Wärme von Erens Körper hinter sich spüren konnte.   Eigentlich mochte Jean die Stellungen am liebsten, in denen er Erens Gesicht sehen konnte. Seine Mimik war einfach so… ausdruckstark, sie machte immer deutlich, wie gut es sich für ihn anfühlte, so tief in Jean zu sein und dieser Anblick war etwas, was Jean beinahe um den Verstand brachte vor Erregung.   Außerdem mochte er es, wenn er Eren beim Sex küssen konnte, auch, wenn sein Freund es nie richtig erwiderte, da er immer noch Probleme damit hatte sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. Aber das war schon okay, Jean wusste, dass es mit seinem ADHS zu tun hatte und irgendwie war es ja auch ein wenig… süß. Auf eine seltsame Art und Weise.   Zudem war allein das Gefühl von Erens Lippen und seinem Atem schon genug für Jean, um sich ihm noch näher zu fühlen.   Eren würde ihn jetzt wahrscheinlich wieder damit aufziehen, dass er ein verdammter Romantiker war, und… ja, okay, vielleicht war Jean das auch ein bisschen, aber fuck! Wer konnte es ihm schon verübeln, wenn man mit der besten Person auf der Welt zusammen war?!   Aber Doggy-Style hatte natürlich auch seinen gewissen Reiz. Besonders, weil Eren meistens ein bisschen… grober würde, wenn sie in dieser Position fickten und Jean würde lügen, wenn auch nicht das ein riesengroßer Anturner für ihn war.   Heute schien einer dieser Tage zu sein, da Eren mit einem einzigen Stoß in ihn eindrang und Jean nicht mal die Chance gab durchzuschnaufen, bevor er damit begann, seine Hüfte in einem harten, gnadenlosen Tempo zu bewegen.   „Fuck“, entkam es Jean keuchend. Er krallte die Finger in die Bettdecke in einem Versuch, sich nicht von der Härte der Stöße umstoßen zu lassen. „Eren…!“   „Alles gut?“, fragte Eren nach und spreizte die Finger auf seiner Taille. Gott, Jean liebte es, seine großen, starken Hände auf seiner Haut zu spüren. Er liebte das Wissen, dass Eren ihn mit Leichtigkeit biegen und brechen könnte, wenn er denn so wollte. „Jean?“   Jean nickte mit einem Wimmern und presste seine Stirn ans Bett, der Mund einen Spalt breit geöffnet. Er hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Eren fickte ihn so schnell, so intensiv, dass er gar nicht richtig zu Atem kommen konnte.   Er fühlte sich hilflos ausgeliefert. Er konnte nichts tun, außer sich stöhnend ins Laken zu pressen und von Eren benutzt zu werden. Ein Gedanke, der Jean schwindelig werden ließ vor lauter Erregung.   Eren wisperte mit belegter Stimme vor sich hin wie perfekt und hübsch Jean doch sei und wie unfassbar gut er sich anfühlte, während er eine Hand von Jeans Taille löste und sie stattdessen um sein Handgelenk legte und beharrlich daran zog.   Jean wusste, was er wollte, also legte er eine Hand um sein Glied, um sich schnell und ohne jegliches Rhythmusgefühl zu wichsen. Lange dauerte es nicht, bis er ein vielsagendes Kribbeln entlang seiner Wirbelsäule spürte, das seine weichen Knie zum Einknicken brachte.   „Nnh, fuck, Eren…“ Schweratmend rieb Jean sein Gesicht rastlos in die Bettdecke. Er spürte, wie ein feines Rinnsal Speichel seinem Mundwinkel entkam, also leckte er es mit der Zunge auf.   „Jean“, wisperte Eren, der inzwischen fast komplett auf ihm drauf lag. Seine Stimme war rau und kratzig. „Bist du kurz davor-?“   Jean nickte nur, während die Bewegungen seiner eigenen Hand hektischer wurden. Das Kribbeln schlich sich nun auch in seinen Bauch, wurde immer intensiver und heftiger.   „W-Warte, ich… Ich will dein, ah, Gesicht sehen.“   Jean schnaufte erschrocken, als Eren ihn plötzlich wieder an den Hüften packte und drehte, um ihre Position zu verändern. Er blinzelte überrascht, der Rücken nun in die Matratze gepresst, und blickte in Erens Gesicht hinauf. Es war gerötet, was seine Sommersprossen deutlich hervorstechen ließ. Sein Haar hing wirr und nass in seiner Stirn, während Schweißperlen seine Haut zum Glitzern brachten.   „Du siehst so, ngh, süß aus, wenn du kommst“, meinte Eren und legte eine Hand auf Jeans Wange. „Du machst dann so ein süßes Gesicht, das will i-ich nicht verpassen.“   „Wie kann man nur so peinlich sein“, beschwerte sich Jean halbherzig, doch sein Herz fing bei diesen Worten insgeheim an zu rasen. Er hatte keine Ahnung ob Eren wusste, wie sehr Aussagen wie diese doch seinem Ego schmeichelten.   Mit einem Stöhnen schlang die Arme um Erens Schultern, zog ihn so näher an sich heran und musste nicht einmal mehr selbst Hand anlegen: Ein einziger Blick in die intensiven Augen seines Freundes genügte, um ihn zu seinem Höhepunkt zu bringen.   Eren stoppte alle Bewegungen und legte nun auch die andere Hand auf Jeans Wange, um sein Gesicht wieder in seine Richtung zu drehen, da er in seiner Ekstase den Kopf in den Nacken geworfen hatte. Jeans Augen waren fest zusammen gekniffen, dennoch konnte er Erens Blick auf sich brennen spüren, während er sich wimmernd über Bauch und Brust ergoss.   „So süß“, hörte er Eren wispern. Er spürte trockene Lippen auf seiner Wange, bevor sich Eren wieder in Bewegung setzte und in seinen zitternden Körper stieß.   Jean winselte jämmerlich, da sich sein Körper nach seinem Orgasmus viel zu empfindlich anfühlte für die harten Stöße, also presste er die Hand schwach gegen Erens Oberschenkel.   „Sorry, Baby.“ Eren nahm seine Hand und hauchte einen entschuldigenden Kuss auf seine Knöchel. „Ich, nnh, bin fast so weit, nur noch ein bisschen…!“   Lange dauerte es tatsächlich nicht mehr, nur noch ein paar unkoordinierte Hüftbewegen, bis Eren sich so tief wie es ging in Jean stieß und in dieser Position verlieb, während er seinen Höhepunkt erreichte und sich in ihm ergoss.   Jean betrachtete seine Mimik; die geschlossenen Augen, die kleinen Falten zwischen seinen Augenbrauen und die spitzen Zähne, die sich in seine Unterlippe bohrten. Doch allzu lange konnte er sich an dem Anblick nicht erfreuen, da Eren mit einem Stöhnen in sich zusammensackte und den Kopf in Jeans Schulter vergrub.   Für einige Sekunden genoss er das Gefühl von Erens tiefem, immer noch leicht zittrigem Atem an seiner Haut, bevor er sein Gesicht zwischen die Hände nahm, um ihn ansehen zu können.   „Ich muss schon sagen“, murmelte er und rieb mit dem Daumen über Erens geschwollene Unterlippe. „Dein Gesicht ist auch ziemlich süß, wenn du kommst.“   „Arsch!“ Lachend zwickte Eren ihm in die Seite und platzierte die Wange auf Jeans Schulter.   „Jetzt weißt du wenigstens mal, wie es sich anfühlt, so etwas gesagt zu kommen“, meinte Jean amüsiert und zerzauste ihm das Haar.   „Ich hab’s im Gegensatz aber wirklich ernst gemeint, Mann.“   „Wer sagt, dass ich es nicht auch ernst meine?“   „Bla, bla, bla.“ Eren rollte mit den Augen. „Hey, wo ist deine Schokolade? Ich hab Hunger.“   „Noch in der Tasche“, meinte Jean und deutete auf die arme Schultasche, deren halber Inhalt sich auf dem Boden seines Zimmers verteilt hatte.   „Hmm“, machte Eren. „Hol sie.“   „Bitte was?“ Irritiert runzelte Jean die Stirn. „Warum ich? Du hast doch plötzlich Heißhunger.“ Gut, das hatte er selbst zwar auch, aber dennoch war es Erens Idee gewesen, also musste er sich nun bewegen. Ganz klar.   „Also bitte, Kirschstein.“ Mit dem verdächtigsten Augenklimpern, das Jean je gesehen hatte, neigte er den Kopf in seine Richtung. „Ich würde doch niemals in der Tasche einer anderen Person wühlen, so bin ich nicht erzogen worden!“   Das entlockte Jean ein humorloses Lachen. „So wie du dich benimmst, bist du gar nicht erzogen worden, Alter“, meinte er und zog an seinem Ohrläppchen. „Also komm schon, beweg dich. Ich kann mich eh nicht allzu sehr bewegen, da ich gerade ein bisschen auslaufe.“   „Huh“, machte Eren und richtete sich auf, um einen Blick auf seine Intimregion zu werfen. Jean winkelte daraufhin die Beine an und trat Eren sanft gegen die Brust, um ihn in Richtung Bettkante und so auch näher zu seiner Schultasche zu schieben. „‘Ein bisschen‘, jetzt beleidigst du mich aber.“   „Ein bisschen viel, du Egomane“, korrigierte sich Jean augenrollend und kratzte sich am bestoppelten Kinn. „Wie auch immer, ich muss deine Wichse echt nicht in meinem ganzen Zimmer verteilt haben.“   Eren summte nachdenklich und legte die Hände auf seine Knie, um mit seinen Beinen zu spielen und sie mehrmals zu schließen und dann wieder zu öffnen. Etwas, was nicht wirklich angenehm war, wenn gerade eine weiße, zähe Flüssigkeit aus deinem Hintern in die Bettdecke sickerte. „Fühlt es sich eklig an?“   Nachdenklich leckte sich Jean über die Zähne. „Geht so. Nach einer Zeit schon, allerdings, uh…“ Plötzlich verlegen hustete er in seine Faust. „Ich mag den Gedanken, irgendwie… Dass du in mir gekommen bist, das ist…“ Er fuchtelte mit der Hand herum, auf der Suche nach den richtigen Worten. Sexy? Intim? Vertraut? Das kam seinen Gefühlen schon ziemlich nahe, traf es aber nicht ganz, also ließ er den Arm mit einem frustrierten Geräusch auf seine Stirn fallen. „Keine Ahnung.“   Eren schien ihn dennoch zu verstehen, da sein Blick überraschend sanft wurde. „Ja“, sagte er leise und schloss Jeans Beine, um sein Kinn auf seinen Knien zu platzieren. „Geht mir auch so.“   „Ich dachte, du magst es, auf meinem Gesicht zu kommen?“, fragte Jean überrascht nach und hob eine Augenbraue.   „Das auch“, bestätigte Eren grinsend. „Das steht dir, irgendwie. Macht dich noch hübscher.“   „Besonders, wenn du mir genau in die Nase spritzt, huh?“ Mit einem Schnauben schubste er ihn sanft. „So wie letztes Mal. Zielen musst du echt noch üben, Jäger.“   „Hey, kann ich doch nichts dafür, dass du so eine große Nase hast! Da ist es fast unmöglich, sie nicht zu treffen!“   Jeans Blick verfinsterte sich. „Du bist ein Arschloch. Du weißt, dass ich meine Nase hasse, aber du musst immer, seit Jahren nun schon, darauf rumreiten.“   „Aw, Jeanie, ich ärger dich doch nur ein wenig. Liebevoll, ehrlich!“ Eren ließ von seinen Beinen ab, um stattdessen näher an ihn heran zu krabbeln und die Lippen auf seine Nasenspitze zu drücken. „So schlimm ist sie gar nicht, sie passt zu deinem langen Pferdegesicht. Eine Stupsnase würde dir da gar nicht stehen!“   „… Das macht es nicht gerade besser, Arschloch.“   Lachend gab er Jeans Nase einen weiteren Kuss. „Haha, sorry. Ich mein’s aber ernst. Ich liebe deine Nase.“   Jean ließ ein schweres Seufzen aus. „Hm. Naja, zumindest gibt es etwas an mir, was du liebst, schätze ich. Das ist sonst nicht gerade ein Wort, was du besonders häufig verwendest, wenn es um mich geht, du Arsch.“   „Ich-“, fing Eren an, unterbrach sich dann aber selbst, um Jean stattdessen mit großen Augen anzustarren. Bildete Jean sich das nur ein oder wirkte er gerade tatsächlich ein wenig panisch…?   „Ich geh die Schokolade holen!“, meinte Eren schließlich, so hastig, dass er sich fast verhaspelte und sprang auf, um zur Schultasche zu eilen.   Verwirrt blickte Jean ihm hinterher. Irgendwie hatte das Gefühl, als wäre Eren da beinahe etwas rausgerutscht. Etwas, das ihn ungewohnt nervös werden ließ. Beinahe schüchtern. Ein Geständnis? Vielleicht ein-   Mit einem zittrigen Atemzug rieb sich Jean über das langsam rotwerdende Gesicht. Okay, fuck, ganz ruhig. Er durfte nicht zu viel in die ganze Situation reininterpretieren. Das war eine seiner Schwächen; er las zu oft und auch leider nicht immer richtig zwischen den Zeilen.   Nur, weil sie gerade von Liebe geredet hatten, hieß das nicht, dass… Dass…   „Fuck“, wisperte er, legte eine Hand über sein wildklopfendes Herz und starrte an die Decke.   Kurz darauf gesellte sich auch schon Eren an seine Seite, in der Hand die Tüte mit der selbstgemachten Schokolade. Das meiste hatte Jean in der Schule verputzt, da die Schokolade überraschenderweise wirklich verdammt lecker war, aber zwei Stückchen waren tatsächlich noch übrig geblieben.   Eren schob sich eins der Stücke in den Mund und hielt das andere vor Jeans Lippen. „Mund auf, hier kommt das Vögelchen!“   Jean betrachtete die seltsam geformte Schokolade, ein beinahe wehmütiger Ausdruck in den Augen. „Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich essen will“, gab er leise zu. „Ich mein, du wirst mir wahrscheinlich nie wieder Schokolade machen, also ist es fast zu schade, um es zu essen.“   „Jean, es ist was zum Mampfen. Kein Grund sentimental zu werden.“ Eren rollte mit den Augen. „Außerdem fängt es eh an zu schmelzen oder zu schimmeln, wenn du es nicht isst.“   „Du bist so unromantisch“, beschwerte sich Jean. Dennoch hatte Eren nicht unbedingt Unrecht mit seinen Worten. Genug Selfies hatte er ja schließlich mit der Schokolade gemacht, also konnte er die Erinnerung wenigstens so aufrechterhalten.   „Ich weiß, aber hey.“ Mit einem warmen Ausdruck in den grünen Augen lehnte sich Eren näher an ihn heran und presste die Schokolade hauchzart an seine Lippen. „Wer hat gesagt, dass es das erste und letzte Mal war? Wenn du lieb bist, also du weißt schon, mich auf Händen trägen, etc., dann könnte ich dir eventuell nochmal etwas backen.“   Jeans Mundwinkel huschten in die Höhe. „Du bist so ein Volltrottel“, murmelte er leise, liebevoll und ließ sich von Eren mit dem letzten Stück Schokolade füttern.   Eren hatte ihm Zartbitterschokolade gemacht, sein Favorit, dennoch schmeckte es wie die süßeste Schokolade, die Jean je in seinem Leben gegessen hatte.   Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)